Serno, Wolf – Spiel des Puppenkönigs, Das

_Story:_

Berlin im Jahre 1783: Der berüchtigte Puppenspieler Julius Klingenthal möchte sein Glück an der Spree versuchen und mit seinem Puppenspiel vor ein neues Publikum treten. Doch schon bei seiner Ankunft stößt Klingenthal auf Schwierigkeiten: Seine Barschaft wird grundlos in Beschlag genommen, woraufhin seine Karriere vorerst ruiniert scheint. Hilfesuchend wendet sich Julius an Friedrich den Großen und darf sich völlig überraschend tatsächlich auf die Schützenhilfe des Potsdamer Regenten verlassen.

Doch die Freude währt erneut nicht lange. Im Anschluss an sein Anliegen in Sanssouci trifft der Puppenspieler auf einen mysteriösen Fremden, der noch an Ort und Stelle in Julius‘ Armen stirbt. Aus Angst vor möglichen Konsequenzen tritt Klingenthal die Flucht an und hält sich künftig vom Schloss des Herrschers fern. Dabei stößt er auch wieder auf seine einstige Lebensgefährtin Alena, die mittlerweile bei Madame Chattemont eine lukrative Anstellung bekommen hat und ihren Ruf als Klagefrau ablegen kann. Aber auch sie ist nicht restlos glücklich: Im Salon der Madame trifft sich regelmäßig das edle Collegium Artis und präsentiert der jungen Dame ein Leben, das niemals das ihre sein wird.

Nach einer dieser Veranstaltung kommt der russische Fürst Katusow ums Leben – und das neu verbundene Pärchen gerät in Verdacht, in die Sache involviert zu sein. Erneut sieht Julius sein einziges Heil in der Flucht. Als ihm jedoch gewahr wird, dass der Fürst einen ähnlichen Handschuh trug wie auch der arme Kerl, der ein Jahr zuvor in seinen Armen verstorben war, ahnt er eine böse Verschwörung. Gemeinsam mit Alena versucht er die Sache aufzudecken – und begibt sich zum wiederholten Male in äußerste Lebensgefahr!

_Persönlicher Eindruck:_

Es gibt wohl in der ganzen historischen Belletristik kaum einen Autor, der so witzig und flüssig, gleichzeitig aber auch faktisch und informativ schreibt, wie es Wolf Serno nun schon seit Jahr und Tag tut. Seine Geschichten sind die von Hexen, Vagabunden und hauptsächlich Underdogs; sie zeigen die untersten Stände, vornehmlich Vorurteile und Ungerechtigkeiten, aber eben auch den unbändigen Willen, sich als einfacher Mensch nicht unterbuttern zu lassen. Mit dem Puppenspieler Julius Klingenthal hat Serno eine Figur erschaffen, die kaum besser in sein Profil hätte hineinpassen können. Dieses Potenzial hat der Autor sofort erkannt und seinem mittlerweile vielleicht wichtigsten Charakter direkt eine ganze Trilogie gewidmet. Teil zwei hört auf den Titel „Das Spiel des Puppenkönigs“ und ist nicht nur Fortsetzung, sondern auch die raffinierte Weiterentwicklung des Debütbandes.

Die zweite Erzählung um den gewieften Puppenspieler beginnt ähnlich dramatisch, wie die letzte endete. Klingenthal steht erneut vor den Scherben seines Lebens und sieht sich gezwungen, zu einem unkonventionellen, aber nötigen Schritt zu greifen. Fest entschlossen bittet er um eine Audienz bei Friedrich dem Großen und bittet darum, ihn seiner aktuellen Misere zu unterstützen. Alles läuft perfekt, die Unterstützung wird ihm erstaunlicherweise sogar gewährt, doch dann geschieht erneut etwas, das Julius nicht beeinflussen kann, das sein persönliches Dilemma aber noch weiter verschlimmert. Ein unverhoffter Todesfall eines unbekannten Menschen, der auf mysteriöse Weise und ausgerechnet in den Armen des Hauptakteurs erliegt – und schon ist ein komplett neues Fass mit dem Potenzial für eine richtige spannende Geschichte aufgemacht.

Allerdings sind die Geschehnisse vor Sanssouci erst die Saat, die ausgestreut werden muss, um eine weitere, sehr vielschichtigere Story zu erzählen. Es geht um ein fürchterliches Mordkomplott, um Liebe, Emotionen, Verrat, Intrigen, Anrüchiges und zuletzt natürlich wieder um die Cleverness der untersten Gesellschaftskaste, die es den Obrigen mit einer Menge Mut und Risikofreude heimzahlt. An der Spitze natürlich der stets fröhlich-besorgte Julius, der um keinen Streich verlegen ist und viele humorvolle Glanzmomente innerhalb der Handlung hat. So bastelt er geheim eine siebte Puppe, die er Friedrich dem Großen widmet, und treibt fortan Schabernack mit ihr. Aber auch sein Gebaren im Salon von Madame Chettemont ist oft spitzfindig und komisch und gehört zu den zentralen und amüsantesten Inhalten eines sehr abwechslungsreichen, gerade zum Ende auch sehr spannenden Romans.

Dass die Geschichte anschließend sogar noch Inhalte eines historischen Krimis aufnimmt, gepflegtes Rätselraten ob der eigenartigen Mordfälle vom Leser einfordert und sich prompt wieder in einen Serno-typischen Mix aus eigensinniger Gesellschaftsdokumentation, fiktivem, allumfassendem Plot und kurzweiligen themenspezifischen Episoden entwickelt, ist schließlich das i-Tüpfelchen, das „Das Spiel des Puppenkönigs“ aber im Grunde genommen auch schon stilistisch gesetzt hat. Fakt ist: Das zweite Kapitel um den raffinierten Puppenspieler ist eines der Highlights im reich bestückten Katalog des Autors und lässt für den Abschluss der Serie noch einiges erwarten!

|487 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-426-19748-6
Taschenbuch: ISBN-13 978-3-426-63545-2|
http://www.droemer-knaur.de
http://www.wolf-serno.de

_Mehr von Wolf Serno auf |Buchwurm.info|:_

[„Hexenkammer“ 1820
[„Der Balsamträger“ 2298

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