Verne, Jules – geheimnisvolle Insel, Die (Europa-Originale 24)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Mr. Penncroff, Seemann – Rainer Brönneke
Mr. Smith, Ingenieur – Gerd Martienzen
Mr. Spilett, Reporter – Gernot Endemann
Nab – Joachim Grützner
Harbert – Michael Borgmann
Kapitän Nemo – Horst Frank

_Story_

Fünf Nordstaatler fliehen mit einem Ballon aus der Kriegsgefangenschaft in Richmond und schaffen es tatsächlich, den hartnäckigen Wächtern zu entkommen. Nach einer beschwerlichen Reise über den Ozean landen sie auf einer Insel in der Südsee, jedoch ohne ihren Ingenieur Mr. Smith, der schon vor dem Absturz des Ballons verschwunden ist. Nach drei Tagen entdecken sie ihn und seinen Hund schließlich und suchen nun gemeinsam nach Möglichkeiten, ihr Überleben auf der Insel zu sichern. Doch von Stunde zu Stunde häufen sich die Merkwürdigkeiten, die das Quintett durchlebt. So entdecken sie auf offenem Meer eine Kiste mit nützlichen Gegenstände und finden in einem erlegten Tier eine Schrotkugel – und dies, obwohl niemand die Insel zu bewohnen scheint. Als schließlich aus heiterem Himmel ein Piratenschiff auftaucht und angreift und anscheinend durch Fremdeinwirkung auch wieder versenkt wird, sind sich die fünf sicher, dass sich eine geheime Macht auf der Insel verbirgt. Und tatsächlich begegnen sie eines Tages einem Mann, der trotz großartiger Errungenschaften schon beinahe in Vergessenheit geraten wäre …

_Meine Meinung_

Vielleicht bin ich nun ein Literaturbanause, doch mir war die Geschichte um „Die geheimnisvolle Insel“ von Jules Verne selbst als wiederholtem Leser von „20.000 Meilen unter den Meeren“ bislang nicht bekannt – und dabei handelt es sich hierbei gewissermaßen um eine inoffizielle Fortsetzung samt einem tragenden Charakter des weltberühmten Stücks. Damit habe ich nun auch schon gewisse inhaltliche Eckpunkte vorweggenommen, die jedoch auch schon aus der Besetzungsliste hervorgehen sollten. Um es kurz zu fassen: In „Die geheimnisvolle Insel“ begegnet man erneut dem eigensinnigen Kapitän Nemo, allerdings in recht hohem Alter und kurz vor dem Tode. Er ist mit seinem Unterseeboot im Vulkankrater der Insel eingeschlossen und seit ewigen Jahren nicht mehr in der Lage, die Insel zu verlassen. Immer wieder hat er Mitglieder seiner Besatzung verloren, bis er schließlich zum einzig Verbliebenen wurde.

Dies ist in gewissem Sinne – je nachdem, wie man es nimmt – nur die Rahmenhandlung von „Die geheimnisvolle Insel“. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen nämlich eigentlich die fünf Nordstaatler, die mit recht unkonventionellen Mitteln aus der Gefangenschaft fliehen und auf der unbewohnten Insel eine bis dahin schon lange nicht mehr erlebte Freiheit genießen. Unter ihnen sind neben dem Jüngling Harbert auch einige seltsame Gestalten wie etwa der erfahrene Mr. Penncroff oder der stets rationell denkende Mr. Smith, aber auch der Handlanger des Ingenieurs, Nab, der seinem Meister treu ergeben ist und ihn nach seiner Vermisstenmeldung als Einziger noch nicht aufgibt. Dieser erlesene Haufen ist nun zwar frei, aber komplett auf sich alleine gestellt. Es ist nicht der Traum von der Südseeinel, der sie beflügelt, sondern die Hoffnung, über diese Zwischenstation einen Ort zu finden, an dem sie wieder glücklich und in Frieden leben können. Sie suchen quasi nach einem Ort der Geborgenheit, der im Gegensatz zu Nemos damaligen Bestrebungen nicht in der Abgeschiedenheit des Ozeans zu suchen ist.

Erst mit dem Aufeinandertreffen mit Nemo fügen sich die beiden Geschichten zusammen und stellen eine bis dato niemals vermutete Verbindung auf, die der Story eine ganz andere Tragweite verleiht. Aus der Abenteuerhandlung, die zunächst durch die Suche nach Nahrung und die Verteidigung gegen die Piratengegner geprägt war, wird mit einem Mal ein bewegendes, menschliches Drama, in dem selbst der einst so abscheulich erscheinende Kapitän Nemo das Herz des Lesers bzw. in diesem Fall des Hörers gewinnt.

Die Adaption von Vernes Geschichte aus dem Jahre 1977 ist dabei ein echtes Highlight der Label-Historie und (auch wenn ich dies schon öfter geschrieben habe) eine der besten Erzählungen im Zuge der neu aufgelegten Klassiker von |Europa|. Das Hörspiel ist äußert lebhaft inszeniert und bietet die vielleicht sogar größte Spannung aller „Originale“. Dies ist zum einen sicherlich auf die mir bislang unbekannte Handlung zurückzuführen, definitiv aber auch auf die tolle Bearbeitung samt den stark agierenden Sprecher (unter ihnen auch einmal mehr Hans Paetsch als Erzähler). Selbst die Tragödie um den vom Schicksal geplagten Nemo ist prima aufgefangen worden und frei von jeglichen typischen Klischees. So macht ein Hörspiel wirklich Spaß!

Deshalb gibt es dieser Kritik auch nicht mehr hinzuzufügen außer dem Fakt, dass das Hörspiel mich echt begeistert hat. „Die geheimnisvolle Insel“ wird der alleine schon durch den Autor hervorgerufenen Erwartungshaltung in jeglicher Beziehung gerecht und ist wegen des hohen Maßes an Spannung absolut zu empfehlen.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Schreibe einen Kommentar