Viala, Ludovic / Urbon, Arnaud – Utopia (Brettspiel)

Bahnbrechende Meisterwerke der Baukunst sollen in „Utopia“ errichtet werden, Monumente der fünf wichtigsten Kulturzweige der gesamten antiken Welt, dazu vier Weltwunder, die über Jahre hinweg das Prestige aufrechterhalten sollen. Der König der Inselgruppe hat daher seine Fürsten bestellt, um die Vielfalt der utopischen Architektur zur Schau zu stellen.

Dies weckt auch das Interesse der Minister, die nun die illustren Gäste durch die Inselreiche führen sollen. Sie sehen eine Chance, ihr Prestige zu vergrößern und einen wichtigen Anteil am Ausbau der Städte zu bewirken. Ziel ist es natürlich, beim König höchstpersönlich das größte Ansehen zu genießen – und wem dies nach erfolgreicher Planung gelingt, der kann im Brettspiel ebenfalls den Kampf ums Prestige gewinnen.

_Spielidee_

Die Inselgruppe Utopia besteht aus vier zusammengehörigen Stadtteilen, die allesamt einem bestimmten Naturelement zugeordnet sind. Jedes dieser Stadtteile verfügt nun noch einmal über einzelne Abschnitte, denen ein bestimmter Punktewert zugeordnet ist, der später an den Beherrscher des Stadtgebiets abzutreten ist, sobald man dort den Bau eines Monumentes plant. Ziel ist es nun, möglichst selber die Regentschaft über einen oder gleich mehrere Stadtteile zu erlangen und durch den Bau eines Weltwunders Prestige und Einfluss zu gewinnen. Gleichermaßen muss man die Prestige-Skala im Auge behalten, die aussagt, welche der fünf Kulturgruppen gerade die wertvollsten Bauwerke stellt. Dies ändert sich nämlich von Runde zum Runde und sollte beim Bau neuer Monumente dringend beachtet werden. Ansonsten gibt es in der regelmäßigen Abrechnung nur vergleichsweise wenige Punkte.

So sammelt man nicht nur durch den Bau neuer Anlagen und Weltwunder Punkte, sondern auch durch den Einfluss auf der Prestige-Skala, mit der man versuchen sollte, die Konkurrenz herunterzuwirtschaften. Der Spieler, der nun zuerst mindestens 50 Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel schließlich – und damit die Gunst des Königs von Utopia.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 40 Monument-Figuren
• 4 Weltwunder-Figuren
• 5 Minister-Figuren
• 200 Fürsten-Spielplättchen
• 40 Sockelplättchen
• 10 Privileg-Spielplättchen
• 40 Gast-Spielplättchen
• 50 Aktionskarten
• 5 Übersichtskarten
• 1 Stoffbeutel

Beim Spielmaterial haben die Entwickler bereits großen Wert auf eine möglichst dichte Spielatmosphäre gelegt. Sowohl die Monumente als auch die Spielfiguren sind sehr liebevoll aufbereitet und machen optisch einiges her. Aber auch der detailreiche Spielplan offenbart einiges an Details und lädt zu einer intensiven Erkundung ein. Lediglich die Farbgebung der Karten und Plättchen gilt es zu kritisieren. Hier hätten sich die einzelnen Volksgruppen wohl besser ein bisschen deutlicher voneinander abgehoben, um später im Spiel eine klarere Übersicht zu gewährleisten. Insgesamt sind dies aber nur Peanuts im direkten Vergleich mit der allgemein liebevollen Aufmachung.

_Spielvorbereitung_

Nachdem das Spielbrett ausgelegt wurde, wird das Material unter allen Mitspielern aufgeteilt. Jeder Teilnehmer erhält 40 Fürsten- und acht Sockelplättchen sowie zwei Privileg-Spielplättchen und eine Spielübersicht. Anschließend werden die Prestige-Skala per Zufall mit den fünf verschiedenen Monumenten bestückt und die Werte eins bis fünf mit jeweils einem der Monumente besetzt. Die 50 Aktionskarten werden zu einem Nachziehstapel gemischt, während die Gast-Spielplättchen in den Stoffbeutel wandern. Zuletzt wird ein Startspieler bestimmt, der seine Figur nun an die Spitze des Startfelds auf der Punkteleiste stellt. Alle weiteren Spieler folgen, bevor das Spiel endgültig beginnen kann.

_Spielablauf_

In der ersten Runden wird „Utopia“ noch im Uhrzeigersinn gespielt und die entsprechende Reihenfolge auch eingehalten. Anschließend beginnt immer derjenige Spieler, der zurzeit das meiste Prestige auf der Siegpunktleiste vorweisen kann, und die Zugreihenfolge wird anhand dieser Skala bestimmt.

Eine Spielrunde gliedert sich nun in genau drei Phasen, die Schritt für Schritt durchgespielt werden, bis ein Spieler 50 oder mehr Punkte gesammelt hat. In dieser Runde endet das Spiel schließlich. Bevor es jedoch so weit ist, gestaltet sich der Spielablauf folgendermaßen:

|Phase 1: Fürsten begrüßen|

In der ersten Phase begrüßen die Präsidenten nun ihre neuen Gäste, die Fürsten, und laden sie zu einer Besichtigung auf die Inseln ein. Für jeden Mitspieler werden nun drei Gastplättchen aus dem Stoffbeutel gezogen und den zugehörigen Inseln zugeordnet bzw. neben diese gelegt. Beginnend mit dem Startspieler, dürfen damm eigene Fürstenplättchen des gleichen Volkes gegen diese Gastplättchen eingetauscht und auf eines der Stadtteile der betroffenen Insel gelegt werden.

Insgesamt werden jedem Spieler dadurch genau drei Gäste zugeteilt, die er nun auf die Inseln verteilen kann. Berücksichtigen sollte er dabei zwei Bedingungen, die für den Bau eines Monument bzw. eines Weltwunders wichtig sind: Entweder sammelt er auf einer der Inseln genau ein Plättchen jedes der fünf Völker, um ein Weltwunder zu errichten. Oder aber er entscheidet sich, drei Plättchen eines Volkes auf genau ein Stadtteil zu setzen, damit dort ein eigenes Monument entstehen kann. Alle anderen Konstellationen bringen im späteren Verlauf weder Ruhm noch Punkte. Einmal pro Runde darf man zudem einen Überraschungsgast begrüßen, der außer der Reihe aus dem Stoffbeutel gezogen wird. Diese Aktion ermächtigt diesen Spieler zudem dazu, einem anderen Spieler ein Fürstenplättchen aufzuzwingen, welches dieser womöglich gar nicht gebrauchen kann.

Sollten nun die Voraussetzungen für die Errichtung eines Monuments oder eines Weltwunders durch den Tausch der Plättchen gegeben sein, dürfen diese auch direkt gebaut werden. Ein Weltwunder bringt dabei neben sechs Siegpunkten auch noch die Vorherrschaft über die jeweilige Insel. Jede Mal, wenn nun ein neues Monument in diesem Inselabschnitt gebaut wird, werden zwei bis vier Punkte (je nach Stadtteil) an den Erbauer des Weltwunders fällig.

|Phase 2: Stadt ausbauen|

In dieser Phase werden nun fünf neue Aktionskarten ausgeteilt, wobei der führende Spieler sich von zwei Karten und alle anderen Spieler außer dem Letzten von einer Karte trennen müssen. Diese Karten können nun für insgesamt vier unterschiedliche Aktionen verwertet werden, die individuell und je nach Spielsituation ganz verschiedene Vorteile bringen.

Die nächstliegende Aktion ist dabei das Verschieben von einem oder zwei Fürsten ins angrenzende Stadtgebiet. Hierfür muss man lediglich eine Aktionskarte dieses Fürsten ausspielen. Sollten sich die Fürsten dabei an der Anlegestelle eines Hafengebiets befinden, dürfen sie auch über Meer an die nächste Haltestelle reisen.

Die eigenen Fürsten kann man weiterhin auch direkt aus dem Vorrat aufs Spielfeld befördern, und zwar an ein Monument, welches seinem Volk angehört. Wenn der betreffende Stadtteil allerdings zu einer Insel gehört, die in fremdem Besitz ist, bekommt der Regent dieser Insel sofort einen Punkt. Für drei gleiche Aktionskarten kann man einen Fürsten aber auch auf ein beliebiges Feld setzen und diesen Umstand umgehen.

Gleichermaßen kann man seine Fürsten aber auch wieder vom Spielfeld des Monuments entfernen. Für eine weitere Aktionskarte geht der Fürst zurück in den eigenen Vorrat – und bringt gleich zwei Extrapunkte mit.

Die letzte Variante beim Einsatz der Aktionskarten besteht in der Beeinflussung des Königs. Dieser legt nämlich auf seiner Skala fest, welche Kultur derzeit das meiste Prestige hat. Damit verknüpft sind auch unmittelbar die Wertigkeiten für die Bauten, die man in ihrem Namen errichtet hat. Für den Einsatz einer Aktionskarte kann man nun das entsprechende Monument auf diese Skala um ein Feld hochsetzen und mit dem darüber befindlichen Monument tauschen. Wer hingegen zwei gleiche Karten legt, kann ein Volk auch direkt auf den hintersten Rang stürzen und dessen Prestige auf einen Punkt herabsetzen.

Wenn nun alle Spieler ihre Aktionskarten eingesetzt haben, werden überschüssige Karten (fünf sind erlaubt) abgeworfen. Anschließend geht es in die letzte Phase der Runde.

|Phase 3: Prestige berechnen|

In der letzten Phase werden nun Punkte für die Stadtteile in eigenem Besitz verteilt. Für jedes Monument enthält man den entsprechenden Punktewert der Prestige-Anzeige. Sollte dabei ein Spieler die 50-Punkte-Marke überschreiten, endet das Spiel sofort nach dieser Wertung. Derjenige, der nun die meisten Punkte gesammelt hat, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Nach der ersten Partie „Utopia“ hat sich eines ganz besonders herauskristallisiert: Dieses Spiel eignet sich kaum für eine Runde zu zweit, da die komplexeren Spielmechanismen nicht richtig greifen und auch die Interaktion ein wenig begrenzt ist bzw. dem Spiel im größeren Kreis absolut nicht das Wasser reichen kann. Insbesondere bei der Aufteilung der Fürsten in der ersten und den Aktionen der Karten in Phase zwei kommt die eigentliche Spieltiefe hier kaum durch.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass „Utopia“ bei vier oder mehr Spielern richtig Laune bringt und sich nach und nach als weiteres strategisches Highlight aus dem großen Vertriebsprogramm des |Heidelberger Spieleverlags| erweist. Zwar spielt der Glücksfaktor bei der regelmäßigen Verteilung neuer Spielmaterialien keine ungewichtige Rolle, jedoch sind langfristige Planung und die ständige Berücksichtigung der gegnerischen Möglichkeiten immer wieder erforderlich, um sich gegen die Konkurrenz behaupten zu können.

Die taktische Komponente des Spiels überwiegt daher in der Gesamtübersicht relativ deutlich. Eines der besten Elemente hierbei ist der Einfluss auf der Prestige-Leiste, der das Spiel bis zuletzt offenhält und größere Vorsprünge direkt wieder zunichte machen kann. Aber generell lässt sich mit den vielen Optionen der Aktionskarten reichlich taktieren, wodurch jederzeit ein spannender, unberechenbarer Spielverlauf gewährleistet ist, der letztendlich auch all das halten soll, was die optischen Eindrücke sowie der kurze Spieleinblick der letzte Messe bereits versprechen konnte.

Das Fazit ist daher auch sehr eindeutig: „Utopia“ ist ein echtes Genre-Highlight, das den |Heidelberger Spieleverlag| weiterhin ermutigen sollte, sich bei den internationalen Independent-Verlagen nach neuen Schmuckstücken umzusehen. Der im Original bei |Matagot| publizierte Titel dürfte nämlich rückblickend zu den würdigsten Strategie-Vertretern der |SPIEL ’07| gezählt werden!

http://www.hds-fantasy.de
http://www.matagot.com

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