Ilona Andrews – Die Nacht der Magie (Stadt der Finsternis 1)

Ilona Andrews klingt auf den ersten Blick wie ein ganz gewöhnlicher Autorenname. Tatsächlich verbergen sich dahinter aber zwei Menschen, nämlich ein amerikanisches Ehepaar, das gemeinsam begonnen hat, eine Dark-Fantasy-Reihe mit dem Titel „Stadt der Finsternis“ zu schreiben. Wie fruchtbar eine solche Partnerarbeit sein kann, zeigt der erste Band „Die Nacht der Magie“.

_Kate Daniels_ ist eine Söldnerin, die Magie und Kampfkunst beherrscht. Sie vertreibt magische Wesen aus Atlanta und Umgebung, die von den Wellen Magie, die die Stadt immer wieder heimsuchen, in das Leben der Menschen gespült werden. Diese Arbeit ist nicht besonders einträglich, aber Kate ist ihre eigene Herrin und keinem Arbeitgeber unterworfen.

Eines Tages bekommt sie Nachricht, dass der Wahrsager Greg, ihr Ziehvater, brutal umgebracht wurde. Er arbeitete beim Orden, einem Zusammenschluss von Magieren, die ihre Kräfte zu wohltätigen Zwecken einsetzen. Eigentlich steht Kate mit dem Orden auf Kriegsfuß, doch man beauftragt sie trotzdem damit, Gregs Mörder zu finden – was sie auch von ganz alleine getan hätte.

Dabei entdeckt sie, dass Greg bei Weitem nicht der einzige Tote in letzter Zeit war. Das Volk der Nekromanten und das Rudel der Gestaltwandler ist gleichermaßen von den Gewalttaten betroffen. Kate trifft sich mit den Anführern beider Gruppen, aber tatsächlich scheint nur Curran, der mächtigste Gestaltwandler von Atlanta, ein Interesse an der Aufklärung der Fälle zu haben und unterstützt die junge Frau, wo er nur kann. Das ist der kämpferischen Einzelgängerin wiederum gar nicht so recht, rettet ihr aber womöglich das Leben, als sie zwischen die Fronten gerät …

_Ilona und Andrew Gordon_, den Menschen hinter dem Pseudonym, gelingt das, was viele andere AutorInnen des Genres der Dark Fantasy selten schaffen: Sie können mit ihrem ersten Buch auf ganzer Linie überzeugen – auch diejenigen, die das Genre mit einem Stirnrunzeln betrachten. Der Fokus ihrer Geschichte liegt nämlich nicht auf den erotischen Verstrickungen der Heldin – die in diesem Fall kaum vorhanden sind -, sondern auf der Handlung. Diese ist zwar vom Aufbau her durchaus konventionell – zwei machthungrige Gruppen werden durch eine dritte Partei gegeneinander ausgespielt – aber spannend konstruiert und mitreißend. Die beiden Autoren erlauben sich keine Längen in der Geschichte, sondern eilen zügig voran. Sie garnieren das Ganze mit mysteriösen, undurchschaubaren Charakteren, überraschenden Wendungen und einer düsteren, magiedurchtränkten Kulisse.

Eine tragende Rolle spielt Kate, die Ich-Erzählerin, die unglaublich gut gelungen ist. Wie bereits erwähnt ist sie resistent gegen romantische Verstrickungen, so dass es keine einzige kitschtriefende Seite im Buch gibt. Trotzdem wirkt sie nicht gefühlskalt oder unweiblich. Im Gegenteil ist sie ein Vollweib, das allerdings sehr gut mit dem Schwert umzugehen weiß und mit Töten kein Problem hat. Sie ist tough, frech und witzig, dabei aber gleichzeitig auch sehr gefühlvoll und authentisch. Kurzum: Sie ist eine sympathische junge Frau, der man als Leser gerne folgt.

Die anderen Charaktere sind ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Ilona Andrews benutzen Wesen, die den bekannten Spezies wie Werwölfen und Vampiren durchaus ähneln (und auch die gleichen Namen tragen), sich aber häufig durch kleine Details unterscheiden. So sind die Vampire dieses Mal nicht die erotischen Verführer, sondern grauenhafte Monster, die auf vier Beinen an Häuserwänden herum klettern und zumeist von einem Menschen navigiert werden und keinen freien Willen haben. Sie spielen allerdings nur eine geringe Rolle in der Geschichte. Herausragender sind da die Gestaltwandler, also Menschen, die sich in Tiere verwandeln können. Diese Spezies wird von den Autoren sehr gut und anschaulich dargestellt und gefällt durch neue, überraschende Ideen. Besonders Curran, der Anführer der Gestaltwandler, ist gelungen. Obwohl Kate ihn als brutal und machtbesessen ansieht, ist er irgendwie auch sympathisch und charismatisch und damit ganz anders, als man das von einem Menschen, der sich in eine riesige Raubkatze verwandeln kann, erwartet.

Der Schreibstil unterscheidet sich genau betrachtet nicht von dem ähnlicher Bücher. Er ist frech und humorvoll und Kate hat stets das letzte Wort. Allerdings ziehen die Autoren dieses Vorgehen bis zum Ende des Buches durch. Mit Hilfe der aus der ersten Person erzählenden Perspektive wird die Geschichte tatsächlich zu Kates Geschichte und nicht nur zu einem einfachen Roman. Das wiederum gelingt nicht jedem Schriftsteller.

„Die Nacht der Magie“, der erste Band der „Stadt der Finsternis“-Reihe, macht so ziemlich alles richtig, was man mit einem Dark Fantasy-Buch überhaupt richtig machen kann: Eine taffe Protagonistin, eine fesselnde Geschichte und eine düstere, originelle Welt. Diese Reihe muss fortgesetzt werden!

286 Seiten, Taschenbuch
Originaltitel: Magic Bites
Aus dem Englischen von Jochen Schwarzer
ISBN-13: 978-3802582141
www.egmont-lyx.de
www.ilonaland.com