Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – traurige Prinzessin, Die (Offenbarung 23, Folge 10)

_Der mysteriöse Mord an der Königin der Herzen_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Am 30. August 1997 verunglückt die Prinzessin der Herzen, Lady Di, bei einem Autounfall in Paris. Einen Tag später ist sie tot. Doch war das wirklich nur ein trauriger Unglücksfall? Und wie kommt der Chip der Wegfahrsperre aus der Unglückslimousine in den Nachlass des Hackers Tron, der nur ein Jahr nach der traurigen Prinzessin unter ähnlich mysteriösen Umständen stirbt? Waren hier Geheimdienste am Werk, um die romantische Allianz von Orient und Okzident zu verhindern?

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe [Webseite]http://www.lpl.de/ von |LPL records|). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich. Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Andy Matern wird von zwei Spezialisten unterstützt. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause LPL-Records kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, und klingt wie Kirsten Dunst, Kate Beckinsale und Natalie Portman.
Oliver Siebeck spricht einen Reporter.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Kevin Spacey.
Benjamin Völz spricht Boris F. alias „Tron“ und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Stefan Staudinger spricht Raschid, einen Freund des toten Dodi al-Fayed.
Lothar Hinze spricht einen Hotelconcierge mit der Stimme von Terry O’Quinn.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven oder Vincent Price .
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Aus New York ist Gregor Brand alias T-Rex in Paris, der Stadt der Liebe eingetroffen. Mit Trons Ex-Freundin Tatjana Junk alias Nolo verbringt er ein paar Tage und schaut sich die Stadt an. Der Hotelconcierge weist den Weg zur Pont d’Alma. Im Tunnel darunter starben am 31. August 1997 Dodi al-Fayed, der Freund von Lady Diana Spencer, sowie der Fahrer Henry Paul, der den Mercedes steuerte. Lady Di starb im Krankenhaus in der gleichen Nacht, der Leibwächter überlebte als Einziger den Frontalaufprall auf einen Tunnelpfeiler, weil er angeschnallt war. Das Liebespaar befand sich auf dem Weg vom Hotel Ritz zu Dodis Wohnung in der Innenstadt. Warum nahm der Fahrer einen Umweg? Und warum kam Dianas Ambulanz mit einer Stunde Verspätung im Krankenhaus an, das nur sieben Kilometer von Unfallort entfernt liegt?

Ein elegant gekleideter Araber namens Harun al-Raschid, der sich als Kunde von Nolos Reisebüro vorstellt, lädt sie und Georg ins Ritz ein und erzählt ihnen von seinem Freund Dodi al-Fayed. „Er wurde umgebracht.“ Ebenso wie Lady Di und ihr ungeborenes Kind – Dodis Kind. Nolo ist schockiert. Woher will Raschid so etwas wissen? Nun, die beiden waren nicht das erste Liebespaar, das ermordet wurde, weil es aus britischer Sicht inakzeptabel war: sie eine Christin aus England, er ein Muslim.

Im Louvre gesellt sich Georgs alter Bekannter Ian G zu ihnen und erklärt ihnen den Tathergang. Offenbar hatte das französische FBI, genannt DSD, seine Finger im Spiel. Doch als er das Paar in das Musée de la Magie führt, das sich in den Pariser Katakomben befindet, taucht der Hotelconcierge auf und stellt sich als Hobbyzauberer vor. Vor ihren Augen lässt er Nolo verschwinden. T-Rex und Ian G sind von den Socken! Verzweifelt starten sie eine Suche im Pariser Untergrund …

_Mein Eindruck_

Am 6. September 1997 heulte sich halb Europa die Seele aus dem Leib und hätte am liebsten den Mond angejault, wäre es nicht so unschicklich gewesen. Die andere Hälfte Europas schaute entweder weg oder gehörte zum Geheim- und Sicherheitsdienst. Die Königin der Herzen wurde erst aufgebahrt, mit schönen und weniger schönen Reden bedacht, bevor sie schließlich ihre letzte Ruhe fand.

Die Paparazzi sollen sie angeblich wie wilde Hunde zu Tode gehetzt haben – was für ein schön-schreckliches Bild, sehr frei nach der antiken Sage (in der tatsächlich die Göttin Diana ihre Jagdhunde loslässt, damit sie einen vorwitzigen Jäger in Stücke reißen). Das Hörspiel behauptet hingegen etwas ganz anderes und entlastet die Promijäger vollständig. Vielmehr dürfte es wohl Mord gewesen sein, so wie Dodis Vater, der Besitzer des Kaufhauses Harrods, immer behauptet hat. Aber wer war dann der Drahtzieher? Machte sich der französische DSD wirklich zum Handlanger britischer Interessen, die eine Allianz zwischen Okzident (Diana) und Orient (Dodi) um jeden Preis verhindern wollten? Ich wage zu zweifeln.

Die „Beweise“ oder vielmehr Indizien, die an den Haaren herbeigezogen werden, sollen dies wieder einmal belegen, aber alle erscheinen wie Koinzidenz. Doch können so viele Zufälle wirklich Zufall sein, fragt sich der Laie, und der Fachmann wundert sich. Wird der Krieg zwischen Abend- und Morgenland immer noch auf dem Rücken von Liebespaaren ausgetragen? Wieder mal zitiert der Autor Präzedenzfälle und Parallelen, aber mich konnten sie nicht überzeugen. Sie bestärken nur Verschwörungstheoretiker in ihren vorgefassten Vorurteilen. Andererseits: Ein paar Merkwürdigkeiten gibt es schon. Ich habe aber keinen Platz, sie alle auszubreiten. Man höre doch besser das Hörspiel.

Am Schluss will uns der Autor wohl sagen, dass auch in der Stadt der Liebe und des Lichts einige Schatten lauern. Gerade haben Georg und Ian G das Mädchen in den Katakomben suchen müssen – offenbar gibt es dort unten jede Menge Schleichwege, die überallhin führen. Und ein harmlos wirkender Hotelrezeptionist kann sich plötzlich als Mann vom DSD entpuppen …

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Kevin Spacey, Keanu Reeves, Johnny Depp und Kate Beckinsale. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hatte die Hörspielserie bislang nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Inzwischen hat sich T-Rex zu einem Skeptiker gemausert, der lieber zweimal fragt, bevor er ein Geschenk entgegennimmt. Und er erweist sich als Charmeur, wenn er Nolo näherkommen will. Die will natürlich umschwärmt und umgarnt werden. Diesmal muss er ihr nicht anbieten, ihr seine Briefmarkensammlung zu zeigen – aber das kommt noch.

_Geräusche und Musik_

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist als Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren.

_Unterm Strich_

Verschwörungstheoretiker haben es schon immer geahnt: Lady Di wurde gemeuchelt. Aber warum musste es in aller Öffentlichkeit geschehen und wer steckt dahinter? Wieder mal spekuliert der Autor mehr oder weniger wohlbegründet. Die Action lässt auf sich warten und stellt sich als beunruhigende Warnung vor der Kehrseite der Lichterstadt Paris heraus. Die antibritischen Ressentiments haben mir als Anglophilem jedoch überhaupt nicht behagt.

Das 76 Minuten lange Hörspiel ist von |Lübbe| und |LPL records| natürlich gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt an der Technik nichts auszusetzen.

|76 Minuten auf 1 CD|
http://www.lpl.de
http://www.luebbe-audio.de

Yancey, Rick – Monstrumologe, Der



Der Monstrumologe:

Band 1: _“Der Monstrumologe“_
Band 2: „… und der Fluch des Wendigo“ (20.01.2012)

Actionreicher Horror mit doppeltem Boden

Neuengland im April 1888: Der Junge Will Henry ist ein Waisenkind und arbeitet als Assistent des kauzigen Dr. Warthrop. Der gute Doktor hat sich auf ein ganz besonderes Gebiet spezialisiert: Er ist Monstrumologe, das heißt, er studiert Monster und macht notfalls Jagd auf sie.

Eines Abends kommt ein Grabräuber zu Will und dem Doktor ins Labor. Er hat eine Leiche gefunden, in die sich ein zahnbewehrtes Monster verbissen hat. Offenbar eine Monsterart, die Menschen tötet – und sich zudem rasch vermehrt. Die Einzigen, die nun zwischen diesen Bestien und der Menschheit stehen, sind der Doktor und der junge Will … (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Autor

Rick Yancey wollte schon seit seiner Jugend Schriftsteller werden. Nach seinem Abschluss in Anglistik an der Roosevelt University in Chicago startete er in seiner Heimat Florida eine Künstlerkarriere. Während er in Teilzeit unterrichtete und sich als Theaterschauspieler versuchte, nahm er eine Anstellung beim Finanzamt an. Den Traum der Schriftstellerkarriere gab er nie auf, dafür aber nach zehn Jahren seine Beamtenstelle.

Über seine Zeit beim Finanzamt schrieb er ein Memoire („Confessions of a Tax Collector“), das vom Wall Street Journal als eins der fünf besten Bücher bezeichnet wurde, das je über Steuern geschrieben wurde. Seine Jugendbuchtrilogie über Alfred Kropp erschien in 17 Ländern und wurde für die berühmte Carnegie Medal nominiert. Rick ist stolzer Vater von drei Söhnen. Er lebt mit seiner Frau Sandy in Florida. (Verlagsinfo)

Handlung

Prolog

Der Herausgeber, eben Rick Yancey, ist ein Buchautor mit vielen Aufträgen. Als er den Direktor einer Irrenanstalt besucht, um ihm ein neu produziertes Buch zu übergeben, bittet ihn dieser, die Tagebücher eines gewissen William James Henry, seines Zeichens verstorbener Insasse, anzusehen. Will Henry behauptete nämlich zeit seines Lebens, er sei im Jahre des Herrns 1876 geboren worden, also vor nicht weniger als 133 Jahren. Die Ärzte hatten bei ihm jedoch Demenz festgestellt, so dass man nicht allzu viel auf diese Angabe geben könne.

Nach einer Weile beginnt unser vielbeschäftigter Herausgeber, die Tagebücher des Will Henry zu lesen, und sie erweisen sich als höchst ungewöhnlich …

Die Tagebücher

William James Henry lebt als zwölfjähriges Waisenkind in New Jerusalem bei Dr. Pellinore Warthrop, dem er in seinem medizinischen Beruf assistieren muss. Der Doktor hat stets interessante, um nicht zu sagen: sonderbare Besucher. Heute Nacht beispielsweise besucht ihn der Grabräuber Erasmus Gray. Gray ist klapperdürr, alt und müde. Aber sehr aufgeregt. Denn was er auf dem Old Hill Friedhof zufällig ausgegraben hat, verstört ihn zutiefst.

Zusammen schleppen er und Dr. Warthrop den Fund in den kühlen Keller auf den Seziertisch. Nachdem der Doktor ihn bezahlt hat, schiebt man den Grabräuber hinaus in den Nachtnebel. Danach beginnt der Arzt mit der Autopsie. Was für ein seltsamer Fund! Will Henry beginnen die Knie zu schlottern, während er das Diktat des Arztes aufnimmt, dem schon sein Vater assistiert hat.

Es handelt sich um ein junges Mädchen im Leichenhemd, dem ein Drittel seines Gesichts weggefressen wurde. Es wird auf obszöne Weise umarmt von einer Kreatur, die keinen Kopf hat und mindestens doppelt so groß ist. „Ein männlicher Anthropophage“, doziert der Doktor, „ein Alphamännchen.“ Das ist bemerkenswert, denn Anthropophagen kommen nur in Afrika und den Tropen vor. Wie kam es nach Nordamerika?

Das Wesen hat seinen zahnbewehrten Mund im Bauchbereich und das Gehirn sitzt darunter, während die schwarzen Augen auf den Schultern sitzen. Die Tatsache, dass es sich um ein fortpflanzungsfähiges Wesen handelt, veranlasst den Arzt zu einem Eingriff, der Will Henry die Galle in den Hals treibt: In der Leiche des Mädchens steckt ein lebendiger Nachkömmling, wie eine Larve in einem Wirtskörper.

Nachdem dieser Nachkömmling in einen Glasbehälter gesteckt und getötet worden ist, bleibt noch die Aufgabe, alles aufzuräumen und dem Mädchen ein christliches Begräbnis zukommen zu lassen. Natürlich im ursprünglich vorgesehenen Grab. Alles andere wäre etwas auffällig, findet Dr. Warthrop. Wieder muss Erasmus Gray bei diesem Transport helfen.

Will Henry begleitet die beiden Männer auf ihrem nächtlichen Weg zum Friedhof. Vielleicht liefert das Grab Hinweise auf die Herkunft des Anthropophagen. Denn wo einer ist, verbergen sich bestimmt noch mehr: die Weibchen …

Mein Eindruck

Was an der Reaktion des Doktors auffällt, ist genau, was später zu erheblichen Problemen führen wird: Er ruft nicht die Polizei zu Hilfe, noch informiert er auch nur irgendjemanden außerhalb seines kleinen Zirkels, zumindest vorerst. Als ihn später, nach einem blutigen Überfall auf die Pfarrersfamilie, der Wachtmeister zur Rede stellt, rechtfertigt sich Warthrop damit, er habe keine Panik auslösen wollen. Außerdem hätte ihm sowieso keiner geglaubt. Klingt wahrscheinlich. Dennoch muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, die Pfarrersfamilie indirekt auf dem Gewissen zu haben.

Warthrops Fehler: Er hat sich schlichtweg verkalkuliert. Er, der Fachmann für Monster, hat die Monster falsch eingeschätzt. Das kann nur daran liegen, dass er nicht über genügend Informationen verfügt. Es muss einen Faktor geben, den er nicht kennt und den er nicht berücksichtigt hat.

Vorgeschichte

Deshalb tut er zweierlei: Er recherchiert, im eigenen Archiv und bei einem Zeugen. Zum Zweiten holt er Hilfe herbei. Das Archiv aus Zeitungsartikeln der letzten drei Jahre berichtet zahlreiche tödliche Vorfälle sowieso Vermisstenmeldungen. Übertragen auf eine Landkarte, ergibt sich ein Wanderungsmuster, von der Küste bei Boston nach Dedham und New Jerusalem. An der Küste strandete anno 1865, also vor 23 Jahren, der Frachter „Feronia“, den Warthrops Vater Alistair gechartert hatte. Und von dem letzten überlebenden Zeugen der „Feronia“, dem Kapitän, der in einer Dedhamer Irrenanstalt dahinsiecht, erfährt Warthrop voll Entsetzen, was die „Feronia“ aus Afrika brachte: Anthropophagen. Doch zu welchem verruchten Zweck?

Sportsmann

Die Hilfe trifft ein: Ob er nun John Kearns, Richard Cory oder sonstwie heißt, verrät der britische Weltmann und Großwildjäger nie. Aber er verfügt über das Wissen, die Methode und die Werkzeuge, um Anthropophagen zur Strecke zu bringen. In seiner zynisch-flapsigen Art nennt Kearns sie einfach nur „Poppis“. Es ist Kearns, der eine für Warthrop undenkbare Theorie formuliert: dass Alistair Warthrop den Frevel begangen habe, Experimente mit den „Poppis“ anzustellen und den Monstren zu diesem Zweck zahlreiche Menschen zum Fraß vorwarf.

Philosophie

Diese Unterstellung – die sich wenig später erhärtet – rückt die „Philosophie“ der Monstrumologen allgemein ins Zwielicht. Ähnlich wie die Terroristenjäger und andere Verbrechensbekämpfer müssen sie sich derart auf die Interessen des „Feindes“ einlassen, dass sie eine moralische Grenze überschreiten und selbst zum Monstrum in Menschengestalt werden. Doch genau diese Moral lässt Kearns nicht für sich gelten. Er beruft sich auf Nietzsches Buch „Jenseits von Gut und Böse“, als er behauptet, dass die einzige gültige Moral die des Augenblicks sei und der werde bekanntlich vom Handeln bestimmt.

Diese Philosophie aber erlaubt es ihm, höchst fragwürdige Handlungsweisen an den Tag zu legen. Er benutzt nicht nur eine mitgebrachte Prostituierte als Köder, um die „Poppis“ anzulocken, sondern auch Will Henry selbst. Der anwesende Wachtmeister beißt um ein Haar den Stiel seiner Pfeife durch, so sehr erzürnt ihn solche Unmoral. Will Henry ist ebenfalls schwer geschockt, bringt ihn doch Kearns‘ Verrat in Lebensgefahr.

Finale Konfrontation

Nun, wir Leser können uns entspannt zurücklehnen, um dem sich entfaltenden Desaster zuzuschauen. Wir müssen ja keine ethischen Entscheidungen fällen, die unsere Lieben oder gar die Menschheit gefährden würden. Für uns zählen letzten Endes nur die Resultate, genau wie für Kearns. Die Poppijagd ist für ihn ein Sport, der ihn herausfordert.

Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Sport keine tragischen Opfer fordern würde. Es ist bezeichnend, dass der Showdown in den Tiefen der Erde, mit der Nestmutter der Anthropophagen als Gegner, nicht Warthrop und Kearns involviert, sondern die Jungs: Will Henry und seinen Schicksalsgenossen Malachi Stinner, den letzten Überlebenden der Pfarrersfamilie. An ihnen verdeutlicht der Autor, welche Motive und Opfer eine Rolle spielen. Malachi will seine Familie rächen und dabei zugleich die Schuld gegenüber seiner Schuld einlösen, die er seiner Meinung nach im Stich ließ. Durch Malachis Opfer angespornt, behält Will Henry, der Chronist, erbittert die Nerven, um es mit dem Feind aufzunehmen …

Väter und Söhne

Will setzt die Arbeit seines Vaters fort, der Alistair und Pellinore Walthrop gedient hat. Er ahnt noch nicht, was diese Arbeit seinen Vater an moralischen Skrupeln gekostet hat. Er weiß lediglich, dass sein Vater krank aus Südamerika zurückkehrte – der Brand, in dem er und die Mutter umkamen, erlöste ihn lediglich von einer furchtbaren Heimsuchung. Dass Pellinore Walthrop die Last seines Vaters ebenso trägt wie Will Henry die seines eigenen, macht diesen Roman zu einer Untersuchung über die Tragödie der Vater-Sohn-Beziehung.

Übertragen auf das Phänomen der Terrorbekämpfung, wird daraus ein Kommentar auf die moderne Rechtfertigung der Vereinigten Staaten. Wir wissen nur die Hälfte über die Vätergeneration, denn die Wahrheit wird stets unterdrückt und verborgen – doch die Söhne tragen stets die volle Last in ihrer eigenen Gegenwart.

Lovecraft lässt grüßen

„Der Monstrumologe“ ist eine Kreuzung aus Lovecrafts Monster-Mythologie, Neuengland-Mystik, moderner Terrorbekämpfung und alternativer Geschichtsschreibung. Auf raffinierte Weise hat sich der Autor gegen zu genaue Verfolgung und Prüfung seiner Quellen abgesichert. Die zentrale Handlung entstammt den drei ersten Tagebüchern eines unglaubwürdigen Chronisten. Will Henry muss über 130 Jahre alt gewesen sein, als er dieses Zeug schrieb – höchst unwahrscheinlich, oder?

Und von einem Ort namens New Jerusalem hat der Herausgeber noch nie gehört. Er hätte vielleicht mal nach Salem blicken sollen, das sich nur wenige Kilometer nördlich von Boston befindet. Dort fanden im 17. Jahrhundert Hexenprozesse statt, über die auch ein Stephen King vortrefflich zu fabulieren wusste (in „Salem’s Lot“ und anderen Werken). Hätte der Herausgeber nur mal Lovecrafts „Charles Dexter Ward“ gelesen!

Dass Anthropophagen der geschilderten Erscheinungsformung schon bei Plinius, Herodot und sogar William Shakespeare erwähnt werden, rechtfertigt ihr Erscheinen in der Chronik zwar, macht diese jedoch nicht wahrscheinlicher: Es wurden ja alle Beweise vernichtet! Aber eines steht fest: Der Herausgeber hat bislang nur das erste Fünftel von Will Henrys Chronik veröffentlicht, so dass wir uns noch auf den Werdegang und die Heldentaten des „Monstrologenassistentenlehrlings“ freuen dürfen.

Die Übersetzung

Axel Franken, der Übersetzer von Garth Nix‘ Fantasyreihe um Arthur Penhaligon, hat den Text fehlerlos übersetzt, verlangt dem deutschen Leser aber auch einige sprachliche Kenntnisse ab. Was mögen wohl Ausdrücke wie „kimmerisch“, „stygisch“, „acherontisch“ und „myop“ bedeuten, mag sich der unvorbereitete Leser fragen.

Nun, alle diese Ausdrücke würde man in einem Text von H. P. Lovecraft und Robert E. Howard wiederfinden. CONAN stammte bekanntlich aus Cimmerien. Styx und Acheron sind Flüsse der antiken Unterwelt Hades. Alle Bezüge verweisen auf Finsternis. Nur „myop“ stammt aus der Medizin: Es bedeutet „kurzsichtig“.

Diese und viele andere Ausdrücke verleihen dem Text eine mystisch-rätselhafte Anmutung, die genau zum Inhalt passt. Meines Erachtens hat der Übersetzer recht getan, sie stehen zu lassen.

Wer sich an dem pathetischen Ton so mancher Überlegungen und Schilderungen Will Henrys stört, darf die Schuld nicht beim Autor suchen. Der kann sich immer damit herausreden, dass ein so alter Kerl wie Will Henry eben schreibt, wie man sich im 19. Jahrhundert ausdrückte – mit jeder Menge Adjektive, die auf die Tränendrüse zielen. Durch diesen Knick gelingt es dem Autor, schauerliche Bilder heraufzubeschwören, ohne dass man ihm Effekthascherei vorwerfen könnte.

Unterm Strich

Wie jeder gute Horrorroman bietet auch „Der Monstrumologe“ mindestens zwei Ebenen an. Die Oberfläche dient der Unterhaltung, mit teils gruseligen, teils erschütternden Szenen, aber vor allem mit viel Action, die sich über das gesamte letzte Drittel erstreckt. Nach einer längeren Einführung inklusive Prolog können wir uns mit dem jungen Will Henry identifizieren. Das heißt nicht, dass sich der Roman für Zwölfjährige eignet. Einige Splatterszenen sind doch ziemlich heftig.

Die zweite Ebene betrifft die Rechtfertigung für den Posten des Monstrumologen. Warthrop ist kein Arzt, obwohl er über medizinische Kenntnisse verfügt und mit den Instrumenten, die auf zahlreichen Seiten abgebildet sind, zweifellos umgehen kann. Doch er betrachtet sich als Philosoph. Da er scheint es merkwürdig, dass er einfachste ethische Grundsätze missachtet: Er warnt die Bevölkerung nicht, noch informiert er die Polizei. Stattdessen scheint er sogar seinen Vater zu decken, den eine mindestens ebenso dubiose Ethik an den Tag legte.

Der zwei „Monstrumologe“ ist wohl John Kearns (nicht sein wahrer name), doch der Brite wirkt eher wie ein zynischer Großwildjäger. Er hängt Nietzsches Moral an, der Moral des Augenblicks, die vom Handeln bestimmt wird – möge die Nachwelt später darüber urteilen, ob der Zweck die genutzten Mittel heiligt. Kearns ist zwar amüsanter als Warthrop, aber fern davon, ein Vorbild zu sein.

Der vaterlose Will Henry befindet sich somit in einer moralischen Wüste: kein Leitfaden weit und breit. Es ist, als müsse Will in einer vater- und morallosen Gesellschaft aufwachsen. Sind dies die Monsterjäger, denen wir unser Leben anvertrauen würden? Die Fortsetzungen müssen erweisen, ob Will Henry vor unserem Urteil bestehen wird können.

Meine Lektüre

Ich habe den Roman in nur wenigen Tagen genossen. Die Geschichte ist leicht zu verfolgen, die Sprache – bis auf gewisse Ausdrücke (siehe oben unter „Die Übersetzung“) – leicht verständlich, ohne seicht zu wirken. Und Action gibt es im letzten Drittel genügend, um schlaflose Nächte zu durchwachen.

Die Abbildungen an den Seitenrändern sowie die Holzschnitt-haften Illustrationen von Jacopo Bruno tragen dazu bei, die Zahl der zu bewältigenden Seiten zu verringern und die Aufmerksamkeit nicht erlahmen zu lassen. Vielleicht sieht sich so mancher Leser dazu verleitet, sich den Verwendungszweck der Instrumente vorzustellen, wenn nicht sogar deren Einsatz …

HINWEIS:

Die Fortsetzung “ Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo“ erscheint am 20. Januar 2012 als Taschenbuch und E-Book.


Taschenbuch: 416 Seiten
Originaltitel: The Monstrumologist
ISBN-13: 978-3785760406

http://www.luebbe.de

Eine Leseprobe bietet der Verlag [hier]http://www.bic-media.com/dmrs/widget.do?isbn=9783785760406 an.

Meyer, Kai / Maetz, Stefan / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 7: Der Schatz der Templer (Hörspiel)

_Actionreiche Kampfszenen, mystische Rufe_

Folge 7: Die Schatten der Vergangenheit holen Aura ein, als es sie nach Andorra in das Kastell ihres toten Vaters verschlägt. Nestor Institoris hat dort lange vor ihrer Geburt grausame Experimente durchgeführt. Nun will sein Diener das alchimistische Werk vollenden – mit Auras unfreiwilliger Hilfe. Noch aussichtsloser wird ihre Lage, als sie erfährt, dass sich die Institoris-Kinder in der Gewalt eines uralten Assassinenordens befinden. Doch da taucht ein rätselhafter Helfer auf und heftet sich an ihre Fersen …

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis |CORINE| ausgezeichnet.

Die erste Staffel der achtteiligen Hörspielreihe umfasst die Folgen:

1) [Der Stein der Weisen 5052
2) [Das Erbe des Gilgamesch 5155
3) [Die Katakomben von Wien 5220
4) [Das Kloster im Kaukasus 5263

Im August 2008 erschien die zweite Staffel:

5) [Die Unsterbliche 5379
6) [Die Schwarze Isis 5406
7) Der Schatz der Templer
8) Der Alte vom Berge

Weitere Titel von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Erzähler: Friedhelm Ptok (Ian ‚Imperator Palpatine‘ McDiarmid)
Aura Institoris: Yara Blümel-Meyers
Gillian: Claudio Maniscalo (Jimmy ‚The Haitian‘ Jean-Louis)
Fuente: Hans-Peter Hallwachs
Tess: Marie-Luise Schramm (Mara Wilson)
Gian: Kim Hasper (Jason Biggs, James Franco, Jamie Oliver)
Karisma: Ulrike Stürzbecher (Patricia Arquette, Kate Winslet)
Konstantin: Dietmar Wunder (Cuba Gooding jr., Don Cheadle, Daniel Craig)
Innana: Marie Bierstedt (dt. Stimme von Kirsten Dunst)
Und andere, darunter Tilo Schmitz (dt. Stimme von Ving Rhames)

Für Regie, Ton und Musikkomposition zeichnen Christian Hagitte und Simon Bertling vom Studio |STIL| verantwortlich. (Das Hörspiel ist daher Cornelia Bertling gewidmet, die 2007 mit 40 Jahren starb.) Die Musik spielt das Filmorchester Berlin und der Hochmeisterchor Berlin unter der Leitung von Hagitte. Die Hörspielbearbeitung stammt von Stefan Maetz. |Lübbe Audio| produzierte das Hörspiel und nicht etwa ein Rundfunksender.

_Vorgeschichte_

Schloss Institoris, ein düsteres Gemäuer an einer einsamen Küste. Inmitten eines Labyrinths endloser Gänge und Säle wächst Aura heran, die älteste Tochter des Schlossherrn. Sie ist die Erbin eines uralten Rätsels, der Rezeptur des Steins der Weisen. Doch als ihr Vater im Auftrag seines Widersachers Lysander ermordet wird, schlägt die Stunde für Auras Stiefbruder Christopher – er beansprucht das Geheimnis der Unsterblichkeit für sich …

Folge 2: Aura enthüllt das Geheimnis ihrer Familie. Ausgerechnet der Mörder ihres Vaters, der geheimnisvolle Hermaphrodit Gillian, befreit sie aus den Klauen grausamer Mörder. Auf der Spur von Auras entführter Schwester Sylvette reisen sie nach Wien. In den Katakomben unter der Stadt geraten sie in einen Konflikt, dessen Ursprünge weit zurück ins Mittelalter reichen …

Folge 3: Sieben Jahre sind vergangen. Aura hat die Geheimnisse der Alchimie erforscht und das Erbe ihres Vaters angetreten. Doch alle, die ihr etwas bedeutet haben, sind tot. An der Seite ihres verhassten Stiefbruders Christopher muss sie abermals den Kampf gegen den alten Feind ihrer Familie aufnehmen – tief unter der Wiener Hofburg. Zugleich dämmert daheim auf Schloss Institoris eine neue Gefahr: Auras wahnsinnige Mutter Charlotte hat eigene Pläne …

Folge 4: Jenseits des Schwarzen Meeres, in den einsamen Bergen des Kaukasus, liegt die vergessene Festung der Tempelritter. Hier in der Wildnis am Ende der Welt nähern sich Ara Institoris und ihr Stiefbruder Christopher endlich dem Versteck ihres Gegners Lysander. Zugleich reist Gillian, der Hermaphrodit, mit den Institoris-Kindern nach Venedig ins neue Hauptquartier des Templerordens. Sein schwerster Kampf steht ihm noch bevor – gegen Morgantus, den unsterblichen Alchimisten …

Folge 5: Zehn Jahre nach den Ereignissen im Kaukasus in Folge 4. Aura Institoris hat die Unsterblichkeit gewonnen. Doch ihre große Liebe ist daran zerbrochen, ihre Familie in alle Winde zerstreut. Während die Welt in einen großen Krieg taumelt, taucht Aura einsam und verzweifelt in Paris unter. Ein geheimes Zeichen, der blutige Abdruck einer Hand mit sechs Fingern, ändert alles. Auras Nachforschungen führen auf die Fährte eines Mörders, dem jedes Mittel recht ist, um die Geheimnisse der Alchimistin zu offenbaren. (Verlagsinfos)

Folge 6: Aura folgt geheimnisvollen Spuren und stößt auf eine bestialische Mordserie. Nicht ahnend, dass zur gleichen Zeit vermummte Kämpfer ihren Sohn und ihre Nichte entführen, gerät sie in einen Strudel von Gewalt und düsteren Visionen. Währenddessen macht sich Gillian, der neue Großmeister der Templer, gemeinsam mit der Ordensschwester Karisma auf die Suche nach dem legendären Schatz seines Ordens. (Verlagsinfo)

_Handlung_

Der Templer-Großmeister Gillian und seine Ordensschwester Karisma erklimmen die steile Nordküste Mallorcas und gelangen über eine Schafweide in eine Höhle, in der sich hoffentlich der Schatz der Templer befindet. Die Höhle ist leer, aber eindeutig ausgebaut, als ob sich der Orden hier einst häuslich eingerichtet hätte. Seltsamerweise liegt kein Staub auf der Madonnenfigur in der Mitte.

Gillian schwant Übles, und da tritt es auch schon ein: Zwei Wächter der Höhle greifen sie an. Die zwei Tempelritter machen kurzen Prozess mit ihnen. Jenseits der Wiese finden sie die Hütte der Wächter und darin verräterische Dokumente. Sie stammen aus der Zeit zwischen 1677 und 1892. Karisma erschrickt: Darauf ist das Siegel mit dem Wappen ihres Onkels eingetragen, des Grafen von Cristobal in Spanien. Sie müssen also weiter, aufs Festland, nach Kastilien.

|Andorra|

Unterdessen gerät auch Aura in Schwierigkeiten. Sie ist mit Zug und Pferd nach Andorra zur Burg ihres Vaters gereist. Da hört sie einen Neuankömmling und zückt ihre Pistole. Der Mann nennt sich Eduardo Fuente und will ihren Vater Nestor gekannt haben. Ja, er habe in Paris den Autor Grimaud und den armen Raffael getötet sowie ihr die Bücherkiste geschickt. Aber dies alles diente nur dem Zweck, Aura auf die Spur des sechstrahligen Sterns und des Verbum Dimissum zu setzen. Aura fragt sich, ob er vielleicht der unbekannte Maskierte war, mit dem sie in Paris schlief.

Fuente öffnet eine Falltür im Burghof und führt sie in ein unterirdisches Alchimistenlabor mitsamt riesiger Bibliothek hinab. Hier soll sie nach Fuentes Willen in die Fußstapfen ihres Vaters Nestor treten, doch Aura weigert sich. Nun erfährt sie erstaunt, dass Nestor in den Pyrenäen nach dem Gral gesucht habe und auf den Spuren der vertriebenen Katharer bis nach Kastilien gereist sei. Fuente übergibt Aura einen Brief, dem das Foto ihres Sohnes Gian beiliegt. Sie erschrickt. Gian wird eine Klinge an den Hals gehalten! Er werde dort in Kastilien gefangen gehalten, sagt Fuente. Der Brief trägt das Siegel der Familie Cristobal. Wer mag dieser Cristobal wohl sein, fragt sie sich noch. Da betäubt Fuente sie mit Chloroform.

|Kastilien|

Tess sieht sich in einem Waisenhaus gefangen gehalten. Wieder hat sie Streit mit Gian, dem der Aufenthalt hier ganz recht zu sein scheint, denn er will ja endlich die Unsterblichkeit erlangen. Na, soll er doch! Ihr Entführer Cristobal sucht etwas, das offenbar Nestor, ihr Großonkel, hier gesucht hat. Und sie und Gian sollen es mit ihren telepathischen Fähigkeiten finden. So ein Blödsinn! Als ob der Gral ausgerechnet hier zu finden wäre! Dann rudert sie Cristobal hinaus auf einen See, in dessen Mitte sich eine geheimnisvolle Insel erhebt …

_Mein Eindruck_

Allmählich erhalten wir Antworten Antworten auf ein paar Rätsel. Die Ereignisse in Paris sind also auf Eduardo Fuente zurückzuführen. Sein Ziel ist zwiefach: Aura soll wieder die Alchimistenforschung aufnehmen und nach Kastilien zu Cristobal und der Schwarzen Isis kommen. Denn diese beiden seien das weltliche und das religiöse Oberhaupt der Templer-Assassinen und hielten ein großes Versprechen für ihre Anhänger bereit: den Gral und die Kenntnis des Ersten Wortes. Mithin also die Macht, eine neue Welt zu erschaffen. Mit ihren Anhängern als Auserwählten, versteht sich. Na, wie wär’s?

|Showdown|

Da Aura ihm nicht den Stinkefinger zeigt, sondern lediglich entrüstet ablehnt, muss er sie zwingen, mit ihm zu kommen. Der Weg von Andorra nach Kastilien ist jedoch weit, und es findet sich Gelegenheit, mit dem zweiten Verfolger Auras einen Plan zu Auras Befreieung zu schmieden. Dieser Befreier ist kein anderer als ihr nächtlicher Lover aus Paris, der Chevalier de Veldan, der nun aber Konstantin Ragosi genannt werden will, warum auch immer. Vielleicht ist es sogar sein richtiger Name. Der Befreiungsversuch wird zu einem echten Fight zwischen den drei Kontrahenten. Der Zuhörer hat Mühe, dem raschen Geschehen zu folgen, und sollte genau hinhören.

Danach reiten die beiden Unsterblichen Konstantin und Aura weiter zu Cristobal und der Schwarzen Isis. Schließlich müssen sie herausfinden, was diese beiden vorhaben. Zudem gilt es, die beiden Kinder Gian und Tess aus ihren Klauen zu befreien.

|Der Alte vom Berge|

Dass auch ihr früherer Gefährte Gillian vor Ort sein wird, ahnt Aura jedoch nicht. Denn auch Gillian und seine Gefährtin Karisma haben einen bühnenreifen Actionauftritt hinter sich. Endlich erkennt Karisma durch die Dokumente der Hüter, wer hinter dieser Sache steckt: Es ist ihr Onkel Cristobel. Doch wer versteckt sich hinter diesem geheimnisvollen Mann, der den unheilvollen Titel des „Alten vom Berge“ trägt? Der Alte vom Berge war immerhin während der Kreuzzüge der Gründer des gefürchteten Ordens der Asssassinen bzw. Haschischin, der auch in Wolfgang Hohlbeins Kreuzzug-Serie [„Kevin von Locksley“ 5082 eine Schurkenrolle innehat.

Auf jeden Fall sollten sich alle Neuankömmlinge vor diesem Burschen in Acht nehmen. Schon vernimmt Gillian den telepathischen Ruf der Schwarzen Isis, die ihn zu ihrem Herrn lockt …

_Unterm Strich_

Die vorletzte Episode der zweiten Staffel ist ungewöhnlich actionreich. Zwei Kampfszenen schmücken diese Folge und machen sie zur besten der ganzen Staffel. Die Kämpfe müssen auch sein, denn nun gilt es für Aura und Gillian, sich befreit von allen Fesseln zum Ort des Showdowns aufzumachen: nach Kastilien, von wo die Schwarze Isis die Unsterblichen mit telepathischen Botschaften herbeilockt. Ist es eine Falle, mag sich der Hörer bang fragen. Um die Antwort zu erhalten, muss er sofort die nächste CD einlegen.

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von bekannten Schauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Mir war die Umsetzung an vielen Stellen zu romantisch und melodramatisch, aber von einer statischen Handlung kann keine Rede sein, denn die folgerichtige Entwicklung von Auras Abenteuern im Kampf gegen den Alten vom Berge ist mitreißend geschildert.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Stars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Wer jedoch mit Melodramatik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Kost greifen.

|69 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3612-8|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

John Brunner – Treibsand. SF-Roman


Unbequeme Utopiekritik: Die Zeitreisende ist eine Agentin

Eines Nachts wird eine junge Frau aufgegriffen. Sie ist nackt. Paul Fidler, der in einer Klinik für geistig Behinderte arbeitet, bringt sie dort vor einer aufgebrachten Menge in Sicherheit – sie soll einen Mann grundlos angegriffen und verletzt haben. Wer die Frau ist, bleibt ein Rätsel, und sie spricht eine unbekannte Sprache. Er gewinnt ihr Vertrauen und gerät in den Verdacht, ein Verhältnis mit der Patientin zu haben.

Der selbst ein wenig labile Paul verfällt der Unbekannten immer mehr und verliert den Boden unter den Füßen, doch er kann sie seine Sprache lehren und mit ihr kommunizieren. Als er die schreckliche Wahrheit ihrer Herkunft erfährt, ist es für ihn zu spät, noch ans rettende Ufer zurückzukehren. Er verliert sich im Treibsand dieser Offenbarung … (abgewandelte Verlagsinfo)
John Brunner – Treibsand. SF-Roman weiterlesen

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – Gier! (Offenbarung 23, Folge 9)

_Börsenzauber: Wie klaut man 500 Milliarden?_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Mit einem großen Knall platzt im Frühling des Jahres 2000 die Börsenblase der New Economy. Innerhalb weniger Wochen verschwindet ein Vermögen von vielen hundert Milliarden Euro. Doch wieso konnte der Berliner Hacker Tron dieses Geschehen bereits vor seinem Tod 1998 voraussagen? Und was hat eine schwarze Tulpe auf dem Schreibtisch von Trons Freundin Nolo mit all dem zu tun? Wird die alljährliche Lighting Ceremony des amerikanischen Präsidenten am New Yorker Rockefeller Center vielleicht „Licht“ auch in dieses Geheimnis bringen?

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe [Webseite]http://www.lpl.de von |LPL records|). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich. Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause LPL-Records kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, mit der Stimme von Kirsten Dunst und Kate Beckinsale.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Kevin Spacey.
Reiner Schöne spricht Roy Adams, Sicherheitschef von Medienzar Rupert Murdoch.
Jan Spitzer spricht John und klingt wie Chris Cooper.
Michael Pan spricht Miles Davison mit der Stimme von Martin Short und Brent Spiner.
Benjamin Völz spricht Henry Hudson und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Arianne Borbach spricht Margo und klingt wie Catherine Zeta-Jones.
Lutz Mackensy spricht den Druidengroßmeister Saint Clair mit der Stimme von Rowan Atkinson und David Caruso.
Tilo Schmitz spricht Tom und klingt wie Ving Rhames oder Michael Clarke Duncan.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven oder Vincent Price.
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

In Folge 8 sah es ganz danach aus, als habe unser Held T-Rex endgültig den Löffel abgegeben. Aber Totgesagte leben länger. Sein „Leiche“ wird von Sicherheitsmann Roy Adams, Druidenmeister St. Clair und der zwielichtigen Margo abtransportiert: nach New York City.

Dort erwacht der ehemalige Georg Brand als Viktor F. und die liebe Margo begrüßt ihn auch so in ihrem feudalen Apartment hoch über der Fifth Avenue. T-Rex reibt sich verwundert die Augen. Mit seinem Gedächtnis stimmt etwas nicht, denn er hat nichts dagegen, Viktor genannt zu werden. Und wer ist diese schöne Frau vor ihm, die ihm irgendwie bekannt vorkommt? Sie nennt sich Morgan le Fey und scheint Kohle ohne Ende zu besitzen. Aber offenbar nicht genug: Sie redet von einer Beute in Höhe von – T-Rex legt die Ohren an – 500 Milliarden Dollar.

Im ältesten Restaurant der Stadt, der Frances Tavern an der Wall Street, stellt sie ihm Henry Hudson vor, einen ehrgeizigen jungen Broker. Als Morgan sich mal kurz „die Nase pudern“ geht, zerrt Hudson T-Rex nach draußen in ein Taxi, dessen Fahrer dem Hacker ebenfalls bekannt vorkommt. Sie fahren zum Rockefeller Center, wo Hudson sein Büro hat. Er stellt Georg seinen Job vor. Er suche Trends und Regelmäßigkeiten. Wie ist es beispielsweise zu erklären, dass dem Dotcom-Crash von 2000 drei Spitzen im Dow-Jones-Index vorausgingen? Hat da vielleicht jemand an der Schraube gedreht?

Hudson residiert im Waldorf Astoria Hotel, eine recht noble Hütte, in der er auch „Viktor F.“, Trons „kleinen Bruder“, einquartiert. Er besorgt T-Rex einen Laptop, so dass dieser gleich loslegen kann, was es mit den drei Spitzen auf sich hat. Entsprechen sie den drei Pyramiden von Gizeh, die sich als „Bergkette“ unter der Prometheus-Statue vor dem Rockefeller Center befinden? Am Ende seiner Recherche fragt sich der Hacker, ob die Hypes der Börse von einem Signal abhängen. Er kann beispielsweise eine Absprache von zehn Konzernen recherchieren, die daraufhin Billionen abzockten. Als Strafe mussten sie nur läppische 1,3 Milliarden Dollar berappen.

In der Tat ist die Zahl 3 den Freimaurern heilig, meint Hudson, und die 7 ist es den Kelten, deren Nachfahren New Amsterdam, das nachmalige New York, gründeten. Alexandre Dumas der Jüngere sei ein Freimaurer gewesen, sagt Hudson, und schrieb ein Buch namens „Die schwarze Tulpe“. Interessanterweise steht auf dem Schreibtisch von Trons Freundin Nolo eine schwarze Tulpe – offenbar eine Chiffre. Und was Hudson jetzt enthüllt, passt genau: Es gibt im Börsenticker einen verborgenen Zeichensatz namens Black Tulip. Lädt man ihn auf den PC, kann man die verborgenen Anweisungen zwischen den Tickermeldungen lesen: kaufen/verkaufen, rauf/runter usw.

Aber wer gibt diese Anweisungen, und wann ist wieder ein Hype angesetzt? T-Rex findet es heraus und startet einen Raubzug ohnegleichen. Bei seinen Gegnern schrillen sämtliche Alarmglocken …

_Mein Eindruck_

Eine Menge Kleinanleger verloren im Dotcom-Crash der New Economy ihr Erspartes: rund 4,6 (europäische) Billionen Dollar, wie die Nachrichtensprecherin verliest. Ich erinnere mich, wie die SZ von einem Großmütterlein berichtete, das seinen Sparstrumpf zur Bank trug, damit es die Volksaktie der Telekom kaufen konnte – „wie alle anderen“. Die Bankangestellten haben wahrscheinlich mit keiner Wimper gezuckt und die Börsenmakler rieben sich die Hände: Die Börsenlokomotive brauste eh schon auf Volldampf, der Kessel des Börsenhypes glühte bereits weiß – bis er dann schließlich platzte und der Katzenjammer groß war.

Na ja, das war weiß Gott nicht der erste Crash der Geschichte und wird auch nicht der letzte bleiben. Schon vor vierhundert Jahren gab es die zu einem Roman verarbeitete „Papier-Verschwörung“, als in London die Südsee verhökert wurde und in Amsterdam die Preise für Tulpenzwiebeln in Phantasiehöhen schossen. Die Welt will betrogen werden, das wussten schon die alten Römer („mundus vult decipi“).

Aber immer gab es auch Profiteure. Georg Brand liest im Hörspiel ein Buch von Günther Oggers mit dem Titel „Der Börsenschwindel“ – er hat es an einem Tag von 9.30 bis 16:00 Uhr durch. Oggers beschreibt die Entwicklung der Baissen und Haussen als Zyklen, die in regelmäßigen Abständen wiederkehren. Was, wenn es Mächte gäbe, die bestimmen, wie lang ein Zyklus dauert und wie heftig er ausfällt? Jemand in einer solchen Position könnte einen mordsmäßigen Reibach machen, denn er wüsste ja, welche Papiere wann den größten Gewinn abwürfen und welche nicht.

Was der Autor der Hörspielserie anstellt, um über diese Leute zu spekulieren, klingt schon ein wenig abenteuerlich. Wieder einmal treten die üblichen Verdächtigen auf, als da wären die Freimaurer und die ollen Kelten bzw. deren Nachfahren, die Iren, Wallonen und Waliser. Vanderbilt, Rockefeller, Astor aus Walldorf (ja, dort sitzt jetzt SAP), Guggenheim, später der Schotte J. P. Morgan. Sie gründeten Konzerne wie General Electric, dessen Zentrale gegenüber dem Rockefeller Center steht. Dort wird an jedem ersten Advent die Lighting Ceremony abgehalten, bei der der US-Präsident persönlich den größten Weihnachtsbaum der Stadt entzündet. Die Zeremonie könnte man auch als Feier des Wohlergehens und als Huldigung ans Großkapital verstehen. Glaubt man den Verschwörungstheorien des Autors, so bleibt einem nichts als Zynismus für solches närrisches Treiben übrig.

Aber wie Georg Brand erfahren muss, gewähren die Gebieter des Kapitals wenig Grund zum Lachen. Sie stecken mit der Federal Reserve Bank – siehe Episode 8 „Macht!“ – unter einer Decke und gebieten durchaus auch den Geheimdiensten. Deshalb steht auch schon bald ein Mann von der NSA bei Georg auf der Matte. Die National Security Agency hat Dan Brown in seinem Roman „Digital Fortress“ [(Diabolus) 1115 verewigt. Diese Jungs verstehen keinen Spaß, ganz besonders dann, wenn der Spaß 500 Milliarden kostet.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Catherine Zeta-Jones, Ving Rhames, Johnny Depp und Kate Beckinsale. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hatte die Hörspielserie bislang nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Inzwischen hat sich T-Rex zu einem Skeptiker gemausert, der lieber zweimal fragt, bevor er ein Geschenk entgegennimmt. Aber er ist auch kein Kostverächter: Wenn er 42 Anzüge im Schrank hat, na ja, dann trägt er eben 42 Anzüge – nacheinander.

Verwunderlich ist an dieser Folge der Serie nur der Auftritt einer Nebenfigur. Margo alias Morgan le Fey steht nicht auf Georgs Seite, aber auf der von Viktor F. Dass beide identisch sind – und sein Pass weist dies nach – wundert sie dennoch nicht. Es ist, als lebten Margo und Georg auf einmal in einer Parallelwelt. Deshalb hat die Episode einen surrealen Charakter, der Georg keineswegs entgeht. Die Tatsache, dass sein ergaunertes Geld auf Margos Konto landet, legt den Verdacht nahe, er arbeite für sie. Das ist nicht sicher, aber schließlich hat er in dieser Parallelwelt, die nur aus Täuschung besteht, nur ein einziges Konto – das von Margo, die ihn vom Tode zurückgeholt und mit allem Notwendigen ausstaffiert hat. Nach dem Essen in der Wall Street verschwindet sie völlig von der Bildfläche, was ebenfalls etwas sonderbar ist. Ihre Figur vermittelt den Eindruck eines Schachtelteufelchens, das bei Bedarf aus der Versenkung erscheint.

_Geräusche und Musik_

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist als Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren.

_Unterm Strich_

Welcher Hacker träumt nicht davon, den ganz großen Coup zu landen und sich ein für allemal zu sanieren? Georg Brand alias Viktor F. erhält in New York City die Chance seines Lebens – und nutzt sie ohne Gnade. Es wäre ganz nett, wenn er den Gewinn wenigstens einer wohltätigen Stiftung zukommen lassen würde, so wie es Warren Buffet mit der Bill & Melinda Gates Stiftung getan hat, aber nein. Im Jahr 2003 hat man davon noch nichts gehört, und so bleibt der schnöde Mammon auf seinem und Margos Konto. Das ist wenig witzig. Merke: Georg Brand ist nicht Robin Hood, klar? Dass besagte Margo mir nichts, dir nichts in der Versenkung verschwindet, wirkt ebenfalls nicht recht plausibel.

Das 73 Minuten lange Hörspiel ist von |Lübbe Audio| und |LPL records| natürlich gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ansonsten etwas trivialen und stellenweisen unplausiblen Handlung den nötigen Glanz.

|73 Minuten auf 1 CD|

Meirose, Astrid / Pruß, Volker / Sieper, Marc / Ihrens, Oliver – Schattenreich 5: Im Grab des Ketzers

_Echnatons Mumie in Hintertupfing?_

Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt – er war fünf Jahre im Ausland – wird der junge Kulturwissenschaftler Christian Wagner in mysteriöse Todesfälle verwickelt. Als ihn eine unsichtbare Macht ins Schattenreich entführt, enthüllen sich ihm die Nachtseiten der menschlichen Natur. Hinter den Masken bürgerlicher Wohlanständigkeit treibt ein skrupelloses Netzwerk ein größenwahnsinniges Spiel.

Der Äygptologe Prof. Jan Erik Walberg, der Christian anrief und treffen wollte, ist unauffindbar: Wurde er entführt? Oder hat er sich absetzen müssen, weil seine Forschungen an Mumien alle moralischen Grenzen überschritten haben? Ein grausiger Fund, den Christian Wagner in Walbergs Labor macht, lässt Schreckliches erahnen.

In einem unterirdischen Archiv entdeckt Wagner eine alte Inventarliste über die Öffnung eines Pharaonengrabs, signiert mit dem Zeichen der Nephilim, dem Auge des Horus. Wagner erkennt, dass die Vergangenheit die Gegenwart auf grausame Weise einholen wird. Oder ist er selbst Akteur in einem Spiel, welches das Leben nur simuliert? Eine Sternenkarte könnte ihm den Weg weisen.

Die Karte zeigt eine Planeten- und Mondkonstellation, die nur an einem bestimmten Tag stattfindet und auf eine Kultstätte verweist, die er finden muss – auf einer Nordseeeinsel. Dort findet ein ungeheuerliches Ritual statt, vorgenommen von seinem Mentor Dr. Bruno Schwab. Doch plötzlich tritt eine feindliche Gruppe auf. Ist die finale Auseinandersetzung der Nephilim mit den Titanen gekommen?

Was geschah vor fast 100 Jahren, das zwei befreundete Familien zu Feinden werden ließ? Des Rätsels Lösung scheint in den Tiefen der Villa Scholl zu ruhen. Wagner bemerkt zu spät, dass er selbst der Hüter des Geheimnisses ist.

_Die Autoren_

Als Autoren zeichnen Astrid Meirose und Volker Pruß verantwortlich. Mehr über die Serie findet man unter http://www.schattenreich.net.

Folge 1: Die Nephilim
Folge 2: Finstere Fluten
Folge 3: Spur in die Tiefe
Folge 4: Nachthauch
Folge 5: Das Grab des Ketzers
Folge 6: Echnatons Vermächtnis

_Die Inszenierung_

|Die Rollen und ihre Sprecher:|

Christian Wagner – Alexander Scheer
Alexa Voss – Anne Moll
Dr. Bruno Schwab – Volker Brandt (dt. Stimme von Michael Douglas)
Adrian Bloch – Norman Matt (Cillian Murphy, Jonathan Rhys-Meyers)
Max Lohmann – Manfred Lehmann (Gérard Depardieu, Bruce Willis, Kurt Russell …)
Walther Zürn – Stefan Krause (Billy ‚Pippin‘ Boyd)
Geheimnisvolle Frau/Billie Scholl – Daniela Hoffmann (dt. Stimme von Julia Roberts)
Hagerer, bleichgesichtiger Typ – Dero („Oomph!“)
Tina Müller – Anna Thalbach

sowie Ranja Bonalana (Synchronstimme von Reese Witherspoon) u. a.

ANNA THALBACH steht seit ihrem sechsten Lebensjahr vor der Kamera, dabei war der Weg zur Schauspielerei nicht so gerade, wie man es bei der Tochter von Katharina Thalbach annehmen könnte. Sie beginnt nach dem Abschluss der Mittleren Reife zunächst eine Hospitanz als Kostümbildnerin am Schillertheater. Doch der Hang zum Schauspiel überwiegt, und bald schon feierte sie selbst große Bühnenerfolge, so auch an der Seite ihrer Mutter in „Mutter Courage“.

DERO wurde am 16. April 1970 in Wolfsburg geboren. In der Band |Oomph!|, die 1989 gegründet wurde, ist er der Mann für den Gesang, die Texte, Drums und Kompositionen. Der Weg zur Musik sah laut eigener Aussage für Dero so aus: |“Auf diversen Familienfeiern in den 70ern wurde ich ‚gezwungen‘ mit meinem Vater (Gitarrist, Sänger) alle nur erdenklichen Elvis-Songs in grauenhaftem Englisch rauf und runter zu schmettern.“|

|Die Musik:|

Secret Discovery: „Follow Me“
Seabound: The Promise
Ivory Frequency: Clock is ticking fast
Beauty of Gemina: Hunters
Digital Factor: Conspiracy (Are you real?)
Blind passengers: Forgotten years

Berliner Filmorchester und Kammerchor

Regisseur Simon Bertling und Tonmeister Christian Hagitte von |STIL| sorgten für die gute Produktion, die Musik und die Sounds; ihnen half Cornelia Schilling. Die Produzenten sind Marc Sieper von |Lübbe Audio| sowie Oliver Ihrens von Radar Media, Bochum. Das interessante Booklet-Design stammt von Kai Hoffmann.

_Vorgeschichte_

Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt – er war fünf Jahre im Ausland – wird der junge Kulturwissenschaftler Christian Wagner in mysteriöse Todesfälle verwickelt. Christian ist einer von neun Spezialschülern, den „Titanen“. So nannten sich vor 15 Jahren die Mitglieder einer Gruppe von jungen Hochbegabten, die von der Scholl-Stiftung gefördert und von ihrem Lehrmeister Dr. Volker Brandt ausgebildet wurden. Die Titanen, so Bruno, waren in der antiken Sage die Kinder von Göttern und Menschenfrauen. Die Nephilim hingegen waren die Kinder von Dämonen, die sich mit Menschenfrauen paarten: negative Titanen. Treibt hier jemand ein fieses Spiel mit den letzten Titanen?

Auf der rechten Ferse jeder Leiche findet er das gleiche Tattoo, das er selbst auch trägt: das ägyptische Ankh-Symbol, ein Henkelkreuz, das „Leben“ bedeutet. Es ist kombiniert mit dem „Auge des Horus“, das, wenn geöffnet, einen Schutzzauber darstellt. [Beide Symbole sind auf der CD selbst aufgedruckt.] Ist dieses Horus-Augen-Tattoo jedoch pupillenlos, also blind, dann handelt es sich um einen Nephilim, ein früheres, aber abtrünnig gewordenes Mitglied der „Titanen“.

Da Christian ein Waisenkind ist, das von der Industriellenfamilie Scholl aufgezogen wurde, bildet Bruno Schwab seinen Vaterersatz. Bei den Scholls lernte er Sibylle Scholl als seine Schwester kennen und machte sie zu seiner ersten Geliebten. Andrian Bloch, den er nun in seiner Heimatstadt wiedertrifft, war ebenfalls einer der „Titanen“. Die Familie Bloch ist mit den Scholls seit jeher befreundet.

Seit seiner Rückkehr sind bereits zwei der „Titanen“ umgekommen. Beide Leichen weisen eine Tätowierung an der rechten Ferse auf: das blinde Auge des ägyptischen Sonnengottes Horus, das Zeichen der Nephilim, eines Geheimordens. In den Rollenspielen der „Titanen“ war Christian stets der Gott Osiris, Sibylle die Göttin Isis und Adrian der eifersüchtige Gott Seth, der Osiris tötete. Doch wer war Horus, der Sohn des Osiris? Adrian treibt sich immer noch in der Stadt herum, als neuer Besitzer der Villa Scholl, dem Sitz der Titanen.

Dieser ägyptisch-mythologische Hintergrund könnte etwas mit dem Schicksal des Ägyptologen Prof. Jan Erik Walberg zu tun haben, der Christian anrief und treffen wollte, aber unauffindbar ist: Wurde er entführt? Als Christian mit der Journalistin Tina Müller zu Walbergs Labor fährt, findet er dort zwar eine Botschaft, wird jedoch auch mit dem Tod bedroht: durch eine Flutwelle aus dem nahen Stausee. Hat ihn jemand im Visier? Christian fühlt sich zunehmend verfolgt.

_Handlung_

Zwei Wochen sind seit den Ereignissen auf der Insel vergangen, bei denen Christian Wagner ins blutige Geschehen eingriff, woraufhin er in eine Schlägerei verwickelt wurde. Zwei Wochen hat er im Krankenhaus gelegen, doch heute soll er entlassen werden. Doch was dann? Jeder will offenbar etwas von ihm.

Die Polizistin Alexa Voss besucht ihn als Erste, doch dabei bleibt es nicht. Ihr Chef, der Hauptkommmissar, bringt eine Akte über die „Titanen“ und die mysteriösen „Nephilim“. Christian beispielsweise ist ein Titan, ein ehemaliger Musterschüler in der Obhut von Dr. Bruno Schwartz. In der Akte steht, dass vor 15 Jahren vier „Titanen“ die Leiche des Industriellen Otto Bloch exhumiert hätten. Das nennt man wohl Leichenschändung, zumindest aber Störung der Totenruhe. Die Typen auf den Fotos, die in einem Zeitungsartikel abgedruckt sind, erkennt er alle wieder. Otto Bloch war der Großvater von Christians Freund Adrian Bloch, der heute in der Villa Scholl ein Unternehmen leitet.

Als Alexas Chef sie vor die Tür ruft und dort lautstark mit ihr berät, dass sie Christian Wagner einbuchten sollten, wird es Christian etwas heiß unter der Schädeldecke. Als ein Anwalt aufkreuzt und ebenfalls lautstark bei Alexa wegen irgendetwas protestiert, ergreift jemand anderes die Gelegenheit beim Schopf: Tina, die Journalistin! Zusammen mit ihr haut Christian ab, bevor der Kommissar seine Pläne in die Tat umsetzt. Tina recherchiert Otto Blochs „mysteriösen Tod“. Um diesen aufzuklären, gruben ihn die vier Titanen damals aus.

Einem Hinweis Tinas folgend, bringt sie der Taxifahrer auf eine Brachfläche am Stadtrand. Hier findet eine Kirmes statt, überall stehen Fahrgeschäfte. Als Christian durch die Gassen stolpert, denkt er, er sehe in einem Kabinett zwei Mädels, eines splitternackt, eines im Abendkleid, und sie küssen sich. Muss wohl eine Halluzination sein, oder? Beim „Tanz der Generationen“ entdeckt er ein Orakel, an der Schießbude erlegt er einen Teddybären, und schließlich landet er auf der Geisterbahn, wo ihm zwei nette Ladys das Ohr lecken.

Draußen wartet Tina mit seinem Teddybär. Zurück zum Orakel. Aus einem Sarkophag steigt eine Frau empor und zitiert aus Goethes „Faust“. Sie will, dass er ihren Schleier lüftet … In diesem Moment hören sie die Stimme von Alexas Chef. Die Bullen sind hinter ihm her! Ein freundlicher Clown öffnet ihnen einen Wohnwagen, unter dessen Bodenklappe sie sich verstecken können. In diesem Verschlag schlagen Wogen der Erinnerungen über Christian zusammen, als er wieder erwacht, zerrt der Clown – ist es Bruno Schwartz – dem aufgeschlitzten Teddybär vier Filmrollen aus dem Leib. Der Clown gibt Christian einen Hinweis: auf ins Kino!

Hier legt Walter Zürn, den Christian noch aus der Villa Scholl kennt (Episode 4), die bewussten vier Filme ein. Nachdem Tina wegen Terminen wegmustse, schaut sich Christian die Streifen allein mit Walter an: ein Ausflug in die goldene Zeit deutscher Archäologie im Orient. Hat Nathanael Bloch wirklich das Grab des Echnaton, des Ketzerpharaos, gefunden? Christian ist fassungslos. Keine Zeitung hat je darüber berichtet – wieso nicht? Aber auf einem anderen Film ist eine Inventarliste aus dem Jahr 1912 zu sehen: Unmengen von Altertümern – wo sind sie abgeblieben?

Christian erinnert sich an das Senetspiel, das den Saalboden in der Villa Scholl bedeckt. Er spielte dabei den Osiris, den Gatten der Isis, doch wer spielte seinen Mörder Seth? Dann schießt es ihm durchs Hirn: Er selbst hütet das Geheimnis, wo Echnatons Mumie versteckt ist! Doch er hat es niemandem verraten. Wirklich?

_Mein Eindruck_

Die Serie entwickelt zwar ihre eigene Handlung und Ästhetik, doch zunehmend gewinnt die ägyptische Mythologie an Bedeutung. Die Zwischenstation zwischen der Gegenwart und der Ausgrabung der Altertümer anno 1912 bildet die Gründung der Titanen und ihrer Widersacher, der Nephilim, vor mindestens 15 bis 20 Jahren, unter der Ägide von Dr. Bruno Schwartz.

Was trug sich alles in der Villa Scholl und ihrem mysteriösen Innenleben zu? Christian Wagner, unser Held mit dem Erinnerungshandicap, foltert sein Gedächtnis, doch nur in Augenblicken extremer emotionaler Belastung bequemt sich selbiges, einen Erinnerungsbrocken auszuspucken. Es ist davon auszugehen, dass uns bis zum Schluss der Serie noch jede Menge Geheimnisse beschäftigen werden.

Immer wieder stolpert Christian über einen „hageren bleichen Typ“, den Dero, der Bandleader von |Oomph!|, spricht. Dessen Auftauchen folgt keinem erkennbaren Prinzip außer dem des Jokers im Spiel, so dass die Frage nach der Motivation zwecklos ist. Auch der Umstand, dass Christian ein Typ ist, auf den Frauen fliegen, bedarf keiner weiteren Begründung: Wer fragt denn noch, wenn ihm so lustvoll die Ohrmuschel geleckt wird?! (Dass die Ohrmuschel eine erogene Zone ist, sollte sich allmählich herumgesprochen haben.)

Ansonsten spielt das Hörspiel mit den Versatzstücken der ollen Ägypter: Echnaton und die Götter, das [Senetspiel]http://de.wikipedia.org/wiki/Senet (das nur Fachleute kennen) und natürlich das übliche Geheimbundspiel: Wenn du nicht für uns bist und zu uns gehört, dann bist du ein Verräter und gegen uns. Kein Wunder, dass sich Titanen und Nephilim gegenseitig bekämpfen. Irgendwo müssen die Leichen aus den ersten Folgen ja herkommen. Osiris war jedoch der Obergott des alten Ägypten, der Vater von Ra / Horus. Wer hat Christian diese hohe Position zugestanden bzw. zugewiesen? Ist er wirklich der Wächter der Echnatonmumie (die wirklich nie gefunden wurde)? Haben ein paar Titanen vor 15 Jahren wirklich Otto Blochs Leiche mit der Echnatonmumie verwechselt?

Fragen über Fragen, die der Beantwortung harren. Aber es kommen noch mindestens drei Hörspiele.

_Die Inszenierung_

Die Geräuschkulisse des Hörspiels ist nicht allzu realistisch. Man hört nicht jede Tasse klappern, nicht jedes Auto vorbeirauschen. Vielmehr stehen die Kommunikationsmittel im Vordergrund: Handys, Telefone, Türklingeln, fehlen nur noch Türklopfer und Megafone. Auf der Kirmes sind allenthalben entsprechende Töne und Geräusche zu hören.

Alexander Scheers raue Raucherstimme passt zum Möchtegerndetektiv à la Philip Marlowe, der nur per Zufall zum Kulturwissenschaftler geworden zu sein scheint. Sein Gegenteil, ein Ausbund an Disziplin und Pflichtbewusstsein, bildet die Rolle der Alexa Voss, gesprochen von Anne Moll (zuvor Sandra Speichert) Sie tritt in dieser Episode gleichberechtigt neben der kindlich-eifrigen Tina Müller, gesprochen von Anna Thalbach, auf.

|Die Musik|

Spätestens nach einer halben Stunde des Anhörens verhärtet sich im Zuhörer der Verdacht, dass die ganze Handlung eigentlich nur ein Vorwand ist. Nämlich der Vorwand, um möglichst viel deutsche Neo-Gothic-Musik abspielen zu können. Die oben aufgeführte Interpretenliste ist nur die Spitze des Eisbergs dessen, was den Zuhörer erwartet. Es verwundert nicht, dass in die Produktion des Hörspiels Firmen wie |Radar Media|, |STIL| (für die professionelle Soundproduktion) und ein Musikmagazin namens „Sonic Seducer“ eingebunden sind.

Letzteres hat sich mit einem Aufkleber auf der Hülle verewigt. |Radar Media| ist im Booklet mit einer ganzen Seite Werbung vertreten. |Radar| hat das Copyright und die Markenrechte für „Schattenreich“ inne, folglich war die Firma auch an der Produktion beteiligt. Und da es in ihrem Interesse liegt, die Bands wie |Rammstein|, |Oomph!| usw. zu vermarkten, packte sie natürlich so viel Musik wie möglich auf die Silberscheibe, sei es aus dem Taxiradio, sei es auf der Kirmes.

Diese Dinge sollte man wissen, wenn man die Musikeinlagen des Hörspiels bewertet. Plötzlich wird aus der Handlung nicht das Hauptgericht, sondern lediglich die Beilage. Deshalb dröhnt unvermittelt der Leadsong „Follow me“ durch die Boxen, nachdem bereits ein Donnerschlag den Zuhörer aus seiner Bürgerruhe aufgescheucht hat. Es gibt anschließend kaum eine ruhige Minute, in der keine Musik erklingt. Hier hat |Radar Media| ganze Arbeit geleistet. Immerhin ist es nicht mehr ganz so schlimm wie auf den ersten beiden CDs, denn jetzt wird der Hauptfigur mehr musiklose Zeit zum Nachdenken gegönnt.

|Webseite|

Hinweis: Auf http://www.schattenreich.net findet man das Tagebuch einer Figur, um die es immer wieder im Hörspiel geht. Ich tippe als Autorin auf Sibylle Scholl, die angeblich beim Brand ihrer Klinik umgekommene Billie, Christians Geliebte. (Ist sie Isis?) Das Tagebuch bietet zusätzliche Hintergrundinformationen.

_Unterm Strich_

Die Reihe „Schattenreich“ wendet sich an die gleiche Zielgruppe wie die Musik-CDs, die DVDs und die TV-Produktionen (von denen ich bislang nichts gesehen habe): Gothic-Rock-Freunde, für die Musik nicht nur Unterhaltung, sondern eine Lebenshaltung und eine modische Aussage darstellt. Anstelle von Vampiren und anderem blutigem Gesocks treten aber in „Schattenreich“ nur jede Menge mystisch gestimmte Typen auf, die sich irgendwie zwielichtig aufführen. Ford Prefect würde sagen: „Weitgehend harmlos“.

Wie bei allem, was das Studio |STIL| produziert, ist das Produkt hinsichtlich Sound und Optik vom Feinsten. Immerhin erreichen das Studio und der |Lübbe|-Verlag eine neue Zielgruppe, die mit „Offenbarung 23“ nur unzureichend erreicht wird: die Gothic-Rockfans, die auf Bands wie |Rammstein|, |Oomph!| und |IAMX| stehen. Diesbezüglich kann „Offenbarung 23“ glatt einpacken. Wer die Songs runterladen will, findet auf schattenreich.net den Link dorthin.

|63 Minuten auf 1 CD|
http://www.schattenreich.net
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name
http://www.sonic-seducer.de
http://www.radar-net.de

Jodi Taylor – Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv (The Chronicles of St. Mary’s, Band 1)

Überraschungen in der Kreidezeit

Madeleine „Max“ Maxwell wollte Archäologin werden, um Abenteuer zu erleben, unfassbare Entdeckungen zu machen und gelegentlich die Welt zu retten. Doch die Wirklichkeit holt sie ein: Archäologen verbringen ihre Zeit in Museen zwischen staubigen Büchern und noch staubigeren Fundstücken, die niemanden interessieren.

Da erhält sie ein besonderes Jobangebot. Wenn sie die Zusatzausbildung übersteht – und die wenigsten tun das – wird sie Abenteuer erleben, die jene von Indiana Jones wie einen Sonntagsspaziergang aussehen lassen. Und wenn sie überlebt, wird sie wenigstens ein paarmal die Welt retten… (Verlagsinfo)

Jodi Taylor – Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv (The Chronicles of St. Mary’s, Band 1) weiterlesen

John Brunner – Doppelgänger

Flotter Ökokrimi: John Wyndham trifft „Das Ding“

Eine Londoner Popband sucht an der Küste von Nord-Kent einen Strand für ein groovy Open-Air-Konzert. Als sie ihn entdecken, übersehen sie das kleine Chemiedepot, wissen aber von einer nahen Fischereiforschungsstation. Als sie nachts schwimmen gehen, entsteigt dem Wasser eine entsetzliche Gestalt. Tatsächlich wird ein abgestürzter Pilot vermisst. Aber er müsste längst tot sein. Warum scheint er dann noch zu leben? Sie ergreifen panisch die Flucht. Doch das ist erst der Anfang seltsamer Erscheinungen an der südenglischen Küste …
John Brunner – Doppelgänger weiterlesen

Wolfgang Hohlbein – Die Chrono-Vampire (Inszenierte Lesung)

Gruß an den Papst: Rock me, Benedictus!

Dies ist der sechste Teil der Serie „Der Sohn des Hexers“. Ein riesiger Mottenschwarm belagert Andara House. Alles, was die scheinbar harmlosen Tiere berühren, zerfällt in Sekunden zu Staub. Auch Menschen. Als Robert Craven, der Sohn des Hexers Roderick Andara, das Rätsel um die Herkunft der mysteriösen Insekten zu lösen versucht, stößt er auf eine Spur, die ihn zu jemandem führt, den er bisher zu kennen glaubte: zu seinem Freund H. P. Lovecraft.

Das Hörbuch ist mit Rockmusik der Band „Andara Project“ angereichert. Es handelt sich aber nicht um ein Hörspiel. Das würde verteilte Rollen und eine Theaterdramaturgie erfordern.

Der Autor

Wolfgang Hohlbein hat sich seit Anfang der achtziger Jahre einen wachsenden Leserkreis in Fantasy, Horror und Science-Fiction erobert und ist so zu einem der erfolgreichsten deutschen Autoren geworden. Zuweilen schreibt er zusammen mit seiner Frau Heike an einem Buch. Er lebt mit ihr und einem Heer von Katzen in seinem Haus in Neuss.

Die Hörbücher aus der HEXER-Reihe:

1) Als der Meister starb
2) Auf der Spur des Hexers
3) Das Haus am Ende der Zeit
4) Tage des Wahnsinns
5) Der Seelenfresser
6) Die Chrono-Vampire
7) Das Haus des Puppenmachers

Der Sprecher und andere Mitwirkende

Jürgen Hoppe, 1938 in Görlitz geboren, ist Rundfunk- und Fernsehjournalist sowie Sprecher, Autor, Moderator und Korrespondent verschiedener Sendeanstalten. Sein facettenreiches Talent stellte er bei der Interpretation unterschiedlichster Texte unter Beweis. Er trägt eine gekürzte Romanfassung vor. Der Text wurde von Albert Böhne bearbeitet, der auch als Regisseur, Tonmeister, Produzent, Komponist und Sänger fungierte.

Der Gesang stammt u. a. von Albert Böhne, Jörg/Shorty Thimm/Reinhard Titz („Benedictus Dominus“) und Steve Whalley („The Age of Damnation“). Die Band heißt „Andara Project“. Alle Angaben sind in der Jewel-Box auf den Einlegern zu finden. Neun Musiker bilden die Band Andara Project, hinzu kommen die „betenden Mönche“. Der Autor himself spricht Intro und Outro.

Der Autor Howard Phillips Lovecraft und sein Cthulhu-Mythos

Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) wird allgemein als Vater der modernen Horrorliteratur angesehen. Obwohl er nur etwa 55 Erzählungen schrieb, hat sein zentraler Mythos um die Großen Alten, eine außerirdische Rasse bösartiger Götter, weltweit viele Nachahmer und Fans gefunden, und zwar nicht nur auf Lovecrafts testamentarisch verfügten Wunsch hin.

Aber Lovecrafts Grauen reicht weit über die Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen. Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“. Die Welt ist kein gemütlicher Ort – und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne sind nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit.

Handlung

Nachdem Craven aus der öden und furchteinflößenden Welt der Großen Alten durch ein Dimensionstor – eine Standuhr – zurückgekehrt ist, entdeckt zu seinem Missvergnügen, dass sein Freund H. P. Lovecraft nicht ganz der ist, der er zu sein scheint. In dessen Jacke entdeckt er nicht einen, sondern zwei Pässe, die sich in einem wichtigen Punkt unterscheiden. Im einen wird HPLs Geburtsdatum mit 1840 angegeben, was gut zum aktuellen Datum des 11. Juni 1885 passt. Doch im anderen Pass steht ein Geburtsdatum aus dem Jahr 1890 …

Von Craven mit dem zweiten Pass konfrontiert, reagiert Howard jedoch recht ungehalten und kündigt an, auf den Kontinent reisen zu wollen, denn dort befänden sich die gesuchten Doppelgänger von Dr. Gray und seiner selbst. (Doppelgänger haben Craven in „Der Seelenfresser“ das Leben schwer gemacht.) Doch auch das Faktotum Rowlf erweist sich nicht als das, was er bisher erschien. Er berichtet Craven von einem gewissen Van der Groot, der in Arkham vorgab, Lovecraft zu sein. Dieser Mann sei Mitglied der „Bruderschaft“, die Lovecraft verfolge, weil er sie verraten habe. Nun wolle sich Lovecraft ihr stellen. Das sei natürlich Wahnsinn, denn sie würden ihn niemals am Leben lassen.

Da ertönt ein Schrei aus dem Garten. Sie stoßen auf die Leiche einer Frau, die eine entsetzte Miene im Gesicht und ein zerlumptes Kleid am Leib trägt. Von ihr schwebt etwas empor: Motten. Ein Kutscher namens Ron stellt sich vor: Er habe die Dame, Gloria Martin, hierher gefahren, denn sie wollte sich hier als Hausdame bewerben. Doch als er sie fuhr, war sie höchstens 20 Jahre alt. Und jetzt sieht sie aus wie hundert. Als Ron Craven der Hexerei zeiht, schlägt Lovecraft ihn nieder. Sie tragen dessen Körper ins Haus, doch als sie das Gleiche mit Gloria machen wollen, zerfällt sie zu Staub, und Hunderte von Motten flattern von ihren Überresten auf.

Eine der Motten setzt sich auf Rowlfs Schulter. Der Stoff seines Hausmantels wird sofort grau und zerfällt zusehends! Noch mehr Motten explodieren daraus und greifen die Menschen an. Die einzige Rettung bietet Andara House, doch die Motten, so fürchtet Craven, könnten einen Weg hinein finden. Eine verzweifelte Abwehrschlacht beginnt …

Mein Eindruck

„Du kriegst die Motten!“, dürfte sich Robert Craven zusammen mit dem Hörer denken. Und obendrein sind es höchst perfide Motten: Sie verursachen eine tödliche Beschleunigung des Zerfalls des betroffenen Objekts. Und wehe, wenn sie losgelassen! Die Herren der Motten bereiten einen Generalangriff auf London vor.

SPOILER

Später begibt sich Craven nach Amsterdam, doch dort entwickelt sich wider Erwarten eine weitere Reise durch Dimensionen. Er muss einem Großen Alten standhalten und kann nur um Haaresbreite entkommen. Er erwacht aus der Bewusstlosigkeit und als Erstes fällt sein Blick auf einen Ritter, der in die traditionelle Tracht der Templer gewandet ist.
SPOILER ENDE

Wieder einmal besteht die Handlung des Hörbuchs aus mehreren Teilen. Im Auftakt führt sich Craven wie ein Detektiv auf, dann folgt das Abenteuer mit den Motten, dann die Odyssee durch andere Welten, die von Amsterdam ihren Ausgang nimmt. Ich hatte den Eindruck, mehrere Bände der Heftromanreihe auf einmal vorgesetzt zu bekommen. Das ist in Ordnung, denn nun weiß ich, dass ich hinsichtlich deren Lektüre nichts verpasst habe. Und wer unbedingt scharf darauf ist, die Reihe selbst zu lesen, der wird nächstes Jahr mit mehreren Sammelbänden beglückt, in denen die Romane zusammengefasst erscheinen sollen. Damit dürfte Hohlbeins Wiederverwertung bei |Lübbe| hoffentlich abgeschlossen sein.

Der Sprecher und andere Mitwirkende

Der 68 Jahre alte Sprecher Jürgen Hoppe verfügt immer noch über eine durchaus kräftige Stimme, die er wirkungsvoll einzusetzen weiß. Zwar ist seine Modulationsfähigkeit nicht so ausgeprägt wie etwa bei Kerzel und Pigulla, doch die Kraft seines Ausdrucks trägt besonders bei dramatischen Stoffen zur Wirkung der Geschichte bei. Ein Horrorstoff wie „Der Seelenfresser“ mit seinen zahlreichen dramatischen Konfrontationen bietet sich hierfür geradezu an.

In eingeschränktem Maße kann er seine Stimme verstellen. Rowlf beispielsweise hat eine sehr tiefe Stimme, während die anderen alle recht normal sprechen. Eine Ausnahme bietet der Meister der Bruderschaft deVries, der sich eines salbungsvollen, hochmütigen Tons befleißigt, als er Lovecraft abkanzelt. Seine Stimmlage ist entsprechend etwas höher als die der anderen Männer.

Die Musik

Das Hörbuch weist einen erstaunlich hohen Gehalt an Musik auf. Schon der Prolog weist Hintergrundmusik auf, dann folgt in der Pause ein längeres Stück professionell produzierten Mystic oder Gothic Rocks. Später folgen auch Songs, gesungen von Steve Whalley und anderen (s. o.).

Über die Qualität von Songtexten auf Hörbüchern kann man sich streiten, so etwa über Kunzes Stück „Der weiße Rabe“ auf den Poe-Hörspielen Lübbes. Bei Böhnes englischen Texten ist jedenfalls weitaus weniger zu verstehen, worum es geht. „Age of Damnation“ ist der lange Abspannsong (Outro), und der dürfte Gothic-Rock-Fans ansprechen. „Shadowland“ finde ich recht gelungen. Der Song ist fünf Minuten lang. Recht ungewöhnlich in dieser Hexer-Reihe ist der Choral „Benedictus Dominus“. Dies ist nicht mehr der gewohnte Gitarrenrock, eher basslastiger Techno-Rhythmus. Allerdings werden die wenigen Textzeilen endlos wiederholt, bis endlich sechs Minuten geschafft sind.

Ich empfand ansonsten die häufig in den dramatischen Szenen eingesetzte Hintergrundmusik nicht als aufdringlich oder gar störend, sondern vielmehr als passend. Allerdings fragt sich manchmal der Hörer, warum er die Musikstücke mitbezahlen soll, die doch einen nicht unbeträchtlichen Teil der Laufzeit ausmachen – geschätzt etwa 20 Minuten Pausenmusik und Abspann. Immerhin teilen die Songs den langen Text deutlich auf.

Unterm Strich

„Die Chrono-Vampire“ (gemeint sind die Motten) richtet sich von seiner begrenzten Originalität und seinem einfachen Stil her an ein junges Publikum, das wohl vor allem männlich sein dürfte. Frauen kommen kaum vor, und wenn, dann entweder als Engel, Dämon oder Hexe. Diese jugendfreie Version von Weiblichkeit ist sicherlich ebenso legal wie klischeebehaftet, aber das ist ja nichts Neues.

Auch deswegen fühlte ich mich in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhundert zurückversetzt, als ich Cravens Abenteuern lauschte. Damals schrieb nicht nur Lovecraft seine besten Storys, sondern auch Schriftsteller wie Edgar Rice Burroughs, der Erfinder Tarzans, und Robert E. Howard, der Erfinder des Barbaren Conan – allesamt Jungenabenteuer, die für die Serienproduktion wie geschaffen waren. Und deshalb auch heute noch aufgelegt und verfilmt werden. Heute wie damals bieten sie Ablenkung durch gefahrlos genießbare Illusionen aus einer pubertären Märchenwelt.

Innerhalb der Hexer-Hörbuch-Serie ragen „Die Chrono-Vampire““ durch eine Odyssee à la „Reise ins unbekannte Kadath“ heraus. Auf der musikalischen Seite ist erstmals ein Techno-Rhythmus zu hören, ulkigerweise zu einem Mönchsgesang mit dem Titel „Benedictus Dominus“. Ob das wohl eine verschlüsselte Grußbotschaft an den neuen Papst Benedictus XVI. ist? Rock me, Benedictus.

Der Sprecher Jürgen Hoppe macht im Zusammenspiel mit der Band ANDARA Project das Hörbuch beinahe zu einem Hörspiel, so spannend und eindrucksvoll weiß Hoppe die Szenen darzustellen. Wer also keinen hohen Ansprüche an Horrorliteratur stellt, wird mit diesem Hörbuch letzten Endes gut unterhalten werden. Es bietet eben Horror Marke Hohlbein, nicht zu wenig Erzählkunst, aber eben auch keineswegs zu viel.

194 Minuten auf 3 CDs
http://www.luebbe-audio.de

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – Krebs-Macher, Die (Offenbarung 23, Folge 4)

_Bringt uns die Sonne um – oder die Sonnencreme? _

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Ein kleiner Sack mit Kaffeebohnen aus Jamaika. Hacker Tron hat ihn vor seinem Tod 1998 von seinem Urlaub mit Tatjana mitgebracht. Warum aber ist das kleine Säckchen an eine bekannte Hamburger Kosmetikfirma adressiert? Um warum sollte ein Berliner Chemiker die Sendung untersuchen? Student Georg Brand alias T-Rex wittert ein Geheimnis und nimmt die Fährte auf. Was er herausfindet, ist ebenso schändlich wie unglaublich – und bringt nicht nur ihn selbst in tödliche Gefahr … (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe Webseite von LPL records). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich. Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von LPL records. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern.

Andy Matern wird von zwei Spezialisten unterstützt. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Udo Schenk spricht den Chemiker Thomas Adams und klingt wie Kevin Spacey.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney am Telefon.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex’ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“.
Lutz Riedel spricht LKA-Mann Wim Banner und klingt wie Timothy „James Bond“ Dalton.
Torsten Michaelis spricht Tupac Amaru Shakur und klingt wie Wesley Snipes.
Benjamin Völz spricht Boris F. alias „Tron“.
Tilo Schmitz spricht Herrn Brand senior und klingt wie Ving Rhames oder Michael Clarke Duncan.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“.
Helmut Krauss ist der Erzähler und klingt verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

|PROLOG|: Georg Brands Vater bekommt von einem Professor (Jan Spitzer) eine schlecht Nachricht mitgeteilt: Er habe Hautkrebs. Aber nicht irgendeinen Hautkrebs, sondern den schlimmsten – das maligne Melanom, welches meist zum Tode führt. Wie konnte es dazu kommen?

Eine Nachrichtensprecherin verliest die Meldung, dass die Zahl der Deutschen, die jährlich an Hautkrebs erkranken, rasant ansteigen werde, folge man den Prognosen der Ärzteschaft und der Forscher. Die Ursachen seien ansteigende UV-Werte, verstärkte Nutzung von Solarien und Sonnenbrand bereits im Kindesalter.

|Haupthandlung|

Potztausend! Georg Brand hat Tatjana zum Frühstück ins Hotel Adlon ausgeführt – wie er sich als Student wohl DAS leisten kann? Die Schnüffelei nach Geheimnissen scheint ja lukrativ zu sein. Als Belohnung händigt sie ihm ein stinkendes Säckchen aus. Georg stutzt. Das Säckchen ist vom verblichenen Tron – der es auf Jamaika eigenhändig geklaut hatte – und enthält den edelsten Kaffee der Welt: Jamaica Blue Mountain. Etwas seltsam findet Georg nicht nur den müffeligen Geruch, sondern auch das Etikett auf dem Säckchen. Die Adresse stammt von einem bekannten deutschen Kosmetikkonzern, der seinen Sitz in Hamburg hat.

Preisfrage: Was, zum Kuckuck, fängt ein Kosmetikhersteller mit Kaffee an? Vielleicht weiß Thomas Adams mehr, meint Tatjana. Der hat die Kaffeebohnen nämlich anno ’97 chemisch analysiert. Und rein zufällig arbeitet Adams hier in der Bundeshauptstadt, an der Freien Universität.

Adams mag es nicht, sonntags bei der Arbeit gestört zu werden. Grantig hält er Georg einen Vortrag über polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAKs genannt. Sie sind krebserregend und entstehen bei Verbrennungsvorgängen unter Luftabschluss oder Luftmangel. Aber was haben sie mit Kaffeebohnen zu tun? Jedenfalls findet es Adams außerordentlich interessant, dass es Trons Säckchen noch gibt.

Aber warum war es an die Kosmetikfirma adressiert? Sollte es dort auf die Wirkungsweise von PAKs untersucht werden? Da der Server des Konzerns völlig abgeschirmt ist, müssen T-Rex und sein Verbündeter Ian G selbst hinfahren. Mit einem simplen Trick übertölpeln sie den Pförtner, schließen sich in einen Besprechungsraum ein, loggen ihre Laptops ein und machen sich im Firmennetz auf die Suche nach Kaffeebohnendokumenten.

Bingo! Stunden später stoßen sie auf ein Rundschreiben zu einem Geheimprojekt mit dem vielsagenden Titel „Sonnenkult“. Sieh mal einer an: Unter UV-Einstrahlung verhält sich Menschenhaut wie die Bohne einer bestimmten Kaffeesorte: Jamaica Blue Mountain. Beim Öffnen und Herunterladen der Datei lösen sie jedoch einen elektronischen Alarm aus und müssen sich aus dem Staub machen. Sie können gerade noch ihre Festplatten vor den elektronischen Killern der Firma retten.

T-Rex erhält eine CD – ausgerechnet vom Landeskriminalamt Brandenburg. Dort ist man offenbar sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Na, toll! Leider kann er sich nix dafür kaufen und haut deswegen mal wieder Kai Sickmann vom Boulevardblatt an. Dem fehlen allerdings schlüssige Beweise. Also weiter. Auf der CD sind historische Hautkrebsfälle verzeichnet. Sie traten erstmals im 19. Jahrhundert auf, bei Kaminfegern, Seeleuten und Kohlearbeitern. Überall verrichteten die PAKs ihr teuflisches Werk: in geröstetem Fleisch, geröstetem Kaffee und an vielen anderen Orten, z. B. im Dieselruß.

Jetzt muss Georg nur noch die Beweiskette zwischen Hautkrebs, UV-Strahlen, PAKs und der Sonnenschutzcreme eines bestimmten Kosmetikkonzerns herstellen. Vielleicht stößt er dabei auf einen Hinweis, wieso bei seinem Vater Hautkrebs ausgelöst wurde.

Wieder einmal schaut er bei Chemikus Thomas Adams vorbei, den er mit den Hinweisen konfrontiert. Doch Adams reagiert nicht nur gewohnt ungehalten, sondern bedroht Georg sogar. Schon bald würden gewisse Herren aus Hamburg bei ihm vorbeischauen – oder besser noch: bei seinem Vater – wenn er nicht die Finger von dieser Sache lasse!

Georg braucht offenbar eine gute Lebensversicherung, und zwar schnell. Da fällt ihm auch schon jemand ein …

_Mein Eindruck_

Ich kenne den aktuellsten Stand der Forschung über PAKs und ihren Zusammenhang mit Hautkrebs und Sonnenmilch nicht. Das enthebt mich der Pflicht, den Wahrheits- oder auch nur Wahrscheinlichkeitsgehalt dieser Räuberpistole zu beurteilen, die uns Jan Gaspard auftischt. (Mal von dem Umstand abgesehen, dass ich keinen erhöhten Bedarf an Besuchen aus den Sicherheitsabteilungen gewisser Kosmetikkonzerne habe …)

|Erhöhte Komplexität|

Innerhalb der Hörspielreihe „Offenbarung 23“ behandelt diese Folge eine ungewöhnlich komplizierte Angelegenheit. Man muss zwar nicht Chemie studiert haben, um zu verstehen, was PAKs sind und was sie im menschlichen Körper anrichten können. Aber darum geht es ja nicht. Es geht um den Zusammenhang zwischen Sonnenmilch, UV-Strahlen und Hautkrebs. Die Kausalkette scheint auch dem Bundesumweltamt noch nicht ganz klar zu sein, geschweige denn dem Superschnüffler Georg Brand.

Er braucht jedenfalls eine Weile, bis er die Fakten auf die Reihe bekommt. Uns ergeht es nicht anders. Doch die Wahrheit, auf die er stößt, ist ungeheuerlich. Tron fand sie heraus, lehnte Bestechung ab – es geht schließlich um ein Milliardengeschäft mit Sonnenschutzmitteln und Kosmetika – und musste dafür wohl sterben.

|Nette Helferlein|

Etwas beunruhigend für Georg ist es natürlich, als sich herausstellt, dass er – ebenso wie Tatjana – auf Schritt und Tritt überwacht wird. Ein freundlicher Herr vom Landeskriminalamt: sein Freund und Helfer. Sein Verbündeter Ian G: sein Passwortgeber. Der Geist von Boris F: sein geistiger Leitstern. Was würde so ein Hacker wie Georg alias T-Rex nur machen, wenn er nicht solche netten Helferlein hätte?

|Ausblick|

Am Schluss gibt es noch die obligatorische Schnitzeljagd. Sie bildet den Übergang zur nächsten Folge „Das Handy-Komplott“, wenn es dann wieder heißt: „Die Wahrheit ist unsterblich“. Ob sie auch „irgendwo da draußen“ ist, muss sich erst noch herausstellen.

|Die Sprecher|

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Wesley Snipes, Ving Rhames, Johnny Depp und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hat die Hörspielserie nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist als Pausenfüller: Rapmusik, fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren, weil ich mit Rap nur wenig anfangen kann.

_Unterm Strich_

Obwohl die Materie diesmal relativ kompliziert ist, kann auch der in Chemie wenig vorgebildete Laie verstehen, worum es geht und wie alles zusammenhängt. Weil diese Faktenfülle beim ersten Anhören nicht vollständig aufgenommen werden kann und so Missverständnissen Vorschub leistet, sollte man sich das Hörspiel unbedingt ein zweites, vielleicht sogar ein drittes Mal zu Gemüte führen.

Wieder einmal ist die Dramaturgie auf Spannung ausgelegt und nur hin und wieder schiebt sich ein humorvoll-ironisches Intermezzo dazwischen. Wer auf die Abenteuer von Hackern steht, kommt hier jedenfalls voll auf seine Kosten. Und für die Liebe ist auch noch ein wenig Platz.

Das Hörspiel ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt absolut nichts daran auszusetzen – wie schade. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ansonsten etwas trivialen Handlung den Glamour des Abenteuers.

|65 Minuten auf 1 CD|

Wer hat Angst vor Norma Jeane? (Offenbarung 23, Folge 26)

Marilyn Monroe war nur ein Fake!

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätsel wird gelöst.

Was passierte wirklich in der Nacht auf den 5. August 1962 im Haus von Norma Jeane Mortenson, die unter ihrem Künstlernamen Marilyn Monroe zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts wurde? Viele Indizien deuten auf Mord, findet der Berliner Hacker Georg Brand – alias T-Rex – bei seinen Nachforschungen heraus. Doch waren es wirklich die Kennedys, die hier eine kompromittierende Zeugin beseitigen wollten? Oder war es jemand ganz anderes, der den Kennedys den Tod des Filmstars zu seinem eigenen Nutzen in die Schuhe schieben wollte? Wer nur konnte diese ebenso schöne wie blitzgescheite Frau nicht am Leben lassen?

Wer hat Angst vor Norma Jeane? (Offenbarung 23, Folge 26) weiterlesen

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – Titanic darf nie ankommen, Die (Offenbarung 23, Folge 3)

_Rätsel hoch 2: Wer versenkte die |Titanic|?_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätsel wird gelöst.

Hat der Hacker Tron in geheimen Unterlagen der Versicherungsgesellschaft |Lloyd’s| brisante, aber unterschlagene Fakten zum Untergang der „Titanic“ gefunden? Hacker T-Rex nimmt die Spur auf und entdeckt Unglaubliches: Liegt am Ende gar nicht die „Titanic“ auf dem Grund des Atlantiks, sondern ihr havariertes Schwesterschiff „Olympic“, das „entsorgt“ werden sollte? Wer machte Profit beim Untergang des Luxusliners? Aber wie lässt man einen Ozeanriesen todsicher an einem Eisberg zerschellen? (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe Webseite von LPL records). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich. Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern.

Andy Matern wird von zwei Spezialisten unterstützt. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney am Telefon.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex’ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“.
Lutz Riedel spricht LKA-Mann Wim Banner und klingt wie Timothy „James Bond“ Dalton.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“.
Benjamin Völz spricht Boris F. alias „Tron“.
Tilo Schmitz spricht den Ausguck der „Titanic“ und klingt wie Ving Rhames oder Michael Clarke Duncan.
Simon Jäger spricht Jay Owen Philipps.
Helmut Krauss ist der Erzähler und klingt verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

|PROLOG|: Mit mächtigen Rauschen fährt ein Ozeanriese vorüber. Dreimal darf man raten, welcher. Man hört von den unteren Decks der 3. Klasse irische Volksmusik herüberwehen. Da schreit der Ausguck: „Eisberg voraus!“ Metall kreischt, als es aufgerissen wird. Der Funker funkt, was die Morsetaste hergibt: „Save our souls!“ Und noch mehr. Viel mehr …

Es ist der 14. April 1912, und die Radionachrichtensprecherin (Dagmar Berghoff) gibt bekannt {auch wenn der Rundfunk erst ab 1920 langsam entwickelt wurde, Anm. d. Ed.}, dass sich 2322 Seelen an Bord des sinkenden Schiffes befänden und dass drei Schiffe, darunter die „Oceanic“, dem havarierten Schiff zu Hilfe eilen würden. Sie kommen leider etwas zu spät.

|Haupthandlung|

Samtag, 23:29: Georg Brand alias T-Rex sichtet zusammen mit seinem Kumpel Kai Schmittke den Mailaustausch zwischen Tron und Tupac aus dem Jahr 1997. Es geht um die „Titanic“, die bei der Versicherungsgesellschaft |Lloyd’s| in London versichert war. Tron stellte die Frage: Sollte die Identität der „Titanic“ vertuscht werden? Warum und wozu?

Vielleicht kann Tatjana Junk einen Hinweis liefern. Sie liegt in der Berliner Charité und T-Rex bewundert ihre sexy Antithrombosestrümpfe. Vielleicht auch etwas anderes. Jedenfalls weiß sie, dass Tron ein geheimes Raubvideo hatte, das Robert Ballard, der Entdecker des [Titanic-Wracks, 1094 heimlich bei der Vorpremiere von Camerons Film anno 1997 aufgenommen hat. Tron stellte es ins Netz, und der Download von 190 Minuten Video dauert ewig. Doch die Datei ist sauber – seltsam.

Vielleicht bringt der Zentralrechner von |Lloyd’s| mehr. Ian G, der die elektronischen Hinterlassenschaften von Tron verwaltet, gibt T-Rex das Passwort, aber nicht daheim geht ein Hacker online, sondern im Internet-Café. Na, so ein Zufall: Der Nebensitzer interessiert sich penetrant fürs T-Rex’ Einbruch in den |Lloyd’s|-Rechner. Und er ist ebenfalls drin! Gestatten: Jay Owen Philipps aus London, Student in Berlin und – welch’ Zufall – sein Opa war in den Skandal um den Untergang der Titanic verwickelt. Und des Opas Bruder war der Funker, der auf der Titanic sein letztes Morsezeichen absetzte …

Jay gibt ein paar Ungereimtheiten zum Besten, dass T-Rex die Spucke wegbleibt. So war etwa die Versicherungspolice für die nagelneue Titanic ebenso hoch wie für ihr havariertes Schwesterschiff, die Olympic. Doch den Schaden der Olympic bezahlte die Versicherung nicht, und die Reederei |White Star Line| musste selbst blechen. Was lag also näher, als die ebenfalls luxuriös ausgestattete Olympic als Titanic zu tarnen und quasi zu versenken, um mit der Versicherungssumme, immerhin eine Million Pfund, also hundert Mio. Dollar, den großen Reibach zu machen?

Das Problem ist nur: Wie stellt man es an, dass ein Ozeanriese mit Volldampf in ein gefährliches Eisbergfeld rauscht und dann auch noch zielsicher einen solchen rammt? Es gibt eine Methode, und sie ist einfach genial.

Um aber festzustellen, ob die Schiffe wirklich vertauscht wurden, erweist sich das Video als hilfreich. Denn Robert Ballard handelte offenbar im Auftrag von |Lloyd’s| und prüfte als allererstes die Bauteilenummern des Schiffes, das er auf dem Grund des Atlantiks vorfand.

Für Zahlen hat Nolo aber rein gar nichts übrig, als sie den Film anschaut, sondern nur, wie schön Leonardo DiCaprio im Film stirbt: „Muss Liebe schön sein!“ Die beiden Jungs, Georg und Kim, stöhnen unisono auf.

_Mein Eindruck_

Ist es natürlich, dass sich ein Hacker in ein Internet-Café setzt, um in einen Großrechner einzubrechen? Das will mir nicht ganz einleuchten, vor allem, wenn er dabei seinen eigenen Laptop benutzt. Noch einen Tick seltsamer ist es dann, wenn sich sein Nebensitzer (oder Hintermann oder was auch immer) als genau der optimale Stichwortgeber hinsichtlich eben dieses Großrechners und seiner Inhalte entpuppt.

Das kann natürlich kein Zufall sein, schon klar, und Jay Owen Philipps ist ja auch extra auf Georg Brand angesetzt worden. Aber es gibt ja auch Methoden, den Kontakt etwas diskreter herzustellen als am Tatort eines Verbrechens.

Da sind mir die Szenen mit der kessen Tatjana Junk doch wesentlich lieber. Sie trägt doch einiges zur Erschließung des Geheimnisses bei, indem sie das Raubvideo erwähnt. Zweitens scheint T-Rex, der einsame Reiter der Datenautobahn, endlich eine ebenso schlaue Gefährtin zu bekommen. Dass sie das Herz auf dem rechten Fleck hat, bewies sie bereits in den Folgen 1 und 2 und jetzt noch einmal während der Vorführung des „Titanic“-Films.

Das Geheimnis, das den Untergang der Titanic bis heute umgibt – es gibt dazu eine Reihe von Webseiten – erweist sich auch für T-Rex als schier unergründlich. Es gibt wie immer zahlreiche Verdächtige, eine Unmenge Hinweise auf Ungereimtheiten und folglich eine ganze Reihe von Verbindungen zwischen Verdächtigen und Fakten, die den Verdacht auf eine oder mehrere Verschwörungen nahe legen. Darauf bereitet den Hörer bereits einer der Prologe vor: „Die Wahrheit ist unsterblich“, aber offenbar gibt es jede Menge Geheimniskrämer, die sie uns vorenthalten wollen.

|Santa Paranoia|

Denn dies ist die Triebfeder aller Verschwörungstheorien: Vertraue niemandem und gib dich niemals mit dem bisschen zufrieden, das man dir offiziell aushändigt. Denn nichts ist so, wie es zunächst scheint. Und wenn man dir beweist, dass es keine Verschwörung gibt, dann ist das genau der Beweis, der noch nötig war, um zu erklären, wie raffiniert die Verschwörung doch ist und wie hoch sie reicht. Dass du paranoid bist, heißt ja noch nicht, dass sie nicht hinter dir her sind …

|Die Offenbarung der Seifenoper|

Nun ja, auch der Hacker kann schließlich eine Seifenoper genießen, nur darf es um Himmels willen nicht die „Lindenstraße“ sein, wo sich seine Phantasie austobt, sondern mindestens die Datenautobahn. Das höchste Mysterium in dieser Welt ist der Code. Je besser und kniffliger der Code, desto wertvoller das Geheimnis, das er hütet. T-Rex’ Suche gleicht der Queste nach dem Heiligen Gral: Je mehr Codes er knackt, desto höher die (erhoffte) Ebene der Erkenntnis.

Doch wo liegt die höchste Ebene? Ist das letzte Code-Wort bei Gott, wie uns der Evangelist Johannes in seiner „Offenbarung“ weismachen wollte? Oder ist der höchste Code bei Tron? Das zumindest will uns die „Offenbarung 23“ weismachen. Und jeder, der den Film „23“ gesehen hat, kann natürlich sofort etwas mit diesem Titel anfangen.

|Die Sprecher|

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Wesley Snipes, Ving Rhames, Johnny Depp und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hat die Hörspielserie nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Diesmal gibt es auch einen Schuss Romantik, als sich Georg offensichtlich nicht nur in Tatjanas Beine verliebt.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist als ein Pausenfüller: Rapmusik, fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren, weil ich mit Rap nur wenig anfangen kann.

_Unterm Strich_

Seit dem Mega-Erfolg von James Camerons „Titanic“-Film (dazu dürfte es wohl keine Fortsetzung geben …) ist das tragische Schicksal des Ozeanriesen im Bewusstsein eines jeden Kinogängers verankert. Aber war dieses Schicksal wirklich so tragisch? „Offenbarung 23“ legt uns nahe, dass die Eisbergkollision mit voller Absicht geschah. Wer dahinter steckt, wird haarklein auseinander klamüsert, und wer dabei ein klein wenig den Überblick verliert, muss die Geschichte eben noch einmal hören.

Ein Lichtblick ist jedoch, dass das im Hörspiel agierende Personal sehr eng begrenzt ist: etwa eine Handvoll Leute, die etwas Wesentliches zu sagen haben. Es gibt zwar eine Fülle von Fakten und Vermutungen, aber es wird immer wieder die Frage gestellt, was das im Endeffekt zu besagen hat. Sehr gut finde ich, dass T-Rex die Sache nicht am Ende auf sich beruhen lässt, sondern dass jemand – er selbst oder ein Kontakt – einem Geologen in den USA eine E-Mail mit dem entscheidenden Hinweis schickt. Ein Ende der Ermittlungen ist also vorerst nicht abzusehen – zugunsten der Wahrheit.

Das Hörspiel ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt absolut nichts daran auszusetzen – wie schade. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ansonsten etwas trivialen Handlung den Glamour des Abenteuers.

|65 Minuten auf 1 CD|

Hugo, Victor / Gruppe, Marc / Bosenius, Stephan – Glöckner von Notre-Dame, Der (Gruselkabinett 28/29)

_Mitreißendes Drama aus Schicksal und Sozialkampf_

Paris 1466: Die Pest wütet im Umland von Paris. Der junge Geistliche Claude Frollo macht sich auf, seine Eltern zu retten, und kommt zu spät. Ihm fällt die Sorge für seinen Bruder Jean zu, der noch ein Säugling ist. Im Jahr darauf – am Sonntag Quasimodogeniti – wird ein missgestalteter kleiner Junge im Findelkinder-Bettchen vor der Kathedrale von Notre-Dame niedergelegt …

Paris 1482: Quasimodo hat sich durch das Geschehen am Pranger, an den er gestellt wurde, merklich verändert. Dies bleibt seinem Meister, dem düsteren Erzdiakon Claude Frollo, nicht verborgen. Ebenso wenig, dass La Esmeralda neuerdings einen Begleiter an ihrer Seite hat, den Dichter Pierre Gringoire. Aber auch der schneidige junge Hauptmann Phoebus de Châteaupers hat ein Auge auf das schöne Zigeunermädchen geworfen. Das Unheil nimmt seinen Lauf …

_Der Autor_

Victor Hugo (1802-1885) war ein sehr fruchtbarer französischer Schriftsteller. Am bekanntesten wurde sein Roman „Notre-Dame de Paris“, der 1831 erschien und mehrmals als „Der Glöckner von Notre-Dame“ oder „The Hunchback of Notre-Dame“ verfilmt wurde. Eine der besten ist die Verfilmung mit Charles Laughton in der Titelrolle.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Die Rollen und ihre Sprecher:

Erzähler: Roland Hemmo (Brendan Gleeson, James Gandolfini)
Claude Frollo: Udo Schenk (Ray Liotta, Ralph Fiennes, Gary Oldman, ‚Gríma Schlangenzunge‘)
Jean Frollo du Moulin: Christian Stark (‚Robin‘ in „Batman & Robin“, Justin Whalin)
Quasimodo: Tommy Morgenstern alias Thomas Lührig (‚Son-Goku‘ in „Dragonball-Z“, ‚Butt-Head‘, ‚Charlie Pace‘ in „Lost“, Charles Laughton)
La Esmeralda: Kristine Walther (Hörspieldebüt der Schauspielerin)
Pierre Gringoire: Julien Haggège (Synchronbuch und -regie für „Bubba Ho-tep“)
Phoebus de Châteaupers: Patrick Bach (Sean ‚Sam Gamdschie‘ Austin)
Clopin Trouillefou: Matti Klemm (Robert Gant)
Paquette, Büßernonne: Anita Lochner (Miou-Miou, Isabelle Adjani)
Mildtätige Frau: Eva-Maria Werth
König Louis XI.: Jochen Schröder (James Cromwell, Lionel ‚Max‘ Stander)
Dr. Jaques Coictier: Kaspar Eichel (James ‚Scotty‘ Doohan)
Madame Frollo: Inken Sommer
Richter: Wilfried Herbst (Charles Hawtrey)
Fleur-de-Lys: Ilona Otto (Emily Perkins, Michelle ‚Dawn Summers‘ Trachtenberg in „Buffy“)
Fleurs Mutter: Philine Peters-Arnolds (Joan Cusack, Loretta Devine)
Henker: Bodo Wolf (Christopher Walken, William H. Macy, Robin Williams)
Und andere.

Marc Gruppe schrieb wie stets das Buch und gemeinsam mit Stephan Bosenius setzte er es um. Die Aufnahme fand in den |Planet Earth Studios| und bei |Kazuya c/o Bionic Beats| statt. Die Illustration stammt von Firuz Askin.

_Handlung_

Im Jahr 1466 bricht die Pest in den Vororten von Paris aus. Doch als im Kloster der Mönche von Notre-Dame die Nachricht eintrifft, geraten diese nur in Panik und flehen mit Gebeten um ihr Heil. Nicht so Pater Claude Frollo. Der Neunzehnjährige aus dem niederen Adel ist ein kluger Student der Theologie, der Rechte, der Medizin und der freien Künste. Nachdem er all diese Studiengänge erfolgreich abgeschlossen hat, wendet er sich jedoch seltsamerweise der Alchimie und Astrologie zu. Dennoch soll er dereinst ein geistliches Amt bekleiden.

Als er bei seinen Eltern eintrifft, fleht ihn seine todgeweihte Mutter an, sich seines Bruders Jean anzunehmen, der noch ein Baby ist. Durch Berge von Leichen und flehende Erkrankte reitet Claude zurück ins Kloster, wo er, wie versprochen, seinen Bruder aufzieht. Claude wird Kaplan in der Kathedrale Notre-Dame. Am Sonntag, der Quasimodogeniti heißt, wird ein Findelkind in den Abgabestelle der Kirche gefunden. Während die alten Weiber lästern, dass dies nur ein Hexenkind sein könne, so verkrümmt und einäugig, erbarmt sich Claude des Kindes und adoptiert es. Daraufhin erklären ihn die Weiber selbst zum Hexenmeister.

Quasimodo, wie er das Findelkind nennt, ist zwar bucklig und hässlich mit seinem einen Auge, aber keineswegs völlig taub, wie Claude zuerst befürchtet hat. Er lernt durchaus einige Wörter, doch leider beeinträchtigen die Glocken, die er seit seinem 14. Lebensjahr täglich läutet, zusätzlich sein Hörvermögen. Das macht den Buckligen trübsinnig, aber Claude hält trotzdem zu ihm, und für den Krüppel ist Frollo wie ein Vater.

An Dreikönig des Jahres 1482 soll wie stets in Paris der Narrenkönig gekürt und gekrönt werden. Im Justizpalast hat sich neben allerlei Pöbel auch der 16-jährige Student Jean Frollo, der Bruder des Erzdiakons von Paris, eingefunden und treibt seine derben Späße. Nachdem man den Dichter Pierre Gringoire von der Bühne vertrieben hat, krönt man Quasimodo zum Narrenkönig und fährt ihn in einem Eselskarren zur Place de Grêve, dem Richt- und Festplatz von Paris. La Esmeralda, die schöne Zigeunerin, soll vor ihm tanzen.

Pierre Gringoire ist wie verzaubert vom Tanz des Mädchens, und Jean Frollo scheint ihr Freund zu sein. Wie schade. Doch sie behauptet, nur ihre Ziege Gialli zu lieben, und demonstriert, wie klug das Tier ist. Eine Stimme verflucht das gottlose Treiben und nennt Esmeralda eine Hexe und Gotteslästerin. Es ist die Stimme der Büßernonne aus dem Rolandsturm. Der armen Frau wurde einst ihre kleine Tochter entführt, und sie verflucht seitdem alle Menschen, die auch nur im entferntesten wie Zigeuner aussehen.

Als jedoch der Erzdiakon auftritt, ist Schluss mit lustig. Quasimodo fleht seinen „Meister“ um Vergebung an, doch der verjagt ihn von dem bunten Treiben. Jean Frollo klärt seinen neuen Bekannten Pierre Gringoire über seinen merkwürdigen Bruder auf, und Pierre merkt, wie sehr Jean dem Kirchenmann und Alchimisten misstraut. Möglicherweise habe er sogar dem Teufel seine Seele verschrieben, um mehr Macht zu erhalten und den Stein der Weisen zu finden. Wer weiß. Pierre schaudert es.

Nach einem erfrischenden Trunk im Gasthaus sucht Pierre nachts wieder nach Esmeralda. Doch sie bemerkt seine Verfolgung und stellt ihn, mit einem Messer in der Hand. Offenbar ist sie nicht ganz wehrlos. Als er sich vorstellt und seine Harmlosigkeit deutlich wird, lässt sie ihn wieder laufen. Doch da sieht er aus dem Schatten, wie sie gepackt wird – von einem Buckligen. Es ist Quasimodo! Pierre springt ihr zu Hilfe, doch ein zweiter Mann geht dazwischen und bezwingt ihn in einem Kampf.

Als plötzlich der Hauptmann der Wache eintrifft, verschwindet dieser Kapuzenmann, doch Quasimodo wird verhaftet. Esmeralda bezirzt den Hauptmann für seine ritterliche Hilfe und wird in Schutz genommen. Pierre schaut dem Treiben verwirrt zu, während er sich aufrappelt. Wer war dieser Unbekannte, in dessen Auftrag der Glöckner sich die Zigeunerin schnappen wollte? Und zu welchem finsteren Zweck, fragt sich Pierre.

Schon bald wird er die Antworten auf seine Fragen finden, doch freuen kann er sich darüber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Lage spitzt sich dramatisch zu.

_Mein Eindruck_

Die Geschichte lässt sich dem Untergenre der Urban Fantasy zuordnen, wobei man es mit der Fantasy nicht zu genau nehmen darf. Dabei geht es um die Beschreibung eines Ortes in einem bestimmten Modus, der diesem Ort eine höhere Bedeutung verleiht und ihn zu einer Ikone macht. Kennzeichnend ist in diesem Roman die zentrale Bedeutung des Ortes der Kathedrale. Sie hat viele Funktionen, nicht nur als Brennpunkt des Geschehens, sondern auch für die Figuren.

|Diakon und Glöckner|

Während die Kathedrale für die Kirche und die Gläubigen in erster Linie ein Gotteshaus zu sein scheint, so ist sie für ihren eigentlichen Herrn, den Erzdiakon Claude Frollo, lediglich die Behausung für sich und sein alchimistisches Labor. Dort geben sich die antireligiösen und weltlichen Mächte die Klinke in die Hand. Ganz oben im Glockenturm weilt sein Schützling und Ziehsohn Quasimodo. Dem buckligen Glöckner ist die Kathedrale nicht nur ein Ort des Schutzes vor der Verfolgung durch die Bürger (sie wollen ihn entweder als Narren krönen oder als Abscheulichkeit verbrennen), sondern auch der Freude – seine Freunde sind die Glocken, denen er Namen gegeben hat.

|Esmeralda|

Dieses Gefüge aus festen Beziehungen gerät ordentlich in Bewegung, als das Schicksal der jungen, schönen Zigeunerin La Esmeralda in der Waagschale liegt. Sie gibt dem bedauernswerten Buckligen als Einzige auf dem Richtplatz Wasser, was ihr seine Dankbarkeit und Liebe einbringt. Dadurch gerät Quasimodo unwissentlich auf Kollisionskurs zu seinem Ziehvater, der ebenfalls ein Auge auf Esmeralda geworfen hat. Doch sein Begehren ist unheilig, unkeusch, und wird von Esmeralda mehrfach zurückgewiesen, als ob Gehorsam sie vor dem Tod retten würde.

|Der König|

Das Schicksal Esmeraldas als Angehörige der Unterschicht und Freundin der Bettlergilde lässt die Konflikte in dieser Ständegesellschaft offen ausbrechen. Wieder wird die Kathedrale zum Brennpunkt, als die rebellischen Bettler vor den Soldaten Asyl in der Kirche suchen, das ihnen auch nach altem Recht gewährt wird. Dieses Recht gedenken Erzdiakon und König, vereint in ihrem alchimistischen, quasi-faustischen Pakt, zu brechen. Sie heben einfach das Asylrecht auf. Das wiederum hat weitere Ausschreitungen zur Folge. Die Insel der Kathedrale wird zum Schlachtfeld, stellvertretend für ganz Paris, der Hauptstadt der Franzosen.

|Entscheidung|

Der Einzige, der sich noch ein wenig dem Kampf entziehen kann, scheint der Glöckner zu sein, doch er beschützt Esmeralda, den begehrten Zankapfel des Erzdiakons und des Pöbels. Kein Wunder also, dass auch Quasimodo im Finale sich für eine Seite entscheiden muss. Aber wie kann er es wagen, die Hand gegen seinen Ziehvater, die Verkörperung der geistlichen Stands mit weltlicher Macht, zu erheben? Offenbar wird ihm ein größeres moralisches Recht gewährt, dies zu tun, und so seine Handlungsweise sanktioniert: Er stürzt seinen Vater in einem rebellischen, wenn nicht sogar revolutionären Akt aus höchster Höhe in die Tiefe.

|Parallelen|

Ein Jahr vor dem Erscheinen des Romans fand in Paris wieder einmal (wie auch 1848) eine kleine Revolution statt. 1830 wurde in der Julirevolution König Charles X. vertrieben und der Bürgerkönig Louis Philippe (1830-48) eingesetzt. 1824 regierte Charles X. mit kirchlicher Macht, was unter anderem zur Rückkehr der Jesuiten führte. Nach einem liberalen Tauwetter 1828 kehrten die reaktionären Kräfte wieder an die Macht zurück, und es kam zum Ausbruch von Aufständen, die zur Vertreibung des Königs führten.

|Kritik|

Victor Hugos Roman lässt ebenfalls ein sehr kritisches Licht auf die kirchlichen Standesvertreter fallen: Frollo tut sich mit dem König zusammen, um Gold herzustellen, aber nicht mit koscheren Mitteln, sondern mit unheiligen, nämlich alchimistischen. Sein Bruder Jean (s. o.) verdächtigt ihn sogar der Geisterbeschwörung. Der Autor zieht klare Parallelen zwischen dem Jahr 1830 und 1482. Diese Ähnlichkeiten waren sicherlich nicht an seine Leser verschwendet, die dies als Kommentar auf das Tagesgeschehen verstanden.

Statt sich aber auf das banale Niveau des Klassenkampfes hinabzubegeben, hebt Hugo den Kampf der Unterprivilegierten (Bettler, Zigeuner usw.) gegen Kirche und König auf eine poetisch wirksamere Ebene von Schicksal und tragischer Liebe. Darin sehe ich wie viele Literaturhistoriker den enormen Einfluss der romantischen Bewegung, die aus Deutschland kommend (Tieck, Brentano, E.T.A. Hoffmann, Uhland usw.) bestimmend auf die junge Generation der französischen Autoren einwirkte. Wie man an der noch heute bestehenden Bekanntheit des Romans ablesen kann, hatte dieser überzeitliche Ansatz eine weitaus größere und nachhaltigere Wirkung als ein Pamphlet zum Klassenkampf.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Dass dieses Hörspiel in der Reihe „Gruselkabinett“ erscheint, mag zunächst ein wenig verwundern. Wo bitteschön ist denn hier der Vampir, der klassische Grusler, versteckt? Aber den konnte man ja auch in „Frankenstein“ vergeblich suchen. Offenbar hat der Macher der Serie, Marcel Gruppe, eine neue Strategie eingeschlagen, um ein größeres Publikum zu erreichen. Nicht mehr nur unmittelbare Schauergeschichten sind nun im Repertoire (siehe etwa „Jagd der Vampire“ von Hambly, Folgen 32/33), sondern zunehmend auch Klassiker, die bislang des Grusels völlig unverdächtig erschienen.

Doch wen es wie schaudert, ist völlig unterschiedlich. Diesmal setzt der Macher auf die mystische Atmosphäre, die ein alchimistisches Labor verbreitet, ebenso auch auf die sinistren, womöglich unheiligen Machenschaften seines Besitzers, der ausgerechnet der Obermacker der Kathedrale ist. Nicht nur ist Claude Frollo vom rechten geistlichen Weg abgekommen – Macht ist ihm wichtiger als Seelsorge -, nein, er versucht auch, eines seiner hilflosesten Schäfchen zu seinem wehrlosen Opfer zu machen, um es ausbeuten zu können: Esmeralda, das Waisenkind, das immer noch seine Mutter sucht. Wie teuflisch ist das denn?

Frollos Sprecher Udo Schenk hat im Peter Jacksons „Herr der Ringe“ auch Gríma Schlangenzunge die teuflisch-hinterlistige Synchronstimme geliehen. Auch hier weiß er seine zwielichtige Erscheinung richtig wirkungsvoll in Szene zu setzen. Lange weiß der Hörer nicht, was er von Frollo halten soll, bis dieser schließlich gegenüber Esmeralda seine wahren Absichten enthüllt: ein Monster in Menschengestalt. Udo Schenks entsprechender Monolog ist ein Höhepunkt an Darstellungskunst in dieser Produktion. Es ist, als würde Gríma Schlangenzunge letzten Endes triumphieren.

Außer dem König und anderen Kumpanen Frollos erscheinen alle Figuren als Frollos Opfer. Dementsprechend sympathisch treten sie auf. Insbesondere Esmeralda und Pierre Gringoire, die für einander bestimmt zu sein scheinen, stehen im Vordergrund. Doch das Schicksal hat anderes mit ihnen vor, und so wird ausgerechnet der bucklige Glöckner zu Esmeralda wichtigstem männlichen Partner. Diese Begegnung ist sehr bewegend und von beiden Sprechern mit einem Maximum an Einsatz und Einfühlungsvermögen dargestellt. Die hohle, an Charles Laughton orientierte Stimme von Tommy Morgenstern als dem Buckligen kontrastiert bezaubert mit Kristine Walthers hoher Esmeralda-Stimme.

Daneben gibt es noch jede Menge Nebenfiguren, von denen mir besonders Jean Frollo, ein schlauer Tunichtgut, und der König der Bettler, Clopin, im Gedächtnis geblieben sind. Es gibt mehrere Mauerschauszenen, bei denen eine Mittelklassefamilie das Geschehen auf dem Richtplatz kommentiert: Der Kontrast zwischen den zwei Ebenen könnte nicht größer sein und wird sauber herausgearbeitet. Das Hörspiel arbeitet ständig mit Gegensätzen, so dass die Figuren plastisch wie einem Film hervortreten.

|Musik und Geräusche|

Es ist klar, dass es sich um einen romantischen Stoff handelt. Schicksal, Tragik, Liebe, Tod spielen bestimmende Rollen. Dementsprechend dramatisch und abwechslungsreich ist auch die Musik komponiert worden. Es handelt sich um Originalmusik, nicht etwa um Kopien aus diversen romantischen Opern. Der Komponist wird allerdings nicht genannt.

Die Musik gibt sehr genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit klassischem Instrumentarium produziert – keine Synthesizer für klassische Stoffe! Die Musik steuert nicht nur die Emotionen des Publikums auf subtile Weise, sondern bestreitet auch die Pausen zwischen den einzelnen Akten. Dann stimmt sie das Publikum auf die „Tonart“ des nächsten Aktes ein. Heitere Klänge wie etwa ein Tamburin oder helle Glocken wechseln sich mit düsteren Passagen ab, die von Streichern und Chören bestritten werden. Mitunter sind sehr tiefe Bässe zu hören, die Unheil verkünden.

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem realistischen Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Szenen dicht und realistisch aufgebaut. Von Anfang an spielen Glocken eine Rolle, entweder schlagen sie die Stunde oder Quasimodo macht sie zu einem Revolutionslied: Er läutet Sturm. Wer den Glocken folgt, weiß genau, in welcher Lage sich Paris gerade befindet. Natürlich gehören auch Pferde, Ziegen, aber auch Böller und Tanzmusik zur Geräuschkulisse des Hörspiels. Auf dieser Ebene ist das Geschehen am ehesten mit dem aus den Verfilmungen zu identifizieren.

Musik, Geräusche und Stimmen wurden so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Das Booklet|

… enthält im Innenteil lediglich Werbung für das Programm von |Titania Medien|. Auf der letzten Seite finden sich die Informationen, die ich oben aufgeführt habe, also über die Sprecher und die Macher. Die Titelillustration von Firuz Akin auf dem Schubereinband fand ich wieder einmal sehr passend und suggestiv. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 14 Jahren.

Diesmal sind in einem zusätzlichen Katalog Hinweise auf die nächsten Hörspiele zu finden:

Nr. 30: J. W. Polidori: Der Vampyr (November)
Nr. 31: Rudyard Kipling: Die Gespenster-Rikscha (November)
Nr. 32 + 33: Barbara Hambly: Die Jagd der Vampire (2 CDs, erscheint im März 2009)
Nr. 34: F.M. Crawford: Die obere Koje (erscheint im April 2009)
Nr. 35: Bram Stoker: Das Schloss des weißen Lindwurms (erscheint im April 2009)
Nr. 36+37: Oscar Wilde: Das Bildnis des Dorian Gray (erscheint im Herbst 2009)

_Unterm Strich_

Ich habe mich gefragt, ob dieses Hörspiel es denn mit all den Verfilmungen, die ich kenne, aufnehmen kann. Es kann, und zwar mit Links. Es gibt einige Szenen, insbesondere die gruseligen, die man in den Hollywood-Bearbeitungen des Stoffes offenbar unterdrückt hat, wohl um die kleinen Kinder nicht zu erschrecken. Doch in dieser Fassung kommt der brutale Charakter des Kirchenfürsten Frollo sehr deutlich zum Ausdruck. Und darüber, welche Art von Gewalt er Esmeralda antun will, gibt es nicht den Schatten eines Zweifels. Sie soll ihm zu Willen sein.

Als Machtmensch agiert Frollo skrupellos auf einer Ebene mit dem König. Beide haben sich offenbar gegen die niederen Stände, die Rechtlosen verschworen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Kampf vor, in und auf der Kathedrale als dem Stein gewordenen Symbol von kirchlicher Präsenz, das mehrere Bedeutungen annimmt. Statt eines Ortes der Seelsorge und des Asyls, dessen Türme zu Gott emporragen, ist die Kathedrale zu einem Hort des Bösen verkommen. Im Finale findet ein reinigendes Gewitter der Gewalt statt, das mit einem tiefen Fall des Kirchenfürsten seinen Höhepunkt findet.

|Das Hörspiel|

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von Hollywoodstars einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Besonders gelungen fand ich die Darstellung des Erzdiakons durch Udo Schenk, aber auch das Duo aus Glöckner und Esmeralda. Mehrere Genreszenen wie etwa auf dem Richtplatz, beim Tanz, in der Kneipe usw. verleihen der Präsentation einen realistischeren Anstrich, dienen aber auch dem Kontrast zwischen banalem Alltag und dramatischem Schicksalskampf. Ich jedenfalls fand das Hörspiel ungeheuer fesselnd.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Wer jedoch mit Melodramatik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Kost greifen.

Fazit: ein Volltreffer.

|Basierend auf: Notre-Dame de Paris, 1831
120 Minuten auf 2 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3637-1|

Home – Atmosphärische Hörspiele


http://www.luebbe-audio.de

_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Lee Child – The Visitor (Jack Reacher 4)

Sgt. Amy Callan und Lt. Caroline Cooke haben eine Menge gemeinsam: Sie hatten Karrieren in der US-Armee, beide waren mit Jack Reacher bekannt, beide wurden gezwungen, aus der Army auszutreten. Nun sind sie beide tot.

Sie wurden jeweils in ihrem eigenen Heim gefunden, nackt, in einer Badewanne voller Tarnfarbe. Scheinbar Opfer eines Armeeangehörigen. Ein Einzelgänger, ein intelligenter Bursche mit der Absicht, eine Rechnung zu begleichen, ein skrupelloser Gerechtigkeitsfanatiker. Jemand genau wie Jack Reacher…

Dieser Roman ist bei uns unter dem Titel „Zeit der Rache“ (s.u.) erschienen.

Lee Child – The Visitor (Jack Reacher 4) weiterlesen

Connelly, Michael – Spur der toten Mädchen

_Vorhersehbar und unoriginell: Ermittlung plus Gerichtsverfahren_

Strafverteidiger Mickey Haller wird vom Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles County eingeladen, an dessen Stelle einen freigelassenen Kindermörder erneut vor Gericht zu stellen. Obwohl Mickey riecht, dass er hier (wieder mal) übern Tisch gezogen werden soll, nimmt er die Herausforderung an. Jason Jessup tötete offenbar vor 24 Jahren die zwölfjährige Melissa Landy. Doch eine DBS-Probe entlastet ihn nun, er wird freigelassen.

Mickey und sein Hauptermittler Harry Bosch sind überzeugt, dass Jessup erneut töten würde. Also müssen Haller und sein Halbbruder, der LAPD-Veteran Harry Bosch, den Fall unbedingt gewinnen. Doch ohne es zu wollen, bringt Mickey damit seine eigene und auch Harrys Tochter in tödliche Gefahr …

_Der Autor_

Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood. Auch „Der Mandant“, der erste Mickey-Haller-Roman soll hochkarätig verfilmt werden, doch es gibt „künstlerische Differenzen“, und so wurde der Regisseur ebenso gefeuert wie der Star Matthew „Hochzeitsplaner“ McConnaughey.

Zuletzt erschienen „So wahr uns Gott helfe“, „The Overlook / Kalter Tod“, „The Scarecrow/Sein letzter Fall“ (siehe meine Berichte) und „Nine Dragons/Neun Drachen“.

Weitere wichtige Romane:

„Schwarze Engel“ (1998)
„Der Poet“ (1996)
Schwarzes Echo (1991)
„Kein Engel so rein“ (City of Bones, 2002)
„Unbekannt verzogen“ (Chasing the dime)
„Letzte Warnung“ (Lost light)
„Die Rückkehr des Poeten“ (The narrows)
The Overlook (2008)

_Handlung_

|Das Angebot |

Bei einem teuren Mittagessen bekommt Rechtsanwalt Mickey Haller vom Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles County, Gabriel Williams, ein ungewöhnliches Angebot, das er fast nicht ablehnen kann. Haller soll diesmal an Williams‘ Stelle treten und die Staatsanwaltschaft gegen Jason Jessup vertreten. Das bedeutet, die Seiten von der Verteidigungs- zur Anklagebank zu wechseln.

Dafür braucht Mickey einen echt guten Grund. Null Problemo: Jason Jessup wurde vor 24 Jahren für den Mord an einer Zwölfjährigen zu Lebenslang verurteilt, allerdings nur aufgrund von wenigen Indizien, darunter einer DNS-Spur. Diese DNS-Spur wurde kürzlich von einem bürgerlichen Überprüfungsinitiative, dem GJP (Genetic Justice Project), als nicht zu Jessup gehörig identifiziert. Daher hat der Oberste Gerichtshof Jessup freigesprochen. Gleich darauf erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage, denn nicht nur die DNS-Spur hat seinerzeit zu Jessups Verurteilung geführt. Leider ist die Staatsanwaltschaft mit dem Makel behaftet, sie habe Beweise manipuliert. Folglich bracuht sie einen Juristen besten Rudes, einen wie Mickey Haller.

|Harry Bosch|

Mickey will nicht, dass der Mörder erneut frei herumläuft, denn er hat selbst eine Tochter im Teenageralter. Doch natürlich stellt er Bedingungen. Harry Bosch, ein Cop, soll sein Ermittler sein und Margaret McPherson, Mickeys Exfrau, soll seine rechte Hand sein und nach Zentral-L.A. ziehen dürfen. Williams willigt ein, denn er bangt um seine Karriere als Bezirksstaatsanwalt. Doch schon bei der ersten Pressekonferenz muss er Mickey zurechtweisen. Mickey nimmts gelassen: Williams‘ könne ihn nicht mehr entlassen, sonst würde er unglaubwürdiger wirken, als er es eh schon ist.

|Die Ermittlung|

Mit seinen beiden Helfern macht sich Mickey ans Werk. Bosch hat den Verbrecher ins Gerichtsgebäude überstellt und die Beweise und Akten besorgt. Maggie hat die Geschichte des Falls aufgerollt. Melissa Landy lebte bis zu ihrem Tod in einer wohlhabenden Gemeinde von L. A., die unweit einer beliebten Kirche lag. Um die Kirche kurvten sonntags Abschleppwagen, um unrechtmäßig abgestellte Autos der Kirchgänger abzuschleppen und so ein gutes Geschäft zu machen. Jason Jessup war so ein Fahrer. Er wurde von Melissas Schwester Sarah identifiziert: Er habe Melissa entführt. Deren Leiche wurde in einem Müllcontainer gefunden, wenigstens wurde sie nicht vergewaltigt.

Aber Bosch hat mit Jessup kurz gesprochen. Er stellt Mickey eine unangenehme Frage: Was, wenn es nicht Jessup um seine Haftentschädigung gehe, sondern auch der Staatsanwaltschaft darum, eine millionenschwere Entschädigungszahlung zu umgehen? Was, wenn keiner Jessup verurteilt haben wolle, sondern es in Wahrheit nur um Geld ginge? Mickey ist jedoch überzeugt, dass es Williams ernst meinte, als er Mickey auf Jessup ansetzte. Wirklich?

Bosch gelingt es, die wichtigste Zeugin selbst nach 24 Jahren ausfindig zu machen: Sarah, Melissas Schwester, lebt nahe Seattle. Als er mit der Staatsanwältin Maggie dort eintrifft, findet er Sarah bei einer ehrlichen Arbeit vor: Sie ist künstlerische Glasbläserin. Und endlich runter von den Drogen, die ihr Leben zerstört haben. Zum Glück erkennt sie Jessup auf dem Foto sofort. Und sie hat eine Erklärung für die DNS ihres Stiefvaters auf ihrem Kleid, das an jenem Tag von Melissa getragen wurde …

|Mulholland Drive|

Der Special Investigation Service des LAPD sorgt für eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung von Jessup. Bosch liest die Protokolle und stößt auf eine Besonderheit. Während sich Jessup in der ganzen Stadt seiner neuen Freiheit erfreut, treibt er sich nachts im Rotlichtviertel herum – und in den Parks am Mulholland Drive, hoch über dem Lichtermeer der Stadt. Was hat er dort zu suchen, wundert sich Bosch. Die Überwacher sagen ihm, Jessup sitze bloß da. Mitten in der Nacht? Soll das wirklich alles sein? Bosch beschließt, der Sache selbst vor Ort auf den grund zu gehen.

Im Park findet Bosch eine Stelle am Fuße eines großen Baums, an der eine Kerze angezündet wurde. Aus welchem Grund, fragt er sich, und entgegen der Vorschrift, im Park kein offenes Feuer zu entzünden. Er trifft Rachel Walling, die FBI-Agentin, der er seine Unterlagen zum Durchlesen gegeben hat. Sie eröffnet ihm, dass der Fall Jessup von Anfang an falsch interpretiert worden sei. Und dass Jason Jessup ein Wiederholungstäter ist, der wieder anfangen könnte, Kinder zu ermorden …

_Mein Eindruck_

Im Roman führt der Autor die zwei Erzählfäden um Mickey Haller auf der einen Seiten und Harry Bosch auf der anderen annähernd parallel. Das ist gar nicht mal so langweilig. Denn was Bosch, der paranoide Schnüffler, herausfindet, läuft so ziemlich dem zuwider, was Mickey Haller vor Gericht beweisen möchte: Dass Jessup vor 24 Jahren Gelegenheit und Motiv hatte, um ein zwölfjähriges Mädchen zu töten – was es nun neu zu verhandeln gilt.

Bosch findet jedoch heraus, dass Jessup eine ganze Reihe von Mädchenmorden auf dem Gewissen haben könnte. Und was macht die Verteidigung? Jessups Anwalt mag zwar aus England kommen, ist aber mit allen Wassern gewaschen. Er will die Schuld von seinem Mandanten – logisch! – abwälzen und beschuldigt seinerseits die Kronzeugin, es mit ihrem Stiefvater getrieben zu haben. Dieser vielmehr habe ihre Schwester auf dem Gewissen, nicht etwa Jessup.

Vor Gott und vor Gericht sind die Menschen bekanntlich wehrlos. Und so ist einfach alles möglich. Das ist ebenfalls spannend zu lesen – falls man auf Gerichtsverfahren steht, deren Ausgang schon meilenweit im Voraus abzusehen ist. Und das ist hier leider der Fall, guter Mickey. Dass Jessups Verteidiger es ausgerechnet mit der Richterin des Verfahrens verdirbt, ist zwar schön für Mickey, aber schlecht für die Spannung der Story: Das Pendel schwingt viel zu früh auf die eine von zwei Seiten.

Die wirkliche – und so ziemlich einzige – Überraschung folgt NACH dem Schuldspruch, jedoch vor dem Urteil, das eine Jury aus Schöffen zu fällen hat. Und mehr soll darüber nicht verraten werden, um nicht die Spannung zu verderben.

_Die Übersetzung _

Der Veteran Sepp Leeb hat auch diesen Connelly-Titel bestens übertragen, so dass sich der Text flüssig liest und der Jargon natürlich klingt. Druckfehler, die ja besonders im Taschenbuch verbreitet sind, konnte ich erstaunlicherweise keine entdecken.

_Unterm Strich_

Mickey Hallers ungewöhnlicher neuer Fall findet ihn diesmal auf der anderen Seite des Gerichtssaales. Es ist eine Erfahrung, die er allerdings nicht wiederholen möchte. Das Gerichtsverfahren und die es begleitende Ermittlung durch Harry Bosch liefern Wendung auf Wendung, doch das Ziel ist von vornherein ebenso klar wie der Ausgang den Erwartungen entsprechend.

Die eigentliche Überraschung erfolgt bei diesem nur mäßig spannenden Verlauf erst NACH dem Schuldspruch. Doch wer hofft, nun käme Bosch endlich zu seinem Recht, irrt leider auch hier, und der Showdown ist viel zu kurz. Der Autor ist eben ein grundsolider Polizeireporter, aber als Thrillerautor hätte er hier noch ein oder zwei Schippen Spannungsmomente drauflegen sollen. Irgendwie fehlte mir hier der ersehnte Adrenalinschub.

|Der arme Staatsanwalt?|

Gut möglich, dass Hallers Schöpfer, der hochgelobte und folglich einflussreiche Thriller-Autor Michael Connelly, in seinem Gerichtsroman diesmal der anderen Seite Gerechtigkeit widerfahren lassen wollte. Ach, wie schwer ist doch das Werk des Staatsanwalts! So soll wohl der erwünschte Stoßseufzer des mitleidigen Lesers klingen.

Leider verfehlte die Story diese Wirkung bei mir völlig. Staatsanwälte werden nämlich in den USA gewählt, ähnlich wie Sheriffs oder Bürgermeister. Das ist OK. Das ist Demokratie, also Volksherrschaft. Weniger OK ist, dass sie ihre politische Karriere, die sie durchaus zum Amt des Gouverneurs führen kann (nicht jeder Gouverneur muss ein Filmstar wie Reagan oder Schwarzenegger sein), von entsprechenden Lobbyisten bezahlen lassen und natürlich nicht vermeiden können, sich diesen Lobbys gefällig zu erweisen.

Der einzige Pfiff an diesem Thema besteht also darin, im Roman den Staatsanwalt wg. Befangenheit außen vor zu lassen und stattdessen einen Verteidiger diese Position einnehmen zu lassen. Zwar unterlaufen Mickey Haller ein paar Schnitzer, weil er manchmal die Seiten verwechselt, aber mit Hilfe seiner tüchtigen Sekundantin MacPherson kriegt er den Ball doch noch ins Tor. Man fragt sich daher: Wann macht es Michael Connelly endlich wie der selige Robert P. Parker und schreibt einen Roman über eine weibliche Anwältin oder Detektivin?

Ich jedenfalls hatte das Gefühl, für mein Geld nicht die erhoffte Unterhaltung geboten bekommen zu haben. Connelly hat inzwischen schon den nächsten Mickey-Haller-Roman veröffentlicht: „The Fifth Witness“.

Fazit: vier von fünf Sternen.

|Taschenbuch: 493 Seiten
Originaltitel: The Reversal (2010)
Übersetzung: Sepp Leeb
ISBN-13: 978-3426507902|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de
[www.michaelconnelly.com]http://www.michaelconnelly.com

_Michael Connelly auf Buchwurm.info (in Veröffentlichungsreihenfolge):_
|Harry Bosch:|
[„Schwarzes Echo“ 958
[„Schwarzes Eis“ 2572
[„Die Frau im Beton“ 3950
[„Das Comeback“ 2637
[„Schwarze Engel“ 1192
[„Dunkler als die Nacht“ 4086
[„Kein Engel so rein“ 334
[„Die Rückkehr des Poeten“ 1703
[„Vergessene Stimmen“ 2897
[„Kalter Tod“ 5282 (Buchausgabe)
[„Kalter Tod“ 5362 (Hörbuch)

[„Das zweite Herz“ 5290
[„Der Poet“ 2642
[„Im Schatten des Mondes“ 1448
[„Unbekannt verzogen“ 803
[„Der Mandant“ 4068
[„L.A. Crime Report“ 4418
[„So wahr uns Gott helfe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6291
[„Sein letzter Auftrag“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7088

John Brunner – Das Geheimnis der Draconier

Warnung an die Erde: Genetischer Kapitalismus

Im Jahr 2020 stößt eine internationale Expedition 19 Lichtjahre von der Erde entfernt auf die Spuren einer menschenähnlichen Kultur: die der Draconier im System Sigma Draconis. Als spektakulärstes Artefakt hinterließen sie ein Teleskop, das sie aus einem natürlichen Mondkrater herausarbeiteten. Nachfolgende Expeditionen liefern den Beweis, dass die Draconier schon 3000 Jahre nach ihrer Entstehung untergingen. Eine fieberhafte Suche nach dem Grund für das Verschwinden der Fremden beginnt, damit eine ähnliche Entwicklung auf der übervölkerten Erde verhindert werden kann. Im Jahr 2028 landet die vierte Expedition auf der fremden Welt – und sie soll über die Schließung der Kolonie entscheiden.
John Brunner – Das Geheimnis der Draconier weiterlesen

Clive Staples Lewis – Das Wunder von Narnia (Die Chroniken von Narnia)

Wunderbar: Weltenreise mit Ringticket

Die mehrbändigen „Chroniken von Narnia“ stehen in Großbritannien auf einer Stufe mit dem „Kleinen Hobbit“, „Alice in Wunderland“ und dem „Wind in den Weiden“. Zu Weihnachten 2005 kommt sogar eine 200 Mio. Dollar teure Verfilmung des Stoffes in unsere Kinos. Narnia ist also aktueller denn je!

Dieser Teil der siebenbändigen Saga berichtet von der Entstehung Narnias, woher die böse Zauberin Jadis kam und welche Rolle Adamssöhne und Evastöchter bei der Gestaltung des Landes spielten. Obwohl also viel später als „König von Narnia“ entstanden, spielt die Handlung vor den in diesem Buch geschilderten Ereignissen.

Clive Staples Lewis – Das Wunder von Narnia (Die Chroniken von Narnia) weiterlesen

Wallner, Michael – Blutherz

_Mit Turboschwangerschaft zur Göttin der Vampire_

Die 17-jährige Beinahe-Schottin Samantha verliebt sich in Taddeusz, den ältesten Sohn einer steinreichen Londoner Ärztefamilie. Doch Taddeusz hat ein düsteres Geheimnis: Er entstammt einem Jahrhunderte alten Vampirgeschlecht. Sein jüngerer Bruder Richard versucht, Samantha vor dem gefährlichen Einfluss und der Macht des Clans zu schützen – doch das Mädchen steckt schon mittendrin.

_Der Autor_

Michael Wallner wurde 1958 in Graz geboren und hat als Schauspieler und Regisseur gearbeitet. Er lebt seit 1997 als Roman- und Drehbuchautor in Berlin. Von ihm sind u. a. die Romane „Manhattan fliegt“ (2000), „Cliehms Begabung“ (2000) und „Finale“ (2003) erschienen. International bekannt wurde er durch den bis heute in 24 Länder verkauften |Luchterhand|-Bestseller „April in Paris“ (2006); eine Verfilmung dieses Buches ist in Vorbereitung. Zuletzt erschien von Michael Wallner bei |Luchterhand| der Roman „Zwischen den Gezeiten“ (2007). Sein erster Roman bei |cbj| war [„Zeit des Skorpions“ 5174 (2008).

_Handlung_

Die 17-jährige Samantha Halbrook arbeitet als Lernschwester am Chelsea and Westminster Hospital, einem riesigen Komplex in West-London. Nur der Schwester ihrer Mutter hat sie es zu verdanken, dass die Schülerin aus dem nordenglischen Kaff Lower Liargo überhaupt im mondänen London einen Unterschlupf gefunden hat. Deshalb ist Sam auch bereit, sich im Untergeschoss mit einem besseren Lagerraum als Wohnungsersatz zufriedenzugeben.

Täglich beobachtet sie, wie der Chefarzt Sir Kennock Transplantationen vornimmt oder plant. So etwa beim elfjährigen Andrew, dessen einzige Niere den Dienst quittieren will. Doch Andrew hat eine seltene Blutgruppe und wird so bald keine neue Niere bekommen. Täglich wird sein Blut gewaschen. Hier lernt Sam, dass Blut ein ganz besonderer Stoff ist. Und bei wem es versagt, den fährt man schon bald mit den Füßen voraus in die Leichenlagerhalle …

Um aus ihrem Alltagstrott herauszukommen, besucht der aufgeweckte Rotschopf eine Disco im Stadtzentrum. Sie hat natürlich keine Chance, am Türsteher vorbeizukommen, denn schicke Klamotten kann sich die Lernschwester nicht leisten. Aber ein hochgewachsener Mann, der aus einem Luxusschlitten steigt, nimmt sie einfach höflich am Arm und bittet um ihre Gesellschaft. Er nennt sich Teddy und hat einen gewissen Charme, dem sie nicht widerstehen kann. Schwupps, ist sie drin im Tanzschuppen. Natürlich gehen die Drinks auf ihn. Als ein muskelbepackter Typ Samantha schräg anmacht, wirft ihn Teddy quer durch den Raum. Wow, solche Kraft hätte Sam ihrem Galan gar nicht zugetraut.

Doch leider meldet er sich erst vier Tage später, als sie sich schon ganz in ihn verliebt hat, wieder, um sie zu einem privaten Abendessen einzuladen. In dem schlossartigen Bau am vornehmen Belgrave Square lernt sie Teddys Vater Valerian Koranyi kennen, den sie sehr freundlich findet und der sie den anderen Gästen vorstellt. Sie soll zu Valerians Rechten sitzen, als wäre sie ein Promi. Sam wird ganz nervös. Erst recht, als ein magerer Kerl auftritt, der wie betrunken an die Tafel torkelt und unverständliches Zeug brabbelt. Es ist Richard, Teddys Bruder. Diener bringen ihn weg.

Und hinterher zeigt ihr Teddy, pardon: Taddeusz Koranyi seine Gemächer. Dabei ergibt sich die Gelegenheit, die Standfestigkeit des Himmelsbetts zu testen: Sam schläft mit ihm. Seltsam findet sie allerdings, dass er sie nicht küssen will. Wenige Tage später stellt sie fest, dass ihre Periode überfällig ist. Keiner von ihnen beiden hat daran gedacht, an Verhüterli zu denken. Und da am nächsten Morgen niemand im „Palast“ anzutreffen ist, kann sie Teddy auch nicht darauf ansprechen. Nur Richard liegt in seinem Bett: Er erhält eine Bluttransfusion – in den Hals …

Teddy besucht sie im Hospital. Er bringt ihr ein kleines Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit, hergestellt aus der „Bariactar-Kirsche“, sagt er. Das Zeug riecht zwar wie Ziegenpisse, stärkt sie aber im Nu, als wäre es flüssiges Feuer. Sie solle sparsam damit umgehen. Sie fragt ihren Wohltäter, ob er nicht auch etwas für den armen Andrew tun könne. Wie sich herausstellt, verdienen die Koranyis mit dem Transport von Transplantationsorganen sehr gut. Teddy sagt, er werde Andrew vielleicht eine neue Niere besorgen können. Sam ist froh.

Doch dieser gute Eindruck wird schwer gestört, als Richard in der Klinik auftaucht. Er kann sich kaum auf den Beinen halten, was nicht gerade zu seiner Glaubwürdigkeit beiträgt, aber er ist nicht betrunken, nur schwach. Der junge Mann mit dem blassen Teint und der Sonnenbrille behauptet, einer Familie von Vampiren anzugehören, die alle schon mehrere hundert Jahre alt seien. Wie absurd!, denkt Samantha. Allerdings: Sie hat weder Teddy noch Richard bei Tageslicht gesehen.

Im Internet über Vampire zu recherchieren, ist kinderleicht, findet sie, doch es stellt sich heraus, dass alles, was dort getextet wird, aus Legenden, Hörensagen und Geschwätz besteht. Die einzige Tatsache: Es gab einen angeblichen Urvater der Vampire namens Fürst Vlad III Tzepesz, genannt der Pfähler und Dracul, weil er dem Drachenorden angehörte. Seine Gebeine seien in einem Kloster bei Hermannstadt begraben, sein Kopf aber sei in Konstantinopel ausgestellt worden.

Ein Tag mit Teddy in den Gewächshäusern der Kew Gardens verläuft ohne Zwischenfall, doch Sam muss feststellen, dass sie nach seiner Liebe lechzt. Richard warnt sie eindringlich: Teddy habe sich mit einer speziellen Sonnenschutzcreme gegen die Folgen der Sonnenbestrahlung gewappnet, alles sei nur ein Trick. Inzwischen ist ihre Schwangerschaft sichtbar, was Sam wirklich verblüfft: Sie sieht nach fünf Wochen aus, als wäre sie im fünften Monat! Richard erkennt, dass die Koranyis, also Teddy und sein Vater Valerian, irgend etwas mit ihr und ihrem Kind vorhaben, sonst hätten sie Sam längst zu einer der Ihren gemacht: einer Blutsaugerin. Doch worin könnte dieser Plan bestehen?

Der junge Andrew bringt sie auf eine Idee: Wenn er Sorgen hat, will er zu seiner Mama. Und deshalb fährt Sam mit dem nächsten Zug nach Lower Liargo, nahe beim alten Hadrianswall. Ihr Vater ist hier Vikar, ein Seelsorger von sanftem Gemüt, aber entschlossenem Handeln. Von ihm hört sie zum ersten Mal von den Jüngern Fortrius, die in der Gegend die blutigen Bräuche der alten Pikten wiederaufleben lassen. Hier hat Sam einen schrecklichen Traum voller Omen, der sich auf prophetische Weise erfüllen könnte. Denn darin treten Valerian und der dunkle Gott Fortriu, dem er dient, selbst auf: mit Sam als Opfer …

Doch die Vampire haben nicht mit Sams Einfallsreichtum und Richards Verrat gerechnet. Ein Zeitenwechsel bahnt sich an …

_Mein Eindruck_

Zunächst lässt sich der Roman an wie jede Vampirgeschichte, die seit Bram Stokers Klassiker „Dracula“ geschrieben wurde. Und das ist auch der Teil, der mich am meisten enttäuscht hat. Samantha Halbrook hat zu wenig Individualität, als dass sie wie ein richtiger Mensch erscheint, aber auch nicht zu viel, so dass sich jugendliche Leser um 17 Jahre immer noch mit ihr identifizieren können. Ein erwachsener Leser dürfte sich deshalb wenig von ihrer Geschichte angesprochen fühlen (es sei denn, er sammelt sämtliche Vampirgeschichten, die je geschrieben wurden – das ergäbe eine voluminöse Bibliothek).

|Der hilfreiche Verräter|

Wirklich interessant ist vielmehr Richard, der junge Vampir, der gar keiner sein will. Wir erfahren zwar nicht seinen Grund dafür – was ich sehr bedauere -, aber die Folgen seiner Abstinenzlerhaltung sind für Sam ziemlich positiv: Er wird zu ihrem größten Helfer, und zwar nicht bloß wegen seiner goldenen Kreditkarte. Leider ist er wegen seiner Verweigerungshaltung etwas ungeübt in den Vampirkünsten, insbesondere Verwandlung in Fledermaus, Spinne und Wolf, vom Nebel ganz zu schweigen.

|Die Pikten und Fortriu|

Und Richard ist auch einer der drei Koranyis, der die Verbindung zu Fortriu herstellt. Fortriu, der dunkle Gott aus Transsylvanien, ist der Gott der Pikten, die angeblich aus dieser Gegend, der römischen Provinz Dacia, stammen. Als die Jünger Fortrius nun in Samanthas Heimat Lower Liargo aktiv werden, interessiert dies nicht bloß die drei Koranyis, sondern ganz dringend auch Sam selbst.

Die Pikten saugten offenbar Blut aus ihren Menschenopfern, was schon mal ziemlich vampirisch klingt. Und sie vermischten sich mit den Schotten am Hadrianswall, von denen Sam abstammt. Deshalb finden Teddy und Valerian den Rotschopf so außergewöhnlich attraktiv, um ihre Nachkommen hervorzubringen. (Es gibt noch einen weiteren Grund, aber der darf hier nicht verraten werden, weil er als große Überraschung im Finale präsentiert wird.)

Samantha erkennt ihre strategische wichtige Bedeutung in den Plänen der beiden Vampir-Koranyis, die sie als Mutter des nächsten Erben einnimmt, und nutzt diese Stellung aus. Zudem fällt ihr das leicht, weil sie sich immer mehr als Verbrecher herausstellen: Sie haben das Unfallopfer, dessen Niere der kleine Andrew bekommt, selbst umgebracht. Doch um sich selbst aus der gestellten Falle befreien zu können, muss sie, wie sich herausstellt, nicht nur den Jüngern Fortrius entgehen, sondern auch zurück zu den Ursprüngen des Fortriu-Kults gehen: nach Transsylvanien selbst.

Wie bei Bram Stoker findet hier ein fein eingefädelter Showdown mit Valerian statt, doch die besondere Rolle der „Bariactar-Kirsche“ für Sam erweist sich als segensreich. Erstaunlich, wie eine nach 13 Wochen hochschwangere junge Frau noch kämpfen kann. Ihr prophetischer Traum erfüllt sich auf eine ganz eigene, unvorhergesehene Weise. Und fortan wird für die europäischen Vampire nichts mehr so sein wie zuvor.

_Unterm Strich_

„Blutherz“ klingt zunächst nach einem der handelsüblichen Vampirromane von Wolfgang Hohlbein. Und die ersten zwei Drittel lassen auch keine Eigenständigkeit gegenüber diesem Vorbild erwarten. Das hat mich ziemlich enttäuscht. Doch dann entwickelt die Heldin noch erhebliche Initiative, bis sie im Finale die Oberhand behält. Das klingt schon weniger nach Hohlbein. Auch die Idee, Fortriu selbst, den Obergott der Vampire, auftreten zu lassen, fand ich originell.

Sicher ist es ein sexy Bild, sich eine Hochschwangere nackt auf einem Opferaltar vorzustellen, allerdings keines, das ich einem Minderjährigen zumuten würde. Solche Szenen finden sich gemeinhin eher in Horror-Fantasy-Erzählungen im Internet. Und auch das Inzest-Motiv ist wohl eher etwas für erwachsene Leser. Dagegen spricht aber die Jugend der Heldin und ihres Helfers Richard (der ja auch erst 114 Jahre alt ist, nicht gerade ein biblisches Vampiralter) und ihre beiderseitige, ziemlich sympathische Unerfahrenheit in Sachen Liebe, Schwangerschaft und Autofahren, von Begegnungen mit Göttern ganz zu schweigen. Samantha ist die erwachsen gewordene Version von Bella, Stephenie Meyers keuscher Vampirbraut.

Der Erzählstil Wallners ist anspruchslos, aber kompetent genug, um seine Story voranzubringen. Man merkt, dass er sich nicht für Landschaften und deren Stimmung interessiert, sondern vielmehr für ihre Geschichte. Der Stil ist straff, fast schon zu straff – Hohlbein hätte sicherlich fünfzig Prozent mehr Text produziert, wäre aber dadurch wesentlich langweiliger geworden. So aber konnte ich das Buch im letzten Drittel nicht mehr aus der Hand legen, sondern wollte unbedingt erfahren, wie die Geschichte ausgeht. Das ist eine Empfehlung für spannende Lektüre.

|Empfohlen ab 14 Jahren
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 320 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-16046-6|
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/

Lee Child – Der Ermittler (Jack Reacher 21 )

Reacher „ermittelt“ in Hamburg

Im Jahr 1996 belauscht ein Undercover-Agent der CIA ein Gespräch zwischen islamistischen Terroristen in Hamburg. »Der Amerikaner will hundert Millionen Dollar.« Doch er kann nicht herausfinden, wer diese Summe verlangt und wofür. Fest steht nur, dass es um einen Terroranschlag in ungeahntem Ausmaß geht. Die CIA stellt eine Spezialeinheit auf, um in Deutschland zu ermitteln. Dafür zieht sie mit Jack Reacher auch den besten Militärpolizisten hinzu, den die U.S. Army zu bieten hat. Und Reacher zögert keine Sekunde, die beste Ermittlerin, die er kennt, als Unterstützung hinzuzuziehen: Sergeant Frances Neagley. (Verlagsinfo)

Lee Child – Der Ermittler (Jack Reacher 21 ) weiterlesen