Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Alan Bennett – Die souveräne Leserin

Königliches Lesevergnügen

Wer hätte gedacht, dass eine Liebeserklärung an die Queen und die Literatur so gut zusammenpassen? Die Hunde sind schuld. Beim Spaziergang mit der Queen rennen sie los, um den allwöchentlich in einem der Palasthöfe parkenden Bücherbus der Bezirksbibliothek anzukläffen. Ma’am ist zu gut erzogen, um sich nicht bei dem Bibliothekar zu entschuldigen, leiht sich ebenfalls aus Höflichkeit ein Buch aus – und kommt auf den Geschmack.

Die Auswirkungen der majestätischen Leselust sind unvorhersehbar, die Grundfeste des Buckingham Palace werden jedenfalls gehörig durcheinander gewirbelt und für den Leser bleibt kein Auge trocken. (Verlagsinfo)
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Christopher Evans – Schimären

Intelligente Künstler-Fantasy

Vendavos einzigartige Kunst besteht darin, Schimären zu erschaffen, Objekte, Gebäude, Tempel und Statuen, geboren aus purer Konzentration. Für gewisse Zeit gewinnen diese „Luftbilder“ Realität, bis sie wieder zu Staub zerfallen.

Weltruhm erlangt Vendavo mit der Schöpfung eines Golems – eines künstlichen Menschen. Doch mit dieser Tat überschreitet er nach Meinung seiner Feinde die Grenze des Erlaubten und während er sich noch im Glanz überwältigenden Ruhms sonnt, erwartet ihn eine furchtbare Überraschung … (Verlagsinfo)

Dieser kluge Künstlerroman ist eine Sammlung von Erzählungen, die aufgrund ihrer chronologischen Reihenfolge und ihres inneren Zusammenhangs 1992 zu einem Buch zusammengefasst wurden: eine sogenannte Fix-up-Novel. „Schimären“ ist ruhig, nachdenklich und stimmungsvoll.

Handlung

Shubi ist ein Naturtalent, was das Erschaffen und Formen von Schimären angeht, die unablässig unsichtbar in der Luft um sie herumgeistern. Sie rechnet sich bessere Chancen im Leben aus, wenn sie vom Lande in die große Stadt zieht und den Bürgern ihre Kunst vorführt. Schon bald verfeinert sich ihr Können, und sie lernt ein weiteres verborgenes Talent an, Neni, der sich später, als er zu Ruhm und Ehre am Hofe aufgestiegen, Vendavo nennen wird. Doch dann erinnert er sich nicht mehr an seine einstige Lehrerin, die sich mit Prostitution sein Studiengeld verdienen musste. Die Künstlerin stirbt einsam und vergessen.

Vendavo ist ein Rebell und erschafft eine Schimäre, die sich wie ein Android verhält und ebenso bezaubernd wie eine junge Frau aussieht. Marael, so heißt das Geschöpf, wird auf Befehl des Herrschern in einen Garten verbannt – denn diese Schimäre löst sich nach ihrer Erschaffung nicht in Luft auf, sondern bleibt farbig und quasi lebendig; eine Verhöhnung des Menschen?

Als die Repessalien des Herrschers nach mehreren Attentatsversuchen zunehmen, baut er eine riesige Brücke, die mit einem Festakt von Vendavo eröffnet werden soll. Die Untergrundbewegung jedoch stürzt am Festtag erfolgreich den König und tötet alle Machthabenden. Vendavo gerät ins Zwielicht: Hat er mit seinem Kunstwerk das bestehende Unrechtssystem gestützt oder verhöhnt? Die Politik der Revolution urteilt über die Legitimität der Kunst. Vendavo behält seinen Kopf, mit knapper Not, aufgrund der positiven Aussage seines Bruders, der in bitterer Armut lebt.

Vendavos bester Schüler hat ihn im Tempel, Vendavos größtem Kunstwerk, vor aller Augen ermordet und sich dann selbst gerichtet. Als die Witwe Kumashs von den Inquisitoren vernommen wird, weiß sie kaum einen Grund zu nennen. War es Absicht oder blinde Verzweiflung? Kumash wird ebenso wie seine Witwe verurteilt, deren Besitz konfisziert wird. Verhängnisvolle Kunst.

In der Koda begraben die Schneemassen einer durch Telekinese, einer neuen Kunst, ausgelösten Lawine die Stadt unter sich, in der der frevelhafte Tempel steht.

Mein Eindruck

Eine wahrhaft deprimierende Geschichte, die Evans dem Leser auftischt. Wenn der Umschlag nicht in einem sympathischen, freundlichen Himmelblau gehalten wäre, würde man das Buch nur an dunklen Regentagen lesen. Evans sieht den Künstler zunächst als Genie, dessen Können ihm Freude macht und anderen Vergnügen bereitet. Bis es zu Akten des Regelverstoßes und offener Rebellion kommt. Weg- und Schicksalsgefährten bleiben auf der Strecke, bleiben unbeachtet. Das Genie jedoch bleibt à la Nietzsche einsam in seiner eigenbrötlerischen Welt, umgeben von großen Ideen, die manchmal zu einem Triumph werden, manchmal aber auch nicht. Und es gibt immer Neider.

Zum Glück kommt das Lokalkolorit nicht zu kurz, und so spielen mehrere Berufsstände eine Rolle. Vendavo erzählt nie von sich selbst, sein Bild wird von mehreren Seiten von außen gezeichnet, meist von Frauen, seinen eigenen wie auch fremden. Dies verleiht der Erzählung eine wohltuende Objektivität, die die düstere Atmosphäre fast ausgleichen kann.

Der 1951 geborene britische Science-Fiction-Veteran Christopher Evans beschäftigt sich in „Chimären“ mit der Rolle des Künstlers in einem repressiven Herrschaftssystem. Actionfans kommen hier ebensowenig auf ihre Kosten wie Liebhaber von Genre-Science-Fiction, die nach außen gerichtet ist, etwa in der Space-Opera.
Taschenbuch: 256 Seiten
Originaltitel: Chimeras, 1992
Aus dem Englischen übertragen von Christine Strüh
ISBN-13: 9783453172357

www.heyne.de

Lyon Sprague de Camp – Ein Yankee bei Aristoteles. Klassische SF-Erzählungen

Classic SF: Mit der Flinte im Jurassic Park

Lyon Sprague de Camp war einer der witzigsten und vielseitigsten Autoren der Genres Science Fiction, Fantasy und Phantastik. Dieser Erzählband bietet den ersten Teil seiner besten Stories: „sieben Kostproben seines schnurrigen und bissigen Humors“, wie der Heyne Verlag formuliert. Die anderen Stories finden sich in dem Erzählband „Neu-Arkadien“ (Heyne Buch Nr. 3728).

Hier gibt es beispielsweise die vielfach abgedruckte Story über Saurierjagd, in der ein paar schießwütige Yankees ein Zeitparadox erzeugen, das ihnen zum Verhängnis wird.
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Lucas, George – Star Wars – Krieg der Sterne, Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter

Es war ja abzusehen, aber nun gibt es die erste Star-Wars-Trilogie auch im Hörspiel. Wer darauf skeptisch reagiert, sollte sich von der Qualität selbst überzeugen: Sie ist erstklassig. Mir hat die Episode 4 am besten gefallen. Wer seine Stereoanlage ordentlich aufdreht, bis die Wände wackeln, wird den Angriff auf den Todesstern erleben, als sitze er selbst in einem X-Wing-Jäger.

|Das Hörspiel|

Der technische Standard der Hörspiels ist vom Feinsten – wie es sich für eine Lucas-Produktion gehört. Der Ton erklingt in Stereo, und wer seine HiFi-Anlage ordentlich aufdreht und den Subwoofer zuschaltet, wird ein Klangerlebnis ernten, das dem der DVD-Version (in DD 5.1) kaum nachsteht. Leider kommt der Soundstandard der CD momentan nicht über DD 2.0 hinaus.

Regisseur des Hörspiels ist Oliver Döring, der Macher der erfolgreichen neuen „John Sinclair“-Hörspiele, die mit ihrem Sound zu beeindrucken wissen. Die Story ist auf das Nötigste, den roten Faden, zusammengekürzt. Doch Hörer, die das Buch nicht kennen, werden über so manchen Namen stolpern, der in den Filmen entweder nicht erklingt oder überhört wird. Es könnte aber auch an den Änderungen liegen, die Lucas in den DVD-Fassungen vornahm (siehe unten).

Ein ganz besonderes Schmankerl stellt das zwölfseitige Booklet dar. In Vierfarbdruck sind hier etliche Szenenfotos zu sehen. Davon sind einige laut Verlagsangabe sehr selten. Sehr hübsch sind wieder einmal die Fotos von C3PO: Einmal sitzt er auf dem Thron der Ewoks, auf dem anderen wagt er ein Tänzchen mit einer kleinen Ewok-Dame. Viel beeindruckender finde ich jedoch das doppelseitige Ausklappbild mit dem rasenden „Millenium Falcon“, der, vor einer Flammenhölle fliehend, durch so etwas wie einen Röhrentunnel saust.

Star-Wars-Fans werden sogleich auch die Poster-Art wiedererkennen. Sie ist auch auf der Innenseite und Rückseite der Jewelbox zu finden. Das Motiv auf der CD selbst zeigt den zweiten, unfertigen „Todesstern“. Nimmt man die CD heraus, fällt der Blick auf ein emporgerecktes Laserschwert … Diese Grafik-Elemente dürften auch den letzten Zweifler überzeugen, dass es sich um ein echtes, hundert Prozent originales |Lucasfilm|-Produkt, lizenziert von |WortArt|, handelt.

|Der Sprecher|

Joachim Kerzel, 1941 in Hindenburg/Oberschlesien geboren, erhielt seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Als gefragter Synchronsprecher leiht er Jack Nicholson, Dustin Hoffman, Dennis Hopper und vielen anderen Stars seine sonore Stimme. Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir seine Beteiligung an der Hörbuchfassung von Stephens Kings „Das Mädchen“, die er zusammen mit Franziska Pigulla bestritt. Seine sonore Stimme macht aus jedem Gegenstand etwas Grandioses. Daher ist er häufig auch in der Werbung zu hören, so etwa zu den Medienprodukten um Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung.

_Handlung_

Zur Vorgeschichte siehe „Krieg der Sterne“ und „Das Imperium schlägt zurück“, also die Episoden 4 und 5.

Das Imperium hat einen zweiten „Todesstern“ im Bau und schon fast fertig gestellt. Vader sorgt dafür, dass die Bauarbeiten beschleunigt werden. Der Imperator himself will nämlich hier seinen Endsieg über die Rebellen feiern. Und den hohen Herrn darf man keinesfalls enttäuschen, wenn einem was am Leben liegt.

Unterdessen auf dem Wüstenplaneten Tatooine, der früheren Heimatwelt Luke Skywalkers. Bekanntlich ist es Luke, Leia und Lando (die drei Killer-Ls?) gelungen, aus der Wolkenstadt Calrissians zu entkommen. Nun geht es darum, den eingefrorenen Han Solo zu befreien. In Verkleidung versuchen Leia und Luke, als Kopfgeldjäger mit Jabba the Hutt, dem Boss der Unterwelt des Planeten, einen Deal zu machen: Hauptsache, er gibt ihnen Han Solo.

Leider klappen die Pläne nicht ganz wie vorgesehen. Leia wird versklavt und muss halbnackt und angekettet als Tänzerin Jabba zu Diensten sein (was leider auf dem Hörbuch kaum zur Geltung kommt). Luke fällt durch eine Falltür in das finstere Verlies, das von einem Monster namens Renkor beherrscht wird.

Zwar gelingt es den Robotern R2-D2 und C3PO, Han Solo aus dem Carbonit zu befreien, doch damit ist noch nichts gewonnen. Alle Gefährten werden gefangen genommen und sollen in der Wüste einem weiteren Monster vorgeworfen werden. (Offenbar herrscht hier ein Überschuss an Ungeheuern.) Diese Exkursion endet für diverse Insassen des Segelschwebeschiffes von Jabba recht fatal: Es fliegt in die Luft. Doch zuvor sind die Gefährten entkommen.

|Intermezzo:|

Luke fliegt zu Yoda zurück, um seine Jedi-Ausbildung abzuschließen. Zu spät: Yoda gibt den Löffel ab. In langen Gesprächen mit Yoda und Kenobi erfährt Luke endlich, dass er eine Zwillingsschwester – Leia – hat, die vor den Imperiumskräften ebenso versteckt werden musste wie er. Auch über die Vergangenheit und den Werdegang seines Vaters Anakin erfährt er eine Menge. Kenobi prophezeit, dass, wenn es Luke nicht gelingt, Vader zu töten, das Imperium siegen werde. Diese Prophezeiung stürzt Luke in einen Zwiespalt, der sich für ihn verheerend auswirken wird.

|2. Akt:|

Das Imperium hat seinen neuen „Todesstern“ über dem Waldmond Endor in Stellung gebracht, der irgendwo am Rande der Galaxis den Rebellen als Sammelpunkt dient. Hier wird die Rebellenflotte dem Imperium die finale, entscheidende Schlacht liefern.

So lautet zumindest der Plan. Denn der „Todesstern“ verfügt über einen Schutzschild, der ihn unangreifbar macht. Die Energie dafür wird ihm von einer Station auf Endor zugeführt. Diese gilt es also zunächst zu zerstören, bevor der Rebellenangriff mit Aussicht auf Erfolg gewagt werden kann. Han und Leia führen einen Kommandotrupp an, der die Bodenstation außer Funktion setzen soll. Sie stoßen schnell auf erhebliche Schwierigkeiten: Das Imperium hat sie erwartet.

Nach ersten Kämpfen setzt sich Luke ab, um sich seinem Vater an Bord des „Todessterns“ entgegenzustellen. Doch hier hat er es nicht nur mit Vader zu tun, sondern mit dessen Boss, dem oberfiesen, durchtriebenen Imperator. Dieser versucht, Luke auf die „dunkle Seite der Macht“ zu ziehen. (Die Macht ist also nicht nur ein religiöses, parapsychologisches und genetisches Phänomen, sondern auch ein psychologisches – tolle Sache, das!)

Der Zwiespalt, in dem Luke steckt, sieht so aus: Wenn er versucht, Vader oder den Imperator als die zwei Oberschurken zu töten, trägt ihn sein Hass auf die „dunkle Seite der Macht“, d. h. er ist auch nicht besser als einer dieser Schurken. Er kann sie aber auch nicht am Leben lassen, denn sie würden in kürzester Zeit seine Gefährten vernichten. Und dann ist da noch Kenobis Prophezeiung. Er tut das einzig Richtige, das die dritte Seite dieses Dreiecks aus Luke, Vader und Imperator unter Zugzwang setzt: Er weigert sich, sich dem Imperator zu unterstellen, wirft vielmehr sein Laserschwert weg und ist bereit, sein Leben zu opfern.

Unterdessen ist die Rebellenflotte im Anflug auf den „Todesstern“ in der Hoffnung, dass der Schutzschild deaktiviert wurde. Ein kleiner Irrtum, wie sich herausstellt. Alles ist in der Schwebe – das Schicksal der Galaxis muss sich entscheiden. Doch was wird den Ausschlag geben?

_Mein Eindruck_

Episode 6 besteht über weite Strecken aus zwei Handlungssträngen, die je einem grundverschiedenen Tempo folgen. Während sich Solo, Leia und Co. den Rebellen anschließen und so für die Action auf Endor sorgen, setzt sich Luke auf einer ganz anderen Ebene mit den Gegebenheiten seines Lebens und der Herrschaft über die Galaxis auseinander. Dies erfordert lange Dialoge mit Yoda, Kenobi, Vader und dem Imperator, die sehr lange dauern und die Handlung fast zum Erliegen bringen.

Idealerweise sollte der Actionpart um Solo & Co. diese Langsamkeit ausgleichen, doch in der Umsetzung hat das nicht ganz hingehauen. Die Dialogszenen behaupten weiterhin ihr Übergewicht. Auf der Suche nach Gründen stößt man schnell auf die Ewoks. Diese tapferen Teddybären auf Endor entsprechen dem Äquivalent der kannibalischen Neger in den Tarzanfilmen und Cartoons der 1930er Jahre: Sie wollen Solo & Co. kochen, um sie zu verspeisen. Eine ziemlich lächerliche Idee.

Noch lächerlicher ist die Lösung, die sich George Lucas für dieses dramaturgische Problem hat einfallen lassen: C3PO behauptet, er sei ein Gott. Zum Beweis lässt Luke ihn und R2-D2 per Telekinese schweben. Die tumben Trapper und Speerträger aus dem Endorwald fallen denn auch in die obligatorische Demut, die einem Gott gegenüber angebracht ist. Mit den gleichen trügerischen Methoden arbeitet doch auch der Imperator, oder? Nur ist es bei ihm nicht halb so lustig.

Am Schluss, nach dem großen Finale (das hier nicht verraten werden darf), tanzen die Sieger ausgelassen mit den Eingeborenen Endors. Das hätte man im Zweiten Weltkrieg unerlaubte Verbrüderung mit der Bevölkerung genannt, aber es passt natürlich zu einem Sternenmärchen. Dass Han glaubt, die angebetete Leia habe ihr Herz nun an Luke verloren, ist nur das ironische Sahnehäubchen.

|Ausblick|

Im Jahr 2004 ist die Doppel-Trilogie beinahe fertig: Nächstes Jahr kommt der – vorerst – letzte Film in unsere Kinos: Episode 3 (es geht um die mysteriösen Sith). Die DVD-Box der ersten Trilogie ist nun mit großem Erfolg in den Läden. Und sie ist der Ausgangspunkt der Hörspielfassung. Das bedeutet auch, wie der Kenner weiß, dass sämtliche Änderungen, die Lucas an den Originalen vornahm, auch in den Hörspielen zu finden sind. Und das sind eine ganze Menge.

|Der Sprecher / Das Hörspiel|

Der beeindruckende Stereo-Sound entspricht dem digital aufpolierten Sound, der in den Filmszenen auf den DVDs zu hören ist. Das bedeutet, wenn es hier kracht, dann rummst es auch wirklich. Das Gleiche gilt für die aufpolierte Musik von John Williams, die in ihrem Beitrag zur Dramatik dieser Sternenoper nicht zu unterschätzen ist. Sie steuert ganz direkt die Emotionen des Hörers.

Aber sie tut dies auch mit den bekannten Ohrwürmern. Dazu gehören sämtliche Erkennungsmelodien der einzelnen Figuren: Darth Vader, Luke, Han Solo – sobald sie auftreten, erklingt ihr Thema. Genau wie in Jacksons „Herr der Ringe“. Am besten gefiel mir die spannende Szene zwischen Luke, Vader und dem Imperator. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt des Plots.

Es gibt für mich nur einen Wermutstropfen: Für die Produktion hat man die alten deutschen Sprecherstimmen übernommen. Das erscheint als Pluspunkt, doch leider hat man deren mindere Klangqualität nicht ebenfalls digital aufgebessert. Zuweilen klingen sie etwas scheppernd, und in Szenen mit zahlreichen Sprechrollen kommt es hin und wieder, wenn man ganz genau hinhört, zu Interferenzen und Verzerrungen. Dieser Effekt ist absolut minimal und selten, aber mit einem guten Ohr – und noch besserem Equipment – wahrzunehmen.

Joachim Kerzel wird in seiner Funktion als Erzählerstimme nicht über Gebühr gefordert, aber sein Vortrag sorgt für die erforderliche Dramatik, ist kompetent und mitreißend. Seine Leistung wird besonders im ersten Finale deutlich, beim Duell zwischen Imperator, Vader und Luke. Die Klangqualität entspricht höchsten Standards.

|Änderungen gegenüber den Originalen|

Erstmals tritt jetzt der Chef von Vader auf, der Imperator. Wie inzwischen bekannt sein dürfte, wurde dessen Gesicht im überarbeiteten Film an das von Kanzler Palpatine in Episode 1 und 2 angepasst. Auch seine deutsche Stimme klingt jetzt anders: viel glatter, hinterlistiger. Das gilt nur für Episode 5 des Hörspiels. In Episode 6 fehlt ihr der für alle anderen deutschen Synchronstimmen typische scheppernde, raue und ein wenig heisere Klang keineswegs. Hierbei erweist sich, dass die Leistung des ursprünglichen deutschen Synchronsprechers (Name unbekannt) immer noch unübertroffen ist.

_Unterm Strich_

Nun sollte eigentlich so etwas wie ein Resümee der gesamten Trilogie geliefert werden. Aber ist dies wirklich nötig? Schon in den Fazits zu Episode 4 und 5 habe ich entsprechende Andeutungen gemacht, dass es deutliche Unterschiede in der inhaltlichen Qualität der Hörspiele gibt. Im Rückblick ergibt sich, dass die übergreifende Produktpräsentation einem echten |Lucasfilm|-Produkt an Qualität in nichts nachsteht, dass aber der Inhalt des ersten Hörbuchs mir am besten gefallen hat.

Also lässt sich ohne weitere Umschweife sagen, dass der Käufer jeweils ein sehr gutes Hörspiel erhält, sich die inhaltliche Qualität nicht immer die Waage hält. Und wer von |Star Wars| als einem Sternenmärchen sowieso nichts hält, der wird auch mit den Hörspielen nichts anfangen können. Man muss schon eine gewisse Begeisterung mitbringen …

… genau wie bei den Filmen: Mitte nächsten Jahres geht der Rummel wieder los, wenn es zum sechsten Mal heißt: „Es war einmal in ferner Zukunft in einer weit entfernten Galaxis …“

|Umfang: 65 Minuten auf 1 CD|

Dark, Jason / Döring, Oliver – John Sinclair – Im Land des Vampirs (Folge 38)

_Zeitreise-Abenteuer: Kampf gegen die Blutsauger_

„Im Land des Vampirs“ ist die 1. Folge der |Fariac|-Trilogie und entspricht dem Band 139 der Bastei-Romanserie. John Sinclair verschlägt es ins 17. Jahrhundert, wo er sich mit Nachfahren der transsilvanischen Pfähler gegen die Vampirsippe des Grafen Fariac verbündet.

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause |Bastei|. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Sprecher_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino, Jeremy Irons, Pierce Brosnan und Kevin Costner.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson, Dennis Hopper und Sir Anthony Hopkins, spricht den Erzähler.
Jane Collins: Franziska Pigulla, die deutsche Stimme von Gillian „Scully“ Anderson
Bill Connolly: Detlef Bierstedt, die deutsche Stimme von George Clooney
Suko: Martin May
Sir James Powell: Karl Heinz Tafel
Graf Fariac: Helmut Gauß (Liam Neeson, Samuel L. Jackson als Mace Windu in „Star Wars“)
Gräfin Fariac: Kerstin Sanders-Dornseif (Susan Sarandon, Glenn Close)
Jan Ziegler: Hans-Jürgen Wolf
Stephan Marek: Ernst August Schepmann
Ilona Marek: Marie Bierstedt, die deutsche Stimme von Kirsten Dunst und Kate Beckinsale
Karel Marek: Dietmar Wunder (Cuba Gooding jr., Don Cheadle)
Und andere.

_Der Produzent_

… ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der John-Sinclair-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel [„Der Anfang“ 1818 hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Regieassistenz: Patrick Simon
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Tontechnik: Arne Denneler
Schnittassistenz: Jennifer Kessler
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

Mehr Infos: http://www.sinclair-hoerspiele.de, http://www.wortart.de

_Handlung_

Oberinspektor John Sinclair vom Scotland Yard wehrt gerade einen zudringlichen Straßenräuber ab, als der Privatdetektiv Jan Ziegler auftaucht und ihm einen wertvollen Tipp gibt: In den Labors von |Fariac Cosmetics| soll sich Sinclair doch mal das merkwürdige Mosaik anschauen, mit dem etwas nicht stimmt. Obwohl Sinclair dem Schnüffler nicht ganz vertraut, begleitet er ihn auf einem kleinen Einbruch in das Labor. Und merkt gleich, dass er hier richtig ist: Es riecht nach Blut!

Das Mosaik ist gigantisch: sechs Meter lang und mehrere Meter hoch. Es schimmert leicht rötlich, als sei es ebenfalls mit Blut getränkt. Es zeigt entstellte Wesen, Aderlasse und darüber zwei Blutsauger mit gefletschten Zähnen. Hier ist John an genau der richtigen Adresse … Ziegler wundert sich: Wohin ist der Oberinspektor verschwunden? Ein seltsamer Ton wie ein Herzschlag erfüllt die Luft. Ziegler versucht abzuhauen, doch er kommt nicht weit. Ein Schrei dringt aus dem Labor.

John gerät in eine albtraumhafte Szene. Ein Planwagen, der von einer jungen Frau gelenkt wird, wird von zwei Reitern immer weiter auf einen Abgrund zu getrieben. Die junge Frau scheint die Kontrolle über die wild gewordenen Pferde verloren zu haben. John greift ein und bringt den Wagen zum Stehen, knapp vor dem Sturz in den Abgrund. Die Reiter verschwinden. Die junge Frau ist sehr schön, nennt sich Ilona und verrät John, dass er im Jahr 1649 in Deutschland gelandet sei, nicht weit von einem Fluss namens Rhein.

Ein alter Mann, Ilonas Vater, entsteigt dem Planwagen und stellt sich als Stefan Marek vor. Sind sie etwa Verwandte von Frantisek Marek, dem Pfähler, der ihm in Transsilvanien gegen die Vampire half? Die wilden Reiter seien Söldner des Grafen Fariac, der oben auf einer großen Burg lebe und von dort mit ihnen das Land terrorisiere. Die Sonne geht unter. Ilona und Stefan bekommen Angst. Fariac sei ein Vampir und ein Herrscher über die Untoten. John fragt sich, ob dieser Fariac ein Urahn des Besitzers von |Fariac Cosmetics| sein könnte.

Unterdessen in London. Sir James Powell, Sinclairs Chef, erfährt, dass Sinclair spurlos verschwunden sei. In der letzten Nacht habe die Stadtpolizei einen Mann namens Jan Ziegler aus der Themse gefischt, einen Privatdetektiv. Der hatte einen Hinweis auf Sinclair bei sich. Powell verständigt Sinclairs Freundin Jane Collins, die sich schon Sorgen macht. Bei Ziegler findet sich auch ein Scheck von |Fariac Cosmetics|, und Powell schickt Jane mit Suko los, um dort nach Sinclair zu suchen.

Im Jahr 1649 entwickeln sich die Dinge für Sinclair nicht sonderlich günstig. Die Söldner Fariacs haben ein Auge auf die schöne Ilona geworfen und fordern sie von Stefan und seinem Sohn Karel, den sie in einem Rheindorf getroffen haben. Als John sich gegen die Söldner stellt, wird auch er niedergeschlagen, Ilona auf die Burg des Grafen verschleppt. Sie soll dort von Gräfin Katharina für die „Vermählung“ mit dem Grafen vorbereitet werden, um das „ewige Leben“ zu erlangen, wie die Frau behauptet. Ilona hat keine Möglichkeit der Gegenwehr.

Die beiden Mareks haben sich John als Pfähler aus Transsilvanien zu erkennen gegeben und er sich als Erbe des Kreuzes von Hesekiel. Mit im gleichen Geist vereinten Kräften wollen sie Ilona aus den Klauen der Vampire retten. Hoffentlich ist es nicht schon zu spät für das Mädel!

_Mein Eindruck_

Man sollte eine Kultserie, die schon derartig lange läuft, nicht in ihrem Grundkonzept ändern. Meist wird das von den Fans der jeweiligen Serie nicht begrüßt oder toleriert. Und der Autor Helmut Rellergerd hütet sich dementsprechend auch, irgendwelche störenden, womöglich revolutionär gedachten Elemente einzuführen. Was sich lange bewährt, ist schließlich gut! (um mal Goethe abzuwandeln)

Nein, der „Sohn des Lichts“ schlägt die Vampire, wo er auf sie stößt. Und sei er noch so verwirrt durch Graf Fariacs listig im Mosaik verborgenene Zeitmaschine, so weiß er doch, was er zu tun hat, wenn er ein Mädel in Not sieht, noch dazu ein so hübsches wie Ilona Marek. Leider schließt sein Pflichtbewusstsein auch ihre Tötung in Folge 40 ein – das Leben ist hart, aber die Pflicht ist härter! Es kommt eben darauf an zu wissen, auf welcher Seite man steht, und Ilona, wenn auch nicht durch ihre eigene Schuld, stand nach ihrer Vampirwerdung eindeutig auf der falschen.

Ein wenig erstaunlich fand ich es schon, dass die Vampire, die die Mareks schon längst ausgespäht haben, nicht sogleich bei Nacht über sie herfallen, sondern vielmehr ihre Söldner aussenden, um nur Ilona zu verschleppen. Offenbar sind Vampire auch und besonders in deutschen Rheinlanden ein wählerisches Völkchen, das sich nur das Beste vom Besten schnappt; also junge Weibchen der menschlichen Spezies! Man kann die Sekunden zählen, bis sich selbiges Weibchen vollständig zu entblößen hat. Diesmal passiert es vor einer anderen Frau. Ein Narr, wer jetzt eine heiße Lesbenszene erwartet.

Vielleicht ist es aber nicht so fördernd für den Spaß an dieser einfachen Geschichte für etwa sechzehnjährige Jungs und Mädels, wenn man sich den Kopf über die offenen Fragen und die Motivationen der Figuren zerbricht. Ein zerbrochener Kopf hat noch nie viel Spaß gehabt, wenn man den Berichten glauben darf.

Bloß gut für unseren Helden, dass seine Freunde auf der anderen Seite der Zeit (was wir für unsere Gegenwart halten) auf dem qui-vive sind und eins und eins zusammenzuzählen wissen. Suko liefert die Fakten, Jane Collins die Gefühle, Sir Powell die Befehle – dann kann die Rettungsaktion ja losgehen. Die Spur führt, wie könnte es anders sein, direkt zu |Fariac Cosmetics|, und dessen Besitzer ist aufgrund der Familienähnlichkeit offensichtlich ein schlimmer Finger, dem Scotland Yard schon bald auf denselben hauen wird. Die Frage ist natürlich: Wie tötet man einen Untoten?

Die Antwort darauf liefern hoffentlich die beiden Teile 2 und 3 dieser Trilogie.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück machen Pigulla, Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

|Musik und Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Die Besonderheit dieser Episode liegt darin, dass die Szenen, die im Jahr 1649 spielen, völlig andere Geräusche aufweisen als jene, die in der Gegenwart spielen. Das sorgt für einen reizvollen Kontrast.

Und es erinnert den Hörer wiederholt daran, dass er es mit einer Zeitreisegeschichte zu tun hat. (Sich zu fragen, wie die Zeitreise funktioniert, führt nur zu einem zerbrochenen Kopf – davor wird dringend gewarnt. Man nehme an, dass es sich um Magie handelt, denn merke: „Eine Technik, die genügend weit fortgeschritten ist, lässt sich von Magie nicht unterscheiden.“ Sagte schon Arthur C. Clarke.)

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British-Horror-Film zu hören. Stets gibt sie sehr genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit einem klassischen Instrumentarium produziert. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch.

Musik, Geräusche und Stimmen wurden so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Das Booklet|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher und die Macher. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 16 Jahren.

_Unterm Strich_

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von Hollywoodstars einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis. Dabei kommt aber die Action nie zu kurz, auch nicht die Erotik und Romantik. Wieder mal verliebt sich John Sinclair in eine Schönheit, ohne einen Gedanken an seine Jane Collins zu verschwenden. Offenbar weiß er die Früchte, die der Augeblick bietet, stets rechtzeitig zu pflücken. Oder sein Schöpfer will das Publikum nicht mit solchen Feinheiten langweilen (ein sehr ehrenwerter Grund).

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling.

|50 Minuten auf 1 CD / MC|
http://www.sinclairhoerspiele.de/
http://www.luebbe-audio.de
http://www.wortart.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Lyon Sprague de Camp – Das Orakel der Fremden. SF-Roman

Revolution auf der Welt der Bienenköniginnen

Auf der Suche nach einem verschollenen Raumschiff landet eine Wissenschaftlergruppe auf einem erdähnlichen Planeten, auf dem sich humanoide Spezies entwickelt haben, die in kleinen, bienenstaatähnlichen Gemeinschaften leben. Eine Königin herrscht über ihre Untertanen, hauptsächlich ungeschlechtliche Arbeiterinnen und Kriegerinnen. Die männlichen Nachkommen werden meist schon im zarten Säuglingsalter massakriert; nur ein paar Drohnenmännchen werden aufgezogen, damit sie die Königin befruchten.

Die irdischen Wissenschaftler machen sich in einheimischer Begleitung auf, um das geheimnisvolle Orakel zu besuchen, weil sie vermuten, dass dort vielleicht Spuren der verschollenen Expedition zu entdecken seien. Und sie entdecken noch etwas anderes: In Not geraten und von Mordbrennern verfolgt, die es auf die modernen Waffen der Terraner abgesehen haben, ist es einer der einheimischen Arbeiterinnen nicht möglich, ihre strengen Diätvorschriften einzuhalten. Sie ist gezwungen, von der Fleischnahrung der Drohnen zu kosten. Und da geschieht plötzlich etwas, das die soziale Ordnung ihrer primitiven Gesellschaft zerbrechen lässt. (Verlagsinfo)
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Robert A. Heinlein – Die grünen Hügel der Erde. SF-Erzählungen


Klassische SF-Erzählungen vom Altmeister

Diese Erzählungen von einer Menschheit im Weltall, die in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden, sind heute zwar klassisch, aber meist bereits vergessen – allzu optimistisch ist ihr Grundton. Es ist, als würde der Propagandaminister der Raumfahrtbehörde NASA ein farbenfrohes Szenario nach dem anderen verbreiten wollen. Auch wenn es mal ironisch daherkommt.

Der Autor

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Storys im Science-Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

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Edgar Allan Poe – Eleonora (POE #12)

X-Mystery: Die Wahrheit ist dort draußen

„Eleonora“ ist der zwölfte Teil der Edgar-Allan-Poe-Reihe von LübbeAudio, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Ulrich Pleitgen hat auch an den ersten Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

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Lucas, George – Star Wars – Krieg der Sterne, Episode V: Das Imperium schlägt zurück

Es war ja abzusehen, aber nun gibt es die erste Star-Wars-Trilogie auch im Hörspiel. Wer darauf skeptisch reagiert, sollte sich von der Qualität selbst überzeugen: Sie ist erstklassig. Mir hat die Episode 4 am besten gefallen. Wer seine Stereoanlage ordentlich aufdreht, bis die Wände wackeln, wird den Angriff auf den Todesstern erleben, als sitze er selbst in einem X-Wing-Jäger.

|Das Hörspiel|

Der technische Standard der Hörspiels ist vom Feinsten – wie es sich für eine Lucas-Produktion gehört. Der Ton erklingt in Stereo, und wer seine HiFi-Anlage ordentlich aufdreht und den Subwoofer zuschaltet, wird ein Klangerlebnis ernten, das dem der DVD-Version (in DD 5.1) kaum nachsteht. Leider kommt der Soundstandard der CD momentan nicht über DD 2.0 hinaus.

Regisseur des Hörspiels ist Oliver Döring, der Macher der erfolgreichen neuen „John Sinclair“-Hörspiele, die mit ihrem Sound zu beeindrucken wissen. Die Story ist auf das Nötigste, den roten Faden, zusammengekürzt. Doch Hörer, die das Buch nicht kennen, werden über so manchen Namen stolpern, der in den Filmen entweder nicht erklingt oder überhört wird. Es könnte aber auch an den Änderungen liegen, die Lucas in den DVD-Fassungen vornahm (siehe unten).

Ein ganz besonderes Schmankerl stellt das zwölfseitige Booklet dar. In Vierfarbdruck sind hier etliche Szenenfotos zu sehen. Davon sind einige laut Verlagsangabe sehr selten, so etwa von zwei C3POs, einem silbernen und einem goldenen. Sehr hübsch ist auch das Bild, in dem C3PO Han Solo auf die Schulter tippt, während (oder weil?) dieser gerade Leia Organa küssen will.

Star-Wars-Fans werden sogleich auch die Poster-Art wiedererkennen. Sie ist auch auf der Innenseite und Rückseite der Jewelbox zu finden. Das Motiv auf der CD selbst zeigt die Eiswelt Hoth. Diese Grafik-Elemente dürften auch den letzten Zweifler überzeugen, dass es sich um ein echtes, hundert Prozent originales Lucasfilm-Produkt, lizenziert von WortArt, handelt.

|Der Sprecher|

Joachim Kerzel, 1941 in Hindenburg/Oberschlesien geboren, erhielt seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Als gefragter Synchronsprecher leiht er Jack Nicholson, Dustin Hoffman, Dennis Hopper und vielen anderen Stars seine sonore Stimme. Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir seine Beteiligung an der Hörbuchfassung von Stephens Kings „Das Mädchen“, die er zusammen mit Franziska Pigulla bestritt. Seine sonore Stimme macht aus jedem Gegenstand etwas Grandioses. Daher ist er häufig auch in der Werbung zu hören, so etwa zu den Medienprodukten um Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung.

_Handlung_

Zur Vorgeschichte siehe „Krieg der Sterne“, also [Episode 4. 686

Nach der erfolgreichen Vernichtung des „Todessterns“ haben sich die Rebellen auf dem Eisplaneten Hoth eingenistet. Imperiumssonden entdecken jedoch das Versteck, weil Luke eine dieser Sonden genauer untersuchen will. Dabei landet er beinahe zwischen den Kiefern eines Monsters, das als Vampa bezeichnet wird. Bemerkenswert ist dabei, dass er seine telekinetischen Kräfte als Jedi bereits ausgebildet hat. Han Solo rettet ihn vor dem Erfrieren in der Eiswüste.

Während die Untergebenen dem verstümmelt empfangenen Sondensignal wenig Bedeutung beimessen, springt Darth Vader sofort darauf an: Er befiehlt den Angriff auf Hoth. Um ihren zahlreichen langsamen Raumschiffen die Flucht zu ermöglichen, leisten die Rebellen Widerstand, allen voran Luke Skywalker. Luke kann dem Inferno ebenso entkommen wie Han und Leia, doch muss er einem telepathisch empfangenen Wunsch von Kenobi entsprechen: Er soll zum System Dagobah, um dort seine Ausbildung beim Jedi-Meister Yoda zu erhalten.

Unterdessen versteckt sich Han mit Leia und den Droiden nach einer wahnwitzigen Verfolgungsjagd in einem hohlen Asteroiden. Es handelt sich um den Bau eines gigantischen Wurms, aber darauf kommt Han erst nach ein paar „Experimenten“. Als Luke per Kenobi-Vision erfährt, dass seine Freunde in Gefahr sind, will er ihnen zu Hilfe eilen.

Han Solo rettet sich jedoch selbst vor den Zähnen des Raumwurms und fliegt zu einem Planeten, dessen Unabhängigkeit ihm mehr Sicherheit verspricht. Hier betreibt der Vorbesitzer seines klapprigen Raumschiffs, Lando Calrissian, einen Bergbauplaneten und kümmert sich weder um Rebellen noch um das Imperium.

Doch Lando steht unter Zwang Darth Vaders. Der Sith-Lord will Han Solo an den Kopfgeldjäger Boba Fett ausliefern und ist nur an Leia und Luke interessiert. Für den anfliegenden Luke hat er bereits eine Falle aufgestellt: Er hat Solo in Carbonit eingefroren. Will Luke seinen Freund lebend wiederhaben, muss er sich beeilen. Boba Fett will Solo an Jabba the Hutt verschachern, der seit Mos Eisley mit Solo eine Rechnung offen hat.

_Mein Eindruck_

Episode 5 wurde nicht von George Lucas gedreht, sondern von Irwin Kershner. Das Drehbuch stammt von der Schriftstellerin Leigh Brackett, einem erprobten Schlachtross der Science-Fiction und Fantasy (sie lieferte auch das Skript zu Bogarts Krimi „The Big Sleep“), sowie von Lawrence Kasdan. Gegenüber den Episoden 4 und 6 ist der |Film| geradezu hyperkompliziert. Nicht so das Hörspiel. Sicher: Der Handlungsstrang wird aufgespalten und wird zusammengeführt, einer der Gefährten muss (scheinbar) dran glauben, und der Held Luke erfährt von seiner wahren Herkunft (klassische westliche Helden wachsen immer elternlos auf und fallen dann aus allen Wolken).

Doch die Sache ist im Grunde ganz einfach: Der Höhepunkt des Geschehens ist nicht etwa Han Solo’s „Tod“ im Carbonit, Leias Gefangennahme oder Darth Vaders Triumph über den Unabhängigen Lando Calrissian. Nein, der Höhepunkt des Stücks ist Vaders Satz: „Ich bin dein Vater.“ (Als ob wir’s nicht schon geahnt hätten – bei |dem| Namen.)

Im Kontext der Trilogie erscheint nun die Episode 5 als ein Dreh- und Angelpunkt in der Entwicklung der Story. Der nächste Schritt besteht in der Enthüllung, dass Luke eine Schwester hat, die nicht einmal davon weiß. Plötzlich gibt es nicht nur einen letzten Jedi-Ritter (Luke), sondern zwei! Leider tritt hier dann das Inzest-Tabu in kraft: Nun wird klar, warum Luke nie Interesse an der feschen Prinzessin hatte (oder ob es wohl an ihrer Haartracht lag?). Er durfte sich wegen des Inzesttabus nicht in sie verlieben. Sonst hätten sie wohl miteinander Mutanten-Jedis gezeugt – nicht auszudenken!

Ähnliche Tabus gelten für Lukes Beziehung zu Darth Vader: Lukes Ersatzväter Kenobi und Yoda haben ihm beigebracht, er müsse Vader hassen, weil dieser „der dunklen Seite der Macht“ erlegen sei – was auch immer das heißen mag. Als er dann in Calrissians Wolkenstadt zum allerersten Mal Vader erblickt, weiß er, was er zu tun hat: den Schurken umbringen. Und dass Vader das ist, hat er durch das belegt, was er Lukes Freunden angetan hat. Die Wahrheit „Ich bin dein Vater“ führt zu dem symbolschweren Verlust der Schwerthand – diesmal bei Luke, beim nächsten Mal, in Episode 6, bei Vader selbst. Der Verlust der Schwerthand entspricht, psychologisch gesehen, einer Entmannung des Kriegers. Und für Vader bedeutet dieser Funktionsverlust das Ende. (Und angesichts so fähiger Drehbuchautoren wie Brackett und Kasdan sind solche Interpretationen durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen.)

Das Hörspiel mag ja einfach zu verstehen sein, aber beim Anhören verstärkte sich bei mir der Eindruck, dass es definitv an Verschnaufpausen fehlt. Das Einzige, was man so bezeichnen könnte, ist Lukes Lehrzeit bei Yoda. Aber die muss auch sehr kurz gewesen sein, denn kaum sind seine Gefährten von Calrissian verraten worden, startet Luke schon zu ihrer Rettung. Kein Wunder, dass Yoda Lukes Ausbildung nicht für abgeschlossen hält. Diese Yoda-Episode ist im Film viel länger und vielschichtiger, denn Luke lernt wichtige Aspekte des Yedi-Rittertums kennen.

Im Hörspiel zu Episode 5 wird mehr Wert auf Action und Tempo gelegt. Der Eindruck von Hektik hat sich bei mir verstärkt. Allerdings wurde ich der Story dennoch nicht überdrüssig, denn die zwei bis drei Handlungsstränge wechseln sich ständig ab, und die zwei Roboter liefern nicht nur heitere Einlagen, sondern führen zudem – mit Calrissian – eine Wende der Ereignisse herbei.

Im Jahr 2004 ist die Doppel-Trilogie beinahe fertig: Nächstes Jahr kommt der – vorerst – letzte Film in unsere Kinos: Episode 3 (es geht um die mysteriösen Sith). Die DVD-Box der ersten Trilogie ist nun mit großem Erfolg in den Läden. Und sie ist der Ausgangspunkt der Hörspielfassung. Das bedeutet auch, wie der Kenner weiß, dass sämtliche Änderungen, die Lucas an den Originalen vornahm, auch in den Hörspielen zu finden sind. Und das sind eine ganze Menge.

|Der Sprecher / Das Hörspiel|

Der beeindruckende Stereo-Sound entspricht dem digital aufpolierten Sound, der in den Filmszenen auf den DVDs zu hören ist. Das bedeutet, wenn es hier kracht, dann rummst es auch wirklich. Das Gleiche gilt für die aufpolierte Musik von John Williams, die in ihrem Beitrag zur Dramatik dieser Sternenoper nicht zu unterschätzen ist. Sie steuert ganz direkt die Emotionen des Hörers.

Aber sie tut dies auch mit den bekannten Ohrwürmern. Dazu gehören sämtliche Erkennungsmelodien der einzelnen Figuren: Darth Vader, Luke, Han Solo – sobald sie auftreten, erklingt ihr Thema. Genau wie in Jacksons „Herr der Ringe“. Am besten gefielen mir die „romantischen“ Szenen zwischen Leia und Han Solo.

Es gibt für mich nur einen Wermutstropfen: Für die Produktion hat man die alten deutschen Sprecherstimmen übernommen. Das erscheint als Pluspunkt, doch leider hat man deren mindere Klangqualität nicht ebenfalls digital aufgebessert. Zuweilen klingen sie etwas scheppernd, und in Szenen mit zahlreichen Sprechrollen kommt es hin und wieder, wenn man ganz genau hinhört, zu Interferenzen und Verzerrungen. Dieser Effekt ist absolut minimal und selten, aber mit einem guten Ohr – und noch besserem Equipment – wahrzunehmen.

Joachim Kerzel wird in seiner Funktion als Erzählerstimme nicht über Gebühr gefordert, aber sein Vortrag sorgt für die erforderliche Dramatik, ist kompetent und mitreißend. Seine Leistung wird besonders im Finale deutlich, beim Zweikampf zwischen Vader und Luke. Die Klangqualität entspricht höchsten Standards.

Änderungen gegenüber den Originalen: Erstmals tritt jetzt der Chef von Vader auf, der Imperator. Wie inzwischen bekannt sein dürfte, wurde dessen Gesicht im überarbeiteten Film an das von Kanzler Palpatine in Episode 1 und 2 angepasst. Auch seine deutsche Stimme klingt jetzt anders: viel glatter, hinterlistiger. Daher fehlt ihr auch der für alle anderen deutschen Synchronstimmen typische scheppernde, raue Klang. Das kann man bewerten, wie man will. Ich halte es für einen Fortschritt.

_Unterm Strich_

Abgeschlagene Hände, in Eis eingefrorene Helden, Schurken, die sich als Väter entpuppen? Kein Zweifel: Diese Episode ist eigentlich kein Märchen mehr, wie es noch bei Episode 4 der Fall war. Doch keine Angst, liebe Achtjährige, für die dieses Hörspiel freigegeben ist: In der nächsten Episode wird alles wieder gut, weil dann nämlich wieder Onkel Lucas am Ruder ist – wenn schon nicht im Regiestuhl, so doch als ausführender Produzent, Drehbuchautor und Storylieferant. Deshalb kommen dort auch wieder süße kleine Teddybären, pardon, ich meine: edle Ewok-Krieger vor.

Episode 5 ist so actionreich wie kein anderes Hörspiel dieser Trilogie. Manchmal entsteht im Vergleich sogar der Eindruck, dass es hier besonders hektisch zugeht. Aber die Abwechslung durch drei parallele Handlungsstränge erklärt auch die Fülle an Ereignissen in dieser Episode. Das ändert sich in der nächsten Episode radikal.

|Umfang: ca. 63 Minuten auf 1 CD|

Marklund, Liza – Lebenslänglich (Hörbuch)

_Halbgarer Schwedenkrimi, wenig spannend umgesetzt_

Stockholm in einer Juninacht. David Lindholm, ein angesehener Polizist, wird erschossen in seinem Bett aufgefunden. Seine Frau Julia hockt verstört im Badezimmer, und von ihrem vierjährigen Sohn Alexander fehlt jede Spur. Bald gerät Julia in den Verdacht, nicht nur ihren Mann, sondern auch den kleinen Alexander umgebracht zu haben … (Verlagsinfo)

_Die Autorin_

Liza Marklund, geboren 1962, studierte Journalismus und arbeitete bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Mehrere Jahre war sie Nachrichtenchefin des schwedischen Privatsenders „TV 4“. Diesen Traumjob kündigte sie, um Romane zu schreiben. Für ihren Debütroman „Olympisches Feuer“ (dt. 2000) erhielt sie bedeutende Literaturpreise. Auch die Nachfolgeromane „Studio 6“ und „Paradies“ wurden offenbar erfolgreiche Krimis. Die Romane wurden laut Verlag fürs Kino verfilmt. Marklund lebt mit ihrer Familie in Stockholm. (Verlagsinfo)

_Die Sprecherin_

Judy Winters Karriere am Theater begann 1962. Die 1944 Geborene wurde von Peter Zadek ans Bremer Theater engagiert und feierte in Musicals wie „My Fair Lady“ oder „Hello Dolly“ große Erfolge. Es folgten zahlreiche TV-Filme, u. a. Simmel-Verfilmungen und der Kult-Tatort „Reifezeugnis“. Mit dem Programm „Marlene“ hat Judy Winter einen Meilenstein ihrer Kunst gesetzt. Damit ging sie im Sommer 2001 auf Japan-Tournee. Sie hat bereits die Marklund-Romane
„Olympisches Feuer“,
„Paradies“,
[„Prime Time“, 385
[„Der Rote Wolf“, 573
„Mia. Ein Leben im Versteck“ und
[„Studio 6“ 904 gelesen, die alle als Buch & Hörbuch bei |Hoffmann & Campe| erschienen.

Regie führte Georg Gess. Die Aufnahme erfolgte bei |Küss Mich Musik| in Berlin durch Martin Freitag. Das Buch erschien bei |Kindler|.

_Handlung_

Am Donnerstag, den 3. Juni, wird den Polizeistreifen um 3 Uhr 21 ein Schusswaffengebrauch in der Innenstadt von Stockholm gemeldet. Nina Hofmann und ihr Kollege Andersen fahren hin. Du meine Güte, denkt Nina, das ist ja die Adresse von David und Julia! David Lindholm ist einer der beliebtesten Polizisten der Stadt und schon mehrmals belobigt worden. Was kann ihm zugestoßen sein? Und Julia war bis vor kurzem ebenfalls Polizistin. Sie haben einen kleinen Sohn, Alexander. Als ihre Freundin kennt Nina den Code zu ihrer Haustür auswendig. Andersen kommt mit. Das Viertel wird unterdessen abgesperrt, und Verstärkung rückt an.

Gunnar Erlandsson, ein Nachbar der Lindholms, hat von oben Schüsse gehört und die Polizei gerufen. Nina und Andersen gehen weiter die Treppe hoch. Niemand reagiert auf Klingeln, Klopfen und Rufen, alles still. Zu still. Auf einen Anruf reagiert nur der AB. Im Schlafzimmer ist jedoch durch den Briefschlitz Licht zu sehen. Die Polizisten brechen ein und finden dort eine grausige Szene vor: David liegt nackt auf dem Bett, ein Loch in der Stirn, aus dem zerschossenen Unterleib ist viel Blut gequollen. Eine Polizeiwaffe liegt neben dem Bett auf dem Boden – Julias Waffe, wie sich herausstellen wird.

Doch wo ist Julia selbst, fragt sich Nina, und der Junge? Andersen ruft sie zu sich: Julia liegt in Fötalstellung auf dem Boden des Badezimmers, die Augen weit aufgerissen, würgend und röchelnd. Sie ist unansprechbar, aber ansonsten unverletzt. Andersen sagt, der Junge sei nirgends zu finden. Nina redet auf Julia ein, um sie zu trösten und zu befragen. Julia sagt, die „Anderen“ haben den Kleinen mitgenommen. Nach einer ersten Untersuchung wird Julia Lindholm zur Hauptverdächtigen erklärt.

|Annika Bengtzon|

Die Journalistin Annika Bengtzon vom „Abendblatt“ – Marklunds Serienheldin – hat eine schlimme Nacht hinter sich: Ihr Haus ist abgebrannt. Sie hat die zwei Kinder geschnappt und ist, ausgestattet nur mit einem Handy, aber ohne Geld, mit einem Taxi zu ihrer Freundin Anne Snafane gefahren. Der Fahrer hat das Handy als Kaution genommen. Anne Snafane öffnet nach langem Klingeln, Rufen und Klopfen endlich die Tür, reagiert aber alles andere als freundlich auf den Besuch morgens um vier.

Dass die Kinder Kalle und Ellen bibbern und ihre Freundin Annika völlig aus dem Häuschen ist, scheint sie jedoch nicht zu kümmern, muss Annika entsetzt feststellen. Anne hat einen jungen Lover bei sich im Bett, den sie nicht verlieren will. Es kommt zu einem wütenden Streit, als sich Anne stur weigert, Annika und ihrer Brut Asyl zu gewähren. Unverrichteter Dinge muss Annika in ein Hotel gehen, ohne Geld und Gepäck. Zum Glück hilft ihr am nächsten Morgen eine Kollegin aus der Redaktion. Berit gibt ihr auch Geld und gewährt ihr Unterschlupf in ihrem Ferienhäuschen am See.

Annika denkt an Thomas. Der verfluchte Schweinehund, der sie für die „dumme (aber reiche) Schlampe“ Sofia Greburi verlassen hat, pennt wahrscheinlich gerade in ihrer Villa und träumt von seiner Pension, sobald er erst einmal Ministerialbeamter geworden ist. Sie ahnt nicht, dass Thomas gerade völlig entgeistert vor der ausgebrannten Ruine des Hauses steht, das ihm und Annika gehört. Er wollte sich eigentlich die Hälfte seines Wertes auszahlen lassen. Die Nachbarin weiß nichts Näheres über den Brand und ob seine Familie überhaupt noch lebt. Keine Nachricht, keine SMS, absolut nichts von Annika.

|Annika und Nina|

Annika muss Geld verdienen. Also ruft sie Nina Hofmann an, die in der Zeitung steht. Nach der Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft weiß Annika, dass Julia Lindholm als Hauptverdächtige für den Mord an David Lindholm betrachtet wird. Ihr droht eine lebenslange Haftstrafe. Aber Annika kennt sowohl Nina als auch Julia, denn vor fünf Jahren ist sie mit den beiden Polizistinnen einmal Streife gefahren, um eine Reportage schreiben zu können. Der Tatort war voller Leichen – das Werk eines Killers, heißt es. Stattdessen wurde ein Finanzkaufmann verurteilt.

Annika glaubt nicht, dass Julia fähig war, ihren Mann und ihr Kind zu töten. Sie ruft ihren Chefredakteur an, um ihm die Story zu verkaufen, kriegt ein Okay und ruft Nina Hofmann an, um sich mit ihr zu treffen. Nina ist inzwischen von diversen Vorwürfen entlastet worden und muss sich nicht vor der Dienstaufsicht verantworten. Nach einigem Hin und Her rückt sie mit der Sprache heraus: Die Tatwaffe gehörte Julia, ihre Fingerabdrücke befanden sich darauf. Und: Julia hatte vor gut zwei Wochen den Dienst quittiert.

Die öffentlichen Lobreden auf den Polizeihelden David Lindholm machen Annika misstrauisch. Wenn David gegen seine eigene Frau so ein Schwein war, wie Nina ihn schildert, dann hatte er vielleicht ein paar Disziplinarverfahren am Hals. Bingo! Vor fast 20 Jahren wurden zwei Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnet und ergebnislos eingestellt. Er hatte zwei Kleinverbrecher fertiggemacht, die für die Mafia dealten. Merkwürdig, dass beide das Gleiche aussagten.

|Machenschaften|

Als sie Nina damit konfrontiert, ist diese bestürzt. Julia wollte David verlassen, weil er sie ständig mit anderen Frauen betrog. Eine seiner Geliebten rief sogar bei Julia an, und David setzte seine Frau sogar mehrmals nackt vor die Wohnungstür. Nicht gerade der liebende Ehemann, oder? Annika beschließt, sich den finanziellen Hintergrund Davids anzusehen und stößt auf ein Geflecht zwielichtiger Firmen, bei denen immer wieder die gleichen Namen auftauchen, deren Geschäftspartner David Lindholm war. Betrieb der Polizist eine Art Schattenwirtschaft? Womöglich mit einer seiner Geliebten? Annika stößt auf den Namen Lena Yvonne Nordin und beschließt, die Frau zu befragen. Doch ihre Recherche ergibt, dass die Frau seit zehn Jahren Witwe ist, aber keine Adresse hat. Das macht Annika erst recht stutzig. Sie geht dieser Spur nach.

|BHs und Dynamit|

Zuvor soll sie bei Thomas und Sofia die beiden Kinder hüten, während die Turteltäubchen zusammen in die Oper gehen. Das Domizil der „dummen Schlampe“ Sofia Grenburi ist vom Allerfeinsten, und Annika rächt sich an der Nebenbuhlerin, indem sie einen teuren Spitzen-BH klaut. Die Schlampe wird davon eh nichts merken: Sie hat ganze Schubladen voll davon (ganz im Gegensatz zur „abgebrannten“ Annika).

Und Annika hat auch keine Skrupel, sich auf der Festplatte von Thomas‘ Laptop umzusehen. Dort stößt sie auf einen brisanten Mailaustausch mit dem Justizministerium: pures Dynamit, das den Ministerstuhl gehörig zum Wackeln bringen wird! Sie muss Thomas‘ Gutachten zur Reform des schwedischen Strafvollzugs nur an die richtigen Leute bei ihrer Zeitung schicken, natürlich anonym …

_Mein Eindruck_

Wieder mal mischt sich Annika, Marklunds Serienheldin, in Dinge ein, die für die schwedische Gesellschaft unangenehme Wahrheiten bereithalten. Natürlich sind Polizeiführung und Justizministerium in keiner Weise daran interessiert, solchen Sprengstoff an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. David Lindholm soll weiterhin als strahlender Held der Kriminalpolizei dastehen. Dass Annika an diesem Denkmal kratzt, wird gar nicht gern gesehen. Eines Tages sieht sie sich von zwei brutal aussehenden Kerlen bedroht, die sie davor warnen, noch weiter in Lindholms Vergangenheit herumzuschnüffeln.

Auch ein Verbrecher, der lebenslänglich im Gefängnis sitzt, weil David Lindholms Arbeit ihn dorthin gebracht hat, weiß nichts besonders Nettes über den Cop zu sagen. Aber er rückt auch nicht mit der Sprache heraus. Annika hat den Eindruck, dass der Kerl, immerhin ein Axtmörder, vor irgendetwas Angst hat. Etwas, das noch da draußen ist und auf ihn lauert, sollte er den Mund aufmachen. Auch andere Opfer Davids wissen nichts Gutes über ihn zu sagen. All das macht sich gut in der Zeitung, aber es hilft nicht, Alexander Lindholm zu finden.

Der Titel „Lebenslänglich“ (Original: Livstid = Lebenszeit) bezieht sich auf mehrere Aspekte des Romans. Die Gefängnisstrafe ist offensichtlich der erste Aspekt, der gemeint ist. Darum geht es in Thomas‘ Gutachten und bei Annikas Besuchen im Gefängnis. Die Berechtigung dieser Strafe wird natürlich wie so vieles andere in Zweifel gezogen. Zum Beispiel lange Ehen und deren angebliches Glück, das lediglich eine papierdünne Fassade ist – siehe die Lindholms und die Bengtzons. Die Gefahr besteht, dass auch der entführte Alexander eine lebenslange Strafe in den Armen einer Kidnapperin verbringen muss. Das will Annika ebenso verhindern wie die lebenslange Strafe, zu der Julia Lindholm verurteilt werden soll.

Annika ist wieder zum einen Teil Lebensretterin (Julia, Alexander), zum anderen Störenfried und Racheengel. Eine derartig engagierte Journalistin würde man sich hierzulande auch wünschen. Journalistinnen, die solche Aktivitäten in Russland (besonders Moskau) an den Tag gelegt haben, wurden jedoch alle ermordet, zuletzt Anna Politkowskaja und eine Menschenrechtlerin in Tschetschenien. Dass sich auch Annika in Lebensgefahr begibt, wird ihr erst klar, als sie die erste Spur von Alexander Lindholm findet …

|Schwächen|

Das alles hört sich an, als wäre es genügend Stoff für einen spannenden Thriller. Das mag auch so sein, aber der Thriller wird gehörig verwässert, sobald Annikas Privatleben ins Spiel kommt. Ihre Querelen mit Thomas und dessen Freundin Sofia nervten mich schon bald derartig, dass ich am liebsten weggehört hätte. Eine Heldin, die sich die Seele aus dem Leib weint, ist nicht gerade das, was man in einem Krimi zu erwarten gewohnt ist. Es mag allerdings realistisch sein und auf einen weiblichen Zuhörer durchaus glaubwürdig wirken – was wäre eine Heldin ohne ihre menschliche Seite? Aber wenn sie Annika zum fünften Mal sagt: „Mensch, du musst dein Leben in den Griff kriegen!“, dann möchte man ihr am liebsten einen Tritt in den Hintern versetzen, damit sie endlich in die Gänge kommt. Eine Frau würde Annika natürlich fest in den Arm nehmen, ist ja klar.

Zu dieser Schwäche an Annika kommt noch ein Aspekt hinzu, den wir erst in der letzten Szene, quasi im Epilog, verraten bekommen. Sie hat etwas Wichtiges übersehen, was ihre wichtigste Zeugin Nina Hofmann betrifft. Ich werde aber den Teufel tun und verraten, was das sein könnte. Ich hatte Nina die ganze Zeit im Verdacht, die Entführerin des kleinen Alexander zu sein, aber das haut nicht hin und wird auch nie bestätigt. Immerhin wird Nina ein Drittel der Handlung zugestanden (Thomas hat ebenfalls ein paar Szenen), so dass für eine gewisse Abwechslung (Erleichterung!) gesorgt ist.

_Die Sprecherin_

Judy Winter verfügt über einen unglaublichen Stimmumfang, offenbar geschult durch ihre Schauspielausbildung und Musicalkarriere. Die Stimme reicht vom maskulinen Bass bis in die Höhen von Kinderstimmchen und Zickengekreisch. Deswegen fällt es ihr auch nicht schwer, Vertreter beider Geschlechter ebenso glaubwürdig zu sprechen wie etwa ein Kind.

Die Wirkung von Judy Winters Vortrag ist durchaus fesselnd. An spannenden Stellen liest sie langsam, an actionreichen natürlich schneller. Dennoch gehört die Mehrheit der Stimmen weiblichen Figuren, und da könnte die Charakterisierung durch unterschiedliche Stimm- oder Tonlage größer sein, um die jeweilige Figur besser unterscheidbar zu machen – eines der Hauptprobleme bei einem Hörbuchvortrag. Bei einer Handlung mit etwa einem halben Dutzend Figuren ist dies umso notwendiger.

Doch Winter gelingt es nicht, Annikas Gedanken, die den Großteil des Textes ausmachen, irgendwie aufregend zu gestalten. Es ist das gleiche Problem wie mit Annikas Heulkrämpfen: Allzu viel davon nervt einfach nur. Dennoch versucht die Sprecherin ihr Möglichstes, um das Beste etwa aus einer drögen Internetrecherche zu machen und Zitate aus langweiligen Dokumenten halbwegs interessant zu gestalten. Das ist sicher nicht einfach, aber es sind eben Monologe, und Monologe sind das Gegenteil von Unterhaltung (es sei denn, man heißt Hamlet).

Deshalb ist jede Abwechslung willkommen. Mal lallt Thomas in schönster Säufermanier ins Telefon, mal wird Annika von Kommissar Kuh (den wir schon aus „Der Rote Wolf“ kennen) in die Mangel genommen. Dann quengeln wieder die Kinder. Ganz wunderbar fand ich Winters Darstellung von Sofia Grenburi, die wirklich das Inbild einer reichen Gesellschaftsdame abgibt, die mit Thomas einen vermeintlich guten Fang gemacht hat. Sofia ist so schrecklich nett zu Annika, der sie den Ehemann ausgespannt hat, dass man sie inbrünstig zu verabscheuen lernt. Wir haben volles Verständnis, wenn Annika in einem Anfall manischen Hasses den geklauten Spitzen-BH zerfetzt.

|Aussprache top!|

Beeindruckend ist Winters Beherrschung des Englischen und Schwedischen, die sie gleichermaßen korrekt aussprechen kann. Ihre Aussprache des Schwedischen stellt sicher ähnliche Ansprüche, und wie im Englischen und Deutschen entspricht das geschriebene Wort nicht immer dem gesprochenen. Das kann besonders bei den zahlreichen Namen des Romans Verwirrung stiften, insbesondere dann, falls die Aussprache schwankt. Die Aussprache des wichtigsten Namens, Luleå, schwankt zum Glück nicht.

Da es weder Geräusche noch Musik gibt, brauche ich darüber kein Wort zu verlieren.

_Unterm Strich_

Ich hatte etwas mehr Pfiff erwartet. So ist beispielsweise die Aufklärung des Brandanschlags auf Annika und ihre Familie doch eine recht dringliche Sache, würde ich meinen. Aber obwohl Annika ganz klar ihren Nachbarn beschuldigt, wird dieser Ermittlung keine Aufmerksamkeit geschenkt. Das mag aber auf die Kürzung des Textes zurückzuführen sein. Die Aufklärung erfolgt dann im abschließenden Gespräch mit Kommissar Kuh, was einen ziemlich späten und unspektakulären Abschluss dieses Spannungsbogen darstellt. Aber dieser Handlungsstrang soll nur verdeutlichen, dass auch Annika nicht mit vorschnellen Verurteilungen zu locker bei der Hand sein sollte, wie es etwa die Stockholmer Staatsanwaltschaft mit Julia Lindholm getan hat.

Es ist ja schön und gut, dass Annikas Arbeit Julia vor der lebenslangen Haftstrafe bewahrt, die sie wahrscheinlich umgebracht hätte. Und auch der entführte Alexander kehrt wieder zurück. Aber von David Lindholms Ruhm bleibt nichts mehr übrig. Was mich wirklich vermisst habe, ist die taffe Reporterin aus „Der Rote Wolf“, die sich in die Höhle des Löwen begibt. Stattdessen müssen wir eine aufs menschliche Maß reduzierte, häufig flennende Annika ertragen.

Es ist lange nicht klar, wohin ihre Recherche sie führen wird, dann kristallisiert sich heraus, dass die Kindesentführer auch die Mörder von David Lindholm sein dürften. Man muss sie bloß in Davids Vergangenheit finden, und das ist alles andere als einfach. Das Finale zeigt uns eine verängstigte Annika auf der Flucht, die Verbrecher auf der Flucht – und das Ende findet irgendwie offscreen statt. So mag es zwar im richtigen Leben ausgehen, aber in einer Fiktion wie diesem Krimi wirkt dies reichlich unbefriedigend. Genau wie die Aufklärung des Brandanschlags.

|Das Hörbuch|

Judy Winter macht ihre Sache wieder mal zur vollen Zufriedenheit. Allerdings kann sie selbst aus einem schlechten Text nicht das Optimum an Unterhaltung herausholen. Und sie zeigt sie mehrmals selbst als Sprecherin/Erzählerin, obwohl sie doch eigentlich hinter den Figuren verschwinden sollte. Das ist aber alles andere als einfach, wenn die Hauptfiguren ständig Monologe mit sich selbst führen.

|Originaltitel: Livstid, 2007
Aus dem Schwedischen übersetzt von Dagmar Lendt und Anne Bubenzer
399 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-86610-568-3|
http://www.lizamarklund.net
http://www.argon-verlag.de
http://www.rowohlt.de

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – entwendete Brief, Der (POE #11)

_Überlistet: Die Rache des Detektivs_

„Der entwendete Brief“ ist der elfte Teil der Edgar-Allan-Poe-Reihe von |LübbeAudio|, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Ulrich Pleitgen hat auch an den ersten acht Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

#1: [Die schwarze Katze 755
#2: [Die Grube und das Pendel 744
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des Roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872

Die vier neuen Folgen der POE-Reihe sind:

#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: [Das ovale Portrait 1913
#11: Der entwendete Brief
#12: Eleonora

Die nächsten vier Folgen sind:

14. Die längliche Kiste
15. Du hast es getan
16. Das Fass Amontillado
17. Das verräterische Herz

(Folge 13 wird bewusst ausgelassen …)

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Short Story. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten. Seine Literaturtheorie nahm den New Criticism vorweg.

Er stellt meines Erachtens eine Brücke zwischen dem 18. Jahrhundert und den englischen Romantikern (sowie E.T.A. Hoffmann) und einer neuen Rolle von Prosa und Lyrik dar, wobei besonders seine Theorie der Short Story („unity of effect“) immensen Einfluss auf Autoren in Amerika, Großbritannien und Frankreich hatte. Ohne Poe sind Autoren wie Hawthorne, Twain, H.P. Lovecraft, H.G. Wells und Jules Verne, ja sogar Stephen King und Co. schwer vorstellbar. Insofern hat er den Kurs der Literaturentwicklung des Abendlands maßgeblich verändert.

_Die Sprecher_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie u. a. mit dem Bambi und mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Außerdem wirken Till Hagen als Dr. Templeton sowie eine Reihe anderer Sprecher mit. Till Hagen wurde 1949 in Berlin geboren und erhielt seine Schauspielausbildung an der Max-Reinhardt-Schule. Zeitgleich drehte er seinen ersten Kinofilm, „7 Tage Frist“. Es folgten Engagements an den Stadttheatern Dortmund und Bielefeld. Später studierte er Deutsch und Theaterpädagogik. Als Sprecher beim Deutsche-Welle-Fernsehen und im Hörfunk wurde er genauso bekannt wie als Synchronstimme u. a. von Kevin Spacey.

|Das Titelbild|

Das monochrome Titelbild, das Simon Marsden (www.simonmarsden.co.uk) geschossen hat, zeigt bei „Der entwendete Brief“ ein Treppenhaus. Aber nicht irgendein Treppenhaus in einem Mietsblock, sondern offenbar handelt es sich um eine Art Schloss, wie sich anhand der großen Halle und des fein gedrechselten Holzes des Geländers ablesen lässt. Wer genau hinsieht, wird verblüfft bemerken, dass der Boden des oberen Treppenabsatzes aus Holzbohlen besteht, wie man sie nur in sehr alten Gebäuden finden würde – allein schon wegen der permanenten Feuergefahr. Wieder einmal fällt die geniale Behandlung von Hell und Dunkel auf.

Das Motiv der Rückseite ist immer noch das gleiche wie in der ersten Serie: das von leuchtendem Nebel umwaberte ausgebrannte Gemäuer einer alten Abtei, deren leere Fenster den Betrachter ominös anstarren.

|Das Booklet|

Jede CD enthält ein achtseitiges schwarz gehaltenes Booklet. Neben dem Eingangszitat auf Deutsch und Englisch wird hier auch der gesamte Stab und die Sprecherbesetzung der Rollen aufgeführt. Es gibt einen kleinen Abriss der Vorgeschichte sowie Informationen zur Gothicband |L’ÂME IMMORTELLE|. Die Rückseite der CD fasst die Handlung zusammen und listet die wichtigsten Mitwirkenden auf.

_Vorgeschichte_

Hinweis: Das neu gestaltete Booklet enthält einen kleinen Abriss der Vorgeschichte, so dass der Einstieg leichter fällt.

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile wieder entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon acht Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Albträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe von Albträumen – über „Die Morde in der Rue Morgue“ – nicht verschont.

_Handlung_

Aus dem vorherigen Abenteuer wissen wir nun, dass „Dr. Templeton“ ein Hochstapler ist, der in Wahrheit Francis Baker heißt. Seine Halbschwester ist (war?) Lucy Monaghan. Es gibt eine Andeutung, dass Lucy und Leonie Dinge getan haben, die nicht ganz koscher sind. Wird Poe dahinter kommen? Garantiert!

Leonie und Poe wollen der Polizei diese Hintergründe enthüllen und auf die Toten in dem Landhaus hinweisen. Da geraten sie aber an die Falschen! In der Polizeiwache ist alles völlig verwahrlost, und das hätte sie stutzig machen sollen. Sobald der Name „Dr. Templeton“ gefallen ist, wird Leutnant Creedon gerufen, um sich der beiden anzunehmen. Doch ein echter Schock ist der Auftritt Templetons selbst, der Creedon eindringlich vor dem Wahnsinn seiner Ex-Patienten warnt.

|Der Traum|

In seiner Zelle hat Poe einen sonderbaren Traum. Darin tritt wieder einmal der Pariser Meisterdetektiv Auguste Dupin auf. Poe ist Dupins Freund geworden und befindet sich gerade in dessen Wohnung, als eine wunderschöne Frau eintritt. Die Prinzessin ist inkognito und möchte um keinen Preis ihren Namen verraten, doch der kostbare Ring an ihrem Finger trägt die Farben der Republik und ist ein guter Hinweis darauf, warum sie ihren Besuch geheim halten muss. (Der Zeitpunkt liegt offenbar VOR der Französischen Revolution. Danach gab es plötzlich wesentlich weniger Prinzessinnen …)

Der Grund: Ein wichtiger Brief wurde entwendet, der dem Dieb große Macht über die Prinzessin verleiht, wegen der Enthüllungen, die sie darin macht. Der Dieb ist bekannt: Es ist der Minister D. Zunehmend missbraucht er den Besitz des Briefes, um die Position der Prinzessin zu schwächen und selbst an Einfluss zu gewinnen. Doch es gelingt ihr nicht, den Brief zurückzubekommen: Die Polizei hat die Wohnung des Ministers ebenso durchsucht wie dessen Person – nichts.

Auguste Dupin kennt den Minister persönlich und hat keine angenehmen Erinnerungen an ihn. Dieser ist außerdem Dichter und Mathematiker – eine gefährliche Kombination, wie Dupin findet. Er verspricht der Prinzessin nicht nur Diskretion, sondern auch, den Brief binnen drei Tagen an sie zurückzugeben. Dann setzt er mit Poes Hilfe einen genialen Plan in die Tat um …

Als Poe erwacht, brennt vor dem Polizeirevier ein Heuwagen, und Chaos verbindet sich mit Panik. Im Durcheinander hilft Poes Freund George Appo den beiden Häftlingen, zu entkommen und bestimmte Dokumente mitzunehmen. Er bringt sie zu Sullivan’s Insel, wo er sie in Sicherheit glaubt. Er ahnt nicht, dass die beiden Sullivan’s Insel nur zu gut kennen … (nämlich aus „Der Goldkäfer“).

_Mein Eindruck_

Die Binnenhandlung um den Pariser Meisterdetektiv Auguste Dupin wird von einer der bekanntesten und am besten aufgebauten Erzählungen Poes überhaupt bestritten: „The Purloined Letter“. Dupin ist ja der Wegbereiter für den weitaus berühmteren Kollegen Sherlock Holmes und verfügt über ein ebenso großes deduktives Einfühlungsvermögen wie dieser. Dass er aber auch über durchtriebene Initiative verfügt, belegt das Abenteuer um den „entwendeten Brief“. Ich werde mich hüten, die Pointe zu verraten.

Ist der Traum der verkappte Wunsch Poes, aus seiner misslichen Lage durch eine Vaterfigur befreit zu werden? Nun, wenigstens ein Freund hilft ihm aus seiner Zelle, und dass die liebe Leonie mitkommt, ist Poe sicherlich recht. Iris Berben, die die Leonie spricht, hat mit dieser Rolle wesentlich weniger Arbeit als mit ihrer Rolle als Prinzessin.

Die Story der Prinzessin erfordert eine lange Anlaufzeit, um richtig verstanden zu werden, und erst wenn der Zuhörer – vertreten durch Mr. Poe – kapiert hat, was denn an diesem elenden Brief so Wichtiges dran ist, darf die Action starten. Diese Szene kann man sich durchaus auch als Filmszene vorstellen, und vielleicht schlummern in irgendwelchen Senderarchiven sogar solche Episoden auf der Basis von Poe-Erzählungen. Kinofilme zumindest gäbe es in Hülle und Fülle, meist mit Vincent Price in der Hauptrolle.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

|Mr. Poe alias Jimmy Farrell|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Erstaunen und Neugier darzustellen, wenn sein Poe der Begegnung zwischen Prinzessin und Dupin zuhört. Dieses Poe-Imago des 18. Jahrhunderts ist ziemlich verzagt und unbeholfen im Umgang mit Waffen, geradezu ein Schreibtischhengst par excellence. Man kann nur froh sein, dass Dupins Plans aufgeht, wenn Poe mitwirkt.

|Miss Leonie Goron / Prinzessin|

Iris Berben bietet Pleitgens melancholischem und nachdenklichem Poe einen lebhaften Widerpart mit ihrer Leonie Goron. Und wie der grüblerische Poe sogar selbst merkt, zeichnet sich Leonie durch ungewöhnlichen Scharfsinn und eine kluge Feinfühligkeit aus. Sie hat erheblichen Anteil an Poes Rettung in der Rahmenhandlung von Episode 5 („Mahlstrom“). Spätestens ab „Der Goldkäfer“ wirkt sie wie eine kluge Freundin, die durch ruhige Überlegung und kluge, verständnisvolle Fragen bald zu seiner unverzichtbaren Ratgeberin wird.

|Minister|

Jürgen Thormann ist fast schon ein allgegenwärtiger Synchronsprecher, obwohl er vielen Hörern mit Namen nicht vertraut ist. Er spielt häufig distinguierte ältere Herren, meist von Rang, die ein wenig arrogant wirken. Dies trifft natürlich auf den Minister, der sich für besonders schlau hält, in ganz besonderem Maße zu.

|Auguste Dupin|

Ein ganz besonderes Schmankerl ist die Aufnahme von Manfred Lehmann in den Kreis der Sprecher in dieser Episode. Wie schon in „Die Morde in der Rue Morgue“ bestreitet er die Rolle des Meisterdetektivs Auguste Dupin, und zwar mit seiner Synchronstimme für Gerard Depardieu. Dementsprechend klingt Dupin keineswegs herablassend, sonders vielmehr hintergründig und autoritativ, wenn er dem ahnungslosen Poe, seinem Stichwortgeber, (und gleichzeitig uns) die Zusammenhänge erklärt.

_Musik und Geräusche_

Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt. Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Bis auf die Eingangsszene sind aber diesmal alle Szenen in Interieurs eingerichtet, so dass der Sound eine untergeordnete Rolle spielt. Immerhin sind Effekte wie etwa Hall und ein sehr tiefes Bassgrummeln festzustellen, das Gefahr anzeigt.

Die Musik erhält daher eine umso wichtigere Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der fünf Hauptfiguren (Poe, Goron, Dupin, Prinzessin, Minister) und ihres jeweiligen Ambientes darzustellen. Diese rein untermalende Aufgabe ist auf den ersten Blick leichter zu bewerkstelligen als die Gestaltung ganzer Szenen, doch wenn es sich um actionarme Szenen wie diesmal handelt, zählt jede Note, jede Tonlage.

Musiker des Ensembles „Musical Halensis“ und des Filmorchesters Berlin sowie die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche – sie alle wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht.

|Der Song|

In der dritten Staffel der Serie hat |Lübbe| den Abschlusssong, den zunächst Heinz Rudolf Kunze beisteuerte, ausgetauscht durch den deutschsprachigen Song „Fünf Jahre“ von der österreichischen Gothicband |L’ÂME IMMORTELLE|. Im Booklet finden sich Angaben zur Sängerin Sonja Kraushofer und Bandleader Thomas Rainer. Der Song ist dem aktuellen Album „Gezeiten“ entnommen, dessen Cover im Booklet abgebildet ist.

Entsprechend der Musikrichtung ist die Instrumentierung heavy, düster, aber zugleich gefühlvoll. Das erinnert an die Werke der inzwischen umstrukturierten Band |EVANESCENCE|.Wenigstens ist aber der Abschlusssong in deutscher Sprache gehalten und somit halbwegs verständlich.

_Unterm Strich_

Während in der Rahmenhandlung reichlich wenig passiert – und obendrein relativ Unplausibles -, wartet die Binnenhandlung mit einer ausgezeichnet umgesetzten literarischen Vorlage auf, die auf einer der besten Detektivstorys Poes beruht. Hier gibt es zwar keine gruselige Action wie in „Die Morde in der Rue Morgue“, aber Poe hat mehrfach solche Plots der „ratiocination“ eingesetzt, um deduktives Denken in erfolgreichem Einsatz zu demonstrieren.

Die neue Staffel weist ein ebenso hohes Qualitätsniveau wie die bisherigen zwei Staffeln auf. Ob die nächste Staffel (s. o.) wirklich wie angekündigt im November kommt, ist noch nicht sicher, wie der Webseite http://www.poe-hoerspiele.de zu entnehmen ist. Ulrich Pleitgen war bis Mitte Oktober mit Dreharbeiten beschäftigt.

|Basierend auf: The purloined letter, ca. 1845
58 Minuten auf 1 CD
Mehr Infos unter: http://www.poe-hoerspiele.de & http://www.luebbeaudio.de |

McIntyre, Vonda N. – Traumschlange, Die

_Preisgekrönte feministische Science-Fiction_

Feministische Science-Fiction, die nicht nur spannend, sondern auch einfühlsam erzählt ist.

_Handlung_

In ferner Zukunft, einige Jahre nach einem atomaren Holocaust, leben die Menschen in Stämmen in der Wüste oder zusammengedrängt in den Ruinen der Städte. Ärzte wandern von ihrem Zentrum aus, um zu helfen. Die junge Heilpraktikantin Schlange kuriert mit Hilfe von manipuliertem Schlangengift Verletzte und Todkranke, oft erfolgreich, machmal kommt sie auch zu spät. Sie kämpft gegen Fremdenangst und Ignoranz, dabei wird ihre Traumschlange getötet, mit der sie die Patienten beruhigt.

Doch die Heiler können die Traumschlangen, die von fremden Welten stammen, nicht selbst züchten, sondern müssen sie in der alten Stadt kaufen. Dort jedoch wird Schlange abgewiesen. Auf ihrer Reise adoptiert sie ein junges Mädchen, Melissa, das sehr unter erlittenen Verbrennungen leidet. Sie will Melissa zur Heilerin ausbilden und nimmt sie auf ihre Suche mit. Ein junger Mann verliebt sich in sie und folgt ihrer Spur.

In dem Relikt einer Bunkerfestung findet sie schließlich Traumschlangen in rauhen Mengen, doch deren Besitzer, ein gigantischer Albino, hasst alle Heiler und hält sich Leute als Sklaven, die vom Gift der Traumschlangen abhängig geworden sind. Er wirft Schlange und ihre Adoptivtochter in eine Grube voller Traumschlangen. Hier entdeckt sie das Geheimnis der Fremdwesen.

Beide geraten in Lebensgefahr, doch Schlange gelingt es zu entkommen und Melissa mit knapper Not zu retten. Zu guter Letzt taucht auch ihr junger Freund auf und gibt den beiden Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft zu dritt. Drei ist die magische Zahl in diesem Buch – auch Traumschlangen vermehren sich nur zu dritt.

_Fazit_

Das Buch ist nicht nur eine gelungene Synthese aus Science-Fiction- und Fantasy-Elementen, sondern zugleich eine einfühlsame Studie einer jungen Frau, die im Wesentlichen auf sich allein gestellt das Leben in einer lebensfeindlich gewordenen Welt meistert. Die Autorin macht weder den Fehler, eine problemlose Idylle zu schildern, noch zeigt sie die Heilerin als besser funktionerenden Mann. Vielmehr wird hier eine im Grunde realistische Geschichte im Fantasy-Gewand erzählt, und die Heldin bewältigt ihre Schwierigkeiten aus sich selbst heraus, durch Einsatz ihrer besonderen Fähigkeiten als Frau, als Mensch.

Zu der Zeit seiner Entstehung Anfang der siebziger Jahre dürfte die Schilderung von Ehegemeinschaften aus drei Mitglieder und von Dörfern, in der Familien aufgrund von Adoption zustande kommen, für einiges Aufsehen gesorgt haben. Auch die Themen Kindesmissbrauch und Vergewaltigung dürften hier zum ersten Mal in der SF aufgetaucht sein.

|Die Autorin|

Die 1948 geborene Autorin erhielt 1973 für die Novelle, die die Grundlage dieses Romans bildet, den „Nebula Award“, und für den 1978 erschienenen Roman die zwei wichtigsten Preise der Science-Fiction. Bei uns wurde sie mit dem „Starfarer“-Zyklus bekannt und der historischen Fantasy „Am Hofe des Sonnenkönigs“.

Thomas Harris – Cari Mora. Thriller

Der Goldschatz des Verderbens

In Pablo Escobars Haus in Miami Beach müssen sich 25 Millionen Dollar in Kartellgold befinden. Viele Männer haben danach gesucht, aber keiner ist so skrupellos und furchterregend wie der Drogen- und Menschenhändler Hans-Peter Schneider. Er hat sich darauf spezialisiert, die gewalttätigen Phantasien anderer, wohlhabenderer Männer zu erfüllen.

Das Haus der leider inzwischen verblichenen Drogenbarons wird von Caridad Mora, der Haushälterin, in Schuss gehalten. Die Kolumbianerin ist der Terrormiliz FARC entflohen und lebt in Miami Beach zusammen mit Tante und Cousine, geduldet mit einer zeitweiligen Aufenthaltsgenehmigung. Sie bekommt es nicht nur mit Schneider zu tun, der ein Auge auf sie geworfen hat, sondern mit weiteren Dieben, die alle hinter dem Gold her sind. Bald müssen alle ihre Gegner feststellen, dass Cari über überraschend viele Überlebenstechniken verfügt – und sie zögert keine Sekunde, sie einzusetzen…
Thomas Harris – Cari Mora. Thriller weiterlesen

Wood, N. Lee – In Erwartung des Mahdi

Kriegsberichterstatter und Androiden

Ein spannender politischer Thriller, der auch eine gehörige Portion Action vorweisen kann. Parallelen zu den Vorgängen in Afghanistan 2001 drängen sich auf.

Die Autorin ist die Frau des Science-Fiction-Autors Norman Spinrad, der sich mit seiner Kritik an den Medien, der virtuellen Welt bzw. der katholischen Kirche [(„Deus X“) 1515 einen Namen gemacht hat. N. Lee Wood versteht sehr viel von der Arbeitsweise der modernen Medien, des Internet und der Gremien internationaler Politik.

_Handlung_

Die Amerikanerin arabischer Abstammung K. B. Sulaiman ist Anfang des 21. Jahrhunderts in einem ruhigen Schreibtisch-Job beschäftigt, als ihr Chef sie im Auftrag des US-Geheimdienstes wieder zurück in das Land ihrer schlimmsten Albträume schickt: Khuruchabja.

Zehn Jahre zuvor berichtete K. B. dort aus dem Bürgerkrieg, der eine Art dritter (aus heutiger Sicht vierter) Golfkrieg geworden war und in dem schließlich die Intervention der internationalen Truppen große Verluste unter der Zivilbevölkerung gefordert hatte. Seit damals wird K. B. als Heldin der Kriegsberichterstatter angesehen – genau wie Mark Arnett von CNN, der aus Bagdad berichtet hatte, als die Alliierten im zweiten Golfkrieg den Irak angriffen.

K. B.’s Job ist es, das Biokonstrukt Halton in die Leibwache des neuen Machthabers von Khuruchabja, Raschid, einzuschleusen. Der Rest sei Sache von Halton und dessen Dienstherrn, dem Geheimdienst, wird ihr gesagt. Das Biokonstrukt ist nach den neuesten Techniken geklont und mit Nanos ausgestattet worden. Wie sich zeigt, ist es seinem Ausbilder zu bedingungslosem Gehorsam verpflichtet.

Als K. B. im Bestimmungsland eintrifft, kommt natürlich alles anders als geplant. Sie steckt ihre Nase einmal zu tief in die mysteriöse Angelegenheit der streitenden politischen Parteien des Landes wie auch des US-Geheimdienstes und muss um ihr Leben rennen. Sie verbündet sich mit dem Biokonstrukt, das ebenfalls nach ausgeführtem Auftrag zur Vernichtung bestimmt ist. Sie verliebt sich und schläft mit Halton. Beide sind gejagte Außenseiter, doch mit etwas Glück erbeuten sie das Videoband mit der Aufnahme, die amerikanische Geheimdienstler und Haltons Doppelgänger beim Töten Raschids zeigt. Nun kann K. B. einen Deal machen. Die Bilder werden unter falschen Vorzeichen gezeigt – ironischerweise wird sie wieder einmal Kriegsheldin!

Wenig später zeigt sich in Khuruchabja ein Mahdi, ein geistig-religiöser Führer, der die Legitimation vorweisen kann, vom Erzengel Gabriel persönlich angekündigt worden zu sein. Dieser Engel war eine intelligente Holografie. Halton hatte sie auf einer Chip-Platine ins Land geschmuggelt. (Wunder sind machbar, Herr Nachbar!) Nun unterbreitet dieser neue Mahdi sehr interessante Vorschläge, die schließlich zu einer Stabilisierung des Nahen Ostens führen. Die Ironie dabei: Ausgerechnet die Israelis beschützen Khuruchabja vor seinen gierigen arabischen Nachbarn!

_Mein Eindruck_

Die Autorin verbindet ihre große, eindrucksvoll dargestellte Sachkenntnis mit einer spannenden Handlung, die von den zwei lebendig gezeichneten Hauptfiguren getragen wird. Vor allem K. B. Sulaiman ist eine Wucht: Ohne gewisse weibliche Attribute ausgestattet, reist sie als Mann verkleidet ins Land der arabischen Machos ein, stets in Angst vor Entdeckung. Sie ist einfach cool und tough. Ihre einzigartige Position erlaubt ihr genaue Beobachtungen der Situation der dort lebenden Frauen und Männer. So entstehen seltene Innenansichten eines uns fremd gewordenen Kulturkreises: des Islam und seiner arabischen Mitgliedsländer.

Halton ist als Biokonstrukt der Aufhänger für eine Horrorvision auf die Zukunft, in der Regierungen rechtlose menschliche Wesen auf Knopfdruck zeugen, modellieren, kopieren und wieder löschen können. Der Faschismus Hitlers war nichts dagegen. Dass genau dies gerade geschieht, weiß das Buch gut zu vermitteln.

Die Medien sind jedoch nur ein Werkzeug der Mächtigen. Ihr erstes Opfer ist – wie in jedem Krieg – die Wahrheit. Gezeigt wird nur, was bestimmten Interessen dient. Immerhin weist die Autorin mahnend darauf hin, wie die US-Militärs im zweiten Golfkrieg gegen Saddam Hussein die Videoaufnahmen manipuliert hatten. Sie hatten ihren Fehler aus dem Vietnamkrieg nicht wiederholt, aber die Medien trotzdem bedient: leider nur mit getürktem Material.

„In Erwartung des Mahdi“ ist ein Gewinn für den politisch interessierten Leser, in jeder Hinsicht.

|Originaltitel: Looking for the Mahdi, 1996
Aus dem Englischen übertragen von Walter Brumm|

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – ovale Portrait, Das (POE #10)

_Poe-Horror: Doktor Frankenstein lässt grüßen!_

„Das ovale Portrait“ ist der zehnte Teil der Edgar-Allan-Poe-Reihe von |LübbeAudio|, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Ulrich Pleitgen hat auch an den ersten acht Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

#1: [Die schwarze Katze 755
#2: [Die Grube und das Pendel 744
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des Roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872

Die vier neuen Folgen der POE-Reihe sind:

#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: Das ovale Portrait
#11: Der entwendete Brief
#12: Eleonora

Die nächsten vier Folgen sind:

14. Die längliche Kiste
15. Du hast es getan
16. Das Fass Amontillado
17. Das verräterische Herz

(Folge 13 wird bewusst ausgelassen …)

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Short Story. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten. Seine Literaturtheorie nahm den New Criticism vorweg.

Er stellt meines Erachtens eine Brücke zwischen dem 18. Jahrhundert und den englischen Romantikern (sowie E.T.A. Hoffmann) und einer neuen Rolle von Prosa und Lyrik dar, wobei besonders seine Theorie der Short Story („unity of effect“) immensen Einfluss auf Autoren in Amerika, Großbritannien und Frankreich hatte. Ohne Poe sind Autoren wie Hawthorne, Twain, H.P. Lovecraft, H.G. Wells und Jules Verne, ja sogar Stephen King und Co. schwer vorstellbar. Insofern hat er den Kurs der Literaturentwicklung des Abendlands maßgeblich verändert.

_Die Sprecher_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie u. a. mit dem Bambi und mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Außerdem wirken Till Hagen als Dr. Templeton sowie eine Reihe anderer Sprecher mit. Till Hagen wurde 1949 in Berlin geboren und erhielt seine Schauspielausbildung an der Max-Reinhardt-Schule. Zeitgleich drehte er seinen ersten Kinofilm, „7 Tage Frist“. Es folgten Engagements an den Stadttheatern Dortmund und Bielefeld. Später studierte er Deutsch und Theaterpädagogik. Als Sprecher beim Deutsche-Welle-Fernsehen und im Hörfunk wurde er genauso bekannt wie als Synchronstimme u. a. von Kevin Spacey.

|Das Titelbild|

Das monochrome Titelbild, das Simon Marsden (www.simonmarsden.co.uk) geschossen hat, zeigt eine äußerst kunstvolle Anordnung von Objekten in einem Salon. Die linke Hälfte des Bildes wird dominiert von einer ausgestopften Schneeeule, in der rechten Hälfte erblicken wir in einem ovalen Spiegeln ein antikes Zimmer, das auf ein französisches Fenster mit gotischem Spitzgiebel hinausblickt. Alles in allem ein Fest für das Auge eines kenntnisreichen Innenarchitekten. Ein Portrait, wie es im Titel erwähnt wird, ist jedoch weit und breit nicht zu entdecken (oder ich habe meine Lupe vergessen).

Das Motiv der Rückseite ist immer noch das gleiche wie in der ersten Serie: das von leuchtendem Nebel umwaberte ausgebrannte Gemäuer einer alten Abtei, deren leere Fenster den Betrachter ominös anstarren.

|Das Booklet|

Jede CD enthält ein achtseitiges schwarz gehaltenes Booklet. Neben dem Eingangszitat auf Deutsch und Englisch wird hier auch der gesamte Stab und die Sprecherbesetzung der Rollen aufgeführt. Es gibt einen kleinen Abriss der Vorgeschichte sowie Informationen zur Gothicband |L’ÂME IMMORTELLE|.Die Rückseite der CD fasst die Handlung zusammen und listet die wichtigsten Mitwirkenden auf.

_Vorgeschichte_

Hinweis: Das neu gestaltete Booklet enthält einen kleinen Abriss der Vorgeschichte, so dass der Einstieg leichter fällt.

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile wieder entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon acht Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Albträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe von Albträumen – über „Die Morde in der Rue Morgue“ – nicht verschont.

_Handlung_

In New Orleans ist eine Feuersbrunst ausgebrochen, in deren Verlauf Appos Haus niederbrennt. Ob das wohl ein Zufall ist? In einer Hafenschenke bekommt Poe einen Tipp, an wen er sich wenden soll. Auf einer Landzunge trifft er George Appo wieder, Poes Freund. Der schickt ihn in eine Wäscherei, die offenbar ebenfalls zu Appos chinesischem Geheimbund gehört. So kommt es, dass Poe, verborgen in einem Wäschekorb, in Dr. Templetons Domizil Zugang findet. In diesem Landhaus sucht er die entführte Leonie.

Nach seinem Ausbruch aus dem verschlossenen Korb sieht sich Poe in der Wäschekammer im Keller um, muss sich aber sofort vor einem Bediensteten verstecken, der Templeton beim Namen „Deibler“ ruft. Nanu, so hieß doch Poes Wärter in der Nervenheilanstalt! Und da läuft auch die einäugige Katze, die Deibler sucht, herum – genau wie in Poes Traum.

Bei einer ersten Erkundung der verlassenen Halle entdeckt Poe ein Tagebuch und hinter einem Vorhang ein ovales Porträt: Es zeigt unverkennbar Lucy Monaghan, Leonies Schwester, die in Dr. Templetons Landhaus verschwand. Lebt sie noch? Und wo ist Leonie? Dieses Haus scheint einem ehemaligen Sklavenhändler gehört zu haben.

Mit Schlüsselbund und Laterne begibt sich Poe in die unteren Gewölbe des Hauses, wo früher die Sklaven eingesperrt wurden. Sie sind in den blanken Fels eingehauen und mögen Gott weiß was beherbergen. In einer Kette hängt noch ein einsamer menschlicher Armknochen – das verheißt nichts Gutes. Aus einer Zelle befreit er mit Hilfe der Schlüssel Leonie, der zum Glück nichts passiert ist, denn Templeton wollte sie bloß über Lucy Monaghan ausfragen.

Es gibt noch andere Gefangene … einen Alligator im Abwasserkanal … und einen piekfeinen Operationssaal. Offenbar hat der gute Doktor, ein Jünger Viktor Frankensteins, Versuche am Gehirn lebender Menschen vorgenommen. Auf dem OP-Tisch liegt ein toter, aber nicht verwester Körper. Anhand des Drachenrings an der Hand des Mannes erkennt Poe in ihm den verschwundenen Appo, den Bruder seines Freundes.

Da hören die beiden Stimmen von oben. Templeton und Deibler bereiten ihre Abreise in den Norden vor. Dem muss Poe Einhalt gebieten. Er stürzt sich auf Deibler und den teuflischen Doktor …

_Mein Eindruck_

Diese Episode hat in der Binnenhandlung herzlich wenig mit der literarischen Vorlage „The Oval Portrait“ zu tun, aber der Hörer wird dafür mit einer actionreichen Rahmenhandlung entschädigt. Der zuvor immer so verzagt wirkende Mister Poe alias Jimmy Farrell geht nun zum Angriff über und liefert sich mit Dr. Templeton alias Francis Baker ein Degenduell, das einem Douglas Fairbanks („Zorro“) zur Ehre gereicht hätte. Woran liegt es nur, dass er so wütend ist?

Der plausibelste Grund hat zwei schöne Augen und sicherlich zwei ebenso schöne Beine: Leonie Goron. Dass sie im Kerker in Lebensgefahr geraten ist, kann Poe als Gentleman alter Schule natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Außerdem hat Templeton/Baker einiges auf dem Kerbholz, was Poes eigene Familie und Vergangenheit anbelangt. Wer weiß, was da noch alles ans Tageslicht kommen wird. Dass Templeton Menschenversuche unternommen hat, lässt nichts Gutes erwarten.

_Die Sprecher_

|Mr. Poe alias Jimmy Farrell|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen. In dieser Folge spielt die Entdeckung seiner Vergangenheit und Identität eine größere Rolle als irgendwelche Träume. Eine andere Figur kommt daher nicht vor. Aber die stimmliche Darstellung von Poes misslicher Lage in der Sargkammer fordert den Sprecher bis an die Grenzen seiner Ausdrucksmöglichkeiten: Anfängliche Panik wechselt ab mit Beruhigung und anschließendem Denken, nur um um erneut von einer Panikattacke hinweggefegt zu werden.

|Miss Leonie Goron|

Iris Berben bietet Pleitgens melancholischem und nachdenklichem Poe einen lebhaften Widerpart mit ihrer Leonie Goron. Und wie der grüblerische Poe sogar selbst merkt, zeichnet sich Leonie durch ungewöhnlichen Scharfsinn und eine kluge Feinfühligkeit aus. Sie hat erheblichen Anteil an Poes Rettung in der Rahmenhandlung von Episode 5 („Mahlstrom“). Spätestens ab „Der Goldkäfer“ wirkt sie wie eine kluge Freundin, die durch ruhige Überlegung und kluge, verständnisvolle Fragen bald zu seiner unverzichtbaren Ratgeberin wird. Leider sind diese Qualitäten diesmal fast gar nicht gefragt, so dass ihre Figur in dieser Episode unverdient blass erscheint.

|Dr. Templeton / Baker|

Die Figur des Dr. Templeton alias Francis Baker wird im Booklet als „Imago“ bezeichnet, das heißt, dass diese Figur in zahlreichen anderen Gestalten auftreten kann, quasi wie ein Archetyp des Psychologen Carl Gustav Jung. Till Hagens Stimme ist unverkennbar, und viele von uns erkennen sie als die Synchronstimme von Kevin Spacey. Allerdings spricht Till Hagen weniger leise als in den meisten Spacey-Filmen, sondern vielmehr deklamiert er wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“, sowohl in „Das ovale Portrait“ als auch in „Hopp-Frosch“ und „Der entwendete Brief“.

_Musik und Geräusche_

Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt. Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Bis auf die Eingangsszene sind aber diesmal alle Szenen in Interieurs eingerichtet, so dass der Sound eine untergeordnete Rolle spielt. Immerhin sind Effekte wie etwa Hall – für eine Art inneren Monolog – und ein sehr tiefes Bassgrummeln festzustellen, das Gefahr anzeigt. In der Sargkammer erklingt Poes Stimme verzerrt, als dränge sie aus einer Tonne.

Die Musik erhält daher eine umso wichtigere Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der zwei Hauptfiguren und ihres jeweiligen Ambientes darzustellen. Diese rein untermalende Aufgabe ist auf den ersten Blick leichter zu bewerkstelligen als die Gestaltung ganzer Szenen, doch wenn es sich um actionarme Szenen wie diesmal handelt, zählt jede Note, jede Tonlage.

Die serientypische Erkennungsmelodie erklingt in zahlreichen Variationen und wird von unterschiedlichsten Instrumenten angestimmt. Als Templeton erwähnt, er spiele – wie einst Roderick Usher – Geige, erklingt das Poe-Motiv erneut, allerdings gespielt auf einer Kirchenorgel. Und genau so eine Orgel spielte Usher in der entsprechenden Hörspiel-Episode. Danach wird das Motiv auf einer Harfe wiederholt, um die Wirkung romantischer zu gestalten.

Musiker des Ensembles „Musical Halensis“ und des Filmorchesters Berlin sowie die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche – sie alle wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht.

|Der Song|

In der dritten Staffel der Serie hat Lübbe den Abschlusssong, den zunächst Heinz Rudolf Kunze beisteuerte, ausgetauscht durch den deutschsprachigen Song „Fünf Jahre“ von der österreichischen Gothicband „L’Âme Immortelle“. Im Booklet finden sich Angaben zur Sängerin Sonja Kraushofer und Bandleader Thomas Rainer. Der Song ist dem aktuellen Album „Gezeiten“ entnommen, dessen Cover im Booklet abgebildet ist.

Entsprechend der Musikrichtung ist die Instrumentierung heavy, düster, aber zugleich gefühlvoll. Das erinnert an die Werke der inzwischen aufgelösten Band „Evanescence“. Wenigstens ist aber der Abschlusssong in deutscher Sprache gehalten und somit halbwegs verständlich.

_Unterm Strich_

Die erfundene Rahmenhandlung übernimmt wieder einmal die Regie und drängt die Storyvorlage in den Hintergrund. Neue Entdeckungen, neuer Horror, neue Wut – so ließe sich der Plot lakonisch zusammenfassen. Aber der Zuhörer kommt dennoch durch die Actionszenen voll auf seine Kosten. Und Leonie ist mal wieder gerettet.

Die neue Staffel weist ein ebenso hohes Qualitätsniveau wie die bisherigen zwei Staffeln auf. Ob die nächste Staffel (s. o.) wirklich wie angekündigt im November kommt, ist noch nicht sicher, wie der Webseite http://www.poe-hoerspiele.de zu entnehmen ist. Ulrich Pleitgen war bis Mitte Oktober mit Dreharbeiten beschäftigt.

|Basierend auf: The oval portrait, ca. 1845
65 Minuten auf 1 CD|

Richard Stone – Die Satanskunst

Politischer Cyberthriller

London im Juni 1997. Ein Demagoge namens Edmund Bording schickt sich an, die britische Regierung zu stürzen. Er zettelt einen Volksaufstand an, was einfach ist, denn Energie und Nahrungsmittel sind rationiert. Mithilfe des jungen Staatssekretärs Tom Híllard versorgt er die Massen mit der richtigen, aufpeitschen Propaganda. Doch Hillard war nicht immer so – er wurde zu Bordings willenlosem Werkzeug und glühendem Anhänger gemacht. Hillards Frau Marianne wundert sich über die Wandlung seines gesamten Charakters: Er hat sie und seine Kinder für ein Flittchen verlassen, quasi über Nacht. Sie beginnt nachzuforschen, wie es dazu kommen konnte. Prompt gerät sie in Gefahr.

Derek Sutherland, ebenfalls ein Staatssekretär, trifft sich heimlich mit Chief Detective Inspector Bill Finch von Scotland Yard. Er hegt den Verdacht, dass die Führung von Staatsschutz und Polizei nicht mehr auf Seiten der Regierung steht und mit einem ausländischen Geheimdienst zusammenarbeitet. Aber mit welchem? Als Finch einer Verschwörung in höchsten Kreisen auf die Spur kommt, erfährt er mehr Dinge, als ihm lieb ist: Totale Manipulation und Überwachung sind nicht nur möglich, sondern seit Jahren verbrecherische Praxis…
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Koontz, Dean R. – Eiszeit

_Eisberg-Thriller, so gut wie Alistair McLean_

Ein nervenzerfetzender Thriller aus der Arktis, dessen Handlung in nur zwölf Stunden abläuft – aber in einem Countdown, spannend bis zur letzten Sekunde. Laut Verlag stand dieser Roman wochenlang auf den US-Bestsellerlisten.

_Handlung_

Das Buch beginnt mit einer Art Prolog, der aus Meldungen besteht: Seit Jahren schwören internationale Wissenschaftler auf die Möglichkeit, aus den Eisbergen der Arktis und Antarktis reines Trinkwasser zu gewinnen, das man während Dürreperioden gebrauchen könnte, beispielsweise in Kalifornien. Natürlich gilt es zunächst, die Machbarkeit eines solchen Vorhabens zu erkunden.

Nun haben Harry Carpenter und vier weitere Forscher und Helfer den letzten Schritt gewagt, ein Lager in Grönland aufgeschlagen und bereiten eine enorme Sprengung vor: Der so produzierte Eisberg soll nach Süden zu wartenden Fischereischiffen treiben, die ihn zum Festland schleppen sollen. Das war der Plan.

Doch was sich schon seit Tagen angekündigt und worauf Harry nicht gehört hatte, wird nun schreckliche Wahrheit: ein Seebeben löst eine riesige Tsunami-Welle aus, die das Randeis, auf dem sich Harry und Co. befinden, einfach wie einen Kartoffelchip zerbricht: Nun sitzen Harrys Leute plötzlich selbst auf einem Eisberg fest. Dieser treibt in die arktische See, auf ein Sturmgebiet zu.

Nicht genug damit: Sie haben ihre Sprengung noch nicht ausgelöst, doch die sechzig Bomben, die sie noch eben so fleißig platziert haben, werden pünktlich um Mitternacht ferngezündet: genau unter ihren Füßen. Zum Glück haben sie ein Funkgerät dabei, so dass sie mit der Zentralstation Verbindung halten können. Wenig später findet Harry einen der Männer aus seiner Gruppe bewusstlos geschlagen auf dem Eis – unter ihnen befindet sich ein potenzieller Mörder.

Als ob das noch nicht Grund genug wäre, jetzt völlig durchzudrehen, taucht zu guter Letzt ein russisches Spionage-U-Boot auf, das die Eisbrüchigen retten möchte. Leider kann es weder am Eisberg anlegen noch können die Eisbrüchigen zu ihm hinabsteigen. Der Sturm wird stärker, und die Lage ist verzweifelt.

_Fazit_

In einem Nachwort verrät der Autor, dass er diesen Roman als Hommage an den Thrillerautor Alistair MacLean schrieb. MacLean schrieb unter anderem die verfilmten Roman „Eisstation Zebra“ und „Die Kanonen von Navarone“. „Ich wollte nur mal sehen, ob ich so etwas schreiben könnte“, meint Koontz etwas flapsig. Er hat das Experiment mit Bravour durchgeführt. Natürlich musste der „etwas holprige Stil des Originals“ aufpoliert werden. Außerdem brachte Koontz die Fakten auf den neuesten Stand: So schreibt einer der Helden vom Eisberg nicht einen Brief, sondern eine E-Mail.

Bei aller Action und all dem Tempo und dem Zeitdruck bleibt doch immer wieder Zeit, in die Vergangenheit der einzelnen Figuren zurückzublenden und ihre psychologischen Tiefen auszuloten. So ist etwa Harrys Frau ein Opfer von krankhafter Angst vor Eis, Kälte und Schnee, weil sie als sechsjähriges Mädchen ihre Eltern in einer Lawine verloren hatte und selbst stundenlang darunter begraben war. Andere Kollegen entkamen nach traumatischen Erlebnissen in die Freiheit. Doch ausgerechnet der Psychopath in Ritas Gruppe wird nicht vorgestellt, lediglich sein Tagebuch verrät ihn. Natürlich verschweigt uns der Autor seinen Namen.

Unterm Strich geht es um zwei hohe Werte: um stilles Heldentum und die Völkerverständigung, die von verantwortungsbewussten Einzelnen wie dem U-Boot-Käptn realisiert wird. Und dies auch nur deshalb, weil der Kalte Krieg vorüber ist und die kommunistischen Sowjets die Macht abgegeben haben – und keine Kalten Krieger auf US-Seite dazwischenpfuschen.

Ist dies also ein U-Boot-Thriller à la Tom Clancy? Keineswegs, wie uns Koontz klar macht. Die ätzende Technikverliebtheit und der Militarismus des Amerikaners fehlen hier. Im Vordergrund stehen die Einzelschicksale einer bunt zusammengewürfelten Wissenschaftlergruppe einerseits – und der U-Boot-Besatzung andererseits, die unglaublich diszipliniert agiert. Kurzum: ein spannender Thriller, in dem Menschen sowohl gegen die feindliche Natur als auch gegen ihre eigenes inneres Wesen ankämpfen müssen, um zu überleben.

|Originaltitel: Icebound, 1993
Aus dem US-Englischen übertragen von Uwe Anton|

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – Hopp-Frosch (POE #9)

_Poe-Horror: Rache ist süß_

„Hopp-Frosch“ ist der neunte Teil der Edgar-Allan-Poe-Reihe von |LübbeAudio|, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Ulrich Pleitgen hat auch an den ersten acht Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

#1: [Die schwarze Katze 755
#2: [Die Grube und das Pendel 744
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des Roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872

Die vier neuen Folgen der POE-Reihe sind:

#9: Hopp-Frosch
#10: Das ovale Portrait
#11: Der entwendete Brief
#12: Eleonora

Die nächsten vier Folgen sind:

#14. Die längliche Kiste
#15. Du hast es getan
#16. Das Fass Amontillado
#17. Das verräterische Herz

(Folge 13 wird bewusst ausgelassen …)

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Short Story. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten. Seine Literaturtheorie nahm den New Criticism vorweg.

Er stellt meines Erachtens eine Brücke zwischen dem 18. Jahrhundert und den englischen Romantikern (sowie E.T.A. Hoffmann) und einer neuen Rolle von Prosa und Lyrik dar, wobei besonders seine Theorie der Short Story („unity of effect“) immensen Einfluss auf Autoren in Amerika, Großbritannien und Frankreich hatte. Ohne Poe sind Autoren wie Hawthorne, Twain, H.P. Lovecraft, H.G. Wells und Jules Verne, ja sogar Stephen King und Co. schwer vorstellbar. Insofern hat er den Kurs der Literaturentwicklung des Abendlands maßgeblich verändert.

_Die Sprecher_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie u. a. mit dem Bambi und mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Außerdem wirken Till Hagen als Dr. Templeton sowie eine Reihe anderer Sprecher mit. Till Hagen wurde 1949 in Berlin geboren und erhielt seine Schauspielausbildung an der Max-Reinhardt-Schule. Zeitgleich drehte er seinen ersten Kinofilm, „7 Tage Frist“. Es folgten Engagements an den Stadttheatern Dortmund und Bielefeld. Später studierte er Deutsch und Theaterpädagogik. Als Sprecher beim Deutsche-Welle-Fernsehen und im Hörfunk wurde er genauso bekannt wie als Synchronstimme u. a. von Kevin Spacey.

|Das Titelbild|

Das monochrome Titelbild, das Simon Marsden (www.simonmarsden.co.uk) geschossen hat, zeigt bei „Hopp-Frosch“ eine halb geöffnete, eisenbeschlagene Tür in einer mittelalterlichen Burgmauer. Der Kontrast zwischen Licht und Schatten ist wieder einmal exterm hervorgehoben. Das macht Marsdens spezielle Entwicklungsmethode möglich, die zugleich verfremdend wirkt.

Das Motiv der Rückseite ist immer noch das gleiche wie in der ersten Serie: das von leuchtendem Nebel umwaberte ausgebrannte Gemäuer einer alten Abtei, deren leere Fenster den Betrachter ominös anstarren.

|Das Booklet|

Jede CD enthält ein vierseitiges schwarz gehaltenes Booklet. Neben dem Eingangszitat auf Deutsch und Englisch wird hier auch der gesamte Stab und die Sprecherbesetzung der Rollen aufgeführt. Die Rückseite der CD fasst die Handlung zusammen und listet die wichtigsten Mitwirkenden auf.

_Vorgeschichte_

Hinweis: Das neu gestaltete Booklet enthält einen kleinen Abriss der Vorgeschichte, so dass der Einstieg leichter fällt.

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile wieder entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon sieben Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Albträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe von Albträumen – über „Die Morde in der Rue Morgue“ – nicht verschont.

_Handlung_

Poe ist aus dem Grab entkommen, doch Dr. Templeton hat Leonie entführt und hält sich noch in New Orleans auf. Dorthin schleppt sich auch Poe, allerdings hat er keine Mittel, um sich Nahrung oder Obdach zu besorgen. Vor dem Regen sucht er Schutz in einem Torbogen. Dort stürzt ein Betrunkener hin, den Poe ins Trockene zieht. Er bringt ihn zu dessen Haus, wo der Mann, der sich Appo nennt, spurlos verschwindet.

Am nächsten Morgen suchen Poe drei Schlägertypen und er muss sich in Sicherheit bringen. Doch auf seiner Flucht erhält Poe unverhoffte Hilfe durch den Chinesen, der sich Appo nennt. Erstaunt schaut Poe zu, wie Appo alle drei Widersacher tötet. Er erweist sich auch als sehr geschickt im Umgang mit Messern: Die Ratten in seinem Haus erledigt er stets mit einem gut gezielten Wurf.

Beim anschließenden Essen und Informationsaustausch wird klar, dass Poe verpfiffen wurde und Dr. Templeton ihm die Schläger auf den Hals schickte. Appo kennt den Doktor ebenfalls: Der hatte seinen Bruder, einen Taschendieb, damit beauftragt, eine bestimmte Perle von einem Schiff zu stehlen, das von New Orleans nach New York City segelte (war es Leonie Gorons Schiff?). Appo bringt Poe das Messerwerfen bei, aber er werde nach acht Tagen weiterziehen müssen.

|Der Traum|

Wieder mal hat Poe einen seiner Träume. Darin ist er diesmal ein verkrüppelter Zwerg, Leonie taucht als Zwergenfrau Tripetta auf, und Dr. Templeton ist ein König, der Spaßmacher wie den Zwerg mag, aber keinen Wert auf geistreiche Witze legt. Chauvinistische Blondinenwitze hingegen kommen immer gut an.

Eines Tages beauftragen der König und seine drei Minister den Zwerg, den sie wegen seines Gangs boshaft „Hopp-Frosch“ nennen, mit der Gestaltung eines exotischen Maskenballs. Hopp-Frosch denkt an seine afrikanische Heimat, aus der man ihn als Sklave verschleppt hat. Und da ihm die geliebte Tripetta ihre Hilfe zugesagt hat, denkt er sich einen genialen Plan aus, wie er sich für die erlittenen Demütigungen rächen kann.

Er steckt den König und seine drei Minister in die Kostüme von Orang-Utans und kettet sie aneinander fest, damit die Ballbesucher glauben, sie seien frisch eingefangen worden, würden aber keine Gefahr darstellen. Allerdings sind die Affenfelle mit Teer getränkt und mit Flachs bedeckt. Ein Funke würde genügen, und die Felle mitsamt ihren Trägern in Flammen aufgehen. Aber so verrückt würde doch niemand sein. Oder doch?

Der Maskenball wird jedenfalls ein voller Erfolg …

|Erwachen|

Als erste Tat nach dem Erwachen erlegt Poe eine Ratte mit einem Messerwurf. Es geht offensichtlich aufwärts mit ihm, und nach vier weiteren Tagen des Versteckens begibt er sich auf die Jagd nach Dr. Templeton, ausgestattet mit einem Ring als Erkennungszeichen für Appo und seinen Bruder.

_Mein Eindruck_

„Hopp-Frosch“ war eine der letzten Erzählungen, die Poe vor seinem mysteriösen Tod verfasste und veröffentlichte. In einer von beißendem Spott, ja, von Verbitterung charakterisierten Darstellung führt er die idiotischen Minister mitsamt König ihrer Bestimmung zu: dem Verbrennen bei lebendigem Leib. Es ist die Rache für die Versklavung und Demütigung von „Hopp-Frosch“, dem Schwarzen, und seiner Geliebten Tripetta.

Ist also die Geschichte eine Streitschrift wider die Sklaverei? Das wäre gut möglich, denn schon in den vierziger Jahren des 19. Jahrhundert gab es zahlreiche Stimmen, die gegen die Sklavenhaltung auf amerikanischem Boden eintraten. In Großbritannien war die Sklaverei schon seit Mitte des 18. Jahrhunderts verboten, weshalb also sollte ausgerechnet die Nation, die sich der Freiheit aller (!) Menschen verschrieben hatte, weiter an der menschenverachtenden Praxis festhalten?

Der König und seine fiesen Minister sind nichts anderes als Sklavenhalter und verdienen es, dass ihr Sklave den Spieß umdreht. Da bei einem Maskenball die Rollen sowieso anders verteilt werden und sich häufig die Verhältnisse umkehren (siehe „Die Maske des Roten Todes“), betrachtet Hopp-Frosch das Orang-Utan-Kostüm für seine Opfer als angemessen. Schließlich spiegelt das Kostüm ihre wahre moralische Natur wider (ohne dabei die echten Affen beleidigen zu wollen): Sie agieren nur nach dem Lustprinzip und reagieren auf jede Laune des tumben Königs wie Speichellecker. Der König wiederum mag keine geistreichen Witze, sie sind ihm suspekt. Interessant ist, dass schon in der Detektivgeschichte „Die Morde in der Rue Morgue“ ein Orang-Utan auftaucht. Offenbar war Poe mit dieser Primatenart besonders vertraut.

Wer verbirgt sich nun hinter dem König? Es könnte sich um Poes zeitgenössisches Publikum handeln, das ihm seine bissigen Späße nicht mehr durchgehen ließ, oder um seine Gläubiger, die ihm keine Kredite gewähren wollten, oder sogar um die herrschende Klasse, was sich dann wieder mit dem Thema des Rassismus träge. In jedem Fall erfüllt sich der Autor einen Herzenswunsch: Mögen sie alle verbrennen! Hauptsache, er und sein Held entkommen dieser Hölle mit ihrer Liebsten. (Für Poe erfüllte sich dies nicht: Seine Frau starb 1847.)

Diese Wünsche entsprechen denen der Figur des Wanderers Poe ziemlich genau, die zumindest in deren Unterbewusstsein existieren. In der nächsten Episode, „Das ovale Portrait“, bricht sogar ein Feuer aus, während Poe und Leonie eingesperrt sind. Dort wäre die Übereinstimmung mit der Story „Hopp-Frosch“ wohl noch größer gewesen. Der Dramaturg hat sich für eine andere Kombination entschieden.

_Die Sprecher_

|Mr. Poe alias Jimmy Farrell / Hopp-Frosch|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen.

|Miss Leonie Goron / Tripetta|

Iris Berben bietet Pleitgens melancholischem und nachdenklichem Poe einen lebhaften Widerpart mit ihrer Leonie Goron. Und wie der grüblerische Poe sogar selbst merkt, zeichnet sich Leonie durch ungewöhnlichen Scharfsinn und eine kluge Feinfühligkeit aus. Sie hat erheblichen Anteil an Poes Rettung in der Rahmenhandlung von Episode 5 („Mahlstrom“). Spätestens ab „Der Goldkäfer“ wirkt sie wie eine kluge Freundin, die durch ruhige Überlegung und kluge, verständnisvolle Fragen bald zu seiner unverzichtbaren Ratgeberin wird. Leider kommt sie in dieser Episode nicht vor.

|Dr. Templeton / König|

Die Figur des Dr. Templeton alias Francis Baker alias „König“ wird im Booklet als „Imago“ bezeichnet, das heißt, dass diese Figur in zahlreichen anderen Gestalten auftreten kann, quasi wie ein Archetyp des Psychologen Carl Gustav Jung. Till Hagens Stimme ist unverkennbar, und viele von uns erkennen sie als die Synchronstimme von Kevin Spacey. Allerdings spricht Till Hagen weniger leise als in den meisten Spacey-Filmen, sondern vielmehr deklamiert er wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“, sowohl in „Hopp-Frosch“ als auch in „Das ovale Portrait“ und „Der entwendete Brief“.

_Musik und Geräusche_

Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt. Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet.

Die Musik erhält daher eine umso wichtigere Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der zwei Hauptfiguren und ihres jeweiligen Ambientes darzustellen. Diese rein untermalende Aufgabe ist auf den ersten Blick leichter zu bewerkstelligen als die Gestaltung ganzer Szenen, doch wenn es um actionarme Szenen wie diesmal handelt, zählt jede Note, jede Tonlage. Die serientypische Erkennungsmelodie erklingt in zahlreichen Variationen und wird von unterschiedlichsten Instrumenten angestimmt.

Musiker des Ensembles „Musical Halensis“ und des Filmorchesters Berlin sowie die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche – sie alle wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht.

|Der Song|

In der dritten Staffel der Serie hat |Lübbe| den Abschlusssong, den zunächst Heinz Rudolf Kunze beisteuerte, ausgetauscht durch den deutschsprachigen Song „Fünf Jahre“ von der österreichischen Gothicband „L’Âme Immortelle“. Im Booklet finden sich Angaben zur Sängerin Sonja Kraushofer und Bandleader Thomas Rainer. Der Song ist dem aktuellen Album „Gezeiten“ entnommen, dessen Cover im Booklet abgebildet ist.

Entsprechend der Musikrichtung ist die Instrumentierung heavy, düster, aber zugleich gefühlvoll. Das erinnert an die Werke der inzwischen aufgelösten Band „Evanescence“. Wenigstens ist aber der Abschlusssong in deutscher Sprache gehalten und somit halbwegs verständlich. Meinen Geschmack trifft der Song nicht, aber ich mag ja auch eher Led Zeppelin.

_Unterm Strich_

Die neunte Folge der Poe-Hörspiele fängt die Atmosphäre der literarischen Vorlage „Hopp-Frosch“ in der Binnenhandlung, dem Traum, gut ein: die allmähliche Enthüllung der Art und Weise, wie sich der verkrüppelte Sklave, der als Spaßmacher missbraucht wird, an seinen Peinigern rächt. Es ist nicht zu weit hergeholt, wenn man den Autor selbst zum Teil mit Hopp-Frosch identifiziert – alles Weitere siehe oben.

In der Rahmenhandlung passiert hingegen relativ wenig. Statt der entführten Leonie Goron hat Poe einen anderen Gefährten an der Seite, der ihm die nützliche Kunst des Messerwerfens beibringt. Zur Abwechslung kann sich Poe also künftig einmal seiner Haut erwehren. Das wird schon bald nötig sein.

Die neue Staffel weist ein ebenso hohes Qualitätsniveau wie die bisherigen zwei Staffeln auf. Ob die nächste Staffel (s. o.) wirklich wie angekündigt im November kommt, ist noch nicht sicher, wie der Webseite http://www.poe-hoerspiele.de zu entnehmen ist. Ulrich Pleitgen war bis Mitte Oktober mit Dreharbeiten beschäftigt.

|Basierend auf: Hopfrog, ca. 1845
62 Minuten auf 1 CD
Mehr Infos unter: http://www.poe-hoerspiele.de & http://www.luebbeaudio.de |

Ray Bradbury – Fahrenheit 451

In einem totalitären Zukunftsstaat sind Bücher verboten. Die Feuerwehr dient nicht dem Löschen von Feuer, sondern dem Verbrennen der gefährlichen Literatur. Einer der Feuerwehrmänner namens Guy Montag wandelt sich in seinen Ansichten zum Systemgegner, doch der Ausstieg ist gar nicht so einfach, wie er schnell herausfindet. (Diese Klassiker-Ausgabe ist mit einem Vorwort von Brian W. Aldiss versehen.)

_Der Autor_
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Ursula K. Le Guin – Ein Fischer des Binnenmeeres. Phantastische Erzählungen

A Fisherman of the Inland Sea ist eine 1994 erschienene Sammlung von Kurzgeschichten der Autorin Ursula K. Le Guin, die 1998 unter dem Titel Ein Fischer des Binnenmeeres auf Deutsch herausgegeben wurde. In den letzten drei Geschichten des Bandes werden die Technik des „churten“, des Ortswechsels ohne Zeitintervall, sowie dessen Nebenwirkungen beschrieben; wie LeGuin im Vorwort anmerkt, sind die drei Geschichten um das „churten“ „Geschichten über Geschichten“, oder über das Erzählen. (Wikipedia)

„Ein Fischer des Binnenmeeres“ heißt die Anthologie, die Anfang 1998 in der Edition Phantasia erschienen ist. Allein die Einleitung dieser Sammlung halte ich für einen ausreichenden Grund, sich dieses Buch nicht entgehen zu lassen, denn was Le Guin „Über Science Fiction und Leute, die sie nicht lesen“ zu sagen hat, ist pointiert, voller Wortwitz und sanfter Ironie, kurz, ein Leckerbissen zum Aperitif. Außerdem lässt uns die Autorin einen Blick auf ihre eigene Sicht ihrer Geschichten werfen, was ich immer wieder sehr erhellend finde, gerade im Hinblick auf die mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten. Der Band enthält drei neue HAINISH-Erzählungen.

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