Alexander F. Spreng (ASP) – Horror Vacui

Mit dem Album „Requiembryo“ schloss die Gothic-Band |ASP| im Jahr 2007 ihren Zyklus um den Schwarzen Schmetterling ab: eine auf fünf CDs angelegte Konzeptgeschichte, welche die Auseinandersetzung zwischen der hellen und dunklen Seite der menschlichen Persönlichkeit thematisiert, sich dabei aber vor allem auf die Facetten der düsteren Aspekte konzentriert. „Horror Vacui“, ein teilweise neu eingespieltes Best-of-Album, stellte Anfang 2008 den Zyklus noch einmal aus einer von der Band als solche betitelten Retrospektive dar.

Nahezu zeitgleich veröffentlichte Alexander F. Spreng, Sänger und geistiger Vater der Band, ein ebenfalls als „Horror Vacui“ betiteltes Buch. Darin sind sämtlich Liedtexte der erschienenen Alben versammelt, zusätzlich zu einigen als B-Sides auf Singles oder EPs gepressten Stücken. Versehen sind die Lyriks mit Kommentaren zur Entstehungsgeschichte, Anekdoten oder erweiterten Strophen, die es nicht in die Songs geschafft hatten, aber ursprünglich vorgesehen waren.

Braucht der Fan oder Gelegenheitshörer, der |ASP| bereits auf CD im Regal stehen hat und zu den meisten Stücken die Texte im dazugehörigen Booklet findet, ein in Buchform verpackte Zusammenstellung? Die Antwort auf diese Frage muss sich jeder selbst stellen: im Hinblick darauf, wie weit er sich mit den Inhalten der |ASP|-Musik beschäftigen möchte. Eine sinnvolle Ergänzung zur CD-Kollektion stellt das „Horror Vacui“-Buch aber auf jeden Fall dar, denn die nahezu vollständige Songtext-Sammlung aller bisherigen |ASP|-Stücke entpuppt sich als literarisch hochwertig.

Horror Vacui

Rund 220 Seiten nehmen die 85 Texte in „Horror Vacui“ ein. Aufgeteilt sind die meisten Titel in derselben Reihenfolge, wie sie auf den fünf regulären Alben um den Zyklus des Schwarzen Schmetterlings angeordnet sind. Dazu kommen einige B-Side-Stücke sowie die ersten fünf Titel der „Krabat“-Liederreihe, die bereits veröffentlicht worden sind und den Grundstein für das sechste |ASP|-Album legen werden.

Bevor mit „In meiner Vorstellung“ der erste Titel vom Debüt „Hast du mich vermisst?“ die Liste der Songtexte eröffnet, startet das Buch mit einem Vorwort von |ASP|-Sänger Alexander F. Spreng, das einem Vorwort aber kaum gerecht wird – im positiven Sinne. Denn anstatt sich und seine Band ins beste Licht zu rücken, hier und da ein paar Menschen zu danken und schon vorwegzunehmen, was den Leser auf den kommenden Seiten erwartet, erzählt Spreng in einer überraschend offenen Art über seine Liebe zur Musik, über fantastische Literatur und über Rituale, die sich bei jeder eigenen Albumveröffentlichung eingebürgert haben. Es sind nur zehn Seiten, und doch gewinnt man einen sehr persönlichen, intimen Eindruck von der Art und Weise, wie |ASP| zur Musik stehen und wie eng sie mit ihr verbunden sind. Hier sind Künstler am Werk, die diesen Namen wirklich verdienen. Das Vorwort öffnet den Blick dafür, mit anderen Augen auf die Texte zu schauen.

Diese durch die Buchveröffentlichung von der Musik zu lösen, ist ein gewagtes Unterfangen. Denn wenn die Songtexte, geradezu entblößt und nackt, dem Leser ohne Musik präsentiert werden, unterliegen sie ganz anderen Anforderungen. Die Strophen und Refrains können sich nicht hinter rhythmischen Strukturen verbergen, hier müssen sie für sich selbst stehen. Belanglose, einfach Reime mögen in einem Lied funktionieren, literarisch hochwertig müssen sie deshalb noch lange nicht sein.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Klasse von |ASP|. Die in Worte gefassten Gedanken, Bilder und Emotionen sind durchweg poetisch, aber nicht klischeebeladen; metaphorisch, aber nicht kitschig. Obwohl sie ihr melodiöses Schema nicht verlieren, zeigt sich, wie gut sie auch als Lyrik Bestand haben können. Die Bezeichnung „Gothic Rock Novel“, wie sie ein paarmal in „Horror Vacui“ fällt, ist treffend. Ein Vergleich zu den großen Namen, allen voran Edgar Allan Poe, mag hoch angesetzt sein, ist aber durchaus zulässig und treffend.

Die Anmerkungen, die Alexander F. Spreng sowie einige Gastautoren zu einem Großteil der Songtexte beisteuern, zerstören dabei die Magie der Worte nicht. Der |ASP|-Songschreiber interpretiert sich nicht selbst, gibt höchstens hier und da ein paar Hinweise, wie einige Zeilen oder die Botschaft zu verstehen sind. Die Gastautoren, Freunde der Band, geben stets nur ein Angebot zur Rezeption, wie sie die Texte für sich verstanden haben. Die vielen Bedeutungsebenen, die in den meisten Titeln enthalten sind, werden also glücklicherweise nicht aufgeschlüsselt, sondern bleiben erhalten.

Sehr hübsch kommt die Umschlaggestaltung daher, die dank Schutzhülle auch gleich die zu schnelle Abnutzung des Buches verhindert. Die innere Gestaltung ist weniger aufwendig, dafür aber zweckmäßig und dank guter Kapitelstruktur übersichtlich. Wer ein bestimmtes Lied sucht, muss dies nicht lange tun.

Fazit

ASP-Hörer, die sich näher mit den Songtexten beschäftigen möchten, bekommen mit dem „Horror Vacui“-Buch die perfekte Grundlage geboten. Nahezu alle Titel aus der bisherigen Bandgeschichte sind enthalten, kommentiert von Songschreiber Alexander F. Spreng oder einigen Gastautoren. Zwar nicht zwingend erforderlich, um den Zyklus des Schwarzen Schmetterlings noch einmal Revue passieren zu lassen (dafür reichen die CDs aus), aber ein schönes Begleitwerk, um beim Hören mitzulesen oder einfach nur zu schmökern. Wer düstere, gehaltsvolle Lyrik mag und insbesondere mit der ASPschen Musik vertraut ist, liegt mit dem Buch genau richtig.

www.trisol-download.de
www.thetalesofasp.com