Téhy / Lalie – Engel und der Drache, Der – Buch 1: Und der Tod wird nur ein Versprechen sein

_Story_

An den Grenzen des Heidelands tobten einst die brutalsten Schlachten, geführt von Männern, die den Frieden in ihrer Heimat schützen wollten und die zerstörerischen Kräfte von Plünderern und vermeintlichen Eroberern vernichten mussten. Doch wider Erwarten kehrten die Männer alsbald zurück, unter ihnen auch Licomte, einer der tapfersten Kämpfer, den seine große Liebe Hana-Rose sehnsüchtig erwartet hat.

Doch die leidenschaftliche Zweisamkeit soll nur von kurzer Dauer sein. In den Gemächern seines Anwesens analysiert Licomte die letzten verbliebenen Spuren der Drachen. Seine Obsession für die verschollene Brut soll ihm bei einem seiner Tauchgänge nämlich bald zum Verhängnis werden. Ein Erdrutsch kostet ihn das Leben und stürzt seine Geliebte in Trauer und wachsenden Wahnsinn. In ihrer Verzweiflung sucht sie die gespenstische Alte auf, hinter der Hana-Rose eine Hexe vermutet. Ohne Erwartungen und Hoffnungen sucht sie hier nach einem Rettungsanker für ihr grausames Schicksal …

_Persönlicher Eindruck_

„Der Engel & der Drache“ – ein geradezu poetischer Titel, der überraschenderweise auch im Rahmen einer düster-romantischen Inszenierung einen gewissen Halt findet. Ausgerechnet Téhy, bei |Splitter| bereits bekannt für sein Endzeit-Kommando [„Yiu“, 5485 versucht sich hier an einer philosophisch angehauchten Story, in deren Zentrum weniger das effektreiche Drumherum steht, sondern vielmehr die wenigen, dafür aber umso intensiver angeführten Charaktere.

Allerdings begibt sich der Autor erneut auf sehr dünnes Eis, da er es geradezu vermeidet, seiner neuen Geschichte einen echten Spannungsbogen zu verpassen und den Aufbau der Erzählung etwas überraschender zu gestalten. Einmal mehr wählt er stattdessen eine Art Berichtsform und stellt den Leser größtenteils vor vollendete Tatsachen, die es hinzunehmen gilt. Raum für spontane Improvisationen oder rasche Story-Breaks? Platz für etwas mehr Freiheit, was die Entwicklung des Plots betrifft? Nein, Téhy hat mal wieder an den wesentlichen Fronten gespart und sein Konzept mitunter zu steif durchgearbeitet.

Dabei startet dieser erste Band noch regelrecht Eindruck erweckend: Ein majestätisch gestalteter, in fesselnden Grafiken festgehaltener Prolog eröffnet die gerade visuell wirklich hervorragende Episode und leitet nahtlos über in das Liebesdrama der beiden Protagonisten – zweifelsfrei ein guter, wenn auch sehr ausladend und pathetisch formulierter Start. Doch schon danach machen sich die ersten, bereits bekannten Schwächen bemerkbar, die sich einmal mehr auf die Strukturierung der Geschichte beziehen und wieder verhindern, dass der Funke problemlos überspringt.

Es sind alleine die Bilder, die große Worte sprechen und in ihren Bann zu ziehen vermögen, insbesondere die fabelhaft präsentierte Kulisse der Heimat der beiden Hauptdarsteller. Doch was den Schicksalsschlag, die Hintergründe und das Potenzial für die weitere Entwicklung angeht, scheint alles zu abgehackt und zu unflexibel. Die Texte sind eh recht spärlich ausgearbeitet, was grundsätzlich zu vertreten wäre, würden die Worte eine ähnliche Gewalt besitzen wie ihre optische Umgebung. Doch gerade im zweiten Abschnitt verschwimmt die oberflächliche Poesie viel zu deutlich und kann sich nicht als elegantes Mittelding aus philosophischer, animierter Literatur und anspruchsvoller Novelle etablieren. Dafür fehlt der entscheidende Tiefgang, vor allem aber der letzte Funke Leidenschaft in der Konzeption der Handlung.

Zum grafischen Konzept sei noch gesagt, dass Téhys Sidekick Lalie mit digitaler Technik gearbeitet und die Tusche gegen den modernen Laser eingetauscht hat. Das mag in gewisser Weise abschrecken, ist aber kein Grund zur Skepsis, da die Atmosphäre der Story dadurch nicht beeinträchtigt wird. Und da die Bilder stellenweise wirklich einzigartig sind, ist diese Vorgehensweise sogar zu begrüßen.

„Der Engel & der Drache“ bietet einen bittersüßen Kontrast aus einem nicht bis ins letzte Detail ausgearbeitetem Storyboard und gewaltigen Grafiken. Das mag für denjenigen, der epische Fantasy-Themen im Comic begrüßt, einerseits enttäuschend, für den Optik-Ästheten aber durchaus ein Grund sein, sich diesen visuell recht lohnenswerten ersten Band zuzulegen. Oder anders gesagt: Téhys neuer Comic bietet eine bekannte Diskrepanz. Man weiß, was man hat – aber auch, was man nicht hat!

|Originaltitel: L’ange & le dragon – Et la mort ne sera que promesse
48 Farbseiten
ISBN-13: 978-3-939823-26-1|
http://www.splitter-verlag.de/

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