Shooman, Joe – Bruce Dickinson – Eine Biografie

Was wäre Bruce Dickinson wohl geworden, hätten die Mannen von |IRON MAIDEN| ihn in den frühen Achtzigern nicht darum gebeten, den vakanten Sängerposten zu füllen? Und umgekehrt: Wo würde der Metal-Dinosaurier heute wohl stehen, wäre der vielleicht begabteste Classic-Metal-Frontmann und -Entertainer damals nicht auf das Angebot eingegangen und lieber seiner alten Kapelle |SAMSON| treu geblieben? Vielleicht hätte ihn seine Passion für den Fechtsport bis an die Weltspitze gebracht. Möglicherweise hätte er sich auch damit zufriedengegeben, als Pilot um die Welt zu reisen. Oder aber er hätte vielleicht sein Studium zu Ende gebracht und sich als Lehrer für Geschichte engagiert.

Spekulationen gibt es hierzu viele, doch laufen sie alle auf ein Ergebnis heraus: Dieser Mann ist ein absolutes Multitalent, sowohl als Showmensch als auch in seinem steten Explorationsdurst, der ihn unter anderem auch lange Jahre durch seine musikalische Karriere gebracht hat. Deshalb ist seine Biografie definitiv nicht gleichzeitig diejenige von |IRON MAIDEN|, auch wenn vor allem die Erfolgsstory des Sängers unmittelbar mit der seiner langjährigen Wegbegleiter verknüpft ist. Aber es steht weiterhin außer Frage, dass Dickinson auch ohne die Band einen konsequenten, erfolgreichen Weg eingeschlagen hätte. Dafür ist seine Willensstärke nämlich einfach zu immens, als dass man hieran Zweifel anbringen müsste.

Als Joe Shooman nun vor Jahren die ersten Ideen zu dieser Biografie entwarf, musste er sich genau diesen Umstand erst noch einmal bewusst machen. Und er ging sein Projekt auch sehr geschickt an, indem er die |MAIDEN|-Jahre vergleichsweise grob anriss und die präziseren Inhalte der Bandgeschichte seinem Kollegen Mick Wall überließ, der die Historie der Briten seinerzeit in [„Run to the Hills“ 1708 abarbeitete.

Also konzentriert er sich vor allem auf die Person Paul Bruce Dickinson und deren zahlreiche Talente, die natürlich in erster Linie mit dem Leben als Musiker zusammenhängen. So erfährt man von seinen ersten Engagements in Bands wie |STYX| und |SHOTS|, von den Diskrepanzen, die der Job bei |SAMSON| mit sich brachte, da sein hoher Gesang bisweilen gar nicht zum klassischen Hardrock seiner neuen Weggefährten passen wollte, und begleitet natürlich den Werdegang von |IRON MAIDEN|, der vorläufig nur bis zum „Fear of the Dark“-Album reichen sollte. Dazu erfährt man reihenweise Persönliches über den rauen Bruce und seinen kreativen Dickkopf, lernt seine kontinuierliche Selbstdisziplin schätzen, realisiert aber im Grunde genommen, dass er trotz der großen Erfolge stets ein Mensch mit Bodenhaftung geblieben ist, der seine Herkunft nie vergessen hat.

Bodenhaftung war schließlich auch nötig, als der Sänger sich von seiner Band loseiste, um seine eigenen Projekte zu starten, die anfangs noch recht erfolgreich und eigenwillig waren, später aber zwangsläufig in eine Sackgasse führten, da Dickinson einfach ein Metal-Sänger war und ist und die Arbeiten bei |SKUNKWORKS| lediglich seine Experimentierfreude befriedigten, nicht aber seine Zielgerichtetheit als Künstler. Sein erneuter Wechsel zu |IRON MAIDEN| kam 1999 dennoch überraschend, war jedoch der einzig logische Schritt für die beiden sinkenden Schiffe und wurde letzten Endes zu einem noch größeren Triumphzug als die erhabenen Momente des vorherigen Jahrzehnts – vor allem dank der Schlüsselfigur Dickinson.

Shooman bleibt in seinen Ausführungen allerdings jederzeit objektiv und feiert seinen Helden nicht ständig als solchen ab. Eher aus der Draufsicht schildert er vor allem das Leben des jungen Bruce in einer Detailfreude, die bislang beispiellos ist. Gerade die zwischenmenschlichen Geschichten haben es ihm angetan, was er in zahlreichen Interviews mit frühen Helden der NWoBHM und Gefährten Dickinsons immer wieder belegt. Doch auch der Informationsgehalt seiner Biografie ist enorm und bringt gerade auf musikalischer Ebene zahlreiche Insider-Facts zutage, die man an dieser Stelle auch gerne lesen möchte. Zu kurz kommt lediglich der Wiedereinstieg bei |IRON MAIDEN|, der eigentlich einer der wesentlichen Knackpunkte in der Karriere des Sängers ist. Hier hätten ein paar Details mehr sicherlich gut getan, um die Sache komplett rund zu bekommen. Ansonsten gibt es an Shoomans Werk absolut nichts auszusetzen; wer einen Ausnahmekünstler wie Bruce Dickinson so bodenständig und gleichsam anerkennend vorstellt und das Ganze mit einem solch reichen Informationsschatz füllt, der verdient nicht nur Respekt, sondern auch zahlreiche Abnehmer. Wirklich gelungen, was hier auf gut 250 Seiten als offizielle Biografie angeboten wird!

|ISBN-13: 978-3-931624-53-8|
http://www.iron-pages.de

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