Saintcrow, Lilith – Höllenritt (Dante Valentine – Dämonenjägerin 2)

Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, dass besagt, dass die Heldinnen in Dark Fantasy-Büchern immer wunderschöne, fast schon elfengleiche Wesen von großer erotischer Ausstrahlung sein müssen. Die amerikanische Autorin Lilith Saintcrow hüpft mit ihrer „Dante Valentine – Dämonenjägerin“-Serie aus der Reihe. Dante ist zwar auch überirdisch schön, doch seit sie im ersten Band mit Luzifer aneinander geraten ist, ist sie Halbdämonin. Ihre rechte Hand ist verkrüppelt, die meisten Menschen finden sie einschüchternd – doch das stört die kämpferische Einzelgängerin nicht wirklich. Dass ihr Geliebter, der Dämon Japhrimel, tot ist, hingegen schon.

_Um sich von ihrer Trauer_ abzulenken, geht Dante ihrem Job als Kopfgeldjägerin nach. Sie geht dabei ständig aufs Ganze und begibt sich in Lebensgefahr. Zusammen mit ihrem Mitarbeiter Jace, ihrem ehemaligen Geliebten, der immer noch etwas für sie empfindet, machen sie im dystopischen Saint City Verbrecher dingfest. Eines Tages wird Dante von ihrer Freundin Gabe gebeten, ihr bei einem Kriminalfall zur Seite zu stehen. Ein brutaler Mörder hat einen Menschen, eine Sexhexe und eine Nekromantin umgebracht. Dante, die in Menschengestalt selbst eine Nekromantin war, soll sich in die Leiche von Christabel Moorcock hinein versetzen. In ihrer neuen halbdämonischen Gestalt hat sie das noch nicht getan und es endet beinahe tödlich für sie, als sie es versucht.

Christabel hat jedoch vor ihrem Tod eine Nachricht hinterlassen, die nach Rigger Hall führt. Rigger Hall war Schule und Waisenhaus für Dante und andere psionische Kinder (Kinder mit magischen Kräften), die dort ausgebildet wurden, aber auch unter ihrem sadistischen Direktor und dessen Methoden leiden mussten. Die Erinnerung an diese Zeit raubt Dante fast die Kraft. Als auch noch ihr Kollege Jace getötet wird, schwört sie Rache – wer auch immer hinter den Morden steckt …

_Im zweiten Band_ der Reihe muss sich die toughe Dante mit ihrer schrecklichen Kindheit auseinandersetzen. Das ist ein sehr geschickter Schachzug. Der Leser lernt sie dadurch besser kennen und Saintcrow macht nicht den Fehler, den Leser durch schwachbrüstige Krimihandlungen, die mehr als Mittel zum Zweck dienen, zu quälen. Die Handlung ist dementsprechend spannend, da sie immer wieder neues aus Dantes düsterer Vergangenheit zu Tage bringt. Mitreißend und actionreich bietet „Höllenritt“ kaum einen Moment der Ruhe. Gepaart mit dem intensiven Einblick in Dantes Gedankenwelt entwickelt sich ein fesselnder, dichter Plot, der den Leser wahrlich auf einen Höllenritt mit nimmt.

Dies geschieht in einer Science-Fiction-Welt, die sich stark von dem unterscheidet, was andere Dark Fantasy zu bieten hat. Alles ist neu in dieser Welt. Es gibt zwar bekannte Städte- und Ländernamen, aber das gesamte Regierungssystem ist ein anderes. Die Welt wird durch Hegemonien beherrscht, es ist die Rede von einem Siebzigtagekrieg, ständig geht es um Psione, also „magiebegabte“ Menschen und andere Übersinnlichkeiten. Es gibt keine Autos, kaum die gewohnte Elektronik. Stattdessen werden Gleiter verwendet, Datbänder, Holovids – Saintcrow hat sich ihre eigene Kulisse gebastelt und weiß durch Detailgenauigkeit und Sorgfalt zu überzeugen. Der Einstieg in diese Welt erfolgt zwar etwas ruppig, aber bereits nach wenigen Seiten hat man sich an sie gewöhnt. Das Glossar am Ende des Buches ist dabei sehr hilfreich, auch wenn es ruhig etwas umfassender hätte sein können. Gerade die alltäglichen Gerätschaften werden dort kaum erwähnt, aber auch in der Geschichte nie wirklich beschrieben.

Andere Kleinigkeiten schlachtet die Autorin dafür umso mehr aus. Sie erzählt aus Dantes Ich-Perspektive und lässt kaum einen Gedanken ihrer Protagonistin aus. Einzelne Situationen beschreibt sie seitenlang, obwohl man sie auch wesentlich kürzer abhandeln könnte. Gerade der Anfang wird dadurch zu einer Qual, doch ist der Einstieg erstmal gelungen, zieht Saintcrow das Tempo an. Ihr Erzählstil wird knapper, sicherer und macht mehr Spaß. Er wird vor allem durch die düsteren, deprimierten Gedanken Dantes und ihren Humor geprägt. Beides lässt ihn unverwechselbar werden.

Das Gleiche gilt für die Protagonistin selbst. Auch sie findet sich in ähnlicher Form in keinem anderen Buch. Während sie im [ersten Band]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288 der Reihe noch menschlich war, hat sie sich mittlerweile in eine Halbdämonin verwandelt. Das ist eine nette Abwechslung zu all den Vampiren, Hexen und Werwölfen. Abgesehen davon hat sie auch wesentlich mehr Biss. Sie ist eine Kämpferin, sie kann sich selbst verteidigen und sie ist vor Allem emanzipiert. Sie verfällt nicht in eine besinnungslose Schwärmerei für die Reize eines attraktiven Mannes – im Gegenteil. Sie steht mit beiden Beinen im Leben, ohne dabei unweiblich zu wirken. Die Härte, die sie nach außen zeigt, und die innere Zerrissenheit, von der nur der Leser erfährt, erzeugen eine faszinierende Frauenfigur, die man als Leser gerne bei ihren Abenteuern begleitet.

_Was am Ende bleibt_ ist ein unglaublich gut gemachter, spannender, mitreißender Dark Fantasy-Roman. Dass Saintcrows Detailverliebt sie ab und an stolpern lässt, ist ein Manko, das man in Kauf nehmen muss. Allerdings ist es auch diese Kleinteiligkeit, die bewirkt, dass Saintcrows Fantasiewelt vor den Augen des Lesers zum Leben erwacht. „Höllenritt“ ist sogar noch besser als „Teufelsbraut“ und zementiert Saintcrows Platz in den oberen Rängen der Dark Fantasy-Autorinnen.

|Originaltitel: Dead Man Rising
Aus dem Englischen von Katrin Mrugalla und Richard Betzenbichler
426 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3802581953|
http://www.egmont-lyx.de

_Lilith Saintcrow bei |buchwurm.info|:_
[„Teufelsbraut (Dante Valentine – Dämonenjägerin 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288

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