|Jan Seghers ist das Pseudonym für den Frankfurter Journalisten Matthias Altenburg, unter dem er Kriminalromane schreibt. Nach „Ein allzu schönes Mädchen“ veröffentlichte er den Krimi „Die Braut im Schnee“, in dem ebenfalls der leicht verschrobene Hauptkommissar Marthaler ermittelt.|
Die Leiche einer jungen Zahnärztin wird, in grotesker Weise ausgestellt, vor ihrem eigenen Haus gefunden. Die Frau, die kaum Freunde gehabt zu haben schien, führte ein biederes Leben. Sie kannte nur die Arbeit und ihren entfernt lebenden Verlobten, einen schüchternen Installateur. Das Ermittlerteam um Marthaler kann sich überhaupt keinen Reim aus dem Verbrechen machen, doch ihr Chef Herrmann schießt sich sehr schnell darauf ein, dass ein wegen sexueller Vergehen vorbestrafter Fotograf der Schuldige ist, und zieht alle Polizeikräfte für die Fahndung nach dem Fotografen ab.
Marthaler, der noch nie ein gutes Haar an seinem Chef gelassen hat, ist mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, was zu seiner vorübergehenden Suspendierung führt.
Als Marthaler wieder im Dienst erscheint, ist der Fall immer noch nicht gelöst. Im Gegenteil gibt es ein zweites Opfer, doch dieses Mal ist der Täter beobachtet worden …
In einem lobenden Zitat am Anfang des Buches wird erwähnt, dass es Henning Mankell war, der Jan Seghers zum Schreiben brachte. Wenn das wahr ist, dann wundert es nicht, dass man die eine oder andere Parallele zwischen Ermittlerschwergewicht Wallander und Marthaler entdeckt. Beide sind alleinstehend und eher etwas zurückgezogen, haben Figurprobleme und widersetzen sich ihren Vorgesetzten.
So weit, so gut, denn Marthaler ist im Vergleich von Wallanders manchmal schon entrückt wirkender Depressivität weit entfernt und wirkt menschlicher und alltagsnaher als der beliebte schwedische Polizist. Was ihn sympathisch macht, ist, dass er keineswegs ein Übermensch ist, sondern wie der nette Nachbar von nebenan wirkt. Ein wenig verschroben manchmal, aber an und für sich ein freundlicher Kerl. Manchmal vielleicht ein wenig zu freundlich, wenn es darum geht, in ihm eine herausragende Persönlichkeit zu sehen, die im Gedächtnis bleibt.
Ähnliches gilt für die Handlung. Die ist auch ein sehr freundlicher Kerl, lässt an einigen Stellen aber die Originalität missen. Damit ist sie in Bezug auf den Punkt Authentizität natürlich auf der sicheren Seite, denn man kann ihr nicht den Vorwurf machen, sie würde mit überzogenen, unrealistischen Ereignissen prahlen.
Allerdings nagt es an der Spannung, wenn man als Leser das Gefühl hat, Ähnliches schon einmal in einem anderen Buch gelesen zu haben. Und da hilft es noch nicht einmal, wenn der Ermittleralltag wirklichkeitsgetreu dargestellt wird, indem man zwischen dem ersten Mord und der Aufklärung über ein halbes Jahr verstreichen lässt. Die harmlose Mischung aus Marthalers Privatleben und den Mordermittlungen inklusive einiger weniger Perspektivwechsel hat zwar ihre kleinen Höhe- und Wendepunkte, läuft aber nie zur Höchstform auf.
Der Schreibstil beweist, dass Seghers alias Altenburg sein Handwerk gelernt hat. Es gibt keine Unannehmlichkeiten und das Buch lässt sich flüssig lesen, auch wenn es an der einen oder anderen zu ausschweifenden Ortsbeschreibung ruckelt.
Insgesamt ist „Die Braut im Schnee“ aber ein sehr angenehmes Buch. Nicht besonders aufregend, aber auch nicht schlecht. Ein netter Krimi für zwischendurch, aber keiner, der sonderlich lange im Gedächtnis haften bleibt.
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