Woo, John / Ennis, Garth / Kang, J. – John Woo\’s 7 Brothers

_Story_

Im Jahre 1421 brach die chinesische Flotte auf, um während einer großen Expeditionsreise die Welt zu erkunden und die Geheimnisse der verborgenen Kontinente zu entschlüsseln. Doch Kaiser Zhu Di steckte all seine finanziellen Mittel in die Reise und zwang den Staat damit in die Knie, so dass die Rückkehr der Flotte in einem Fiasko endete und der Handel seinen Tiefpunkt erlebte. Lediglich eine Person profitierte von den Reisen, ein besessener Hexer, der sein Wissen über die Drachenlinien und die energetischen Knotenpunkte der Erde auszubauen lernte und schließlich über die Kontrolle dieser Linien nach der Herrschaft über die Welt trachtete. Seinerzeit konnte ihn ausgerechnet sein Schüler Fong stoppen und die bevorstehende Machtübernahme verhindern.

Nun jedoch ist der Sohn der Hölle zurückgekehrt und aus seinem verborgenen Versteck befreit worden. Und nach Fongs Tod ist es nun an dessen zahlreichen Nachfahren, ihm ein für allemal das Handwerk zu legen. Sieben entfernte Nachfahren sowie eine Ur-Enkelin der x-ten Generation sammeln ihr Wissen und ihre besonderen Kräfte, die ihnen vererbt wurden, um dem Sohn der Hölle gegenüberzutreten, und bis auf einen ist ihnen auch allen ihre Rolle in diesem dramatischen Spiel klar. Erst als die sieben Brüder vorzeitig den Tod finden, wird ihnen bewusst, welche Rolle Ronald spielt – er ist der Schlüssel zur endgültigen Vernichtung des erbarmungslosen Hexers.

_Persönlicher Eindruck_

Es mag überraschen, dass ausgerechnet Action-Regisseur John Woo die Idee zu einer Story vorgelegt hat, die historische Inhalte mit der Handlung eines modernen apokalyptischen Thrillers verbindet und darüber hinaus auch noch im Rahmen eines Comics realisiert wurde. Verinnerlicht man dann jedoch, dass die asiatische Hollywood-Ikone mit niemand Geringerem als Garth Ennis zusammengearbeitet hat und somit letztendlich zwei absolute Visionäre an einen Tisch gebracht wurden, scheint der Erfolg dieses Unterfangens vorprogrammiert – und sollte es ob des fantastischen Inhalts auch sein!

„7 Brothers“, das Resultat dieser ungewöhnlichen Kollaboration, ist alles in allem nämlich ein souveränes, gerade atmosphärisch unheimlich dichtes Album geworden, welches einerseits auf einem sehr soliden, ausgeklügelten Background fußt, andererseits aber auch immer wieder Freiräume aufdeckt, in denen die vereinzelten Lücken der Story sich noch einmal zusätzlich entfalten können. Alles beginnt mit einem spektakulär aufgebauten Mysterium, das inhaltlich sehr weit ausholt, anschließend einige merkwürdige Kontraste aufwirft und gerade bei der Einführung der eigenartigen Hauptgestalten klarmacht, dass der Story absolut keine Grenzen gesetzt sind. Vulgärsprache trifft auf eine philosophische Rahmenhandlung, der Teufel kommt mit Gestalten aus dem Ghetto zusammen, chinesische Historie verbindet sich mit dem modernen Leben in Los Angeles, und mittendrin entwickelt sich ein derart homogener Plot, dass man vor der fließenden Zusammenfügung all dieser divergierenden Versatzstücke nur den Hut ziehen kann.

Natürlich darf und muss Woo innerhalb dessen auch seinen persönlichen Stempel ganz markant setzen, was angesichts der massiven Action, die hier zum Tragen kommt, aber auch kein großes Opfer für die Story darstellt. Es geht merklich zur Sache, und all diese Konflikte sind mitunter auch blutig und radikal, doch spiegelt gerade dies die Konsequenz wider, mit welcher das Team Ennis/Woo hier gearbeitet hat bzw. wie der Comic-Autor die recht freizügige Original-Vorlage letztendlich umgesetzt hat. Selbst in den Sorgenmomenten, in denen die Geschichte droht, aus dem Ruder zu laufen – beispielsweise bei der kurzzeitigen Verbannung in die Hölle -, findet der Co-Regisseur der Story die erforderliche Souveränität, um das Ganze glaubwürdig und erfinderisch fortzuführen und schließlich auf dieses begeisternde Finale zuzusteuern, welches sich am Ende manifestiert. Klarer Fall, das ist wirklich ganz große, innovative Klasse!

Doch ehrlich gesagt: Was hätte man auch anderes erwarten sollen? Woo lieferte seinem Scriptautor eine Riesengeschichte und auch ein Gros an frei interpretierbaren Freiräumen, die sowohl Ennis als Schreiber als auch Kang als Zeichner brillant ausnutzen. Selten habe ich ein solch stimmiges, spannendes und eben auch interessantes Gesamtpaket auf dieser Ebene erlebt, also quasi das Gefühl, einer weiteren Sternstunde der illustrierten Kunst beigewohnt zu haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies daher auch ganz klar, dass „7 Brothers“ definitiv in jedem Schrank stehen sollte, in dem anspruchsvolle Comic-Kunst einen Ehrenplatz verdient. Dieses Meisterwerk sollte man wirklich keinesfalls verpassen!

http://www.paninicomics.de/virgin-s10537.html

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