Alexander Kabakov – Kein Zurück. Zukunftsroman

Agenten als Redakteure

„Der 50jährige Ich-Erzähler, ein Journalist mit MG, legt in der Nacht in Moskau anno 1990 eine horrorvolle Wegstrecke zum Großen Platz zurück (bei uns besser bekannt als Roter Platz). Unterwegs schließt sich ihm Julia an, die in Moskau fremd ist und die ihm, wie sich herausstellt, seine Bezugsscheine rauben will. Dies wird aber nicht an einem Stück erzählt. Immer wieder eingeschoben sind Gespräche mit einem Agentengespann, die sich allerdings tarnen als Redakteure. Insgesamt sieben Mal wechseln sich die Szenen ab.“ (ergänzte Rezension auf Amazon.de, s.u.)

„Kein Zurück“ ist ein Kurzroman, den Kabakov für seine Freunde schrieb und von dem er wusste, dass er nicht in der UdSSR zu veröffentlichen war. Das Buch erschien bei uns kurz nach dem Fall der Mauer, ein warnendes Stück Polit-Literatur.

Der Autor

Alexander Kabakov, Jahrgang 1943, war jahrelang Redakteur für die russischen Publikationen“Gudok“ und „Moskauer Nachrichten“. Er schrieb mehr als hundert Artikel für die „Literaturnaja Gaseta“ und ist Fachmann für Jazz. In einem Interview drückte Kabakow 1996 seine Bewunderung aus für Schriftsteller wie Georgi Wladimow, Juri Trifonow, Sergei Dowlatow, Asar Eppel, Waleri Popow und Ljudmila Ulizkaja.

Handlung

Moskau im Winter 1993, also in der – zum Erscheinungszeitpunkt von 1990 – nahen Zukunft. Der nationalistische General Viktor Andrejewitsch Panajew hat die Macht in der Sowjetunion an sich gerissen, aber in den bürgerkriegsähnlichen Wirren kämpfen die verschiedensten Splittergruppen und Nationalisten gegeneinander.

Der 50-jährige Ich-Erzähler Jurij Iljitsch ist ein Journalist, der auf der Flucht vor einer irregulären Einheit von „Afghanistanveteranen“ auf ein schönes südrussisches Mädchen namens Julia trifft, das sich ausgerechnet an diesem Tag auf dem Großen [Roten] Platz im Zentrum von Moskau Stiefel kaufen will. Wie sich herausstellt, hat sie es auf seine Bezugsscheine abgesehen.

Mehrfach entgehen die beiden auf ihrem Weg nur knapp der Gefangennahme oder dem Tod. Überdies bemüht sich ein obskurer Geheimdienst, vertreten von dem jüngeren Sergej Iwanowitsch und dem älteren Igor Wassiljewitsch, um die Mitarbeit des „Helden“, der sich schließlich mit seinem Maschinengewehr einen Weg zum Markt zu bahnen versucht. Am Ende kann er sich den Agenten entziehen und schwört sich: „Kein Zurück in frühere Zeiten“.

Unterm Strich

Kabakov war klar, dass er mehr eine Satire geschrieben hatte als einen ernsthaften Blick in die Zukunft. Interessant sei, wie der Held sich von dem Geheimdienst, der sich „Redaktion“ nennt, anheuern läßt. Man müsse nur an das Pflichtbewusstsein eines Sowjetmenschen appellieren, um ihn zu allem bewegen zu können. Doch wie man sich der Kollaboration entziehen könne, dafür gebe es verschiedene Wege.

Dieser nur 84 Seiten lange Text ist ein höchst spannendes und interessantes Stück Literatur aus der Zeit des Großen Umbruchs (Perestroika). Die stark vom Film (ich sage nur: Eisenstein!) beeinflusste Darstellungsweise kommt dem modernen Bewusstsein und dem Verlangen nach Tempo sehr entgegen.

Mehr Info in einer ausführlichen und nahezu aktuellen Amazon-Rezi vom März 2022 HIER. Im März 22 hatte der russische Krieg gegen die Ukraine gerade erst begonnen, und darauf nimmt der Rezi-Autor Bezug.

Gebunden: 90 Seiten
O-Titel: Newowraschenez, 1990
Aus dem Russischen übertragen von Olaf Kühl
ISBN-13: 9783100396068

https://www.fischerverlage.de/

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