Sauer, Beate – Buchmalerin, Die

_Die Autorin_

Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt am Main. Seit 1997 lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Köln. „Die Buchmalerin“ ist ihr zweiter Roman nach „Der Heilige in deiner Mitte“ (1999). Im Februar 2007 erschien bei |Grafit| ihr aktueller Historienkrimi „Der Geschmack der Tollkirsche“.

_Die Geschichte_

Als Junge verkleidet, befindet sich Donata mitten in heftigsten Winterstürmen auf dem Weg von Burgund nach Köln. Sie will dort Arbeit als Schreiber finden und sich gleichzeitig vor der Inquisition verstecken. Vor dieser ist sie aus Burgund geflohen, weil sie zwei Ketzer nicht verraten wollte.

Schwach und mehr als durchgefroren, sucht sie Schutz in der verlassenen Ruine einer alten Kirche und kriecht dort in den hohlen Altar. In der Nacht wird sie Zeuge eines Mordes. Vier Männer befinden sich in der Ruine: ein Dominikaner, ein Adliger, ein Diener und ein weiterer, von Donata nicht einzuordnender Mann. Und genau dieser stößt dem Dominikaner das Messer in den Leib. Nach Abzug der Männer verlässt die junge Frau fluchtartig den Ort des Verbrechens, um kurz darauf dem Diener in die Arme zu laufen. Doch dieser begreift erst später, dass dieser Junge zu dieser Zeit der Ruine zu nahe war und ein Risiko darstellte. Im Auftrag seines Herrn beginnt die Jagd nach dem vermutlichen Zeugen des Mordes …

Inzwischen hat der Kaiser Friedrich einen Kundschafter auf seinen Sohn, den König Heinrich, und den Kardinal von Trient angesetzt. Der Kaiser wittert eine Verschwörung der beiden mächtigen Männer gegen ihn und den Papst. Doch der Kundschafter Roger ist den beiden dicht auf den Fersen. Bei seinen Beschattungen stößt er ebenfalls auf Donata, die inzwischen bei den Beginen in Köln Unterschlupf gefunden hat. Als der Kardinal in die Stadt einzieht, wird ihr klar, dass dieser der Mörder des Dominikaners war und dass der Dominikaner der Inquisitor Gisbert war – ein treuer Anhänger des Papstes.

Ihr gelingt erneut die Flucht vor dem hohen Geistlichen, doch die Beginen und auch die Benedikterinnen müssen einen hohen Preis für ihre Hilfe bezahlen: Der Kardinal sucht unter ihnen den potenziellen Mörder des Inquisitors, dessen Leiche nun auch noch aufgetaucht ist und somit seine Pläne durcheinander bringt.

Als Donata und Roger aufeinander treffen, verbünden sie sich zwangsweise und machen sich auf die Suche nach dem zweiten Zeugen, jenem adligen Mann aus der Kirchenruine. Der weite Weg quer durchs Land beginnt und hält so manche gefährliche Situationen für die beiden bereit …

_Die Hauptcharaktere_

|Donata|

Sie ist bei Albigensern aufgewachsen, bevor deren Glauben als Ketzerei deklariert wurde. Sie hat Lesen und Schreiben gelernt und verfügt über das Talent des Malens – und zwar des naturgetreuen Malens, das zu dieser Zeit nicht gern von der Kirche gesehen wurde.

Donata ist eine junge Frau Anfang zwanzig. Sie ist gezeichnet durch Zähheit und Widerspenstigkeit gegenüber Schicksalsschlägen, aber genauso durch Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein für ihre Umwelt und innere Zerrissenheit. Sie hat Angst vor der Inquisition, geht aber mutig ihren Weg.

Dieser Charakter ist am stärksten ausgearbeitet, und die Autorin lüftet geschickt erst nach und nach die Geheimnisse der jungen Frau. Wie schön – das schafft Spannung!

|Roger|

Der Kundschafter Friedrichs wird dem Leser sehr früh in seinen Aufgaben vorgestellt. Er bleibt als Person sehr lange undurchsichtig und kommt stellenweise blass rüber. Roger wurde von Kaiser als Waisenkind aufgenommen und unterrichtet. Seine Leidenschaft gilt der Medizin – eine vortreffliche Tarnung für einen Spitzel. Als Arzt verdient er sich schnell das Vertrauen der Leser, doch als Donatas Begleiter bleiben Zweifel ob seiner Ehrlichkeit. Erst beim Finale klärt uns die Autorin endgültig auf.

|Der Kardinal und Legat|

Himmel, was für ein Mann! Ich weiß, er ist ein Mörder, aber dieser Charakter strahlt eine Anziehungskraft aus, die es mir unmöglich macht, ihn nicht zu bewundern. Ehrgeiz, Skrupellosigkeit und Intelligenz paaren sich zu einem Bündel an Energie und, ja, irgendwie auch sinnlicher Ausstrahlung, dass ich mir wünschte, einem solchen Mann begegnen zu können. Nun gut, ich hatte immer eine Schwäche für Bösewichte, aber dieser hier scheint schon ein Prachtexemplar zu sein. Extrem gut ausgearbeitet, Frau Sauer! Ich bin begeistert.

_Meine Meinung_

Die Charaktere verdienen also insgesamt Lob. Übrigens: Das Gleiche gilt für die Nebencharaktere, die ich aber nicht im Einzelnen auseinanderklabüsern möchte. Doch wie ist nun die Story aufgebaut? In einem Wort: Megaspannend! Der Spannungsbogen wird von den ersten Seiten an aufgebaut, steigt kontinuierlich leicht an, endet in einen kleinen Höhepunkt, flacht sachte ab und steuert den nächsten Höhepunkt an. Der Leser hängt an der Angel und muss der Strömung des Erzählflusses folgen, den die Autorin doch sehr geschickt mal hierhin, mal dorthin lenkt. Die Stränge nähern sich der saftigen, kolossalen Verschmelzung und dann …

… kommt das Ende. Mein Gott, wie kann man solch eine Spannung aufbauen, um dem Finale, dem eigentlichen Kern der Sache, so wenig Raum zu schenken? Das darf doch nicht wahr sein! Klar, rein inhaltlich ist das Ende sehr befriedigend, aber das hätte die Autorin doch noch viel gewaltiger inszenieren können. Nein, wirklich, ich bin entsetzt! Am liebsten würde ich den Stift nehmen und alles umschreiben.

Das Ende ist also nicht wie gewünscht, doch der Schreibstil ist wunderbar zu lesen. Zwar ist die Sprache der Protagonisten der heutigen Zeit angepasst, aber das empfinde ich nicht als schlimm. Beate Sauer nimmt sich die Zeit, dem Leser die Umgebung vorzustellen, erweckt damit die klirrende Kälte des Winters zum Leben und verleiht ihrem Roman damit eine lebendige und nachvollziehbare Atmosphäre.

Ein weiteres Plus ist das Tempo der Geschichte. Das Buch umfasst über 500 Seiten, aber selten kehrt Ruhe ein, die die Charaktere dann auch bitter nötig haben. In diesen seltenen Momenten erfahren wir auch die Vergangenheit der beiden Flüchtigen und die ganze Hintertriebenheit des Kardinals. Nähe und Verbundenheit werden aufgebaut, Kontakte geknüpft und der Leser in den nächsten Schachzug der Handlungsträger geschickt. Ja, das ist schon gelungen!

Zum Schluss: Sauer hat in ihrem Nachwort die fiktiven und historischen Charaktere und Geschehnisse auseinandergezwirbelt. Wie zu erwarten war, hat der Kardinal nie existiert, doch die versuchte Rebellion des Königs Heinrich gegen seinen Vater hat stattgefunden. Wann was genau geschah, könnt ihr im Nachwort selbst nachlesen.

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