Arthur Machen – Das innerste Licht (Gruselkabinett Folge 158)

Verbotene Experimente: Der Teufelsdoktor

London 1894: Was hat es mit dem Verschwinden der bildschönen Agnes Black auf sich, die angeblich Opfer eines Verbrechens wurde? Der Schriftsteller Dyson wittert eine spannende Geschichte und kommt einem teuflischen Seelenhandel auf die Spur… (Verlagsinfo)

Der Autor

Arthur Machen (* 3. März 1863 in Caerleon, Wales; † 15. Dezember 1947 in Beaconsfield, Buckinghamshire) war ein walisischer Autor phantastischer Geschichten.

Geboren wurde er als Arthur Llewellyn Jones, später nannte er sich Arthur Jones Machen. Er wuchs als Sohn eines Pfarrers im walisischen Caerleon-on-Usk (Monmouth, Newport) auf. Er besuchte eine Public School, deren Erziehungsmethoden er verabscheute und u. a. im Roman „The Secret Glory“ (1922) literarisch verarbeitete.

Machen studierte in London Medizin, brach nach wenigen Semestern ab und durchlebte eine entbehrungsreiche Zeit, in der er sich u. a. als Übersetzer von Rabelais und Margarete von Navarra versuchte. Die schwierigen Jahre in London und seine Jugend in Wales verarbeitete er später in dem Roman „The Garden of Avallaunius“ (1904). 1894 kam der literarische Durchbruch mit „The Great God Pan“, einer unheimlichen Erzählung, die das Nebeneinander der realen Welt und einer phantastischen Parallelwelt, gespeist aus keltisch/römischen Mythen, zum Thema hat.

Machen schloss sich dem Hermetic Order of the Golden Dawn (Aleister Crowley, William Butler Yeats) an und reiste einige Jahre mit einer Truppe von Wanderschauspielern durch die Lande. Neben seiner literarischen Tätigkeit verfasste A.M. beißende Literatur- und Theaterkritiken für diverse Zeitungen. Ein verfrühter hämischer Nachruf auf Lord Alfred Douglas, den Geliebten von Oscar Wilde, ruinierte ihn wirtschaftlich.

Neben Romanen schrieb Machen vor allem Kurzgeschichten, die meist das Übersinnliche zum Thema haben. Einige dieser Geschichten drehen sich um den Schriftsteller Dyson, der in unheimliche und kriminalistischen Scharfsinn erfordernde Abenteuer verwickelt wird. Seine Erzählung „The Terror: A Fantasy“ (1917) lieferte möglicherweise die Idee zu Daphne du Mauriers Erzählung „The Birds“ (1952), die 1963 von Alfred Hitchcock verfilmt wurde. Rezeptionsgeschichtlich bedeutsam ist seine Erzählung „The Bowmen“ (1915) über das Eingreifen mittelalterlicher Bogenschützen auf Seiten der Briten in der Schlacht bei Mons (23. August 1914). Die Legende der „Engel von Mons“ wurde bald danach von vielen Zeitgenossen als „reales“ übersinnliches Geschehen verstanden.

Charakteristisch für Machen – besonders in den Romanen – ist eine elegische Sprache mit umfangreichen und schwärmerischen Naturschilderungen. Thema ist häufig die keltisch/römische Vergangenheit von Wales und das Fortleben uralter Mythen. Seine Helden sind oft unverstandene, einsame Menschen. Wie Borges in seinem Vorwort zur „Leuchtenden Pyramide“ andeutete, fühlte sich Machen selbst als Außenseiter, der explizit auf sein „Keltentum“ gepocht habe, um sich so, gleichsam analog zu seinen Ahnen, zum Scheitern verurteilt fühlen zu können.

Der amerikanische Schriftsteller H. P. Lovecraft war ein Bewunderer Machens und wurde von diesem literarisch beeinflusst.

Einzelwerke

• Die leuchtende Pyramide. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-7632-5816-1 (hrsg. von Jorge Luis Borges in der Bibliothek von Babel).
• Botschafter des Bösen. (The Three Impostors.) Piper Verlag, München / Zürich 1993, ISBN 3-492-11402-4.
• Furcht und Schrecken. (The Terror: A Fantasy.) Piper Verlag, München / Zürich 1993, ISBN 3-492-11401-6.
• Die weissen Gestalten. (The Shining Pyramid a.o.) Piper Verlag, München / Zürich 1993, ISBN 3-492-11403-2.
• Der grosse Pan. (The Great God Pan.) Piper Verlag, München / Zürich 1994, ISBN 3-492-11404-0.
• Der Berg der Träume. (The Garden of Avallaunius.), Piper Verlag, München / Zürich 1994, ISBN 3-492-11405-9.
• Der verborgene Sieg. (The Secret Glory.) Piper Verlag, München / Zürich 1994, ISBN 3-492-11406-7.
• Das Schwarze Siegel. (Novel of the Black Seal.) JMB Verlag, Hannover 2018, ISBN 978-3-95945-002-7.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher und ihre Rollen:

Claus Thull-Emden: Mr. Salisbury (Erzähler)
Patrick Mölleken: Mr. Dyson
Christoph Jablonka: Dr. Steven Black
Claudia Urbschat-Mingues: Agnes Black
Marc Gruppe: Leichenbeschauer
Tom Raczko: Dr. Hall, Gehirnchirurg
Axel Lutter: Gemischtwarenhändler
Matthias Lühn: Sam
Edda Fischer: Betty, Prostituierte
Philine Peters-Arnolds: Vermieterin von Dr. Black
Bert Stevens: Travers
Ursula Würsthof & Carmen Schulte: Klatschweiber
Ein Dämon.

Die Macher

Regie führte Marc Gruppe. Er schrieb wie stets das Buch und gemeinsam mit Stephan Bosenius setzte er es um. Die Aufnahme fand im Titania Medien Studio, Fluxx Studio und den Planet Earth Studios statt. Die Illustration stammt von Ertugrul Edirne.

Handlung

Im Herbst 1894 führen dichter Nebel und der Zufall die beiden alten Freunde Salisbury (der Erzähler) und Dyson wieder zusammen. Sie haben sich seit fünf Jahren lang nicht mehr gesehen, und damals ging es Dyson finanziell gar nicht gut: Er hatte Mietschulden und drohte, auf der Straße zu landen. Er versetzte eine wertvolle Taschenuhr, ein Familienerbstück. Diese Familie rettete ihn. Ein Onkel vererbte ihm nicht nur sein beträchtliches Vermögen, sondern auch eine noble Hütte, in die er nach einem reichhaltigen Mahl im Restaurant seinen wiedergefundenen Freund einlädt.

Ein mysteriöser Fall

Zuerst im Restaurant, dann in seinem Anwesen erzählt Dyson, woran er als Schriftsteller gerade arbeitet: Es ist der rätselhafte Hulston-Fall. Da klingelt’s bei seinem Freund sofort. Hulston ist eine graue Pendlervorstadt, aber sie wurde durch den mysteriösen Fall des Dr. Black einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Vor ein bis zwei Jahren lebte dort Dr. Steven Black mit seiner attraktiven Gattin Agnes am Ende einer Sackgasse. Als sie einige Zeit nicht zu sehen gewesen war, fragten seine Patienten nach ihr. Seine Antwort vertröstete sie nur, und so verlor er seine erst seine Glaubwürdigkeit und dann seine Kundschaft. Sie dachtten, er habe sie umgebracht und entsorgt.

Als es Dyson, der eine Story wittert, vor das Haus des Doktors verschlägt, erblickt er erstaunt das Gesicht einer Frau am Fenster des Obergeschosses. Agnes Black lebt also noch! Doch sie starrt ihn so lüstern und lasterhaft an, dass er fast Reißaus nimmt. Als sie verschwindet, reißt er sich am Riemen. Dr. Black tritt aus dem Haus und bittet Dyson, ihn vorbeizulassen. Der Doktor lässt seine Gattin allein? Dyson ist verwundert. Aber diese flüchtige Begegnung ist der Grund, warum Black Dyson später wiedererkennt.

Nicht menschlich

Der Wirt des Pubs, in dem sich Dyson stärkt, behauptet Agnes Black sei tot, doch Dyson weiß es besser. Eine Zeitungsmeldung führt ihn kurz darauf vor Gericht: Der Leichenbeschauer muss bestätigen, dass Mrs. Black tot sei. Er weigert sich. Verwundert befragt der Richter den Gehirnchirurgen, der Mrs. Blacks Leiche obduziert hat: Das Gehirn sei nicht das eines Menschen gewesen. Nein, auch nicht das eines Tieres, sondern das einer bis dato unbekannten Kreatur. Die Geschworenen können sich nur auf „natürlichen Tod“ als Todesursache einigen. Deshalb ist ihr Gatte entlastet.

Kryptische Notizen

Unterdessen wird Salisbury im verrufenen Stadtteil Soho unfreiwilliger Zeuge eines Streits zwischen der Prostituierten Betty und einem gewissen Sam, der nicht die Fliege machen will. Sie wirft einen Zettel weg, der vor den Füßen ihres heimlichen Beobachters landet. Salisbury steckt das Papier ein, um es später zu lesen. Außer einem Kinderreim sind da verschiedene Namen abgekürzt. Er bittet seinen Freund um Hilfe beim Entschlüsseln.

Doch erst nachdem Dyson Dr. Black in dessen neuem Domizil, einer Bruchbude unterm Dach, aufgespürt hat, bekommt der rätselhafte Tod der Agnes Black eine neue Wendung. Black behauptet, ein wertvolles Schmuckstück, einen großen Opal, durch Diebstahl verloren zu haben. Nachdem er Dyson seine unglaubliche Geschichte erzählt hat, kommt Dyson eine Idee: Die Angaben auf dem Zettel sind eine Art Krümelpfad, dem er nur zu folgen braucht, um den entwendeten Opal wiederzufinden. Indem er sich verstellt, hat er Erfolg auf ganzer Linie.

Nach Dr. Blacks bedauerlichem Ableben verrät ihm und seinem Freund das dem Opal beigefügte Notizbuch des Doktors, das einem Krämer anvertraut worden war, die ganze entsetzliche Wahrheit über den Fall Agnes Black. Endlich wird beiden der Grund klar, war vom Innersten des Opals ein derart leuchtendes Strahlen ausgeht. Denn dort wird Agnes Blacks Seele gefangen gehalten. Es ist Dyson sofort klar, dass sie aus ihrem Gefängnis befreit werden muss…

Mein Eindruck

Detektive

In detektivischer Kleinarbeit setzen Salisbury und Dyson die Bausteine des Rätsels, das Dr. Black umgibt, zusammen. Sie wollen herausfinden, was er mit seiner Frau Agnes angestellt hat. Es dauert eine ganze Weile und erfordert mindestens drei ziemlich große Zufälle, um das Puzzle zusammensetzen zu können. Sie haben also eine Menge Hilfe von höherer Stelle. Selbst am Schluss bleiben uns die Geschichte noch eine Menge Antworten schuldig.

Vorsicht, Spoiler!

Wer bei der Aufzählung der Rollen über die Erwähnung eines Dämons gestolpert ist, dürfte schon ahnen, was kommen. Alle anderen sollten den folgenden Abschnitt überspringen. Steven Black hat, kurz gesagt, eine faustische Anwandlung erlebt und die Seele seiner angeblich geliebten Frau gegen die eines Dämons vertauscht. Seine Beweggründe bleiben ebenso im Dunkeln wie seine Methode. Offenbar hat er einen heißen Draht zum Höllenfürsten genutzt und einen Seelenhandel abgeschlossen. Auch, was er selbst davon hatte, bleibt unklar. Die Dramaturgie befand offenbar darauf, dass dies technische Nebensächlichkeiten seien und ließ sie außen vor.

Wie auch immer: Die Seele der Frau ist nicht verschwunden, sondern in einem Opal gefangen. Wäre dies eine Geschichte von einem Romantiker wie Wilhelm Hauff („Das kalte Herz“), so wäre die Symbolik leicht zu entschlüsseln. Der faustische Seelenhändler hat seine Frau geopfert, sich einen Dämon in ihrem Körper eingefangen und müsste den Ertrag dieses Tausches, den wertvollen Opal, eigentlich verkaufen, um wenigstens materiellen Gewinn aus dem Deal zu ziehen. Dass Black dies nicht getan hat, sondern vielmehr als reumütiger Sünder sein Leben im Elend beschließt, verwirrt zunächst. Aber er hat ihr versprochen, sie einst zu erlösen. Es ist ihm nicht gelungen – weil ihm ein Unbekannter den Opal gestohlen hat.

Die dunkle Macht

Doch dann wird klar, dass es in diesem Stück eine ungenannte Macht gibt, die Black einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Wer hat den Opal gestohlen? Wer hat den Stein samt den Notizbüchern – vor wem? – in Sicherheit gebracht und bei einem Krämer deponiert? Dysons Beschreibung von Blacks Menschenverachtung kommt einem in den Sinn. Sie steht im Widerspruch zu Blacks Reumütigkeit.

Der Verdacht, dass Black unter Schizophrenie leidet, bekommt zunehmend Nahrung. Die eine Hälfte von Blacks Seele ist menschlich (faustisch), die andere jedoch dämonisch. Die eine weiß von der anderen nichts. Mit Agnes Black ist nur die körperliche Hülle des Dämons gestorben: Der Gehirnchirurg hat sie als „nicht menschlich, nicht tierisch“ klassifiziert. Folglich existiert die Seele des Dämons in Black weiter. Vorsicht: Sie könnte auf den nächsten Menschen, der sich Blacks fleischlicher Hülle nähert, überspringen…

Lüstern

Dass Blacks Motivation letzten Endes sexueller Natur ist, legt das Wort Satyr, das an einer Stelle fällt nahe. Black genügte die reine Seele seiner Frau nicht mehr, sondern verlangte vom Herrn der Hölle quasi eine Hure im Bett. Das klingt stark nach Goethes Version des Dr. Faust. Der wünschte sich nicht das reine Gretchen (Faust 1. Teil), sondern vielmehr die schöne Helena (Faust 2. Teil) fürs Bett. Dieser wichtige Aspekt wird im Hörspiel fast vollständig ausgeblendet.

Das Innerste

Agnes Black ist von ihrem Mann mittels Magie in ein Gefängnis eingesperrt worden. Diese Situation dürfte etlichen Frauen heutzutage ziemlich vertraut vorkommt. Dass es sich „nur“ um Agnes‘ Seele handelt, spielt eine untergeordnete Rolle, denn die Erzählung ist letzten Endes eh nicht auf Realismus bedacht, sondern auf eine moralische Botschaft. Diese ist gut hinter den Symbolen versteckt. Die Ermittler Dyson und Salisbury, offenbar regelrechte Ehrenmänner, kommen zwar durch Dokumente und Aussagen auf die Spur des Sachverhalts, doch Kommissar Zufall hilft ihnen dabei nach Kräften.

Wo sich der für Agnes eingetauschte Dämon befindet, ist ebenfalls Nebensache, als die beiden Helden endlich den Opal in Händen halten. Was soll sie mit einer gefangenen Seele anstellen, könnten sie sich fragen. Agnes könnte für sie spionieren und heikle Informationen sammeln, die viel Geld wert wären, beispielsweise Staatsgeheimnisse. Auf diese Idee kommen sie erst gar nicht, denn sie können mit Agnes nicht kommunizieren. Stattdessen verfällt Dyson auf den einzigen Weg, Agnes zu befreien: Er braucht nur ihr Gefängnis zu zerstören…

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Es ist ein Hinweis darauf, wie komplex die Geschichte angelegt ist, dass es nur drei Hauptfiguren, aber eine Vielzahl von Nebenfiguren gibt. Claus Thull-Emden spricht Mr. Salisbury, den Erzähler. Die meiste zeit stellt er nur Fragen. Denn die Antworten liefert ihm Mr. Dyson, der von Patrick Mölleken gesprochen wird. Da beide Sprecher ungefähr im gleichen Alter sind, gleichen sich ihre Stimmen ein wenig, so dass der Hörer aufpassen muss, wer gerade spricht.

In einer Szene muss Mölleken seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Im Laden des Gemischtwarenhändlers Travers tut Dyson mit drohendem Unterton so, als wäre er der rechtmäßige Eigentümer jener Schatulle, die Travers seit einiger Zeit für Black verwahrte. (Warum nun ausgerechnet der Spruch auf dem per Zufall zugeflogenen Zettel passt, tja, das weiß wohl nur der Autor. Der Dramaturg lehnt sich hier ganz weit aus dem Fenster.) Wie auch immer: Die angedeutete Drohung wirkt, und Travers rückt die Schatulle heraus. Sie enthält die beiden entscheidenden Bausteine für des Rätsels Lösung: den Opal und das Notizbuch Blacks.

Christoph Jablonka als Dr. Steven Black gibt zunächst den Ehrenmann, der kein Wässerchen trüben kann, doch in der finalen Rückblende zum Seelentausch erweist sich als teuflischer Dr. Faust, der selbst Satan einen Pakt eingeht. Agnes Black, gesprochen von Claudia Urbschat-Mingues, hat Blacks finsteren Absichten nichts entgegenzusetzen, denn sie kann nicht einmal eines oder mehrere Kinder als Pfand einsetzen, um ihn zu besänftigen. Ich habe oben bereits erwähnt, was sich der sexuell gelangweilte Dr. Black fürs Bett wünscht.

Und dann ist da noch der Dämon. Hat er eine Stimme oder ist er nur Sound-Design, fragt sich der Hörer. Ich wähle die Stimme, und die klingt ganz stilecht wie einer der Dämonen aus „Ghostbusters“ (1. Version): knurrend, fauchend und bedrohlich. Er behält das letzte Wort.

Geräusche

Eine große Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht in der Regel immer. Papierrascheln, klappernde Teetassen, (ziemlich laut) tickende Standuhren, allenthalben ein knisterndes Kaminfeuer – all diese Samples setzt die Tonregie zur Genüge ein, um einer Szene eine Fülle von realistisch klingenden Geräuschen zu vermitteln. Ein Gewitter lässt sich mit Donnergrollen herbeizaubern, und im rauschenden Regen lässt sich so manches Gespräch heimlich belauschen…

Am wichtigsten ist die Klangkulisse in der Zauberszene – in Ermangelung einer besseren Bezeichnung. Agnes Black ist als Opfer bereit. Die magische Prozedur kann beginnen. Sie fängt mit einem ominösen Knarren an, geht zu einem elektrischen Britzeln à la „Frankenstein“ über und endet, na klar, mit panischen Schreien. Das Ganze wird, ebenso klar, von düsterem Donnergrollen begleitet.

Die Musik

Von einem Score im klassischen Sinn kann keine Rede mehr sein. Hintergrundmusik dient nur dazu, eine düstere oder angespannte Stimmung zu erzeugen, und zwar nur dort, wo sie gebraucht wird. Hier steigert sich die Spannung sehr dezent von Szene zu Szene, von der anfänglichen Ermittlungen bis zum finalen Seelentausch, der höchst dramatisch verläuft.

Das Booklet

Das Titelmotiv zeigt die Szene, in der die beiden Ermittler die eingesperrte Seele von Agnes Black erblicken. Ob dieser Stein wirklich ein Opal oder doch eher ein Diamant ist, darüber können sich Experten streiten.

Der Einleger enthält im Innenteil Werbung für das Gruselkabinett-Programm von Titania Medien und die Sherlock-Holmes-Reihe. Auf der letzten Seite finden sich die Informationen, die ich oben aufgeführt habe, also über die Sprecher und die Macher.

Im Booklet finden sich Verweise auf die kommenden Hörspiele aufgeführt:

Ab Frühjahr 2020

156: Krabat
157: Das Auge des Panthers
=>>158: Das innerste Licht
159: Das kalte herz
160: Denn das Blut ist das leben
161: Heimflug

Ab Herbst 2020

162: Das gemiedene Haus
163: Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp
164: Die Toten vergeben nichts
165: Das alte Kindermädchen erzählt
166: Bisclavret
167: Flaxman Low – Der Fall Hammersmith

Unterm Strich

Auf verschlungenen Pfaden nähert sich die Ermittlung von Dyson und Salisbury dem Kern des Rätsels um den frevlerischen Dr. Black. Hat er wirklich seine Frau Agnes umgebracht, oder ist etwas viel Entsetzlicheres geschehen, etwas Verbotenes? In der tat macht es Black offenbar wie Goethes Dr. Johann Faust, dem der Sinn nach sexueller Abwechslung steht. Die Luft ist raus aus Blacks Ehe mit Agnes, und er sinnt auf Abwechslung, auf eine lüsterne, begierige Frau. Aus diesem schnöden Grund schließt er einen Pakt mit der Hölle und bekommt, was er will – jedoch nicht um einen so hohen Preis. Reumütig – und wahrscheinlich sogar schizophren – setzt er eine Kette von Ereignissen in Gang, die dazu dient, den Höllenfürsten um seinen Lohn – Agnes‘ Seele – zu bringen. Ob das gelingt, darf hier nicht verraten werden.

Die Ermittlung ist spannend, zumal sie tatkräftig von Kommissar Zufall unterstützt wird. Diese Ermittlung erinnert an jene in „Der große Gott Pan“, besonders wenn sie den Erzähler, Salisbury, und Dyson an verrufene Orte in London führt, so etwa in den Rotlichtbezirk Soho und in das zwielichtige Hulston. Unterschwellig wird deutlich, dass wirtschaftliche Sicherheit, wie sie Dyson erlangt hat, auch moralische Sicherheit bedeutet. Dr. Black ist dies noch nicht gelungen, sondern hat sich vielmehr in Hulston auf den falschen Weg begeben, der direkt zur Hölle führt. Die moralische Wüste herrscht in Soho, wo Frauen sich durch Prostitution ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Es ist ein Wunder, dass nicht der Name von Jack the Ripper erwähnt wird. So findet die Handlung auf drei Ebenen statt, und das sorgt für Abwechslung, aber auch für Spannung.

Das Hörbuch

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Die Sprecher sind kompetent, und manche, wie Claudia Urbschat-Mingues schon seit langen Jahren bei „Gruselkabinett“. Geschickt führt die Dramaturgie den Hörer per Ermittlung und Gerichtsverhandlung zur spannenden Auflösung des Rätsels um Dr. Black und den Verbleib seiner bedauernswerten Frau.

CD: 55 Minuten
Originaltitel: The Inmost Light, 1894.
Aus dem Englischen von unbekannt.
ISBN-13: 9783785781586

www.titania-medien.de

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