Anonymus – Das Haus der Sappho (Anandria)

Ein Manifest der lesbischen Liebe

Ende des 18.Jahrhunderts erregte in Frankreich ein Buch Aufsehen, das heute zu den berühmtesten lesbisch-erotischen Werken zählt. Es berichtet, wie ein Landmädchen (ca. 1770) in die Hände einer berüchtigten Kupplerin gerät und von ihr als „Mademoiselle Sappho“ einem Kreis adliger Lesbierinnen ausgeliefert wird, die in einem eigens dazu eingerichteten Tempel seltsame Orgien feiern.

Die reizvoll sinnlichen Szenen des Buches gewinnen an sittenhistorischem Wert, wenn man weiß, dass es sich nicht etwa um freie Erfindungen handelt, sondern um beglaubigte Vorgänge, die sich um 1770 in den höchsten Kreisen der Pariser Gesellschaft ereigneten. …

Um den Leser zu verwirren, hat der Moewig-Verlag Antoine Pithons Roman „Das Quartier der Sappho“ ebenfalls „Das Haus der Sappho“ betitelt.

Der Autor

Anonymus. Ende der 1770er Jahre erschien ein zehnbändiges Werk unter dem Titel „L’espion anglais“ („englischer Spion“), der seinem Führungsoffizier von den diversen politischen, sozialen und kulturellen Vorgängen in Frankreich, besonders über Paris berichtet. Den zehnten Band macht das vorliegende Buch aus, das angeblich eine Beichte enthält. Der Autor des Vorworts, Heinrich Conrad, verrät nicht, wer der wahre Urheber ist, belegt aber die historische Korrektheit der diversen Berichte, insbesondere über die beiden tribadischen Sekten der Madame Arnould und der Madame Raucourt. Unsere namenlose Heldin gerät an letztere.

Handlung

(Rahmenhandlung) Der erste Brief (vom 28.12.1778)

Die Beichte der Sappho bildet die Binnenhandlung des komplex angelegten Buches. Die Rahmenhandlung wird von dem „englischen Spion“ berichtet, unserem Gewährsmann. Dieser weilt am 26. Dezember in den königlichen Gärten der Tuilerien, als es dort einen Menschenauflauf gibt. Ein älterer Herr zerrt eine hübsche junge Frau, über die wie eine Megäre die Äbtissin Gourdan, eine berühmte Kupplerin, herzieht. Der ältere Mann ohrfeigt die junge Frau, die zu weinen beginnt.

Da der Vorgang auf dem Grund und Bodens des königlichen Schlosses stattfindet, eilt der Generalleutnant der lokalen Profosen, Herr Clos, herbei und nimmt alle ins Verhör. Hinterher trifft unser Chronist Herrn Clos und erfährt, dass die junge Frau die Tochter des älteren Landmannes ist und sich weigere, mit ihm zu gehen. Madame Gourdans Rolle? Sie glaubt, Anrechte auf die junge Frau zu haben, denn schließlich hatte sie sie aus dem Dreck dieses Bauern herausgeholt.

Herr Clos gelingt ein Meisterstück der Diplomatie: Der Vater der jungen Frau namens Sappho lässt von der Schwangeren an und geht wieder zurück nach Hause, nicht ohne ein finanzielles Angebot Madame Gourdans die Erstattung seiner Reisekosten betreffend entrüstet von sich zu weisen. Er habe schon genug Schande erduldet, als sich auch noch von seinem Weibsbild – gemeint ist die Gourdan – bezahlen zu lassen. Die gute Nachricht: Fräulein Sappho sei bereit, denn edlen Herrschaften ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Die Gentlemen sind entzückt und danken ihr untertänigst.

Die Lebensgeschichte des Frl. Sappho

Schon früh entdeckt das Bauernmädchen aus der Provinz sein hauptsächliches Laster: die Eitelkeit. Der Ausübung führt zu „Faulenzerei“ und viel Ärger mit der Mutter. Sie bittet heimlich Madame Gourdan, sie von diesem trostlosen Ort wegzubringen, doch auf Kuppelei steht Gefängnisstrafe. Es gelingt der Gourdan, die neunzehnjährige Nymphe in ihr klosterartig abgeschiedenes Haus auf dem Lande aufzunehmen und sie über mehrere Umwege Richtung Paris zu lotsen, wo die Gourdan ihr Hauptquartier auf dem Faubourg Saint-Laurent hat.

Eine Haushälterin kümmert sich um das Landei und untersucht heimlich ihren Körper. Die Gourdan hat Gelegenheit, den Bericht der Haushälterin zu prüfen: Was sie vorfindet, versetzt sie ebenfalls in Begeisterung: Dieses Mädchen muss die größte Klitoris westlich des Rheins besitzen – eine Goldgrube! Sogleich bietet sie das Mädchen, das sie herausputzen lässt, der edlen Dame de Furiel als lesbische Gespielin an. Die Furiel gehört zu den Tribaden von Paris und ist immer auf der Suche nach etwas Besonderem für ihr Bett.

Die Furiel quartiert Sappho in einer Art Tempel ein, der der römischen Göttin Vesta, der Hüterin von Herdfeuer, Heim und Haus ein, geweiht zu sein scheint. Bevor ihre neue Herrin erscheint, wird das Mädchen von Kopf bis Fuß gesäubert und präpariert, sodann luxuriös eingekleidet. Sappho, wie die Furiel das Mädchen fortan nennt, besteht den ersten Test, bleibt aber in ihrem wollüstigen Zentrum irgendwie unbefriedigt.

Die Furiel besteht darauf, sie in die anandrische Sekte der Madame Raucourt aufzunehmen, die nur Frauen aufnimmt, die den Männern entsagt haben. Die Aufnahme ist freiwillig, erfordert aber Proben und eine Probezeit. Da Sappho nichts falsch macht, wird sie nach angemessener vor die versammelte Sekte geführt, bittet um Aufnahme und hört sich die lange Rede der Sektenführerin an. Da die Tribaden der Furiel glauben und von Sapphos Auftritt überzeugt sind, wird sie in die Sekte aufgenommen.

Der zweite Brief (11.1.1779)

Alles läuft Sappho wie geschmiert, als das Schicksal es will, dass sich ein junger Barbier und Frisierer sich in sie verliebt, und das nur aufgrund der schwärmerischen Erzählungen seiner Freundin, einer Modistin. Er verkleidet sich mit ihrer Hilfe als Hutmacherin und erhält so Zutritt zu Sapphos Liebestempel. Es dauert nicht lange, dass er Sapphos Interesse an der Liebe der Männer, die immerhin die andere Hälfte der Menschheit ausmachen, geweckt hat. Eins führt zum anderen, und – zack! – ist Sappho schwanger. Ihr bald schon unübersehbarer Zustand macht nicht nur die Modistin wütend, die nun die Untreue ihres Freundes entdeckt, sondern auch die verratene Tribade Furiel, die von der betrogenen Modistin die Beweise vorgelegt bekommt.

Statt sich ob ihres „Sündenfalls“ reumütig und zerknirscht der Gnade der Furiel auszuliefern, besteht sie doch auf dem Recht der NATUR, sich ihren Lauf zu bahnen. Das findet ihre Gönnerin nicht witzig und wirft sie hinaus. Die Modistin sorgt dafür, dass auch der Friseur in Ungnade fällt und er in die Fremde ziehen muss. Vorher aber versetzt er alle Kleider Sapphos, die mittellos auf der Straße landet. Doch Hilfe naht in Gestalt einer weiteren Kupplerin.

Madame Richard, deren wohlgenährter Körper sich der idealen Kugelform annähert, hat etliche Klienten und Klientinnen im Adel, versorgt aber mit den von ihr vermittelten Mädchen vor allem den Klerus. Die Geschichte, wie sie einen 50-jährigen Priester verführt hat, belegt ihren Scharfsinn und ihre Entschlossenheit. Nun hat sie unzählige Kontakte bei Herren, die des amourösen Zuspruchs bedürfen. Sappho sagt sofort zu. Als mittellose Beinahe-Bettlerin bleibt ihr nichts anderes übrig.

Der dritte Brief (Januar 1779)

Der erste Kunde, den Sappho in Madame Richards Haus empfängt, ist ein alter Priester. Er will jedoch kein „Frischfleisch“, sondern die ausgefallenen Dienste, die ihm nur die Richard verschaffen kann. Schmerz spielt dabei eine wichtige Rolle. Da sich Sappho anstellig zeigt, wird sie einem Bischof vermittelt, der sie in ein bescheidenes Häuschen weit draußen auf dem Lande einquartiert, quasi sein Lustschloss. Nur eine Zugehfrau und eine Friseuse teilen Sapphos Einsamkeit. Der Bischof zeichnet sich eher durch Impotenz aus als durch freundliche Zuwendung.

Sappho ist unzufrieden mit ihrem Dasein, doch das Blatt wendet sich, als eines Tages vier Kavaliere vor ihrem Haus auftauchen und sie zu sehen begehren. Sie ahnt nicht, dass es die vier ehemaligen Sauf- und Sex-Kumpane ihres Liebhabers sind. Da sie aber ihnen ihre Lage schildert, haben sie Verständnis dafür, dass ihnen nur eine begrenzte Zeit für Sapphos Liebesdienste zur Verfügung steht. Sie fertig sie nacheinander ab und sie zeigen sich gebührend erkenntlich. Ihr Ziel ist jedoch was anderes: Sie wollen dem Bischof eins auswischen.

Am Tag, als sie den Bischof gegen elf Uhr abends erwartet, fertigt sie die vier Kavaliere, die in Wahrheit Großvikare sind, einen nach dem anderen ab. Statt sich jedoch wie vorgesehen zu verdrücken, bleibt einer nach dem anderen hinter einer Tapetentür, um zu lauschen, wie es seinem Nachfolger ergeht. Das geht mit einigem Gelächter einher. Doch dann taucht endlich der Prälat selbst auf. Es kommt zu einer ungeplanten Begegnung, bei der sich Sapphos Gönner von seiner unmännlichsten Seite zeigen muss. Entsprechend groß ist später seine Wut auf sie…

Exkurs: Die Rede der Madame Raucourt (Manifest)

Die Sektenführerin Raucourt spricht im Namen der Göttin Vesta zu der Novizin, die in den Orden der Anandrinen aufgenommen werde möchte. Aber ist die Novizin auch der Aufnahme würdig? Zunächst zählt die Oberin den Ursprung, den Zweck und die Mittel ihrer „Institution“ auf. Schon die alten Spartaner unter Lykurg duldeten und förderten reine Mädchenschulen, danach kamen bekanntlich die keuschen Vestalinnen in Rom und schließlich, als Krönung, die Nonnenklöster in Westeuropa. Ihnen alle ist das Fernhalten vom männlichen Geschlecht ebenso gemeinsam wie die Zuwendung zum schönen eigenen Geschlecht sowie eine Vielzahl von Regeln, die es zu beachten gilt.

Der Zweck des Ordens ist sowohl angenehm als auch nützlich. Zwar entsagt die Nonne der gewohnten Gesellschaft und ihres Eigentums, gelangt aber in eine neue Gemeinschaft und erringt dort Anteil am Gemeingut. Dort erlebt sich Befreiung von der einsamen Selbstbefriedigung ihrer NATÜRLICHEN Gelüste, indem andere Frauen ihr helfen. Zu den Mitteln gehört auch der Flagellantismus, denn der Schmerz der Geißel hebt bekanntlich die Lust. Die Belohnung all dieser Veränderung ist der Genuss der eigenen Wollust, zumindest bei den Anandrinen.

Natürlich gibt es Pflichten zu erfüllen. Dazu gehört etwa die Einhaltung der Eintracht, also zwischenmenschliche Harmonie. Zweitens ist die Missionierung notwendig, um den Orden auszudehnen und das anandrische Glück auch anderen zu bringen. Die dritte Pflicht besteht in der kultische Verehrung der Göttin. Die zentrale Beziehung ist die zwischen der Novizin als Tochter und ihrer älteren Geliebten als Mutter (wie bei Sappho und Madame de Furiel, deren gatte immerhin ein Regierungsmitglied gewesen war). Diese Beziehung ist das Fundament nicht nur des Ordens, sondern der künftigen, damit reformierten Gesellschaft. Eine friedliche, harmonische Gesellschaft, in der Männer gemieden und erzogen werden. Löbliche Beispiele für prominente Tribaden werden aufgezählt, darunter die Gouvernante eines deutschen Prinzen, eine Schauspielerin, Sängerinnen, Philosophinnen (wie die Raucourt und die Arnould). Die Novizin möge sich diese Damen (deren Namen in Fußnoten genannt werden) zum Vorbild nehmen.

Zu guter Letzt dient die Anandrie auch der eigenen Schönheit und Selbstbestimmung. Männliche Bekanntschaften haben dann keine nachteiligen Begleiterscheinungen und Nachwirkungen mehr. Keine Schwangerschaft entstellt den göttlichen Leib der Frau mehr durch Hängebrüste und Schwangerschaftsstreifen, das Geschlecht bleibt schön straff. Von vermiedenen Geschlechtskrankheiten gar nicht zu reden.

Die abgewendete Aufzucht der Kinder ermöglicht es der Frau, sich edleren Tätigkeiten zuzuwenden, etwa der Kunst und der Philosophie, und sie wird auch nie Opfer der männlichen NATUR, die stets nach Abwechslung sucht. Und ab einem gewissen Alter erwirbt die solchermaßen jung gebliebene Dame das Recht, eine „Tochter“ als Schülerin anzuwerben (bzw. zu erwerben), die ihr das Leben versüßt. Aus der passiven Tribade (Succube) wird eine aktive (Incube). Kann es Schöneres geben? Sicherlich nicht!

Mein Eindruck

Die Biografie der Erzählerin, die man Sappho nennt, ist eigentlich nichts Besonderes, aber sie illustriert in diversen markanten Szenen und in Rückblenden die gesellschaftlichen Verhältnisse im Frankreich des 18. Jahrhunderts auf mehreren sozialen Ebenen. Der Leser begegnet den Bauern ebenso wie dem Klerus und den höchsten Adligen, den Kupplerinnen wie den zahlreichen Bediensteten ihrer Kundinnen. Dazwischen liegen quasi Welten, und Sappho durchquert sie alle.

Das ist zunächst sozialhistorisch interessant, führt aber auch auf unterhaltender Ebene zu recht viel Kontrast und Abwechslung. So werden beispielsweise die idealen Vorstellungen der Tribaden der Madame Raucourt, die sie in ihrer Rede vor der Sekte darlegt, konterkariert von der heterosexuellen Realität in Paris. Der Klerus in allen Stufen sowie die Bediensteten sind eher auf Hetero-Sex aus.

Daher mutet es seltsam verkehrt an, wenn die Tribaden alte Götter wie Vesta anbeten und auf ihrem Altar Opfer darbringen, während die eigentlichen Gottesdiener schon längst sehr gottlosen Vergnügungen nachgehen. Vielleicht wollen es ja die Lesben besser machen. Doch wie Sapphos Beispiel zeigt, ist die NATUR, auf die sie sich beruft, stärker und verlangt ihr Recht. Darüber ließe sich als trefflich streiten. Ein Gegenstück zu Sapphos „Sündenfall“ findet sich in dem Beichtvater, der von Madame Richard nach allen Regeln der Kunst verführt wird. Auch seine NATUR lässt sich, bei günstiger Gelegenheit, nicht unterdrücken.

Das Recht der NATUR ist übrigens eine Idee von J.J. Rousseau und die Basis der Aufklarung. Wenn Sappho also gegen ihre Gönnerin Furiel aufbegehrt, so ist dies prinzipiell das Gleiche, wie wenn die amerikanischen Kolonisten gegen ihren britischen Landesherrn aufbegehren würden: Sie berufen sich auf das Recht der NATUR, das alle Menschen GLEICH und gleichberechtigt mache und mit einer unveräußerlichen Würde ausgestattet habe. Wenn die Furiel Sappho verstößt, tut sie dies nicht als Schwester im Geiste der Sekte Anandria, sondern als klotzköpfige Adlige, die auf ihre Rechte pocht. Soviel also zur schwesterlichen Gleichbehandlung.

Der Exkurs

Die Rede oder besser Predigt der Madame Raucourt ist wie ein klassischer Essay bzw. wie eine Streitschrift aufgebaut. Ein Argument folgt dem anderen, um einen Komplex von Aspekten – etwa Ursprung, Zweck und Mittel des Ordens – aufzuzählen. Rhetorische Mittel werden von der Sprecherin geschickt angewandt, um ihre Rede à la Cicero interessant und abwechslungsreich zu machen. Zahlreiche antik-klassische Beispiele belegen die Tradition und den hehren Kult, dem sich die Anandrie widmet. Nicht zuletzt ist das Überzeugen der „Zuhörerin“ bzw. der Leserin der Zweck der Rede.

Alle diese Verweise auf klassische Beispiele fordern den heutigen Leser heraus. Sie verlangen entweder das Abrufen der vorhandenen klassischen Bildung oder das Nachschlagen dieser Begriffe und Namen aus der Wikipedia. Zu solchen Namen gehören der des strengen Gesetzgebers Lykurg als „Lakedämon“ = Sparta, der von Kirke und Armida, zweier Zauberinnen, und von Ariadne, der Tochter des kretischen Königs Minos, die dem Helden Theseus im Labyrinth des Minotaurus half. Leider ließ Theseus sie schmählich sitzen, bis Apoll sich ihrer annahm und sie heiratete. (Ihr Sternbild ist bis heute die Corona borealis.)

Schwierig wird es besonders dann, wenn die rhetorischen Figuren in poetische Andeutungen wie etwa das „Heiligtum der Liebe“ (die Vulva) eingebettet sind. Allenthalben wird die Sprache der Empfindsamkeit gebraucht, einer Epoche, die von 1740 bis etwa 1780 dauerte. Diese Sprachebene ist heute nur noch parodistisch oder auf der Ebene von Groschenromanen zu verwenden. James Joyce machte ihr schon 1922 in seinem „Ulysses“ den Garaus.

Die Übersetzung

Das Buch wurde von Heinrich Conrad aus dem Französischen übertragen und eingeleitet. Der sprachliche Stil ist entsprechend altertümelnd.

S. 88: „bei einem geschlechtlichen Genuss, der er bei einem Weibe teilt“. Im Nebensatz muss aber der Akkusativ stehen: „den er mit einem Weibe teilt“.

S. 93: Der 2. Brief ist mit einem falschen Datum versehen, denn nach 1778 folgt bekanntlich 1779. Als Jahreszahl steht hier aber 1778.

S. 96: „Die Ausdrücke, die er gebrauchtete…“: Ein „-te“ reicht völlig.

Die Illustrationen von Eric Godal

Mit Federzeichnungen von Eric Godal. Sie sind elegant und aufs Wesentliche konzentriert. Außerdem stehen sie an einer geeigneten Stelle.

Unterm Strich

Dieser Roman über die Lesben von Paris sowie das Schicksal eines Mädchen vom Lande, das unter sie fällt, ist nicht so leicht zu bewältigen, wie man dies erwarten würde. Einmal ist da die Rahmenhandlung, die die Erzählung Sapphos auf eine Angelegenheit von internationalem Interesse hebt: Der englische Spion schreibt einem Mylord.

Drei Briefe sind nötig, um Sapphos Leben zu schildern. Keine Sorge: Es geht gut für sie aus. Diese Binnenhandlung ist eine einzige, riesige Rückblende. Hinzukommt die köstliche Rückblende der Madame Richard und ihre höchst pragmatischen Ratschläge, was die zeitgenössischen Männer anbelangt. Und schließlich ist da natürlich die Rede der Madame Raucourt, die literarisch wie ein Fremdkörper wirkt, aber die – reale! – lesbische Welt illustriert, in die man Sappho aufnehmen will. Da der Roman so ungewöhnlich komplex ist, könnte es sich lohnen, ihn noch einmal zu lesen.

Hinweis

Dieser Band wurde am 31.1.1984 (Banz.-Nr.21) von der Bundesprüfstelle indiziert. Es war der 57. Heyne-Exquisit-Band, der der Indizierung zum Opfer fiel.

Taschenbuch: 112 Seiten
Originaltitel: ANANDRIA, OU CONFESSION DE MILLE. SAPPHO; ÉLÈVE DE LA GOURDAN, SUR SA RÉCEPTION DANS LA SECTE ANANDRYNE. (EN GRÈCE (PARIS) 1789)

Aus dem Französischen übertragen und eingeleitet von Heinrich Conrad.
ISBN-13: 9783453502673

www.heyne.de

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)