Klassische SF-Autoren für Sammler und Einsteiger
Diese zweite Anthologie mit den besten SF-Stories der 50er Jahre aus dem Hohenheim-Verlag deckt die zweite Hälfte des Jahrzehnts ab, das als Goldenes Zeitalter der Magazin-SF in die Annalen einging. Die technikgläubigen und patriotischen 40er Jahre sind passé, die Kritik an gewissen Missständen nimmt zu und verschafft sich literarischen Ausdruck. Neue Autoren wie Kornbluth erstrahlen in dieser Dekade und verschwinden plötzlich wieder. Alte Knaben wie Asimov und Heinlein schlagen sich mit Jugendwerken und kleineren Werken durch, bringen aber auch Klassiker wie „Foundation“ (als Zusammenfassung der in den 40ern publizierten Storys) hervor.
Die Herausgeber
Hans Joachim Alpers, der Herausgeber der „Kopernikus“-Anthologien, war zugleich Herausgeber der Moewig SF-Reihe. Er war Mitautor und Mitherausgeber des Heyne SF-Lexikons. Heute ist er Verleger beim Verlag Fantasy Productions in Düsseldorf.
Werner Fuchs war Herausgeber der SF-Story-Anthologien des Droemer Knaur Verlags und gab in zahlreichen weiteren Verlagen Anthologien heraus.
Das Original dieser Anthologie erschien 1982 im Hohenheim-Verlag. Dort brachten Alpers & Fuchs eine Antho-Reihe heraus:
1) „Die Vierziger Jahre 1+2“
2) „Die Fünfziger Jahre 1+2“
3) „Die Sechziger Jahre 1+2“
Merkwürdigerweise sind die Bände 1 +2 als III und IV bezeichnet. Das heißt, dass es zu den geplanten Anthos über die Dreißiger Jahre ebenso wenig kam wie zu denen über die Siebziger Jahre. Das finde ich enorm schade. Alle sechs veröffentlichten Bände kann man zu erheblichen Preisen im modernen Antiquariat bekommen. Die Hardcover-Preise beginnen bei 8 bis 10 Euro und enden bei 991 Euro (sic!).
DIE ERZÄHLUNGEN
ERSTER ABSCHNITT: 1955
1) James H. Schmitz: „Opa“ („Grandpa“)
Auf der Siedlerwelt Sutang bemüht sich ein Forscherteam, die Tauglichkeit dieses Planeten für die größere Besiedlung zu prüfen. Sie haben maximal 20 Jahre Zeit, bevor sich hunderttausend Kolonisten hier einfinden. Der Junge Cord ist ein Helfer und wäre gern ein Wissenschaftler, aber er denkt und handelt viel zu selbständig für den Geschmack seiner Vorgesetzten. Immerhin kennt er sich bereits bestens mit den Sümpfen und Gewässern der Yoger Bay aus, seiner neuen Heimat. Und er wäre gern der Freund von Grayan Mahoney, der besten Kolonialstudentin. Beide gehorchen dem graubärtigen Stationsvorsteher Nirmond, der die Forschung in der Yoger Bay Station leitet.
Auf der Yoger Bay ist das einzige Fortbewegungsmittel ein lebendes Floß. Dieses Floß ist ein einheimisches Lebewesen, das oben breit genug ist für einen oder mehrere Menschen, unten aber giftige Tentakel aufweist, mit denen es Raubtiere unter Wasser von Angriffen fernhält. Das größte dieser Flöße ist Opa, dreimal so groß wie die anderen. Heute will Nirmond die Herrscherin von Vanadia, einer anderen Siedlung, über den Yoger Bay Sumpf bringen. Cord soll steuern und Grayan mitkommen. Ein Floß wird mit gezielten Energiestrahlen auf die der Fahrtrichtung gegenüberliegende Stelle gesteuert, wie mit einem Viehstock.
Doch heute scheint etwas mit Opa nicht zu stimmen. Auf der Fahrt über den Sumpf bemerkt Cord einen Auswuchs in Opas Mitte, weiß aber nichts damit anzufangen. Er ahnt nicht, dass sich selbst Opa noch fortpflanzen möchte. Und als sich ein Parasit an Opas Unterseite hängt und dessen Nervenzentrum anzapft, beginnt sich Opa in eine unerwartete Richtung zu bewegen: zu den Stromschnellen der Yoger Bay, die zum offenen Meer führen. Und dort lauern bekanntlich größere Räuber als nur Haie. Die Stunde für Cords Bewährung ist gekommen …
Mein Eindruck
Ich habe diese schöne Story über fremdbiologische Naturwissenschaft erstmals in einer englischen SF-Anthologie gelesen, die Brian W. Aldiss für Penguin Books herausgab. Schon damals fand ich sie recht gelungen, denn sie verbindet leisen Humor mit Abenteuer, Spannung und den Wundern einer fremden Welt.
Die Story von Schmitz belegt, dass auch eine „weiche Wissenschaft“ aufregend sein kann. Dass der Held ein Junge ist, verwundert nicht, denn Jungs waren die bevorzugte Zielgruppe der SF-Autoren. Und Jungs müssen unbedingt Abenteuer lesen, dachten sich die Verlage, folglich besteht auch Cord das größte Abenteuer seines Lebens. Und wenn er nicht aufpasst, wird es auch sein Letztes!
2) Cordwainer Smith: „Das Spiel Ratte und Drachen“ („The Game of Rat and Dragon“)
Die Erde der Zukunft wird von der „Instrumentalität“ gesteuert und schickt ihre Kolonisten- und Handelsschiffe hinaus zu anderen Welten. Doch die Menschheit befindet sich im Krieg. Die Gegner sind die Aliens, die unversehens aus den Tiefen des Raums und der Zwischendimensionen auftauchen. Sie hinterlassen Tod oder Wahnsinn unter den Passagieren der Schiffe.
In einem Rüstungswettlauf entwickelte die Menschheit Waffen und Taktiken, um den Angriffen der „Drachen“ zu begegnen. Die Geschütze sind mit Laser und einer Art Photonuklearbombe ausgestattet, doch der Schuss muss innerhalb von Millisekundenbruchteilen erfolgen. Dazu sind nur Telepathen in der Lage. Sie steuern das Geschütz: Sie sind die Lichtschützen.
Aber sie brauchen Hilfe, um die Langsamkeit des menschlichen Gehirns auszugleichen. Diese Hilfe bieten die „Partner“, freundliche Kreaturen. Sie sind uns als Katzen bekannt. Nunmehr herrscht Zuversicht unter den Menschen, die meisten Angriffe abwehren zu können. Doch der Dienst der Lichtschützen ist hart: Underhill und Woodley brauchen nach einer halben Stunde im Gefecht erstmal zwei Wochen Urlaub.
Und wieder einmal zieht Underhill ins Gefecht, begleitet von seiner Partnerin Lady May. Ein Kampf auf Leben und Tod …
Mein Eindruck
Das Besondere an dieser bekannten Story ist weniger die entworfene Zukunft oder die Idee, Katzen als telepathische Kampfgefährten einzusetzen, sondern vielmehr die Verbindung aus Aktion und Gefühl. Bevor die Aktion beginnen kann, durchlaufen Underhills Gefühle eine ganze Skala von Nuancen, sodass man keinesfalls von einem physischen Kampfgeschehen sprechen kann. Kampf ist vielmehr eine spirituelle Erfahrung. Diese teilt der Mensch mit einem anderen Lebewesen. Dass dies eine Katze ist, ist ein notwendiger Vorteil. Am Schluss erfährt man den hohen Preis, den der Mann zahlt. Keine lebende Menschenfrau kann sich mit dieser Partnerin vergleichen. Folglich hassen die Menschenfrauen die Katzen. Und da der Mann weder das eine noch das andere bekommt, ist der ultimative Preis Einsamkeit.
ZWEITER ABSCHNITT: 1956
3) Frederik Pohl: „Happy Birthday, lieber Jesus“ („Happy Birthday, dear Jesus“)
George Martin ist der Abteilungsleiter im Kaufhaus Heinemann & Heinemann, der für den Ladenverkauf zuständig ist. Es ist schon September und der Weihnachtsvorverkauf läuft auf Hochtouren, sodass Martin unter Personalmangel leidet. Deshalb stellt er Lilymary Hargreave ein, die Tochter eines christlichen Missionars, der mit seinen vier Töchtern kurz zuvor aus Borneo zurückgekehrt ist, nachdem deren Mutter gestorben ist. Aber das ahnt George natürlich noch nicht, als er sich in Lilymary verliebt.
Nur weil ein solcher Personalmangel herrscht, bequemt sich der unverheiratete Jungmanager dazu, die Hargreave-Familie persönlich zu besuchen, als Lilymary wenig später nicht zur Arbeit kommt. Ausgerechnet am Sonntag, dem geschäftigsten Tag mit dem größten Andrang! Sie hat drei jüngere Schwestern, aber keine Mutter. Alle müssen beim Abwasch helfen, weil es keinen Geschirrspüler gibt. Und auch ein Weihnachtsbaum fehlt, stellt George mit gelindem Entsetzen fest.
Flugs befiehlt er seiner Abteilung, den Hargreaves eine Weihnachtsüberraschung zu bereiten: Der Weihnachtsmann mit seinen Helferlein bringt Geschirrspüler, Weihnachtsbaum und viele elektronische Utensilien, die den Mädchen die Arbeit abnehmen sollen. Doch statt des erhofften Dankes blicken die Hargreaves nur betreten drein, nur Lilymary deutet ein freundliches Wort an. Verwirrt geht George nach Hause und ergibt sich der Traummaschine, statt von seinem Mädchen zu träumen.
Deshalb ist er umso erschrockener, als er von der Kreditabteilung erfährt, dass die Hargreaves in zwei Tagen nach Borneo zurückkehren wollen! Was kann nur passiert sein? Flugs begibt er sich wieder in die Innenstadt, doch die Vögel sind ausgeflogen. Nur die Nachbarin weiß Rat: Die Familie des Missionars feiert einen Gottesdienst. So etwas hat George noch nie gesehen. Als er im Gemeindehaus eintrifft und Zeuge der Lieder und des Gebets wird, vollzieht sich eine Wandlung in ihm …
Mein Eindruck
Der Werbefachmann Frederik Pohl, einer der Urväter der SF, zieht hier unterschwellig das amerikanische Weihnachtsgeschäft bzw. dessen kommerzielle Auswüchse durch den Kakao. Er tut dies aber nicht durch Klamauk, sondern durch ein Gegenbild, verkörpert in der frommen Familie Hargreave. Diese glaubt noch an die ideellen Werte des Weihnachtsfestes und feiert die Ankunft des Erlösers. George hingegen verehrt nur die Götter des Kapitals, die da Kredit, Umsatz und Teilzahlung heißen. Eine Umsatzsteigerung von 0,0021% ist schon ein enormer Fortschritt für seine Firma.
Nur die Liebe zu Lilymary kann ihn von der einen Weltanschauung zur anderen bewegen und so einen neuen Horizont eröffnen. Dass die Macht der Liebe dies vermag, ist allerdings eine romantische Wunschvorstellung, scheint mir. Aber sie verhilft der Geschichte zu einem befriedigenden Schluss.
4) Poul Anderson: „Der Mann, der zu früh kam“ („The Man Who Came Early“)
Um das Jahr 1000 n. Chr. berichtet der Isländer Ospak Ulfson einem christlichen Priester von jenem seltsamen Mann, den er und sein Sohn Helgi eines Tages bei Treibholzsammeln an der Küste entdeckten. Der Mann war seltsam angezogen und sprach auch zunächst unverständlich. Erst als sich Ospak ihm vorstellt, beginnt der Mann nordländisch zu sprechen, aber mit einem merkwürdigen Akzent. Er nennt sich Gerald Robert, aber da sein Vater Sam hieß, nennt Ospak ihn natürlich Samson. Sein Knappe Sigurd allerdings nennt ihn verrückt.
Denn Gerald behauptet, aus der Zukunft zu kommen und im Jahr 1932 nach der Geburt des weißen Christs in einem Land westlich von Grönland geboren worden zu sein. Die Explosion einer sogenannten Ha-Bombe müsse ihn in der Zeit zurückgeschleudert haben, behauptet er. Sigurd meint jetzt erst recht, dass Samson verrückt sei. Doch da es auf Island keinen König gibt – deshalb haben die Isländer ja König Olafs Norwegen verlassen -, kann Ospak als Familienvater und Hofbesitzer selbst bestimmen, was mit Gerald passiert. Er scheint kein gesetzloser zu sein, auch wenn er keine Geschenke bringt.
Leider verliebt sich Ospaks Tochter Thorgunna, die schon viele Freier abgewiesen hat, in den Fremdling, denn er hat ja schöne Augen – und er raucht Glimmstengel, die er mit sehr nützlichen Hölzern in Brand setzt. Dass Gerald keine Flöhe hat wie jeder normale Mensch, stimmt Ospak jedoch bedenklich: Ist der Fremde etwa krank? Vorsichtshalber opfert er ein altes Pferd, um die Götter gnädig zustimmen – und um frisches Fleisch zu bekommen. Gerald erschießt es mit seinem Donnerknüppel, aus dem ein Blitz hervorschießt. Aber mit anderen Waffen kann er nicht umgehen, und das Schmieden will ihm auch nicht gelingen. Sogar beim Gräben ausheben hat er zwei linke Hände und hackt sich fast in den Fuß. Was tun?
Auf einer Bootsfahrt zum Thing in der nächstgelegenen Bucht kommt es zum Streit zwischen dem Fremden und den Besuchern. Hjalmar, ein befreundeter Hofbesitzer und Freisasse, sowie dessen Söhne fordern den Fremden heraus, am Lagerfeuer kommt es zu einer Auseinandersetzung und so zum Zweikampf. Gerald verschießt seinen Blitz. Nun nützt ihm alles nichts mehr: Er ist ein Gesetzloser. Als solcher könnte er zwar auf Island leben, aber natürlich ohne Frau bzw. Thorgunna. Doch der Fremde macht natürlich weitere Fehler, denn schließlich ist er nun ein freier Mann – wie alle anderen auch …
Mein Eindruck
Poul Anderson stammt von dänischen Einwanderern ab und schrieb seit 1947 phantastische Erzählungen, nicht nur SF, sondern auch Fantasy und historische Erzählungen über die Nordländer. In diesem Thema kannte er sich aus wie kein Zweiter in seiner Branche. Von Dänemark über die Wikinger bis zu den Isländern, Grönländern und Vinländern (Neufundländer) reichte das Einzugsgebiet seiner Storys. Deshalb ist in der vorliegenden Geschichte auch die Rede von Orten wie Miklagard (= Byzanz) und Gardariki (Russland), die von den Wikingern besucht wurden.
Dies ist die Geschichte von Gerald Robert Samson, der durch eine Wasserstoffbombenexplosion bei Island von seinem US-Stützpunkt bei Reykjavik um fast 1000 Jahre in die Vergangenheit versetzt wird. Der Army Sergeant prahlt mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten. Doch wie sich herausstellt, nützen sie ihm alles nichts, weil er sich im falschen Gesellschaftssystem befindet. Seine Pistole funktioniert ohne Munition nichts, seine Streichhölzer gehen zu Ende, das Schmieden misslingt ebenso wie das Graben, vom Segeln ganz zu schweigen.
Zum Verhängnis wird ihm jedoch erst die ungewohnte Freiheit, die auf Island, der Insel ohne König, herrscht. Der Sergeant war zeit seines Lebens in eine Befehlshierarchie eingespannt, kommandierte selbst Soldaten herum. Weil es in seinem Land, den USA, keinen König gibt, glaubt er, er sei frei. Doch als es darauf ankommt, kann er nicht für sich selbst einstehen. Er kann weder Schwert noch Schild führen, sondern schießt den Gegner einfach tot. Ist dies seine Freiheit?
Der Leser lernt, dass wahre Freiheit von Herrschaft nicht durch die Abwesenheit eines Königs hergestellt wird, sondern durch die Befolgung von selbstauferlegten Gesetzen, die das Zusammenleben regeln. Diese Gesetze werden vom isländischen Thing, der Ratsversammlung der Wahlberechtigten, erlassen und durchgesetzt. Das Thing ist im Norden einzigartig. Folglich sind auch die Isländer einzigartig. Ihre Demokratie ist völlig anders als die Demokratie der Amerikaner. Und wie sich zeigt, gibt der Autor dem isländischen System den Vorzug. Allerdings ist es dem Wandel unterworfen: Sobald der weiße Christus die Staatsreligion wird, ändern sich auch die Werte.
DRITTER ABSCHNITT: 1957
5) Daniel F. Galouye: „Stoßtrupp“ („Shock Troop“)
Die Valvarezianer haben ein Lebewesen auf einer fremden Welt befallen und seine Steuerzentrale infiltriert. Commander Lasson hat jedoch Schwierigkeiten, das Bild zu deuten, das er von den Sehnerven empfängt: Ist das Wesen kurzsichtig? Ein senkrechtes Muster von Hell und Dunkel ist zu erkennen. Dann schlägt das Wesen seine zwei Hände vor die Augen. Unglaublich! Sofort lässt Lasson die motorische Kontrolle verstärken, und die Hände fallen zur Körperseite des Wesens zurück.
Im Trakt C gibt es einen Einbruch von Leukozyten. In dieser Katastrophe kommen über 21 seiner Männer um, bevor es gelingt, mit Fibrinkanonen den Strom von weißen und roten Blutkörperchen zu stoppen – die Kapillare ist gesichert. Nur das unterschwellige Drumm-Drumm der zentralen Maschine des Wesens zerrt an Lassons Nerven. Dann verstummt auch dieses Geräusch. Gesegnete Ruhe!
Lasson meldet der Zentrale per Hyperfunk Vollzug und dass das Subjekt bereit zur Kolonisation sei. Die psychelektrische Energie sei ebenso im Überfluss vorhanden, wie energieliefernde Krafteinheiten im Körper des Wesens. Doch die Zentrale gibt sich merkwürdig gleichgültig: Andere Welten lägen viel näher und seien geeigneter zur Kolonisation durch Valvarez, heißt es.
Lasson wird gerade zornig, als eine heftige Konvulsion das Wesen erfasst. Der Kalk rieselt von den Wänden der Zentrale. Durch die Augen des Subjekts erblickt Lasson mehrere andere Wesen, die in einer unbekannten Sprache reden. Dann wird das Wesen hochgehoben und durch die Struktur aus Hell und Dunkel hinausgeführt. Die anderen setzen sie auf eine Sitzgelegenheit, fesseln ihr Arme und Beine, dann senkt sich eine große Kuppel über den Kopf des Wesens …
Mein Eindruck
Der Autor, der für seinen Roman „Simulacron-3“ am bekanntesten ist (Fassbinder verfilmte ihn als „Welt am Draht“), schildert den Befall eines Todeskandidaten durch eine außerirdische Zivilisation. Dabei entsteht die Ironie dadurch, dass den Befall auf militärische Weise erfolgt, die äußeren Umstände des „kolonisierten“ Wesens jedoch dem Begriffsvermögen des Kommandanten verborgen bleiben. Das äußere Bezugssystem des befallenen Menschen ist Commander Lasson unbegreiflich, und so bleibt ihm die Tatsache, dass das eroberte Subjekt gelähmt ist und auf den elektrischen Stuhl gefesselt wird, bis zuletzt ein Rätsel.
Übertragen auf die Realität, stellt diese an Philip K. Dick erinnernde Story einen Kommentar auf die Kompetenzgrenzen des Militärs dar. 1957 befanden sich die USA immer noch im Krieg mit Nordkorea (bis heute übrigens!), denn es gab ja nur einen Waffenstillstand, keinen Friedensvertrag. Und der Vietnamkrieg (ab 1965) stand ebenso vor der Tür wie die Kuba-Krise (1962). Stets ist das Militär auf die Interpretation der politischen Lage vor Ort angewiesen. Commander Lasson ist der Oberbefehlshaber, der seine Untergebenen wie austauschbare Einheiten behandelt und notfalls entsorgt, aber von der Befindlichkeit seines Wirtskörpers keine Ahnung hat. Er weiß nur: Er muss das Wesen unter seine Kontrolle bringen. Mit fatalen Folgen.
6) James E. Gunn: „Kein allzu großer Feind“ („Not so Great an Enemy“)
Ben Grayle, ein Medizinstudent im siebten Lehrjahr, lebt in einer schrecklichen Zeit. Die stickige Luft von New York City ist voll von krebserregenden Stoffen, Medizin ist nur noch für die Reichen erschwinglich, und die medizinische Versorgung verschlingt über 52 Prozent des Bruttosozialprodukts. Dennoch muss er sich diesmal in seinem gepanzerten Krankenwagen auf den Weg in die Wildnis der zehnten Straße machen. Vorbei an Schuttbergen, Straßenbarrieren, Minenfeldern und Räuberbanden führt sein Weg zu einem alten Mietshaus, in der ein kranker Mann nach ihm geschickt hat.
Der alte Mann ist, wie später herausfindet, der 120-jährige Russel Pearce, ehemaliger Präsident der allmächtigen Ärztevereinigung, der vor sechzig Jahren spurlos verschwand. Pearce hat eine schöne Tochter, die blinde Leah, die ihn pflegt. Denn sein Vorrat an Elixir vitae, dem Lebensserum, ist schon längst erschöpft. Und neue Arznei kann sich kein Mensch hier draußen mehr leisten. Zunächst macht Ben einen auf Korrektheit und will die beiden melden. Doch der alte Mann wird als Heiler hoch angesehen, und Leah ist so hilfsbedürftig und schön … Vor seinem Krankenwagen wird er von hinten niedergeschlagen.
Er erwacht im Penthouse des letzten politischen Bosses von New York City, John Bone. Auch dieser Mann ist krank, doch wie die zwangsweise Untersuchung ergibt, die Ben vornehmen muss, braucht Bone lediglich Stärkungsmittel. Sagt Ben jedenfalls. Durch einen Trick überlistet er Bone und dessen Leibgarde und kann mit Leah, die ebenfalls von Bone entführt wurde, ins Medizinzentrum entkommen. Dieses erstreckt sich über 60 Straßenblocks und verfügt eine eigene U-Bahn.
Hierher wurde Russel Pearce von den Agenten der Ärzte entführt, um ihn medizinischen Versuchen zu unterwerfen. Ben erfährt vom Aktionskreis der Ärztekammer, dass er ausgeschlossen wurde – sein Kollege hat ihn ausgetrickst. Mit erneuter Entschlossenheit macht sich Ben ans Werk, um Pearce und Leah und Bone eine andere Zukunft zu verschaffen, als ihnen die allmächtige Ärzteschaft zugewiesen hat. Er will Heiler werden, nicht Arzt.
Mein Eindruck
Diese Novelle ist der Kern von Gunns ausgezeichnetem Roman „The Immortals“ („Der Gamma-Stoff“, 1957). Sie dürfte eine der frühesten kritischen Auseinandersetzungen mit den Auswüchsen der Medizin und des wuchernden Gesundheitswesens sein, die es in der SF gegeben hat. Dass es mit dem Gesundheitswesen der USA – und nur um dieses geht es – nicht zum Besten steht, zeigte Ende 2010 die hitzige Debatte um die Reform eben dieser Strukturen. Dabei wollte der Präsident doch bloß ein paar Millionen Amis mehr eine bessere Gesundheitsversorgung verschaffen.
Die Novelle ist wider Erwarten in keinster Weise langweilig zu lesen. Ständig tauchen überraschende Wendungen auf, die den Helden quasi von einem Schauplatz zum nächsten schleudern – das ist Pulp-Fiction alter Schule (Gunn ist Jahrgang 1926!). Aber es sorgt dafür, dass der Leser bei der Stange bleibt, selbst wenn manche Figuren wie etwa Pearce mal eine Seite lang gegen das Gesundheitswesen wettern. Die Action hält sich auf diese Weise die Waage mit der Botschaft, die der Autor vermitteln will.
Eine ebenso spannende Fortsetzung zu dieser Story findet man mit „Die Unsterblichen“ in TITAN-3, 1976 herausgegeben von W. Jeschke im Heyne-Verlag (siehe dazu meinen Bericht).
VIERTER ABSCHNITT: 1958
7) Robert Sheckley: „Der Tod spielt mit“ („Prize of Peril“)
Jim Raeder macht als Darsteller bei der Reality-TV-Serie „Der Tod spielt mit“. Dabei verfolgen ihn live etliche Killer der Thompsonbande, die vom Sender JBC extra zu diesem Zweck angeheuert wurden. Eigentlich war Jim Raeder nun ein simpler LKW-Fahrer, als er sich erstmals bei einer Fernsehshow bewarb, einem Autorennen mit Amateuren.
Nach etlichen erfolgreich absolvierten Shows dieser Art, die live im TV, übertragen und kommentiert werden wie ein Fußballspiel, ist Raeder zur teuersten Show aufgestiegen. Mit 1000 Dollar fing er einst an, doch diesmal beträgt das Preisgeld 200.000 Dollar. Entsprechend hoch ist sein Risiko für Leib und Leben. Einzige Regel: 24 Stunden überleben.
Sogenannte „Samariter“ dürfen ihm helfen, und stets wird deren Name genannt, wie ebei einem Sponsor. Doch in seinen letzten Stunden findet Jim heraus, dass unter diesen Samaritern auch Angestellte des Senders sind: Sie wollen ihre Investition schützen. Zumindest vorerst. Aber wie lange ist das?
Mein Eindruck
Dies ist die Vorlage für das deutsche Fernsehspiel „Das Millionenspiel“ von 1970. Tom Toelle, der Regisseur, verfilmte ein Drehbuch von Wolfgang Menge und machte daraus eine bisige Satire auf Fernsehshows. Dieter Thomas Heck, Moderator der „ZDF Hitparade“, spielt sich selbst, und weitere Fernsehreporter wie Arnim Basche und Heribert Fassbender spielten ihren Part lebensecht mit. Das Eche war sehr positiv, doch wegen eines Urheberrechtsstreits darf die TV-Sendung nicht wiederholt werden. (Mehr Info im Heyne „Lexikon des Science Fiction Films, Band 2, Seiten 619/620).
Der vorgebliche Sinn des Wettlaufs ist, dass der Kandidat eine Person aus dem Volk ist, für das Volk kämpft und von diesem unterstützt wird – gegen die bösen Verbrecher. Die Realität, die Jim erlebt, sieht jedoch ganz anders aus: Die Angehörigen des Volkes halten alle zu den Verbrechern und feuern diese an, während sie Jim verraten. Irgendwie scheint es sich mit der Vorstellung von Held genau umgekehrt zu verhalten: Die Gangster sind die Helden, Jim lediglich das im Stich gelassene Opfer.
Das Rennen spiegelt nach Meinung des Autors wohl die wahren Verhältnisse in der US-Gesellschaft wider: Keine Solidarität mit den Schwachen, jeder für sich selbst, aber immer Buckeln gegenüber den Reichen und Mächtigen. Diese pessimistische Sicht der Verhältnisse findet sich unter anderem in Michael Moores Doku „Kapitalismus – eine Liebesgeschichte“. Zum Glück hat sich inzwischen durch Solidarisierung einiges geändert.
8) Clifford D. Simak: „Der große Vorgarten“ („The Big Front Yard“)
Hiram Taine arbeitet in dem ruhigen Städtchen Willow Bend an Antiquitätenhändler und Reparaturmechaniker für alles. Da seine Familie schon seit hundert Jahren in seinem Haus gelebt hat, ist er ein geachteter Mann, denn Alteingesessene werden hier geschätzt. Als Abbie Horton, die tyrannische Frau des wichtigsten Mannes des Dorfs, ihr einen alten Fernseher zur Reparatur bringt, geschleppt von Beasly, ihrem Handlanger, sagt Hiram natürlich nicht nein. Aber als sie die neue Decke seines Werkstattkellers bewundert, fällt ihm auf, dass diese Decke am Abend zuvor noch nicht da war. Sobald Abbie wieder weg ist, klopft Hiram auf das Material, bohrt es an – und zerbricht den Bohrkopf. Zwischen den Bodendielen seiner Diele und dieser Kellerdecke ist ein Hohlraum, aus dem Licht hervordringt. Hmm.
Henry Horton, Abbies Mann, schaut abends nach dem alten Schwarzweißfernseher und wundert sich. Der zeigt ja jetzt ein erstklassiges Farbbild an. Wie hat Hiram das nur geschafft? Das weiß Hiram selber nicht. Henry ist aber ein Computerfabrikant, der zwar nichts von Technik versteht, aber viel vom Organisieren des Verkaufs solcher Technik. Und deshalb bietet er Hiram gleich eine Partnerschaft an, wenn Hiram seinen Technikern zeigt, wie er das gemacht hat. Und er lässt einen alten ausgedienten Computer herbringen. Wer weiß, ob ein Genie wie Hiram den nicht wieder zum Laufen bringt.
Beasly hat bei Abbie gekündigt, die ihn nur tyrannisiert. Nun will er Hirams Hund Towser beim Graben helfen. Wieso Graben? Towser habe etwas im Wald hinterm Haus gefunden: einen Panzer, der im Boden vergraben ist. Hiram Schaufel, Spitzhacke und Kelle legen Hiran, Beasly und Towser mit vereinten Kräften ein richtiges Ungetüm frei: sechs Meter lang, drei Meter breit und drei Meter hoch. Aber ein Panzer ist das bestimmt nicht. Die metallisch schimmernde Oberfläche scheint vielmehr aus Opalglas zu bestehen. Manche Leute würden einiges dafür geben, ahnt Hiram, der ein Weltmeister im Feilschen um Antiquitäten ist.
Als sie zum Haus zurückkehren, ist die Garage weg. Und die Vorderfront. Und die Veranda. Stattdessen krümmt sich die Vorderseite seines Hauses in einem unmöglichen Winkel. Hiram rast zum Hintereingang. Zum Glück ist die Rückseite noch da! Er stürmt mit der ganzen Meute durch Küche und Flur ins Wohnzimmer. Doch wo die Vordertür war, erstreckt sich zwar nun immer noch eine Veranda und eine Einfahrt mit Hirams Pickuplaster. Doch dahinter: nicht etwa das gute alte Willow Bend, sondern eine Wüste. Mit einer Sonne, die im Norden steht …
Mein Eindruck
Dies ist eine der schönsten und umwerfendsten Erstkontaktgeschichten, die ich kenne. Zunächst einmal wird die schöne neue Welt nebenan erkundet und ein weiteres Weghaus zu einer anderen Welt entdeckt. Offenbar haben die Fremden, die Hirams Haus in ein solches Weghaus umgemodelt haben (und ihm dafür seine Elektrogeräte reparierten), den Auftrag, auf vielen Welten solch einen Anschluss herzustellen. Doch wofür und wer soll die Wege benutzen?
Auch dies klärt sich im Verlauf der Geschichte. Die Fremden kommen, um mit Ideen zu handeln, die sie eintauschen wollen. Die Fremden reiten auf Sätteln, die in der Luft schweben: gesteuerte Antischwerkraftfahrzeuge sozusagen. Und was hat die Erde zu bieten? Da kommt Hiram ein wenig ins Grübeln, baer dann kommt ihm die Erleuchtung. Wissen die Fremden, was Lack ist? Nope, sie haben keine Ahnung, signalisieren aber erstmal Desinteresse. Hiram hat noch eine Erleuchtung: Sie wollen Feilschen. Nun, darin ist er ja Weltmeister, wie ihm Henry Horton schon mehrmals bescheinigt hat. Beasly dolmetscht mit seinen telepathischen Fähigkeiten, und weiteres Wesen dolmetscht für die Fremden.
Inzwischen ist die ganze Sache jedoch in aller Welt publik geworden. Der Uno-Sondergesandte Lawrence fragt, was er tun könne, denn schließlich warten draußen vor dem Haus Unmengen von Leuten darauf, Zutritt zu der fremden Welt zu erlangen. Ein Militäroberst hat Hiram sogar damit gedroht, ihn zu enteignen, bis damit aber auf Granit. Der UNO-Mann ist diplomatischer. Hiram sagt ihm, was zu tun ist. Endlich ist die Erde in den Weltenverbund aufgenommen. Und vielleicht ist sie sogar bereit für weitere Kontaktaufnahmen.
FÜNFTER ABSCHNITT: 1959
9) Daniel Keyes: „Blumen für Algernon“ („Flowers for Algernon“)
Durch eine Kombination aus Hormonbehandlung und Neurochirurgie gewinnt der geistig behinderte Charly Gordon eine Intelligenz, die ihn weit über die geistigen Fähigkeiten seiner Mitmenschen hinaus katapultiert. Auf sein bisheriges Leben zurückblickend, erkennt er die Demütigungen, die er von anderen, insbesondere seiner Mutter erfahren musste. Seine ehemaligen Freunde entpuppen sich als Lügner und Betrüger, die ihre Späße auf seine Kosten trieben.
Obwohl er die an dem Experiment beteiligten Wissenschaftler geistig überflügelt, weigern sich Letztere ihn als Mensch wahrzunehmen. Für sie bleibt Charly nach wie vor ein Versuchsobjekt, wie sein Pendant, die Testmaus Algernon. Bedroht durch Schizophrenie durch das nach wie vor in ihm schlummernde Alter Ego, erkennt Charly, dass seine Uhr ablaufen wird. Algernon zeigt zunehmend Verhaltensanomalien und Intelligenzstörungen. Charly versucht das Unausweichliche aufzuhalten, den jähen Absturz seines geistigen Höhenfluges und wird zum Forscher in eigener Sache.
Mein Eindruck
Keyes greift hier das Thema von Stevensons Jekyll und Hyde in einer ganz faszinierenden, umgekehrten Art neu auf. Mit der Figur des Charly Gordon gelingt ihm ein packendes, eindringliches Bild, eines geistig behinderten Menschen und seiner Hilflosigkeit, seiner Abhängigkeit vom Wohlwollen seiner Mitmenschen, seinem Aufbruch in die Riege der Intelligenten, seinen Ausbruch in die geistige Elite und die sich daraus entwickelnden Konflikte.
Die Entwicklung vom Volltrottel zum Genie wirkt glaubhaft und wird auch sprachlich durch die gewählte Tagebuchform realistisch nachvollzogen. So strotzen z. B. die von Charly anfangs verfaßten „Forschritsberiche“ von Fehlern und entwickeln sich zu komplexen Gedankengängen, die man teilweise zweimal lesen muß, um sie zu verstehen. „Flowers for Algernon“, so der Originaltitel, gehört sicherlich zu den zehn besten Sciencefiction Büchern überhaupt.
Die Botschaft des Autors ist überdeutlich: Der Mensch zeichnet sich nicht allein durch Intelligenz aus. Und Philip K. Dick würde ihm beipflichten und ergänzen: Was uns von den Denkmaschinen unterscheidet, ist das menschliche Mitgefühl („kindness“).
10) Theodore Sturgeon: „Verlorene See“ („The Man Who Lost the Sea“)
Ein alter Mann scheint am Meer zu liegen, halb begraben im Sand. Ein Junge mit einem Hubschrauber, später mit einer Ratte, scheint zu ihm hinzulaufen, damit er mit ihm spielt. Doch der alte Mann winkt ab. Er erinnert sich an das schwarze Ungeheuer, dem er in der Tiefe der See begegnet ist, der Amöbe, die ihn verschlingen wollte. Über ihm schwirren die Satelliten über das Firmament …
Doch in Wahrheit liegt der alte Mann halb begraben im Sand des Mars und über ihm rast der Mond Phobos über den schwarzen Himmel des Roten Planeten. Die vier Stufen der Rakete haben den Raumfahrer hierher getragen: Alpha, der Antrieb, Beta, das Gehirn, Gamma, das Gehäuse für die Landung, und Delta, der Weg nach Hause. Alpha und Beta wurden längst abgeworfen, und Gamma und Delta sind an einem Felsen zerschellt.
Der alte Raumfahrer wartet auf seinen Tod und erinnert sich an den Jungen mit dem Hubschrauber und das Meer …
Mein Eindruck
Die Erzählung erinnert mich in ihrer Traurigkeit und der Verschiebung der Wahrnehmung erst an J. G. Ballards Story „Der ertrunkene Riese“, dann an William Goldings Roman „Pincher Martin“ / „Der Felsen des zweiten Todes“. Beides sind Geschichten, in denen der Innenraum dominanter ist als der Außenraum. Da Ballard der New Wave zuzurechnen ist, die erst ab 1962 für Furore sorgte, ist es bemerkenswert, dass ein Könner wie Sturgeon diesen Stil der New Wave, nämlich der Beschreibung des Inner Space, schon 1959 vorwegnahm.
Der sterbende Raumfahrer ist ironischerweise stolz darauf, den Mars erreicht zu haben. Das ist sein letzter Gedanke, sein letzter Satz. Als wäre dies ein Kommentar auf die vergeblichen Anstrengungen des Menschen, andere Welten erreichen zu wollen. Auch dort wird er nur sich selbst begegnen, dem alten Adam (und der alten Eva, versteht sich). Und sein Scheitern ist so sicher wie der Lauf der Gestirne. Also: Finger weg von Raumfahrzeugen! Natürlich hat niemand auf Sturgeon gehört, und schon zehn Jahre später hüpften die Amis durch den Mondstaub.
ANHANG
A) Die besten Science-Fiction-Romane der fünfziger Jahre
Hier sind für jedes Jahr etwa drei bis vier Romane aufgelistet. In der Tat finden sich hier die wichtigsten Klassiker der amerikanischen und britischen SF, so etwa Titel von John Wyndham.
B) Sekundärliteratur zur Science Fiction der fünfziger Jahre
Diese Liste enthält SF-Lexika aus USA, GB und D, aber auch viele kritische Monografien, besonders viele aus Deutschland. Sogar St. Lem ist vertreten.
C) Vorbemerkung und Einleitung der Herausgeber
Die Herausgeber rechtfertigen ihre Auswahl, wie es angebracht ist, wenn eine solche Fülle von Ausgangsmaterial zur Verfügung steht. Die präsentierten Autoren sollen möglichst stellvertretend sein für die entsprechende Epoche. Das ist der Grund, warum man hier nur die bekanntesten Autoren aufgenommen sieht – und keine einzige Frau (obwohl es ja Judith Merril und andere gab).
Jedem Jahr ist eine schnörkellose Aufstellung der wichtigsten Ereignisse in der realen Welt vorangestellt. Seltsamerweise finden sich darunter auch die Ergebnisse der jeweiligen Bundesliga-Meisterschaft (1958 war es Schalke 04). Wenigstens wurde auf den DFB-Pokal verzichtet (falls es den überhaupt schon gab).
Die Übersetzungen
Die diversen Übersetzer lassen sich natürlich nicht alle über einen Kamm scheren und bewerten. Doch es dürfte nicht verwundern, dass die Texte hin und wieder Druckfehler aufweisen. Inhaltliche Fehler lassen sich viel schwerer nachweisen – nur durch direkten Vergleich mit dem jeweiligen Original.
Unterm Strich
Von allen sechs Hohenheim-Anthologien (s. o.) veröffentlichte Lübbe leider nur die beiden aus den fünfziger Jahren im Taschenbuch. Dementsprechend sind sie die einzigen, die preisgünstig zu bekommen sind. Man sollte es angesichts des scheußlichen Pulp-Covers nicht vermuten, aber der Inhalt ist wirklich hochkarätig. Klassiker wie „Das Spiel von Ratte und Drachen“ und „Blumen für Algernon“ (2006 bei Klett-Cotta) werden immer wieder neu aufgelegt (z. B. im Dezember 2010 bei Heyne in einem Cordwainer-Smith-Sammelband).
Diese Auswahl ist also einerseits klassisch, andererseits bietet sie aber dem Kenner noch Geschichten von bekannten Autoren, die er noch nicht kennen könnte. Diese Storys, wie etwa „Opa“ von Schmitz, sind dennoch reizvoll und zeitlos gültig. Dieser Erzählung merkt man aber deutlich an, dass Magazin-SF immer noch vor allem für ein jugendliches Publikum um 15 Jahre geschrieben – und das hieß damals stets: Mädchen kamen als Leser nicht in Betracht, als Figuren tauchten sie aber häufig auf.
Für den Sammler gibt es also ebenso einen Anreiz, zu dieser Antho zu greifen, wie für den Einsteiger, der ein paar Klassiker kennenlernen möchte. Dass manche wichtige Autoren wie Vance, Dick oder Bester fehlen, darf nicht verwundern: Sie sind im ersten Band über die 50er Jahre zu finden.
Taschenbuch: 343 Seiten
ISBN-13: 978-3404240746
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[„Lexikon der Fantasy-Literatur“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1039