Weis, Margaret / Weis, Lizz – Dunkler Engel

Über (Schutz-)Engel auf Erden sind bereits einige Filme gedreht worden. Völlig neu ist das Thema also nicht. Trotzdem greift die bekannte Fantasyautorin Margaret Weis (|Drachenlanze|, |Das verbotene Land|, |Der Stein der Könige|, |Die Vergessenen Reiche – Death Gate Cycle|) in Zusammenarbeit mit ihrer Tochter Lizz auf dieses Thema zurück, und ja, der Engel auf Erden verliebt sich in einen Menschen …

Derek de Molay ist ein ehemaliger Tempelritter, dem der Zugang in den Himmel vor allem aufgrund seiner eigenen Starrköpfigkeit verwehrt geblieben ist. Er glaubt nicht an Gott, da ihm bislang so viel Schlechtes widerfuhr, und als passionierter Krieger macht es ihm auch nicht wirklich etwas aus, im Fegefeuer Krieg gegen Luzifer und die Engel der Dunkelheit zu führen.

Doch eines Tages tritt der Erzengel Michael mit einem besonderen Auftrag an ihn heran. Die Engel haben das Gefühl, dass das Böse versucht, die Menschen auf der Erde auf seine Seite zu ziehen und die Welt in Chaos zu stürzen. Es scheint, als hätten sie sich dazu ein Opfer auserkoren, das sie für ihre Zwecke einspannen möchten: die junge, erfolgreiche Börsenmaklerin Rachel Duncan. Ihr Schutzengel ist seit geraumer Zeit verschwunden, weshalb Derek auf sie aufpassen soll – unauffällig natürlich. Er soll als Portier in ihrem Appartementblock arbeiten und beobachten, mit wem sie Kontakt hat.

Das ist gar nicht so einfach für einen Mann, der im vierzehnten Jahrhundert geboren ist. Er muss ihr die Tür aufhalten, Taxis für sie rufen und ihr stets zu Diensten sein. Natürlich funktioniert das nicht ohne Reibereien, besonders da Rachel manchmal nicht gerade umgänglich ist und sich zu Derek hingezogen fühlt. Aber zu einem Portier?! Da geht sie doch lieber mit einem ihrer Kunden, dem reichen Zanus, aus. Er schmeichelt ihr, macht ihr Geschenke, und doch hat sie das Gefühl, dass er sie nicht ernst nimmt. Derek dagegen glaubt, dass Zanus hinter etwas ganz anderem her ist. Sein Auftrag lautete eigentlich, die junge Frau zu beschatten, doch er als Ehrenmann kann es natürlich nicht unterlassen, sie auch zu beschützen …

Margaret Weis widmet sich zusammen mit Tochter Lizz zum ersten Mal dem Genre Urban Fantasy. Auch ohne Kenntnis ihrer vorherigen Werke lässt sich sagen, dass „Dunkler Engel“ nicht unbedingt etwas für die Allgemeinheit, sondern eher für bestimmte Zielgruppen geeignet ist, vornehmlich Frauen, denen romantisch-witzige Bücher mit einem Hauch des Paranormalem gefallen. Die Autorinnen konzentrieren sich sehr stark auf die Anziehung zwischen Derek und Rachel, so dass die Handlung häufig im Hintergrund steht. Sie kommt nicht richtig zum Tragen und ist rückblickend recht simpel gestrickt. Das ist schade, denn das Buch hat einige Ansätze, aus denen man mehr hätte machen können. Zum einen ist da das Zusammentreffen eines Ritters aus dem vierzehnten Jahrhundert mit dem modernen New York. Derek gewöhnt sich ausgesprochen schnell an die neuen Umstände, die denen seiner Zeit und auch des Fegefeuers sicherlich nicht entsprechen – zu schnell, um ehrlich zu sein. Auch die Feindschaft zwischen den guten und den bösen Engeln wird nur am Rande erwähnt, von Verschwörungstheorien oder spannenden Showdowns sehen die Autorinnen gänzlich ab.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht Rachel, ein einsamer Workaholic, die sich in einer Männerwelt durchzusetzen hat. Das macht sie auf der einen Seite zu einer taffen Frau, auf der anderen befindet sie sich in einem Zwiespalt, da sie nie so sein kann, wie sie wirklich ist, nämlich verletzlich. Neben ihrer Arbeit beschäftigt sie sich vor allem mit ihrer aufkeimenden, nicht immer reibungslosen Beziehung zum generösen, aber dennoch unnahbaren Zanus und mit dem neuen Portier, dessen Verhalten sehr merkwürdig ist und der unglaublich gut aussieht. Der Grundtenor des Buches entspricht dadurch weniger anderen Urban-Fantasy-Büchern, sondern eher Frauenromanen à la „Bridget Jones“, auch wenn Rachel lange nicht so witzig dargestellt wird. Ab und an schimmern ein wenig Biss und Ironie durch, aber letztendlich bleibt Rachel als Charakter eindimensional. Sie wirkt beinahe klischeehaft, ein Kritikpunkt, den man sicherlich auch bei den anderen Charakteren anbringen kann.

Diese brechen zu selten aus dem Rahmen aus, der ihnen zugedacht ist. Sie sind zwar gut gezeichnet und weisen keine Inkonsistenzen auf, aber wirklich interessant sind sie, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht. Diese Ausnahmen sind der Erzengel William, der Derek zur Seite steht und als Obdachloser verkleidet immer wieder ins Geschehen eingreift, und der Cherub Sampson, der Derek später als Partner an die Seite gestellt wird. Allerdings muss Sampson sich dazu in eine Katze verwandeln. Er zieht in Rachels Appartement ein und spioniert sie so direkt aus. Die Situation, dass er plötzlich in einem Katzenkörper lebt und Derek alles andere als ein Katzenliebhaber ist, führt immer wieder zu witzigen Momenten, und Sampsons Humor ist einer der Lichtblicke der Geschichte.

Obwohl das Buch von der Handlung und der Personenzeichnung her wie romantische Frauenliteratur wirkt, fehlen der Schwung und der Witz, die vielen solcher Romane zueigen sind. Margaret und Lizz Weis leisten sich keine Patzer in handwerklicher Hinsicht. Sie erzählen flüssig und lebendig – viel mehr aber auch nicht. Von einigen witzigen Stellen abgesehen, ist das Buch auf weiten Strecken eine reine Wiedergabe von Rachels Gefühlen und Gedanken, die nicht immer sonderlich tief gehen. Die Autorinnen finden die richtigen Worte dazu, schaffen es aber nicht, der Geschichte noch etwas mehr Kick zu verpassen.

„Dunkler Engel“ erreicht mit seinem romantischen Grundthema und dem paranormalen Touch sicherlich seine Zielgruppe. Der breiten Leserschaft wird der Urban-Fantasy-Versuch des Mutter-Tochter-Gespanns allerdings weniger gefallen. Dafür hat der Roman zu wenig abseits der Liebeswirrungen zu bieten – sowohl handlungstechnisch als auch in Bezug auf den Schreibstil.

|Originaltitel: Warrior Angel, 2007
Aus dem Englischen von Catrin Lucht
Taschenbuch, 351 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margaretweis.com

_Margaret Weis bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Vergessenen Reiche“ 13
[„Quell der Finsternis“ (Der Stein der Könige) 394
[„Drachenzwielicht I“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3499
[„Drachenzwielicht II“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3764

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