Andreas Brandhorst – Das Arkonadia-Rätsel

Ein Bund von mächtigen Völkern, Omni genannt, wacht in der Milchstraße über die Entwicklung von Leben und Zivilisationen. Jasper und seine Tochter Jasmin gehören zu den wenigen Auserwählten, die in den Diensten Omnis stehen. Ihr Auftrag führt sie zu dem fernen Planeten Arkonadia. Seit Jahrtausenden stranden dort immer wieder Raumschiffe unter dem Einfluss einer unerklärlichen Raumzeit-Anomalie. Zudem bewirkt das geheimnisvolle Nerox, das alle 453 Jahre auftritt, technologischen Stillstand und stürzt den ganzen Planeten ins Chaos. Niemand kennt den Ursprung des Phänomens. Jasper und Jasmin sollen das Rätsel von Arkonadia lösen und stoßen dabei auf ein Geheimnis, das eine Milliarde Jahre alt ist und auch Omni betrifft …
(Verlagsinfo)

Dies ist der zweite Roman aus dem neuesten Universum Andreas Brandhorsts, und neben seiner Eigenständigkeit ist eines besonders hervorzuheben: Er ist ein Höhepunkt des deutschen SF-Jahres!

Die beiden Protagonisten Jasmin und Jasper begeben sich auf ihre erste große Reise im Auftrag Omnis. Omni ist der Zusammenschluss der höchstentwickelten Völker der Milchstraße – und möglicherweise darüber hinaus, so genau weiß man das nicht. Omni verfügt über technische Möglichkeiten, die für uns beinahe wie Magie anmuten mögen – und ist deshalb umso beunruhigter über ein Phänomen am Rand der Milchstraße, das alle paar hundert Jahre auftritt und jegliche höhere Technik hemmt und unbrauchbar macht – auch jene Omnis. Dieses Phänomen zu erforschen werden Jasmin und Jasper vordergründig ausgeschickt. Doch schnell wird klar: Omni weiß mehr, als es ihnen verrät, und es steht weit mehr auf dem Spiel als eine temporäre Beschränkung ihrer Macht.

Wer über die letzten Veröffentlichungen Brandhorsts schaut, sieht an letzter Stelle einen Roman mit dem Titel »Omni«. Dort waren die gleichen Protagonisten aktiv, doch noch nicht in Diensten Omnis, und damit kann die sich aufwerfende Frage nach der eigenständigen Lesbarkeit des vorliegenden Buches eindeutig mit »Ja« beantwortet werden. Freilich führt die Kenntnis des letzten Romans zu einem schnelleren Verständnis, und freilich ist jedem Leser dieses Buches die Lektüre aller »Brandhörster« dringend ans Herz zu legen, denn sie sind stets etwas Besonderes. Nichtsdestotrotz bedarf es für dieses Buch keinerlei Vorkenntnisse.

Andreas Brandhorst lebt nach vielen Jahren im italienischen Italien seit einiger Zeit wieder in Norddeutschland. Seine Romane, die als seltenes Beispiel erfolgreicher deutscher Science Fiction anzusehen sind, erscheinen seit 2015 im Piper-Verlag, und glücklicherweise ist bis heute kein Ende der Produktivität des Schriftstellers abzusehen. Schon im Herbst diesen Jahres wird mit »Das Erwachen« ein Wissenschaftsthriller erscheinen, doch dem »Omniversum« will Andreas Brandhorst ebenfalls noch die eine oder andere Geschichte entlocken.

Und das ist erfreulich.

Der vorliegende Roman ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger ein beinahe reines Planetenabenteuer. Brandhorst beleuchtet aus drei Perspektiven die Geschehnisse, verfolgt die unterschiedlichen Wege, bis sie schließlich in einem gemeinsamen Finale kumulieren. Dadurch lernt der Leser die Eigenarten der Welt kennen und rätselt mit dem Werkzeugmacher an ihren Geheimnissen, zweifelt mit Jasmin an Omnis Ethos und findet sich mit Jasper auf der Jagd nach den Entführern seiner Tochter. Brandhorst entwickelt eine Konfrontation zwischen dem Ansinnen Normalsterblicher und den heeren Zielen Omnis, wirft moralische Fragen auf und entfaltet so ein Spiel, dessen Ausgang lange ungewiss bleibt, da es auf den Entscheidungen von Lebewesen beruht. Auch merkt man als Leser bald, dass sowohl die Protagonisten als auch man selbst den Durchblick von Wahrheit, Realität und Lüge verliert und viele Entscheidungen am Durchschauen dieser Manipulationen hängen.

Wem ist in diesem Spiel, das eine Jahrmillionen währende Möglichkeit, die auch zu einer existenziellen Gefahr werden kann, greifbar machen soll, eigentlich noch zu trauen? Manipuliert Omni nicht genauso wie Balthasar, der Entführer Jaspers Tochter?

Brandhorst beweist erneut, wie bildgewaltig seine Vorstellungskraft ist. Nicht zum ersten Mal in seinem Schaffenswerk finden sich Protagonisten zeitweise auch in Realitäten oder Simulationen fernab unseres Bezugssystems, der für uns greifbaren Realität, wieder, in Sphären, die ein menschlicher Geist vermutlich nicht erfassen kann – und doch gelingt es ihm, mit Analogien und Bildern ein Gefühl für die Substanzen des Andersartigen zu erzeugen und so den spannenden Fluss seiner Geschichte aufrecht zu erhalten, ohne sich in pseudowissenschaftlichen Erklärungsversuchen zu ergehen. Man erlebt künstliche Intelligenz, man erlebt digitale Abwehrsysteme, und man erlebt den Zweifel und die Hoffnung seiner Protagonisten.

Die Auflösung der komplexen Geschichte erweist sich erneut als unerwartete Wendung, als menschliche Entscheidung voll positiver Energie, die aus diesem Buch, das auch düster und zersetzend hätte wirken können, einen optimistischen Blick in die Zukunft, eine Utopie macht.

Broschiert, 544 Seiten
Originalausgabe

ISBN: 9783492704267
Das Buch beim Verlag
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