Alle Beiträge von Tolga Karabagli

Jason Arnopp – The Darkness – The Unofficial Book

So wie Justin mitsamt seinen Bandkollegen vom Buchcover den Leser anschmachtet, denkt man unweigerlich an den berühmten Refrain von ‚I Believe In A Thing Called Love‘: „Touchin´ youuuhuuuuu, touchin´ meeeheee“. Doch halt, bis es dazu kommen sollte, mussten die Jungs, allen voran Justin, um den es sich hier in erster Linie dreht, einiges durchmachen. Auf recht kurzweilige und unterhaltsame Art und Weise legt Jason Arnopp, der vorher 14 Jahre für das berühmt-berüchtigte KERRANG!-Magazin geschrieben hat, den Werdegang von Justin dar. Angefangen von der Schulzeit bis hin zu den unzähligen Bands, in denen er vorher schon gespielt hat, wird alles Stück für Stück beschrieben. Sehr positiv an dem Buch sind die vielen guten Fotos und die leichte Lesbarkeit.

Was auf jeden Fall unverzeihlich ist, ist der Tippfehler (oder auch die Unkenntnis) des Schreibers oder auch Übersetzers beim Namen Bon Scott (AC/DC), der hier als „Ben Scott“ tituliert wird (S. 54). Aber trotz dieses Fauxpas erfährt der/die Leser/in viele Details und kann sich nach der Lektüre auch einen Reim auf das Phänomen DARKNESS machen. Zu den Details gehört z. B., dass IKEA einen sehr hohen Anteil am Entstehen des Debütalbums hatte und dass die Band mit ihrem Musikstil alles andere als offene Türen bei den Labels einrannte. Erwähnenswert sind desweiteren die recht anzüglichen Texte, die in dem Buch erläutert werden, ebenso, was es mit Justins Tattoos so auf sich hat.

Alles in allem ein gutes Buch für alle DARKNESS-Fans und diejenigen, die´s werden wollen. Mit fünfzehn Euro hält es sich – trotz aufwendiger Gestaltung – auch im finanzierbaren Rahmen und kostet in etwa so viel wie ein durchschnittlicher Kinobesuch am Samstagabend.

Pürner, Stefan – Geklont – 12 verblüffende Kurzgeschichten, die Sie früher oder später erleben werden

Sind wir nicht alle geklont? Nun, noch nicht, doch hätte irgendeiner von uns, sagen wir mal vor 50 Jahren, sich erträumt, dass wir heute ins All fliegen, mobil telefonieren, im Internet surfen oder Musik auf MP3-Format komprimieren können? Genau dieser Frage ist der Autor Stefan Pürner nachgegangen, der Rechtsanwalt ist und viele juristische Fachveröffentlichungen publiziert hat. Ferner hat er in den Siebzigern Lyrik und Prosa verfasst, aber auch Journalistisches wie Konzertkritiken.

In zwölf Kurzgeschichten zeigt der Autor auf, was auf uns alle zukommt, wenn das Klonen irgendwann einmal alltäglich ist. Dabei ist es verblüffend, wie sehr die Geschichten aus dem Leben gegriffen sind. Was wäre z. B., wenn die Frau/der Mann, die/den ihr liebt, mehrfach existiert? Heute gehen wir ja davon aus, dass wir alle einzigartig sind, aber in einer Welt, in der das Klonen zum Alltag gehört, ist das eben nicht der Fall. Und so steht der Protagonist in der Kurzgeschichte vor dem Dilemma, sich für oder gegen seine Liebe zu entscheiden. Und wie schwer das jedem von uns fallen würde, braucht man hier nicht näher zu erläutern. Ein weiteres klassisches Beispiel ist die DNA-Analyse, bei der man (heute) noch fast hundertprozentig den Täter/die Täterin stellen kann. Doch was ist, wenn der Täter geklont ist? Dann könnte jeder der Klone der/die Täter/in sein! Und wenn wir schon beim Thema sind: Was passiert, wenn jemand stirbt und in seinem Testament verfügt, dass sein Klon etwas erbt? Ist der Klon, der fast zu hundert Prozent mit dem Verstorbenen identisch ist, höher gestellt als die leiblichen Kinder?

Allein in den drei von mir aufgeführten Beispielen kann man erkennen, was da alles auf uns zukommt, wenn es irgendwann einmal so weit sein sollte. Aber es gibt auch amüsante Fantastereien! Eine ist z. B. Pearl Babe (bei der eindeutig Janis Joplin Patin gestanden hat), die ihre beste Zeit schon hinter sich hat, aber als Klon feucht-fröhlich durch die Weltgeschichte tingelt und fleißig CDs verkauft. Stellt euch in dem Zusammenhang vor, alle Tribute-Bands heutzutage würden in derselben Besetzung die Bühnen erklimmen wie die einstigen Stars vor zwanzig oder dreißig Jahren. Sprich, Jim Morrison hätte sich nicht ins Grab gesoffen, Bon Scott wäre nie an seinem eigenen Erbrochenen erstickt und Kurt Cobain hatte keine Patronen in seinem Gewehr gehabt. Nun ja, nicht ganz, denn die Hauptprotagonisten würden immer noch unter der Erde verweilen, als Klon jedoch ihren zweiten, dritten oder vierten Frühling erleben. So, als ob nie was geschehen wäre. Und wenn wir schon gerade beim Thema sind: Wie wäre es denn, wenn man ein Künstlerhirn auf eine CD brennen und mit dieser, wie bei einer Software üblich, arbeiten könnte? Nur was ist, und da liegt der Hase im Pfeffer, wenn der Künstler, wie im wahren Leben, rumzickt und mit seinem Nutzer nicht kooperieren möchte? Nein, wir reden hier nicht vom x-ten Windowsupdate, sondern bildlich gesprochen von einem menschlichen Gehirn, das auf einer gebrannten CD weiterlebt. Spannend wäre es schon zu wissen, wie die BEATLES klingen würden, wenn sie nach ihrem letzten Album „Let It Be“ weitere Alben aufgenommen hätten. Doch wollen wir das?

Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Dem Autor ist es gelungen, Denkanstöße zu geben, über die mann/frau nächtelang diskutieren kann. Und, mal Hand aufs Herz: Wer kann das heutzutage in der digitalisierten Welt von sich behaupten, wo wirklich jede Information Tag und Nacht abrufbar und nahezu alles entmystifiziert ist?

http://www.celero-verlag.com/

François Lelord – Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück

Handlung

Hector hat auf den ersten Blick keinen Grund, unglücklich zu sein: Er hat als Psychiater einen festen Kundenstamm, eine gut funktionierende Beziehung mit seiner Freundin Clara und muss nicht am Hungertuch knabbern. Was seinen Beruf angeht, so ist er ein richtig guter Psychiater, denn er besitzt eine Gabe, die ihn von anderen Vertretern seiner Zunft unterscheidet: Er interessiert sich für seine Patienten.

Zwar meinte seine Mutter, dass er ruhig mehr für eine Sitzung verlangen könnte, aber die Leute kommen gerne zu ihm (oder vielleicht gerade deshalb). Doch komischerweise ist er mit sich selbst unzufrieden, denn er konnte seine Patienten nie glücklich machen. Zwar fehlt es den meisten materiell an nichts und sie haben auch alle durch die Bank weg einen guten Job, doch trotzdem (oder gerade deswegen) haben sie alle eines gemeinsam: Sie sind nicht glücklich.

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Cilauro, Santo / Gleisner, Tom / Sitch, Rob – Phaic Tan – Land des krampfhaften Lächelns

Mal ehrlich: Alle kommenden (oder vorangegangenen) Fernreisenden haben sich bestimmt den einen oder anderen Reiseführer zugelegt, der nach der Reise im Keller oder im Buchregal nur noch als Staubfänger dient. Für diese Weltenbummler im Speziellen, aber auch für die Daheimgebliebenen im Ganzen hat der |Jetlag|-Verlag gemeinsam mit |Heyne| ein sehr unterhaltsames Buch herausgebracht: „Phaic Tan – Land des krampfhaften Lächelns“. Nun wird der eine oder andere Asienkenner gleich den nächsten Atlas zücken und danach suchen. Um ehrlich zu sein: Phaic Tan gibt´s nicht! Das sollte aber keineswegs die Leselust auf das Buch vermindern, eher im Gegenteil. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Stellt euch vor, Mel Brooks („Spaceballs“) hätte sich die Mühe gemacht, einen imaginären Reiseführer in Buchform herauszubringen. Dabei steht also in erster Linie der Spaß im Vordergrund.

Was den Aufbau angeht, so kann man auf Anhieb den Unterschied zwischen einem seriösen Reiseführer und der Persiflage nicht erkennen. Zu detailverliebt sind die Bilder, Kommentare und Anmerkungen, die die drei Autoren zusammengetragen haben. Des Weiteren ist das Buch mit Sonderbeiträgen von Personentypen gespickt, denen der eine oder andere auf seinem Asientrip bestimmt schon mal begegnet ist. Als Erstes ist da Pilippe Miseree zu nennen, für den das „authentische Reiseerlebnis“ an vorderster Stelle steht. Tina Payne ist das ideale Gegenstück zu Philippe und reist nach der Devise: „Vorsicht ist besser als Nachsicht …“. Und dann ist da noch der klassische Schnäppchenjäger Sven Teitarssen zu nennen, der glatt als Erfinder der „Geiz ist geil“-Kampagne durchgehen könnte. Zu guter Letzt ist noch Jonathan Quibble zu nennen, der sich für den „Luxusreisenden“ verantwortlich fühlt und nützliche Tipps für diejenigen ausspricht, die nicht auf jeden Cent achten müssen.

Kaum hat man sich mit den Autoren vertraut gemacht, beginnt auch schon der Spaß. Ich weiß nicht, wie´s im englischen Original der Fall ist, aber allein der Wortwitz, der hinter den Ortsnamen steckt, rechtfertigt den Kauf und die Lektüre des Buches. Und wie es sich für eine gute Persiflage gehört, wird alles, wirklich alles auf´s Korn genommen: die Königsfamilie (die thailändische), die Religion, Musik, Gesundheit & Sicherheit, Sprache, Geschichte, Architektur, Wirtschaft, etc. pp. Natürlich dürfen auch nützliche Tipps in Sachen Unterkunft, Restaurants, Nachtleben und Sehenswürdigkeiten nicht fehlen.

Besonders kurios sind die Glücks- und Unglückszahlen, und wie es sich für einen gescheiten Reiseführer gehört, ist am Ende ein kleines Wörterbuch vorhanden, wo neben Grußfloskeln auch nützliche Formeln im Restaurant und im Taxi zu finden sind.

Einzelne Kapitel herauszuheben, ist dabei sehr schwer, da sich das Buch durchgehend gut liest. Dabei lohnt es sich, alle Bilder und Kommentare genau anzuschauen, da man zwei-, dreimal drüberlesen muss, um die genaue Bedeutung herauszufiltern. Den einen oder anderen Muskelkater im Zwerchfell hat die Lektüre in jedem Falle verursacht. Ein idealer Begleiter für alle, die nach Asien oder anderswo reisen, daheim bleiben oder an den Badesee und ins Schwimmbad gehen. Da es sich nicht um eine durchgehende Geschichte handelt, kann man während der Lektüre das Gehirn auf „standby“ schalten und genießen.

Einen kleinen Vorgeschmack findet ihr auf der [Homepage des Verlags,]http://www.randomhouse.de/dynamicspecials/phaic__tan/ wo ihr erste Eindrücke sammeln könnt. Viel Spaß in der „Achselhöhle Asiens“!

Roberts, Adam – Sternenstaub

Während ich darüber nachdenke, wie ich euch dieses geniale Buch schmackhaft machen kann, dudelt |VISION DIVINE|s „The Perfect Machine“ im Hintergrund. Was das mit „Sternenstaub“, dem aktuellen Roman von Adam Roberts, zu tun hat? Nun ja, auch hier spielen intelligente Maschinen, so genannte |Dottechs|, eine entscheidende Rolle. Dabei handelt es sich um Nanotechnologie in ihrer ausgereiftesten Form, denn Sinn und Zweck der so genannten |dotTech| ist es, den Wirt (z. B. einen Menschen) gesund zu halten bzw. seine Lebensqualität zu sichern. Dabei braucht sie keine Anweisungen und arbeitet vollkommen autark. Das heißt im Einzelnen, dass beispielsweise Wunden schneller heilen und die Lebensdauer eines Menschen vervielfacht wird, was wiederum zur Folge hat, dass Lebenserwartungen von neunhundert bis tausend Jahren keine Seltenheit darstellen.

Genau diese Technologie wird dem Protagonisten des Buches, Ae, zur Strafe entrissen. Dieser „wohnt“ auf einem Knaststern, weil er mehrere Menschen auf dem Gewissen hat und somit als letzter Verbrecher der Galaxis gilt. Ihm zur Seite steht eine Aufseherin, aber das ist auch schon das einzig Wahre auf diesem Planeten. Alles andere ist künstlich: der Himmel, die Wiese, die Bäume und der See. Eine Flucht ist so gut wie unmöglich, und trotzdem bekommt Ae eines Tages die Möglichkeit, dieser Tristesse zu entfliehen. Eine Stimme in seinem Kopf, eine so genannte K.I. (Künstliche Intelligenz) ist der einzige Kontakt zwischen ihm und seinen Auftraggebern. Diese unterbreiten ihm einen Deal, der´s in sich hat: Ae muss alle Lebewesen auf einem Planeten liquidieren und hat danach die Möglichkeit, bis zum Ende seiner Tage in Freiheit zu leben. Die Tatsachen liegen dabei klar auf der Hand: Entweder verkümmert er bis zum Ende seiner Tage auf dem Knaststern, oder hat die Möglichkeit, mit Gewissensbissen in Freiheit zu leben. Da Ae vordergründig über kein Gewissen verfügt, stimmt er dem Deal zu.

Das ist der Zeitpunkt, ab dem das „Abenteuer“ seinen Lauf nimmt. Denn der Ausbruch aus dem Gefängnis erweist sich ohne die Dottech als mehr als schwierig. Mit mehr Müh und Not als gedacht, gelingt ihm doch die Flucht, und er findet sich auf dem Raumschiff des Wheah Agifo3acca wieder. Von dort aus reist er dann weiter zu anderen Planeten, immer mit dem Hintergedanken im Kopf, dass seine Auftraggeber von ihm die Ausführung der schier unglaublichen Tat erwarten. Geplagt von einem schlechten Gewissen, stellt Ae eigenhändig Nachforschungen an und dabei den Auftrag zunehmend in Zweifel.

Wie lange dauert es, bis sein Ausbruch aus dem Gefängnis aufgedeckt wird? Wie nah sind ihm seine Verfolger auf den Fersen? Und die alles entscheidende Frage: Springt Ae über seinen Schatten und nimmt für seine persönliche Freiheit den Tod von Millionen Menschen in Kauf?

Adam Roberts ist meiner Meinung nach ein sehr guter und spannender Sci-Fi-Roman gelungen. Angesichts der Tatsache, dass die Nanotechnologie mittlerweile immer öfter in den Medien auftaucht und als Zukunftstechnologie angesehen wird, sind seine Ausführungen auch gar nicht mal so unrealistisch. In Briefform auf einen Stein geschrieben, trägt der Erzählstil ebenfalls dazu bei, die Spannung konstant oben zu halten. Wer weiß, vielleicht wird in hundert oder hundertfünfzig Jahren über Adam Roberts ähnlich visionär wie heute über Jules Verne gesprochen … Das ist natürlich alles noch Zukunftsmusik, aber Fakt ist, dass mit „Sternenstaub“ ein gelungener Sci-Fi-Roman seinen Weg in die Bücherregale gefunden hat. Und daran kann man wirklich nicht rütteln.

Was das Buch selbst angeht, so befindet sich am Ende ein Glossar, das die gängigen eher unbekannten Begriffe im Roman noch einmal erklärt. Eine gute Ergänzung, aber wer das Buch aufmerksam durchliest, für den dürfte das Glossar eher überflüssiger Natur sein.

Kotteder, Franz – Billiglüge, Die – Die Tricks und Machenschaften der Discounter

Mal Hand aufs Herz: Jede/r von uns war schon mal bei Aldi, Lidl, Schlecker und Konsorten einkaufen, oder? Und vor nicht allzu langer Zeit hat selten eine Werbekampagne die Käufermentalität besser auf den Punkt gebracht als: Geiz ist geil! Die Discounter sind, ob wir´s wollen oder nicht, immer stärker auf dem Vormarsch. Aldi zum Beispiel ist Marktführer bei PCs und Laptops, Seidenstrumpfhosen, Toilettenpapier und sogar beim Kaffee die Nummer drei in Deutschland. Der Marktanteil der Discounter beträgt 40 Prozent. Tendenz: Steigend!

Der Autor des Buches, Franz Kotteder, hat sich da so seine Gedanken gemacht, wie zur Zeit die Einkaufsmentalität (nicht nur der Deutschen) beschaffen ist, und welcher Rattenschwanz hinter den „Schnäppchen“ steckt. Hauptberuflich ist er seit 1991 Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“ mit dem Schwerpunkt Kultur, hat sich aber auch als Autor von politischen Sachbüchern einen Namen gemacht.

Dabei fällt auf, dass sich das Buch sehr gut lesen lässt und recht kurzweilig geschrieben ist. Das Thema wird von seinen unterschiedlichsten Seiten beleuchtet. Der Schwerpunkt wird von der Discounterseite auf Aldi, Lidl und Schlecker gelegt. Natürlich gibt es erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Nachahmer, doch die Erstgenannten sind nunmal die Marktführer. Interessant sind vor allem die Persönlichkeiten hinter den „Billigheimern“: Karl und Theo Albrecht (Aldi), Dieter Schwarz (Lidl) und Anton Schlecker (Schlecker). Die Personen hinter den Kulissen passen wie die günstigen Preise zu den einzelnen Ketten. Manch eine Tugend, die man normalerweise unter einer Marotte abtun würde, sieht man angesichts der Milliardenschwere der Gründer unter einem ganz anderen Blickwinkel. Es ist schon interessant, wie sparsam die Gründer sind, denn anders lässt sich ihre Mission, den günstigsten Preis herauszuholen, nicht erklären. Vor allem ist es interessant zu erfahren, wie die Preise zustande kommen bzw. welche Tricks und Kniffs die Ketten dabei anwenden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Behandlung des Personals und warum die Discounter alles andere als darauf erpicht sind, einen Betriebsrat zuzulassen. Dass z. B. bei Rewe genauso viel Personal jeweils hinter der Fleisch-, Bäcker- und Käsetheke steht wie beim Aldi in einem ganzen Markt, ist sehr bezeichnend. Anders lässt es sich nicht erklären, warum die Mitarbeiter bei Aldi z. B. fleißig wie die Bienen ackern müssen, um den Markt in Schwung zu halten. Natürlich werden sie dabei gut entlohnt, doch welchen Preis müssen die meisten Mitarbeiter bei den Discountern zahlen?

Natürlich kommen auch grundlegende Dinge, wie z. B. die Herkunft der Billig-Eier, unter welchen Bedingungen Kakao geerntet wird und die „Produktion“ von Hähnchen und Puten zur Debatte. Danach überlegt man es sich mehr als einmal, ob beim nächsten Einkauf die Ware der Discounter die erste Wahl darstellt. Dasselbe trifft (leider) natürlich auch auf Garnelen zu, und den Preis für diese Produkte zahlt die Umwelt beziehungsweise am Ende der Kette der Verbraucher mit seiner Gesundheit. Die aufgeführten Beispiele bilden leider die Regel, was wohl auf absehbare Zeit nicht gestoppt werden kann.

Dass es aber trotzdem Wege aus der „Geizfalle“ gibt, wird in dem letzten Kapitel aufgezeigt. Interessant ist dabei, wie man das System „Discount“ auch auf einen Biodiscounter übertragen kann. Dabei handelt es sich um den Biodiscounter „Erdkorn“, der vom ehemaligen Aldi-Manager Thomas Hinz gegründet wurde. Die Vorgehensweise ist dabei wie beim Discounter, nur mit dem Unterschied, dass die Mitarbeiter besser behandelt werden und es sich ausschließlich um Bioprodukte handelt. Natürlich haben auch die ihren Preis, ohne Frage, doch kann die Kette die zwar guten, aber sehr teuren Reformhäuser preistechnisch unterbieten.

Alles in allem sind die aufgeführten Fakten schon bezeichnend, denn gerade aktuell wird das Thema in den Medien sehr stark hochgekocht. Seien es die Proteste der Gewerkschaft gegenüber Lidl oder die Einfuhrbeschränkung für aus China stammende Textilien: Das Thema ist aktueller denn je und wird wohl auch in Zukunft mächtig Staub aufwirbeln. Was das Buch angeht, so ist es meiner Meinung nach gut geschrieben, aber die Meinung, die dort vom Autor vertreten wird, ist sehr einseitig. Natürlich ist es leicht, die Discounter an den Pranger zu stellen und sie für vieles verantwortlich zu machen, was sie auch ohne Frage sind. Aber auf der anderen Seite kann ich´s mir nicht erklären, warum dieselbe Hähnchenbrust von „Kupfer“ bei Rewe doppelt so teuer ist wie beim Aldi, obwohl es sich um dasselbe Produkt handelt. Auch in Sachen „Bio“ sind die Discounter auf dem Vormarsch, wo auch hier wieder Aldi Pionierarbeit leistet. Das sind einige Punkte, die mir auch nach zweimaliger Lektüre des Buches nicht unbedingt einleuchten wollen.

Das Beste aber ist es, wenn ihr euch selbst das Buch zulegt, um euch ein eigenes Bild von den „Zuständen“ bei den Discountern zu machen. Spannend ist es auf jeden Fall, und wer Cents, ähm, ich mein Blut geleckt hat, dem seien noch folgende Bücher als Ergänzung empfohlen:

Dieter Brandes, „Die 11 Geheimnisse des Aldi-Erfolgs“, Frankfurt/Main 2003

Dieter Brandes, „Konsequent einfach – Die Aldi-Erfolgsstory“, München 2001

Andreas Hamann und Gudrun Giese, „Schwarz-Buch Lidl – billig auf Kosten der Beschäftigten“, herausgegeben von Verdi, Berlin 2004

Naomi Klein, „No Logo – Der Kampf der Global Players um Marktmacht“, München 2001