Stewart, Paul & Riddell Chris – Helden von Muddelerde, Die

Eigentlich bin ich immer viel zu faul, um mir nach dem Genuss eines Filmes auch noch das dazugehörige Buch zu besorgen und durchzuarbeiten, schließlich kennt man die gesamte Handlung schon und die Spannung ist quasi komplett verpufft. Und so ähnlich verhält sich dies auch bei Hörbüchern und den entsprechenden Schriftversionen … Daher habe ich mich auch eine Weile dagegen gesträubt, mir die ‚Papier-Variante‘ von „Die Helden von Muddelerde“ zur Brust zu nehmen, schließlich habe ich vor einiger Zeit auch schon die [Audiofassung 1947 zur einmaligen Fantasy-Geschichte von Paul Stewart gehört und für euch rezensiert. Letztlich aber schnappte ich mir am vergangenen Wochenende das 450 Seiten starke Buch, zog mich auf die Couch zurück und verschlang die Geschichte um den zerstreuten Magier Randalf und den Anti-Helden Joe Jefferson an nur einem Nachmittag. Mein vorläufiges Resümee: Ich bin froh, die Buchfassung doch noch gelesen zu haben, denn der Autor hat hier wirklich eine außergewöhnliche Erzählung erschaffen, von der man sich nach dem reibungsfreien Einstieg gar nicht mehr losreißen kann! Und genug bekommen kann man von Paul Stewart, sobald man einmal Blut geleckt hat, sowieso nicht mehr, was in meinem Falle wohl auch am mehrfachen Konsum der bei uns vorgestellten „Klippenland-Chroniken“ liegt. Und deren Niveau erreicht „Die Helden von Muddelerde“ spielerisch …

_Story_

Muddelerde ist in Gefahr und braucht dringend einen Helden – ansonsten wird der grauenhafte Dr. Knuddel sehr bald die Herrschaft an sich reißen. Der ziemlich zerstreute Magier Randalf der Weise sieht sich deswegen in der Pflicht und zaubert einen Helden dabei. So findet sich der ganz normale Schuljunge Joe Jefferson urplötzlich in einer fremden Welt statt in seiner Schuklasse wieder – und seinen Hund Henri hat er auch direkt mitgebracht.

Das Team von der Erde hat jedoch nicht lange Zeit, sich großartig auf die neue Umgebung umzustellen, denn auch wenn Randalf von seinem seltsamen Helden nicht gerade begeistert ist, verlangt er von ihm, dass er als Heldenkrieger „Joe, der Barbar“ das große Zauberbuch beschafft und Dr. Knuddel und seine Besteckarmee von ihren schrecklichen Plänen abhält.

Gemeinsam mit dem Zauberer, dem trotteligen Oger Norbert, dem vorlauten Wellensittich Veronika und seinem Gefährten Henri macht sich Joe schließlich auf den Weg, um die für ihn völlig fremde Welt vor ihrem dunklen Schicksal zu retten …

_Meine Meinung_

Das Buch zu „Die Helden von Muddelerde“ ist ein wenig umfangreicher als das vierteilige Hörbuch und seinem genialen Pendant daher auch absolut ebenbürtig. Zwar vermisst man anfangs etwas die lockere Atmosphäre, die der stimmliche Gestaltenwandler Volker Niederfahrenhorst im gleichnamigen Hörspiel kreiert, doch dies gibt sich eigentlich auch schon wieder ab dem Moment, in dem Joe Jefferson sich plötzlich in der seltsamen Welt Muddelerde wiederfindet.

Einen sehr guter Ersatz für die Erzählstimme bieten allerdings die zahlreichen Skizzen, die Paul Stewarts Compagnon Chris Riddell zu diesem Buch beigetragen hat. Riddel zeichnet die verschiedenen Charaktere in allen möglichen Situationen und zeigt dabei ein besonderes Gespür für simplen, aber effektiven Humor. Die Hauptfigur Joe in improvisierter Ritterrüstung oder Randalf als Sinnbild der totalen Verwirrung sorgen für weitere Lacher einer ohnehin schon ziemlich witzigen Handlung und werten das Buch enorm auf. Gerade das jüngere Publikum, das Stewart mit diesem Buch sehr deutlich anspricht, sollte an den feinen Bildern seine Freude haben, zumal sie ihnen helfen, eine Vorstellung vom äußeren Erscheinungsbild der Figuren zu gewinnen. Nicht jeder kann sich ausmalen, wie der tollpatschige Oger Norbert tatsächlich aussieht, und auch die Beschreibungen vom finsteren Dr. Knuddel sind nicht so eindeutig, als dass man sie direkt verinnerlichen könnte. Alleine deswegen lohnt sich ein genauer Blick auf die Skizzen, die sehr oft in die Seiten der Geschichte eingefügt wurden und somit auch jeweils der Situation entsprechend wiederkehren. Damit soll natürlich nicht suggeriert werden, dass der Autor bei der Charakterisierung seiner Akteure irgendwelche Defizite zeigte, denn dies ist ganz bestimmt nicht der Fall!

Ich fühle mich jetzt immer wieder dazu geneigt, das Buch mit dem Hörspiel zu vergleichen, doch es gibt hier einfach keine wirklichen Unterschiede abseits des Handlungsumfangs. Die Stärken der Audio-Version kann das Buch durch die zeichnerische Veranschaulichung der Hauptpersonen wieder ausgleichen. Und wo das Buch durch seinen größeren Umfang etwas mehr ins Detail gehen kann, kaschiert das Hörbuch dies wieder durch seine ganz besondere Atmosphäre. Lohnenswert sind auf jeden Fall beide Fassungen, und wie ich jetzt selber festgestellt habe, empfiehlt es sich durchaus auch, sich mit beiden Varianten auseinander zu setzen.

„Die Helden von Muddelerde“ ist in erster Linie natürlich ein Jugendbuch, und die Zielgruppe von Stewart und Riddell dürfte auch größtenteils noch die Schulbank drücken. Dafür spricht auch das recht große Schriftbild, bei dem es durchaus möglich ist, in einer Stunde ganze hundert Seiten zu verschlingen. Trotzdem aber sollten sich auch die älteren Jahrgänge mit den lustigen Wesen aus Muddelerde vertraut machen und sich an dem netten Wortwitz und den humorvoll gestalteten Zeichnungen erfreuen. Man sollte allerdings in diesem Buch keinen satirischen Seitenhieb auf „Der Herr der Ringe“ erwarten, denn damit hat „Die Helden von Mudddelerde“ nur bedingt etwas zu tun. Von der Klasse her gemahnt es aber fast schon an diese legendäre Trilogie und löst so natürlich auch die Hoffnung aus, irgendwann einmal fortgesetzt zu werden. Doch so weit sind wir noch nicht; erst einmal gilt es, Joe, seinen Hund, Randalf, Norbert und Veronika auf ihrer Reise durch die Fabelwelt und im Kampf gegen Dr. Knuddel zu erleben, und dabei wünsche ich allen Interessierten viel Spaß – auch denjenigen, die das Hörbuch schon lieben gelernt haben!

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