Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Im Kreis des Vertrauens (Folge 28)

Dass eine fiktive Geschichte manchmal näher an die Wahrheit herankommt als vorgesehen, musste Volker Sassenberg mit seiner Hörspielreihe |Gabriel Burns| erfahren. Die ursprünglich für Herbst 2007 geplante Folge 28 „Im Kreis des Vertrauens“ war |Universal| aufgrund aktueller Geschehnisse in Rumänien so heikel, dass sie um eine Überarbeitung baten. Diese neue Version ist nun, fast ein halbes Jahr später, endlich erschienen.

Während Folge 27 sich auf Steven Burns konzentrierte, steht in „Im Kreis des Vertrauens“ Larry Newman im Mittelpunkt des Geschehens und sieht sich mit Ereignissen konfrontiert, die ihn – man kann es schon ahnen – nach Rumänien führen.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 27_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dorthin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Doch welche Rolle spielt er in diesem Spiel? Er ist auf sich allein gestellt, denn Bakerman ist untergetaucht und Joyce, so denkt es zumindest alle Welt, tot.

_Inhalt_

Steven Burns und Larry Newman befinden sich in Vancouver auf dem Weg in die Nachtkathedrale, einem Gewölbe, über das mittlerweile das St.-Paul-Krankenhaus errichtet worden ist. Schon einmal sind die beiden an diesem Ort gewesen, doch erst jetzt hat sich ihre Vermutung bestätigt, dass es sich um einen der zehn fahlen Orte handelt. Sollte dieser fallen, wäre die kanadische Metropole dem Untergang geweiht und ihre Mission in großer Gefahr.

Mit der Hilfe einer Krankenschwester gelangen Steven und Larry in den Hospitalflügel, über den man in die Nachtkathedrale eindringen kann. Ihr Einfluss auf das Krankenhaus ist unvermindert groß, denn die Schwester berichtet ihnen, dass sie öfter ein Weinen aus den Wänden vernimmt und der Ort eine böse Aura ausstrahlt. Während die Schwester wieder zur Rezeption zurückkehrt, begeben sich die Steven und Larry hinab ins Gewölbe. Auch sie vernehmen bald ein Schluchzen, doch es kommt nicht aus den Wänden, sondern stammt von einem Mädchen, das zusammengekauert im Dunkeln hockt. Sein Mund ist zahnlos, seine Haare sind spröde und weiß. Während Larry sich dem Kind annimmt, hört Steven neue Stimmen. Sie rufen ihn und bitten ihn zu folgen. Und dies tut er vor den Augen Larrys, der Steven einfach entschwinden sieht.

Dieser ist hin- und hergerissen, will sich aber zunächst um das Mädchen kümmern, das er der Krankenschwester übergibt. Es scheint kein Zufall zu sein, dass sich wenig später ein anonymer Anrufer nach dem Mädchen erkundigt. Larry ist gewarnt und will vorerst im Hospital bleiben, um das Kind zu schützen. In einer Ecke des Zimmers wartet er.

Bis in die Nacht muss er ausharren, als ein Mann den Raum betritt und sich über das Bett des Mädchens beugt. Larry überwältigt ihn und stellt ihn zur Rede, doch der Mann, der sich als Razvan Gulesco und als Mitglied des Magierordens der Nachfahren Pandialo vorstellt, gibt sich als Verbündeter zu erkennen, der das Kind ebenfalls schützen will. Wovor, wird wenig später klar, denn ein weiterer Mann, verkleidet als Arzt, betritt den Raum. Doch der Geruch alten Leders enttarnt ihn als Blender. Bevor er dem Mädchen etwas anhaben kann, bringt ihn Larry zur Strecke. Auch wenn die Gefahr somit vorerst gebannt ist – im öffentlichen Krankenhaus ist das Kind nicht mehr sicher. Noch in der Nacht bringen Larry und Razvan das Kind heimlich aus dem Hospital fort. Doch Ravzan Gulesco will noch mehr, und so bittet er Larry, ihm und der Magiergilde zu trauen und nach Rumänien zu reisen.

Tatsächlich klären sich in Rumänien für Larry endlich einige Rätsel um die degenerierten Kinder auf. Das Ausmaß der Experimente, die direkt auf die rumänische Regierung zurückgehen, ist gewaltig und erschreckend zugleich. Noch während Larry Newman seine weiteren Schritte planen kann, begegnet er jedoch im Magierorden einem alten Bekannten, und diesen hat er nicht unbedingt in guter Erinnerung. Er muss sich entscheiden, wie weit er sich auf ihre Seite stellen will. Das Angebot zur Kooperation ist jedenfalls verlockend, denn der Orden will Larry helfen, das mysteriöse Verschwinden Steven Burns aufzuklären.

_Bewertung_

|Gabriel Burns| wird in alterbewährter Tradition fortgesetzt. Das heißt konkret: Einige Geheimnisse werden gelöst, der Großteil bleibt ungeklärt und viele neue Spuren und Verschwörungen kommen hinzu. Folge 28 „Im Kreis des Vertrauens“ konzentriert sich dabei mit Larry Newman auf nur eine der vier Hauptpersonen. Zahlreiche Handlungsstränge der letzten Folgen werden also nur kurz angerissen bzw. gar nicht weitergesponnen, sondern auf künftige Folgen verschoben. |Gabriel Burns| wird einer Mystery-Serie dadurch natürlich nur gerecht, da eine Auflösung sämtlicher offener Fragen gleichzeitig das Ende der Serie einleiten würde. Zugleich ist ein Hinauszögern auch immer mit Problemen verbunden, wenn man hier den Vergleich zur Referenzserie |Akte X| anbringt, die den Zuschauer über viele Staffel bei der Stange hielt, am Ende mit immer weiteren Verstrickungen jedoch enttäuschte. Der Balanceakt zwischen erhofften Antworten und spannungsbedingten Unklarheiten ist also nicht immer leicht, zumal der Pfad zwischen diesen Polen mit jeder neuen |Gabriel Burns|-Episode schmaler wird und die Chance erhöht, irgendwann abzurutschen.

In Folge 28 fällt angesichts dieser für das Genre typischen Eigenheiten mehr denn je auf, dass es durch die vielen Verweise allmählich schwieriger wird, den Überblick zu behalten und die Personen und Geschehnisse richtig einzuordnen. In einem solchen Fall hilft es nur, von der ersten Folge an noch einmal zu beginnen und in gestrafter Weise die Geschichte um Steven Burns zu verfolgen. „Im Kreis des Vertrauens“ verweist nämlich im speziellen, neben vielen bereits früher in unterschiedlichen Folgen eingeführten Nebenfiguren, auf Folge 5, „Nachtkathedrale“. Diese erschien 2004 und stellte den namensgebenden fahlen Ort vor, der direkt in Vancouver liegt und mittlerweile, während Folge 28, erneut im Zentrum der Ereignisse liegt.

Für sich genommen, obwohl ohne Kenntnis der gesamten Serie kaum verständlich, kann „Im Kreis des Vertrauens“ überzeugen, stellt jedoch eher eine Zwischenepisode im |Gabriel Burns|-Universum dar. Gut gelöst ist es auf jeden Fall, dass kaum neue Orte, Gruppen oder Personen eingeführt, sondern vielmehr einige lose Fragmente in Beziehung gesetzt werden. Das verlangt die genannte gute Übersicht, zeigt jedoch, dass der episodenübergreifende Hauptplot sinnvoll konstruiert worden ist und vieles, was vorher als Nebensächlichkeit keine besondere Rolle gespielt hat, nun in den Mittelpunkt rückt. Über die technische Qualität des Hörspiels und die Sprecher muss an dieser Stelle kein Wort verloren werden, bewegt sich beides doch auf dem für |Gabriel Burns| bekannten hohen Niveau. Es bleibt also spannend, ein wenig mehr Licht im Dunkeln würde der Serie nach den letzten Folgen aber insgesamt gut tun.

http://www.gabrielburns.de/

Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen:

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

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