Schuster, Wolfgang – Mit MS Karin von Jütland zum Saimaa-Kanal. Ein Reisetagebuch

Mit diesem Büchlein legt der 1929 in Borna bei Leipzig geborene Schriftsteller Wolfgang Schuster sein drittes Werk vor. Nach seinem durchweg sehr gut bewertetem Zeitzeugenbericht um seine Inhaftierung von 1945-1950 in einem sowjetischen KZ und einem weiteren Buch über seine Flucht in den ‚Goldenen Westen‘ schildert dieser Band ein positives Erlebnis. Für den Rezensenten ist es auch kein Gegensatz zu den vorherigen Werken, wenn Schuster sich unterschiedlichen Themen zuwendet, da der Vielfalt eines Autors keine Grenzen gesetzt sein sollten und die Werke auch authentisch sind.

In diesem Buch schildert Wolfgang Schuster eine mehrtägige Reise im Jahre 1993, die er nach Beendigung seines Berufslebens zusammen mit seiner Frau Ursula antritt. Diesen neue Lebensabschnitt, der, wie der Autor in seiner Einleitung „Wie es zu dieser Reise kam …“ betont, für viele ein Problem darstellt, da sie in ein ‚Loch‘ fallen, wollte er mit einer Reise beginnen. Nach reichlichem Studium von Reiseprospekten entscheiden sie sich für eine Reise auf der MS KARIN, einem Handelsschiff, welches auch Privatpersonen aufnimmt, von Horsens (Dänemark) nach Lappeenranta (Finnland).

Die Stärken des Buches liegen im weitgehend deskriptiven Charakter, ebenso den Schilderungen von Natur und Naturgewalten, den schiffsfahrttechnischen Abläufen (Transport von Waren, Lotsen im Kanal) sowie den Gefühlen der Reisenden. Der Schreibstil ist natürlich, umgangssprachlich, hebt nicht nur die Besonderheiten dieser Reise gegenüber dem Massentourismus hervor, sondern gewährt auch Einblick in die Persönlichkeit der Schusters, die sich zunehmend mit Schiff und Mannschaft identifizieren, und erscheint dem Rezensenten nicht nur authentisch, sondern auch sympathisch.

Sie ‚mampfen‘ mit Freude ihr Lunchpaket während des Landganges, lassen den Leser auch täglich am Mahl teilhaben, spazieren in der Natur fern der Zentren und pflücken Blumen für den Kapitän, schildern auch ihre ‚Seekrankheit‘, ihre Panik während eines Sturmes, wobei sogar entsprechende Spannung aufkommt, oder ihre aus der Vergangenheit resultierenden Ängste, wenn ein bewaffneter ‚Rotarmist‘ im sowjetischen Teil des Saimaa-Kanals das Schiff betritt.

Hinweglesen kann man über die manchmal unpassende oder fehlerhafte maritime Begrifflichkeit. Der Begriff ‚Gangway‘ passt nicht ganz so in das Gesamtwerk und Stelling wäre besser gewählt. Ebenso finden Begriffe wie Luv und Lee mehr in der Segelschiffahrt Anwendung bzw. müsste es in einem Fall ‚legte an‘ heißen und nicht ‚ankerte an‘. Diese Kleinigkeiten mögen dem Rezensenten besonders ins Auge gefallen sein, da er selbst lange zur See gefahren, aber dem Autor Wolfgang Schuster dennoch dankbar dafür ist, viele seiner eigenen Erfahrungen und Gefühle aus dieser Zeit durch seine lebendigen Schilderungen geweckt zu haben.

Abgerundet wird das Buch durch zahlreiche persönliche Fotos. Auch wenn die Reise der Schusters schon 1993 stattfand, so bildet doch das Vorwort eine Brücke zum Hier und Jetzt und wird dadurch nicht nur für Freunde und Bekannte der Schusters lesenswert, sondern auch für alle, die sich der Natur oder Schifffahrt verbunden fühlen, die Anregungen für ihren ‚wohlverdienten Lebensabend‘ fern des Massentourismus suchen oder einfach eine kurzweilige Reiselektüre.

http://www.holzheimerverlag.de

_Martin Dembowsky_

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