Vincent – Albatros 2: Der böse Blick

Band 1: [„Shanghait“ 4355

_Story_

Nach ihrer Flucht aus dem Kabarett von Madame Couradille gelang es Ombeline, ihren Verfolgern knapp zu entrinnen und sich auf das ebenfalls gejagte Piratenluftschiff |Albatros| zu flüchten. Doch an Bord des Schiffes der schrulligen Emerance, des weiblichen Kapitäns, hat die junge Ex-Aktrice nicht sonderlich viel zu lachen. Ihre neue Vorgesetzte ächtet sie und lässt sie eine zweifelhafte Flugvorrichtung testen, die Ombeline möglicherweise in den Tod stürzen kann. Doch trotz all ihrer Ängste besteht sie die Prüfungen auf der |Albatros| und erfüllt ihre Missionen zuverlässig.

So gelingt es den Piraten, einen Absturz zu überleben und die Verfolger vor Ort ein weiteres Mal abzuschütteln, obgleich hierbei ein Teil der Schiffsladung zurückbleiben muss. Die Passagiere werden alsbald jedoch zu einer weiteren Notlandung gezwungen, da die Vorräte sich dem Ende zuneigen und auch Emerance neues Morphium benötigt, um die Wunden aus ihrem jüngsten Kampf zu betäuben. Ombeline fasst sich ein Herz und stiehlt sich an ihren alten Arbeitsplatz, um die notwendigen Mittel aufzutreiben. Doch dort macht sie eine allzu furchtbare Begegnung, die ihr gesamtes Leben mit einem Schlag verändern soll …

_Persönlicher Eindruck_

Bereits der erste Teil der Story zu „Albatros“ bot ein ambivalentes Erscheinungsbild zwischen viel versprechender Hintergrundstory und letztendlich eher unbefriedigender Charakter- und Plot-Entwicklung. Es fehlte an Highlights und Überraschungen, ganz besonders jedoch vermisste man einen erkennbaren Spannungsaufbau, der in der weitestgehend vorhersehbaren Handlung aber auch kaum möglich schien.

An dieser Struktur hat Comic-Designer Vincent beim zweiten Release der Trilogie nun doch beachtlich gearbeitet. Die Geschichte vermag ein wenig mehr zu fesseln, die Charaktere bekommen langsam aber sicher doch ein zufriedenstellendes Profil und auch die düstere Atmosphäre wirkt insgesamt geschlossener und überträgt sich auch auf die wesentlichen Punkte der Story. Doch grundsätzlich schöpft der „Albatros“-Urheber das Potenzial des Projektes weiterhin nur zu gewissen Teilen aus, sieht aber scheinbar nicht die Lücken, die seine Arbeit ganz klar offenlegt. Nach wie vor schreitet Ombelines Geschichte eher behäbig, wenn auch linear voran und scheint bis zu einem gewissen Punkt vorgezeichnet. Dann jedoch geschehen einige wirklich unvorhersehbare Dinge, die sich aufgrund Ombelines zum Ende bizarrer Entwicklung kaum mehr mit den bisherigen Geschehnissen in Einklang bringen lassen wollen. Warum zum Beispiel fühlt sie sich mit einem Mal so zur Anführerin des Piratenschiffs hingezogen und therapiert sie und ihre Wunden, obschon sie zuvor heftigste Prügel von ihr beziehen musste? Das Motiv, sie auf diesem Wege zu beseitigen, liegt zunächst nahe, findet aber im Werdegang der weiteren Story keine weitere Berechtige und lässt gerade die Schlussszenen ein wenig kurios, in gewisser Weise auch verwirrend erscheinen. Es sind weiterhin recht viele absurde Ereignisse innerhalb einer Handlung, die für derlei Außergewöhnlichkeiten eigentlich keine Freiräume bietet, es aber auch nicht schafft, von einem womöglich geschaffenen Mythos zu zehren. Dafür sind die wenigen markanten Punkte nämlich mehr verwirrend als innovativ.

Dem entgegen findet eine gehörige Entwicklung statt, die den Comic trotz der teils schon zu offenkundigen Defizite dennoch irgendwie lesenswert macht. Vincent ist es nämlich trotz allem gelungen, Ombeline in einen faszinierenden Charakter zu verwandeln, dessen Handeln nicht immer schlüssig ist, der jedoch einer eigentlich recht müden Story deutlich Farbe verleiht und „Albatros“ zumindest auf dieser Ebene einigermaßen lukrativ macht. Aber auch die Illustrationen sind eine Augenweide und werten die stellenweise ermüdende Geschichte merklich auf. Damit gehört die Serie zwar nach wie vor zu den Schlusslichtern im ruhmreichen |Splitter|-Programm, verbleibt dort aber nicht bloß mit negativer Kritik. Letztere könnte hingegen ganz ausbleiben, würden sich Zeichnungen und Story auf einem Level ansiedeln. Doch das diesbezügliche Gefälle hat der kreative Kopf hinter „Albatros“ bis dato einfach nicht im Griff. Noch nicht? Das bleibt abzuwarten!

http://www.splitter-verlag.de/

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