Sinclair, Alison – Lichtgeboren

_Die Trilogie:_

Band 1: „Nachtgeboren“
Band 2: „Lichtgeboren“
Band 3: „Schattengeboren“

_Balthasar, Telmaine und Strumheller_ ist es gelungen, Vladimer aus seiner unnatürlichen Bewusstlosigkeit zu wecken. Allerdings war es nicht möglich, ihm die Entwicklung der Ereignisse zu erklären, ohne auch Telmaines Magie zu erwähnen. Und obwohl Vladimer sich weigert, sich von Telmaine heilen zu lassen, hat er keinerlei Skrupel, ihre Fähigkeiten anderweitig schamlos für seine Zwecke einzuspannen. Um seinen Bruder zu unterstützen, ist ihm jedes, wirklich jedes Mittel recht!

Das hat unangenehme Folgen. Denn nahezu unmittelbar nach Vladimers Rettung wird der Prinz der Lichtgeborenen ermordet! Sein Sohn Fejelis ist gerade erst mündig geworden, und beauftragt als Erstes seinen einzigen Freund und Vertrauten, den Magier Tammorn, mit der Suche nach dem Mörder. Doch Tammorn steht außerhalb des Magierstammbaumes, er ist ein sogenannter Wildschlag und wird deshalb von den Magiern mit Misstrauen betrachtet. Als wäre das noch nicht problematisch genug, findet Tammorn Spuren einer Magie, von der ihm übel wird … Schattenmagie!

_Durch die Ausdehnung_ der Handlung auf die Lichtgeborenen taucht eine ganze Riege neuer Charaktere auf. Die meisten davon sind vorerst nur Nebenfiguren, wie zum Beispiel Fejelis Mutter Helenja und ihr Lieblingssohn Orlanjis, sowie diverse andere Verwandte. Das Hauptaugenmerk ruht auf nur zwei Neuzugängen:

Fejelis mag jung sein, aber er ist weder dumm noch naiv. Höchstens ein wenig idealistisch. Mit sieben ist er nur knapp einem Mordversuch entgangen, das hat ihn misstrauisch werden lassen. Er rechnet nicht damit, besonders lange zu regieren, das hat die seltsame Konsequenz, dass er dazu neigt, Risiken einzugehen … weil es ja eh schon egal ist. Gleichzeitig hat er erstaunliche Pläne und Ideen, die er nur zu gerne umsetzen wird, wenn er die Chance dazu erhält.

Tammorn ist ebenfalls noch ziemlich jung. Und die Tatsache, dass er ein Wildschlag ist, ist nicht der einzige Grund, warum er mit den Magiern in Konflikt geraten ist. Tatsächlich neigt er dazu, es mit Gesetzen und Verträgen nicht so genau zu nehmen, und mit Autoritäten hat er auch seine Probleme. Der einzige Magier im Turm, den er respektiert, ist Lukfer, und der ist ein Wildschlag wie er selbst. Kein Wunder, dass die Magier es gar nicht gern sehen, dass Fejelis ausgerechnet Tammorn unter Vertrag nehmen will.

Und dann ist da natürlich noch Floria, die in diesem Band etwas näher an den Kern der Handlung rückt. Für echte Tiefe hat es in ihrem Fall aber noch nicht ganz gereicht. Natürlich ist sie – berufsbedingt – eine sehr gute Kämpferin, vor allem aber ist sie loyal.

Wie schon im ersten Band ist die Darstellung der Figuren auch hier wieder ausgesprochen glaubhaft, lebendig und nachvollziehbar geraten, von Fejelis und Tammorn bis hin zu Cousine Ember, obwohl sie nur ein einziges Mal den Mund aufmacht. Sehr gelungen.

Da in diesem Band die Lichtgeborenen so sehr im Mittelpunkt stehen, mussten die Nachtgeborenen ein wenig beiseite rücken. Balthasar und Stromheller werden lediglich erwähnt, tauchen aber nicht persönlich auf. Nur einer der vier Handlungsstränge dreht sich um die Nachtgeborenen, und das ist Telmaines. Wobei das nicht viel heißen will, denn der Autorin ist es gelungen, die parallel laufenden Fäden so eng miteinander zu verknüpfen, dass man sie nicht so einfach trennen kann. Nachdem die neuen Personen eingeführt sind, wird aus dem Nebeneinander rasch ein Durcheinander. Was im Licht geschieht, bedingt, was die Nacht bringt, und das nächtliche Geschehen hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ereignisse im Licht.

Natürlich ist dem Leser von Anfang an klar, warum der Prinz ermordet wurde, schließlich hat er den ersten Band gelesen und weiß, wer dahintersteckt. dass die Handlung trotzdem zu keiner Zeit vorhersehbar oder langweilig war, liegt daran, dass die Autorin es auch diesmal geschafft hat, den Auslöser am Anfang des Buches immer größere Kreise ziehen und dabei nach und nach immer mehr Details einfließen zu lassen, die die ursprüngliche Situation eines Mordes auf eine Intrige dynastischen Ausmaßes steigern. Denn wie im ersten Band sind auch hier nicht nur die Schattengeborenen am Werk. Eine ganze Anzahl von Cliquen und Parteien kocht an ihrem eigenen Süppchen, ganz wie bei den Nachtgeborenen auch.

_Herausgekommen ist_ ein komplexes, intelligentes und spannendes Buch mit sehr lebensechten und auch sympathischen Charakteren, der einen oder anderen unerwarteten Wendung und einem vielversprechenden Ende. Und das alles ohne logische Hänger, vor allem aber ohne einen übermächtigen Bösewicht, der eigentlich völlig unbesiegbar ist; ohne bluttriefendes Gemetzel und Geschlachte; und ohne einen Helden, der als Einziger auf der ganzen Welt selbige retten kann, weil das zufällig in irgendeiner Prophezeiung steht.

Alison Sinclairs Zyklus hat mich bisher von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies auch dem dritten Band gelingen wird.

_Alison Sinclair_ stammt ursprünglich aus Schottland, lebt inzwischen aber in Montreal, wo sie an der Universität McGill unterrichtet. Mit dem Schreiben begann sie Mitte der Neunziger Jahre, zunächst im Bereich Science-Fiction. „Lichtgeboren“ ist der zweite Band ihrer ersten Fantasy-Trilogie. Die anderen beiden Bände erschienen unter dem Titel „Nachtgeboren“ und „Schattengeboren“.

|Taschenbuch: 446 Seiten
Originaltitel Lightborn
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-802-58336-0|


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