Roche, Charlotte – Schoßgebete

_Inhalt_

Elisabeth lebt ein Leben voller Ängste und Komplexe: Sie hat Angst, dass ihr Mann sie verlässt, weil sie zu kleine Brüste hat, sie hat Angst vorm Sterben jeglicher Art und macht sich immer Sorgen um ihre Tochter. Sie muss alles kontrollieren und ist immer aufs Schlimmste gefasst. Seit etlichen Jahren geht sie deswegen zu ihrer Therapeutin, Frau Drescher, die ihr schon bei vielem geholfen und außerdem bislang verhindert hat, dass Elisabeth sich umbringt. Alle möglichen Themen werden dreimal die Woche mit Frau Drescher besprochen. Insbesondere beschäftigt sie sich aber mit Sex. Da ist Elisabeth nichts peinlich und sie kann alles vergessen und loslassen.

Ihre Ängste aber wurden, ihrer Meinung nach, durch einen schrecklichen Unfall vor acht Jahren ausgelöst, der ausgerechnet vor der geplanten Hochzeit mit ihrem Ex-Freund geschah. Dieser Unfall verfolgt sie bis heute. Und an Elisabeths Komplexen ist allein ihre Mutter schuld, die ihre Kinder zu streng und zu gläubig erziehen wollte. Das hat allerdings bei ihr nicht wirklich funktioniert …

_Kritik_

Völlig frei von irgendwelchen Erwartungen oder Vorbehalten habe ich das Buch „Schoßgebete“ von Charlotte Roche gelesen, denn leider kenne ich den vorigen Roman „Feuchtgebiete“ nicht.

Charlotte Roche beschreibt absolut frei raus, was in dem Kopf von Elisabeth vorgeht. Alle Details ihrer Sexualität und viele komische oder extreme Gedanken, die sie wegen ihrer Ängste und Komplexe hat. Das Buch ist in drei Tage aufgeteilt: „Dienstag“, „Mittwoch“ und „Donnerstag“. Jedem Tag werden etliche Seiten gewidmet und es wird genaustens alles beschrieben, was sie an diesen Tagen erlebt und fühlt. An allen drei Tagen geht sie zu ihrer Therapeutin, um ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

In manchen Gedankengängen findet man sich selbst irgendwie wieder, egal, ob es ekelige, schreckliche oder auch schöne Gedanken sind. Viele Sachen finde ich allerdings auch befremdlich. Wer zum Beispiel wünscht sich schon den Tod eines Menschen? Charlotte Roche ist hier sehr ehrlich und ungezwungen offen. Das Buch ist somit faszinierend, aber auch etwas abstoßend zugleich.

Dass sie viel über den einen schrecklichen Unfall erzählt, der vor acht Jahren einen Tag vor ihrer geplanten Hochzeit geschah, habe ich aufgrund des Buchtitels nicht wirklich erwartet und war etwas enttäuscht. Ich finde, zu diesem Thema sind die Passagen leicht langatmig. Es gibt sicherlich einen Zusammenhang zwischen Elisabeths jetzigem Dasein und dem Unfall, dennoch hätte man die Erzählung, meines Erachtens nach, verkürzen können. Auch springt die Autorin sehr plötzlich von Berichten aus der Vergangenheit ins Jetzt und umgekehrt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig und man muss dann immer schnell umschalten.

Die Protagonistin selbst finde ich oft sehr übertrieben ängstlich und kontrollsüchtig, im Allgemeinen aber schon sympathisch. Eben weil sie so offen ist. Das Buch an sich ist in einer meist einfachen Sprache geschrieben. Einiges ist lustig dargestellt und man muss über Begriffe wie „Geilheitsexperiment“ oder „Polochdialog“ schmunzeln.

_Autorin_

Charlotte Roche wurde 1978 in High Wycombel/England geboren und wuchs in Deutschland auf. Als Moderatorin u. a. bei VIVA, 3sat und das ZDF wurde sie mit dem Grimme-Preis sowie dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnet. 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, „Feuchtgebiete“, der eine gesellschaftliche Debatte auslöste und zum erfolgreichsten Buch des Jahres avancierte. Charlotte Roche wohnt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Köln. (Verlagsinfo)

_Fazit_

„Schoßgebete“ von Charlotte Roche ist ein durchaus gelungener, offener, aber auch verwirrender Roman. Charlotte Roche hat einen sehr eigenen und freizügigen Schreibstil, der den Leser sicherlich beim Lesen auch schon mal fast „rot werden“ lässt. Für sehr prüde Leser wohl eher nicht geeignet. Aber für alle, denen auch nichts peinlich ist, ist dieses außergewöhnliche Lesevergnügen ein absolutes Muss. Ich für meinen Teil weiß nun, dass ich den Roman „Feuchtgebiete“ unbedingt noch lesen werde. Nicht zuletzt, um auch noch mal einen Vergleich zwischen den beiden Büchern zu ziehen.

|Broschiert: 288 Seiten
ISBN-13: 978-3492054201|
[www.piper.de]http://www.piper.de

_Nadine Stifft_

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