Sassenberg, Volker – Abseits der Wege. Kapitel 4: Verborgen

[„Kapitel 1: Unweit“ 3269
[„Kapitel 2: Stromabwärts“ 4207
[„Kapitel 3: Wehrlos“ 4638

Die Charaktere sind eingeführt, die Hintergründe grob umrissen und die Handlung hat, vor allem gegen Ende der letzten Folge, an Fahrt gewonnen. „Abseits der Wege“, das Fantasy-Hörspiel von Volker Sassenberg und Andreas Gloge, geht mit „Verborgen“ in die vierte Runde.

_Inhalt_

Gaston Glück ist mit seinen Freunden Halmir und Dunring dank der Hilfe der Königstochter Myrell aus dem Gefängnis der Purpurnen Prüfer geflohen. Während sie das Weite suchen, müssen sie jedoch eine grauenvolle Entdeckung machen: Der Verweser, ein Geschöpf aus einer längst vergangenen Epoche, ist zurückgekehrt und bedroht das Gleichgewicht der Welt. Zum einen zieht das Welkenwerk immer größere Kreise und bedroht die Grundfesten des Reiches, zum anderen greifen die Purpurnen Prüfer nach der Macht und wollen ihren Einfluss mit der Kontrolle des Verwesers unterstreichen. Es ist schwer, in Zeiten solch rascher Veränderungen noch zwischen Freund und Feind zu unterscheiden, denn jeder spielt sein eigenes Spiel, um seine Pläne durchzusetzen.

Immerhin scheint Myrell, die Gaston bereits von einem früheren Besuch in seinem Heimatdorf Tiefenhag kennt, endlich ihre Maske abzulegen und die Wahrheit aufzudecken. Sie steht auf Gastons Seite und der seines Vaters Tebald, der als Nebelchronist die Welt vor Gefahren beschützen soll. Jeder Nebelchronist, so Myrell, besäße ein schwarzes Pergament. Die Seiten müssten in Zeiten des wiederkehrenden Chaos gebunden werden, um den Schutz, den diese Seiten ermöglichen, zu erneuern. Das Buch könne jedoch nur an einem bestimmten Ort gebunden werden. Dumm nur, dass dieser ausgerechnet in den Frostklüften, einem schwer zugänglichen Gelände, liegt.

Obwohl Gaston noch unschlüssig ist und am liebsten zurück nach Tiefenhag möchte, willigt er schließlich ein, Myrell zu begleiten. In einer Kutsche macht er sich mit Myrell, Dunring und Halmir auf den Weg. Doch ihre Fahrt wird abrupt gestoppt: Ein fallender Baum – etwa der Einfluss von Welkenwerk? – kracht auf sie hernieder und lässt die Kutsche einen Abhang hinunterschlittern. Als Dunring und Halmir wieder die Augen öffnen, erwachen sie getrennt von den anderen. Verletzt sind sie nicht, so dass sie die Gegend erkunden und sich in den Weinenden Gärten wiederfinden. Doch ihre Erkundung währt nicht lange, denn wenig später fallen sie in einen unnatürlichen Schlaf.

An einem anderen Ort, nur unweit entfernt, aber doch außer Sichtweite, erwacht auch Myrell neben Gaston, doch auch sie ermüdet sofort wieder. Nur Gaston, der unwissentlich einen Splitter von Welkenwerk in seiner Brust trägt, ist gegen den Einfluss des Ortes gefeilt. Er schafft es, seine Begleiterin aus der Gefahrenzone zu bringen, kommt allerdings nicht weit. Denn ganz in der Nähe des Unfallortes gelangt das Duo in eine von Hecken und Beeten hergerichteten Anlage, in dessen Zentrum ein altes Gemäuer steht. Das Anwesen entpuppt sich als das der Oberen Evoría, die den Gästen eine Unterkunft anbietet. Doch steht sie wirklich auf ihrer Seite? Und wo sind Hamlir und Dunring geblieben, die noch immer nicht aufgetaucht sind?

_Bewertung_

Mittelteile haben – sei es als Roman, Film oder eben als Hörspiel – einen entscheidenden Nachteil: Sie weisen weder einen richten Anfang noch ein richtiges Ende auf. Stattdessen müssen sie eine Brücke zwischen Beginn und Abschluss schlagen, die Spannung aufrechterhalten und diese am besten noch erhöhen. Aber sie dürfen bloß nicht zu viel vorweg nehmen, um den finalen Höhepunkte im letzten Teil nicht zu zerstören.

Trotz dieser Schwierigkeiten sind Trilogien und mehrteilige Reihen im fantastischen Genre die bevorzugte Veröffentlichungsform. Ein ertragreiches Produkt will natürlich ausgeschlachtet werden. Autoren und Regisseure scheitern dabei jedoch immer wieder, denn oftmals ist der Mittelteile einer Trilogie der dramaturgisch schwächste. Oder, im Fall einer langen Serie, verliert der Autor seine ursprüngliche Idee aus den Augen oder ergeht sich in belanglosen Nebenhandlungen, bis er nicht mehr weiß, wie er alle Handlungsfäden wieder schlüssig zusammenführen soll.

Der Bezug zu „Verborgen“, dem vierten Teil von Abseits der Wege, ist schnell hergestellt, denn nach den einleitenden Episoden und dem Auftauchen des Verwesers zum Ende des dritten Teils geht die auf zwölf Folgen ausgelegte Hörspiel-Serie nun zu den Folgen des Mittelteils über. Die Ereignisse um Gaston Glück, die Nebelchronisten und das Welkenwerk sollen sich behutsam steigernd bis zum Finale zuspitzen. Das gelingt mit Folge vier jedoch nur teilweise.

Die ersten Kapitel der CD sind noch äußerst spannend und knüpfen direkt an die vorangehende Episode an. Myrell und die drei mehr durch unglückliche Zufälle ins Abenteuer geratenen Tiefenhager Gaston, Halmir und Dunring sind soeben den Fängen der Purpurnen Prüfer entkommen und befinden sich auf der Flucht. Der Aufbruch ist dramatisch und rasant in Szene gesetzt und packt den Hörer von der ersten Minute an. Zudem gibt Myrell einige Informationen preis, die es Gaston wie auch den Hörer ermöglichen, einige vorausgehende Entwicklungen in einem neuen Zusammenhang zu betrachten.

Mit dem Unfall der Kutsche, der ihre Flucht vorerst stoppt, geht jedoch ein Bruch daher. Produzent Volker Sassenberg drosselt merklich das Tempo und lässt die Protagonisten, nur noch zu Fuß unterwegs, die ungewohnte Umgebung erkunden. Die Weinenden Gärten und die Szenen im Anwesen der Oberen Evolía sind atmosphärisch dicht erzählt, können die aufgebaute Erwartungshaltung der bisherigen Handlung aber nicht befriedigen. Vielmehr wirkt die Begegnung mit der charakterlich undurchsichtigen Frau wie ein Zwischenstück, das eingeschoben worden ist, um die Folge auf sechzig Minuten Länge zu ziehen. Denn das eigentliche Ziel der Reise, die Frostklüfte, nehmen Gaston und Myrell erst wieder auf, als die Abschlussmusik ertönt: ein passender Cliffhanger für den folgenden Teil.

Ob die Ereignisse in „Verborgen“ doch in einem größeren Kontext stehen, vermögen erst die Folgeepisoden zu klären. Der Aufbau dieser Folge lässt dies jedoch eher nicht vermuten. So bleiben also ein leicht fader Nachgeschmack hinsichtlich der eingebauten Nebenhandlung und nur die Hoffnung, dass es in Teil fünf auf dem gewohnt hohen Niveau mit den im Mittelpunkt stehenden Ereignissen weitergeht. Wenn „Verborgen“ als kaum Brücken schlagender Mittelteil der Serie eine Ausnahme darstellt und das Hörvergnügen zukünftig nicht weiter gestreckt wird, kann „Abseits der Wege“ diese Folge ohne weiteres verkraften. Der Regelfall sollte so aber nicht aussehen.

http://www.abseitsderwege.info
http://www.abseits-der-wege.net
http://www.dg-literatur.de
http://www.karussell.de

[„Kapitel 5: Jenseits“ 5389

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