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Verne, Jules – Reise um die Erde in achtzig Tagen

Mit diesem Hörbuch präsentiert der |Hörbuch Hamburg|-Verlag einen der großen Klassiker aus der Feder Jules Vernes, vorgetragen auf sechs CDs von Rufus Beck.

Der exzentrische englische Gentleman Phileas Fogg ist ein Mann der Gewohnheit. Den Großteil seines perfekt durchorganisierten Tages verbringt er dabei in einem vornehmen englischen Herrenclub Londons, dem Reformclub. Im Herbst des Jahres 1872 beherrscht ein Bankräuber, welcher eine enorme Summe Geld gestohlen hat, die Londoner Tagespresse. Die Mitglieder des Reformclubs debattieren über die Wahrscheinlichkeit, den Dieb zu finden und dingfest zu machen. Foggs meint, man würde den Täter schon finden, da aufgrund der zunehmend besseren Verkehrsbedingungen jeder Ort der Welt schnell zu erreichen sein. Er geht sogar so weit zu behaupten, dass es möglich sei, die Erde in lediglich achtzig Tagen zu umrunden. Diese Aussage bringt ihm den Spott der anderen Gentlemen ein, sodass Phileas Fogg auf der Stelle 20.000 Pfund – die Hälfte seines Vermögens – wettet und sich fast augenblicklich auf die Reise macht, um den anderen Herren den Beweis seiner These zu liefern. Sein neu eingestellter französischer Diener Passepartout, welcher auf der Suche nach einer ausgeglichenen Tätigkeit war, begleitet ihn auf der abenteuerlichen Reise. Per Eisenbahn, Schiff, Ballon und auf dem Elefantenrücken nehmen die beiden den Wettlauf mit der Zeit auf. Dabei haben sie jede Menge Gefahren zu bestehen, wie die Rettung einer jungen indischen Witwe vor dem Scheiterhaufen.

Die überstürzte Abreise Phileas Foggs in England resultiert jedoch in einer fatalen Konsequenz. Scotland Yard, vor allem der übereifrige Detektiv Fix, vermutet in Fogg den gesuchten Bankräuber. Dieser Verdacht erhält durch den ungewissen Ursprung von Foggs Vermögen weitere Nahrung. Fix macht sich auf den Weg, den vermeintlichen Verbrecher zu stellen.

Der 1873 erschienene Roman von Jules Verne ist ein Vorzeigeexemplar des klassischen Abenteuer- und Reiseromans des 19. Jahrhunderts. Exotische Orte, undurchsichtige Gefahren, moderne und skurrile Beförderungsmittel, dazu eine intelligente, spannende Handlung, welche mit einer Prise Humor gewürzt ist. Daher resultieren auch der anhaltende Erfolg des Buches, auch 130 Jahre nach dem Erscheinungsdatum, und die zahlreichen Verfilmungen und Variationen des Themas, wobei hier lediglich auf den monumentalen Film mit David Niven in der Rolle des Phileas Fogg hingewiesen werden soll. Hierbei ist interessant, dass sich der Blickwinkel im Laufe der Jahrzehnte geändert hat. Bei Erscheinen traf Jules Verne den Nerv der Zeit, die Gesellschaft befand sich in Aufbruchsstimmung und Verne propagierte wie in anderen Werken den unglaublichen technischen Fortschritt. Mit seinem Werk belegte er glaubwürdig, dass eine solche Reise in dieser Rekordzeit tatsächlich möglich sei. Heute muten der Roman und die beschriebenen Technologien natürlich altmodisch an und die Freude an dem Werk liegt zum Teil auch in der ausgestrahlten Nostalgie begründet. Der unumstrittene Glaube an die moderne Technik ist sicherlich heute einem gewissen technologischen Misstrauen gewichen und so denkt man sich bei vielen Abschnitten der Reise von Fogg und seinem treuen Begleiter, wie schön und unberührt die Natur einst war.

Das Hörbuch stellt eine erstklassige Umsetzung des Romans dar, was hauptsächlich an dem Sprecher Rufus Beck liegt. Er schafft es durch die wohlklingende Intonation und seine klare Sprechweise, den Zauber des Buches an den Hörer weiterzugeben. Die verschiedenen Ton- und Stimmlagen passen sowohl zu dem Erzähler als auch zu den zahlreichen unterschiedlichen Charakteren. Die beiden Protagonisten, Phileas Fogg und Passepartout, werden mit all ihren Eigenheiten und Facetten widergegeben. Neben der nasalen, etwas arroganten Sprechweise des Phileas Fogg, eines Upperclass-Gentlemans des 19. Jahrhundert, hat mich besonders der Kontrast zu seinem Diener beeindruckt. Es gelingt Beck nicht nur, den französischen Akzent glaubhaft zu imitieren, sondern auch die liebenswürdige Art des Passepartouts darzustellen. Noch intensiver als beim Lesen des Romans wächst einem dieser einzigartige Butler ans Herz. Das ist wirklich eine außergewöhnliche Leistung. So vergeht die Zeit wie im Flug und schon ist der Hörer am Ende der Geschichte und bei der letzten CD angelangt und würde am liebsten wieder von vorn beginnen.

Jules Verne wurde 1828 in Nantes geboren. Neben H. G. Wells in England und Kurd Laßwitz in Deutschland gilt er häufig als der Hauptbegründer der Science-Fiction-Literatur und ihr einflussreichster Wegbereiter. So beschrieb er viele technische Errungenschaften vor ihrer tatsächlichen Erfindung. Seinem anfänglich absoluten Glauben an den technischen Fortschritt folgte in späteren Jahren eine kritischere Auseinandersetzung mit den sich ergebenden gesellschaftlichen Konsequenzen. Bis zu seinem Tod im Jahre 1905 schrieb Verne über neunzig Romane.

Rufus Beck, Jahrgang 1957, arbeitete als Theater- und Filmschauspieler in den verschiedensten Rollen, bis er ab dem Jahr 2000 durch seine Tätigkeit als Sprecher der Harry-Potter-Bücher zahlreiche Preise erhielt und seither zu den begehrtesten Sprechern für Hörbuchproduktionen zählt.

Meyrink, Gustav / Tieck, Ludwig / Poe, Edgar Allen / Hoffmann, E.T.A. / Boutet, Frederik u. a. – Gespenster, Gespenster

Dieses |Langen Müller| Audio-Book präsentiert nach eigenen Angaben die Klassiker der phantastischen Gruselliteratur. Auf vier CDs mit einer Gesamtspieldauer von 310 Minuten werden von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler verschiedene schaurig-schöne, zumeist unbekannte Werke berühmter Autoren gelesen. Hierbei handelt es sich um „Das Gehirn“ (G. Meyrink), „Der blonde Eckbert“ (L. Tieck), „Der Teufel im Glockenstuhl“ (E. A. Poe), „Der Vampyr“ (E. T. A. Hoffmann), „Der Geist“ (F. Boutet), „Das Wachsfigurenkabinett“ (G. Meyrink), „Das Galgenmännlein“ (F. De la Motte Fouque), „Bal macabre“ (G. Meyrink), „Die Nacht in Brczwezmcisl“ (H. Zschokke) und „Die Vision des Herrn Lafitte“ (E. Filek).

Der Titel „Gespenster, Gespenster“ ist etwas irreführend, da es sich bei den vorliegenden Werken nicht um konventionelle Geistergeschichten handelt, sondern um subtile, schaurige Erzählungen, welche das Übernatürliche und den Tod als zentrale Themen behandeln. In „Der Vampyr“ treibt sich die geliebte Ehefrau des Grafen in der Nacht auf dem Friedhof herum und ihr Gatte macht eine grausige Entdeckung. Auch die Frau des „blonden Ritters Eckbert“ aus dem Harz trägt ein Geheimnis. Sie blickt auf eine seltsame Geschichte in ihrer Vergangenheit zurück und diese holt nun ihren Mann ein und treibt ihn an die Grenze des Wahnsinns. In „Bal macabre“ spielt der Wahnsinn auch eine große Rolle, denn die Toten laden zum Tanz und geben eine wahrlich makabre Vorstellung. Wie kann dort ein Lebender, der Beobachter diese Szenen ist, nicht wahnsinnig werden?

Das Hörbuch bietet einige schöne Stunden für dunkle, kalte Winterabende. Doch Vorsicht – der Hörer muss sich auf die Werke einstellen. Es sind keine einfachen Grusel- oder gar Horrorgeschichten, sondern Schauergeschichten aus einer Zeit, welche über hundert Jahre zurückliegt. Aus heutiger Sicht wirken daher einige Aspekte und Begebenheiten nicht wirklich gruselig. Aber die meisten dieser Klassiker erzeugen eine intensive und verstörende Atmosphäre, die man einfach genießen kann.

„Der Vampyr“ von E.T.A. Hoffmann variiert ein Thema, welches man leider zur Genüge kennt. Daher verliert diese Geschichte trotz einer wirklich ausgezeichneten Erzählweise an Reiz. „Der blonde Eckbert“ ist in meinen Augen in dieser Sammlung fehl am Platz. Es handelt sich hierbei um ein Märchen, welches lediglich einige Schauermomente aufweist. Doch die Handlung selbst ist sehr vorhersehbar und unglaubwürdig. Das von E. A. Poe weniger bekannte „Der Teufel im Glockenstuhl“ ist wie vom Meister gewohnt schwer zugänglich und im eigentlichen Sinn auch keine Gruselgeschichte. Es ist eine phantastische Parabel, die gewisse Eigenheiten von Poes Zeitgenossen kritisiert. Besonders gefallen haben mir die drei Geschichten von Gustav Meyrink. Der Erzählstil ist sehr ausgeklügelt und die Handlungen sind befremdend und faszinierend zugleich. Im „Bal macabre“ fühlt der Hörer sich förmlich hineingezogen in diese verrauchte, laute Kneipe, um zusammen mit den anderen Bohemiens mit dem Übernatürlichen konfrontiert zu werden. Auch „Das Gehirn“ und „Das Wachsfigurenkabinett“ sind exzellente Werke, die eine tiefe, absonderliche und bizarre Wirkung auf den Hörer ausüben.

Die Geschichten werden abwechselnd von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler gelesen. Beide arbeiten seit vielen Jahren als Schauspieler und haben in letzter Zeit schon verschiedene Hörbücher umgesetz. Auch bei „Gespenster, Gespenster“ gelingt es ihnen vorzüglich, den Werken das nötige Ambiente zu verleihen. Die klare Sprechweise und die verschiedenen Stimmlagen bei den Dialogen sind wirklich erstklassig.

Abschließend lässt sich sagen, dass es sich bei diesem Hörbuch um ein technisch sehr gut umgesetztes Werk handelt, bei dem es sich lohnt, auf Entdeckungsreise nach schauerlichen Geschichten jenseits des Mainstreams zu gehen.

Pohl, Frederik – Gateway-Trilogie, Die

_Gateway_

Der ehemalige Raumfahrer Robinette Broadhead erzählt in Rückblenden, wie er zu seinem sagenhaften Reichtum gekommen ist. Die Gespräche finden mit seinem Psychiater „Sigfrid Seelenklempner“, einer künstliche Intelligenz, statt. Broadhead leidet an einem großen Schuldkomplex, den Sigfrid in langen, analytischen Gesprächen freilegen möchte. Dabei erfährt der Leser die außergewöhnliche Lebensgeschichte des Rob Broadhead. In ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen, erhält er in jungen Jahren durch einen Lottogewinn die Chance, nach |Gateway| zu fliegen. Gateway ist ein ausgehöhlter Asteroid, in dem sich außerirdische Artefakte einer alten Rasse, der |Hitschi|, befinden. Dabei handelt es sich um kleinere Raumschiffe mit einer dem Menschen unbekannten Technologie, welche Flüge mit Überlichtgeschwindigkeit ermöglichen. Das größte Problem ist jedoch, dass nicht nur die Technologie, sondern auch die Handhabung und Steuerung für den Menschen unverständlich ist. So weiß man weder das Ziel der Schiffe noch die genaue Flugdauer. Die meisten dieser waghalsigen Prospektoren, welche sich in ein solches Raumschiff setzen, haben nichts mehr zu verlieren und hoffen auf ungeahnten Reichtum. Die Raumfahrer, welche nicht sterben, verloren gehen oder wahnsinnig werden, können nämlich Millionäre werden. Doch dafür müssen sie unbekannte Artefakte von Planeten mitbringen, so dass sie neben einer pauschalen Prämie, welche die Gateway-Gesellschaft zahlt, noch Bonus-Zahlungen aufgrund von weiteren technischen Entwicklungen auf Basis der gefundenen Gegenstände erhalten. Rob Broadhead hat dieses Glück und wird steinreich – doch er zahlt dafür einen hohen Preis, der letzte Flug endet in einer persönlichen Tragödie.

_Beyond the blue Event Horizon_

Die Abenteuer des Robinette Broadhead gehen weiter. Als reicher und einflussreicher Mann leitet er viele Projekte, welche das Geheimnis der Hitschi-Rasse ergründen sollen. Wer waren sie? Woher kamen sie und wo sind sie nun? Die Erde ist gebeutelt von Überbevölkerung, Armut und vor allem Hunger. Da wird eine Nahrungsfabrik der Hitschi entdeckt, welche aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff („CHON“) Nahrungsmittel produzieren kann. In der Fabrik existiert künstliches und natürliches Leben – doch sind es die Hitschi? Broadhead selbst wird aktiv, um den Dingen auf den Grund zu gehen.

_Hechee Rendezvous_

Einige Jahre nach den ersten Ereignissen – Rob Broadhead ist mittlerweile in die Jahre gekommen – sind viele Rätsel der Hitschi entschlüsselt. So ist es möglich, die Raumschiffe nach Belieben zu steuern und zu manövrieren. Doch neue Gefahren zeichnen sich ab. Terroristen halten die Welt in Atem und trachten Broadhead nach dem Leben. Zusammen mit seiner Frau und seinem Berater, dem Computerprogramm „Albert Einstein“, fliegt er an die verschiedensten Orte der Welt, um die Terrorismus-Gefahr zu bekämpfen und gleichzeitig den Hitschi nachzuforschen. Aus Angst vor einer unglaublichen Gefahr verließen sie vor langer Zeit die Galaxis. Diese schlafende Gefahr droht nun zu erwachen.

_Frederick Pohl_ wurde 1919 in New York als Enkel deutscher Einwanderer geboren. Nach dem Besuch der |Technical High School| in Brooklyn sympathisierte er in den dreißiger Jahren mit sozialistischen Bewegungen. Bereits im Alter von 20 Jahren übernahm er die Redaktion der SF-Magazine „Astonishing Stories“ und „Super Science Stories“ und fing zeitgleich mit dem Schreiben an. Nach seinem Kriegsdienst in Italien im Zweiten Weltkrieg begann er eine Karriere als Texter in einer Werbeagentur in New York. In den fünfziger und sechziger Jahren machte Pohl durch zahlreiche satirische Kurzgeschichten und Novellen, bei denen er seine Erfahrungen in der Werbeindustrie geschickt einbrachte, auf sich aufmerksam. Erst Ende der siebziger Jahre beginnt seine Karriere als anerkannter Autor von SF-Romanen. Neben den beiden Werken „Man Plus“ und „Jem“ ist es vor allem die vorliegende, mit verschiedenen Preisen ausgezeichnete Trilogie, welche ihm großen Ruhm auch außerhalb der USA bescherte.

_Die |Gateway|-Trilogie_ weist sehr viele sozialkritische Züge auf und kann als moderne Space-Opera bezeichnet werden. Vor allem im ersten Teil gewinnt der Roman durch eingestreute Werbetexte, Kleinanzeigen, Berichte und Aufsätze eine sehr ansprechende Authenzität. Dies und die geschickte Erzähltechnik zeugen von einem ausgefeilten Stil, wie man ihn in der Science-Fiction selten findet. Die aufgebaute Atmosphäre ist atemberaubend – der Leser sieht sich förmlich mit im Zimmer von Sigfrid Seelenklempner sitzen und lauscht gebannt seinen Ausführungen – während er sich auf der nächsten Seite in der schmierigsten Kneipe auf Gateway wiederfindet. Gateway mit seiner Struktur, seinen unverwechselbaren Gestalten und dieser angespannten Stimmung bleiben prägend im Gedächtnis. Ungeahntes Glück von erfolgreichen Prospektoren trifft auf unaussprechliches Leid der Hinterbliebenden, welche einen lieben Menschen in den Weiten des Alls verloren haben.

Pohl bringt dem Leser die Raumfahrt in den Hitschi-Schiffen nicht als romantisch verklärtes Abenteuer dar, sondern als abartigen Trip in die Abgründe der menschlichen Psyche. Die nackte Angst in der Einsamkeit eines Raumschiffs treibt die Prospektoren an die Grenze des Wahnsinns – während der Leser den Atem anhält und weiterlesen muss. Besonders gut im ersten Teil sind die vielschichtigen Therapie-Gespräche mit Sigfrid Seelenklempner, die einzigartige Stimmung und vor allem die Charaktere. Sie sind außergewöhnlich gut entwickelt und sehr lebensecht. Der Leser hat nach einiger Zeit das Gefühl, Rob Broadhead persönlich zu kennen. Dabei gibt es kein Gut-Böse-Schema, was sehr erfreulich ist. So passiert es schon mal, dass der Sympathieträger Rob seiner Freundin in einem Anfall von Eifersucht die Zähne ausschlägt. Beim Lesen wirkt eine solche Situation sehr befremdlich, aber vor allem sehr realistisch und lebensnah. Zusätzlich wird eine gewisse erotische und sexuelle Spannung aufgebaut, was ich in dieser Form bislang in keinem Science-Fiction-Roman erlebt habe. Dies ist jedoch sehr geschickt bewerkstelligt und durchaus ansprechend.

Der erste Teil der Trilogie hat mich dermaßen in seinen Bann gezogen – ein äußerst empfehlenswerter Lesespaß und sicherlich nicht umsonst ein legendäres Werk der Science-Fiction. Die Erwartungen an die nachfolgenden Bände sind daher naturgemäß sehr hoch – und wurden bei mir bitter enttäuscht. Nach dem psychologisch durchdachten ersten Teil mündet die Handlung dann in eine zweitklassige Abenteuergeschichte. Die Enträtselung der Hitschi nimmt viel von dem im ersten Teil aufgebauten Zauber. Es werden zwar zahlreiche interessante Ideen dargestellt – so die Bewohner der Nahrungsfabrik, aber die Handlung kommt dadurch kaum voran. Auch die Darstellung der physikalischen und politischen Zusammenhänge ist sehr simpel konzipiert und mutet teilweise unfreiwillig komisch an. Während im ersten Band viele Dinge, Zusammenhänge und Begebenheiten nur schemenhaft erwähnt wurden, werden später viele Verknüpfungen zu detailliert erklärt – dadurch geht viel Charme und Anziehung verloren.

Die größte Diskrepanz zwischen erstem Teil und Nachfolgebänden ist jedoch in den Charakteren begründet. Diese werden im zweiten und dritten Teil sehr unglaubwürdig entwickelt und dargestellt. Broadheads Frau S. Ya ist ein Paradebeispiel – sie sieht blendend aus, wird zur bestangezogenen Frau der Welt gewählt, ist eine geniale Informatikerin und bekommt mal schnell den Nobelpreis, um danach eine Fast-Food-Kette erfolgreich aufzubauen. Nach der detaillierten und glaubwürdigen Darstellung der Charaktere im ersten Teil ist dies ein sprichwörtlicher Schlag ins Gesicht. Dadurch geht sehr viel Freude an dem Roman verloren und es bleibt ein fader Nachgeschmack. Meine Empfehlung ist daher, den ersten Band unbedingt zu lesen – er verdient das Wort Meisterwerk – und die beiden anderen auszulassen.

Schwarz, Maren – Grabeskälte

Die Göltzschtalbrücke im Vogtland erlangte in den letzten Jahren traurige Berühmtheit, da sie Schauplatz vieler Suizide war. Eines Tages wird dort auch die Leiche der erfolglosen Krimiautorin Cora Birkner gefunden. Auf ihrem Computer findet sich ein Abschiedsbrief – somit ist die Sache für die Polizei klar: Selbstmord. Der Fall wird zu den Akten gelegt. Doch der ermittelnde Kommissar Henning Lüders und der Ehemann der Verstorbenen haben ihre berechtigten Zweifel. Nach seiner Pensionierung ermittelt Lüders auf eigene Faust weiter und entdeckt unheimliche Details in Coras Vergangenheit. Vor über zwanzig Jahren wurde ihre Klassenkameradin auf bestialische Art ermordet. Der Mordfall gilt als aufgeklärt, doch offensichtlich handelte es sich bei dem Täter damals um den falschen Mann. Cora kannte die Identität des wahren Mörders und hatte dieses Geheimnis ihr Leben lang gehütet. Doch von Albträumen und Schuldgefühlen geplagt, entschloss sie sich, mit ihrem Wissen an die Öffentlichkeit zu gehen – in Form eines Kriminalromans. Nachdem sie das Manuskript an einige Verlage geschickt hatte, starb sie. Lüders begibt sich auf die fieberhafte Suche nach dem Werk, als sich die Ereignisse überschlagen.

Maren Schwarz, Jahrgang 1964, lebt in einer kleinen Stadt im Vogtland und legt mit „Grabeskälte“ ihren zweiten Roman vor. Im Frühjahr 2005 wird ihr dritter Kriminalroman mit dem voraussichtlichen Titel „Dämonenspiel“ erscheinen.

„Grabeskälte“ wird auf dem schön gestalteten Buchumschlag des |Gmeiner|-Verlags als „Roman mit Psychothriller-Qualitäten“ angekündigt. Es handelt sich dabei um eine klassische Whodunnit-Geschichte, bei der der Leser den Kommissar bei seinen Ermittlungen begleitet und ihm hin und wieder einen Blick über die Schulter wirft. Die Grundidee des Romans, auch die Einbindung der Göltzschtalbrücke, ist sehr originell und hat sicherlich Spannungs-Potenzial. Dennoch weist das Werk einige Schwächen auf. Der Prolog ist sehr klischeebeladen und die Sprache mutet eher schwülstig an – weniger wäre sicher mehr gewesen. Danach geht es etwas besser weiter, doch die Sätze und Formulierungen kommen teilweise etwas holprig daher. Gewisse Abläufe und Situationen werden sehr naiv dargestellt und die handelnden Personen bedienen viele Klischees, so zum Beispiel der pensionierte, verwitwete Kommissar, der alle eigenen Interessen hinten anstellt, um den Fall aufzuklären. Dadurch erscheinen die Personen und ihre Handlungsweisen als leicht unglaubwürdig. Die vertrauten Menschen in Coras Umgebung, wie ihre Mutter oder ihr Ehemann Ralph, haben nie eines ihrer Manuskripte gelesen, obwohl Cora seit Jahren schrieb und sehr viel Wert auf die Meinung ihrer Familienmitglieder legte. Diese Tatsache wirkt daher sehr unglaubhaft und zu konstruiert. Trotzdem nimmt die Handlung während der zweiten Hälfte des Buches an Fahrt auf und es wird tatsächlich noch sehr spannend. Die Auflösung der Geschehnisse ist dabei mittelmäßig. Doch ungeachtet dieser Schwächen ist das Buch unterhaltend und stellenweise sehr reizvoll. Es ist sicherlich kein Meisterwerk des Kriminalromans und auch kein richtiger Psychothriller, aber für eine kleine Abwechslung im Wartezimmer oder am Strand durchaus geeignet. Dazu muss gesagt werden, dass aufgrund des geringen Umfangs (ca. 220 Seiten bei großer Schrift) nicht genügend Platz eingeräumt wurde, um die Hauptpersonen in einer adäquaten Art zu entwickeln und hinreichend glaubwürdig darzustellen.

Haldeman, Joe – ewige Krieg, Der

Es herrscht Krieg. Aufgrund eines Missverständnisses zwischen den Menschen und den außerirdischen |Tauren| ist ein erbitterter, brutaler Kampf zwischen diesen beiden Rassen ausgebrochen. Geführt wird der Krieg auf hohem technologischem Niveau im Weltraum und auf fremden Planeten – der einfache Soldat Will Mandella ist der Protagonist dieses Romans. Nach einer brutalen Ausbildung befindet er sich auf einem Raumschiff und wird von Gefecht zu Gefecht gebracht. Trotz modernster Ausrüstung und psychischer Konditionierung lässt ihn nur der ausgiebige Konsum von Drogen die Gräuel des Krieges ertragen. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten der Raumschiffe und der damit verbundenen Zeitdilatation vergehen auf der Erde Jahrzehnte und Jahrhunderte, während die Einsätze für die Soldaten von relativ kurzer Dauer sind. Zurück auf der Erde, kann sich Mandella nicht wieder eingliedern. Wichtige Bezugspersonen sind verstorben und die gesellschaftlichen Systeme wirken fremdartig auf ihn. Die Bevölkerung der Erde arbeitet nur noch für den Krieg, der sich verselbständigt hat. Mandella verpflichtet sich erneut und fliegt zum nächsten Kriegsschauplatz dieses ewigen Krieges …

Joe Haldeman wurde 1943 in Oklahoma City geboren und studierte Physik und Astronomie. In den Jahren 1968–1969 kämpfte er als Soldat in Vietnam und wurde schwer verwundet (Auszeichnung |Purple Heart|). Seit 1970 arbeitet Haldeman als Schriftsteller und ist seit 1983 am Massachussets Institute of Technology (MIT) tätig. Er ist verheiratet und lebt heute zeitweise in Florida und in Massachussets.

„Der ewige Krieg“ ist ein Anti-Kriegsroman, wie er schonungsloser kaum sein kann. Das Werk, das sowohl den |Hugo| als auch den |Nebula Award| gewonnen hat, reflektiert Haldemans Kriegserlebnisse in Vietnam. Der Mensch als Werkzeug – brutal instrumentalisiert für einen Krieg, den er nicht verstehen kann. Haldeman benutzt dabei die Mittel der Science-Fiction, um die Sinnlosigkeit des Krieges in aller Härte aufzuzeigen. Kommunikation zwischen Tauren und Menschen ist nicht möglich, Auslöser des Konflikts war ein Missverständnis, auf der Erde vergehen Jahrhunderte und der Krieg dauert an. Es ist eine albtraumhafte Welt und für den Protagonisten gibt es kein Entrinnen aus diesem Hades, wo jeder Tag dein letzter sein kann. Nachdem man überlebt hat, wird man mit einer Welt und Menschen konfrontiert, die man nicht mehr versteht. Eine Integration in diese Systeme ist nicht möglich – die Parallele zu den Vietnamheimkehrern in den USA ist überdeutlich. Der einzig mögliche Ausweg sind die weitere Verpflichtung als Soldat und die Rückkehr in ein hoffnungsloses Inferno. Während der Lektüre des Buches fiebert man förmlich mit dem Protagonisten mit – genau wie er frustriert und resigniert der Leser. Das Thema ist vor den derzeitigen Hintergründen unserer Welt aktueller denn je – immer wieder werden einem die Sinnlosigkeit und vor allem die menschenverachtende Schrecklichkeit eines Krieges vor Augen geführt. Dabei tut Haldeman dies nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern auf eine sehr intelligente Art und Weise. Das Buch ernüchtert und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack – es ist sicherlich nichts für schwache Nerven. Ein Meisterwerk der Science-Fiction, dss das Thema „Krieg“ in einer nachhaltigen Art und Weise variiert – dazu ist es enorm spannend. Dieser Anti-Kriegsroman ist ein Klassiker – indes jedoch nicht nur für Fans des Genres geeignet, da die Botschaft dieses harten und schonungslosen Werks von 1972 gegenwärtiger und wichtiger ist denn je.