Martina André – Das Rätsel der Templer

Die Tempelritter hatten in der Zeit ihrer Epoche (1118 – 1312) erheblichen Einfluss auf die Königreiche in Europa. Der Orden der Templer vereinte das Rittertum mit der Gemeinschaft der Mönche. Die ursprüngliche Aufgabe des Ordens war es, die Handelswege in das gelobte Land für die Pilger und Händler zu sichern. Der Einfluss der Templer stieg, sie verliehen gegen Zinsen ihr Geld, nicht wenig profitierten davon auch die Adeligen, und selbst Königshäuser gehörten zu den Kunden dieser „Priesterschaft“.

Um ihre Finanzen zu organisieren und das Geld an jeder Stelle zentral zu verwalten, erschufen die Templer das so genannte Kreditwesen, das wir zum großen Teil auch noch in unserer Zeit, Jahrhunderte später wiederfinden. Selbst die Buchführung war in dieser Zeit mehr als fortschrittlich.

Von wem hatten die „Krieger Gottes“ dieses Wissen? Es gibt unzählige Legenden, z. B. dass die Templer vor den Wikingern Amerika entdeckt hätten. Und wie konnte der letzte Großmeister auf dem Scheiterhaufen den Tod des Königs und des Papstes vorhersagen?

Es ranken sich eine Vielzahl von Legenden und Geschichten um die Templer, nicht erst seit Dan Browns [„Sakrileg“.]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?idbook=1897 Aber was fanden die Templer wirklich im heiligen Land, im Tempel von Jerusalem? Den heiligen Gral? Wo ist der Schatz der Templer geblieben, dieser sagenumwobene Reichtum, den König Philipp IV. so sehr begehrte und dessentwegen am Freitag, den 13. Oktober des Jahres 1307 die Templer quasi ausgerottet wurden?

Die Templer waren inzwischen zu einer festen und nicht zu unterschätzenden politischen Größe geworden, auch ihre militärische Erfahrung und ihre Kampfstärke waren dem französischen König Philipp IV. und dem Papst ein Dorn im Auge. Beide planten einen weiteren Kreuzzug, aber Philipp fehlten die finanziellen Mittel, und zudem war er selbst bei den Templern hoch verschuldet. Mit Erpressung zog er den amtierenden Papst Clemens auf seine Seite. Ein durchorganisiertes Polizeiunternehmen, das erste in der europäischen Geschichte, wurde ins Rollen gebracht. Am Freitag, den 13. Oktober des Jahres 1307 wurden die Templer überraschend festgenommen, Gelder und Grundstücke, Waren und Waffen beschlagnahmt. Die Verhaftungen und Konfiszierungen waren der Anfang vom Ende dieses Ordens. Fast alle Templer wurden verurteilt, gefoltert und kurzerhand auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Anklagepunkte waren unter anderem Sodomie (in diesem Fall Homosexualität), Häresie und Götzendienst.

Im Roman von Martina André geht es um das tragische Schicksal der Tempelritter in dieser dunklen Epoche. Mit der Verhaftungswelle im dunklen Oktober beginnt „Das Rätsel der Templer“.

Die Geschichte

In der Templerniederlassung Bar-sur-Aube bekommt der Ordensritter Gero von Breydenbach mit einer kleinen Gruppe von Rittern einen geheimnisvollen Auftrag. Dieser soll den Fortbestand des Ordens sichern. Henri d’Our bewegt sich mit seinen Prophezeiungen und Vermutungen auf dünnem Terrain gegenüber Gero, gibt diesem aber detaillierte Anweisungen und Ratschläge. Henri informiert Gero über die nahende, bedrohliche Gefahr und bekräftigt immer wieder die Brisanz und Wichtigkeit der Mission. Das „Haupt der Weisen“ gelte es nach Deutschland zu bringen, das vor den Übergriffen des französischen Königs und seiner Gerichtsbarkeit recht sicher sein soll …

Gero sucht sich für seine Mission nur die treuesten Freunde aus, einschließlich seines noch sehr jungen Knappen Matthäus. Nur seinem besten Freund Struan MacDhughail vertraut sich Gero an, doch auch dieser hat seine eigenen Probleme mit dem Orden und seiner Verpflichtung diesem gegenüber. Sein Templerherz hat er trotz seines Gelübdes an eine Kaufmannstocher verloren. Diese Liebe ist für ihn alles geworden, und die Situation ist noch komplizierter, da Amelie ein Kind unter dem Herzen trägt.

Gero, verwirrt aber zuversichtlich, versammelt seine Freunde, doch die Söldner und Soldaten von König Philipp sind schneller. Sie überfallen die Komturei von Bar-sur-Aube und richten ein Blutbad an. Nur mit Mühe und Glück können Gero, Struan, Johan van Elk und der Junge fliehen. Amelie, Struans Geliebte, und der unbeliebte, intrigante Bruder Guy de Gislangham schließen sich den Rittern an.

Auf der Flucht in die deutschen Landen wird die Gemeinschaft verfolgt. Geros Ziel ist die heimatliche Burg Breydenbach in der Eifel. Hier erhofft er Zuflucht zu erhalten, da sein Vater dem Orden zugetan ist und selbst schon für diesen kämpfte.

Guy de Gislangham erweist sich jedoch als falsche Schlange und verrät die Ritter an die Häscher des Königs. Es entbrennt ein Kampf, aber auch hierbei kann Gero sich retten. Doch erneut werden die Ordensbrüder in einen Kampf mit Räubern und Wegelagerern verwickelt. In der Nähe des Klosters Hemmerode verschwinden Gero und sein Knappe Matthäus spurlos und landen in einem amerikanischen Forschungsinstitut 700 Jahren in der Zukunft, das sich mit Quantenphysik und Raum-Zeit-Forschung befasst …

Tom und Paul, die zwei führenden Köpfe des Forschungsprojektes, geraten in Panik und verstecken die beiden Zeitreisenden bei Toms Ex-Verlobter Hannah …

Kritik

Martina André (geb. 1961 in Bonn) erzählt in ihrem Roman „Das Rätsel der Templer“ von einer phantastischen Theorie. Ihre Story ist eine Mischung aus Science-Fiction, gepaart mit einem großen Anteil aus dem historischen Genre, die zu beiden Teilen unterhaltsam und spannend ist.

Wie schon angerissen, spielt die Geschichte in zwei Zeitebenen, die sich aber nicht ständig vermischen, sondern nach und nach erzählt werden. Der erste Teil des Romans behandelt die Zerstörung der Komtureien, die Zerschlagung des Ordens in Frankreich und die Flucht vor den Soldaten des französischen Königs nach Deutschland. Abrupt geht später die Handlung in unsere heutige Zeit über.

Für die Leser wird die Lektüre dadurch aber keineswegs verwirrend. Martina André beschreibt die Zeitmaschine bzw. deren Technik sehr ausführlich. Leser werden hier Parallelen zu Michel Chrichtons „Timeline“ erkennen, doch verfängt die Autorin sich hier nicht in langweiligen Theorien.
Martina André gelingt es bravourös, die verschiedenen Genres miteinander zu verbinden. Augenzwinkernd, aber keineswegs unrealistisch behandelt sie die Konfrontation der Protagonisten aus dem 14. Jahrhundert mit dem Jahre 2004. Dieser Part wirkt durchaus nicht kitschig; einzig und allein merkwürdig und mit zu vielen Zufällen untermauert empfand ich es, dass die beiden Zeitreisenden bei einer ehemaligen Studentin der mittelhochdeutschen Sprache eine Zeit lang unterkommen und wenig später ausgerechnet einem Sachverständigen und resoluten Mittelalterexperten begegnen.

Die Sprache der Autorin besticht durch ihren Sinn fürs Detail. Ihre Figuren sind liebevoll und lebendig dargestellt, ohne deren menschliche Ecken und Kanten außen vor zu lassen. In beiden Zeitebenen ist der Roman ebenfalls sprachlich gut aufgebaut. Der Spannungsbogen verläuft steigend und erreicht, wie es sein muss, seinen Höhepunkt am Ende der Geschichte.

Die historischen Fakten sind recht umfangreich und ausführlich recherchiert worden. Die kleinen Nebengeschichten rund um die Gerüchte und Legenden der Templer treten immer wieder hervor, sind dabei gut strukturiert und an passender Stelle eingebunden.

Die Erklärungen der Errungenschaften der Templer sind überzeugend dargestellt. Der Templerorden hat viele Erfindungen nach Europa gebracht, zum Beispiel das arabische Zahlensystem (das im Gegensatz zum hierzulande seinerzeit noch benutzten römischen System eine Null kennt), das Bankwesen mit Erfindung des Scheck- und Wechselbriefsystems, die Kontoführung und Überweisungen für Kaufleute, nicht zu vergessen die Struktur und den Aufbau der Handelswege und ihr einzigartiges Wissen im Bereich der Medizin. Aber woher stammt dieses Wissen genau?

Das Schicksal der Templer liegt zum Teil sicherlich in ihrer Naivität und Selbstsicherheit begründet. Der Orden konnte sich über die Staatsgrenzen hinweg bewegen, war nur dem Papst verpflichtet, dazu unermesslich reich und Geldgeber für viele Königshäuser; so bauten sie sich eine Machtposition auf, die jeden weltlichen Herrscher neidvoll erblassen ließ. Der Aufstieg des Ordens war brillant organisiert, die Vernichtung beispiellos grausam.

Wie in vielen Geschichten, die mit dem Faktor Zeit spielen, fragt sich der Leser auch hier „Was wäre wenn?“ Was wäre, wenn der Ablauf der Geschichte verändert wird? Kann man diese überhaupt ändern, oder ist das Schicksal schon vorherbestimmt, ohne dass man Einfluss darauf nehmen kann? Am Ende bleibt diese Frage zwar auch hier ungeklärt, doch eine zufriedenstellende Lösung ließe sich wohl auch nicht finden?

Um nochmal zur Handlung zu kommen: Martina André überzeugt mit einer Mixtur aus History und Mystery samt einer Prise Science-Fiction. Der Spaß am Lesen ist bei diesem Roman garantiert; auch die packenden Kampfsequenzen sowie die romantischen Liebesszenen werden beide Geschlechter gleichsam fabelhaft unterhalten können.

Fazit

Martina André versteht ihr Talent einzusetzen. Mit ihrem Roman „Das Rätsel der Templer“ erhält sie Bestnoten im Bereich von historischem und Mystery-Genre, nur der Anteil der Science-Fiction fällt ein wenig schwächer aus. Der Roman konnte mich sehr gut unterhalten; sicherlich ist das Thema Zeitreise schön zahllos oft interpretiert und erzählt worden, doch Martina André gelingt es, überraschende neue Aspekte in dieses Genre einzubringen.

Zu guter Letzt hat mich auch die Aufmachung des vorliegenden Buches überzeugt. Obwohl eine Taschenbuchbroschur, ist die Deckseite mit dem „Croix pattée“ künstlerisch ansprechend gestaltet worden. Am Ende des Buches gibt es für den geschichtsinteressierten Leser umfangreiches Kartenmaterial und die Autorin erklärt sich zum Thema „Historisches und Erfundenes“. Eine Danksagung und ein Vorwort eröffnen und schließen den Roman angemessen.

Gebunden: 759 Seiten
www.martina-andre.info
www.ruetten-und-loening.de