_Wizkids go Horror_
Das Clix-System hat sich ja bereits bei den |HeroClix|-Editionen von |Marvel| und |DC| sehr erfolgreich etabliert und zumindest hinsichtlich des Spielsystems im Tabletop-Bereich eine echten Standard gesetzt. Während Spiderman, Batman und Konsorten in den letzten Monaten und Jahren mit zahlreichen Erweiterungen beschenkt worden sind, hat man im Hintergrund bereits das nächste Spiel konzipiert, das auf dem Clix-System basiert und sich dieses Mal dem Horror-Genre widmet.
Grausame Monster, brutale Slasher und biestige Werwölfe treten in „HorrorClix“ gegeneinander an und liefern sich mit den gruseligsten Gestalten der Unterwelt eine Schlacht auf Leben und (Un-)Tod. Dabei hat man weitestgehend die Regeln des ersten Clix-Games übernommen, sie jedoch an einigen elementaren Stellen erweitert und ein insgesamt noch komplexeres Tabletop gestaltet, das – so viel schon vorab – Liebhaber der |Marvel/DC|-Fassungen garantiert lieben werden.
_Verwandlungen, Spezialkräfte, Crossover-Charaktere – es hat sich was getan_
Spielgestalter Scott Hungerford hat sich wirklich ordentlich ins Zeug gelegt, um das klassische „HeroClix“-System gänzlich aufzufrischen und insgesamt auch entscheidend zu verbessern. Um die individuellen Fähigkeiten der Figuren zum Beispiel noch markanter in Szene zu setzen, hat jedes Monster eine eigene Charakterkarte bekommen, auf der die Spezialattacken und mögliche Modifikationen abgebildet sind. Manche dieser Karten sind sogar beidseitig bedruckt, denn einige Monster können sich nach der erfolgreichen Zerstörung einiger Gegner verwandeln und ihre Fähigkeiten erweitern, was dann darin gipfelt, dass man die Charakterkarten umdreht und quasi eine gänzlich verbesserte Figur erhält. Außerdem sind manche Monster in zwei unterschiedlichen Inkarnationen verfügbar, von denen man sich vor dem Spiel bzw. der Zusammensetzung des Teams eine aussuchen kann.
Eine weitere Neuerung sind die Plot-Twist-Karten, die plötzliche Eingriffe in die Kampfhandlung ermöglichen. Sie werden geheim aufbewahrt und können als plötzlicher Konterschlag in bedrohlichen Situationen eingesetzt werden, um den Gegner unerwartet zu schwächen bzw. taktische Schritte ungeschehen zu machen.
Dann gibt es noch die Opfermarken, die im Spielverlauf ähnlich eingesetzt werden wie die echten Figuren (also die Monster), jedoch eigentlich nur dazu dienen, von den Monstern verschlungen zu werden, um ihre Spezialfähigkeiten auszuspielen. Jeder Spieler bringt vor dem Spiel eine gleiche Zahl von Opfermarken ins Spiel, bis schließlich maximal zwölf auf dem Spielfeld verteilt angebracht sind.
Was hat sich sonst verändert? Nun, das Landschaftsbild ist natürlich völlig anders und bietet auch andere Voraussetzungen für die Bewegungen der Monster. Einschränkungen diesbezüglich liefern auch die richtig schön an die Spielatmosphäre angepassten Objekte, die man optional auf dem Spielfeld verteilen kann. Selbst in der Clix-Spielscheibe hat sich was getan; Sanduhrsymbole markieren einzelne Einschränkungen, aber auch Vorteile, die nach dem Umdrehen der Scheibe eintreten können. Aber es besteht auch durchaus die Möglichkeit, durch Spezialfähigkeiten wieder eine Heilung hervorzurufen, um negative Entwicklungen und Schaden wieder rückgängig zu machen.
Vielleicht ist es ja nicht gerade fair, die beiden Spiele im direkten Vergleich gegenüberzustellen, doch nur so wird klar, inwiefern das Spielkonzept verbessert wurde. „HorrorClix“ bietet dem Spieler mehr Möglichkeiten, gleichzeitig aber auch mehr Gefahren und Dinge, die er zusätzlich bedenken muss. Anders gesagt: Das Elementare wurde beibehalten und einzelne Lücken noch gefüllt. Aber wir sind ja noch lange nicht beim Fazit …
_Spielaufbau_
Vor jeder Partie steht natürlich der Aufbau des Spielfelds, welches man zunächst einmal mit den eigenen Opfern und anschließend optional auch mit Objekten gestaltet. Jeder Spieler – und dieses Mal ist es auch kaum bedenklich, auch mit mehr als zwei Spielern anzutreten – stellt nun seine Armeen auf eine der vorgegebenen Positionen und beachtet dabei das vorab ausgemachte Punktelimit sowie die Zugehörigkeit zu einem der sechs Geheimbünde, die dann von Vorteil sein kann, wenn mehrere Mitglieder eines Bundes in einem Team sind. Wie auch bei „HeroClix“ ist die Staffelung hier in 100er-Einheiten eingeteilt, so dass man sein Team so aufteilen sollte, dass man ungefähr den Rahmen einhält. Gleiche Resultate werden hier aber utopisch sein, weil man nach späterer Auffrischung mit Zusatz-Boostern wohl kaum einen genauen Wert erzielen wird. Im Starter-Set kann man jedoch genau mit zwei 100er-Teams gegeneinander antreten und so einen ersten fairen Kampf in zwei gegensätzlichen Parteien austragen.
Nachdem man sich nun für ein Team bzw. einen Punktewert für den Start entschieden und das Spielfeld aufgebaut hat, kann es nun losgehen; der Startspieler für die erste Runde wird ausgewählt und beginnt die erste Phase. Die Position des ersten aktiven Spielers wechselt später nach jeder Runde und geht an den jeweils linken Nachbarn über.
In der ersten, der so genannten Vorbereitungsphasen werden alle Effekte, die in einer vorangegangenen Runde noch aktiv waren, wieder deaktiviert bzw. (falls nötig) abgearbeitet.
Dann beginnt die Spannungsphase, in der man sich dazu entschließen kann, ein Opfer zu bewegen, was man schließlich auch ausführt, sollte ein Gegner als Reaktion keine Plot-Twist-Karte spielen. Die Bewegungsweite ist abhängig von den Punkten auf dem individuellen Opfermarker.
Anschließend startet die Jagdphase: Nun dürfen entsprechend der Punktzahl (pro 100 Punkten Startwert ist eine Aktion erlaubt) Bewegungen ausgeführt werden. Optional kann man auch in einen Nah- oder Fernkampf treten, was natürlich von den jeweiligen Fähigkeiten des Monsters abhängig ist. Nach einer gespielten Aktion legt man einen Marker auf die verwendete Figur, um zu dokumentieren, wie oft man sich schon bewegt hat. Sollte das Aktionslimit aufgebraucht sein, endet die Phase sofort. Es ist jedoch möglich, dass ein Spieler einige freie Aktionen bekommt und zum Beispiel noch eine Kampfphase an eine Bewegung anhängen kann. Dies ist häufig der Fall, wenn ein Monster eine Verwandlung durchführen konnte.
Die Art und Weise der Aktionen in der Jagdphase ist unheimlich vielfältig; es gilt sehr viele Eventualitäten zu bedenken, zum Beispiel ob es sich um ein fliegendes, schwebendes oder ein normales, auf dem Boden befindliches Monster handelt. Dann muss man überlegen, wie die Beschaffenheit des Bodens ist, wo Stärken bei der Bewegung bestehen. Oder aber, was im Fernkampf möglich ist, wie viele Gegner man angreifen kann, welche Reichweite einzuhalten ist, welche Spezialfähigkeiten wann eingesetzt werden können und eventuelle Einschränkungen durch die Sanduhren, auch Stundengläser genannt.
Eben jene Stundengläser haben auch für die letzte Phase einer Runde eine Bedeutung, denn jede Figur, die am Ende der Runde ein Stundenglas im Sichtfester ihrer Clix-Scheibe hat, erleidet noch einen weiteren Schaden und dreht die Scheibe entsprechend weiter.
_Weiterer Spielverlauf_
Nach einigen Runden geht es dann richtig zur Sache; man wird dazu genötigt, Opfer hinzunehmen, um die Eigenschaften der eigenen Monster zu stärken und schließlich bessere Chancen im Kampf gegen die gegnerischen Freaks zu haben. Gewonnen hat schließlich derjenige, der als Letzter noch lebende Monster auf dem Spielfeld übrig hat, wobei dies oftmals in recht zähe Auseinandersetzungen ausufern kann, gerade wenn sich am Ende nur noch Monster eins-zu-eins gegenüberstehen. Und gerade wenn man stärkere Monster auf dem Parkett hat, ist eine erbitterte Schlacht vorprogrammiert.
_Das Starter-Set_
Im Starter-Set zu „Horror-Clix“ sind alle notwendigen Objekte für das erste Spiel enthalten; sechs Figuren mit einem Gesamtpunktewert von 200 samt Charakterkarten, jeweils 12 Plot-Twist-Karten, Opfer- und Geländemarken sowie ein beidseitig bedruckter Spielplan. Weiterhin enthalten sind drei 3D-Objekte, zwei Würfel und der Drehring, um die Clix-Scheibe zu bedienen. Dazu gibt es eine sehr umfangreiche und anschaulich gestaltete Spielregel, in der wirklich alle Einzelheiten erklärt, jeglicher Einzelfall beleuchtet und auch viele ‚Was wäre wenn‘-Situationen in Betracht gezogen werden. Zusätzlich gibt es für den Start einige Szenarien, in denen man den Umgang mit dem Spiel unter speziellen Voraussetzungen erproben kann. Mit einem Satz: Alles, was man für den Einstieg benötigt, in einem sehr leicht überschaubaren, tollen Set.
_Die Booster_
Was ist ein solches Spiel ohne Erweiterung? Eben, auf lange Sicht rein gar nichts. Und daher gibt es auch zu „HorrorClix“ eine erste Reihe mit Boostern, in denen sich insgesamt 96 verschiedene weitere Charaktere in unterschiedlicher Häufigkeit befinden. Pro Booster sind jedoch nur jeweils vier Figuren mit ihren jeweiligen Charakterkarten sowie ein Opfermarker enthalten. Bei einem Preis von knapp acht €uro mag das zwar etwas happig bzw. knapp bemessen erscheinen, aber da steht „HorrorClix“ der Konkurrenz eben in nichts nach. Und weil das Spielsystem durch stärkere Monster definitiv stark aufgewertet wird, kann man ruhig den einen oder anderen müden Euro investieren.
_Der erste Eindruck_
Wie bereits erwähnt, muss man „HorrorClix“ zwangsläufig mit seinem artverwandten Vorläufer aus der Comicwelt vergleichen, doch dem daraus resultierenden hohen Niveau hält das neueste Produkt aus der Clix-Reihe locker stand. Und mehr noch: „HorrorClix“ darf man zweifelsohne als kleinen Fortschritt zu „HeroClix“ bezeichnen, weil das Spiel erstens noch viel mehr Möglichkeiten erlaubt, zweitens das Design eine ganze Spur ausgereifter ist und drittens die Komplexität zugunsten eines noch temporeicheren Spielverlaufs gesteigert wurde. Die Erweiterungen erweisen sich durchweg als Verbesserung, angefangen bei den Charakterkarten und der differenzierteren Darstellung der Spezialeigenschaften über die tolle Verquickung von Opfern und Monstern, die hier in einer ungewöhnlichen Art und Weise kooperieren, bis hin zu den ausgefeilten taktischen Vorzügen durch Plot-Twist-Karten und Crossover-Charaktere.
Ein Vorteil ist sicherlich, dass man als Laie recht unbefangen in das Spiel hineingehen kann. Wurde bei „HeroClix“ alleine schon wegen des Settings das definitiv unberechtigte Vorurteil geäußert, es handele sich hier um eine kindliche Version eines Tabletop-Strategiespiels, wirkt „HorrorClix“ auch rein äußerlich seriöser und in seiner Grundart erwachsener. Wer hingegen schon erste Erfahrungen mit den Figuren aus der amerikanischen Comicwelt machen durfte, wird sich hier schnell zurechtfinden und auch sicherlich genauso wie der Rezensent seine Freude an der erweiterten Fassung des Spielkonzepts finden – die nach den vielen, systematisch betrachtet nicht wirklich fortschrittlichen Zusatz-Boostern zum Ursprungsspiel auch auf jeden Fall mal nötig war.
Insofern kann ich mich auch nur wiederholen und sagen, dass Spieldesigner Scott Hungerford wirklich alle Lücken genutzt hat, um sie mit ergänzenden Regeln und neuen Optionen zu füllen, ohne dabei das erfolgserprobte Konzept zu verändern. Man könnte auch sagen, dass „HorrorClix“ „HeroClix“ für Fortgeschrittene ist, wobei noch erwähnt werden muss, dass die neue Spielumgebung und das generelle Design noch einmal ideenreicher und eleganter aufgemacht wurden.
Und so könnte ich nun noch weiterschwärmen, denke aber, den wesentlichen Kern meiner Begeisterung verständlich zum Ausdruck gebracht zu haben. Hier wächst hoffentlich schon bald eine ähnlich große Welt heran wie bei den Kollegen von |Wizards of the Coast| bzw. „Dungeons & Dragons“ und Co. Spieltechnisch steht „HorrorClix“ den bis dato noch größeren Namen des Genres nämlich in nichts nach.
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|Siehe ergänzend dazu:|
[DC HeroClix – Icons 3334
[Marvel HeroClix – X-Men Danger Room 3483