Sykes, Sam – Buch des Dämons, Das (Die Tore zur Unterwelt 1)

_|Die Tore zur Unterwelt|:_

Band 1: _“Das Buch des Dämons“_
Band 2: „Black Halo“ (noch ohne dt. Titel)

_Lenk und seine Gefährten_ sind Abenteurer, und ihr derzeitiger Auftrag besteht darin, einen Priester und Gesandten der Kirche von Talanas auf seiner Reise zu begleiten, als … nun, Erlediger von was eben gerade anfällt. Im Augenblick sind es Piraten. Allerdings verhalten diese sich für Piraten ausgesprochen seltsam. Und Lenk zerbricht sich den Kopf darüber, hinter was sie eigentlich her sind …

_Vordergründig wirkt_ der Haufen um Lenk wüst und roh, außerdem streitet ständig irgendjemand mit irgendwem. Vor allem aber hält sich jeder einzelne für allen anderen überlegen, aus welchem Grund auch immer, und schaut verächtlich auf die anderen herab. Es spricht für Lenks Führungsqualitäten, dass sich diese lose Ansammlung von Individuen trotz mangelnden Zusammenhalts noch nicht in alle Winde zerstreut hat. Allmählich jedoch kristallisiert sich heraus, dass in den einzelnen Figuren mehr steckt, als ihre ruppige, derbe Oberfläche vermuten lässt. Ihre jeweiligen Gedanken geben bruchstückhafte Einblicke in ihre Vergangenheit und ihren kulturellen Hintergrund und offenbaren mit der Zeit auch Motive und Gefühle. Noch kann man nicht unbedingt von echter Tiefe sprechen, aber es entwickelt sich.

Was die Handlung betrifft, so tut sich eigentlich nicht viel. Irgendwann stellt sich heraus, dass es um eine Fibel geht, ein extrem gefährliches Buch, das zu hüten der Priester und Gesandte der Kirche von Talanas eigentlich beauftragt war. Als sie gestohlen wird, machen die Gefährten sich auf, um die Fibel zurückzuholen. Das ist eigentlich schon alles. Natürlich kann man mit einer solchen Geschichte durchaus siebenhundert Seiten füllen, wenn man genug Ideen hat, um die Grundhandlung entsprechend auszuschmücken.

Leider kann man das von Sam Sykes nicht behaupten. Hier gibt es nichts, was dieses Abenteuer spannend, fesselnd oder auch nur interessant macht: Keine Intrigen, keine überraschenden Wendungen, keine unerwarteten Hindernisse. Nicht einmal der Ausgestaltung seiner Welt hat der Autor mehr als nur flüchtige Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Meer mit ein paar Inseln, einige Namen von Göttern, verschiedene Rassen – wobei die Shict ein wenig an recht rabiate Elfen erinnern – das war’s.

Bestenfalls lässt sich sagen, dass Sam Sykes sich große Mühe gegeben hat, sich von allem, was man vielleicht als typisch für Fantasy bezeichnen könnte, fernzuhalten. Hat aber auch nicht so ganz geklappt. Bestes Beispiel ist Lenks Truppe, deren Mitglieder sich ständig zanken. Zwar war es immerhin mal eine Abwechslung, keine Truppe vor sich zu haben, die sich durch völlige Konfliktfreiheit und Selbstaufgabe auszeichnete, aber auf Dauer war das ständige Gezänk zwischen den Gefährten eher anstrengend und irgendwann nervig. Und trotz aller bemühten Harmonieabwehr denkt der Leser angesichts eines Magiers, einer Heilerin, einer Art Elfe und eines Kriegers letztlich doch an eine Rollenspielgruppe.

Bleibt die Frage, womit der Autor dann die Seiten vollgeschrieben hat, auf denen nicht gestritten wird. Die Antwort lautet: Mit Gemetzel. Und zwar ziemlich drastisch dargestelltem Gemetzel. Mal ist der Gegner ein Dämon, mal ein Pirat, mal ein Langgesicht, manchmal schlachten sich auch die Antagonisten untereinander ab, aber letztlich läuft die Sache jedes Mal ziemlich gleich ab: Hack-Knirsch-Spritz. Abgesehen davon, dass eine Geschichte, die nur aus gelegentlich von Streit unterbrochenen Massakern besteht, ziemlich stumpfsinnig ist, frage ich mich, ob wirklich irgendjemand wissen will, wie genau es sich anhört, wenn einem Menschen ein Bein ausgerissen wird, oder wie genau ein Augapfel über eine Schiffsplanke kullert.

Auch mit der Logik ist es nicht allzu weit her. So fragte ich mich, warum ein Buch wie die gestohlene Fibel nicht bei der ersten, sich bietenden Gelegenheit verbrannt wurde. Welchen Grund kann es gegeben haben, so etwas aufzuheben?

_Bleibt zu sagen_, dass die zarten Andeutungen von charakterlicher Entwicklung einiger Protagonisten so ziemlich das einzig Lesenswerte an diesem Buch waren. Die Handlung besteht ansonsten nur aus Gekeife oder dem Verteilen von Blut und Hirnmasse, und so etwas wie der Entwurf einer Welt ist eigentlich gar nicht vorhanden.

Nicht, dass mich Denaos‘ Vergangenheit nicht interessiert, oder die Frage, wieso es außer Gariath keine anderen Rhega mehr gibt, was es mit der Stimme in Lenks Kopf auf sich hat, oder wie es kam, dass Asper ihre beste Freundin getötet hat. Womöglich hätte ich den nächsten Band sogar gelesen. Wenn nicht die neu aufgetauchten Langgesichter dieselbe Sorte blutgieriger Mordlust verkörpert hätten wie vorher die Piraten; oder wenn unter all den Dämonen wenigstens einer gewesen wäre, der sich durch Intelligenz statt durch Grausamkeit ausgezeichnet hätte. Da aber meine Neugierde nicht groß genug ist, um mir ein weiteres blut- und schleimgetränktes Kasperltheater anzutun, werde ich die Antworten auf die wenigen interessanten Fragen in dieser Geschichte nie erfahren.

_Sam Sykes_ ist fünfundzwanzig Jahre alt und stammt aus den USA. „Das Buch des Dämons“ ist sein erster Roman und Auftakt zum Zyklus |Die Tore der Unterwelt|, dessen zweiter Band unter dem Titel „Black Halo“ im März dieses Jahres auf Englisch erschienen ist.

|Taschenbuch: 731 Seiten
Originaltitel: The Aeon’s Gate 1. Tome of the Undergates
Ins Deutsche übertragen von Wolfgang Thon
ISBN-13: 978-3764530556|
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