Donald Sassoon – Da Vinci und das Geheimnis der Mona Lisa

Rätselhaft: der Code der Mona Lisa

Dieses Lächeln – jeder von uns hat es schon tausendmal gesehen. Es spielt auf dem berühmtesten Gemälde der Welt um die Lippen der um 1505 von Leonardo da Vinci porträtierten Gioconda, auch Mona Lisa genannt. Sie – das Gemälde – führte ein Leben voller Abenteuer und Geheimnisse, sie wurde parodiert und kopiert, gestohlen, gefeiert und gefilmt, und wie ein Rockstar ging sie auf Tourneen. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, wer sie ist, wann genau sie gemalt wurde, warum sie uns mit diesem eigenartigen Blick betrachtet oder was sie zu dem angedeuteten Lächeln veranlasste. Sie ist ebenso vertraut wie rätselhaft – eine Sphinx. Dies ist ihre Geschichte: die Geschichte eines Bildes, in Bildern erzählt. (ergänzte Verlagsinfo)

Der Autor

Donald Sassoon, geboren in Kairo, studierte in Paris, Mailand, London und den USA. Sein erstes Buch über die Mona Lisa wurde in acht Sprachen übersetzt und von der Kritik gefeiert. Als Experte für Kulturgeschichte hat er zahlreiche Aufsätze und Artikel veröffentlicht und Vorträge sowie Seminare über die Mona Lisa gehalten. Er arbeitet als Professor für europäische Geschichte am Queen Mary College der Universität von London. (Verlagsinfo)

Inhalte

Die „Mona Lisa“ ist wohl das berühmteste Stück Pappelholz der Welt. Außerdem hatte die dargestellte Florentiner Hausfrau den Highway-Blues. Das behauptete zumindest Bob Dylan. Aber wie kamen die beiden zusammen? Das Buch verrät es uns.

In „Der Renaissancemensch“ erzählt Donald Sassoons erster Essayteil vom Menschen und Künstler Leonardo da Vinci. Er wurde am 15.4.1452 als unehelicher Sohn von Caterina und Piero da Vinci in Anchiano, Toskana, geboren. Die beiden waren nicht miteinander verheiratet, aber das war okay, denn Piero bekannte sich zu dem Balg und unterstützte den Knaben, der auf dem Lande aufwuchs und nie eine Lateinschule von innen sehen sollte. (Eine bessere Darstellung von Da Vincis Leben findet man in Jack Danns Roman „Die Kathedrale der Erinnerung“.)

Nach seiner zehnjährigen Künstlerlehre bei Andrea del Verocchio zwischen 1465 und 1475 machte Leonardo seine eigene Werkstatt auf. Wie es ihm sein Meister beigebracht hatte, konnte Little Leo nicht nur malen und zeichnen, sondern beherrschte auch die Goldschmiedekunst, das Bronzegießen und hatte Verständnis für Wissenschaft und Ingenieurwesen – er war also das, was man noch heute einen Reneaissancemenschen nennt (obwohl manche Leute behaupten, es habe die Renaissance überhaupt nicht gegeben).

Nach hart erkämpften Aufträgen für die Medici, die eine Menge berühmter Zeitgenossen unterstützten, ging Leo an den Mailänder Hof der Sforzas. Hier entwarf er zwar Unmengen von Projekten, doch gilt er dem Autor mehr als Visionär denn als Ingenieur oder Erfinder. Es habe Leo beispielsweise an der grundlegenden Beherrschung statischer Probleme gefehlt. Wie auch immer: Vorstudien zu seinem Meisterwerk entstanden ebenso wie das berühmte „Letzte Abendmahl“.

1499 fiel Mailand den Franzosen in die Hände und Leo zog zurück nach Florenz. Dort erhielt er den Auftrag, die Frau eines wohlhabenden Kaufmanns namens del Giocondo zu malen. An diesem Werk arbeitete er rund vier Jahre, nämlich von 1503 bis etwa 1507. Das dauerte so lange, weil er für die Madonna Lisa Gherardini unzählige Schichten von Farbe auftrug, von denen jede einzelne Schicht erst richtig trocknen musste, bevor er die nächste auftragen konnte.

|Kap. 2: Das Ding an sich – „Da Vincis Dame“|

Weil die meisten noch nie einen näheren Blick auf die „Mona Lisa“ haben werfen dürfen und dies aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen auch niemals werden tun können, sei hier das Gemälde genau beschrieben (S. 107ff). Es ist nur 77 Zentimeter hoch und 53 cm breit, also wesentlich kleiner, als man sich das gemeinhin vorstellt. Dennoch hat das Bild inzwischen im Louvre eine ganz Wand für sich alleine!

»Die junge Frau [Lisa war etwa 24 im Jahr 1503] auf dem Bild sitzt in einem Stuhl auf einem Balkon vor einer fremdartigen Landschaft. Die Armlehne des Stuhls ist ebenso wie ihr Torso parallel zur Bildebene positioniert. Das Gesicht ist dem Betrachter zugewandt, die nach rechts gerichteten Augen blicken ihn scheinbar an [sehr ungewöhnlich für die damalige Darstellungsweise]. Sie hat volle Wangen, eine breite Stirn und keine (!) Augenbrauen. Der linke Mundwinkel des geschlossenen Mundes deutet ein Lächeln an. Die linke Hand umgreift die linke Armlehne, und die schlanken Finger der Rechten ruhen anmutig auf der Linken. Auf ihrem Haar liegt ein feiner, durchsichtiger Schleier, ihr Kleid fällt in schlichten Falten, den Mantel hat sie sich über die linke Schulter gelegt.«

Der Hintergrund: »Derart komplexe Fantasielandschaften bildeten nur selten den Hintergrund zu Porträts, da sie keine Hinweise auf die Identität des Porträtierten enthalten. Auch die Hände haben bei Renaissanceporträts meist eine Funktion, nämlich die, etwas zu halten, das diese Identität symbolisiert. […] Mona Lisa jedoch hält nichts in den Händen, trägt keinen Schmuck und nur ein einfaches Kleid. Nichts in dem Bildnis verrät uns, wer sie ist.« Auch in seinen Aufzeichnungen gibt nichts darüber Aufschluss, und so gab das Bild Anlass zu Spekulationen. Erst Vasari erkannte 1547, rund 28 Jahre nach da Vincis Tod, in der dargestellten Frau Lisa Gherardini und beschrieb das Bild in seinem epochalen Werk „Lebensbeschreibungen der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Architekten der Renaissaince“ (1550).

|Die Wirkung|

Damit das Bild bis heute aus sich heraus auf den Betrachter wirken kann – und nicht aufgrund des Mythos, der darum erzeugt wurde –, weist es ein paar vom Autor als „revolutionär“ bezeichnete Eigenheiten auf. Drei sind die wichtigsten.

Der oben erwähnte Farbauftrag wird als „sfumato“-Technik bezeichnet. „sfumato“ bedeutet „verraucht, verwischt“. Tatsächlich ist auch unter dem Mikroskop kein einziger Pinselstrich auszumachen, und so wundert es nicht, dass die sanften Übergänge zwischen Licht und Schatten, besonders beim Lächeln und in den Augenwinkeln, so weich und fließend wirken.

Zweitens die Positur der Dargestellten, das so genannte „contrapposto“. Unbewusst bemerkt der Betrachter, dass die Dame halb zu-, halb abgewandt ist, also ein Dreiviertelprofil zeigt. Dies ist für die Renaissanceporträts ebenfalls ungewöhnlich. Den Kontrapost setzte Michelangelo bei seinem bekannten „David“ effektvoll ein. Die Wirkung ist unterschwellig folgende: Die Dame scheint sich dem Betrachter zuzuwenden, denn sie hat die Hinwendung noch nicht vollendet, aber man weiß, dass sie einen Ausgangspunkt verlassen haben muss. Aus diesen zwei Haltepunkten – einem sichtbaren und einem virtuellen – konstruiert das Bewusstsein eine Bewegung, die noch nicht vollendet ist.

Drittens ist die Figur wie eine Pyramide aufgebaut. Die beiden hellen Hände bilden die Basis für die dunkle (nachträglich durch Glasur nachgedunkelte!) Gestalt der Dame. Der Schleier macht ihre Konturen sanfter und lässt sie dreidimensional erscheinen. Die ganze Pyramide wirkt, als throne die Dame wie eine Majestät vor einer Landschaft, die sie hoheitsvoll beherrscht. Die wilde Landschaft ist menschenlose, wilde Natur, und nur eine einzige Brücke rechts des Kopfes kündet von so etwas wie Zivilisation. Die Landschaft wirkt tief, weil der Vordergrund dunkler als der Hintergrund gehalten ist. Es scheint eine direkte Beziehung zwischen der Dame und der Natur dahinter zu bestehen. Der Gesamteindruck ist in der Tat äußerst ungewöhnlich.

Kein Wunder, dass Leo es nicht verkaufen wollte. Er nahm es mit nach Frankreich, wo ihm der König eine Stelle an seinem Hofe einrichtete und wo Leo 1519 starb.

|Kap 3: Der Mythos |

Dem französischen König Franz I. gelang es, das Bild seines Hofmalers zu erwerben, doch in den folgenden Jahrhunderten verblasste der Ruhm der Renaissance. Es gab zwar viele Nachahmer, darunter sogar Raffael, und Kopisten, die den Ruhm der „Mona Lisa“ vermehrten, doch erfolgte dies nur unter der Künstler- und Polit-Elite. Die Franzosen mussten erst ihren König köpfen und den Palast stürmen, damit die „Mona Lisa“ zu fragwürdigen neuen Ehren gelangte: Napoleon, „Erster Senator auf Lebenszeit“, hängte sie in sein Schlafzimmer.

Sein Pinup-Poster gab er erst Jahre später zurück, als er sich zum Kaiser krönen ließ. Von da ab hing die „Mona Lisa“ als ein Porträt unter vielen im Louvre, dem alten Stadtschloss, das nunmehr ein öffentliches Museum war. Napoleons Grande Armée plünderte Europa und stopfte den Louvre mit allem voll, was ihr gut und teuer erschien. Lisa war weit entfernt von heutigem Ruhm, wurde aber wenigstens dem Bildungsbürgertum bekannt. Sie wurde über siebzigmal kopiert. Das war, bevor die Zeitungen in Millionenauflagen erschienen.

Der Mythos wurde 1851 von dem Romanschriftsteller und Salonlöwen Théophile Gautier geschaffen, und zwar meinte er, die „Mona Lisa“ habe das geheimnisvolle Lächeln einer „femme fatale“, die es auf den Mann abgesehen habe. Dieser männlichen Phantasie gelang der Sprung von der Malerei in die Literatur, so dass Ende des Jahrhundert auch Kollegen wie Oscar Wilde und Dante Gabriel Rossetti von fatalen Weibern fantasierten, z. B. in Wildes Drama „Salome“. Der Autor Sassoon macht sich eindeutig lustig über diese Mode. Es wundert nicht, dass auch Sigmund Freud nicht ungeschoren davonkommt: Er erkannt in dem Bild die Homosexualität des Urhebers, alldieweil diese Lisa androgyne Züge aufweise.

|Kap. 4: Der Klau des Jahrhunderts|

Doch noch war die „Mona Lisa“ immer noch kein Phänomen des allgemeinen Bewusstseins, geschweige denn die heutige Popikone mit globaler Geltung. Den Anfang für diese Entwicklung machte der Raub des Gemäldes aus dem Louvre.

»Früh am Morgen des 21. Augusts 1911 [eines Montags, an dem das Museum geschlossen hat] nahm Vincenzo Perugia, ein 31-jähriger Anstreicher, der im Louvre gearbeitet hatte, die „Mona Lisa“ aus ihrem Rahmen und verließ mit dem unter seinem Mantel versteckten Bild das Museum.« (S. 214/214).

Für den Louvre bedeutete der relativ einfache Diebstahl – es gab exakt null Sicherheitsmaßnahmen – einen schrecklichen Skandal, und ganz Frankreich war schockiert. Es war, als sei das Staatsoberhaupt gestorben oder die Königin desertiert. Die Presse stiliserte nämlich den Kunstraub zu einer Entführung, ja zu einer Vergewaltigung hoch. Wer mochte wohl der Dieb sein? Ein wahnsinniger Kunstliebhaber? Ein exzentrischer Millionär?

In Millionenauflagen machten die Zeitungen dieses Verbrechen groß auf und die „Mona Lisa“ zum berühmtesten Gemälde Europas. In den USA und Asien registrierte man wenig davon. Postkarten, Lieder, massenhaft Kopien und Parodien wurden angefertigt. Lisa erhielt einen Schnurrbart. Picasso und Apollinaire wurden vorsichtshalber verhaftet.

Als sich der Dieb nach zwei Jahren endlich bei einem Kunsthändler in Florenz meldete, gelang es, sowohl die Echtheit des Gemäldes zu bestätigen – die Mikrorisse in der Farbe bilden einen unverwechselbaren „Fingerabdruck“ – als auch den Dieb festzunehmen. Bevor die Lady wieder in ihre Heimat durfte, erhoben die Italiener Anspruch auf das Bild. Die Franzosen gewährten eine Drei-Städte-Tournee durch Mailand, Florenz und Rom. Die Rückkehr der lächelnden Hoheit führte in Paris 1913/1914 zu einem Volksauflauf.

|Kap. 5: Die globale Ikone|

Im letzten Kapitel belegt der Autor mit zahlreichen Referenzen, wie stark sich die „Mona Lisa“ beereits im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert hat. Seit den wichtigen Ausstellungen Anfang und Mitte der sechziger Jahre in den USA, Japan und Moskau ist sie ein weltweites Phänomen. Weil sie von den Künstlern als Teil der Bildungselite betrachtet wird, ist sie zahllosen Kritikansätzen ausgesetzt. Sie reichen von der Verballhornung, der Übertragung („Monalisierung“), der endlosen technischen Reproduktion (Warhol), der Parodie und Satire (Dalí u.v.a.) bis zum direkten, physischen Angriff. Dieser gelang einem Uruguayer mit einem Steinwurf und beschädigte die Lady am linken Ellbogen. Endlich bekam sie einen Panzer, um ihre Keuschheit zu schützen.

Der respektlose Bob Dylan traf 1966 in „Visions of Johanna“ den Punkt der elitären Apotheose dieses Bildes und zog die Dargestellte im nächsten Atemzug auf die Erde zurück, machte sie somit wieder für die Allgemeinheit verfügbar:

»Im Inneren des Museums steht die Ewigkeit vor Gericht
Im Widerhall der Stimmen. So fühlt sich die Erlösung nach einer Weile an.
Mona Lisa aber muss den Highway-Blues gehabt haben,
Man kann es gut an ihrem Lächeln sehen.«

Mein Eindruck

Was ist denn nun „Das Geheimnis der Mona Lisa“, wird sich nun mancher ratlos fragen. Drei optische und künstlerische Tricks – soll das schon alles gewesen sein? Nun, im Kern war’s das wirklich schon, aber darum geht es nicht. Die Leser von „Da Vinci Code / Sakrileg“ erwarten noch weitere spektakuläre Enthüllungen über die Geheimnisse, die der Großmeister der fiktiven „Prieuré de Sion“, als der Leonardo von Dan Brown hingestellt wird, hineinfabriziert haben soll – ähnlich wie in sein „Letzes Abendmahl“ (Magdalena als Jesu Frau usw.).

Das eigentliche Geheimnis liegt jedoch nicht im Bild, sondern im Betrachter. Wie jeder, der noch nicht vom Fernsehen und Games-Spielen verblödet ist, feststellen kann, trägt die Frau auf dem Bild keinerlei Schmuck, nicht einmal einen Ehering! Es könnte sich sogar um einen jungen Mann mit einer Vorliebe für langes Haar handeln. Keine Symbole machen sie zu einer Allegorie oder zu einer Figur des öffentlichen Lebens. Nichts engt ihr Bedeutungsuniversum ein, und der Maler machte die Darstellung auf diese Weise überzeitlich gültig. Folglich kann jede Generation etwas Neues in sie hineingeheimnissen.

Der Betrachter nimmt kaum zur Kenntnis, wie lebensecht die Darstellung wirkt. Die Bewegung der Hinwendung zum Betrachter wird unterschwellig erzeugt – siehe oben. Und so wird auch das „geheimnisvolle Lächeln“ einer „femme fatale“ wahrgenommen. Tatsächlich ist es dieses vieldeutige Lächeln, das die Interpretation meiner Ansicht nach öffnet und eine Sichtweise erlaubt, die die „Mona Lisa“ als weltliche Darstellung eines religiösen Gegenstandes interpretiert.

Warum sollte es sich nicht gar um Maria oder die heute wieder so populär gewordene (s.o.) Maria Magdalena handeln? Bekanntlich hat Leonardo keinem einzigen seiner Heiligen einen Heiligenschein oder Halo verpasst, nicht einmal Johannes dem Täufer. Warum sollte er es also bei Maria tun? Man sieht es Lisa Gherardini nicht an, dass sie 1503 schon zwei Kinder geboren hatte. Warum sollte man es Maria ansehen? Leonardo hatte Maria schon einmal in einer wilden Landschaft dargestellt: in der Felsengrotte. Das Bild spielt auch in „Sakrileg“ eine Rolle. Dort weisen mehrere Gestalten auf etwas Unsichtbares, und dreimal darf man raten, was das sein mag. (Ähnlich wie in Michelangelos Bild von der hl. Familie.)

Eine derartig zugängliche, rein weltliche Darstellung einer sakrosankten Ikone wäre 1507 garantiert falsch verstanden worden. Leonardo behielt das Bild und nahm es nach Frankreich mit. Dort sah niemand darin eine Mariendarstellung. Ja, die Franzmänner enthüllten die Lady sogar und stellten sie halbnackt in ihre Badezimmer. Der Gipfel war dann der Pinup-Stunt, den Napoleon abzog.

|Das Buch und die Illustrationen|

Bei der Lektüre stellte ich fest, dass es sich beim Text, wie gesagt, um einen Essay in fünf Kapiteln handelt. Das hält den gelehrten Text schön kurz, und der Leser kann sich im Betrachten der Unmenge an illustrativem Bildmaterial verlustieren. Dass der Essay kurz ist, bedeutet nicht, dass es ihm an Informationen mangelt. Ganz im Gegenteil. Aber das Wesentliche, was Sassoon vermitteln will, verwässert er nicht durch ausschweifende und subjektiv gefärbte Spekulationen. Er kommt stets auf den Punkt, und das ziehe ich vor.

Der Band enthält auf seinen 348 Seiten nicht weniger als 400 Illustrationen, Gemäldewiedergaben und Fotos. Das ist eine gewaltige Menge: Sie erschlägt den Text beinahe und macht den Band zu einem Bilder-Buch.

Das Bildmaterial gehört, grob gesagt, in zwei Kategorien. Die erste Kategorie zeigt die „Mona Lisa“ selbst, in verschiedenen Detailausschnitten und unter verschiedenen Ausstellungsbedingungen. Dazu zähle ich auch sämtliche Weiterverwendungen des Urmotivs in Werken späterer Künstler, etwa bei Dalí oder Warhol.

Die zweite Kategorie ist rein dokumentierend und kollateral: Hintergrund des Lebens von Leonardo, Zeitgenossen, Nachahmer und Kopisten, Interpreten wie Gautier und Wilde, „Besitzer“ wie Napoleon oder Peruggia. Natürlich gehören auch Postkarten, Lieder und Zeitungsausschnitte dazu. Alle Bildquellen werden nachgewiesen, und ein Register weist hilfreich den Weg zu den wichtigsten Begriffen.

Die Wiedergabe der Bilder ist bei den meisten Fällen ausgezeichnet gelungen. Notgedrungen ist die Vorlage oftmals wegen ihres Alters weniger als optimal, aber dafür ist die Reproduktionsqualität top. Die Auswahl des Bildmaterials ist sowohl von wissenschaftlicher Seriosität geprägt, verrät aber manchmal auch einen Sinn für Humor. So ist beispielsweise ein Mann zu sehen, der das Gemälde wegträgt, doch sein Arm ragt durch ein Loch an der Stelle, wo sich der Kopf der Lady befinden sollte (siehe letztes Foto im Hauptteil und Rückseite des Schutzumschlags).

Unterm Strich

Das Buch zeigt in erster Linie den Bilderkosmos, der um das berühmteste Gemälde der Welt angeordnet ist. Durch den kenntnisreichen Text des Fachmannes mangelt es nicht an Verständnis für die Entstehung, die Besonderheit und das Schicksal gerade dieses Gemäldes. Insofern ist es eine gute Einführung ins Thema. Doch nur besonders Kunstbegeisterte dürfte die Fülle der Bilddarstellungen interessieren, die das Thema „Mona Lisa“ in allen Facetten dokumentieren.

Die Qualität der Reproduktionen ist hoch und genügt professionellen Ansprüchen, erstaunlich ist daher der vergleichsweise niedrige Preis des in Singapur gedruckten Buches. Wenn man bedenkt, wie viel die Museen und Galerien für ihre Kunstkataloge verlangen – locker über 30 Euro – kommt man mit diesem breit gefächerten Bilderangebot zu einem Preis von knapp 20 Euronen sehr gut weg. Die Aufmachung entspricht dem Design moderner Kunstbücher – im Regal nimmt der hellgrüne Rücken daher einen ebenbürtigen Rang ein: ein kleines Schmuckstück, genau wie die „Mona Lisa“.

Gebunden: 349 Seiten
Originaltitel: Leonardo and the Mona Lisa Story, 2006
Aus dem kanadischen Englisch von Cornelia Panzacchi
ISBN-13: 9783785722329

http://www.luebbe.de

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