Walker, Hugh – Magira – Die Stadt der Götter

Band 1: [„Die Welt des Spielers“ 2141
Band 2: [„Die Macht der Finsternis“ 2219

Thorich ist es tatsächlich gelungen, zusammen mit TayaSar, der Schwester des Fürsten von Sambun, nach Blassnig zu entkommen, der Stadt der Götter. Nach Thorichs bisherigen Erfahrungen mit Magiras Götterwelt stellt sich allerdings die berechtigte Frage, ob man die Ankunft in einer solchen Stadt tatsächlich als Entkommen werten kann, und prompt ist es so, dass die beiden Flüchtlinge vom Regen in die Traufe geraten. Und wieder einmal wird Thorich der Vorschlag gemacht, das eigene Leben zu erkaufen: Er soll das Lager der Hazzoni aufsuchen, die mit einer kleinen Streitmacht nur wenige Meilen entfernt von der Stadt lagern und auf Verstärkung warten. Mit der Verstärkung wird auch der Bruder des Heerführers im Lager eintreffen. Thorichs Aufgabe besteht darin, diesen Bruder zu entführen und nach Blassnig zu bringen.

Wohl oder übel macht Thorich sich auf den Weg. Doch innerhalb kürzester Zeit geht so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann …

Genau genommen bietet all dies dem Leser nicht unbedingt etwas Neues. Die einzige Ausnahme dürfte die Tatsache darstellen, dass Thorich sich überraschend etwas zu sehr verliebt hat. Aber wie der Autor schon selbst sagte: Es war eine Motivation nötig, um all den Verwicklungen nicht einfach den Rücken zu kehren.

Auch die neu aufgetauchten Charaktere geben nicht wirklich viel her: Die Priester sind wie überall in Magira mehr oder weniger fanatisch und machtgierig und außerdem recht schnell von der Bildfläche verschwunden. Das gilt auch für das mythanische Halbblut, das dem Stadthalter von Klanang als Berater dient. Nicht einmal Thorichs Gefährten erhalten irgendwelches Profil. Sie alle sind nur Statisten. Die eigentlichen Hauptpersonen sind Laudmann und Hugh, der Autor.

Je weiter die Dinge sich entwickeln, desto mehr verlagert sich der Blickwinkel weg von den Charakteren der Welt Magira hin zu Laudmann und Hugh. Ihr philosophischer Disput über die Existenz der Finsternis und Laudmanns Fähigkeiten wird immer mehr zu einem ernsthaften Konkurrenzkampf, ihr Gerangel darüber, wie die Handlung der Geschichten sich entwickeln soll, immer mehr zu einem zähen Ringen um die Oberherrschaft über Magira. Das führt so weit, dass plötzlich nicht nur Laudmann in Magira auftaucht, sondern auch Hugh, wenn auch nicht in einem eigenen Körper, und dass Laudmann an der Schreibmaschine sitzt, und nicht der Autor!

Der Effekt ist ein ganz eigenartiger. Während in anderen Fantasybüchern die Geschichte meist aus Sicht der Figuren erzählt wird, oft in einer Form, die gegen Ende hin die Einsicht derselben immer mehr weitet, bis auch die weltlenkenden Götter mit einbezogen sind und manchmal am Ende sogar die Gründe für ihr Tun und Wirken erläutern, ist es hier so, dass man die Geschichte aus der Sicht der Götter miterlebt. Nicht aus Sicht von Äope oder Beliol, sondern aus Sicht derjenigen, die tatsächlich die Ereignisse dieser speziellen Welt lenken. In den ersten beiden Bänden wird das nicht so deutlich spürbar, aber spätestens ab Band drei wird dem Leser klar, dass er hier über einen Krieg der Götter liest, und zwar aus Sicht der Götter, während diejenigen, die die Abenteuer eigentlich erleben, fast an den Rand gedrängt werden. Dass der so mächtig gewordene Gegenspieler des Autors nicht in die Realität gehört, setzt der ganzen Sache die Krone auf!

Eigentlich hätte ich schon früher darauf kommen müssen, denn bereits das schwarze Sechseck im Wohnzimmer des Autors war ein klares Indiz dafür, dass das auf der Ebene der Realität geschilderte Geschehen nicht unbedingt immer real ist. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion waren von Anfang an unklar, die zusätzliche Fiktion auf der sogenannten Ebene der Realität macht es nicht gerade einfacher. Aber viel interessanter!

Der Autor trägt seinen Gegner mit sich herum. Jemanden, dem er nicht traut, der aber offenbar immer mehr die Oberhand gewinnt. Es ist, als hätte er ein kleines Teufelchen im Nacken, das ihn immer und immer wieder und immer mehr zu einer Art von Unfug anstachelt, mit der der Autor zwar einerseits aus Neugierde liebäugelt, die er aber ohne dieses Teufelchen niemals anfassen würde! Letztlich lässt er sich verführen. Und jetzt muss er den Kampf im Herrschaftsgebiet seines Herausforderers aufnehmen! Nicht unbedingt die besten Voraussetzungen …

Wie zu erwarten, waren die Szenen, die im Reich der Finsternis und auf der Waage der Welt spielen, wieder am schwierigsten zu lesen. Der rasche Wechsel von unwirklichen und zusammenhanglosen Bildern erzeugt trotz aller Konzentration ein gehöriges Maß an Verwirrung, sodass ich am Ende Thorichs Erleichterung darüber, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, nur teilen konnte.

Ich fand das Buch nicht unbedingt spannend. Spannungsbogen und Charakterzeichnung bleiben zugunsten der ausufernden Rivalitäten zwischen Laudmann und dem Autor auf der Strecke. Angesichts dessen, wie sich das Verhältnis der beiden Hauptakteure zueinander entwickelt, habe ich allerdings weder Spannung noch intensive Charakterzeichnung sonderlich vermisst. Der philosophische Aspekt sowie die Frage nach Laudmanns tatsächlicher Identität füllen das Buch zur Genüge aus.

Nach diesem dritten Band bin ich wirklich neugierig, wie die Geschichte ausgehen wird. Seit es den Autor in seine Phantasiewelt verschlagen hat, gibt es nahezu keine Trennung mehr zwischen den Handlungssträngen auf Magira und in der Realität, die Ereignisse auf beiden Ebenen wurden zu einer einzigen Geschichte. Und weit mehr als all die kleinen Abenteuerchen Thuons und seiner Gefährten interessiert es mich, wer letztlich die Oberhand behält, Laudmann oder der Autor, und wie er die Entwicklung zu seinen Gunsten hinbiegen wird.

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