Veloso, Ana – indigoblaue Schleier, Der

Seit ihrem Erfolgsdebüt „Der Duft der Kaffeeblüte“ ist Ana Veloso den Freundinnen eines guten Romantikschmökers ein Begriff. Veloso entführt ihre Leserinnen – ihr Zielpublikum ist nun einmal eindeutig weiblich – in exotische Länder und erzählt in mitunter epischer Breite eine immer wieder romantische und herzzerreißende Geschichte. So auch bei ihrem neuesten Roman „Der indigoblaue Schleier“.

_Verschleierte Lebensgeschichte_

Im Jahr 1616 spielt ein kleines Mädchen im Garten ihres Elternhauses, als ihr drei Frangipani-Blüten vor die Füße fallen. Sie spielt mit den Blüten, steckt sich eine ins Haar und schmückt mit einer weiteren den Zopf ihrer Puppe. Kurz darauf ruft die strenge Stimme ihrer Kinderfrau sie ins Haus zurück. Ihr Vater will Bhavani sehen. Doch dieses Mal ist er nicht in Spiellaune und sehr kurz angebunden. Er erklärt seiner Tochter, dass sie auf ihren jüngeren Bruder aufpassen solle, wenn fremde Männer ihn abholen kommen. Nur knapp schafft er es, Bhavani ein kleines Bündel in die Hand zu drücken, als ihn ein lautes Klirren aufschreckt und tatsächlich fremde Männer das Haus stürmen und Bhavanis Vater gefangen nehmen. Bhavani muss um ihr Leben rennen …

12 Jahre später treffen wir Miguel Ribeiro Cruz, einen jungen Portugiesen, der auf Drängen seiner Eltern ins ferne Goa reist, um ein Auge auf das erfolgreiche Geschäft seines Vaters zu haben. Nicht ganz freiwillig hat Miguel diese Reise angetreten, doch in Portugal hat ihn ein Mädchen bezichtigt, ihm ein Kind angehängt und dann im Stich gelassen zu haben. Miguel ist zwar ein Schwerenöter, doch ausgerechnet in diesem Falle ist er unschuldig. Zähneknirschend macht er sich auf nach Goa und trifft schon an Bord des Schiffes einen Reisegefährten – Carlos Alberto -, der noch eine wichtige Rolle in Miguels Leben spielen wird.

Angekommen in Goa lernt Miguel zunächst Fernando Furtado kennen, den Prokuristen, der in Goa die Geschäfte von Miguels Vater leitet. Gegenseitiges Misstrauen überschattet das Kennenlernen der beiden, denn Miguel soll ein Auge auf das Geschäft seines Vaters haben, da auf dem Weg nach Lissabon unzählige Säcke Pfeffer und anderer Waren verloren gehen. Gleichzeitig möchte Miguel auch selbst Handel treiben, um seinem Vater zu beweisen, dass er ebenfalls den richtigen Riecher für ein erfolgreiches Geschäft hat.

Kurz nach seiner Ankunft in Goa erblickt er in der Stadt eine verschleierte Frau – die geheimnisvolle Dona Amba, die nur selten in die Stadt kommt und ihr Gesicht stets hinter einem Schleier verbirgt. Miguel ist sofort fasziniert von der Frau und ahnt, dass sich hinter dem Schleier eine Schönheit verbergen muss. Amba allerdings hat Angst, dass der junge Portugiese in seiner Hartnäckigkeit hinter ihr Geheimnis kommt und ihre Tarnung auffliegen lässt. Doch nach und nach fühlt auch sie sich zu dem jungen gutaussehenden Portugiesen hingezogen.

_Schicksale_

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Miguel Ribeiro Cruz und Dona Amba, die sich nur auf Umwegen näher kommen. Miguel wird von zuhause fortgeschickt, da niemand an seine Unschuld glaubt und er als jüngerer Sohn ohnehin nicht die Geschäfte seines Vaters übernehmen wird. So sucht Miguel zwangsläufig in Goa sein Glück. Allerdings macht er sich dort früh Feinde: Sein Reisegefährte Carlos Alberto plant zwielichtigen Handel mit gefälschten Reliquien und benötigt Miguels Geld und seinen guten Namen als Startkapital. Als Miguel ihm beides verweigert, macht er sich damit einen Feind fürs Leben, der zu Miguels Leidwesen bald als rechte Hand des Inquisitors in Goa sein Unwesen treibt und Rache an dem ehemaligen Freund üben möchte.

Doch Miguels erste Sorge gilt immer wieder Dona Amba, die ihn fasziniert, obwohl er nie ihr Gesicht gesehen hat und er befürchten muss, dass sie bereits verheiratet ist. Als Miguel eines Tages durch Zufall hinter Ambas Schleier blicken kann, ist er ihr endgültig verfallen. In Portugal haben seine Eltern allerdings bereits eine Verlobte für ihren jüngeren Sohn auserkoren und sie kurzerhand auf ein Schiff nach Goa gesetzt. Dort kommt sie für Miguel zu einem ausgesprochen heiklen Zeitpunkt an und bringt den jungen Mann in höchste Erklärungsnot.

Die zweite Hauptfigur ist die geheimnisvolle Dona Amba, die offensichtlich etwas zu verbergen hat. Der Leser vermutet in ihr natürlich bereits die keine Bhavani aus dem Vorspann, doch wie aus dem jungen Mädchen mit der Frangipani-Blüte im Haar die verschleierte Dame werden konnte, verrät uns Ana Veloso nur scheibchenweise, sodass wir uns lange gedulden müssen, bis wir Ambas Geheimnis erfahren. Amba muss immer um ihr Leben fürchten, da zwei Männer sie jagen und ein hohes Kopfgeld auf sie ausgesetzt haben. Wer trachtet ihr bloß nach dem Leben? Und kann Amba ihren Widersachern entkommen?

Auf rund 700 Seiten lesen wir Ambas Lebensgeschichte, erleben, wie Miguel und sie sich allmählich näher kommen, nur um sich immer weiter voneinander zu entfernen. Wir erleben, wie Miguel aufdeckt, wohin die Pfeffersäcke seines Vaters verschwinden, wie er mit seiner Verlobten gemeinsame Sache macht und sich mit der Inquisition herumschlägt.

_Buntes Treiben_

Ana Veloso hat ihre Geschichte in ein exotisches Land verfrachtet und lässt sie zu einer Zeit spielen, als Inquisition und Cholera gleichermaßen durch Goa wüten und das Leben dort gehörig durcheinanderwirbeln. Recht ausschweifend entführt sie uns an diesen exotischen Ort und beschreibt sehr detailreich, wie Portugiesen und Inder dort nebeneinander gelebt haben, wie sich ihre Kulturen unterschieden, welche Kleidung sie bevorzugten, welche schmackhaften Tees man zu der Zeit getrunken hat und welche leckeren Speisen zu der Zeit auf den Tisch gekommen sind. Durch Velosos blumigen und ausschmückenden Schreibstil bekommt man als Leser alles bildhaft vor Augen geführt und kann sich dadurch alles wunderbar vorstellen und sich in alle Situationen hineinversetzen.

Geschickt fesselt Ana Veloso dabei ihre Leserinnen, indem sie sich lange Zeit damit lässt, Dona Ambas Geheimnis preiszugeben und indem sie die Passagen aus Ambas Vergangenheit nur sehr rar in ihre Geschichte einbaut. Die Fragen, ob Miguel und Amba zueinanderfinden, die Cholera überleben und sich vor der Inquisition retten können, sind es, die einen 700 Seiten lang an das Buch fesseln. Ana Veloso steht für gute Unterhaltung und diesem Anspruch wird sie auch mit ihrem neuesten Buch vollauf gerecht. Wer allerdings „echten Anspruch“ sucht, ist hier natürlich an der falschen Stelle, denn „Der indigoblaue Schleier“ ist ein romantischer Historienschmöker, bei dem man gut abschalten und die Welt um sich herum vergessen kann – nicht mehr und nicht weniger.

|Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
ISBN-13: 9783426663332|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de
[www.ana-veloso.de]http://www.ana-veloso.de

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[„Der Duft der Kaffeeblüte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3872
[„Das Mädchen am Rio Paraiso“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6057

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