Andreas Eschbach – Die schlafenden Hüter (Das Marsprojekt 05)

Explosiver Showdown: krönender Abschluss

Arianna, Ronny, Carl und Elinn – alle zwischen 13 und 15 Jahren alt – sind als erste Kinder auf dem Mars geboren worden und aufgewachsen. Doch im Jahr 2086 sollen sie gemeinsam mit anderen Marssiedlern zur Erde zurückkehren, weil machthungrige Politiker behaupten, das Marsprojekt sei gescheitert. Die Vorbereitung zur Stilllegung der Forschungsstation laufen bereits auf Hochtouren – aber die vier Jugendlichen sind fest entschlossen, auf dem Roten Planeten zu bleiben. Besonders Elinn, die aus medizinischen Gründen auf der Erde nicht überleben könnte. Sie büchsen aus und kommen einem verborgenen Geheimnis des Planeten auf die Spur.

Band 5: Viel ist geschehen seit der Entdeckung der blauen Türme und der schlafenden Außerirdischen. Doch was als hoffnungsfrohe Rettung des Marsprojektes begann, droht nun der ganzen Welt zum Verhängnis zu werden. Denn die Zeichen mehren sich: Auch auf der Erde haben die Aliens, die Carl in den gläsernen Höhlen entdeckte, ihre Spuren hinterlassen. Noch schlafen die Fremden, aber was ist, wenn sie erwachen? Sind sie Freund oder Feind? Mutig stellen sich die Marskinder dieser Frage und machen dabei eine große Entdeckung…

Der Autor

Andreas Eschbach, Jahrgang 1959, studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, bevor er als Software-Entwickler und Berater arbeitete. Schon als Junge schrieb er seine eigenen Perry-Rhodan-Stories, bevor er mit „Die Haarteppichknüpfer“ 1984 seine erste Zeitschriftenveröffentlichung landen konnte.

Danach dauerte es noch elf Jahre bis zur Romanfassung von „Die Haarteppichknüpfer“, danach folgten der Actionthriller „Solarstation“ und der Megaseller „Das Jesus Video“, der mit dem renommierten Kurd-Laßwitz-Preis für den besten deutschsprachigen Science Fiction-Roman des Jahres 1998 ausgezeichnet und fürs Fernsehen verfilmt wurde.

Seitdem sind die Romane „Eine Billion Dollar“, „Perfect Copy“, „Exponentialdrift“, „Die seltene Gabe“, „Das Marsprojekt 1-5“ sowie „Der Letzte seiner Art“ erschienen, einige davon zudem als Hörbuch. Auch das Sachbuch „Das Buch der Zukunft“ gehört zu seinen Publikationen. Eschbach hat mehrere Anthologien herausgegeben und eine Reihe von literarischen Auszeichnungen erhalten. Heute lebt mit seiner Familie als freier Schriftsteller in der Bretagne.

Das Marsprojekt:

01: Das ferne Leuchten
02: Die blauen Türme
03: Die gläsernen Höhlen
04: Die steinernen Schatten
05: Die schlafenden Hüter

Vorgeschichte

Band 2: Seit ihrer Entdeckung der blauen Türme ist der Mars in aller Munde. Wer hat die Türme erbaut und wozu? Wissenschaftler und Journalisten reisen an, um dem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Die Marssiedlung wächst rasant, doch mit den Raumschiffen von der Erde kommen nicht nur Freunde des Marsprojekts. Ein Saboteur treibt sein Unwesen, um die Forschungsarbeiten zum Stillstand zu bringen und den Abbruch des Projekts herbeizuführen. Doch die vier Freunde kommen ihm auf die Schliche – und erhalten Hilfe von unerwarteter Seite…

Band 3: Eine Expedition wird losgeschickt, und Carl ist mit an Bord. Seine Freunde versuchen unterdessen, den Inschriften auf den mysteriösen Steinen ihr Geheimnis zu entlocken. Die Expedition entdeckt neue rätselhafte Bauwerke! In der Riesenschlucht der Valles Marineris stoßen sie auf Höhlen, deren Eingänge mit dickem Glas verschlossen sind. Plötzlich verschwindet Carl so spurlos wie Jahre zuvor sein Vater…

Band 4: Während die Forscher noch über den Zweck der blauen Türme grübeln, machen sich die Marskinder daran, ihr Geheimnis zu lüften. Was niemand weiß: Die Kinder halten den Schlüssel zu einer anderen Welt in der Hand. Ein kleiner Schritt, die Passage öffnet sich, und Elinn, Carl und Urs finden sich auf dem geheimnisvollen Planeten wieder. Doch dann wird ihnen jäh der Rückweg abgeschnitten. Auf sich allein gestellt, schlagen sie sich auf dem unbekannten Planeten durch, als die Geschichte eine unerwartete Wendung nimmt…

Handlung

Viel hat sich in Band 4 ereignet, sowohl auf der Erde wie auch auf dem Mars und anderswo. Die drei Marskinder, die durch das Portal des blauen Turm gegangen sind, gelangten auf einen fremden Planeten, schon richtig, aber dieser für Carl und Elinn fremde und feindliche Planet stellte sich als die Erde heraus. Zum Glück fand sich wenigstens Urs Pigrato, der Sohn des Mars-Statthalters, hier zurecht, hatte er seine Mutter doch erst vor wenigen Monaten verlassen.

In einem kenianischen Museum, wo man sie unterbrachte, stießen sie auf ein Zeichen der insektenähnlichen Aliens: Aber sind dies nun die Hüter der Erde oder deren Angreifer? Nach einem Intermezzo bei der Erdregierung, genauer: am Sitz der Regierung der Föderation der Staaten der Welt, brachte der Millardär und Erfinder Yules Whitehead an Bord seines neuen Raumschiffs Sagitarrius Alpha. Hier ist Elinn endlich vor dem qualvollen Tod durch die Schwerkraft der Erde sicher. Und der Flug zum Mars dauert nur wenige Wochen. Allerdings verlangt Whitehead, dass alle so tun, als wären sie noch an Bord seiner Raumstation MIR-3, um den Mars nicht vorzuwarnen. Dieser Flug ist nämlich ungesetzlich…

Unterdessen auf dem Mars. Der Geograf und Bildauswerter Henry Lang entdeckt in dem Mausoleum der Aliens, das Carl fotografiert hat, einen menschlichen Fuß in einem der Sarkophage, in denen die Aliens schlafen. Gehört dem Fuß nun Elinns und Carls Vater oder einem seiner Kollegen, die vor sechs Jahren allesamt in der Cydonia-Region verschwanden? Christine Faggan dreht vor Seelenqual und Ungewissheit schier durch und beschließt nachzusehen. Der abgesetzte Mars-Statthalter Tom Pigrato, der nichts Besseres zu tun hat, hilft ihr, eine Expedition mit dem Shuttle zusammenzustellen. Sie nehmen auch Ronny, das Flieger-Ass, mit. Im Mausoleum machen sie eine überraschende Entdeckung.

Der neue Statthalter ist Yin Chi, der Leiter der zerstörten Asiatischen Marsstation. Er wird von seinem Vorgesetzten Hjalmar Bjornstadt, dem Chef der Raumfahrtbehörde, durch dessen Frau Irene Dumelle gewarnt, dass etwas Bedrohliches vor sich gehe. Vertreter der Heimwärtsbewegung hätten seine Codekarte illegal kopiert und würden ihn persönlich bedrohen, sollte er sich einmischen.

Ein Journalist namens Visilakis habe zudem entdeckt, dass drei Wachschiffe der Erde spurlos verschwunden seien. Dass sie zum Mars fliegen, hält Bjornstadt zwar für unwahrscheinlich, allerdings nicht für unmöglich. Yin Chi glaubt, dass sich wieder mal ein Agent der Heimwärtsbewegung, die alle Kolonien auflösen und das Raumfahrtprogramm einstellen will, in seiner Siedlung aufhält. Doch auf das, was dann passiert, ist er nicht vorbereitet.

Zwei Raumschiffe der Erde befinden sich in der Kreisbahn über dem Roten Planeten. Sie erhalten von der Erde den Auftrag, drei größere Sonden der Erde abzufangen, die sich auf Kurs Mars befänden. Als sie jedoch die erste „Sonde“ öffnen, schlägt der Entermannschaft nicht nur ein unbeschreiblicher Mief entgegen, sondern sie starrt auch in die Mündungen von altertümlichen Schusswaffen, die verheerenden Schäden an einer Raumschiffhülle anrichten können.

In kürzester Zeit haben deshalb die Piraten die zwei Raumschiffbesatzungen, die selbst unbewaffnet sind, überwältigt. Sie verlangen totale Kontrolle, zerstören die Funkeinrichtungen und fliegen mit dem zweiten verbliebenen Shuttle hinunter zur Marssiedlung und zu den blauen Türmen, um diese zu übernehmen. Doch dort unterläuft den Terroristen ein folgenschwerer Fehler. Und sie haben nicht mit dem Eingreifen von Yules Whitehead gerechnet…

Mein Eindruck

In nur zwei bis drei Tagen habe ich diesen hochdramatischen Abschlussband des fünfteiligen Mars-kinder-Zyklus gelesen. Natürlich muss der Leser für die stark verdichtete Handlung die Vorgängerbände kennen, sonst kann er mit den Namen (es gibt kein Personenverzeichnis) und mit den damit verbundenen Figuren wenig anfangen. Nur wenn man schon eine emotionale Verbindung zu den Marskindern entwickelt hat, kann man einigermaßen eine Beziehung zu den doch recht gewalttätigen und dramatischen Vorgängen aufbauen. Am besten liest man diesen Band gleich im Anschluss an Band 4.

Steigerung

Schrittweise hat der Autor die Bedrohungen, die gegen die Bewohner des Mars gerichtet sind, gesteigert. In Band 1 stand die Evakuierung bevor. Im zweiten Band wurde die Asiatische Station zerstört, im dritten ging um ein Haar Carl in den Höhlen der Aliens verloren, im vierten Band verlor die Siedlung drei ihrer Kinder an einen fremden Planeten: die Erde. Dort wurden sie erneut entführt. Nun sollte man meinen, dass die gegnerische Heimwärtsbewegung jede Menge Anhänger und Motivation verloren habe. Doch das Gegenteil ist der Fall: In Band 5 führt sie den ultimativen Angriff auf die Marssiedlung, die blauen Türme und die Aliens durch. Bedeutet dies das Ende des Sonnensystems?

Junge Rebellen

Die Handlung ist auf so viele Schuplätze verteilt, dass sie sich nicht auf die Marskinder alleine konzentrieren kann. Aber die Marskinder befinden sich an drei Brennpunkten des Geschehens, und wir können uns in ihre emotionale Lage hineinversetzen, ohne dabei auf eine Beteiligung an entscheidenden Ereignissen verzichten zu müssen. Wir bangen mit den Kindern mit und freuen uns, wenn sie den Verboten der Erwachsenen nicht gehorchen. Haben sie nicht auch die blauen Türme auf diese Weise entdeckt, diese jungen Rebellen?!

Ironisches Finale

Das Finale findet, wie schon mehrfach eingeleitet, auf dem Löwenkopf statt, jenem Plateau, auf dem zwei große und ein kleiner blauer Turm der Aliens steht. Die Menschen wissen, dass der eine der beiden großen Türme schon bald seine Drehung beenden wird. Wird sich dann erneut ein Sternentor bilden, das zu einer anderen Welt führt? Die Terroristen sind entschlossen zu verhindern, dass dieser Fall eintritt – nicht dass noch mehr „Alienmonster“ die Wiege der Menschheit bedrohen!

Es muss erst der schlimmste Fall, quasi der Weltuntergang, eintreten, bevor es besser werden und das Wunder eintreten kann. Das war schon in Tolkiens „Herr der Ringe“ so. Tolkiens nannte das „die Eukatastrophe“. Eschbach folgt dem gleichen Prinzip. Ironischerweise führt das größte Verbrechen des Anführers der Terroristen genau dieses Wunder herbei. Schlag nach bei Goethe: über jenes Prinzip im „Faust“, das „stets das Böse will und doch das Gute schafft“ (oder so ähnlich.

Lücke

Im Handlungsverlauf bin ich in der Mitte allerdings auf eine unerklärliche Lücke gestoßen. Möglicherweise wurde hier gekürzt. Kaum sind nämlich die Terroristen in der Marssiedlung angekommen, werden schon die Geiseln und die Entkommenen verteilt, allerdings „offscreen“. Dies wird nicht geschildert, sondern lediglich berichtet. Der Autor kann seine Figuren dann locker behaupten lassen, diese und jene Figur sei den Terroristen entflohen. Hier macht er es sich ein wenig zu einfach.

Allerdings ist das Hickhack um Geiseln im Durcheinander eines Terroristenangriffs nicht so wahnsinnig faszinierend: Da werden halt Leute hin und her bewegt, na und? An dieser Stelle käme der Leser wohl ein wenig ins Gähnen. Besser ist es dann schon, wenn wir wissen, dass wichtige Figuren wieder die Initiative ergreifen, um Entdeckungen zu machen oder um die Terroristen zu bekämpfen – oder beides zugleich.

Elinn

Auch bei der Kommunikation mit den Aliens – jenen, die aus ihren Sarkophagen wiedererweckt wurden – konnte es sich der Autor einfach machen und einfach die von Anfang an für die Aliens empfängliche Elinn Faggan als telepathische Dolmetscherin einsetzen. Elinn hat zuvor eine schwere Glaubenskrise zu überwinden: Stammten die Botschaften auf den Artefakten doch von ihrem Vater, wohingegen sie fest davon überzeugt war, die Artefakte stammten von den Marsianern. Am Schluss ist aber für Elinn alles wieder in Butter. Und endlich hat sie ihre Rolle gefunden: als Brücke zwischen der Menschheit und den Fremdwesen. Gibt es eine wichtigere, erfüllendere Aufgabe als diese?

Ariana

Die Tochter von Dr. DeJones macht die erstaunlichste Entwicklung durch. Ariana erkennt endlich, worin ihre wahre Stärke besteht: Indem sie ihren inneren Schweinehund besiegt und ihre laufend aufsteigende Panik unterdrückt, gelingt es ihr, einige Menschen zu entscheidenden Handlungen anzuleiten. Und sie führt die Erwachsenen durch den Geheimgang, den nur die Marskinder kennen, in die Marssiedlung, damit dort die entscheidenenden Vorbereitungen für die Rückeroberung vorgenommen werden. Auch ihre Lektionen in Jiu-Jitsu kann sie nutzbringend einsetzen – eine richtige Amazone. Eine würdige Gefährtin für Urs Pigrato.

Unterm Strich

Das Finale dieses Bandes – und damit des ganzen Zyklus – ist an Dramatik und Explosivität kaum zu überbieten. Ist dies „das Ende aller Dinge“, fragt sich der Leser, ähnlich wie im Actionhöhepunkt auf dem Schicksalsberg im „Herrn der Ringe“. Doch eine „Eukatastrophe“, wie Professor Tolkien dies genannt hätte, tritt ein und wendet die Dinge zum Guten. Allerdings ist jetzt nichts mehr auf Erde und Mars, wie es einmal war. Doch der Weg zu den Sternen, in die Gemeinschaft der Sternenvölker, ist nun frei.

Sicher, hier und da finden sich unplausible Elemente und unwahrscheinlich anmutende Szenen, doch diese Freiheiten darf sich die Science Fiction im Unterschied etwa zum Krimi herausnehmen. Schließlich will der Leser ja überrascht und verblüfft werden. Als kleiner Ausgleich dazu hat der Autor seinen fünf Bänden jeweils sehr realistisch aussehende Risszeichnungen und Lagekarten beigefügt, die jeweils auf den Innenseiten des Einbandes zu finden sind. Diesmal finden sich hier die Risszeichnung eines Shuttles und die Lagekarte der Alien-Station.

Für Leser, die mit Science Fiction nichts am Hut haben, sondern lieber Fantasy lesen, ist der Zyklus über die Marskinder wohl weniger geeignet. Aber die geschilderte Umgebung des inneren Sonnensystems wirkt bis zum dritten Band wesentlich realistischer als das meiste, das ich in der Fantasy gefunden habe.

Hardcover: 361 Seiten
ISBN-13: 9783401060613

www.arena-verlag.de

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