Alle Beiträge von Henri Kramer

Wieland, Karin / Kraushaar, Wolfgang / Reemtsma, Jan Philipp – Rudi Dutschke, Andreas Baader und die RAF

Der alte Mann ist ärgerlich. „Solche wie die RAF müsste es wieder geben, damit sich hier etwas ändert.“ Ein Zitat aus dem Spätsommer 2008, während einer Umfrage vor der Kommunalwahl in Potsdam. Drei andere Männer stehen an diesem Morgen um den wütenden Herren herum, alle mit kleinen Hunden an der Leine. Und alle nicken, als er die RAF und ihre Taten verherrlicht.

Die Bombenattentate von damals finden immer noch Sympathisanten – und sind inzwischen auch Filmattraktionen. Mit Streifen wie dem für den Oscar nominierten „Der Baader Meinhof Komplex“ (die Schreibung entspricht einer neueren Unsitte der Filmindustrie; die Buchvorlage schreibt sich ganz korrekt „Der Baader-Meinhof-Komplex“) oder dem Fernsehfilm „Mogadisch“ sind erst jüngst wieder die Rote Armee Fraktion und Namen wie Andreas Baader, Gudrun Enslin oder Brigitte Mohnhaupt zentral ins Gedächtnis der deutschen Öffentlichkeit gerückt – als Stoff für actionreiche Dramen. Und auch die Diskussionen um die Taten der RAF vor mehr als 30 Jahren halten an.

Einen betont nüchternen Beitrag zum Thema haben schon vor vier Jahren die Politikforscher Karin Wieland, Wolfgang Kraushaar und Jan Philipp Reemtsma vorgelegt. In ihrem Büchlein versuchen sie auf 150 Seiten den Mythos RAF und dazugehörige Legenden zu entzaubern. Drei Thesen stellen sie auf: Die Studentenbewegung, aus der die RAF schließlich entstanden ist, war längst nicht so unschuldig wie oft behauptet, der Terror längst nicht zufällig. In einem weiteren Text wird die Persönlichkeit von RAF-Chef Andreas Baader beschrieben, sein Narzissmus, sein Hochmut, seine Aggression, seine Unfähigkeit zu Selbstreflexion. Schließlich geht es um den Mythos RAF an sich: Wie vor allem schafften es Terroristen dieses Schlages, eine breite Unterstützerszene für ihr Tun zu gewinnen. Dieses Thema zieht sich auch durch die anderen Texte, besonders die linke Bewegung der Bundesrepublik wird kritisiert: Die Verbrechen der RAF seien oft übersehen worden. Stattdessen sei den Terroristen häufig mit Verständnis begegnet worden, weil diese angeblich von Staat und Gesellschaft isoliert worden seien – stattdessen hätten aber gerade ihre Taten die Isolierung bewirkt. Dazu werfen die Autoren der extrem linken Szene der damaligen Zeit eine Art Undankbarkeit vor: „Rückblickend besteht der Eindruck, als habe diese Generation alles unternommen, um zu vertuschen, dass sie die eigentlichen Gewinner der Bundesrepublik sind.“

Solche Positionen sind freilich streitbar. Doch sind die Argumentationsstrukturen der drei Autoren zumindest so klar aufgebaut, dass ihre Grundannahmen schlüssig belegt scheinen. Allein ein Problem gibt es: Leider sind vor allem die Texte von Kraushaar und Reemtsma allzu oft in stark wissenschaftlichem Stil gehalten, Laien könnten dies schnell als dialektisches Geschwurbel abtun. Dieser vielfach umständliche Ausdruck ist es dann aber auch, der Menschen mit Interesse für das Thema abschrecken könnte – gerade bei so spannender Materie wie dem Verhältnis von linker Szene und RAF ist das eine bedauernswerte Schwäche. Wer sich allerdings dann doch durch die 150 Seiten gekämpft hat, wird die RAF möglicherweise neu sehen – nicht als Heilsbringer, nicht als moderne Kinohelden. Sondern als ideologisch verblendete Verbrecher.

|142 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-936096-54-5|
http://www.his-online.de

Oidium, Jan – Metal Dream Girls / Metal Dream Boys 2009

Für Metalheads läuft die Zeit anders. Dies zumindest hat sich Comic-Zeichner, Medienmacher und Autor Jan Oidium gedacht. Die „Metal Dream Girls/Boys“-Kalender sind der terminliche Countdownkalender zum Wacken 2009 und beginnen beide im September 2008. Jüngst ist nun der vierte „Metal Dream Girls“-Kalender auf den Markt gekommen, ihn gibt es im Buchhandel und auf der Website http://www.jan-oidium.com.

Und ein Schmuck sind die Kalender fürwahr, die in circa 30 cm Höhe daherkommen. Denn nicht etwa die privaten Vorlieben von Jan Oidium posieren vor der Kamera. Nein, der Berliner hat sich ein demokratisches Kalendermodell überlegt. Über Monate konnten Mädchen und Jungen auf der Internetseite http://www.metaldreamgirls.com ein möglichst vorteilhaftes Bild von sich einstellen und die weltweite Netz-Gemeinde auf einer Punkteskala von eins bis zehn über ihre Attraktivität entscheiden lassen. Tausende Frauen und Männer aus der Metal-Szene machten mit. Und noch mehr Klicks später standen die jeweils zwölf Gewinner fest, die dann professionell abgelichtet wurden.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In schicken, manchmal auch schrägen Posen präsentieren sich die „Traumfrauen“ und „Dream Men“ der Metal-Gemeinde. Dazu ist der Kalender so gestaltet, dass sich zu jedem Tag zumindest ein, zwei kleine Einträge machen lassen, er also nicht nur ein reiner Hingucker ist, sondern eben auch einen gewissen praktischen Nutzwert besitzt. Und schön sind die Frauen sowieso. Aus männlicher Perspektive hat sogar auch der „Boys“-Kalender seine Berechtigung: Etwa als Geschenk für die gute Metal-Freundin, die vielleicht zurzeit solo ist und auch mal wieder schwärmen soll.

Dabei soll es nicht bleiben: Für den September hat Jan Oidium einen dritten Kalender für dieses Jahr angekündigt: „Warrior Dream Girls“ soll „erotische und ästhetische Fotoaufnahmen von Kriegerinnen des Fantasy Genres“ bieten, erste Aufnahmen versprechen viel. Und dieser Monatsplaner hat dann auch den Januar als Anfangsmonat – für konservative Kalender-Freaks …

|ISBN-13: 978-3-939106-12-8 / 978-3-939106-13-5|

Mann, Michael – dunkle Seite der Demokratie, Die. Eine Theorie der ethnischen Säuberung

Jeder kann ohne besondere Gründe zum Völkermörder oder dessen Helfer werden, wenn er im falschen Staat zur falschen Zeit lebt. Mit diesem eigentlich erschreckenden Satz lässt sich eine der Grundthesen beschreiben, die Michael Mann vertritt. In seinem Buch „Die dunkle Seite der Demokratie. Eine Theorie der ethnischen Säuberung“ versucht der amerikanische Soziologe die Gemeinsamkeiten aller Genozide der jüngeren Zeit ab dem 19. Jahrhundert zu analysieren – und nimmt seinen Leser dabei mit auf eine detaillierte Reise durch menschliche Abgründe der Mordgier, von Hitlers Nationalsozialisten über Stalins kommunistische Schergen bis hin zu den fürchterlichen Schlachterszenen, die sich vor mehr als zehn Jahren in Ruanda abspielten.

Die zentrale These des mehr als 800 Seiten starken Werkes lautet dabei: Noch nicht stabile Staaten auf dem Weg zur Demokratisierung oder mit einem anfangs demokratischen Anspruch sind am stärksten gefährdet, in den Strudel eines Völkermords abzugleiten – wenn ihre Probleme zunehmend auf ethnische Gegensätze reduziert werden, das Volk sozusagen als Bluts- oder Klassengemeinschaft angesehen wird, in dessen Land andere bisher lebende Gruppen keinen Platz mehr haben sollen. Gesellen sich zu solch einem Konflikt noch andere Faktoren – beispielsweise eine bedrohte Minderheit, die Hilfe von außen bekommt oder selber Anspruch auf Autonomie erhebt -, ist schnell der Punkt erreicht, an dem erst kleinere Unruhen später zum vom Staat gedeckten systematischen Vertreibungen führen – und schließlich zu hunderten, tausenden, manchmal Millionen Morden.

Was so erst einmal abstrakt klingt, beschreibt Michael Mann detailliert. Zu Ereignissen wie dem Völkermord an den Armeniern werden akkurat die geschichtlichen Abläufe geschildert, aber auch einzelne der handelnden Personen dahingehend beschrieben, wie sie sich in die monströsen Verbrechen verstrickten. Und genau da belegt der Politologe seine These: Es waren gerade auf „Sachbearbeiter“- und „Fachbereichsleiter“-Ebene eben ganz normale Menschen, die andere ganz normale Menschen töteten oder mit einem Federstrich erschießen ließen. Besonders erhellend ist in diesem Zusammenhang das Kapitel über den Völkermord der Nationalsozialisten, wo einmal mehr detailliert gezeigt wird, wie viele Menschen sich in die Verbrechen des Dritten Reiches hatten einbinden lassen, sei es aus Karrieregründen, aus Angst vor Repressalien bei Verweigerung oder wirklich empfundenen Hass gegen Juden und Slawen. Und selbst hier, so Mann, träfe seine These von der „dunklen“ Seite der Demokratie zu: Adolf Hitler, der, mit Mehrheit gewählt, für sein Volk spricht, das ihm zujubelt; ein Führer, der den virtuellen (Volks-)Feind des Juden aufbaut – und erst dessen Vertreibung forciert, später in der Kriegskrise schließlich aber seine Vernichtung.

Es sind vieler solcher interessanten Gedanken, die sich quer durch das Buch ziehen, mit dessen grässlichen wie nüchtern geschilderten Geschichten von Massenvergewaltigungen im Jugoslawienkrieg oder mit Leichenwasser gedüngten „Feldern des Todes“ in Kambodscha. Solche und andere Menschheitsverbrechen werden allerdings nicht gleichgesetzt, sondern singulär betrachtet, nur ihre gemeinsamen Strukturmerkmale sind für Michael Mann wichtig: Ein wichtiger Hinweis für solche Leute, gerade aus dem rechtsextremen Spektrum, die das einzigartige Verbrechen des deutschen Volks an den Juden mit den Schweinereien anderer Nationen aufzuwiegen versuchen.

Somit ist Michael Mann mit seiner Arbeit ein Standardwerk für die moderne Friedens- und Konfliktforschung geglückt. Es ist gleichwohl ein Buch, das Angst macht: Denn kaum zuvor hat jemand so überzeugend die notwendige Demokratisierung in der Welt in einen Zusammenhang gestellt mit immer perfekteren Völkermorden – einem Phänomen, welches es in diesem Ausmaß erst in der Neuzeit gibt. Die Schlüsse von Michael Mann sind dementsprechend pessimistisch: Gerade für die südliche Halbkugel sieht er in den nächsten Jahren noch viele Szenarien, die wieder zu einem Völkermord eskalieren können … Darauf muss die Weltgemeinschaft eine Antwort finden – eine Hoffnung, die wohl nicht nur der Soziologieprofessor hegt.

|Originaltitel: The Dark Side of Democracy: Explaining Ethnic Cleansing
Originalverlag: Cambridge University Press 2005
Aus dem Englischen von Werner Roller
861 Seiten
ISBN13: 978-3-936096-75-0|
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Greiner, Bernd – Krieg ohne Fronten

Der Vietnamkrieg ist bis heute ein für die Vereinigten Staaten von Amerika nicht behobenes Trauma. Denn eigentlich waren sich die drei ihn führenden Regierungen unter Kennedy, Johnson, Nixon immer ganz sicher: Wir werden siegen. Wie und warum durch diese Sicherheit und durch eine völlige Fehleinschätzung der tatsächlichen Lage ein Gemetzel entstand, das bis heute die vietnamesische Gesellschaft und auch die USA belastet, erklärt der Hamburger Historiker Bernd Greiner in seinem jüngst erschienenen Sachbuch „Krieg ohne Grenzen. Die USA in Vietnam“. Er legt dabei eine Analyse jenes Konfliktes vor, in dem die Supermacht USA das mit ihr verbündete Süd-Vietnam unter allen Umständen gegen den kommunistischen Norden des Landes verteidigen wollte. Und verlor – mitten im Kalten Krieg mit der Sowjetunion eine Blamage ersten Grades, die noch dazu verheerend viele Menschenleben forderte, unzählige Krüppel hinterließ und durch den Einsatz von mit Dioxin versetztem Napalm immer noch viele vietnamesische Kinder behindert auf die Welt kommen lässt.

In seinem Werk nun listet Greiner die Kriegsverbrechen auf, die Soldaten der US Army während der Kriegszeit zwischen 1965 und 1975 verübten. Er beruft sich dabei auf lange unter Verschluss gehaltene Papiere der US-Regierung, ihrer Armee und ihrer Geheimdienste. Und kommt zu dem Schluss: Durch den Einsatz von zum Beispiel „body counts“, also leicht zu fälschenden Statistiken über die Zahl getöteter Vietkong, wurden die Soldaten der USA immer stärker unter Druck gesetzt, greifbare Erfolge zu präsentieren. Allerdings glich der Krieg vor Ort eher einer Suche, wie der Autor zeigt: Die kommunistischen Vietkong agierten als Guerilla und suchten nur in den seltensten Fällen eine offene Feldschlacht. So mussten die US-Soldaten gegen einen quasi unsichtbaren Feind kämpfen, geübt in der Handhabung von Minen und Hinterhalten. Dazu kamen das tropische Wetter, der undurchdringliche und düster anmutende Dschungel Vietnams, die vor allem ländlich geprägte Bevölkerung mit ihren fremden Sitten … Was aus dieser steten Unsicherheit entstand, lässt sich bei Greiner nachlesen, exemplarisch etwa beim berüchtigten Massaker von My Lai. Dabei griffen US-Truppen im März 1968 mehrere Dörfer an und töteten im Blutrausch rund 500 Zivilisten. Als der Massenmord Monate später öffentlich wurde, weil eine große amerikanische Zeitung berichtete, war das Entsetzen groß …

Der Fall My Lai ist typisch für Greiners Vorgehen. Er beschreibt die Verbrechen, bleibt dabei aber nicht nur Erzähler, der beteiligte Soldaten zu Wort kommen lässt. Vielmehr versucht der Autor auch, die Geschichte vor und nach den Massakern aufzuhellen, das Aufheizen der Männer durch ihre Generale, die unklare Befehlslage, später die versuchte Vertuschung und das lasche Handeln der Justiz. Greiner erläutert all diese Zusammenhänge detailreich, mit einer klaren Sprache und vielen unterschiedlichen Quellen. Gerade wegen dieses Faktenreichtums ist das Buch spannend bis zur letzten Seite, bietet es doch einen Einblick in die Seelenlage einer durch den Vietnamkrieg zutiefst verunsicherten Supermacht, deren „Heimatfront“ von einer immer stärker agierenden Antikriegsbewegung erschüttert wurde – und die deswegen ihre Soldaten immer mehr zu Erfolgen drängte, was wiederum die hemmungslose Gewalt weiter eskalieren ließ. In diesem Sinne ist „Krieg ohne Grenzen. Die USA in Vietnam“ brennend aktuell, steuern doch die USA im Irak auf eine ganz ähnliche Situation zu. Denn auch dort haben es die amerikanischen Streitkräfte mit einem scheinbar unsichtbaren Feind namens Terrorismus zu tun, der immer wieder Nadelstiche versetzt. So sterben US-Soldaten – und ihre lebenden Kameraden rächen sich. Die Bilder aus dem Folter-Gefängnis Abu-Ghraib sind nur ein Beleg dafür. Und so bahnt sich für die USA wieder ein Trauma an …

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Frank Schenk und die Chaos-Crew – Chaos Magazine Nr. 13

Sie waren die krasseste und verrottetste Grindcore-Band des Planeten: CARCASS, die sich um 1997 herum relativ unvermittelt auflösten. Was die Mitglieder heute machen und welche Hintergründe der Split damals hatte – solche Infos stehen im aktuellen „Chaos Magazine“ Numero 13. Die Macher des Blatts haben nämlich Ken Owen interviewt, den ehemaligen Drummer der britischen Grindcore-Legende. Owen hat 1999 eine schwere Gehirnblutung überlebt und erzählt, wie er sich nach einem langen Koma inzwischen wieder erholt. So ist 2004 mit seiner Unterstützung das CARCASS-Best-of-Album „Choice Cuts“ erschienen. Die Fragen an Owen sind klug gestellt, die Antworten ausführlich – und so erfahren die Fans viel aus seinem Leben nach dem Krankenhaus und über die sicken Geschichten, die CARCASS in ihrer Karriere so erlebten. Das Interview ist auf einer Doppelseite platziert, wegen der kleinen Schriftgröße aber doch ausführlich. Allerdings, und da wird es haarig: Da das Magazin als eigentlich schmucker Schwarz-Weiß-Druck erscheint und deshalb der Untergrund wie etwa bei CARCASS manchmal grau ist, wird darauf die weiße oder schwarze Schrift schnell relativ unleserlich.

Das Layout ist denn auch das generelle Problem dieses ansonsten erstklassigen Fanzines. So geschieht es VOMITORY etwa, dass ihr Doppelseiter quer steht, also quasi das Mag um 90 Grad gedreht werden muss, um die wegen der wiederum miesen Farbgebung sowieso schwer erkennbaren Interviewzeilen lesen zu können. Dafür haben die Zine-Designer erkennbar viel Arbeit in die Auswahl der zum Teil großartigen Fotos gesteckt, zudem ist jede Band mit ihrem großen individuellen Erkennungsschriftzug würdig vertreten. 78 prall gefüllte Seiten warten also auf den Leser – der allerdings schon eine Affinität zu extremen Klängen haben sollte. Besonders für die skandinavische Ecke interessieren sich die Macher des Chaos Magazines – die Bandauswahl mit zum Beispiel DISMEMBER, GRAVE, UNLEASHED, DARK TRANQUILLITY, AMON AMARTH, MAZE OF TORMENT, INCAPACITY oder ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET (ex-THE CROWN) spricht eine deutliche Sprache. Da bilden die Interviews mit OBITUARY und eben CARCASS fast eine Ausnahme.

Die Texte sind allesamt in interessantem Ton geschrieben, das verwendete Englisch für Leute mit normalen Schulsprachkenntnissen recht einfach verständlich. Cool sind auch die großen Reviewteile, bei denen viele Undergroundveröffentlichungen durchgenommen werden. Die Bewertungen scheinen dabei einen guten Mittelweg zwischen Fan-Euphorie und echter Kritikfähigkeit getroffen zu haben – die schleichende Tendenz mancher Metal-Postillen, auch noch den letzten Dreck hochzuloben, ist beim Chaos Magazine zum Glück noch nicht angekommen. Doch ein Umstand trübt das harmonische Bild: Da bekommt Metal Blade die besonders teure Rückseitenanzeige. Komischerweise sind gleichzeitig die meisten der mit einem Kasten als Sondertipp hervorgehobenen CD-Rezensionen ebenfalls Bands mit Metal-Blade-Vertrag – siehe UNEART, NEAERA, BORN FROM PAIN, CATARACT, FRAGMENTS OF UNBECOMING, PRIMORDIAL, FLESHCRAWL, GOD DETHRONED, CANNIBAL CORPSE und AMON AMARTH. Sieht etwas komisch aus, als wenn Interessen vermischt werden – aber das fällt ja bei vielen Metal-Blättern manchmal auf …

Dennoch, das Chaos Magazine ist lesenswert. Denn im Prinzip geht es hier um profunde Infos für Undergroundfreaks, die auch einmal andere Autoren lesen wollen als ewig nur dieselben Gesichter und Zeilen im RockHard, MetalHammer oder Legacy. Zudem sind dem gut gedruckten Heft noch zwei CDs beigelegt – Ausschnitte der aktuellen Scheiben von ARCH ENEMY und NEVERMORE sowie ein Sampler von MDD Records. Nett. So sind die fünf Euro inklusive Porto und Versand sicher nicht falsch investiert – denn wo Chaos draufsteht, ist ganz viel kreative und in Schrift gepresste Extreme-Metal-Energie drin – trotz kleiner Schwächen.

Das Heft erhaltet ihr unter CHAOS MAGAZINE, c/o Frank Schenk, Wormser Str. 40, 72760 Reutlingen, E-Mail: frank.schenk@schwaben.de .

Burgwächter, Till – Sorry, aber so isses! – Böse Texte für den Rest der Welt

Das Lieblingslexikon für Onliner namens Wikipedia lehrt uns über den Witz, dass dieses Wörtchen vom Althochdeutschen stammt, wo wizzi gleich Wissen hieß. Gemeint ist mit dem Witz als solchem ein kurz formulierter Sachverhalt, der in der „Pointe“ die plötzliche Option eröffnet, der angebotenen Information nicht mehr mit dem gebotenen Ernst zu begegnen – wobei die Betonung auf „plötzlich“ liegt.

Warum Heavy-Metal-Humorist Till Burgwächter diese Definition des Witzes einmal lesen sollte? Seine Satiren in „Sorry, aber so isses! – Böse Texte für den Rest der Welt“ sind zwar annehmbar für Leute, die sich ein wenig lustig machen wollen über das Treiben auf der Erde und dabei einfach einmal ihre eigenen Vorurteile bestätigt wissen möchten – aber im eigentlichen Sinne komisch schreibt er nicht. Burgwächters Texte sind zu vorhersehbar. Die Pointen lächeln schon Zeilen vorher um die Ecke und basieren ausschließlich auf Klischees. Da geht es gegen Rentner in ihren langsamen Autos. Gegen Beamte. Gegen Gospelchöre. Gegen Polizisten. Gegen alte Damen in Cafés. Eben gegen Menschen, die sich sowieso nicht wehren können und wunderbare Opfer für jeden Stammtisch sind – die alle zieht Burgwächter mal mehr, mal weniger gelungen durch den Kakao. Auch Sportler oder Schauspieler bekommen bei so einem Rundumschlag ihr Fett weg, keine Frage. Doch wirkt Burgwächter in seinen Texten nie souverän, sondern eher wie jemand, der sonst keinen Spaß in seinem Leben hat und deshalb möglichst sarkastisch, mitunter sogar zynisch gegen das wettert, was ihm an seinem Dasein nicht passt.

Damit ist er weit entfernt von den Qualitätsstandards, die einst etwa ein Dieter Hildebrandt in seinem unvergessenen „Scheibenwischer“ setzte, aber auch noch lange nicht an dem genialen Punkt, den heute etwa die Satirezeitschrift „Titanic“ durch ihre absolute Überhöhung des Sarkasmus mit jeder Ausgabe erreicht. Ein Vergleich tut da Not: Ein „Titanic“-Redakteur etwa raucht locker einen Joint und schreibt dabei über das neue Projekt von „DIE PARTEI“ – die Partei, die es auch wirklich gibt und die laut ihrem Programm die Mauer zwischen Ost und West wieder mit den Steinen der niederzureißenden Dresdner Frauenkirche aufbauen will. So etwas ist cool, das hat provokativen Stil. Burgwächter dagegen schreibt von der Bundeswehr, wie blöde alle sind, die dort arbeiten – das mag für ein Klischee stimmen und wohl auch in Wirklichkeit so sein. Aber was ist an dieser Erkenntnis witzig oder neu?

Das ist denn auch das Hauptproblem an „Sorry, aber so isses!“ – die meisten Themen sind zu oft schon durch den Kakao gezogen worden, Burgwächter überrascht kaum mit neuen Sichten auf die Welt. Freilich, an sich sind seine Texte recht anschaulich beschrieben, seine Sprache abwechslungsreich und ausdrucksstark. Dennoch langweilt Burgwächters Buch auf Dauer; manchmal, wenn die Weltsicht des Autoren zu sehr von der eigenen Meinung abweicht, ist es sogar regelrecht ärgerlich – und manches Gesabbel wie „Nur die Liebe zählt …“ oder „Die Dritten“ ist schlicht so an den Haaren herbeigezogen, dass es nicht mehr glaubwürdig klingt. Burgwächter ist damit wie sein satirelnder Gothic-Autoren-Kollege Christian von Aster bei dem Versuch gescheitert, gelungene Glossen eben nicht nur über die eigene Musik zu schreiben – schade eigentlich.

Sindri & Jarne – Cothurnus Vol. 7

Euch kotzen sie an, diese ewig gleichen Langweiler-Reviews in normalen Metalmagazinen? Ihr wollt nicht wissen, dass ein schwuchteliges Gothic-Metal-Album „teilweise ganz okay“ ist – obwohl eigentlich so überflüssig wie ein Sandkorn in der Wüste? Und ihr hasst Interviews, in denen Bands dauernd „unsere aktuelle Scheibe ist die beste“ sagen…? Dann ist das „Cothurnus“-Magazin für euch das richtige Heft: Hier werden Schwedenbands vergöttert, sämtliche Napalm-Records-Bands verrissen und Faschos verachtet – diese Zeitung ist Metal in Reinkultur! Mit einer gesunden Mischung aus Arroganz, Humor und dem fast schon elitären Wissen um gute Musik machen die beiden Herausgeber Sindri (alias Volk-Man von den APOKALYPTISCHEN REITERN) und Jarne (Booker beim Party.San Open-Air) ihrer metallischen Lebensfreude zum siebten Mal Luft, verarschen GORGOROTH, verulken sich mit den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS und rufen auf zum „Döner-Weitwurf gegen Rechts“. Außerdem ist noch ein neuer Schreib-Extremist zum Cothurnus-Team hinzugestoßen: Der ABV Schnakenburg holzt herzerfrischend ehrlich in jedes lächerliche Poserbeinchen.

Die Höhepunkte der messerscharfen „Cothurnus“-Anaylse der Metalszene anno 2004 sind die 101 Regeln „um als Metaller Anerkennung und Ruhm zu ernten“, die Auswertung zur Jahres-Poll-Frage „Welcher Band würdest du gerne mal ins Catering pissen?“ (souveräner Gewinner sind logischerweise die Nulpen von CREMATORY…) und die Nicht-Anerkennung der Auflösung von IMMORTAL. Eindeutiges Hitpotenzial tragen auch die zehn Verisse zum akustischen Verbrechen von SIEGFRIED „Eisenwinter“ (eine Napalm-Records-Band…) sowie das Interview mit Querus Hex, dem Oberförster aller Oberförster dieser Welt: Er erzählt von der bisher kaum berücksichtigten Wirkung, die bestimmte Baumarten auf den Erfolg von Black-Metal-Bands haben. Das ist großes Kino, genau wie das Rezept für „Nazi Goreng“. Im Reviewteil wird die eingeschlagene Linie konsequent weitergefahren: Auf der Punkteskala sind 0, 1, 2, 8, 9 oder 10 Punkte zu holen – in einer Welt der permantenten Alben-Schwemme ist auch eine nur durchschnittliche Scheibe Dreck.

That’s life! Angst vor großen Namen haben die Cothurnisten nicht, eine eingefahrene Band wie TIAMAT erhält 0 Punkte und Mr. Edlund den Hinweis, sich die Haare wachsen zu lassen. Die neue Scheibe von MY DYING BRIDE bekommt dagegen 10 Zähler und eine sehr persönlich gehaltene Rezension – wirklich lesenswert. Natürlich bleibt das akuelle „Cothurnus“-Heft auch in anderer Hinsicht lehrreich in Erinnerung: Hier werden in einem sechseitigen Gespräch die Hintergründe vom Zusammenbruchs des „Ars Metalli“-Labels geschildert (früher mit Bands wie DIE APOKALYPTISCHEN REITER oder MENHIR) – die Antworten kommen vom Ex-Chef (jetzt Chefin…) Dobberstein höchstpersönlich. Zu allem Überfluss erfährt der geneigte, sitzende oder auch stehende Leser am Ende auch noch, dass Karel Gott das uneheliche Kind eines gewissen Adolf H. ist. 66 Seiten sind insgesamt zu durchforsten, jedes Blatt davon lohnt sich, auch wenn das eigentlich ideenreiche Layout manchmal einen Tick augen- und lesefreundlicher sein könnte. Fazit: So muss ein Fanzine sein, respektlos, politisch inkorrekt, bösartig, intelligent, satirisch, augenzwinkernd und voller Herzblut für echten Metal. Gratulation und Danke!

Die 777er-Auflage des „Cothurnus“ ist jedes Mal recht schnell vergriffen. Wer sich beeilt, kann aber auf der Homepage des [Cothurnus]http://www.cothurnus.de noch ein Exemplar bestellen. Das Heft kostet fünf Euro und kommt sogar zusammen mit einem Poster „Döner-Weitwurf gegen Rechts“ in euer Haus…

Oliver Loffhagen und Co. – Animalize Vol. 29

Kreativer Engpass oder einfach nur ein schlechter Tag? Die 29. Ausgabe des [Animalize-Magazins]http://www.animalize.de ist im Vergleich zu den älteren Heften sehr schwach ausgefallen. Das liegt nicht an den wie immer recht informativ geführten Interviews aus der Feder von Herausgeber Oliver Loffhagen und seinem Team. Nein, es liegt eindeutig an der Themenwahl. Wo sich das Heft in vergangenen Ausgaben als mehr als breite Zeitschrift für alle Metalsparten präsentierte, kommen in der Nummer 29 Fans von brachialen Klängen deutlich zu kurz. Dafür darf ein musikalischer Nichtsnutz wie Joachim WITT auf vier Seiten erzählen, dass die Redakteure beim Metal Hammer und im RockHard vielleicht einfach nur „ein kaputtes Verhältnis zur deutschen Spache haben“, weil sie ihn verreißen. Es ist schon ungewollt lustig, angesichts der WITTschen Abfallmusik so etwas zu behaupten. Auch das vierseitige Interview mit JADED HEART-Frontmann Michael Bormann glänzt mit grenzdebiler Komik: Macht sich dieser Typ doch a) über die Kommerzialität seiner Ex-Kollegen von BONFIRE lustig und ist er b) schon mal bei RTL zum besten BON JOVI-Double Deutschlands gewählt worden. Wer im Glashaus sitzt… Ach ja, und Michaela Schaffrath alias „rattenscharf“ Gina Wild erzählt auf zwei Seiten über ihr autobiographisches Hörbuch, auf das die Welt schon immer gewartet hat. Geht’s noch?!

Außer diesen zehn Seiten Totalverlust erzählen OOMPH! über ihre Liebe zu Regisseuren wie David Lynch und Stanley Kubrick, berichtet MANTAS über seine eigene Band und davon, dass von VENOM erstmal nichts mehr Neues kommt. Zum Glück! Richtig gut ist der Talk mit den FARMER BOYS, die unter anderem eine Brücke zwischen Frischmilch und Metal schlagen. Dagegen bleibt das Interview mit einer Berliner Popband namens POEMS FOR LAILA schleierhaft – was suchen solche Typen in einem Metalheft, auch wenn sie musikalisch noch so anspruchsvoll sind…?! Auf der „Gut-Seite“ stehen dagegen die Frage-Antwort-Spielereien mit den reunierten Thrashern von ASSASSIN und das Geflachse mit KNORKATOR, dagegen braucht eine Band wie EISBRECHER und ihre Antworten kein Mensch. Für Melodie-Junkies gibt es noch abgedruckte Gespräche mit TAD MOROSE („LEFAY gibt es noch!“), RUNNING WILD (Juhu, Rock’n’Rolf plant keine Biographie) und EIDOLON, indem Schlagzeuger Shawn jedes Stück des aktuellen Albums ‚Apostels Of Defiance‘ analysiert. Noch was vergessen? Ja, ein Interview mit den Melodicrockern von HOUSE OF LORDS… Hinten im Heft stehen noch elf Seiten Reviews, alle recht abwägend beschrieben. Ein Verriss fehlt leider… Dazu sind noch drei Seiten mit Musik-DVD-Rezensionen angefüllt.

Was bleibt? Der Eindruck, dass die Redakteure ruhig mal wieder interessantere und härtere Bands ins Heft nehmen dürfen, so wegen der inhaltlichen Vielfalt. Dann kann man auch über das zum Teil schludrige Interview-Layout hinwegsehen, bei dem manchmal nicht zu erkennen ist, wo überhaupt die erste Frage des Gesprächs steht… Außerdem würden Albencover die Bleiwüste mit den CD-Reviews spürbar auflockern. Das Fazit kommt als eine Schulnote: Vier Plus, aber auch nur, weil es das Heft kostenlos gibt…

Oliver Loffhagen und Co. – Animalize Vol. 28

“Es war überfällig, unumgänglich, lang ersehnt, unausweichlich und soooo schön!” Die “Animalze”-Crew freut sich im Editorial der 28. Ausgabe wie eine Horde Schneekönige. Recht haben sie. Denn das 46 Seiten starke Heft besitzt zwar eine nicht ganz soooo souveräne Themenmischung und schon gar kein galaktisch innovatives Layout, dafür stecken in den einzelnen Interviews aber jede Menge Herzblut und Information.

So lernen wir, dass John Bush von ANTHRAX den Traum hat, “ohne alles zu sterben”. Geld allein macht eben doch nicht glücklich. Ähnlich minimalistisch ist Quorthon von BATHORY eingestellt, der zu der Erkenntnis gekommen ist, kein Hifi-Freak zu sein und lieber seine alten Kassetten laufen lässt. Später erzählt Quorthon noch, was ihm in den Anfangszeiten von BATHORY alles so passierte: Etwa die Story von einem Plastiksack voller Friedhofserde, der zu ihm per Post kam. Später stellte sich heraus, dass auf der Erde sogar ein weiblicher Fan masturbiert hatte. Wird der Briefträger damals einen Spaß gehabt haben…! Ingo Appelt hat bei seinem Interview ganz andere Probleme zu lösen und verdaut noch seinen Rauswurf bei ProSieben. EXTRABREIT werden auf fünf Seiten ausgewälzt und bemerken, dass zu ihren großen Zeiten das Wort “Kult” eine Synonym für Scheiße war. Dagegen räsonieren HELLOWEEN auf ihren drei Seiten unter anderem über existierende oder eingebildete “Zweifler und Neider”. Außerdem erfahren wir, dass LORDI gern mal die Geisterbahn im Vergnügungspark gestalten würde. So weit, so abwechslungsreich. Die Interviews sind allesamt gut lesbar, wenn auch manchmal einen Tick zu lang. Jedoch merkt man den “Animalize”-Schreibern ihre lange Erfahrung an, die Hälfte der Redaktion arbeitet sowieso hauptberuflich bei vampster.de. Die Qualität setzt sich auch in den sechs Review-Seiten fort – sie lesen sich allesamt gut und sind anschaulich geschrieben. Allerdings fehlt mir gerade bei den Kritiken der Drang, eine Scheiß-Platte auch einmal richtig runterzuschreiben, fast alle Reviews enden mit Kauf- oder Ancheck-Empfehlungen. Hier fehlt die flotte Spritzigkeit, die ein Magazin wie etwa das “Cothurnus” zu einem echten Lesehammer macht.

Das größte Problem des “Animalize” liegt aber woanders: So schön die Texte sind und sich das Papier anfasst, so bieder ist das Layout beim Öffnen des Heftes. Ganze Doppelseiten voll textlicher Bleiwüsten schrecken definitiv ab – da will nur weiterlesen, wer die zugehörige Band auch wirklich mag. Außerdem gibt es noch viel zu oft grobe und “echte” Layoutschnitzer. Ein Beispiel: Eigentlich sind die Interviewer-Fragen immer gefettet, dafür erscheinen die Antworten in “Normal”-Schrift. Dumm wird es nur, wenn sich plötzlich beide Schriftarten vertauschen – Verwirrung pur. Ähnlich schlecht sind die Anfänge der Interviews zu finden, hier wären Schriftzüge der Bands als Hinweis ganz angebracht. Außerdem schweben einige der herausgehobenen Zitate zu sehr im luftleeren Raum, der Leser hat keine Ahnung was sie bedeuten sollen – kleine Untertitel würden hier Wunder wirken.

Dennoch ist das “Animalize” ein empfehlenswertes und ehrliches Magazin, zumal es auf Konzerten und in Clubs zum Teil sogar kostenlos verteilt wird. Inzwischen haben sich besonders auf der [Homepage]http://www.animalize.de einige echte Perlen versteckt. Unter anderem gibt es inzwischen Interviews aus vierzehn Jahren Heftgeschichte und einen unglaublichen “Animalize-Girls”-Wettbewerb voller Anmut, Grazie und Rock’n’Roll… harhar! Ergo: Auf die nächsten Ausgaben und ein bis dahin verbessertes Layout!

PS: Das Heft gibt es noch zu bestellen. Sendet einfach zwei Euro an:

Animalize
Oliver Loffhagen
Postfach 1217
23752 Oldenburg

Persona Non Grata e.V. – Persona Non Grata

Das Heft beginnt im Editorial mit einer Abhandlung über Ledertangas mit „Warlock“-Applikation für Männer, zum Beispiel als „Schutz vor den Zumutungen des Lebens“. Ja, das PERSONA NON GRATA-Heft ist anders als andere Hefte – und besser. Die Macher verzichten auf den Tunnelblick und schauen in die Breite, alles (Un-)Mögliche von Pop bis Metal tummelt sich auf den fast 150 Seiten, Hauptsache es ist abgedreht und hat eine nachvollziehbare musikalische Seele. Das aktuelle Heft bietet für abgedrehte Metal-Heads genau den richtigen Fokus: Es gibt lange und informative Specials über die Labels „Relapse“ und „Rage of Achilles“. Gerade der „Relapse“-Teil über fast 17 Seiten besticht durch ein Interview mit dem Label-Chef Matt Jacobson und die Vorstellung der wichtigsten „Relapse“-Bands wie NASUM, DISFEAR und BURNT BY THE SUN. Außerdem wird noch das Sublabel von „Relapse“, die Schmiede von „Release“-Records ausreichend gewürdigt. Zu „Rage Of Achilles“ stehen 14 Seiten im Heft, ähnlich informativ, ähnlich schön geschrieben.

PERSONA NON GRATA hebt sich wohltuend vom restlichen Magazin-Einerlei ab. Fast poetisch geschriebene Berichte aus der Pop- bis Metal-Schiene lesen sich ähnlich gut wie die im Heft enthaltenen Kurzgeschichten. Der Hit der aktuellen Ausgabe ist ein Erfahrungsbericht von 1990: Ein Typ besucht darin mit seinen Freunden das erste „DDR-Grind-und-Noisecore-Festival“ und erlebt traumatische Ereignisse in einem Inferno aus Alk, Schlamm und Grindcore-Freaks. Die Reviews sind ebenso genial geschrieben, der Mundwinkel verzerrt sich öfters zu einem Lächeln, besonders die Verisse bestechen durch Häme und Bosheit. Damit ist PERSONA NON GRATA eine intellektuellere Variante des „Cothurnus“-Magazins, leider jedoch ohne ganz dieses Niveau zu erreichen. Das liegt einmal am manchmal etwas unübersichtlichen Layout, oft auch an der verwendeten und nicht unbedingt lesefreundlichen Schriftart. Wer sich allerdings in den Stil des dicken Heftes hineingefuchst hat, wird es auch bis zum Ende lesen, zumal tolle Anatomie-Fotos auch die Medizin-Freaks unter den Lesern befriedigen. Der Preis für die reguläre neue Ausgabe beträgt drei Euro. Allerdings gibt es noch eine besondere Ausgabe mit zwei CDs, die das Wort „Preis-Leistung“ neu definiert. Die Bonus-Edition kostest sechs Euro, dafür ist auf den zwei beiliegenden CDs fast der komplette Back-Katalog (WAHNSINN!!!) von „Realpse“ und „Rage of Achilles“ vertreten. Zudem kommt die teurere Ausgabe in einem edlen silbergeprägten schwarzen Umschlag. Die Bezugsadresse: Die Netzseite von [Persona Non Grata]http://cms.png-online.de/ oder Sven Hartig, Arthur-Hoffmann-Str. 69, 04275 Leipzig.

CD 1:
KAPTAIN SUN – Golden Harvest
HATEPULSE – God Of Hypocrisy
FACEBRAKER – Beyond Redemption
OMNIUM GATHERUM – Amor Tonight
APOCRYPHAL VOICE – Choose Your Side
AXIS OF PERDITION – To Walk The Corridors Of Hell
THE ENTITY – Duality
SONATA NOCTURNA – Hatefull
FROST – Rest In Piss
DARKFLIGHT – Under The Shadow Of Fear
DER GERWELT – Into Mayhem

CD 2:
BURNT BY THE SUN – Forlani
MASTODON – March Of The Fire Ants
NOSTALGIA – Occulta Fama
DYSRHYTHMIA – And Just Go
BURST – Sculpt The Lives
NILE – Sacrophagus
NASUM – Scoop
HIGH ON FIRE – Hung, Drawn And Quartered
AGORAPHOBIC NOSEBLEED – Mosquito Holding Human Cattle Prod
ALCHEMIST – Alpha Capelle Nova Vega
MANDIBLE CHATTER – Tangle In Delirium
TODAY IS THE DAY – Crooked
ALABAMA THUNDERPUSSY – Motor-Ready
PIG DESTROYER – Piss Angel
DILLINGER ESCAPE PLAN – Clip The Apex … Accept Instruction
vidnaObmana – Spore
NEUROSIS – The Tide (Single Edit)
DISFEAR – The Horns
HALO – Meat