FBI-Agentin Romilia Chacón erlebt in „Manía“ nicht den ersten persönlichen Schicksalsschlag. In [„Minos“, 2626 dem zweiten Band der Reihe um die temperamentvolle Agentin, brachte sie den Mörder ihrer Schwester zur Strecke, nun hat sie es mit dem Killer ihres ehemaligen Liebhabers Chip Pierce zu tun – und mit Tekún Uman, einem Drogenbaron, der in ihr die Liebe seines Lebens sieht.
Romilia ist schockiert, als sie nur wenige Stunden, nachdem sie bei Chip war und seinen Heiratsantrag abgelehnt hat, einen Anruf ihrer Chefin erhält. Ihr Liebhaber und Mentor wurde in seinem Haus ermordet und sie war vermutlich die Letzte, die ihn gesehen hat. Alle Indizien weisen darauf hin, dass Tekún Uman, der Drogenboss, Pierce ermordet hat. Uman hat eine Vorliebe für Giftpfeile und Pierce wurde mit einem getötet.
Außerdem hätte Uman auch ein Motiv. Es ist ein offenes Geheimnis in FBI-Kreisen, dass der Dealer schwer in Romilia verliebt ist und jeder glaubt an ein Eifersuchtsdrama. Jeder – bis auf Romilia. Diese ist sich ihren Gefühlen gegenüber Uman zwar nicht sicher, doch sie weiß, dass er nicht so gehandelt hätte. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass er ihr jetzt sympathischer ist. Als er sie entführen lässt, weil er sie in Gefahr wägt, wird Romilia sogar richtig sauer. Trotzdem hilft sie ihm, Chips Mörder zu suchen und damit den Mann, der Uman ins Verderben stürzen will. Doch wer ist der Täter? Und welche Verbindungen hat er zu einer Sekte fundamentalistische Christen, die bereits einen Bombenanschlag in LA zu verantworten hat?
Fundamentalistische Christen und südamerikanische Drogenbarone – diese Mischung klingt auf den ersten Blick kurios. Auch wenn die beiden Ereignisse anfangs etwas orientierungslos nebeneinander stehen, verbinden sie sich gegen Ende zu einem zumindest befriedigenden Kriminalfall. Wohltuend ist, dass Villatoro nicht noch einmal das Motiv des Serienmörders aufgreift, aber die Handlung ist letztendlich nur mäßig spannend. Einige Dinge werden zu schnell abgehandelt, die Lösung des Falls hätte durchaus länger und verdichteter sein können. Trotz einiger seichter Stellen kommt aufgrund des flotten Tempos keine Langeweile auf, allerdings ist negativ anzumerken, dass „Manía“ ohne Vorwissen der beiden Vorgängerbände nur schwer zu verstehen ist. Einige der Handlungsstränge, die in [„Furia“ 3870 und „Minos“ ihren Anfang nahmen, werden konsequent und sauber weitergeführt. Davon hat der Fan zwar viel – und Villatoro etabliert eine tolle Krimireihe -, es erschwert aber den Quereinstieg.
Nach wie vor fantastisch ist Villatoros Serienheldin Romilia Chacón, die mit ihrer Mutter und ihrem achtjährigen Sohn mittlerweile in L.A. lebt und FBI-Agentin geworden ist. Die temperamentvolle junge Frau ist ruhiger geworden, nachdem sie Minos, den Mörder ihrer Schwester, zur Strecke gebracht hatte, was ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens war. Trotzdem gehen manchmal die Pferde mit ihr durch und Villatoro weiß dies so zu beschreiben, dass man es ihm abkauft und Romilia ins Herz schließt.
Romilia ist gleichzeitig eine sehr nachdenkliche und wagemutige, anpackende Person, was der Handlung neben ruhigen auch einige actionreiche Momente verschafft. Ihre Herkunft aus El Salvador wird sehr häufig thematisiert und beschäftigt sie alltäglich. Dadurch wird ihr Charakter sehr farbig und lebendig, für die meisten deutschen Leser vermutlich auch exotisch. Romilia hebt sich angenehm ab von aalglatten, erfolgreichen und beinahe perfekten Heldinnen vieler amerikanischer Krimis und Thriller. Sie ist bodenständig, gehört einer ethnischen Minderheit an und überrascht dadurch, dass sie die Grautöne, die bei einer Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere gerne außer Acht gelassen werden, besonders gut zum Klingen bringt.
Mit Marcos M. Villatoros Schreibstil verhält es sich ähnlich wie mit seiner Protagonistin. Abgesehen von kurzen Einschüben, die Tekún Umans Sicht der Dinge widerspiegeln, erzählt er aus Romilias Perspektive in der ersten Person. Er wählt dazu nüchterne Worte, die eine unaufgeregte, manchmal düstere, aber nie hoffnungslose Stimmung erzeugen. Er schreibt unglaublich dicht und nah an der Hauptperson. Für den Leser ist es so, als ob er direkt in Romilias Kopf säße und sie bei ihren Abenteuern hautnah begleite. Er kann sich mit der jungen Frau identifizieren, was mit dazu beiträgt, dass die Reihe so gelungen ist.
„Manía“ hat vielleicht keine perfekte Handlung zu bieten, aber Hauptfigur und Schreibstil sorgen dafür, dass der Leser sich auch in den dritten Band der Reihe um Romilia Chacón verliebt.[„Minos“ 2626 ist nach wie vor der ungeschlagene Toptitel von Marcos M. Villatoro, doch „Manía“ ist ein würdiger Nachfolger.
|Originaltitel: A Venom Beneath the Skin
Aus dem Amerikanischen von Sigrun Zühlke
Taschenbuch, 318 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-63967-2|
http://www.knaur.de
_Marcos M. Villatoro bei |Buchwurm.info|:_
[„Furia“ 3870
[„Minos“ 2626