Band 1: [„Ugly – Verlier nicht dein Gesicht“ 4650 (April 2007)
Band 2: „Pretty – Erkenne dein Gesicht“ (September 2007)
Band 3: „Special – Zeig dein wahres Gesicht“ (Mai 2008)
Band 4: „Extras“ (noch kein dt. Titel, Originalausgabe Oktober 2007)
Der Schönheitswahn geht weiter: Nachdem Tally Youngblood aus [„Ugly“, 4650 dem ersten Band der mittlerweile zur Quadrologie ausgewachsenen Science-Fiction-Geschichte von Scott Westerfeld, sich dazu entschieden hat, sich der Schönheitsoperation zu unterziehen, lebt sie nun in New Pretty Town, wo die meiste Zeit gefeiert und getrunken wird. Alltagssorgen kennt man hier nicht. Solche Probleme haben die Jugendlichen zusammen mit ihrer ehemals hässlichen Hülle zurückgelassen. Das Leben als Pretty könnte so einfach sein, doch Tally hat das Gefühl, dass sie verfolgt wird – von ihrer Vergangenheit.
Auf einer Kostümparty verfestigt sich dieses Gefühl. Tally versucht, die Pretties mit ihrer ‚kriminellen‘ Vergangenheit zu beeindrucken und dadurch Zutritt zu den Krims, einer elitären Pretty-Clique, zu erhalten. Ihre Chancen stehen gut, immerhin hat sie einen Ruf als Ausbrecherin, der sie sogar mit den gefährlichen Specials, der im Verborgenen arbeitenden Polizei von New Pretty Town, in Kontakt gebracht hat. Nicht viele haben von diesem Vorfall erfahren, doch der mysteriöse Junge auf der Party, der sich als Special verkleidet hat und ständig in Tallys Blickfeld gerät, scheint es zu wissen. Tally fühlt sich verfolgt und beschließt, den Jungen zu stellen.
Als er seine Maske entfernt, erkennt sie Croy, einen Ugly aus ihrem früheren Leben, der sich der Operation entzogen hat und nun mit einer Gruppe weiterer Abtrünniger versteckt außerhalb der Stadt lebt. Die beiden werden von einem Kommando der Specials gestört, doch später lässt Croy Tally eine Nachricht zukommen, und als sie den Hinweisen darin folgt, findet sie heraus, dass die Schönheitsoperationen nicht nur die Körper der Menschen verändern, sondern auch ihr Gehirn. Dies alles hatte sie während ihrer Zeit bei den Abtrünnigen herausgefunden, nach der Operation aber vergessen. Allerdings gibt es ein Heilmittel gegen die Gehirnveränderungen, das Croy ihr zukommen lässt. Nun ist es an Tally, New Pretty Town zu verlassen und sich den Abtrünnigen erneut anzuschließen. Doch die Specials sind wachsam. Sie haben Tally im Auge. Gut, dass ihr Freund Zane, der Anführer der Krims, der ein waches Interesse an ihrer rebellischen Vergangenheit zeigt, ihr zur Seite steht …
„Pretty – Erkenne dein Gesicht“ setzt genau da an, wo der Vorgängerband aufgehört hat. Ohne großartige Erklärungen steigt der Autor Scott Westerfeld in die Geschichte ein. Eines hat sich allerdings geändert: Tally ist nun eine Pretty. Das bedeutet nicht nur ein Leben voller Spaß und Nichtstun, sondern auch eine andere Persönlichkeit. Dies drückt der Autor dadurch aus, dass er Tally und ihren schönen Freunden besonderes Vokabular in den Mund legt. In New Pretty Town dreht sich dementsprechend alles darum, ob etwas „Pfusch“, also schlecht ist oder „prickelnd“. Für die Pretties gibt es nichts Besseres, als prickelnd zu sein, was man am besten durch Feiern und das gegenseitige Übertrumpfen bei der Kostümierung erreichen kann.
Die Oberflächlichkeit dieser Welt weiß Westerfeld sehr plastisch darzustellen. Dank Tally, die das Ganze auf eine leise Art und Weise in Frage stellt – so weit ihre Pretty-Persönlichkeit es zulässt -, kann der Leser einen Blick hinter die Kulissen werfen, so dass New Pretty Town eben nicht nur aus der schönen Perspektive geschildert wird. Während man im ersten Band kritisieren konnte, dass die Schauplätze teilweise etwas unscharf dargestellt waren, so scheint Westerfeld in New Pretty Town etwas sicherer zu sein. Als Tally die Stadt allerdings verlässt, verlässt sie auch das sichere Gebiet. Nicht alles, was sie in der Wildnis erlebt, wirkt plausibel. Manches ist zu sehr auf Kritik an den Zuständen ausgerichtet, anderes passt einfach nicht in die Geschichte, da es zu abwegig wirkt. Insgesamt hat diese Reise auch nicht wirklich viel mit dem eigentlichen Kern der Handlung zu tun. Diese Abschweifungen kosten die Geschichte einiges an Spannung.
Dabei zieht die Handlung am Ende noch einmal richtig an, wenn Tally erneut auf die Abtrünnigen trifft. Hier kommen Spannung, Abenteuer, zwischenmenschliche Reibereien und eine Menge offene Fragen zu einem grandiosen Finale zusammen. Den ersten Teil von Tallys Reise kann man inhaltlich mehr oder weniger unbeschadet überspringen, weshalb es schade ist, dass er überhaupt in dieser Länge Eingang in die Geschichte gefunden hat.
Tally Youngblood bleibt trotz ihrer Operation eine Sympathieträgerin. Obwohl sich ihre Persönlichkeit eigentlich verändert haben sollte, merkt sie, dass das Leben in New Pretty Town nicht alles sein kann, und wehrt sich dagegen. Sie wird dabei als Rebellin aus Verzweiflung gezeichnet, da sie nie offen gegen das System vorgeht. Dadurch hat sie aber nicht unbedingt weniger Biss, sondern wirkt sehr menschlich. Sie besitzt Schwächen und Fehler, nicht jeder mag sie, sie wirkt authentisch, und obwohl die Geschichte in einer nicht näher datierten Zukunft spielt, kann man sich auch aus heutiger Sicht mit ihr identifizieren.
In der Summe hat Scott Westerfeld ein zugängliches Jugendbuch mit einer ansprechenden Hauptfigur und einer nicht immer spannenden Handlung geschrieben. Seine Kritik am gängigen Schönheitswahn fällt angenehm differenziert aus und wird nicht übertrieben, ist aber trotzdem klar erkennbar. Dass das Buch letztendlich nicht überdurchschnittlich gut geworden ist, hängt mit den Längen in der Handlung zusammen und damit, dass es zwar junge Leser anspricht, aber, anders als beispielsweise ein Harry Potter, kaum Eindruck auf ältere Leser macht.
|Übersetzt von Gabriele Haefs
Empfohlen ab 12 Jahren
396 Seiten, Klappenbroschur|
http://www.carlsen.de
[Verlagsseite zur Serie]http://www.carlsen.de/web/jugendbuch/ugly__pretty__special
http://scottwesterfeld.com/
|Siehe ergänzend dazu auch unsere [Rezension 3307 zu Westerfelds Science-Fiction-Epos „Weltensturm“.|