Alle Beiträge von Maike Pfalz

Buchwurm, seit ich lesen kann :-)

J.K. Rowling – Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein

Jack und sein kleines Kuschelschwein sind unzertrennlich. „Swein“ ist aus weichem Frotteestoff gefertigt und in seinem Bauch mit kleinen Plastikbohnen gefüllt, anfangs war Swein lachsrosa, mit glänzend schwarzen Plastikaugen. Doch inzwischen ist Swein grau und ausgebleicht mit steifen Ohren vom vielen Nuckeln. Aber dadurch liebt Jack sein Kuschelschwein – kurz „DS“ genannt – nur umso mehr und nimmt es überall mit hin. Als seine Eltern sich trennen und seine Mutter beschließt, mit ihm in die Nähe der Großeltern zu ziehen, ist DS Jacks einziger Trost. Einige Zeit später lernt Jacks Mutter einen neuen Mann kennen, der eine Tochter Holly hat. An Heilig Abend kommt es im Auto zu einem schlimmen Streit zwischen Jack und Holly, bei dem Holly DS aus dem Auto wirft.

Jacks Opa versucht noch, DS wiederzufinden. Doch keine Chance. DS ist verschwunden und Jack kreuzunglücklich. Weihnachten ist für ihn gelaufen, und mit Holly will er nichts mehr zu tun haben. Als sie ihm als Ersatz ein anderes Kuschelschwein schenkt, schmeißt Jack es in die Ecke und trampelt darauf herum. Er nimmt sich vor, sich in der Nacht aus dem Haus zu schleichen, um DS zu suchen.

Doch als er in der Nacht aufwacht, hört er Stimmen in seinem Zimmer. Lautstark beschwert das Weihnachtsschwein sich darüber, dass Jack auf ihm herumgetrampelt ist. Dennoch bietet das Weihnachtsschwein ihm seine Hilfe an: Nur in der heiligen Weihnachtsnacht könne man sein geliebtes Schwein aus dem Land der Verlorenen zurückholen.

Gemeinsam machen die beiden sich auf die aufregende und turbulente Reise in das Land verlorener, vergessener, ausgedienter oder geliebter Kuscheltiere…
J.K. Rowling – Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein weiterlesen

Sebastian Fitzek – Amokspiel

Der Meister des Spannungsbogens ist zurück: Sebastian Fitzek beglückt seine Fans mit einem neuen packenden Thriller, den man schon von der ersten Seite an kaum aus der Hand legen kann. Denn wenn Fitzek eins beherrscht, dann das Stricken einer mysteriösen Geschichte, die den Leser von Anfang an in Bann schlägt. Schon wie bei der „Therapie“, so musste ich auch Fitzeks „Amokspiel“ praktisch an einem Stück lesen, um endlich hinter die Fassade blicken und die Zusammenhänge verstehen zu können …

Sebastian Fitzek – Amokspiel weiterlesen

Crichton, Michael – Sphere – Die Gedanken des Bösen

Seit „Timeline“ und „Jurassic Park“ gehört Michael Crichton sicherlich zu den großen amerikanischen Schriftstellern verfilmbarer Belletristik. Seine Bücher sind meist wissenschaftlich angehaucht und dabei lehnt Crichton, der selbst Medizin und Philosophie studiert hat, sich oft weit aus dem Fenster mit seinen pseudowissenschaftlichen Spekulationen.

„Die Gedanken des Bösen“ ist bereits mit Dustin Hoffman, Sharon Stone und Samuel L. Jackson in den Hauptrollen in „Sphere“ mehr oder weniger gut verfilmt worden.

Handlung

Zu Beginn lernt der Leser den dreiundfünfzigjährigen Psychologieprofessor Norman Johnson kennen, der zu einem vermeintlichen Flugzeugabsturz gerufen wird. In seiner Funktion als Psychologe muss er häufiger an solchen Katastrophenorten die Überlebenden psychologisch betreuen. Doch dieses Mal scheint die Situation eine andere zu sein, denn Norman hat nichts von einem Flugzeugabsturz vernommen. Mit einem Hubschrauber wird er an eine Stelle im Südpazifik zwischen Samoa und den Fidschi-Inseln gebracht, wo einige Navy-Schiffe versammelt sind. An Bord eines der Schiffe wird Norman mit Captain Barnes bekannt gemacht, der die Leitung über die geheime Aktion hat. Was ist eigentlich passiert?

Barnes fragt Norman zu seiner Abhandlung aus, die er einst für den Fall der Begegnung mit Außerirdischen verfasst hat. In dieser Abhandlung hat Norman ein optimales Team aus verschiedenen Wissenschaftlern zusammengestellt, die für eine Begegnung mit Außerirdischen am besten gewappnet wäre und diesen Wissenschaftlern sieht Norman sich plötzlich gegenüber, denn angeblich wurde in der Tiefe des Meeres ein außerirdisches Raumschiff gefunden, das das Team nun zusammen erkunden soll. Warum wird der Fund allerdings so geheim gehalten, wenn tatsächlich die sensationelle Entdeckung eines außerirdischen Objektes gemacht wurde?

Norman begibt sich zusammen mit den anderen Wissenschaftlern Beth, Harry und Ted in die Tiefe. Bei der Erkundung des Raumschiffes entdeckt das Team eine riesige Kugel, die sich leider nicht öffnen lässt. Was verbirgt diese Kugel? Und für welchen Zweck wurde das Raumschiff gebaut? Die Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel und versuchen mit allen Mitteln, die Kugel zu öffnen, doch Harry ist derjenige, der es schafft und in die Kugel verschwindet, bevor diese sich wieder verschließt. Als Harry einige Stunden später wieder heraustritt, ist er verwirrt und verändert, auf Norman und Ted wirkt er manisch, außerdem behauptet er, dass er sich nicht mehr an die Vorgänge im Inneren erinnern könne. Verbirgt Harry etwas vor den anderen? Kurz nach Harrys Rückkehr aus der Sphäre erhalten die Wissenschaftler eine verschlüsselte Nachricht auf den Monitor, die sie zusammen entschlüsseln können. Wer nimmt dort Kontakt mit ihnen auf? Ist es ein Wesen aus der Kugel? Plötzlich ist das Unterwasserhabitat von fremdartigen Lebewesen umzingelt und wird von einem Riesenkalmar angegriffen, der das Raumschiff zu zerstören droht.

Mein Eindruck

Die Geschichte klingt auf den ersten Blick sehr interessant und mysteriös, denn was übt eine größere Faszination auf die Menschheit aus, als die Aussicht auf den Kontakt zu außerirdischen Lebewesen? Doch was sich in der Kugel tatsächlich verbirgt, das bleibt dem Leser zunächst vorenthalten. Crichton ist sich selbst bei diesem Buch wieder treu geblieben, er schreibt kurze und knappe Sätze und Kapitel, um seine Leser gefangen zu halten. Langsam aber sicher wird die Spannung aufgebaut, da der Leser immer begieriger darauf wird zu erfahren, was es mit dem entdeckten Raumschiff tatsächlich auf sich hat und welche Mächte in der Kugel stecken.

Crichtons Bücher sind oft wissenschaftlich angehaucht und erhalten dadurch einen besonderen Reiz. Leider schreibt Crichton oft über Dinge, von denen er offenkundig keine Ahnung hat, denn ein Naturwissenschaftler würde nie eine ganze Garnele unter ein Elektronenmikroskop halten und mit dem Auge durch das Okular schauen, Crichton verwechselt an dieser Stelle leider das Elektronenmikroskop mit einem normalen Lichtmikroskop. Seine Bücher würden mehr Glaubwürdigkeit erhalten, wenn sie an mancher Stelle etwas intensiver recherchiert gewesen wären.

Nichtsdestotrotz versteht Crichton es, seine Leser zu packen und in fremde Welten zu entführen. Durch seine mysteriösen Geschichten und die Gefahren, in die sich seine Hauptcharaktere begeben müssen, wird der Leser an das Buch gefesselt, da er endlich das Geheimnis der Kugel entschlüsseln möchte. Abgesehen von den wissenschaftlichen Fachbegriffen ist Crichtons Sprache einfach zu verstehen und dadurch, dass seine Sätze kurz gehalten werden, erscheint das Buch recht kurzweilig. „Die Gedanken des Bösen“ wird durch die simple Sprache und die kurzen Kapitel zu einem schnellen und flüchtigen Leseerlebnis, das schnell in Vergessenheit gerät, wenn das Buch erst einmal ausgelesen ist. Crichton gelingt es zwar, etwas Spannung in seinem Buch aufzubauen, doch bleibt seine Sprache dabei so einfach und nüchtern, dass er damit leider keinen Eindruck mehr schinden kann.

In seiner Beschreibung konzentriert sich Crichton auf die Person des Norman Johnson, der zwar nicht aus der Ich-Perspektive erzählt, aber dennoch klar im Mittelpunkt des Buches steht. Über ihn erfährt der Leser etwas mehr als über die anderen Expeditionsteilnehmer, da er Zugang zu Normans Gedanken erhält. Am Rande erhalten auch Beth und Harry etwas mehr Gewicht, alle anderen Charaktere bleiben im Hintergrund, der Leser erfährt gar nichts über ihren Hintergrund oder ihre Gedanken. Ich finde es etwas schade, dass Crichton seinen Charakteren meist so wenig Gewicht verleiht, dass der Leser sich nicht in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Denn wenn die Wissenschaftler hier in Lebensgefahr durch den Kalmar geraten, lässt uns das überraschend kalt, da die persönliche Beziehung zu den Protagonisten fehlt.

Unterm Strich

Insgesamt ist das Buch wesentlich besser gelungen als der Film, da es näher auf die Faszination, die die Kugel auf die Wissenschaftler ausübt, eingehen kann und bestimmte Phänomene detaillierter beschrieben werden. Am Ende gelangt Norman zu einer Theorie, die die Vorgänge im Raumschiff erklären soll, doch wie er zu dieser Theorie gelangt, wird nur im Buch genauer erklärt.

Nach der Lektüre hatte ich das Gefühl, dass Michael Crichton langsam die Ideen ausgehen, denn vom Aufbau der Geschichte her weist sein neuestes Werk „Beute“ große Ähnlichkeiten zu „Die Gedanken des Bösen“ auf, denn auch hier sind Wissenschaftler eingeschlossen und müssen auf sich alleine gestellt großen Gefahren trotzen und auch das vermeintlich sichere Habitat verlassen, obwohl draußen der Tod durch unbekannte Wesen lauern könnte.

Mich persönlich konnten „Die Gedanken des Bösen“ nicht fesseln und begeistern, da mir einmal der eher schlechte Film in Erinnerung war und mir Crichtons Bücher insgesamt zu ähnlich sind. Ich habe erst drei seiner Werke gelesen, doch selbst damit konnte ich klare Parallelen erkennen, die mich davon zurückhalten, in nächster Zeit ein weiteres Buch von Michael Crichton in die Hand zu nehmen und zu lesen. Ich würde mir wünschen, dass Crichton seinen Charakteren mehr Farbe verleiht und sich mit seinen wissenschaftlichen Behauptungen nicht zu sehr aus dem Fenster lehnt. Leider ist dem Autor mit diesem Buch kein großer Wurf gelungen, „Die Gedanken des Bösen“ unterhält zwar recht gut, hebt sich aber nicht vom Durchschnitt ab.

Taschenbuch: 480 Seiten
O-Titel: Sphere, 1987
ISBN-13: 9783442458547
https://www.penguin.de/Verlag/Goldmann/4000.rhd

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Indriðason (Indridason), Arnaldur – Frostnacht

Ein kleiner thailändischer Junge – vermutlich erst zehn Jahre jung – wird in den Straßen Reykjavíks tot aufgefunden. Sein Anorak ist zerrissen und eine Blutspur spürt zu seinem Fundort. Elínborg ist schockiert und fragt sich, was in Island überhaupt los ist, aber auch Erlendur und sein Kollege Sigurður Óli lässt der grausige Fund keineswegs kalt. Wer könnte bloß ein Interesse gehabt haben, einen so kleinen Jungen zu erstechen? Denn danach sieht es aus – obwohl kein Messer in der Nähe des Fundorts oder des Tatorts gefunden wird, deutet alles auf einen Messerstich hin. Hat die Tat etwa mit Ausländerfeindlichkeit zu tun? Erlendur und seine Kollegen können es sich von Anfang an gar nicht anders vorstellen.

Der kleine Stefán, der den toten Elías gefunden hat, kann den Kriminalbeamten einen Hinweis geben, wo man die Mutter des ermordeten Jungen finden kann, auch weiß er, dass Elías einen größeren Bruder gehabt hat, doch dieser – Niran – ist seit mittags nicht auffindbar. Erst spätabends findet Erlendur den völlig verstörten Jungen bei den Mülltonnen und kann ihn zu seiner erleichterten Mutter Sunee bringen. Niran ist allerdings nicht in der Lage, eine Aussage zu machen, auch seine Mutter kann ihn nicht zum Reden bringen. Am nächsten Tag jedoch kann Sunee ihren Sohn durch eine Unachtsamkeit des Wachpolizisten verstecken. Dies lässt Erlendur nun vermuten, dass Niran mehr über den Tod seines Bruders weiß oder vielleicht sogar daran beteiligt gewesen ist.

Erlendur, Elínborg und Sigurður Óli machen sich auf Spurensuche in der Schule des ermordeten Elías, wo ihnen alle Mitschüler und Lehrer versichern, dass Elías – im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Niran – keine Feinde gehabt hat. Doch treffen Erlendur und seine Kollegen dort auf einen ausländerhassenden Lehrer, der ausgerechnet am Tattag einen heftigen Streit mit Niran gehabt hat, außerdem behaupten einige Schüler, dass Niran in Drogengeschichten verwickelt gewesen sei. Gleichzeitig befragen die drei Beamten einen Kriminellen, der in Elías‘ Nachbarschaft wohnt und bereits mehrfach wegen Kinderpornografie festgenommen wurde. Andrés streitet aber jede Beteiligung an dem Verbrechen ab und behauptet, von nichts zu wissen, gleichzeitig bringt er Erlendur auf die Spur eines mysteriösen und gefährlichen Mannes, der vor kurzem in der Gegend aufgetaucht ist. Der im Sterben liegende Marian Briem kann Erlendur den entscheidenden Hinweis geben, um wen es sich dabei handeln könnte. Als Erlendur dann plötzlich noch anonyme Anrufe einer unbekannten Frau erhält, ist die Verwirrung perfekt. Wie hängt alles miteinander zusammen? Das fragen sich nicht nur Erlendur und Co., sondern das fragt man sich auch als Leser …

Wieder einmal schickt Arnaldur Indriðason seinen erfolgreichen Kriminalhelden Erlendur los, um mysteriöse Verbrechen aufzuklären, und der Beginn des Buches ist gleich ein Paukenschlag: Ein kleiner Junge im zerrissenen Anorak wird ermordet im Schnee aufgefunden, obwohl alle Mitschüler und Lehrer beschwören, dass Elías stets ein netter und zurückhaltender Junge gewesen sei, der sich nie Feinde gemacht und sich viel Mühe gegeben habe, sich in Island einzuleben. Alles deutet also auf einen Akt von Ausländerfeindlichkeit hin. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der Isländischlehrer Kjartan nicht nur gegenüber seinen Kollegen und Schülern ausländerfeindliche Sprüche macht, sondern aus seinem Hass gegenüber Einwanderern auch in der Befragung durch Erlendur und seine Kollegen keinen Hehl macht. Doch bei Indriðason ist nichts, wie es zunächst scheint, am Ende hat er einige Überraschungen parat, die so nicht absehbar waren.

Die Ermittlungen dümpeln etwas ziellos vor sich hin; niemand in Elías Bekanntenkreis kann sich einen Reim auf die Tat machen und keiner weiß, warum Niran so verstört ist und Sunee ihren älteren Sohn in Sicherheit gebracht hat. Erlendur plagt sich aber noch mit einem weiteren aufzuklärenden Fall herum, denn schon vor Wochen ist eine Frau verschwunden, deren Mann höchstwahrscheinlich fremdgegangen ist. Liegt hier ein Verbrechen vor? Hat der Mann seine Frau aus dem Weg geschafft, um frei zu sein für seine Geliebte? Oder konnte die Frau die Untreue nicht ertragen und hat ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt? Als Erlendur anonyme Anrufe einer verzweifelten Frau erhält, ist er sich sicher, dass es sich um die verschwundene Frau handeln muss, und hegt nun Hoffnungen, dass diese noch lebt und sich nur vor ihrem Ehemann versteckt hält. Doch wie passt die Geschichte um den Kinderpornografiefan Andrés in das Gesamtgefüge hinein? Zunächst hat es den Anschein, als könnte genau hier die Lösung des Falles schlummern, doch am Ende werden wir ernüchtert feststellen müssen, dass dieser Handlungsfaden leider keinerlei Zusammenhang mit der eigentlichen Geschichte hat. Hier fragt man sich dann schon, warum Indriđason derlei überflüssige Informationen in seinen Roman einstreuen musste.

Auch Erlendurs Familienprobleme erhalten wieder viel Raum in der Geschichte. Inzwischen ist Erlendur glücklich mit seiner Freundin und denkt auch schon über das Zusammenziehen nach, doch seine Tochter Eva Lind ist eifersüchtig auf seine Freundin und fühlt sich noch mehr vernachlässigt als ohnehin schon. Sie benimmt sich wieder einmal wie ein kleines vernachlässigtes Kind, das von ihrem Vater getröstet werden möchte. In diesem Buch hat auch Sohn Sindri einige Auftritte, doch auch diese bringen weder den Fall noch die Geschichte um Erlendurs Leben voran, warum also diese sinnfreien Besuche Sindris? Natürlich dürfen auch die Erinnerungen an Erlendurs verschollenen Bruder nicht fehlen, der vor zig Jahren in einem Schneegestöber verschwunden ist, aus dem Erlendur selbst gerettet werden konnte. Erlendur hat es sich nie verzeihen können, dass er seinen Bruder im Unwetter verloren hat, immer noch gibt er sich die Schuld am Tod des Bruders. In „Frostnacht“ gibt es nun erste Hinweise, dass damals noch mehr geschehen sein muss, denn Erlendurs Kinder beginnen sich zu fragen, warum der verschollene Bruder nie gefunden wurde. Kleine Hinweise gibt uns Erlendur, die dieses Rätsel lösen könnten, doch gewinnt man den Eindruck, dass noch mehr damals geschehen sein muss, das Erlendur uns immer noch nicht offenbaren will. Ganz ehrlich: Langsam beginnt diese Geschichte zu nerven und man würde sich wünschen, dass Erlendur endlich einmal Klartext redet und die ganze Geschichte jemandem anvertraut, damit hier einmal ein Schlussstrich drunter gezogen werden kann. Erstmals muss ich daher sagen, dass mich die persönliche Rahmengeschichte rund um Erlendur nicht überzeugt hat. Aber auch die anderen charakterlichen Weiterentwicklungen gelingen nicht gut: Sigurður Óli weiß nun, dass seine Frau nie Kinder bekommen kann. Sie möchte deswegen ein asiatisches Kind adoptieren, doch Sigurður Óli sträubt sich, was die Ehe stark belastet. Nie erfahren wir jedoch, was Sigurður Ólis Gründe für die Ablehnung der Adoption sind. Auch von Elínborg erfahren wir nur, dass ihre Tochter die Grippe hat und sich später auf dem Weg der Besserung befindet, mehr aber nicht. Die charakterliche Ausgestaltung lässt hier etwas zu wünschen übrig.

Insgesamt hat die Geschichte durchaus Potenzial. Die Tat ist so grausam, dass sie einem auch beim Lesen ans Herz geht und man sich nichts sehnlicher wünscht, als dass der Täter dafür zur Rechenschaft gezogen werden möge. Doch dann gehen die Ermittlungen ziellos voran und Indriðason verwirrt seine Leser mit vielen unnützen Zusatzinformationen, die die eigentliche Handlung nicht voranbringen, sondern eher ausbremsen. Darunter leidet dann schließlich auch der Spannungsbogen, obwohl sich das Buch dank der gehäuften wörtlichen Rede sehr flott durchlesen lässt – und das, obwohl oftmals ganze Wörter fehlen und den Sinn entstellen. Am Ende geschieht die Auflösung des Falles ganz |en passant|, Erlendur hat die zündende Idee, die sich dem Leser kaum erschließt; hier geht alles holterdipolter, sodass der Leser eigentlich nur noch staunend dasitzt und stirnrunzelnd das Buchende verfolgt. Wirklich schade, dass Arnaldur Indriðason aus der vorliegenden Thematik nicht mehr gemacht hat, der Buchbeginn war nämlich noch ausgesprochen vielversprechend, an der weiteren Ausführung hapert es dann aber.

_Bibliographie:_

* Synir Duftsins. 1997 (deutsch: Menschensöhne)
[Rezension 1217 von Michael Matzer zur Lesung 2005

* Dauðarósir. 1998 (noch nicht auf Deutsch erschienen)

* Napóleonsskjölin. 1999 (deutsch: Gletschergrab)
[Rezension 3068 von Michael Matzer zur Lesung 2006

* Mýrin. 2000 (deutsch: Nordermoor)
[Rezensionen 402 von Dr. Maike Keuntje & Dr. Michael Drewniok zur Buchausgabe 2003

* Grafarþögn. 2001 (deutsch: Todeshauch)
[Rezensionen 856 von Dr. Maike Keuntje & Dr. Michael Drewniok zur Buchausgabe 2004
[Rezension 2463 von Michael Matzer zur Lesung 2006

* Röddin. 2002 (deutsch: Engelsstimme)
[Rezensionen 2505 von Dr. Maike Keuntje & Dr. Michael Drewniok zur Buchausgabe 2004/2006
[Rezension 721 von Michael Matzer zur Lesung 2004

* Bettý. 2003 (deutsch: Tödliche Intrige)
[Rezension 1468 von Dr. Maike Keuntje zur Buchausgabe 2005

* Kleifarvatn. 2004 (deutsch: Kältezone)
[Rezension 2274 von Dr. Maike Keuntje zur Buchausgabe 2006
[Rezension 2258 von Michael Matzer zur Lesung 2006

* Vetrarborgin. 2005 (deutsch: Frostnacht)

* Konungsbók. 2006 (noch nicht auf Deutsch erschienen)

http://www.edition-luebbe.de/

Rowling, Joanne K. – Harry Potter and the Deathly Hallows (Harry Potter 07)

Im Jahr 2000 begann für mich die Geschichte um Harry Potter, als ich ein zweimonatiges Sommerpraktikum in Glasgow absolvierte, und zwar genau zur Zeit des Erscheinens von Band 4. Damals wunderte ich mich wochenlang, was dieser Harry Potter denn für ein Schriftsteller sein könnte, von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Als mir dann zum Abflug die Lektüre ausging, kaufte ich damals kurzerhand Band eins, um anschließend völlig in der Potterwelt zu versinken. Zugegeben, langsam kann es einem schon fast peinlich werden, weil man Opfer der Pottermanie geworden ist, weil mir der Wirbel rund um den kleinen Zauberer und die zugehörigen Bücher inzwischen schon zu viel werden, trotzdem kann ich mich der Magie der wunderbaren Welt, die die Bücher mir eröffnen, einfach nicht entziehen.

_Wunderwelt Potter_

Was genau eigentlich die Faszination ist, die Harry Potter ausübt, kann ich kaum beschreiben. Vielleicht ist es die fantasievolle Welt Hogwarts, vielleicht sind es die sich stetig weiterentwickelnden Charaktere, vielleicht ist es der Wunsch, in eine so magische Welt eintauchen zu können, in der sich dreckiges Geschirr per Zauberspruch von alleine abwäscht, vielleicht ist es Joanne K. Rowlings ausschmückende Sprache, die mit großer Liebe zum Detail auch jede kleinste Kleinigkeit zu würdigen weiß, höchstwahrscheinlich ist es aber genau die Kombination aus all diesen erfolgversprechenden Komponenten.

Harry Potter – das ist für seine Antifans ein kleiner arroganter Zauberer, der in einem Kinderbuch auftritt, um die Welt zu retten. Objektiv betrachtet, mag es vielleicht sogar genau darum gehen. Rowling beschreibt den üblichen Kampf von Gut gegen Böse, wobei Harry mit seinen Anhängern das Gute verkörpert und Voldemort – oder besser „he who must not be named“, denn seinen Namen darf man nicht mehr öffentlich aussprechen im siebten Band – mit seinen Deatheaters, zu Deutsch Todesser, verkörpert das durch und durch Böse.

Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind klar; hier zeichnet JK Rowling einem Kinder- oder Jugendbuch entsprechend in Schwarzweiß, doch gibt es auch immer wieder Charaktere, die sich nicht so leicht einsortieren lassen. Einer davon ist Severus Snape, der im sechsten Teil endlich die Verteidigung gegen die dunklen Mächte unterrichten darf und zu dem Dumbledore ein stets unerschütterliches Vertrauen hat, aber Snape ist auch derjenige, der gen Ende von Band 6 den großen Schuldirektor eiskalt ermordet. Ist Snape also doch wieder zum Anhänger Voldemorts geworden? In Band 7 erhalten wir endlich die allumfassende Erklärung. Aber auch Draco Malfoy, der im vergangenen Band noch versuchte, Voldemorts Aufmerksamkeit zu erheischen, zögert, wenn es darum geht, die Seiten zu wählen. Hier endlich eröffnen sich uns viele Erklärungen, hier endlich erfahren wir viele Hintergründe.

Mit dem sechsten Band hatte Joanne K. Rowling die Weichen gestellt für den fulminanten Abschluss ihrer Potter-Reihe: Snape ermordet Dumbledore, und Harry, Ron und Hermione beschließen, im kommenden Jahr nicht mehr an die Schule zurückzukehren. Sie haben nämlich von Dumbledore einen neuen Auftrag erhalten: Dumbledore hat ihnen erzählt, dass Voldemort seine Seele aufgespalten und in so genannten Horcruxen gespeichert hat. Einer davon ist bereits in Band zwei zerstört worden, nämlich Tom Riddles Tagebuch. Im sechsten Buch konnte Dumbledore einen zweiten zerstören, ein dritter wurde ihm allerdings von einem gewissen R. A. B. vor der Nase weggeschnappt. Erst wenn alle Horcruxe zerstört sind, kann auch Voldemort vernichtet werden, denn erst dann ist seine Seele komplett vernichtet. So weit also zur Ausgangssituation vor dem finalen Band.

_Auf der Zielgeraden_

Harrys 17. Geburtstag steht vor der Tür und damit auch der Tag, an dem er nicht nur volljährig, sondern auch der Schutzzauber seiner Mutter seine Wirkung verlieren wird. Ab diesem Tag wird Harry also nicht mehr länger sicher sein bei den Dursleys, sodass der Orden des Phönix einen guten Plan ausgeheckt hat, um Harry an einen sicheren Ort zu bringen. Doch ahnt der Orden noch nicht, dass Severus Snape das genaue Transportdatum bereits an Voldemort verraten hat. Bevor der halbe Orden im Privet Drive auftaucht, können die Dursleys sich noch in Sicherheit bringen und verabschieden sich mehr kühl als herzlich von Harry – nur Dudley zeigt unerwartet zum ersten Mal Gefühle, da er ahnt, dass er seinen Cousin (der ihm immerhin das Leben gerettet hat) möglicherweise zum letzten Mal sieht.

Mad Eye Moody, der das Rettungskommando anzuführen scheint, unterbreitet Harry seinen Plan, der darin besteht, dass mehrere Zweiergruppen aus dem Haus der Dursleys an einen sicheren Ort fliehen, um die Todesser zu verwirren. Dazu trinken Harrys Freunde Polyjuicepotion, um sich in Harry zu verwandeln. Doch als die Zweiergruppen dann zu ihrer gefährlichen Flucht aufbrechen, werden sie schon von zahlreichen Todessern erwartet. Zunächst ahnen diese noch nicht, dass der echte Harry bei Hagrid auf dem alten Motorrads Sirius‘ sitzt, aber ein verräterischer Zauberspruch ist es dann, der den wahren Harry Potter entlarvt und für eine sehr turbulente Flucht ins Haus der Familie Tonks sorgt.

Dennoch – wie könnte es am Anfang des Buches auch anders sein? – erreichen Harry und auch Ron und Hermione sicher das ausgewählte Versteck des Orden. Während sie eigentlich gemeinsam die Suche nach den Horcruxen planen wollen, macht ihnen Rons Mutter einen Strich durch die Rechnung, denn Bills und Fleurs Hochzeit steht bevor und Mrs. Weasley beschäftigt die drei dermaßen, dass diese gar nicht zum Nachdenken kommen. Das liegt aber wohl weniger daran, dass wirklich so viel vorzubereiten ist, als daran, dass Mrs. Weasleys Mutterherz mit ihr durchgeht und sie ihren Sohn nicht verlieren will. Der hat ihr nämlich verkündet, dass er nicht mehr nach Hogwarts zurückkehren wird, sondern seinen Freund Harry bei einer geheimen Mission unterstützen will, über die er niemandem etwas verraten darf.

Trotz all der ausgefeilten Hochzeitsvorbereitungen endet die Feier plötzlich und nicht sonderlich erfreulich, als sie durch die Nachricht gestört wird, dass der Minister für Magie ermordet wurde und Voldemort damit die Macht über das Zaubereiministerium nun vollends an sich gerissen hat. Alle Gäste fliehen ihn Panik, denn nachdem nun auch Snape zum Schuldirektor in Hogwarts ernannt wurde und einige der Lehrer durch Todesser ersetzt wurden, breitet sich Voldemorts Macht dermaßen aus, dass der Orden des Phönix kaum noch sicher vor ihm ist. Harry, Ron und Hermione flüchten sich zunächst in Sirius‘ Haus, das ihnen allerdings nicht lange als Zuflucht dienen kann, denn durch eine kleine Unachtsamkeit offenbaren sie diesen Standort den Todessern. Doch vorher lösen die drei dank des Hauselfs Kreacher noch ein wichtiges Rätsel, das Harry schon seit langem beschäftigt hat. Im Haus seines Patenonkels nämlich findet Harry endlich heraus, um wen es sich bei dem mysteriösen R. A. B. handelt, der den Horcrux entwendet hat. Diese Information hilft Harry allerdings kaum weiter, denn der Horcrux ist verschwunden und muss einer uns nicht unbekannten Person aus dem Zaubereiministerium entwendet werden.

Während die meisten von Harrys Mitschülern nach Hogwarts zurückkehren, befindet dieser sich gemeinsam mit seinen beiden besten Freunden auf der Flucht vor Voldemort und verzweifelt derweil immer mehr, weil er das Rätsel um die Horcruxe nicht lösen kann und somit seinem Ziel, Voldemorts Seele zu zerstören, nicht näher kommt. Doch bald beginnt ein Wettlauf mit der Zeit: Während Harry, Ron und Hermione nämlich kleine Streitigkeiten unter Freunden ausfechten, ist Voldemort auf der Jagd nach einer Reliquie, die ihn unbesiegbar machen soll …

_Ausgepottert?!_

Heiß erwartet wurde der abschließende Band der Harry-Potter-Reihe, der alle bisher dagewesenen Startauflagen sprengt und eifrige Fans dazu verleitet hat, tagelang vor der Buchhandlung zu kampieren, um bei Erscheinen des Buches der Erste in der Schlange zu sein, der das gute Stück erwerben darf. Über wahrscheinlich kein Buch wurde so viel spekuliert und berichtet wie dieses. Ein Hacker soll sich angeblich bei |Bloomsbury| eingehackt haben und hat dann lange vor Erscheinen eine eigene Zusammenfassung geschrieben, die sich aber wohl doch als falsch erwiesen hat. Viele Mutmaßungen gab es, wie das Ende aussehen könnte, wer stirbt und wer überlebt. Angesichts der langen Todesliste aus Band 7 dürfte wohl jeder einige Tipps für mögliche Opfer richtig abgegeben haben, aber was sich Joanne K. Rowling wirklich für den Abschluss überlegt hat, das konnte man wohl erst seit dem 21. Juli 2007 nachlesen.

Viele Fragen waren offen geblieben, Joanne K. Rowling hat es immer geschickt eingefädelt, dass am Ende eines Buches so vieles unklar geblieben ist, dass man zwangsläufig sehnlichst auf die Fortsetzung gewartet hat. Vor zwei Jahren wurde heftig spekuliert, wer denn R. A. B. sein könnte und was Snape für ein dunkles Spiel treibt, aber nun endlich haben wir die Antwort auf alle offenen Fragen erhalten. Joanne K. Rowling schafft es auf unterhaltsamen und kurzweiligen 607 Seiten, alle losen Handlungsfäden schlüssig zusammen zu führen. Obwohl Albus Dumbledore im letzten Teil sein Leben lassen musste, spielt er auch im vorliegenden Band wieder eine wichtige Rolle, denn Schmierfink Rita Skeeter hat in rekordverdächtigen vier Wochen eine 900-seitige Biografie über den großen Magier verfasst, die nun endlich die Wahrheit ans Licht bringen soll. So erfahren wir vieles aus Dumbledores Vergangenheit, über seine Familie und über seine Bekanntschaft mit dem berühmt-berüchtigten Grindelwald, den Dumbledore einst besiegte. Harry ist schockiert über all die Enthüllungen und fühlt sich von seinem alten Mentor verraten, weil dieser ihm keine eindeutigen Hinweise auf die Horcruxe hinterlassen und ihm nichts über seine Vergangenheit anvertraut hat.

Severus Snape nimmt im finalen Teil enttäuschend wenig Raum ein, nur selten wird er beiläufig erwähnt und wir erfahren nur ganz nebenbei, dass er nun zum Schuldirektor ernannt wurde. Doch fehlen die großen Szenen, sodass wir lange warten müssen, um endlich die Hintergründe zu erfahren und um endlich zu lesen, warum um Himmels Willen Dumbledore ihm eigentlich blind vertraut hat. Diese Enthüllungen zählen zu den absolut stärksten Szenen im Buch, denn natürlich ist nichts so, wie es scheint – Joanne K. Rowling hat immer neue Überraschungen für uns im Gepäck.

_Düsternis_

Die Atmosphäre im Buch ist wie erwartet düster wie nie. Die Gefahr für Harry und seine Freunde ist greifbarer denn je, Potter ist der meistgesuchte Zauberer und sogar ein Kopfgeld wird auf ihn ausgesetzt. Die drei Freunde wechseln daher nahezu täglich ihr Versteck und schützen dieses mit allerlei Zaubern, doch helfen diese nichts gegen Zwistigkeiten, die untereinander ausbrechen. Harry zieht sich immer mehr zurück, leidet unter den Schmerzen, die seine Narbe ihm zufügt, und hadert mit sich, seinem Schicksal und vor allem mit den Offenbarungen, die über Dumbledore zutage kommen. Außerdem überlegt er krampfhaft, wo die Horcruxe zu finden sein mögen und wie diese denn schlussendlich zu zerstören sind. Währenddessen wächst in Ron der Frust, da er darauf vertraut hatte, dass Harry einen Plan hat und genau weiß, wie die drei ihren Auftrag aufzuführen haben. Als schließlich seine Wut zu groß wird, lässt Ron sich zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen, die die Situation noch aussichtsloser wirken lässt.

Über weite Strecken des Buches beschreibt Joanne K. Rowling die Suche der drei sich zerstreitenden Freunde nach den Horcruxen. Da die Geschichte erstmals nicht hauptsächlich in Hogwarts spielt und sich die meisten Szenen nur um diese drei Hauptfiguren drehen, wirkt die Erzählung manchmal etwas eintönig und die Geschichte plätschert ein wenig vor sich hin, ohne dass etwas Entscheidendes passiert. Dies ist sicherlich eine Gratwanderung, die Rowling versucht hat, um ihre drei Hauptcharaktere noch weiter zu entwickeln, um der Beziehung der drei mehr Raum zu geben und um noch mehr Spannung vor dem rasanten Finale aufzubauen. Streckenweise litt der Spannungsbogen allerdings ein wenig, da zu wenig passierte und sich Rowling zu sehr auf ihre Figuren konzentriert hat, doch glücklicherweise hat sie dann doch noch die Kurve gekriegt und ihrer Reihe ein würdiges Ende verpasst. Die „Campingzeiten“ der drei Schulfreunde sind nämlich nur die Ruhe vor dem großen Sturm.

Zwischendurch schleicht sich immer wieder Voldemort in Harrys Geist ein, sodass Harry stets genau weiß, wo sein Widersacher sich herumtreibt. Warum er es aber auf den Zauberstabmacher Ollivander abgesehen hat, das durchschaut Harry erst (zu?) spät. Voldemort und seine Todesser sind allgegenwärtig, sie beherrschen das ganze Buch, auch wenn sie gerade nicht aktiv am Geschehen teilnehmen, doch sind sie der Grund, warum Harry, Ron und Hermione sich in einsamen Waldsiedlungen versteckt halten müssen. Auch die frühen Todesfälle diverser Romanfiguren sorgen dafür, dass man die tödliche Gefahr, die von Voldemort und seinen Anhänger ausgeht, nie vergisst. In diesem Buch opfert Joanne K. Rowling ihre Figuren rücksichtslos wie nie.

Viele Zeitungsartikel wurden dominiert von Vergleichen zwischen Voldemort und Hitler. Natürlich liegen die Ähnlichkeiten auf der Hand: Voldemort will die Zaubererwelt erobern und sie von Muggles (normale Menschen) und Mudbloods (Zauberer, die von Menschen geboren wurden) befreien. Dazu geht er über Leichen und scheut auch nicht davor zurück, mit unlauteren Mitteln die Menschen und die Politik zu beherrschen. Hineindeuten mag ich in diese auffälligen Parallelen allerdings nicht zu viel, denn ich glaube, Joanne K. Rowling will mit ihren Büchern einfach „nur“ gut unterhalten. Wenn sie damit eine Botschaft verknüpfen will – warum nicht? Allerdings dürfte sich die Mehrheit der eigentlichen Leserzielgruppe bislang kaum mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt haben und daher die Parallelen auch nicht erkennen.

_Aus Kindern werden Erwachsene_

Harry und seine Freunde sind im Laufe der gesamten Reihe zu kleinen Erwachsenen geworden und besonders Harry musste schneller erwachsen werden, als ihm lieb war. Schon früh hat Dumbledore ihm gefährliche Aufträge erteilt und schon mit elf Jahren musste Harry zum allerersten Mal seinem großen Widersacher entgegentreten. Inzwischen ist er zu einem nachdenklichen, (ver)zweifelnden und mutigen Zauberer herangewachsen, der viele Schicksalsschläge einstecken musste. Vielleicht mag man ihm vorwerfen, er wäre arrogant, ich denke eher, dass sich hinter seinem Verhalten viel Unsicherheit versteckt. Harry weiß nicht, welchen Weg er einschlagen soll, und es betrübt ihn, dass sich seine Freunde für ihn bewusst in Gefahr begeben müssen und für ihn zu sterben bereit sind, doch weiß er eben auch, dass dies der Weg ist, den Dumbledore und das Schicksal für ihn vorgesehen haben.

Im Grunde genommen hat Joanne K. Rowling im sechsten Band schon den Grundstein für ihren Abschlussband gelegt, die Charaktere waren vorher bereits so ausgefeilt und glaubwürdig, dass sie darauf nun hervorragend aufbauen konnte. Bei den Hauptcharakteren sind kaum Überraschungen zu erwarten; Ron und Harry zerstreiten sich wieder einmal, aber gleichzeitig dreht sich auch das Liebeskarussell nochmal weiter. Interessante neue Aspekte bringt Rowling beispielsweise im Falle der Malfoys ins Spiel, die in Voldemorts Ansehen stark gesunken sind und nun ihr Verhalten zu überdenken beginnen. Diese Entwicklung erscheint mir zwar genau wie Dudleys Gefühlsausbruch angesichts des Abschieds von Harry nicht sonderlich stimmig, aber das sind Kleinigkeiten, die den Gesamteindruck nicht trüben.

Zwei große Highlights gibt es im Buch: Einmal ist dies der Blick hinter „Snapes Kulissen“, der den Zauberer zeigt, wie er wirklich ist. Einiges mag überraschen, was Rowling uns hier präsentiert, doch ist dies die einzig stimmige Entwicklung, die ich mir hätte vorstellen mögen. Meiner Meinung nach fügt Rowling hier das letzte fehlende Puzzleteilchen ein, um ihr Bild zu vollenden – ganz großes Kino!

Der zweite Moment geschieht kurz vor Ende, als Harry erfahren muss, welches Schicksal ihm vorbestimmt ist. Diese Passage geht einem echt unter die Haut, sodass ich sie mit einem dicken Kloß im Hals lesen musste. Mehr sei darüber aber nicht verraten.

_Am Ende der Pottermanie_

Am Ende lässt sich festhalten, dass es wohl mit großer Sicherheit keine Fortsetzung geben wird – muss aber auch nicht, da Joanne K. Rowling für mich alle offenen Fragen zufriedenstellend beantwortet hat. Natürlich konnte sie am Ende nicht mehr das Schicksal jedes Einzelnen beleuchten, aber alles Wesentliche ist geklärt und fügt sich wunderbar stimmig in die bisher aufgebaute Potterwelt ein. Zwar leidet zwischendurch ein wenig die Spannung, weil die Handlung lange nur von drei Figuren bestimmt wird, die sich manchmal in etwas pubertären Streitereien ergehen, doch das fulminante Finale macht alles wieder wett. Manch einer mag mit dem Ende nicht einverstanden sein, aber ganz ehrlich: Welches Ende hätte es geben sollen, das jeden zufriedenstellt? Das war eine unlösbare Aufgabe, die Rowling aber zumindest zu meiner Zufriedenheit vollauf gelöst hat.

„Harry Potter and the Deathly Hallows“ ist ein absolut würdiger Abschluss einer großartigen Fantasyreihe, die ich mit Sicherheit noch viele Male lesen werde.

http://www.jkrowling.com/de

|Siehe ergänzend dazu unsere Rezensionen zu:|

[„Harry Potter und der Stein der Weisen“ 139
[„Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ 140
[„Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ 797
[„Harry Potter und der Orden des Phönix“ 141
[„Harry Potter and the Half-Blood Prince“ 1505
[„Harry Potter und der Halbblutprinz“ 1932

Rowling, Joanne K. – Harry Potter and the Half-Blood Prince (Harry Potter 06)

Etwas mehr als zwei Jahre lang hat Joanne K. Rowling ihre Fans warten lassen auf die Fortsetzung ihrer Harry-Potter-Reihe. Am 16. Juli war es nun so weit, endlich durfte der lang ersehnte sechste Band verkauft werden, und damit ist auch die Zielrichtung für den abschließenden Band 7 klar.

_Ein ganz normales Schuljahr?_

Nach den schrecklichen Ereignissen am Ende von [Band 5, 141 die mit dem Tod Sirius Blacks endeten und mit der offensichtlichen Rückkehr Lord Voldemorts, wurde Cornelius Fudge als Minister für Magie entlassen und durch einen offensiv arbeitenden Rufus Scrimgeur ersetzt, der nicht einmal davor zurückschreckt, unschuldige Zauberer nach Azkaban zu schicken, nur um den Eindruck zu erwecken, dass er etwas gegen die Todesesser unternimmt. Harry verbringt derweil bei seiner Tante Petunia und seinem Onkel Vernon seine Sommerferien, als ihn ein Brief von Dumbledore erreicht, der verspricht, Harry abzuholen, damit dieser für den Rest seiner Ferien bei der Familie Weasley wohnen kann. Doch bevor die beiden zu den Weasleys aufbrechen, machen sie noch einen Zwischenstopp bei Horace Slughorn, den Dumbledore gerne als neuen Lehrer in Hogwarts gewinnen möchte. Nur mit Harrys Hilfe gelingt es ihm schließlich, den ehemaligen Lehrer erneut einzustellen.

Im Hause Weasley angekommen, erreichen Harry, Ron und Hermione bald ihre O.W.L (ordinary wizarding level)-Ergebnisse, die selbst für Ron und Harry überraschend positiv ausgefallen sind. Doch muss Harry seinen Traum wohl aufgeben, Auror zu werden, denn mit seinem „exceeding expectations“ ist er leider bei Prof. Snape im Unterricht für Zaubertränke nicht zugelassen.

Der alljährliche Besuch in Diagon Alley zum Kauf aller nötigen Dinge für das kommende Schuljahr sorgt für das erste unliebsame Zusammentreffen mit Draco Malfoy, der sich unbemerkt nach Knockturn Alley zurückzieht. Harry, Ron und Hermione bleiben ihm unter dem unsichtbar machenden Umhang auf den Fersen und werden Zeuge eines merkwürdigen Gespräches. Harry vermutet sofort (zu Recht!), dass Draco etwas im Schilde führt.

Dieser Verdacht erhärtet sich, als Harry sich im Hogwarts Express in Dracos Zugabteil schleicht und einer Unterhaltung lauschen kann, doch leider wird er dort überwältigt und kann erst mit Tonks‘ Hilfe aus dem Zug befreit werden, um verspätet in Hogwarts einzutreffen. Dort beginnt das neue Schuljahr überschattet von verstärkten Sicherheitsmaßnahmen aufgrund von Voldemorts Rückkehr. Aber Dumbledore hat auch einige Überraschungen für seine Schüler auf Lager, denn Slughorn wird nicht wie erwartet die Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten, sondern Zaubertränke. Nun ist Professor Snape am Ziel, denn endlich darf er sein heiß geliebtes und lang ersehntes Fach unterrichten …

Das gibt Harry die Möglichkeit, Zaubertränke weiterhin zu belegen, doch da er kein passendes Schulbuch gekauft hat, muss er sich eines leihen. Dieses gebrauchte Schulbuch verhilft ihm dank einiger handschriftlicher Anmerkungen des so genannten Halbblutprinzen zu überraschenden Erfolgen im Mischen von Zaubertränken und zu unerwartetem Ruhm in Slughorns Unterricht. Aber wer ist bloß dieser geheimnisvolle Halbblutprinz? Und was führt Draco Malfoy im Schilde, der sich immer wieder unbemerkt davonstiehlt? Harry wird immer misstrauischer und wendet sich mit seinen Vermutungen an Dumbledore, der jedoch weiterhin unbesorgt bleibt. Doch das könnte sich als großer Fehler herausstellen …

_The same procedure as every year_

Zu Beginn des Buches lernen wir den britischen Premierminister kennen, der regelmäßigen Besuch vom Minister für Magie erhält und nun auch dem neuen Minister vorgestellt wird, der nach Cornelius Fudges Rauswurf diesen wichtigen Posten besetzt. Zunächst beginnt der Roman also gemächlich, Joanne K. Rowling lässt sich viel Zeit, um die neue Geschichte beginnen zu lassen, und auch in Harry Potters Leben hat sich seit Ende des fünften Teils nicht viel getan. Doch schon früh werden wir Zeuge einer Schlüsselszene, die vieles in ein anderes Licht setzt, das wir zuvor in anderen Büchern rund um den jungen Zauberlehrling gelesen haben. Spätestens nach dieser Szene zwischen Draco Malfoys Mutter und Severus Snape wird man gepackt von der beschriebenen Handlung, da man endlich hinter ein wichtiges Geheimnis kommen möchte.

Den Einstieg in den sechsten Band empfand ich als sehr einfach, da Joanne K. Rowling zwischendurch viele Informationen aus dem letzten Buch einfließen lässt, um das Gedächtnis ihrer Leser aufzufrischen, die es vielleicht nicht mehr geschafft haben, den Vorgängerband erneut zu lesen. Einige Schlüsselszenen werden nochmals beschrieben, sodass man sich schnell wieder einfindet in die Geschichte. Normalerweise mag ich derlei Wiederholungen nicht, doch da sie sich in Grenzen halten und bei zwei Jahren Pause zwischen den beiden Büchern sehr sinnvoll erscheinen, fielen sie mir positiv auf.

Auch „Harry Potter and the Half-Blood Prince“ folgt dem gleichen Strickmuster wie alle vorigen Potter-Bücher; die jungen Zauberschüler reisen wieder einmal gemeinsam nach Hogwarts, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen. Daran ändert sich auch nach Voldemorts Rückkehr nichts. In Hogwarts ist praktisch nichts davon zu merken, dass außerhalb der Schulmauern schreckliche Dinge vor sich gehen. Leider kommt dadurch wenig Spannung auf und auch die ganze Atmosphäre verdüstert sich nicht. Nur nebenbei erfahren wir einige schlimme Nachrichten aus einer Zaubererzeitung, doch geht der Unterricht in Hogwarts unbeeindruckt weiter. Dies allerdings finde ich sehr unwahrscheinlich, denn in solchen Krisenzeiten würden Lehrer sicherlich nicht so weitermachen, als sei nichts geschehen. Immerhin eines scheint sicher: Im abschließenden Potter-Band wird Joanne K. Rowling nicht so weitermachen können wie bisher.

Den Spannungsaufbau fand ich nicht sonderlich gelungen, denn nach der einen wichtigen Szene relativ zu Anfang des Buches plätschert die Handlung gemächlich vor sich hin, im neuen Schuljahr passiert nicht viel und auch die Bedrohung durch Voldemort und seine Todesesser bleibt doch sehr im Hintergrund. Dumbledore lässt sich hier durch nichts aus der Ruhe bringen und seine Zuversicht scheint auch auf die meisten Schüler und Lehrer abzufärben. Rein inhaltlich gibt das Buch eigentlich keinen Stoff her für seine 600 Seiten, sodass sich gerade der Mittelteil ähnlich wie in Band 5 ziemlich lang hinzieht. Erst zum Ende hin beschleunigt Joanne K. Rowling drastisch ihr Erzähltempo, dann nämlich erfährt der Leser, mit welchen Mitteln Voldemort vernichtet werden kann. Auf den letzten hundert Seiten überschlagen sich die Ereignisse förmlich, an verschiedenen Schauplätzen geschehen hier entscheidende Dinge, die die Zielrichtung von Band 7 vorgeben. Wieder einmal denke ich, dass dem Buch hundert Seiten weniger gut getan hätten, um die Erzählung zu straffen.

_Ärgernisse_

Recht früh erfahren wir, dass Draco Malfoy dunkle Pläne schmiedet und etwas ganz Besonderes vorhat, und auch Harry Potter ahnt dies bald. Die Verdachtsmomente gegen Draco erhärten sich immer mehr, doch wird Harry von niemandem Glauben geschenkt. Stets trifft er auf Zweifler, die sich seine Argumente kaum anhören wollen. Angesichts der Ereignisse innerhalb und außerhalb der Schule fand ich dies reichlich merkwürdig.

Doch auch andere Ereignisse führen zu grauen Haaren beim Leser, denn in diesem Buch wird eine wichtige Frage geklärt: Endlich erfahren wir den Grund für Dumbledors stetes Vertrauen in Severus Snape, allerdings scheinen Rowling hier die Ideen ausgegangen zu sein, denn ihre vorgebrachte Erklärung erscheint mehr als dürftig und befriedigt den treuen Harry-Potter-Leser nicht sehr.

In diesem Band tauchen nun die sich bereits vorher angekündigten pubertären Nebenerscheinungen auf. Ron, Harry und Hermione sind sechzehn Jahre alt und entdecken schließlich die Liebe. Nach Harrys unglücklicher Schwärmerei für Cho Chang verliebt er sich in ein anderes Mädchen, das allerdings bereits vergeben ist. Ron zeigt mehr als übertriebene Eifersucht seiner Schwester und ihrem aktuellen Freund Dean gegenüber und beginnt daraufhin eine ebenso übertriebene Liebelei mit Lavender Brown. Diese wiederum ist Hermione ein Dorn im Auge, da sie ihre Gefühle für Ron entdeckt zu haben scheint, doch ist dem erwachsenen Leser sofort klar, dass auch dieser eigentlich nicht in Lavender verliebt ist, sondern in Hermione. Das Liebeskarussel in Hogwarts dreht sich in diesem Buch schneller denn je und drängt viele andere Ereignisse in den Hintergrund. Während des Schuljahres passiert eigentlich nicht viel außer Dracos geheimnisvollen Ausflügen, Harrys Unterricht bei Dumbledore und dem ständigen Liebeskummer in Harrys Freundeskreis. Während diese zarten Gefühle anfangs vielleicht noch unterhaltsam wirken, nerven sie auf Dauer schließlich doch. Da erwachsene Leser bekanntlich einen großen Teil der Harry-Potter-Fangemeinde ausmachen, hätte Rowling sich etwas zurücknehmen können in ihren ausschweifenden Beschreibungen dieser Liebesverwicklungen in Hogwarts.

_Vorbereitung zum Finale_

Mit ihrem sechsten Band rund um die Abenteuer Harry Potters legt Joanne K. Rowling den Grundstein zum Finale, das uns im abschließenden siebten Band erwarten wird. Der vorliegende Roman stellt lediglich eine Überbrückung dar und klärt viele bislang offene Fragen, wirft jedoch kaum neue auf. Harry erhält auch in diesem Jahr Einzelunterricht, dieses Mal von Dumbledore persönlich, doch geht es nicht mehr um das Erlernen neuer Zaubersprüche, sondern darum, Lord Voldemorts dunkle Vergangenheit kennen zu lernen. Dazu schleichen die beiden sich in Erinnerungen ein, die viele neue Informationen aus Tom Riddles Kindheit im Waisenheim zeigen und auch beleuchten, wie es zu seiner Wandlung zu Lord Voldemort kommen konnte. Harry Potter soll dabei so viele nützliche Geheimnisse seines Feindes kennen lernen wie möglich, denn seit der Prophezeiung aus dem fünften Teil ist offenkundig, dass nur einer überleben kann, Harry oder Voldemort. Die Zielsetzung ist also klar.

Durch diesen Unterricht spielt sich allerdings ein großer Teil des Buches in der Vergangenheit ab, sodass die aktuellen Ereignisse auf der Stelle treten und Rowling inhaltlich nicht viel weiter kommt. Die Informationen über Lord Voldemorts dunkle Vergangenheit hätte man vielleicht etwas geschickter in die Erzählung einflechten können als über die gesammelten Erinnerungen anderer Leute, in die sich Harry und Dumbledore einschleichen. Harrys Treffen mit seinem Schuldirektor stellen dadurch immer wieder einen Bruch in der aktuellen Erzählung dar, was ich etwas schade fand.

_Besonderheiten_

Wie auch schon in den Vorgängerbänden, so legt Joanne K. Rowling auch hier wieder viel Wert darauf, die auftauchenden Figuren und die sich abspielenden Szenen detailliert zu beschreiben. Jede Person wird uns so vorgestellt, dass wir sie bildlich vor Augen haben, und auch viele Charakterzüge und Eigenarten finden Erwähnung, die der jeweiligen Figur ein Profil geben – gerade was die Hauptcharaktere betrifft. So erkennt der treue Leser eine stete persönliche Weiterentwicklung, die sich nicht nur in den neuerdings auftauchenden Gefühlen dem anderen Geschlecht gegenüber ausdrückt. In vielen Situationen wirkt besonders Harry Potter schon sehr erwachsen, allerdings gibt es dann auch wieder Momente, in denen er sehr kindlich reagiert und wir deutlich merken, dass er eben noch nicht erwachsen ist. Realistisch ist die Charakterzeichnung eher nicht, aber das erwarten wir in einem Fantasybuch auch gar nicht; hier wollen wir Figuren kennen lernen, die uns Vorbilder sein können und die Wesenszüge tragen, die wir uns selbst manchmal vielleicht wünschen. Diesen Wünschen wird Rowling sicherlich gerecht, denn besonders Jugendliche werden in der Harry-Potter-Reihe eine eigene Identifikationsfigur finden.

Sprachlich macht das Buch einfach Freude. Obwohl es auf Englisch geschrieben ist, vergisst man oft beim Lesen, dass die Geschichte in einer fremden Sprache erzählt wird. Nur eine ganz kurze Einlesephase ist nötig, um völlig in die Geschichte einzutauchen, und dann stören auch nicht die wenigen unbekannten Vokabeln, die zwischendurch doch einmal auftauchen. Rowling bedient sich einer sehr blumigen Sprache, in den meisten Sätzen finden sich Adjektive, die die Erzählung ausschmücken und dabei helfen, alles genau vor Augen zu haben. So entstehen richtige Bilder der Figuren und der Szenerie im Kopf, die schließlich dazu führen, dass man Harry Potter trotz zwischenzeitlich schleppender Erzählweise doch mit Vergnügen liest.

_Kindgerecht?_

Wie sich schon ab Band 4 angedeutet hat, schreibt Joanne K. Rowling nicht mehr für Kinder, sondern eher für Jugendliche. In jedem Buch kommt mindestens eine Person ums Leben, viele werden verletzt und die Bedrohung durch Voldemort und seine Anhänger wird immer offensichtlicher. Kinder unter 12 Jahren dürften somit ziemlich überfordert sein von den beschriebenen Gefahren. Gerade in diesem Buch geschehen außerhalb von Hogwarts schreckliche Dinge, wie die Schüler immer wieder in der Zaubererzeitung „Daily Prophet“ nachlesen können. Die Brutalität, mit der die Todesesser gegen die Feinde ihres dunklen Lords vorgehen, nimmt stetig zu, sodass Eltern wirklich aufpassen sollten, was sie ihren Kindern zu lesen geben. Harry Potter ist inzwischen kein Kinderbuch mehr, sondern eindeutig ein Jugendbuch, das sicherlich kein zehnjähriges Kind mehr lesen sollte!

_Was am Ende übrig bleibt_

Insgesamt habe ich auch den neuen Harry Potter Band gerne lesen. Positiv fällt auf, dass das Buch deutlich kürzer ist als sein Vorgängerband und sich die Erzählung gerade im Mittelteil dadurch nicht ganz so sehr hinzieht. Dennoch hätte Rowling ihre Geschichte noch straffen können, um den Spannungsbogen geschickter ansteigen zu lassen. Während des Schuljahres passiert erneut nicht viel, sodass die komplizierten Liebesverwicklungen in der Schülerschaft nahezu das einzig Neue sind. Obwohl Voldemort omnipräsent ist nach seiner Rückkehr, läuft das Schuljahr praktisch ab wie gehabt; kaum jemand lässt sich davon beeindrucken, was ich reichlich merkwürdig finde. Hier hätte man mehr Spannung aufbauen und eine düstere Atmpsphäre entstehen lassen können. „Harry Potter and the Half-Blood Prince“ merkt man deutlich an, dass er eine Vorbereitung auf das ausstehende Finale darstellt. Rowling bereitet hier einen Showdown vor und setzt klare Erwartungen an den abschließenden Band. Lange Passagen beleuchten Tom Riddles Werdegang und seine Entwicklung hin zu Lord Voldemort; nun endlich wird uns klar, wie es weitergehen muss. Sprachlich gefällt das Buch äußerst gut, durch ausschmückende Beschreibungen lässt Joanne K. Rowling Bilder im Kopf ihrer Leser entstehen, die sehr zum Lesevergnügen beitragen. Dennoch kann auch Band 6 nicht an die fantastische Geschichte von „Harry Potter und der Feuerkelch“ anknüpfen, obwohl natürlich auch der aktuelle Band mehr als lesenswert ist.

Indriðason, Arnaldur – Todeshauch

_Lebendig begraben?_

Im sogenannten Milleniumsviertel in Reykjavík finden Kinder beim Spielen auf einer Baustelle einen für sie interessanten Knochen. Zufällig beobachtet ein Medizinstudent eines der Kinder mit diesem Knochen und identifiziert ihn gleich als menschlichen Rippenknochen. Als der Student sich am Fundort umschaut, entdeckt er noch weitere Knochen, es scheint, als läge ein Gerippe unter der Erde begraben. Nun werden Kommissar Erlendur und seine Kollegen hinzugerufen. Erlendur beschließt, eine Gruppe von Archäologen mit der Ausgrabung des Skelettes zu beauftragen, doch wird er sich noch einige Zeit gedulden müssen, bis die Archäologen die Gebeine freilegen können und dabei eine dicke Überraschung erleben …

Gleichzeitig erreicht Erlendur ein verzweifelter Hilferuf seiner schwangeren Tochter Eva Lind, mit der er sich vor einigen Wochen zerstritten hatte. Zusätzlich zu dem Knochenfund muss sich Erlendur nun auch damit beschäftigen, seine Tochter ausfindig zu machen. Ihr Telefonat war nämlich leider unterbrochen worden, bevor Eva ihm sagen konnte, was vorgefallen ist und wo sie sich befindet. Diese Suche führt Erlendur in dunkle Gefilde Reykjavíks, bevor er seine Tochter schwer verletzt findet und sie gerade noch rechtzeitig ins Krankenhaus einliefern kann. Von nun an muss Erlendur allerdings um seine kranke Tochter bangen, die im Koma liegt und vielleicht nie wieder aufwachen wird.

Nebenbei lernen wir in Rückblenden eine Frau kennen, die mit einem gewalttätigen Mann verheiratet ist, der sie physisch und psychisch misshandelt und damit ihr Leben und das der drei Kinder zur Hölle macht. Erst nach und nach können wir erahnen, wie diese Familientragödie mit dem Leichenfund im Milleniumsviertel zusammenhängt …

_Früher war alles besser?_

Wieder einmal lässt Arnaldur Indriðason uns in die Vergangenheit reisen; wie schon in [„Nordermoor“, 402 so liegen die Hintergründe des aufzuklärenden Verbrechens auch hier etliche Jahre zurück. Die gefundenen Knochen werden etwa 70 Jahre alt geschätzt, sodass mit ziemlicher Sicherheit kein Mörder mehr verhaftet werden kann, auch wenn die Lage des Gerippes darauf schließen lässt, dass dort jemand vielleicht sogar lebendig begraben worden sein könnte. Erfreulicherweise stehen bei Indriðason nicht die Knochen im Mittelpunkt des Geschehens, wie bei seiner Autorenkollegin Kathy Reichs, sondern der bekannte isländische Krimiautor stellt die handelnden Personen und die menschlichen Opfer in das Zentrum.

Dabei versteht es Indriðason vorzüglich, uns die Figuren seines Romans vorzustellen. Besonders über Erlendur erfahren wir viel aus seiner eigenen – teilweise ebenfalls dunklen – Vergangenheit, und gerade seine menschliche Seite wird in seiner Sorge um Eva Lind erkennbar. Während er an ihrem Krankenbett sitzt, erzählt er ihr einige Episoden aus seiner Kindheit, die uns Erlendur in einem ganz anderen Licht sehen lassen als zuvor. Im Kontext dieses Buches wird Erlendurs eigene Familientragödie dabei besonders interessant. Viele Kleinigkeiten und Begebenheiten vervollständigen hierbei unser Bild vom Krimihelden, sodass er uns mit jedem Roman mehr ans Herz wächst und wir immer mehr mit ihm fühlen und ihm wünschen, dass er endlich zufriedener werden möge.

Sehr gelungen empfand ich die charakterliche Weiterentwicklung von Erlendurs Kollegen Sigurður Óli und Elínborg, über die wir wesentlich mehr erfahren als noch im Vorgängerroman. Speziell über Sigurður Ólis Privatleben berichtet Indridason recht ausführlich; so nehmen auch diese beiden Figuren langsam Gestalt an und gewinnen an Profil.

Ein großer Teil der Romanhandlung spielt in der Vergangenheit und erzählt die Geschichte von Grímur, der seine Frau brutal schlägt und auch seinen drei Kindern gegenüber kein gutes Wort fallen lässt. Besonders die kleine Mikkelina ist dabei Opfer seiner verbalen Attacken, da sie nach einer schweren Krankheit halbseitig gelähmt ist und sich daher nicht ohne Hilfe fortbewegen kann und auch das Sprechen aufgegeben hat. In diesen Sequenzen lernen wir auch diese Familie besser kennen und können das Ausmaß der Tragödie in etwa einschätzen.

Durch die häufigen Szenenwechsel vom aktuellen Skelettfund zur vergangenen Familiengeschichte spielt Indriðason uns wohldosiert Informationen über die Hintergründe des Kriminalfalles zu, die uns ein Miträtseln ermöglichen und dadurch immer weiter Spannung aufbauen. Zu Beginn tappt der Leser noch völlig im Dunkeln, wir wissen nicht, was im Milleniumsviertel vor 70 Jahren vorfiel und ob dort überhaupt ein Verbrechen geschah. Dennoch ahnen wir durch die eingeschobenen Sequenzen sehr schnell, wo Erlendur suchen müsste, um seinen Skelettfund aufzuklären. Der Leser bekommt hier ganz bewusst einen Wissensvorsprung zugestanden.

Indriðason inszeniert eine regelrechte Schnitzeljagd, in der viele kleine Hinweise erst mit der Zeit eine Vermutung über die Vorgänge zulassen. Dabei werden verschiedene Fährten ausgelegt, von denen allerdings nur eine auf die richtige Spur führt. Der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an und sorgt dafür, dass man „Todeshauch“ ab der Hälfte nur noch schwer aus der Hand legen kann. Zu viele Informationen hat man an die Hand bekommen, die „nur“ noch sortiert und zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden müssen. Aber natürlich hat Indriðason auch in diesem Roman einige Überraschungen für seine Leser parat.

„Todeshauch“ entspricht nicht dem typischen Strickmuster eines Kriminalromans, da kein Mörder gesucht werden muss, sondern lediglich ein Rätsel gelöst werden soll. Erlendur versucht fast schon verbissen, hinter das Geheimnis der Knochen zu kommen und geht mit wesentlich mehr Enthusiasmus ans Werk als beispielsweise sein Kollege Sigurður Óli, der vielmehr damit beschäftigt ist, sein Privatleben in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Ermittlungen werden sehr breit angelegt, viele verschiedene Personen werden als Zeugen herangezogen und die Polizisten sind darauf angewiesen, Angehörige und Nachbarn der damaligen Einwohner im Milleniumsviertel zu befragen. Ebenso wie schon in „Nordermoor“ führt Indriðason auch in „Todeshauch“ zahlreiche handelnden Figuren ein, die größtenteils nur einen flüchtigen Eindruck beim Leser hinterlassen. Schon nach dem Zuklappen des Buches entfallen einem viele Namen, weil sie keine große Rolle gespielt haben. Diese breit gefächerten Ermittlungen bringen daher auch den kleinen Nachteil mit, dass ein gutes Namensgedächtnis für die Lektüre dieses Buches hilfreich sein kann.

Auch in diesem Kriminalroman nimmt sich Indriðason eines wichtigen Themas an, er zeigt die Gewalttätigkeiten und Grausamkeiten auf, die Frauen und Kindern innerhalb der eigenen Familie zugefügt werden können, ohne dass Bekannte und Nachbarn etwas bemerken oder gar zu Hilfe eilen. Dabei bezieht der Autor wieder einmal Stellung und unterstützt die Opfer, versucht gleichzeitig aber auch, die Handlungsweise der Täter zumindest zu erklären, wenn auch nicht zu entschuldigen.

_Abwechslung vom Einheitsbrei_

Obwohl „Todeshauch“ mich nicht ganz so sehr mitreißen und begeistern konnte wie der Vorgängerroman, überzeugt auch dieser Krimi nahezu auf ganzer Linie. Indriðason zeigt wieder einmal sein Talent, die handelnden Figuren plastisch darzustellen, sodass sie uns wie Menschen aus Fleisch und Blut erscheinen, mit denen wir einfach mitfiebern müssen. Auch der Spannungsbogen ist rundum gelungen, kontinuierlich wird die Handlung packender und spannender. Die vereinzelten Hinweise, die Indriðason im Laufe des Romans einstreut, fesseln uns immer mehr an das Buch und animieren zum Mitraten. Dabei werden selbstverständlich auch wieder falsche Fährten ausgelegt, die den Leser gekonnt an der Nase herumführen werden, die aber dennoch stets realistisch erscheinen und nicht bloß an den Haaren herbeigezogen wirken. Nur die vielen auftauchenden Romanfiguren könnten den Leser etwas überfordern, außerdem werden sich einige Krimifreunde sicher nicht mit diesem Fall anfreunden können, da am Ende kein Mörder verurteilt wird. Hier geht es lediglich darum, vergangene Rätsel zu lösen. Doch wie Indriðason meiner Meinung nach überzeugend zeigt, ist dies mindestens genauso spannend wie ein aktueller blutrünstiger Kriminalfall. Darüber hinaus ist „Todeshauch“ eine erfreuliche Abwechslung vom sonstigen Kriminalroman-Einheitsbrei, bei dem viele aktuelle Romane nur einen lauwarmen Aufguss bereits veröffentlichter Ideen darstellen. Indriðason bedient sich viel subtilerer Mittel, um seinen Romanen das gewisse Etwas mitzugeben.

Indriðason, Arnaldur – Nordermoor

Endlich ist es so weit, Henning Mankell hat ernst zu nehmende Konkurrenz auf dem aktuellen Krimisektor bekommen und sie kommt nicht aus Schweden, wo ich lange nach adäquatem literarischem Ersatz gesucht habe, nein, diese Konkurrenz kommt aus Island!

_Leichen im Keller_

In Nordermoor, einem Stadtteil Reykjavíks, wird die Leiche eines alten Mannes gefunden. Es handelt sich hierbei um Holberg, der zunächst noch einen recht harmlosen Eindruck macht, doch schnell entdeckt Kriminalkommissar Erlendur dunkle Schatten in Holbergs Vergangenheit. Ein Foto, welches in der Wohnung des Ermordeten gefunden wird, entlarvt Holberg als Vergewaltiger, und auch die Dateiensammlung auf seinem Homecomputer spricht Bände; hier ist jemand ermordet worden, um den kein Mensch trauern wird und der noch ganz andere Leichen im Keller begraben hat …

Gleichzeitig verschwindet eine Braut von ihrer eigenen Hochzeit, in Nordermoor werden zwei Schwestern überfallen und Erlendurs drogenabhängige Tochter Eva Lind steht mit Geldsorgen und schwanger vor der Tür ihres Vaters. Doch damit nicht genug, im Laufe der Ermittlungen kommt einiger Schmutz Nordermoors ans Tageslicht, Erlendur muss weit in der Vergangenheit suchen, um Mordmotive zu finden und auch um einen von Holbergs Kumpanen ausfindig zu machen, der seit einem Vierteljahrhundert verschwunden ist.

_Krimi der Extraklasse_

Auf der Suche nach interessanter Krimiliteratur schaut man schon lange nicht mehr nur nach Schweden, für Anne Holt reist man auch gerne nach Norwegen und für Arnaldur Indridason umso lieber nach Island. Seit ich auf der verzweifelten Suche nach lesenswerter Spannungslektüre neben Henning Mankell bin, kommt Indridason seinem schwedischen Kollegen nah wie kein anderer. „Todesmoor“ läutet dabei in Deutschland die Kriminalreihe rund um Kommissar Erlendur ein, obwohl rein chronologisch „Menschensöhne“ den Auftakt zu dieser Reihe darstellt. Doch keine Angst, die Unkenntnis der beiden ersten Romane rund um Erlendur, von denen Band 2 noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, stört den Lesegenuss kein bisschen.

Arnaldur Indridason lässt mit „Nordermoor“ das Herz des Krimiliebhabers höher schlagen, von der ersten Seite an packt uns das Geschehen rund um Erlendur und die in Nordermoor geschehenen Verbrechen. Immer wieder lässt uns der Autor an entscheidenden Stellen im Unklaren; so erfahren wir erst sehr spät, welche Botschaft der Mörder am Tatort zurückgelassen hat, über welche Erlendur und seine Kollegen so sehr rätseln. Auch zwischendurch enthält Indridason uns Informationen vor, die der Kommissar soeben erfahren bzw. vermutet hat; auf diese Weise fesselt uns der Autor auf jeder Seite mehr an sein Buch, da wir endlich alle Rätsel entschlüsselt haben wollen.

Der Kriminalfall könnte dabei kaum vielschichtiger sein, als er uns hier präsentiert wird. Zunächst sieht alles ganz einfach aus, doch schon das Foto aus Holbergs Wohnung, auf dem das Grab eines kleinen Mädchens abgebildet ist, lässt erahnen, in welchen Tiefen Erlendur forschen muss, um hinter das Geheimnis diesen Mordes blicken zu können. Ganz nebenbei geschieht ein Überfall auf zwei Schwestern in Nordermoor und eine Braut läuft von ihrer eigenen Hochzeitsfeier davon und hinterlässt ebenfalls eine kryptische Botschaft. Ganz allmählich nähert sich Erlendur mit seinen Nachforschungen dem Kern des Verbrechens, bald muss eine zweite Frau gesucht werden, die wahrscheinlich ebenso von Holberg vergewaltigt wurde wie Kolbrún, deren Tochter in dem Grab beerdigt wurde, welches auf Holbergs Foto zu sehen ist.

Arnaldur Indridason macht viele verschiedene Handlungsstränge auf, die im Laufe des Buches weitergesponnen werden, einzig über den Überfall erfahren wir später fast gar nichts mehr. Jede andere Idee führt der Autor weiter aus, verstrickt sie in das Geschehen, schmückt dadurch seinen Kriminalfall aus und erhöht dabei immer mehr das Tempo seiner Erzählung. Am Ende bleiben keine Fragen offen; Indridason schafft es überzeugend, sämtliche Handlungsfäden zusammenzuführen und ihnen einen würdigen Abschluss zu verpassen.

In der Figurenzeichnung orientiert er sich doch deutlich am bekannten Erfolgsmuster, denn der Leser scheint einen fehlerhaften und zweifelnden Krimihelden zu wünschen und genauso wird uns auch Erlendur präsentiert. Er wird als um die 50 Jahre alt beschrieben, zudem hat er vor etlichen Jahren eine schmutzige Scheidung hinter sich gebracht und seitdem keinen Kontakt mehr zu seiner Exfrau. Beide Kinder aus dieser Ehe sind Problemkinder; in diesem Roman tritt Eva Lind auf, die trotz ihrer Schwangerschaft ihren Entzug nicht schafft. Später wird Erlendur sogar mit zwei Schlägertypen konfrontiert, die von Eva Lind Geld eintreiben wollen. Hinzu kommen gesundheitliche Probleme; Erlendur hat oftmals Schmerzen in der Brust und auch mit dem Rauchen kann er nicht aufhören, darüber hinaus plagen ihn nachts schlimme Albträume. Genau wie Kurt Wallander wächst einem auch Erlendur ans Herz, da er authentisch erscheint und wir seine Gefühle und Gedanken nachvollziehen können. Nur am Ende verrennt sich Indridason ein wenig zu sehr in die Kitschecke, aber das sei ihm in Anbetracht des ausgefeilten Kriminalfalles verziehen.

Vielleicht kann man Indridason vorwerfen, dass zu viele Personen in diesem kurzen Kriminalroman ihren Auftritt haben, denn etliche Figuren werden uns vorgestellt und spielen im weiteren Verlauf des Buches keine Rolle mehr. Das führt dazu, dass man sich einige Namen kaum noch merken kann und dass die meisten Personen einen nur flüchtigen Eindruck hinterlassen und kaum Profil bekommen. Dennoch merkt man an Indridasons Beschreibungen sehr gut, auf welche Personen es ankommt, denn diesen gibt er so viel Raum, dass der Leser sich ein Bild machen kann.

Thematisch hat Arnaldur Indridason sich ein heißes Eisen herausgegriffen, welches er offen kritisiert. Er schafft es hier, gewisse Praktiken so darzustellen, dass dem Leser deutlich wird, wie Indridasons eigene Meinung dazu ist. Während der Ermittlungen schreckt Erlendur nicht einmal davor zurück, das kleine vierjährige Mädchen exhumieren zu lassen, das in den 60er Jahren verstorben ist, obwohl die Mutter des Mädchens bereits vor lauter Trauer Selbstmord begangen und ihre Schwester immer noch unter den schweren Schicksalsschlägen zu leiden hat. Doch am Ende schreitet Erlendur zur Wiedergutmachung und zeigt erneut seine menschliche Seite.

_Lesen – marsch, marsch!_

„Nordermoor“ ist trotz seines geringen Umfangs von nur etwas mehr als 300 Seiten ein ausgeklügelter Kriminalroman, der exzellent zu unterhalten weiß. Indridason inszeniert einen gelungenen Spannungsbogen, der auf jeder Seite mitreißt, und erschafft mit Erlendur einen sympathischen Kriminalhelden, von dem wir unbedingt mehr lesen möchten. Während der Erzählung werden einige Leichen aus dem Keller ausgegraben, nur zu deutlich wird der Schmutz Nordermoors erkennbar, und mit Holberg zeichnet Indridason ein Mordopfer, mit dem wohl kein Leser auch nur einen Hauch von Mitleid haben wird. Jeder Krimifan dürfte an diesem Buch seine helle Freude haben!

Indridason, Arnaldur – Tödliche Intrige

Seit zwei seiner Bücher mit dem Nordischen Preis für Kriminalliteratur ausgezeichnet wurden, hat Arnaldur Indridason sich (zu Recht!) international einen Namen im Krimigenre gemacht. Durch das exotische Lokalkolorit Islands strahlen seine Bücher eine besondere Faszination aus, sodass Indridason sich keineswegs hinter seinem berühmten schwedischen Kollegen verstecken muss. Mit „Tödliche Intrige“ hat er einen Thriller vorgelegt, der alles andere als alltäglich ist …

_Eine Stimme, die zu uns sprach_

Der gesamte Roman ist aus der Sicht eines Ich-Erzählers geschrieben, der im Gefängnis sitzt, seine Gedanken zu Papier bringt und die vergangenen Geschehnisse Revue passieren lässt. Der Erzähler nimmt uns an die Hand und bringt uns zu den verschiedenen Stationen des Verbrechens. Früh ist uns klar, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss und dass der Angeklagte unschuldig im Gefängnis zu sitzen scheint; auf jeder Seite werden seine Verzweiflung und Ratlosigkeit deutlich. Nur ganz allmählich setzt sich das Bild des Verbrechens zusammen. Zunächst erfahren wir allerdings mehr über Bettý und den Beginn der Geschichte.

Der Ich-Erzähler arbeitet als Anwalt und begegnet Bettý nach einem Vortrag. Bettý lebt mit dem steinreichen Reeder Tómas Ottósson Zoega (kurz: Tozzi) zusammen und möchte den Ich-Erzähler für die Firma ihres Lebensgefährten engagieren. Nach kurzem Zögern nimmt dieser das Jobangebot tatsächlich an und ahnt dabei nicht, dass er dadurch der Spinne bereits ins Netz gegangen ist. Es dauert nicht lange, bis die schöne und berechnende Bettý Tozzis neuen Anwalt verführt und eine leidenschaftliche Affäre mit ihm beginnt. Wie aus der Geschichte des Ich-Erzählers deutlich wird, verfällt er Bettý immer mehr, vergöttert sie und merkt gar nicht, dass sie ihn für ihre eigenen Zwecke missbrauchen will.

Tozzi schlägt seine Freundin, immer wieder taucht Bettý mit kleinen Verletzungen bei ihrer neuen Liebe auf, sie spricht von Trennung, aber auch davon, dass Tozzi sie nie gehen lassen würde. Vermeintlich nur aus Spaß erwähnt sie dabei einen möglichen Mord, und der Ich-Erzähler ahnt nicht, dass aus Spaß ganz schnell Ernst werden kann …

_Liebe macht blind_

Arnaldur Indridason spinnt einen interessanten Plot und versetzt uns in die Gedankenwelt eines des Mordes Angeklagten. Aus der Retrospektive erfahren wir nach und nach die Vorgeschichte, die zu einem schrecklichen Verbrechen geführt hat. Wohldosiert bekommen wir dabei immer nur kleine Informationshäppchen vorgeworfen, aus denen wir uns die Ereignisse zusammenreimen können, doch führt uns der Autor geschickt an der Nase herum. In die Mitte des Buches platziert er eine inhaltliche Wendung, mit der der Leser sicherlich so nicht gerechnet haben kann. In diesem Moment ist man einfach nur baff und rekapituliert das bisher Gelesene in Gedanken erneut, um zu überprüfen, ob diese Überraschung wirklich Sinn ergibt – aber sie tut es!

„Tödliche Intrige“ ist ein Buch, wie man es nur selten zu lesen bekommt; der Autor schafft es auf jeder Seite, seine Leser an seine Erzählung zu fesseln, obwohl streckenweise auf inhaltlicher Ebene nicht viel passiert, doch entwickelt Indridason eine dermaßen dichte Atmosphäre, dass einem kalte Schauer über den Rücken laufen. Der Spannungsbogen hinkt an mancher Stelle, da der Autor sich in einigen Passagen wiederholt und somit trotz der Kürze des Buches nicht immer etwas Neues zu berichten hat. Dennoch ist dieser Thriller ähnlich klug inszeniert wie ein typischer Kriminalfall aus der Feder Agatha Christies. Am Ende wird schließlich die ganze Niederträchtigkeit der Femme fatale deutlich und offenbart tiefe menschliche Abgründe.

Schon von der ersten Seite an entführt uns dieser Roman in die düsteren Gedanken eines Inhaftierten, der selbst nicht recht verstehen kann, was eigentlich vorgefallen ist. Indridason beweist hier eindrucksvoll, dass er die Verzweiflung des Hereingelegten authentisch beschreiben und den Schmerz und die Enttäuschung über diese List zum Ausdruck bringen kann. Realistisch führt der Autor uns vor Augen, an welchen Gedanken man sich in dieser Situation festhalten muss, um nicht völlig zu verzweifeln. Diese realistischen Beschreibungen führen dazu, dass wir uns trotz der offenkundigen Naivität des Ich-Erzählers in ihn hineinversetzen und mit ihm fühlen können. Wir empfinden Mitleid angesichts der Ungerechtigkeit, dass unser Erzähler unschuldig im Gefängnis sitzt, und wir empfinden Wut gegenüber denjenigen, die ihm das angetan haben, und gegenüber all den Menschen, die ihm nun keinen Glauben schenken. Als Leser wird man in ein Wechselbad der Gefühle hineingeworfen, denn auf der einen Seite lernen wir Bettý aus den Erzählungen über die aufkeimende Liebe zwischen ihr und dem Ich-Erzähler kennen, auf der anderen Seite ahnen wir bald, dass sie hinter der tödlichen Intrige steckt.

_Nicht jedermanns Geschmack_

Trotz der schnörkellosen und leicht verständlichen Sprache erfordert dieses Buch einiges an Aufmerksamkeit. Die Erzählung ist durchsetzt von etlichen Zeitsprüngen, von einem Moment auf den anderen wechselt die Handlung in die Vergangenheit und der Ich-Erzähler berichtet von seiner Kindheit oder auch von seiner Affäre mit Bettý, kurz darauf wohnen wir vielleicht schon einem Verhör im Gefängnis bei, welches in der Gegenwart stattfindet. Die zeitlichen Wechsel erfolgen hierbei unangekündigt und plötzlich; aus dem Zusammenhang wird immer klar, wo wir uns gerade befinden, doch könnten diese Gedankensprünge manch einen Leser irritieren. Für mich hatten sie einen besonderen Reiz, da sie den Spannungsaufbau vorantrieben. Nie konnte ich das Buch beruhigt aus der Hand legen, da immer wieder entscheidende Informationen eingestreut wurden, die zum Miträtseln animierten.

Der allseits bekannte Erlendur taucht in diesem Buch nur in einer Art Nebensatz auf und weist dabei auf einen anderen Kriminalfall hin. Doch das Fehlen dieses Krimihelden störte mich nicht, überaus schade fand ich es vielmehr, dass „Tödliche Intrige“ den Bezug zu Island fast völlig vermissen ließ. Dieser Thriller hätte praktisch überall spielen können, jegliches faszinierendes Lokalkolorit wurde ausgelassen, nur Namen isländischer Städte führten dazu, dass man den Roman geographisch einordnen konnte.

Ein wenig vergaloppiert hat sich Indridason in der Zeichnung seiner Charaktere, die zum Teil zu viele Klischees in sich vereinigen und dadurch unrealistisch erscheinen. So übertreibt er es nicht nur in der Darstellung des Ich-Erzählers, sondern insbesondere in der Figur der Femme fatale Bettý und ihres Lovers Tozzi, die beide praktisch dem „Denver-Clan“ entsprungen sein könnten:

|“Ich konnte nicht sehen, dass sie irgendetwas gemeinsam hatten. Sie so schön, so feminin und irgendwie auch so einsam und verwundbar, aber manchmal auch wie ein Raubtier, wenn ihr der Sinn danach stand. Er dagegen war ein typisch männliches Testosteronpaket, aggressiv und ungezügelt.“|

_Ungewöhnlich_

Insgesamt ist „Tödliche Intrige“ mehr als unterhaltsam und lesenswert, das Buch fesselt seine Leser auf jeder einzelnen Seite und führt uns dabei an der Nase herum. Der Plot ist geschickt inszeniert und entführt uns in die verzweifelte Gedankenwelt eines unschuldig inhaftierten Ich-Erzählers. Arnaldur Indridason beweist mit diesem Thriller, dass er Gefühle glaubwürdig und realistisch umschreiben kann (auch wenn dies nicht für die Charaktere gilt) und dass er auch im Thrillergenre ein Autor ist, den man im Auge behalten sollte. An einigen Stellen hätte Indridason seine Erzählung noch etwas straffen können, auch hätte ich mir mehr Bezüge zu Island gewünscht, die in Indridasons anderen Büchern das gewisse Etwas ausgemacht haben, dennoch kann ich diesen ungewöhnlichen Thriller guten Gewissens weiterempfehlen.

|Arnaldur Indriðason bei Buchwurm.info:|
[Engelsstimme 721
[Menschensöhne 1217
[Nordermoor 402
[Todeshauch 856

Sebastian Fitzek – Der Heimweg

Jules Tannberg übernimmt von seinem Freund „Caesar“ die Nachtschicht beim Begleittelefon – einem Service, den Frauen anrufen können, wenn sie alleine auf dem nächtlichen Heimweg sind und sich unwohl fühlen. Während er auf den ersten Anruf wartet, läuft im Hintergrund im Fernsehen eine Folge von „Aktenzeichen XY … ungelöst!“, in der sie nach dem sogenannten Kalender-Killer suchen – einem Mörder, der seinen Opfern mit Blut ihr Sterbedatum an die Wand schreibt. Dann klickt es in der Leitung und Jules nimmt einen Anruf entgegen, der zur folgenschwersten Unterhaltung seines Lebens wird.
Sebastian Fitzek – Der Heimweg weiterlesen

Pia Frankenberg – Nora

„Nora“ erzählt die Geschichte zweier Frauen, die auf der einen Seite so unterschiedlich sind, die aber durch zwei Schicksalsschläge so viel gemeinsam haben, dass Nora eine Identifikation mit Amy verspürt, die fast schon an Besessenheit grenzt. Nora stammt ursprünglich aus Deutschland, lebt nun aber bereits seit 20 Jahren als Übersetzerin in New York. Eine gescheiterte Ehe liegt hinter ihr, sodass Nora beschlossen hat, der Einfachheit halber nur noch Affären mit verheirateten Männern einzugehen.
Pia Frankenberg – Nora weiterlesen

Matthias Edvardsson – Die Wahrheit

Im schwedischen Lund wurde ein Ehepaar ermordet. Wer und was steckt hinter dieser grauenhaften Tat?

Matthias Edvardsson rollt diesen Fall von hinten auf: Zu Beginn des Buches sind die beiden schon tot und der Autor erzählt die Vorgeschichte und stellt seine Protagonisten vor.

Da wäre zunächst Bill mit seiner achtjährigen Tochter Sally. Vor etwa einem Jahr ist Bills Frau Miranda gestorben. Seitdem hält er sich nur mit Mühe und Not über Wasser. Er hat seinen Job verloren und hat Probleme, seine Miete zu zahlen. Bei allen Bekannten und Verwandten hat er bereits Schulden, und so beschließt er, eine Untermieterin in die kleine 3-Zimmer-Wohnung zu holen.

Das wäre Karla, die auf einen Studienplatz für Jura hofft. Um sich das Studium zu finanzieren, erledigt sie einen anstrengenden Putzjob. Der führt sie zweimal die Woche in die pompöse Villa von Steven und Regina Rytter. Karla merkt schnell, dass hier irgendwas komisch ist. Das Haus ist bereits blitzblank sauber, und doch soll sie zweimal die Woche für vier Stunden dort putzen. Steven arbeitet als Kinderarzt, doch seine Frau Regina ist krank und bettlägerig. Sie scheint die meiste Zeit verwirrt zu sein und nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden zu können. Doch dann gibt es auch Momente, in denen sie Karla ganz klar gegenübertritt.

Was ist in diesem Haus los?

Die letzte Hauptfigur ist Jennica – eine 30-jährige Frau, die immer noch bei Tinder ihr Liebesglück sucht und auch immer noch nicht weiß, was sie beruflich machen will. Bei einem Date lernt sie einen älteren Mann kennen, der ihr auf den ersten Blick sympathisch ist und mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre beginnt – ohne aber zu ahnen, dass dieser Mann ein Geheimnis hat…
Matthias Edvardsson – Die Wahrheit weiterlesen

Jodi Picoult – Ich wünschte, du wärst hier

Diana O’Toole ist Kunstexpertin. Eigentlich hat sie auch selbst gern gemalt, doch ihr Vater – ein bekannter Restaurator – ist bei der Arbeit tödlich verunglückt. Und Dianas Mutter ist eine weltbekannte Fotografin, aus deren Schatten sich Diana nie hinaus getraut hat. Daher hat sie sich für einen anderen Weg entschieden und arbeitet für das Auktionshaus Sotheby’s. Sie betreut gerade ein bedeutendes Kunstwerk und soll alles klar machen für die Auktion, als ein unbekanntes Virus Manhattan erreicht und das öffentliche Leben herunter gefahren wird.

Eigentlich wollte Diana mit ihrem Freund Finn auf die Galapagosinseln fahren. Sie hat auch bereits in einer Schublade einen verdächtigen kleinen Schmuckkasten gefunden und ist sich sicher, dass Finn die Gelegenheit nutzen wird, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Doch dann kommt alles anders: Als Assistenzarzt wird Finn im Krankenhaus gebraucht und sagt Diana, sie solle doch alleine fahren.

Jodi Picoult – Ich wünschte, du wärst hier weiterlesen

Genazino, Wilhelm – Liebesblödigkeit, Die

Der Trend geht eindeutig zur Zweitfreundin, jedenfalls wenn man dem Protagonisten aus Wilhelm Genazinos aktuellem Roman „Die Liebesblödigkeit“ Glauben schenken mag. Wieso sollte der Mensch sich auch mit nur einem Partner zufrieden geben, wenn sogar von ihm erwartet wird, dass er beide Eltern liebt und sich dabei nicht auf einen Elternteil beschränken darf? Diese und andere philosophisch angehauchten Fragen sind Thema der „Liebesblödigkeit“ – ein Buch, das schon durch seinen sympathischen Titel zum Kauf verlocken kann. Erst im vergangenen Jahr wurde Wilhelm Genazino mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet und selbst das „literarische Quartett“ hatte nur Worte des Lobes für Genazino übrig; so begann der Verkauf seines neuesten Werkes mit vielen Vorschusslorbeeren.

Der alternde Ich-Erzähler der „Liebesblödigkeit“ hat bereits seit einigen Jahren zwei Freundinnen parallel, die voneinander nichts wissen. Auf der einen Seite wäre da Sandra, die als Sekretärin arbeitet und sich um die Altersvorsorge ihres Partners sorgt und ihn deswegen gerne heiraten möchte, auf der anderen Seite steht Judith, die gescheiterte Konzertpianistin, die nun als Nachhilfelehrerin ihr frustriertes Dasein fristet und den lieben langen Tag in der Straßenbahn sitzt, um von einem Schüler zum nächsten zu fahren. Beide Frauen bevorzugen Lebensweisen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, sodass es dem Ich-Erzähler ermöglicht wird, sein Doppelleben gefahrlos aufrechtzuerhalten. Doch nun spürt er die ersten Erscheinungen des Alterns, die Krampfadern schmerzen mehr denn je und beeinträchtigen bereits den Sex im Liegen und auch sein Urin sah schon einmal besser aus. In dieser Situation kommen ihm erstmals Gedanken an die Trennung von einer der beiden Frauen. Denn was wäre, wenn er plötzlich ins Krankenhaus müsste und Sandra und Judith sich dort begegnen würden? Eine Entscheidung muss her, denn er kann nicht mehr länger mit beiden Frauen ein Verhältnis haben, auch wenn dieses Arrangement doch so praktisch ist. Als Sandra ihm schließlich einen Heiratsantrag macht, gerät unser Frauenheld in eine Zwickmühle.

Finanziell hält der Ich-Erzähler sich mit Seminaren über die Apokalypse über Wasser, ein Thema, das aktueller denn je zu sein scheint, sodass sich seinem Seminar in der Schweiz kurzentschlossen einige Rentner anschließen, um seinen spannenden Vorträgen lauschen und mit ihm über apokalyptische Themen diskutieren zu können. Den Erzähler erfreut dies, sichern die neuen Seminarteilnehmer ihm doch freie Kost und Logis im Hotel.

Gleichzeitig beobachtet der Erzähler genauestens seine verkommende Umwelt und kommentiert diese mit meist scharfen Worten. Auf diese Weise wird zunehmend das Elend dieser Welt deutlich, das sich oft schon in den kleinen Gesten widerspiegelt. Nebenbei tauchen immer wieder skurrile Gestalten wie Schockforscher und auch Ekelreferenten auf, die mit ihren gewagten Thesen die Welt verbessern wollen. Im Laufe der Geschichte gibt der Erzähler darüber hinaus viele Informationen über sich und seine Vergangenheit preis, der Leser lernt seine Exfrau Bettina kennen und erfährt die Gründe für das Scheitern ihrer Ehe. Am Ende des Buches steht schließlich die wichtige Entscheidung über seine Zukunft aus …

Schon mit den allerersten Sätzen beweist Wilhelm Genazino sein überragendes Erzähltalent, punktgenau und präzise weiß er sämtliche Situationen und Personen zu beobachten und zu analysieren. Dabei entgeht keine Kleinigkeit seinem scharfen Auge, jede noch so vermeintliche Nebensächlichkeit findet eine Erwähnung und trägt zum Gesamtbild des Romans bei. Genazino zeichnet ohne Scheu und Rücksichtnahme ein ehrliches und teilweise sogar abstoßendes Bild von einem gescheiterten Apokalypseexperten, der seine Seminare geben muss, bis er tot umfällt, weil er sich nicht um seine Altersvorsorge gekümmert hat. Selten habe ich eine so gelungene Charakterstudie in einem Roman wiedergefunden wie in diesem, denn durch die schonungslosen Beobachtungen unseres Erzählers lernen wir mehr über ihn, als ihm lieb sein wird. In jeder noch so peinlichen und unangenehmen Situation ist der Leser dabei, sei es der Kauf der ungeliebten fleischfarbenen Stützstrümpfe oder die genaue Beobachtung seines wandelbaren Urins, nichts wird uns vorenthalten. Auch die beiden Lebenspartnerinnen werden detailliert vorgestellt und kritisiert. Wie bricht es dem Erzähler doch fast das Herz, als ihm Sandra stolz ihre talentlosen Bilder vorführt und er peinlich berührt daneben steht und diese gar nicht ansehen mag. Kein Fehler, keine Charakterschwäche wird verschwiegen, die Personen werden regelrecht seziert. Auch für seine Seminarteilnehmer hat der Erzähler oft nur Spott übrig. So versucht er immer wieder, diesen anderen Menschen zu entkommen, um seine Ruhe zu haben.

Genazino spielt mit den Sympathien der Leser, denn als Sandra bereits wie die sichere Siegerin im Liebesduell aussieht, zeigt sie ihre selbstgemalten Bilder und beweist ihr fehlendes kulturelles Verständnis, während Judith gerade auf diesem Gebiet punkten kann. Immer wieder schwankt der Leser hin und her, fiebert mal mit Sandra mit, mal mit Judith. Bis zum Schluss scheint die Entscheidung offen zu sein, wobei Sandra doch der wesentlich größere Raum im Buch zugestanden wird. Obwohl der Erzähler schonungslos ehrlich dargestellt wird mit all seinen Verfehlungen und Ansichten, werden dennoch Sympathien für ihn aufgebaut. Seine Handlungsweisen werden dem Leser verständlich gemacht, seine beiden Liebschaften werden nachvollziehbar, wie ich mir dies nie hätte vorstellen können. Der Erzähler wirkt immer mehr wie eine geradezu armselige Gestalt, die weiß, dass sie gescheitert ist. Eine Identifikation mit dem Erzähler ist über weite Strecken nicht möglich, trotzdem findet man immer wieder eigene Gedanken im Text wieder, oftmals kann man den tragischen Helden irgendwo verstehen.

Die beschriebenen Situationen muten meist völlig skurril an, besonders das Apokalypseseminar in der Schweiz springt dem Leser hierbei ins Auge. Während der Erzähler sich vorher lieblos überlegt, welche Thesen er in seinen Vorträgen anbringen kann, sind seine Seminarteilnehmer restlos begeistert. Als Leser wird man allerdings nie den Eindruck los, dass der Erzähler für seine Mitmenschen oft nur Spott und Mitleid übrig hat. Ganz am Rande lässt er den Gedanken fallen, dass er sich ebenso gut in ein anderes Themengebiet einlesen könnte, aber die Apokalypse ist beliebt und läuft gut, warum also sollte er umschwenken auf ein anderes Seminarthema? Die Apokalypse ist für ihn nur Mittel zum Zweck, um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern, seine persönliche Überzeugung kann er jedoch gut verbergen. Trotz all der Skepsis bleibt der Erzähler von seinen apokalyptischen Studien offensichtlich nicht ganz verschont, denn häufig dringen seine gesundheitlichen Ängste durch und wir gewinnen den Eindruck, dass die Hauptfigur sich wohl etwas zu viel mit der Apokalypse beschäftigt hat.

Auch sprachlich weiß Genazino auf ganzer Linie zu überzeugen, seine Sätze klingen ausgereift und überzeugend, seine Geschichte ist einfach nett und sympathisch geschrieben. „Die Liebesblödigkeit“ ist ein kleines aber feines Stück Literatur, das leicht zu lesen, aber nicht leicht zu verdauen ist. So schnell das Buch auch durchgelesen ist, so schnell ist es noch lange nicht vergessen, denn nach Zuklappen des Buches schwirren uns viele Gedanken über das eigene Leben und die Gesellschaft durch den Kopf, sodass das Buch noch lange nachwirkt. „Die Liebesblödigkeit“ ist nicht einfach zu konsumieren, auch über das Ende sollte man nachdenken, um herauszufinden, was Genazino damit sagen möchte. Für mich ist dieser Roman dadurch schon jetzt die persönliche Entdeckung des Jahres. Wie oft habe ich beim Lesen schmunzeln müssen über die Eigenarten der Figuren, wie gut habe ich mich unterhalten gefühlt, dieses Buch werde ich sicherlich bald ein zweites Mal lesen.

„Die Liebesblödigkeit“ erzählt auf den ersten Blick eine nette kleine Geschichte über das Leben und die Liebe, die aber schon auf den zweiten Blick deutlich mehr zu offenbaren hat. Im Mittelpunkt steht nicht so sehr die Frage nach der Trennung von einer Frau. Dieser Punkt ist nur einer von vielen, denn im Leben des Erzählers liegt mehr im Argen als nur seine |ménage à trois|. Wilhelm Genazino beweist neben seinem hervorragenden Erzähltalent auch eine scharfe Beobachtungsgabe, die nicht nur den Charakterzeichnungen zugute kommt, sondern auch für eine besondere Plastizität des gesamten Geschehens sorgt. Die auftauchenden Figuren werden teilweise richtiggehend seziert und absolut schonungslos vorgestellt. Dieser Roman hat zwar nur etwas mehr als 200 Seiten und ist zügig durchgelesen, dennoch wirkt die Erzählung lange nach. Hinter diesem fast seichten Buchtitel und kindlich wirkenden Buchcover versteckt sich eine fein erzählte Geschichte, in der es viel zu entdecken gilt. So bleibt am Ende eigentlich nur festzustellen, dass Genazino sich seine Vorschusslorbeeren vollauf verdient und seine Leserschaft absolut zufrieden gestellt hat. Nur ein einziger kleiner Wehmutstropfen bleibt zurück, denn das Ende des Romans kommt ein klein wenig zu plötzlich und an einem Punkt, an dem der Leser den tragischen Erzähler lieb gewonnen hat und gerne mehr über seine Zukunft erfahren möchte.

Lea Stein – Altes Leid. Ein Fall für Ida Rabe

Im Jahr 1947 tritt Ida Rabe ihre Stelle als Polizistin in der Davidwache auf St. Pauli an. Hinter ihr liegt eine kurze, nur einige Wochen dauernde Ausbildung. Der Einstieg ist entsprechend schwierig: Sie streitet sich direkt mit ihrer Kollegin Heide Brasch und muss sich nicht nur von den männlichen Polizisten einiges anhören, sondern auch von ihrer strengen Chefin Miss Watson. Und eigentlich soll sie Berichte abtippen, doch fehlt dazu jegliches Papier. Aber so schnell gibt Ida Rabe nicht auf.

Kurze Zeit später findet sich Ida allerdings mitten in einem Kriminalfall wieder: Sie stößt auf eine grausame Serie von Vergewaltigungen, für die ihre männlichen Kollegen sich überhaupt nicht interessieren. Und dann wird eine Frau brutal ermordet. Ida ermittelt auf eigene Faust und will das Monster finden, das in Hamburg Angst und Schrecken verbreitet. Doch dabei kommt sie dem Monster näher, als ihr lieb ist…
Lea Stein – Altes Leid. Ein Fall für Ida Rabe weiterlesen

Ellen Sandberg – Das Unrecht

Annett lebt ein glückliches Leben: Mit ihrem Mann Volker steuert sie auf die Silberhochzeit zu, und die beiden Kinder sind bereits aus dem Haus und stehen selbst mitten im Leben. Nur beruflich macht sie gerade eine Durststrecke durch: Sie bewirbt sich in einem Bamberger Verlagshaus um eine Stelle als Mediengestalterin, da ihre alte Stelle nur eine befristete Elternzeitvertretung war. Sie hat kein gutes Gefühl bei dem Vorstellungsgespräch, auch wenn sie den Job zu gerne hätte.

Um sie aus ihrer Verzweiflung zu holen, bietet ihr Mann Volker, der erfolgreich als Makler arbeitet, eine Stelle in seinem Büro an, die nach dem Selbstmord einer Mitarbeiterin noch nicht neu besetzt ist. Annett zögert: Sie ist zwar glücklich mit Volker, aber Tag für Tag zusammenarbeiten mag sie nicht mit ihm, außerdem sucht sie eine Stelle in einem anderen Bereich.

Um sich selbst zu finden, nimmt sie sich eine kurze Auszeit und fährt in ihre frühere Heimat Wismar. Doch dort reißen alte Wunden auf. Annett denkt an alte Zeiten zurück, an die Clique von fünf Freunden, die im Sommer 1988 viel Zeit zusammen verbracht hat. Und sie denkt an Mischa, mit dem sie einen Sommer lang sehr glücklich gewesen ist.

Inzwischen weiß sie, dass einer der Clique zum Verräter wurde, der vieles zerstört und auch Annetts Leben in ganz neue Bahnen gelenkt hat. Mit 28 Jahren Abstand möchte sie nun herausfinden, was damals geschehen ist – sie ahnt nicht, welche Flut von Ereignissen sie damit herauf beschwört…
Ellen Sandberg – Das Unrecht weiterlesen

Sabine Thiesler – Verschwunden

Gitta und ihr Mann Elmar machen gemeinsam mit ihrem siebenjährigen Sohn Jonas Urlaub in der Toskana. Im beschaulichen Städtchen Ambra besuchen sie abends ein großes Fest, bei dem praktisch der ganze Ort auf den Beinen ist. Während Gitta sich an einem Stand mit Modeschmuck umsieht, holt ihr Mann sich eine Kleinigkeit zu essen. Beide achten nicht auf ihren Sohn, der später dann nicht mehr auffindbar ist. Jonas ist spurlos verschwunden und seine Eltern verzweifelt.

Auch Maresciallo Donato Neri von der Carabinieri-Station in Ambra ist verzweifelt, weil dieser Vermisstenfall seine Ruhe stört und er gezwungen ist, Aktionen in die Wege zu leiten. Doch da es bereits spät am Abend ist, vertröstet er die verzweifelten Eltern zunächst auf den kommenden Tag. Aber auch da bleibt Jonas verschwunden. Gitta ist überzeugt, dass ihr Sohn längst tot ist, aber Elmar will die Hoffnung nicht aufgeben.

Einige Tage später steht Jonas plötzlich unverhofft, völlig verstört und schwer verletzt vor der Carabinieri-Station in Ambra. Was ist ihm zugestoßen?

Elena Ludwig arbeitet als erfolgreiche Maklerin in Siena und ist auf Luxusimmobilien spezialisiert. Sie ist wohl situiert, doch nach dem Tod ihres Mannes ist sie auch etwas gelangweilt, weswegen sie sich regelmäßig über eine Agentur mit fremden Männern trifft.

Kurze Zeit später verschwindet ein Obdachloser, und dann auch Elena. Was geht nur vor in der Toskana?

Sabine Thiesler – Verschwunden weiterlesen

Claire Winter – Kinder des Aufbruchs

Im ersten Band „Kinder ihrer Zeit“ hat Claire Winter die Geschichte erzählt, wie die beiden Zwillinge Emma und Alice 1945 auf der Flucht aus Ostpreußen getrennt werden. Beide glauben, dass die andere nicht überlebt hat. Emma wächst bei ihrer Mutter in Westberlin auf, Alice in einem Kinderheim in der DDR. Erst Jahre später treffen sie sich überraschend wieder und geraten zwischen die Fronten der Geheimdienste.

Im vorliegenden zweiten Band – den man unbedingt auch erst nach „Kinder ihrer Zeit“ lesen sollte – geht die Geschichte nach dem Mauerbau weiter: Nun leben beide Schwestern im Westen Berlins. Emma arbeitet erfolgreich als Dolmetscherin und ist mit dem Physiker Julius Laakmann verheiratet. Die Ehe ist glücklich, doch beide haben einen großen Schicksalsschlag einstecken müssen. Alice arbeitet als Journalistin und ist mit Max verheiratet, mit dem sie auch eine gemeinsame Tochter hat. Doch beide haben nur aus Freundschaft geheiratet und führen keine Ehe im klassischen Sinne, auch wenn die gegenseitige Anziehung immer stärker wird.

Emma lernt die erfolgreiche Sängerin Irma Assmann kennen, die vor einiger Zeit aus dem Osten geflohen ist. Als Alice davon erfährt, ist sie beunruhigt, da sie von Irmas Beziehungen zum KGB weiß. Darüber hinaus trifft Alice auf einen Mann, den sie unbeabsichtigt ins Gefängnis gebracht hat. Aus Schuldgefühlen möchte sie ihm nun dabei helfen, seine Schwester aus Ostberlin zu befreien. Zusammen nehmen sie Kontakt auf mit einer Gruppe Studenten, die einen unterirdischen Tunnel nutzen, um Menschen aus dem Osten in den Westen zu bringen.

Die beiden Schwestern ahnen nicht, dass sie erneut zwischen die Fronten der Geheimdienste geraten…

Claire Winter – Kinder des Aufbruchs weiterlesen

Brendan Leonard – Ich hasse laufen, und du kannst das auch

Seit etlichen Jahren schon pflege ich eine Hassliebe zum Laufsport. Ich gehe regelmäßig laufen, meist zwei- bis viermal die Woche, absolviere regelmäßig Halbmarathons und habe auch schon einen Marathon gefinisht. Ich mag das Meditative am Laufen, manchmal sogar das schlechte Wetter, das mir dabei um die Ohren fliegt. Aber es kostet dennoch jedes Mal aufs Neue Überwindung, die Laufsachen anzuziehen, die Schuhe zu schnüren und loszulaufen. Als ich das Buch von Brendan Leonard gesehen habe, sprach mich der Titel „Ich hasse laufen, und du kannst das auch“ daher sofort an.

Der Autor hasst das Laufen so sehr, dass er in 52 Wochen 52 Marathonläufe absolviert hat und sogar schon etliche Ultraläufe hinter sich hat. „Laufen ist nicht immer gleich schlimm – es gibt diese kurzen Momente, da genieße ich es sogar. Wenn ich es hinter mir habe zum Beispiel.“ Allein schon dieser Satz des Klappentextes spricht mich dermaßen an, dass ich sofort in die Lektüre des Buches versunken bin.

Mit einem gehörigen Augenzwinkern und einer guten Portion Humor erklärt Brendan Leonard darin mithilfe zahlreicher meist witziger Diagramme, warum er läuft, was das Schöne am Laufsport ist und wie man auch selbst zu einem Läufer werden kann: einfach anfangen! Er räumt dabei mit vielen Vorurteilen auf, nämlich dass Laufen immer nur „geil“ ist und dass konsequentes Training für stete Verbesserungen sorgt oder dass man nur dann zu Rennen antreten sollte, wenn man vorhat, dieses zu gewinnen.
Brendan Leonard – Ich hasse laufen, und du kannst das auch weiterlesen

Mara Andeck – Sisi. Die Sterne der Kaiserin

Elisabeth von Österreich wird am Heiligen Abend im Jahr 1837 als Tochter eines Herzogs und einer Prinzessin geboren und hat von Anfang an alles, was das Herz begehrt. Fanny Angerer dagegen kommt am 18. Januar 1842 als Tochter einer unverheirateten Hebamme in ärmsten Verhältnissen zur Welt. Später arbeitet sie bei ihrem Stiefvater Angerer im Friseursalon und macht sich einen Namen mit ihren ausgefallenen Haarkreationen und Flechtfrisuren. Als sie bei einer Premierenaufführung im Wiener Burgtheater der Hauptdarstellerin eine besonders kunstvolle Frisur zaubert, wird die Kaiserin von Österreich auf die Friseurin aufmerksam und engagiert sie im Alter von nur 21 Jahren.

Fanny muss verbringt fortan mehrere Stunden täglich in der Hofburg, um die knielangen Haare der Kaiserin zu kämmen und zu frisieren. Aber erstmals in ihrem Leben steht sie auf eigenen Beinen und ist finanziell unabhängig. Allerdings muss sie am Hof einige wichtige Regeln lernen, insbesondere lernt sie, dass sie dort niemandem trauen und keine Freundschaften schließen kann. Sisi aber vertraut Fanny immer mehr und setzt diese später sogar als Doppelgängerin ein, um sich selbst kurze Fluchten der Freiheit zu erschleichen. Fanny muss im Gegenzug Stillschweigen über alles halten, was sie am Hofe über Sisi erfährt und was diese denkt und tut.

Aber Fanny hat auch einen Verehrer. Zunächst nimmt sie dieses Werben gar nicht ernst, doch irgendwann kann sie die Augen nicht mehr davor verschließen, dass Hugo Feifalik ernste Absichten hegt. Doch möchte sie tatsächlich eine Beziehung eingehen? Möchte sie heiraten und ihre Freiheiten und ihre Stellung am Hofe aufgeben? Fanny findet sich in einer schlimmen Zwickmühle…
Mara Andeck – Sisi. Die Sterne der Kaiserin weiterlesen