Alle Beiträge von X-Zine

Naipaul, Vidiadhar S. – Magische Saat

Sir Vidiadhar Surajprasad Naipaul – einer der bedeutsamsten Englisch schreibenden Romanciers der Gegenwart. Umstritten, geschätzt, verachtet. Nun treibt sein Werk langsam dem Ende entgegen. Er weiß das, erkennt die Begleiterscheinungen des Alterns und will doch nicht zur Ruhe kommen. Es wäre für ihn ein Akt der Schwäche, sich einzureden, er habe nichts mehr zu tun, nun wo er dreiundsiebzig Jahre alt sei und Bestätigung erfahren habe. Bestätigung – einhergehend mit der verschwundenen Angst des Versagens – damit ist der Literaturnobelpreis gemeint, der dem indischstämmigen Autor 2001 verliehen wurde: „Für seine Werke, die hellhöriges Erzählen und unbestechliches Beobachten vereinen, und die uns zwingen, die Gegenwart verdrängter Geschichte zu sehen“, kommentierte die Königlich-Schwedische Akademie die Preisverleihung. In Naipauls nach seinen eigenen Worten letztem Roman „Magische Saat“ ist davon nur noch wenig zu spüren. Der Mensch hinter den Zeilen erinnert an einen alten, müden Wolf. Ein Zähnefletschen, immer noch in Auflehnung gegen die Zeit, ein Kratzen und Schnappen, gefangen gesetzt in einer ureigenen Misere, aus der es kein Entrinnen zu gibt – außer der eigenen Lebensmüdigkeit.

Es ist eine Begegnung mit einem alten Bekannten: Willie Chandran, die zerrissene Gestalt aus „Ein halbes Leben“. Nach seinem ruhelosen Aufbruch aus der beklemmenden Enge des indischen Subkontinents, seinen Irrwegen durch das befremdliche Nachkriegslondon und einem temporärem Verschnaufen von rund zwanzig Jahren in Afrika, flieht Chandran schließlich nach Westberlin. Seine Schwester Sarojini – ebenfalls vor den indischen Wurzeln geflohen – hat sich hier ein neues Leben aufgebaut, zusammengehalten von marxistischer Ideologie, Kulturkritik und Weltverbesserungsträumen. Während Willie immer wieder strauchelte, scheint sie in der Lage, frei zu stehen. Doch um ihre neue Identität zu wahren, muss die Schwester den Bruder in ihr eigenes Weltbild zwängen und drängt ihn schließlich in den Entschluss, Berlin, Europa, den Westen zu verlassen und nach Indien zurückzukehren, um sich dort einer Revolutionsbewegung der Untersten anzuschließen. Etwas für andere Menschen zu tun und sich wahren Idealen zu zuwenden. Gewappnet mit einem neuen Selbstwertgefühl und den Lehren Gandhis im Gepäck, kehrt Willie in seine einstige Heimat zurück – doch das Einzige, was ihm begegnet, ist abermals Fremdheit. Die Hoffnung, eigene Wurzeln und den richtigen Platz in der Welt zu finden, versinkt im Morast einer neuen Odyssee. Ziellos treibt der revolutionäre Widerstand durch den schwülen, indischen Dschungel, verfängt sich im Spannungsfeld zwischen indigener Tradition und postkolonialer Katerstimmung und geht schließlich in eigenen Trugbildern verloren zu Grunde.

Willie, selbst ohne Halt, begegnet in Form einzelner Rebellen diversen Facetten dieser hoffnungslosen, verlogenen Welt und wird in ihrem trüben Kielwasser fortgespült. Erst als er plötzlich zu einem Mord gedrängt wird, erkennt er, dass er dieser Welt entfliehen muss, will er nicht wie all die anderen Gescheiterten in ihr enden. Auf die Jahre im Dschungel folgen Jahre im Gefängnis. Denn als sich Willie der Polizei stellt, weiß er nicht, dass Kapitulation keinen Passierschein in die Freiheit garantiert. Doch mit dem Gefängnis kommt Zeit für Selbstreflexion, Willie findet Ruhe, ja, Normalität – und sogar Glück. Es ist ein alter Bekannter aus der Revolutionsbewegung, der Willies Leben schließlich wieder ins Trudeln bringt – es droht gar Hinrichtung – und erneut flieht Willie Chandran aus dem Land seiner Kindheit. Erneut wartet London und erneut gibt es nur Unruhe.

Als ein „Dahintreiben“ beschreibt Willie sein Leben. Gleiches gilt für das Buch selbst. „Magische Saat“ gleicht einer Irrfahrt und wirkt dabei nicht einmal trist, sondern eher ziellos, schleppend, fad: „It’s a calamity, it’s a great period of boredom and nothing happening and life being eaten away and mind being eaten away.“ Mit diesen Worten charakterisierte Naipaul das Dasein seines Protagonisten im September 2004 in einem BBC-Interview. Das ist Willie Chandran, das ist die „Magische Saat“ – ist das auch der Autor selbst? Streckenweise ist man stark versucht, „Magische Saat“ als ein letztes Durchdenken des eigenen Lebens, der eigenen Geschichte und der eigenen Umwelt zu lesen. Und als eine Art Abrechnung. Gerade wenn dieses letzte Buch den Schlussstrich unter Naipauls Werk ziehen soll. Im Zusammenspiel mit „Ein halbes Leben“ wäre es dann der Epilog einer ambivalenten, vielschichtigen Schriftstellerkarriere. Auch wenn diese zweite Hälfte, im Gegensatz zur ersten, einen staubigen und stumpfen Eindruck hinterlässt – kein „sauberes, kaltes Messer“ mehr, keine Perfektion.

Die Zähne des Wolfs sind längst nicht mehr schneidend scharf – auch wenn er immer noch versucht zu beißen –, dem Unvermeidlichen kann er nicht entgehen. Bei der Lektüre beschleicht einen dabei wiederholt das Gefühl, als schreibe hier die Erbitterung für sich selbst; der Leser wird stets auf Distanz gehalten, vermag die Botschaft nicht zu ergreifen, aber sehr wohl zu erahnen. Vielleicht ist Naipaul, der „Humanist der Moderne“, wirklich einmal politisch „inkorrekt“ gewesen, indem er gegen alles und jeden – Blumen, den Iran, Kinder, Multikulturalismus, Tony Blair – wetterte. Inzwischen wirkt er nur noch müde, aber zumindest immer noch ehrlich. Vielleicht ist mit der Angst vor dem Versagen auch das Verständnis für die Welt und das eigene Ich verschwunden. Was dann bleibt, sind Zweifel …

_Michel Bernhardt_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Padura, Leonardo – Labyrinth der Masken (Teniente Mario Conde 3)

|(Verlagstext) Im Bosque de La Habana wird am 6ten August, am Tag der Verklärung Jesu, die Leiche eines Transvestiten gefunden. Als sich herausstellt, dass es sich bei dem Toten um Alexis Arayán, den Sohn eines angesehenen kubanischen Diplomaten, handelt, will sich bei der Polizei keiner die Finger verbrennen. Nur Mario Conde, für sechs Monate zum Erkennungsdienst strafversetzt, ist froh, nicht länger Karteikarten ausfüllen zu müssen, und springt ohne zu zögern ein. Seine Ermittlungen führen ihn zu Marqués, einen exzentrischen und legendären Theaterregisseur, der als Homosexueller geächtet in einem zerfallenden Haus lebt. Kultiviert, intelligent, und mit feiner Ironie begabt, führt dieser Conde in eine verborgene Welt ein und treibt gleichzeitig ein listiges Verwirrspiel.|

Im dritten Roman des Havanna-Quartetts „Labyrinth der Masken“ wird Teniente Mario Conde mit der Untersuchung des Mordfalls an einem jungen Homosexuellen beauftragt, der in Frauenkleidern in einem öffentlichen Park gefunden wurde. Alexis Arayán wurde mit einer roten Seidenschärpe erdrosselt und zwei Peso-Münzen steckten in seinem After. Stammt der Mörder aus dem Homosexuellen-Milieu?
Für Mario Conde ist der Mordfall eine Chance zur Bewährung, denn er ist zum Erkennungsdienst sechs Monate strafversetzt worden. Seine Kollegen beneiden ihn nicht um diesen Fall, denn das Opfer ist der Sohn des angesehenen kubanischen Diplomaten Faustino Arayán. Politische Kontrolle und Druck scheinen deshalb vorprogrammiert zu sein. Und als wäre dieses nicht genug, schnüffelt „ein Bataillon von internen Ermittlern“ im Kommissariat herum. Besonderes Interesse zeigen die Ermittler an Mario Conde.

|“Weißt du eigentlich, wo mir der Kopf steht? Meinst du, es wäre leicht, seine Arbeit zu tun, wenn ein ganzes Bataillon von internen Ermittlern hier in der Zentrale rumschnüffelt? Weißt du, wie viele Fragen mir Tag für Tag gestellt werden? Weißt du, dass bereits zwei unserer Beamten wegen Korruption entlassen worden sind und zwei weitere wegen Nachlässigkeit im Dienst suspendiert werden? Und kannst du dir vielleicht vorstellen, wem all diese Geschichten angelastet werden? Mir natürlich!“|

Die Ermittlungen führen Mario Conde und seinen Kollegen Manolo zu dem Regisseur Alberto Marqués, bei dem Alexis Arayán gewohnt hatte, seit er aus dem elterliche Domizil nach seinem Coming-out verwiesen worden war. Alberto Marqués ist ebenfalls homosexuell und wegen seiner sexuellen Orientierung vor vielen Jahren aus dem Theater verbannt worden. Alberto Marqués ist eine faszinierende Persönlichkeit: ein Mann aus der Welt der Literatur und des Theaters, ein Intellektueller und ein Individualist. Dieses muss sich auch der homophobe Mario Conde eingestehen.
Weil alle Spuren des Mordfalls auf einen Mörder aus dem Homosexuellen-Milieu hindeuten, lässt sich Conde auf Alberto Marqués ein, um mehr über Alexis‘ Bekanntenkreis zu erfahren und dabei möglicherweise den Mörder aufzuspüren. Marqués lädt ihn zu einer Homosexuellen-Party ein und Mario Conde nimmt die Einladung trotz großer Bedenken an. El Conde ist von Alberto Marqués beeindruckt, und als dieser ihm seine persönliche Geschichte erzählt, über den Hinauswurf, das nachfolgende Berufsverbot, den Strafdienst in einer kleinen Bücherei und weshalb er seitdem kein Theaterstück mehr aufgeführt hat, wird aus Condes anfänglich ablehnender Haltung allmählich Sympathie und Verständnis.

|“Wie dem auch sei, dachte (Conde), (Marqués) ist schwul, das jedenfalls ist nicht gelogen. Aber ich mag ihn, auch das ist nicht zu leugnen.“|

Leonardo Padura zeigt in „Labyrinth der Masken“ eine kubanische Gesellschaft, in der jeder eine Maske trägt – aus den unterschiedlichsten Gründen: teils, weil etwas verborgen bleiben soll; teils, weil man eine Rolle spielt, die man spielen möchte oder von der man glaubt, sie spielen zu müssen.
„Labyrinth der Masken“ ist ein packender, eindringlicher und stiller Roman, der mit seiner Kriminalgeschichte Zeitgeschichte einfängt und erklärt. Anders als in den beiden früheren Havanna-Romanen „Ein perfektes Leben“ und „Handel der Gefühle“, tritt hier die Zeitgeschichte stärker in den Vordergrund. Der Krimiplot wird deshalb nur mit dem Wohlwollen des Lesers zu einem befriedigenden Ende geführt. Dieses ist aber kein Makel, denn Leonardo Padura hat mit seiner Figur Teniente Mario Conde einen eindrucksvollen und charismatischen Protagonisten geschaffen, der auf den nicht weniger eindrucksvollen und charismatischen Homosexuellen Alberto Marqués trifft. Padura besitzt einen genauen Blick für Orte, Menschen, Situationen und Geschichte. Es gelingen ihm eindringliche Milieuschilderungen sowohl des homosexuellen Untergrunds als auch des Stadtviertels, in dem Conde aufwuchs und das einem stetigen Wandel unterliegt. Der Autor zeichnet auch Nebenfiguren mit starken Pinselstrichen und erweckt sie zu lebendigen, eigenständigen Persönlichkeiten. Mit ihnen fängt Padura die vielen Facetten des gesellschaftlichen Umbruchs ein – in kleinen, oft nebenbei erzählten Geschichten:

– von dem dünnen Carlos, dessen Ex-Freundin im Exil lebte und ihn jetzt besuchen möchte;
– von dem Roten, der illegal Bier verkauft und dabei agieren muss, als wäre er ein Drogenhändler;
– von dem Geliebten Alexis Arayáns, der sich die Maske abreißt.

Mit seiner starken Figur Mario Conde nimmt uns der Autor mit auf eine Entdeckungsreise in die kubanische Gesellschaft und auf Spuren des großen Umbruchs. Reales Vorbild der Figur Alberto Marqués ist der kubanische Dramatiker Virgilio Piñera, der mit einem Berufsverbot belegt wurde, weil er die Künstlern und Erziehenden abverlangten revolutionären Parameter als ein Ergebnis des „Kultur- und Erziehungskongresses“ von 1971 nicht erfüllte – wegen seiner Homosexualität und seiner gelebten Individualität. Heute ist Homosexualität in der kubanischen Gesellschaft kein politisches Problem mehr. „Es scheint beinahe, als ob sie nie eines gehabt hätten, so als wäre ihre Geschichte vergessen.“ (Leonardo Padura) Trotzdem werden Homosexuelle noch immer als abartig und Homosexualität als widerlich angesehen. An diese jüngere kubanische Vergangenheit möchte Leonardo Padura mit Alberto Marqués erinnern und „diese Erinnerung aus einem menschlichen Blickwinkel bewahren.“
Das „Labyrinth der Masken“ ist ein faszinierender, großartiger Roman, dem man viele, viele Leser wünscht.

_Claus Kerkhoff_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Gaborit, Mathieu – lodernde Schwert, Das (Im Reich des Feuervogels 2)

Mathieu Gaborits Saga über das „Reich des Feuervogels“ ist einer der wenigen nicht-englischsprachigen Zyklen, die in Deutschland erscheinen. Schon der erste Teil „Der scharlachrote Turm“ und entführte uns auf eine Inselgruppe, deren Reiche nicht nur die Namen von Fabelwesen wie Greif, Drache und Einhorn tragen, sondern in denen auch tatsächlich solche Wesen mit den Menschen leben, ihnen die Magie geben und sie beschützen.

Einzig die Diener der Phönixe sind in allen Ländern beheimatet, denn die Feuervögel sind zum einen mächtiger als die anderen Fabelwesen, zum anderen aber auch nur von wenigen zu kontrollieren und zu bezähmen. Zu schnell kann Chaos und Vernichtung aus deren Feuer entstehen – „das Aas“, die Nachfahren und die Essenz pervertierter Fabelwesen, der Inbegriff des Bösen, sind das beste Beispiel.

Der junge Phönike Januel hat erst vor kurzem die geschützte Zuflucht des Turms von Sedana verlassen und trägt inzwischen eine schwere Verantwortung. Denn nur er besitzt die Macht, das Böse aufzuhalten, nachdem alle Meister umgebracht wurden und die meisten Türme der Phöniken in Schutt und Asche liegen.

Unbemerkt von den anderen Reichen ist das „Aas“ bereits seit einiger Zeit auf dem Vormarsch. Der König des Aases weiß sehr wohl um Januel, der nicht nur einen Phönix der Uranfänge, sondern auch die Macht der „Welle“ in sich birgt, der Kraft alles Lebenden, die für die wandelnden Toten Gift ist. Deshalb schickt er seine Häscher aus, um den jungen Mann in seine Gewalt zu bringen, bevor dieser seine Aufgabe zur Gänze kennt und womöglich auch noch mehr als eine Handvoll Verbündete gewonnen hat.

Januel hat indessen mit anderen Problemen zu ringen. Nicht nur, dass er mit der in ihm brodelnden Kraft zu kämpfen hat und diese noch nicht ganz beherrscht, nein, man macht ihn dafür verantwortlich, dass der Kaiser des Greifen-Imperiums und sein Hofstaat ums Leben gekommen sind, und will sich an ihm rächen …

Mathieu Gaborit gelingt es, vertraute Versatzstücke der Fantasy neu anzuordnen. Er konzentriert sich auf Fabelwesen, die in den meisten angloamerikanischen Romanen gerne vernachlässigt werden und begeht nicht den Fehler, sie zu vermenschlichen oder als bloße Tiere zu betrachten, wie es ebenfalls oft genug passiert. Zudem verknüpft er die Magie auf glaubwürdige und interessante Weise mit den verschiedenen Kreaturen, wobei vor allem die Phönixe eine Rolle spielen.

Im zweiten Band „Das lodernde Schwert“ weitet er diese Mythologie ein wenig aus und nimmt sich Zeit, dem Leser das Gefüge der Kräfte auch aus der Sicht des Aases zu schildern. Indem dort ebenfalls Figuren und Geschöpfe mit Namen und Leben erfüllt werden, gewinnt der Gegner an Profil und Gewicht, und wird damit noch um so gefährlicher.

Allerdings fällt der zweite Band spannungsmäßig doch ein wenig gegenüber dem ersten Teil ab – es geschieht weniger an Action, und die Handlung wird vor allem durch die ständigen Sprünge zwischen den Handlungsebenen erzielt.
Sowohl Januel als auch das Aas halten in ihrem Vormarsch inne, sie stecken das Schlachtfeld ab und festigen die Macht in ihrem jeweiligen Bereich – was allerdings stellenweise recht langweilig wird, ähnlich wie die Ausarbeitung der magisch-mythischen Hintergründe. Wen das nicht abschreckt, der wird sicherlich weiterhin fasziniert über die Welt lesen und mehr erfahren wollen.

Um dieses Buch zu verstehen, ist der erste Band zwingend erforderlich, und da der zweite Band mit einem Cliffhänger endet, wird der Leser auch ein wenig im Raum stehen gelassen, was leider weitere leichte Abzüge in der B-Note gibt.

|Originaltitel: Les Chroniques des Feals 2: Le Fiel
Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn|

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Andy Oakes – Drachenaugen

Acht Leichen sind der Anfang. Es ist tiefe Nacht, als man die toten Körper am Ufer des Huangpu Jiang entdeckt. Ein groteskes, schreckliches Bild: Die Toten sind aufs Ärgste verstümmelt und gleichzeitig mit Eisenketten aneinander gefesselt. Ein unwirkliches Rad der Brutalität. Sun Piao, Hauptkommissar bei der Mordkommission von Shanghai, übernimmt den Fall. Und bereits am Tatort kündigt sich an, dass hier etwas unter der Oberfläche gärt, was nicht ans Licht kommen soll.

Zuerst ist es nur der Polizeipathologe, der sich weigert, die Toten zu untersuchen und auch Sun dazu rät, von der Sache abzulassen. Als dann auch noch einige hohe Kader am Ufer des Huangpu auftauchen und sich in die Ermittlungen einmischen, wittert Piao großen Ärger auf sich zukommen. Doch diesmal wird er nicht nach den Vorgaben des Systems handeln. Diesmal wird er sich nicht unterordnen und einfach abnicken, was seine Vorgesetzten ihm diktieren. Er ist fest entschlossen, die Hintergründe der Tat ans Licht zu zerren und in der korrupten, verkorksten Welt Shanghais ein einziges Mal für Gerechtigkeit zu sorgen. Zusammen mit seinem Kollegen Yaobang beginnt er auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen.

Andy Oakes – Drachenaugen weiterlesen

Gaborit, Mathieu – scharlachrote Turm, Der (Im Reich des Feuervogels 1)

Leicht kann man bei der Übermacht an englischen Fantasy-Romanen vergessen, dass auch in anderen Ländern von fremden Welten, Magie und seltsamen Wesen erzählt wird. Selten genug veröffentlichen deutsche Verlage Romane aus dem französischen oder auch anderen Sprachräumen. Mathieu Gaborits Zyklus um das „Reich des Feuervogels“ ist eine solche Ausnahme.

„Der scharlachrote Turm“ ist der Auftakt der Geschichte und entführt uns auf eine Inselgruppe, deren Reiche nicht nur die Namen von Fabelwesen wie Greif, Drache und Einhorn tragen, sondern in denen auch tatsächlich solche Wesen mit den Menschen leben, ihnen die Magie geben und sie beschützen.

Einzig die Diener der Phönixe haben kein eigenes Reich gegründet. Ihre Gilde ist in allen Ländern beheimatet, denn die Feuervögel sind zum einen mächtiger als die anderen Fabelwesen, zum anderen aber auch nur von wenigen zu kontrollieren und zu bezähmen. Zu schnell kann Chaos und Vernichtung aus deren Feuer entstehen.

Der junge Januel ist ein solcher Diener, ein Phönike. Er wird im Turm von Sedana ausgebildet und hofft wie so mancher andere junge Alkoluth, für die Erweckungszeremonie eines Phönix erwählt zu werden. Doch es ist sein Kamerad Sildinn, der offiziell in die Hauptstadt des Greif-Imperiums geschickt wird, obwohl er die schwächeren Fähigkeiten besitzt.

Doch kaum ist dieser abgereist, wird Januel von seinem Meister Farel beiseite genommen und erfährt, dass er eigentlich an den Hof gebracht werden soll, doch dass es gefährlich sei, das offen zu tun. Er weiht ihn in schreckliche Geheimnisse ein. „Das Aas“, die Nachfahren und die Essenz pervertierter Fabelwesen, der Inbegriff des Bösen, ist auf dem Vormarsch und bedroht die anderen Reiche. Sie wollen Chaos und Tod über die Länder der Inseln bringen, und sie haben es auch auf die Phöniken abgesehen. Denn allein das Feuer der Phönixe kann dem Aas Einhalt gebieten …

Nach einer langen, gefahrvollen Reise kommen Januel und Farel am Hofe des Greifen-Imperators an. Sie hoffen, ein Beispiel setzen zu können, doch bei der Wiedererweckung des kaiserlichen Phönix kommt es zu einer Katastrophe …

Wenn ich früher französische Fantasy in deutscher Übersetzung gelesen habe, so war ich meist von dieser enttäuscht, da sie meist nur an versponnene exzentrische Kunstmärchen erinnerte.

Deshalb begann ich dieses Buch auch mit einer gewissen Skepsis zu lesen, wurde aber angenehm überrascht. Mathieu Gaborit gelingt es, vertraute Versatzstücke der Fantasy neu anzuordnen. Er konzentriert sich auf Fabelwesen, die in den meisten angloamerikanischen Romanen gerne vernachlässigt werden und begeht nicht den Fehler, sie zu vermenschlichen oder als bloße Tiere zu betrachten, wie es ebenfalls oft genug passiert. Zudem verknüpft er die Magie auf glaubwürdige und interessante Weise mit den verschiedenen Kreaturen, wobei vor allem die Phönixe eine Rolle spielen.

Januel wächst wie der Leser in die Geschichte hinein und lernt das auf leisen Sohlen heranschleichende und zielgenau zuschlagende Böse erst nach und nach richtig kennen. Er ist nicht von Anfang an der erfahrene Auserwählte, sondern macht eine Entwicklung durch, die ihn einerseits sehr schnell reifen lässt, andererseits aber auch von ihm verlangt, viele Eröffnungen sehr schnell zu verkraften und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu einzusetzen. Letztendlich gelingt es dem Autor auch hier, ein wenig abseits von ausgetretenen Pfaden zu wandeln und einige Dinge konsequent bis zum bitteren Ende zu führen.

Es ist also kein Fehler, den ersten Band genauer in Augenschein zu nehmen, wenn man einmal magiebetonte High-Fantasy fernab von den anglo-amerikanischen Gewohnheiten lesen will.

|Originaltitel: Les Chroniques des Feals 1: Coeur des Phenix
Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn|

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Ford, G. M. – Erbarmungslos

Wer mein Arbeitszimmer beguckt, muss mich mittlerweile für einen arg morbiden Menschen halten. Aus jeder Ecke lugen Serienkiller und wetzen ihre vom menschlichen Hang zum Perversen determinierten Mordinstrumente. Das Blut von tausend Opfern müsste längst die Regalhölzer aus fester Eiche brutal aufgeweicht haben, die Todesschreie müssten mir in den Ohren gellen, während ich doch scheinbar ach so ruhig diese Zeilen schreibe. Dabei läuft es mir kalt den Rücken runter – warum sind so viele Menschen begierig, derlei Romane zuhauf aus den Buchläden zu schleifen und sich einem blutdurstigen Mörder in die Arme zu werfen …

Diese Frage erörtere ich hier natürlich nicht – ich höre bis zu meinem Schreibtisch das Aufatmen! -, aber es ist doch bezeichnend, dass Jahr um Jahr in die breite Phalanx profilierter und frisch hineingewachsener Autoren und Autorinnen neue Epigonen eine Schneise schlagen und sich am Schnitzel-Handwerk versuchen wollen. G. M. Ford (Ein Name wie zwei Automarken! Wenn seine Romane nicht rasant sind, dann weiß ich’s nicht …) ist eines dieser aufstrebenden Jungtalente (das wage ich einmal ohne nähere Verifizierung zu schreiben, denn der Verlag hält sich ungewohnt bedeckt bei Fords Vita: „G. M. Ford unterrichtete einige Zeit Creative Writing in Washington, heute lebt er als freier Schriftsteller in Seattle …“ Ford könnte also auch ein Pseudonym für Irgendwen sein oder raschen Schrittes auf die Hundert zugehen). Mit „Erbarmungslos“ (recht frei übersetzt aus dem Original: „Fury“; der Titel „Wut“ hat eine gewisse Bedeutung) legt er sein Erstlingswerk vor.

Ein vor den Augen der Öffentlichkeit (und somit auch möglicher Arbeitgeber) in Ungnade gefallener Journalist namens Frank Corso steigt in einen alten Fall ein, der ihn vor einigen Jahren bereits in Atem gehalten hat: Der als „Müllmann“ in Seattle und Umgebung bekannt gewordene Serienvergewaltiger und Killer ließ seine acht Opfer allesamt auf Müllbergen zurück. Der Fall schien 1998 aufgeklärt, als Walter Leroy Himes hinter Gitter gebracht werden konnte; die Beweise waren sogar stichhaltig genug, um die Todesstrafe in wenigen Tagen vollstrecken zu können.

Da meldet sich eine Zeugin von damals, die ihre Aussage vor den Leuten der Seattle Sun widerruft; ein Fall für Corso, dem eine letzte Chance vor die Füße gelegt wird. Er nimmt an und greift die losen Fäden auf, die ihn bereits vor Jahren an der Täterschaft von Himes zweifeln ließen. Gemeinsam mit der Fotografin Meg Dougherty, die ihm auf Schritt und Tritt folgen wird, auch wenn sie sich anfangs recht widerwillig geriert, hängt er sich an die wagen Spuren. Dabei darf er nicht auf die Unterstützung der örtlichen Polizei zählen, im Gegenteil, Densmore ist ein richtig schmieriger Polizist, der Corso am liebsten in hohem Bogen aus der Stadt werfen würde. Also forscht Corso auf eigene Faust weiter, was dem notorischen Einzelgänger sicherlich auch sehr nahe liegt.

Na ja, ganz so einzelgängerisch ist Corso nicht, Dougherty (wie sie liebreizend genannt wird) kommt ihm näher; oder war es umgekehrt? Jedenfalls bleibt ein solches koitales Intermezzo natürlich nicht aus, zudem Corso sich seiner haarigen Ex-Frau mit Händen und Füßen erwehren muss. Das alles gestaltet sich zaghaft turbulent und nimmt etwa in der Mitte des Buches, so bei Seite 200 von 386, etwas Fahrt auf, ohne dass der Thriller dem vorbelasteten Namen des Autors alle Ehre machen würde.

Zum Ende hin, als Himes mehr oder weniger errettet wird, nimmt die Handlung noch eine durchaus logische Wendung, denn ein Mitläufer hat sich in die Serienmorde eingeklinkt und möchte unauffällig an der fremden Täterschaft partizipieren. Corso ist der Einzige, dem ein Lichtlein aufgeht, die Polizei dagegen ist bequem und mit dem Erreichten zufrieden (eigentlich auch wieder nicht, denn Ford stellt es so dar, dass wohl alle Himes gerne hingerichtet gesehen hätten – nur Corso will Gerechtigkeit …)

Da hinterlässt uns Ford ein zwiespältiges Buch: Die Spannung ist ja doch vorhanden, aber der Einstieg in die Handlung will nicht so recht marschieren. Das dümpelt stattdessen fade dahin, wenn Corsos Werdegang in Ansätzen aufgedröselt wird – wen interessiert’s, fragte ich mich irgendwann, trägt es doch weder zur Geschichte entscheidend bei, noch verleiht die maue Fehlleistung von Corso ihm so viel Profil, dass sein Charakter an Schärfe gewinnt. Er bleibt blass. Und reiht sich damit in die Gruppe derjenigen ein, die uns Ford ansonsten noch präsentiert: Meg Dougherty – okay, ein nettes Mädchen, aber grau im Teint und schmal hinter Corsos Rücken versteckt. Die übrigen Statisten sind eben nur Randfiguren, deren Leben für den Leser unscheinbar, unnahbar bleibt. Austauschbare Figuren in einem von Corso dominierten Spiel. Wenn dem aber so ist, dann hätte Corso eine kräftige Persönlichkeit sein müssen. Dazu fehlen ihm die Klasse, das Charisma, die Lebensgeschichte, standfeste moralische Grundsätze.

Er ist beliebig, auch wenn ihm Ford an einer Stelle ein starkes Stück in den Mund legt, als die Sprache auf den elektrischen Stuhl kommt und ein Opfer, dem die Flammen zwanzig Zentimeter aus den Ohren schossen: „Lasst die Kids ein paar Dutzend Mal zusehen, wie Kriminelle sich als Bunsenbrenner präsentieren, dann kreuzen garantiert sehr viel weniger von diesen kleinen Scheißern mit Kanonen in der Schule auf … Weil Sachen wie intellektuelle Gewissheit, moralische Entrüstung und rechtschaffene Empörung die Motoren der Gesellschaft sind. Selbstzufriedene Toleranz hat noch nie irgendetwas bewirkt, außer den Blick auf das zu vernebeln, was falsch und was richtig ist.“ Hoppla, starker Tobak und gar nicht politisch korrekt, Mister Ford. Derart verkürzt unters Volk geschleuderte philosophische Exzerpte aus dem Bauch eines Thrillerautoren sind natürlich gefährliches Brot, weil sie ohne nachgehende Erläuterung gar nichts erklären, sondern nur ein brüchiges Statement abgeben. Damit ist niemandem gedient, das sind Stammtisch-Parolen auf gediegenem Niveau, mehr nicht.

Möchte ich G. M. Ford das noch durchgehen lassen, so muss ich ihm den aus verschiedenen Versatzstücken des Krimilehrbuchs erstellten Roman ankreiden: Es wirkt wie bessere Flickschusterei, aus dem Schubfach mit den Motiven nehme ich den psychopathischen Serienmörder, das Fach mit den Hauptdarstellern bevorratet einen beziehungslosen, halbwegs gescheiterten Schnüffler (oder Journalist, was in der propagierten Form auf dasselbe hinausläuft), die Schublade der Begleitpersonen hält eine erst einmal distanzierte, geziemend forsche Frau bereit, und so weiter. Sodann verkürze ich die Sprache, sobald Tempo die Erzählung vorantreiben soll: „Wald ließ den Umschlag los. Corso ließ ihn gegen sein Bein fallen. Wald öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich anders. Drückte auf den Knopf.“ Wenn dieses stilistische Mittel gekonnt eingesetzt wird, fühlt sich der Leser in den Sog der Geschichte hineingezogen. Bei Ford liest es sich dagegen aufgesetzt, weil er wahllos damit hantiert.

Sind das Auswirkungen des „Creative Writing“? – Könnte sein. Dann sollte Ford aber schnellstens einige seiner eigenen Kurse selbst belegen, um sich noch den letzten Schliff zu verpassen.

Ach, und wenn man schon irgendwie hip sein will, dann sollte ein US-Autor wie Ford nach all den Jahren auch kapiert haben, dass sich |Lynyrd Skynyrd| so und nicht anders schreiben. Aber man kann natürlich auch zusammengeschaufeltes Second-Hand-Wissen als eigene Schlaumeierheiten verkaufen – blöd nur, wenn man sein Unwissen dann durch Fehler selbst offen legt. (Okay, als Uralt-Fan reagiere ich hier wahrscheinlich etwas überreizt …)

„Erbarmungslos“ ist für einen Thriller-Erstling nicht schlecht, aber das Sujet hat bessere Kriminalromane gesehen, mit tafferen Ermittlern und Serienmördern mit mehr Kontur. G. M. Ford muss beim nächsten Buch einen Zahn zulegen, um nicht gleich nach der ersten Runde abgehängt zu werden.

|Originaltitel: Fury
Aus dem Amerikanischen von Marie-Luise Bezzenberger|

_Karl-Georg Müller_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Koontz, Dean R. – Kalt

Es gibt Worte, die rufen bestimmte Bilder hervor. Bei mir gehören dazu unter anderem auch „Verfolgungsjagd“ und „Roadmovie“. Bei „Verfolgungsjagd“ hat man schnell Bilder von aufregenden Verfolgungen in Autos oder zu Fuß vor Auten, bei welchen der eine unentwegt hinter dem anderen her ist. „Roadmovie“ erinnert andererseits an Filme wie „Easy Rider“, „Thelma and Louise“ oder „Wild at Heart“, wobei das Wort selbst tatsächlich einen Film impliziert.
Der Klappentext von Dean Koontz‘ Roman „Kalt“ wirbt damit, dass es sich bei dem Buch um „Eine gnadenlose Verfolgungsjagd und ein fantastisches Roadmovie“ handeln würde. Und tatsächlich werden die Helden des Romans gnadenlos verfolgt, es geschieht „fantastisches“ und ein gutes Stück des Buches fliehen sie über die Straße und erleben entlang der Straße ihre Abenteuer. Was fehlt, sind der Film und die Jagd. Dies mag jetzt pedantisch erscheinen, ist aber symptomatisch für die Aufmachung des Buches. Der Klappentext ist zwar teilweise falsch, gibt aber genug preis, um etwa die Hälfte des Buches zu verraten. Der deutsche Titel hat relativ wenig mit dem Buch zu tun und bezieht sich wohl als eine Art Wortspiel darauf, dass der eigentliche Bösewicht „Kalt“-blütig agiert und außerdem die Helden den Nordpol besuchen. Oder vielleicht soll er sich auch an bekannte Horrorromane mit Einworttiteln anlehnen und damit die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lassen. Was schade ist, da der Originaltitel „By the Light of the Moon“ (Beim Licht des Mondes) wesentlich besser zum Buch passt und auch als Satz zentrale Bedeutung für die Akteure erlangt. Und warum gerade ein Insekt für das Cover-Bild gewählt wurde, vermag vermutlich nur der Designer zu sagen – besonders bei dem Titel.

Wenigstens hat man darauf verzichtet, das Buch als Horrorroman, Thriller oder Science-Fiction zu bezeichnen, denn dies wird dem Roman nicht gerecht, weil dieser sich mit dem etwas kitschigen Schluss in das Genre der Superhelden begibt.
Dabei fängt die Geschichte mit einem Schwall an gewaltigen Bildern an, die zwischen Kitsch („Der verblichene Tag war inzwischen in der Erde, im Asphalt vergraben. Dem Auge entzogen, aber spürbar, spukte sein Geist durch das nächtliche Arizona: ein heißer Geist, der träge von jedem Zoll des Bodens aufstieg …“) und Detektivbüro-Sprache („Die zeitgenössische Kultur passte Dylan O´Conner etwa so gut wie ein dreifingriger Handschuh …“) hin und her schwanken.
Nachdem man jedoch erfahren hat, dass es sich bei dem Charakter, aus dessen Perspektive der Roman begonnen wird, um einen Künstler namens Dylan O´Connor handelt, der in der Welt nur die wunderbarsten Bilder wahrnimmt, wird klar, dass diese Sprache als Stilmittel gedacht ist, um die Perspektiven der Akteure zu verdeutlichen. Denn der zweite Hauptakteur, die Comidiene Jill Jackson, sieht die Welt mit anderen Augen, und diese Sichtweise wird dem Leser auch vermittelt. Besonders interessant wird das Buch jedoch immer dann, wenn Dylans Bruder, der autistische Shepard, in das Geschehen einbezogen wird, denn Koontz hat sich große Mühe gegeben, die Probleme, die Shepard selbst mit der Welt und vor allem seine Begleiter Dylan und Jill während der Flucht mit ihm haben, herauszuarbeiten.
Immer wieder sagt er seine Mantras auf, begibt sich in eine Ecke, um die Welt auszuschließen und gibt sinnlose Dinge von sich, die aber mit der Zeit Bedeutung gewinnen. So wird auch ein guter Teil der Spannung während der Szenen, in denen es tatsächlich um den Konflikt mit den Verfolgern geht, daraus gewonnen, dass Shepard nicht angemessen auf die Situation reagieren kann und damit sich und seine Begleiter in Gefahr bringt.
Dieses Stilmittel hat aber zwischenzeitlich auch den Effekt, dass es die Handlung in die Länge zieht und man versucht ist, Teile des sich nur geringfügig ändernden Dialoges zwischen Shepard und Dylan zu überspringen. Genauso gehen die Übercharakterisierungen der Protagonisten irgendwann ein wenig auf die Nerven, da man das Gefühl bekommt, dass die Personen nur existieren, um ihre Neurosen auszuleben.

Wie vielleicht auffällt, hat sich diese Rezension bisher wenig mit dem tatsächlichen Inhalt des Romans beschäftigt. Dies liegt nicht daran, dass es dem Buch an Spannung mangelt, sondern daran, dass der Inhalt bereits überwiegend auf dem Klappentext beschrieben wird:
Ein verrückter Wissenschaftler injiziert drei Personen gegen ihren Willen ein Mittel, welches sie verändert und dazu führt, dass sie dank des Mittels besondere Fähigkeiten entwickeln und sich gezwungen sehen, anderen zu helfen. Das Mittel hatte bei vorherigen Testpersonen zu brutalen Übergriffen geführt, weswegen einige Mörder auf die neuen Probanden angesetzt werden. Diese Söldner tauchen tatsächlich einmal im Buch als echte Bedrohung auf, verschwinden jedoch die meiste Zeit hinter der Action, die die guten Taten mit sich bringen. Nicht wirklich überraschend, war die Auswahl der drei Helden nicht zufällig, da der Wissenschaftler zu zweien von ihnen eine ihnen bis dahin nicht bekannte Beziehung hatte. Und nachdem man noch ein paar Dinge erledigt hat, ist alles gut und man ist mit sich und den bisher am Körper eingetretenen Veränderungen im Reinen.

Wie bereits geschrieben, ist der Roman tatsächlich spannend und diese Zusammenfassung wird der Spannung nicht gerecht, aber die eigentliche Spannung liegt auch nicht in der Geschichte, sondern in den Akteuren, die das Buch lesenswert machen. Herauszuheben ist dabei noch die Figur des Wissenschaftlers, welcher in seiner selbstanklagenden Art tatsächlich hassenswerter ist als so mancher manische Psychopath, besonders nachdem man schließlich erfahren hat, was wirklich hinter seinen Selbstanklagen steckt. Daher kann ich den Roman durchaus als Ferienlektüre empfehlen.

|Orginaltitel: A Maze of Death
übersetzt von Yoma Cap, überarbeitet von Alexander Martin|

_Peter Singewald_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Kinkel, Tanja – Götterdämmerung

Ein guter amerikanischer Thriller aus deutschen Landen, Götterdämmerung soll genau so etwas sein. Pharmakonzerne, CIA, ein investigativer Journalist und eine schöne junge Frau, die es eigentlich gar nicht geben kann. Da grüßen die bekannten Thrillerautoren, aber Tanja Kinkel kann über weite Teile gut mit ihnen mithalten.

Dies ist die Geschichte von Neil LaHaye, einem Journalisten und Schriftsteller, der einmal mit investigativen Büchern unter anderem über die Krebsopfer von Atombombenversuchen berühmt wurde. Das letzte Buch war über Guantanamo, und das war gar nicht nett. Deswegen ist er jetzt verrufen, deswegen hat er seine Frau verloren – die leider die Stabschefin eines Senators ist. Dann kommt ihm ein neues Thema auf die Tastatur: AIDS. Und dort findet er die Spur eines genialen Wissenschaftlers, des Exilkubaners Victor Sanchez. Sein journalistischer Spürsinn springt an, er geht auf die Suche.
In Alaska sitzt am anderen Ende eines medizinischen Chats Beatrice Sanchez, die Tochter des Genies. Die beiden beginnen einen lebendigen Austausch von Wissen und flirten auch ein bisschen miteinander. Neil ist aber auch sonst nicht untätig, fährt nach Miami, wo Sanchez früher wohnte und interviewt einen alten Freund. Währenddessen entdeckt Beatrice auch eine ganze Menge über sich, denn ihre Herkunft und ihre Lichtallergie, die ihr immer wieder eingeredet wurde, sind nicht ganz so echt.
Bald begegnen sich die beiden auch, und irgendwann explodiert die ganze Geschichte in ein Finale, das dem Buch den Namen gab: Götterdämmerung.

Tanja Kinkel hat da eine Geschichte geschrieben, die vielleicht nicht an Dan Brown in Sachen Spannung heranreichen kann, aber auch in hohem Tempo gelesen werden möchte. Schicht auf Schicht wird eine Überraschung auf die andere gestapelt, manchmal mit feiner Klinge, manchmal mit der schweren Keule werden die Schichten zerstört und damit dem Leser aufgezeigt. Das ist alles sehr lesbar, nicht allzu oft humorvoll, aber insgesamt stimmig. Allein, die Glaubwürdigkeit ist doch in vielem beschädigt, zu weit hergeholt die eine oder andere Tatsache, vor allem zu abgedreht das Ende, denn diese Götterdämmerung nimmt nicht wie erhofft den Atem, sondern wirkt irgendwie künstlich angedockt. Nebenbei gibt es zwischendurch das eine oder andere Detail, das nicht so ganz aufgeklärt wird – was hat es zum Beispiel mit dem zweiten auffälligen Ford auf sich? Warum ist es dieses Auto?
Das vielleicht unbrauchbarste ist die völlige Offenheit, die am Ende bleibt – kein Zweifel, es ist völlig in Ordnung, ein offenes Ende zu schreiben, aber damit fällt Beatrice zumindest hinten runter; was ist mit dieser zweiten Hauptfigur, was kann ihr passiert sein? Über die letzten sechzig Seiten kommt sie nicht vor, da stimmt doch etwas im Handwerk nicht, oder?
Vielleicht ist das noch der kleine Unterschied zu den angelsächsischen Thrillerautoren, die bleiben da doch etwas stimmiger. Ein spannendes Buch, das sein Geld durchaus lohnt, denn 500 Seiten gute Spannung sind ja schon etwas, aber kein Buch, das man nie mehr vergisst.

_Holger Hennig_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

[Verlagsseite zum Buch]http://www.droemer-knaur.de/sixcms/detail.php?id=20578

Strugatzki, Boris – Suche nach der Vorherbestimmung, Die

In den ersten dreißig Jahren seines Lebens entgeht Stanislaw Krasnogorow dreiundzwanzigmal nur um Haaresbreite dem Tod. Er erkennt, dass dies mit reinem Zufall nicht zu erklären ist, und begibt sich auf die Suche nach seiner Vorherbestimmung, die ihn offensichtlich auf diese Weise für etwas Besonderes aufspart. Er schreibt über seine wundersamen Rettungen ein Buch, das über Umwege beim KGB landet. Dort stellt man fest, dass mit der Geschichte Stanislaws verschiedene, ungeklärte Todesfälle verknüpft sind – neben Stanislaw starben und sterben auf unheimliche Weise Menschen, die irgendwie in sein Schicksal eingriffen, bzw. dies auch nur versuchten. Das Rätsel um diesen Zusammenhang löst jedoch auch der KGB nicht – und Stanislaw beschließt, seine unheimliche Gabe zu nutzen, die Zukunft Russlands zu verändern.

Ich habe mich mit diesem Buch sehr schwer getan. Nach mühseligem Einstieg, bei dem ich mich erst nach rund dreißig Seiten grob orientiert hatte, warfen mich ein ums andere mal Einschübe in Form von eingeklammerten Textpassagen aus der Handlung. In diesem Roman wird exzessiv „geklammert“. Zum Teil über ganze Absätze, sogar Seiten, laufen solche Nebenstränge in Klammern, störten den Lesefluss ganz erheblich und ließen mich immer wieder den roten Faden verlieren.

Überhaupt ist das Tempo des Romans derart wechselhaft, dass ich mich kaum darauf einstellen konnte – von flott zu lesenden, anekdotenhaften Passagen zu sich doch eher mühselig voranschleppenden Abschnitten (voller Klammern und lyrischer Ergüsse), bei denen ich oft den Eindruck hatte, nicht wirklich dahinter zu kommen, worum es eigentlich ging, was das jetzt soll, wer diese sporadisch auftauchenden neuen Personen mit verwirrend komplizierten, zum Teil sehr ähnlichen Namen eigentlich seien, welche Rolle sie und diese Szene überhaupt spielen sollten (… einer flott-fröhlichen, atmosphärisch sehr dichten Passage mit der Schwiegermutter folgt ohne Übergang die grausige Wendung zur staubtrockenen, fast in Telegrammstil nachgeschobene Todesnachricht.)

Die Einschübe illustrieren zwar ein intensives Sittengemälde vom Russland zwischen den Dreißigern des letzten Jahrhunderts und Prä-Perestroika, helfen der Geschichte selbst aber nicht voran. Der rote Faden der Handlung erscheint an vielen, vielen Stellen in zahllose Nebensächlichkeiten aufgefasert – als habe der Autor krampfhaft jede Möglichkeit genutzt, seine Lieblings-Anekdoten/Gedichte/Sinnsprüche usw. anzubringen. Dass sich letzten Endes aber doch alles zu einem einigermaßen homogenen Gewirk fügt (… mal von den wirklich SEHR ausufernden lyrischen Ergüssen abgesehen), tröstet – aber nur im Nachhinein, beim Lesen selbst ist es höchst anstrengend.

Anstrengend – das ist überhaupt ein sehr passendes Prädikat für den Roman. Wer nur Unterhaltung liest, ist mit diesem Buch falsch beraten (auch wenn es durchaus unterhaltsame Passagen enthält wie z. B.: „Das Programm zur Herstellung von Aphorismen funktionierte bei ihm wie eine Rüstungsfabrik und warf pro Woche zuverlässig zwei, drei auserlesene Perlen menschlicher Weisheit aus.“ (S. 75) „Vermeidet Trunkenheit am Steuer, der Wodka kommt auch so schon teuer.“ (S. 83) Neben solch launigen Abschnitten muss man sich bei dem Roman aber auf sehr grausige, blutrünstige Schilderungen gefasst machen – das Buch ist nichts für in dieser Hinsicht Zartbesaitete.

Auch die Sprache macht den Roman zu einem teilweise schweren Brocken – von ungewöhnlichen oder etwas altertümlichen Wendungen über Fremdworte, die nach dem Lexikon in Griffnähe verlangen, bis zu den Namen. Dass im Russischen ein und dieselbe Person auf derart viele verschiedene Namen hören kann, ist verwirrend und gewöhnungsbedürftig (bis ich etwa auseinandergedröselt hatte, dass Senja=Semjon=Sjomka, oder der KGB-Major einmal Major Krasnogorski, dann, ein paar Seiten später Wenjamin Iwanowitsch ist, dauerte es …)

In der ersten Hälfte des Buches ist übrigens nichts davon zu bemerken, es mit einem phantastischen Roman zu tun zu haben – erst in der zweiten kommen die phantastischen Elemente zum Tragen. In vier Teile, die jedes Mal wieder ganz neu ansetzen und Jahrzehnte überspringen, ist das Buch gegliedert.

Alles in allem hinterlässt mich der Roman zwiegespalten: er hat einerseits viele reizvolle Stellen zu bieten, ist aber äußerst anstrengend zu lesen. Er gibt ein recht gutes Bild von der Stimmungslage und Atmosphäre der UdSSR zwischen Dreißigerjahren und Prä-Perestroika und hat eine faszinierende, phantastische Grundidee. Die Handlung „hoppelt“ aber derartig, dass man gerade dann die Orientierung verliert, wenn man sich so richtig in die Geschichte hineingefunden hat, weil ausgerechnet dann mal wieder ein Einschnitt vorgenommen wird. Das frustriert. Leider sind diese Schnitte auch nicht immer so deutlich erkennbar wie bei den Teilen oder Kapiteln – manchmal liegen nämlich auch zwischen zwei simplen Absätzen Jahre. Ob eine Passage Erinnerung oder gegenwärtiges Erlebnis des Protagonisten ist, klärt sich oft erst Dutzende Seiten später. Das Lesen erfordert eine Menge Geduld und ein gutes Gedächtnis – kurz: volle Konzentration. Der Handlungsfaden ist verknäuelt wie in einer Filethäkelei mit unzähligen Extraschnörkelchen und Mausezähnchen; letzten Endes fügt sich zwar das meiste wieder logisch zusammen – zu einem ausgewogenen Gesamtwerk, das aber sicher nichts zum Nebenbeilesen ist. Es erfordert große Aufmerksamkeit und an manchen Stellen auch Durchhaltevermögen, wenn etwa seitenlang die Spaßlyrik eines feuchtfröhlichen Treffens geschildert wird.

Das Ende hat mich vollends ratlos zurückgelassen. Dass ich den Schluss des Romans nicht verstehe, hat mich nach all der Mühe beim Lesen ganz besonders frustriert, noch gesteigert dadurch, dass der dritte (vorletzte), ganz besonders interessante Teil des Buches so abrupt vom vierten, mich wieder völlig konfus machenden Schlussteil – mit wieder völlig neuen Personen, deren Namen und Bedeutungen für die Geschichte ich sortieren musste – abgelöst wurde. Auch im Rückblick gelingt es mir nicht, mit diesem Ende etwas anzufangen.

Fazit: ein äußerst anstrengendes Buch, das mich aber – bei aller Verwirrung – durch Idee und Atmosphäre passagenweise durchaus fasziniert hat.

_Susanne Jaja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Lee, Julianne – Verbannung, Die (Das Schwert der Zeit 2)

Auch im zweiten Band ihrer Saga um „Das Schwert der Zeit“ entführt die Autorin Julianne Lee den Leser in die Zeit der letzten großen schottischen Aufstände gegen die Engländer. Sie bewegt sich dabei in den Spuren erfolgreicher Romane von Diana Gabaldon und Filme wie „Rob Roy“ und „Braveheart“.

Erinnern wir uns: Der Amerikaner Dylan Robert Matheson wurde von der Fee Sinann in die Vergangenheit zurückgeholt, um dem Volk der Schotten zu helfen und das Blatt der Geschichte vielleicht zu wenden. Der Mann aus der Zukunft weigerte sich zwar zunächst, passte sich dann aber an, als er den Clan seiner Vorfahren kennen und lieben lernte – und vor allem die Tochter des Lairds. Doch Neid und Verrat trennte die beiden Liebenden. Während das Mädchen mit einem Kaufmann aus Edinburgh verheiratet wurde, obwohl sie bereits ein Kind von Dylan erwartete, geriet der junge Mann in einen Hinterhalt und schloss sich nach seiner Genesung Rob Roy an, anstatt zum Clan zurückzukehren, weil dort die Verräter Oberhand gewonnen hatten.

Als er durch die schwere Verwundung in einer Schlacht wieder in die Zukunft zurückgeworfen wird, fühlt sich Dylan nicht mehr in der Gegenwart wohl. Er kann sich nicht mehr einleben. Obwohl er weiß, dass er manche Annehmlichkeiten vermissen wird, beschließt er, alle Brücken abzubrechen und in die Zeit zurückzukehren, die ihm mehr am Herzen liegt.
Der erneute Zauber gelingt mit Sinanns Hilfe. Diesmal entgeht Dylan dem beinahe tödlichen Schwertstoß und kann vom Schlachtfeld fliehen. Er beschließt nun seinem Herzen zu folgen und nicht mehr irgendwelchen Idealen, denn die Engländer haben den Aufstand blutig niedergeschlagen und nehmen nun brutal Rache.

Dylan weiß um Catrionaigs Schicksal und hofft, sie aus den Klauen ihres bösartigen Mannes Connor Ramsay zu befreien. Dazu schleicht er sich sogar bei diesem als Leibwächter ein und bekommt so einiges von dessen schurkischen Geschäften mit – unter anderem mit seinem Erzfeind, dem englischen Hauptmann Bedford, der Dylan einst tiefe Narben auf dem Rücken verpasste.

Dylan kann zunächst alles für sich und Catrionaigh zum Guten wenden. Sie kehren nach Hause zurück und werden miteinander vermählt, bauen sich auf dem ererbten Land eine eigene Hütte auf und vergrößern ihre Familie mit einer kleinen Tochter. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, denn die Schatten der Vergangenheit holen die Liebenden ein – und nur das Wissen einer Freundin aus der Zukunft kann noch Hilfe und Rettung bringen.

Ähnlich wie in „Vogelfrei“, dem ersten Band der Geschichte, entführt uns Julianne Lee in eine wild bewegte Zeit und auf die Seite der Hochlandschotten. Diesmal stehen jedoch weniger große historische Ereignisse im Vordergrund, sondern das kleine, persönliche Schicksal Dylans. Wieder begegnen wir hassenswerten Charakteren wie dem Lowlander Ramsay, der mit den Engländern gemeinsame Sache macht und auch noch anderen Perversitäten frönt, und Dylans liebenswerten Freunden. Die Autorin lässt ihren Helden langsam in die Zeit hineinwachsen – um so krasser ist dann das kurze Wiedersehen mit seiner Jugendfreundin Cody, durch das deutlich wird, wie sehr er das Denken und Fühlen seiner neuen Umgebung bereits verinnerlicht hat.

Auch wenn „Die Verbannung“ eher Gewicht auf die Liebesgeschichte legt, so führt das Buch doch die spannende und abenteuerliche Geschichte gelungen und konsequent weiter und ist ebenfalls lesenswert.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Gerber, Michael – Barry Trotter und die schamlose Parodie

Gerade im phantastischen Bereich gibt es kaum ein erfolgreiches Buch oder eine Bestseller-Buchreihe mit Medienpräsenz, die nicht schon ihr Fett abgekriegt hat: J.R.R. Tolkiens Werke wurde ihn mehreren Parodien wie „Der Herr der Augenringe“ oder [„Der kleine Hobbnix“ 477 und selbst die „Unendliche Geschichte“ wurde in einer – wenn auch kurzlebigen – Parodie verwurstet. So war es nur eine Frage der Zeit, bis auch „Harry Potter“ davon betroffen sein würde.

Michael Gerbers Roman „Barry Trotter und die schamlose Parodie“ erschien in Amerika zu einem Zeitpunkt, da die Begeisterung für den Zyklus von J. K. Rowling wohl am größten war. Der vierte Roman war erschienen oder stand gerade vor einer Veröffentlichung, ähnlich verhielt es sich mit dem ersten Kinofilm …

Barry Trotter befindet sich bereits in seinem elften Jahr auf der Zaubererschule Hogwash, da er durch die Romane der schamlosen Autorin J. G. zu einer Berühmtheit geworden ist. Die Lehrerschaft und auch der Schulleiter haben keine Probleme damit, ihn weiter durchzuziehen, da die Plätze auf der Zaubererschule mehr als begehrt sind, egal wie hoch die Schulgebühren werden. Barry greift dem maroden Institut in Geldnöten gerne unter die Arme, da er so sein Leben genießen kann und selber kaum Verantwortung übernehmen muss.

Nur manchmal ist seine Berühmtheit doch ein wenig lästig, vor allem, wenn ihm all zu viele Muddel-Verehrer auf die Pelle rücken. Dann kann er sich zu seinen Freunden zurückziehen, dem debilen Lon Measly, dem nach einem Zauberunfall ein Hundehirn eingesetzt werden musste, und seiner nun als Lehrerin unterrichtenden Freundin Hermeline, die es auch jetzt mit ihrer Art nicht immer leicht hat. Oder er hält ein Pläuschchen mit der Lehrerschaft, auch wenn ihm der eine oder andere grollt, weil er nicht in den Romanen verewigt wurde.

Doch mit der Ruhe ist es schlagartig vorbei, als bekannt wird, dass Wagner Bros. aus Amerika die Romane um Barry Trotter verfilmen will und die Muddel-Verehrer bald Hogwash einrennen und Stein und Stein abzutragen drohen, weil sie ein Souvenir wollen.
Um schlimmere Auswirkungen auf sein Leben zu verhindern, beschließt Barry Trotter, mit seinen Freunden nach Amerika zu reisen und den Dreh des Films im Keim zu ersticken. Dazu muss er als Erstes die Autorin J. G. aus den Klauen der Filmbosse retten. Wo diese sie verstecken, weiß er noch nicht, doch wozu hat man Freunde und Leidensgenossen, die einem helfen?

Auch wenn es der Name nicht vermuten lässt, Michael Gerber ist gebürtiger Amerikaner. So kann die Parodie neben dem schrägen, schrillen Humor à la Monty Python auch nicht eine gewisse Überdreht- und Albernheit verleugnen. Nicht jeder Gag zündet oder ist auch allgemein verständlich, vor allem wenn er sich auf amerikanische Romane und Eigenheiten bezieht, die hier nur wenigen Lesern bekannt sein dürften, aber diese Witze sind in der Minderzahl.

Indem er keinen der bis dato erschienenen Romane nacherzählt, sondern die Geschichte quasi weiterführt und die Auswirkungen der Berühmtheit des Helden schildert, Gerber die einzelnen Elemente von J. K. Rowlings Romanen besser und unabhängiger zu parodieren – Fans wissen sehr schnell, wen und was er nun wieder auf die Schippe nimmt, wenn sein Held etwa dem abgewrackten Lord Valumart begegnet oder in ein ganz bestimmtes Klo gerät, das einem fast den Atem nimmt.

„Barry Trotter“ ist damit keine Parodie allein auf die Bücher, wie so viele andere Satiren, sondern auf den ganzen Hype drumherum, in dem sogar die Autorin und die Leser selbst eine Rolle spielen und sich wiedererkennen können.
Vielleicht ist einiges zu albern und dick aufgetragen und anderes wirkt unverständlich, aber insgesamt ist „Barry Trotter und die schamlose Parodie“ eine vergnügliche Persiflage auf eines der erfolgreichsten Medienereignisse unserer Zeit, die ich vor allem Harry-Potter-Fans ans Herz legen kann, die alles nicht ganz so eng sehen …

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Vardeman, Robert E. – Ruinen der Macht (Mechwarrior Dark Age 3)

Austin und Dale sind Brüder, Armeeangehörige, die häufig ihre Fähigkeiten in Mech-Simulatoren messen. Leider sind Austins Chancen gegen seinen großen Bruder Dale meist nur gering, wenngleich er sich beständig verbessert. Die Zeit, in der sie leben, macht es jedoch beinahe unmöglich, dass sie jemals in einem echten Mech sitzen und gegen den Feind vorrücken werden.
Nachdem das HPG-Netz zusammengebrochen ist, jenes Nachrichtensystem, welches auch die am weitesten voneinander entfernten Planeten zum Austausch von Informationen befähigt, ist eine zur Planung nutzbare interplanetare Kommunikation zum Erliegen gekommen. Mirach, der Planet, auf dem Austin und Dale leben, kann keinen Kontakt mehr zu fernen Absatzmärkten aufnehmen und die Wirtschaft erlebt schwere Zeiten. In dieser Situation ist an die Beschaffung von neuen Mechs gar nicht zu denken.

Doch ihre Zukunft soll nicht im Militär liegen, sondern in der Politik. So will es Ihr Vater, Baron Sergio Ortega. Der politische Führer hat seit jeher die Diplomatie höher bewertet als den Kampf und will nun, dass seine Söhne in seine Fußstapfen treten. Aber es gibt Elemente in der Regierung, die dem Baron seinen politischen Ansatz als Schwäche auslegen. Sie wollen ihn dazu bewegen, seine Leibgarde in die regulären Milizen zu überführen. Dies würde Kosten einsparen, was es dem Baron ermöglichen würde, mit entsprechenden Nachrichten das Volk zu beschwichtigen, weil das eingesparte Geld der Bevölkerung zugute käme.
Seine Söhne indessen drängen ihn dazu, diesen Entschluss noch einmal zu überdenken. Im Falle von Gefahr für die Regierung wäre eine sofortige Hilfe durch das Militär nicht mehr denkbar. Und diese Gefahren sind keine Illusion. Demonstrationen und Aufstände durch die unzufriedene Bevölkerung mehren sich.

Es kommt ganz anders. Dale, der ältere Bruder, muss mit ansehen, wie seine Freundin Hanna durch ein gezieltes Attentat ums Leben kommt. Dale weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, dass die Befehle zu diesem feigen Mord von weit oben kommen. Während die Ortegas glauben, dass es kaum schlimmer werden kann, wird Dale während einer Gefechtsübung durch den Einsatz scharfer Granaten getötet.
Die Geschehnisse eskalieren, und die Dunkelmänner geben sich zu erkennen. Eine aussichtslose Lage, gäbe es da nicht Sergeant Death, einen ausgedienten Centurion-Mech, den Sergio Ortega in ferner Vergangenheit einmal steuerte und der nun ein Museumsstück ist. Trotzdem macht sich Austin verzweifelt daran, die Kampfmaschine zu reaktivieren.

Die Darstellung der Intrige, der treibenden Kraft hinter der Geschichte, nimmt einen großen Teil der Handlung ein. Dergleichen kennen erfahrene Battletech-Leser hauptsächlich aus den größeren Zwisten zwischen den einzelnen Häusern. Dies spielt hier überhaupt keine Rolle. Infolge des Zusammenbruchs der interplanetaren (schnellen) Kommunikation beschränkt sich die Handlung auf den Planeten und lässt übergreifende Handlungsbögen nicht zu.
Aber nach all den riesigen Schlachten, dem bekannten massigen Getümmel aus Mechs, Kröten und Artillerie, wirkt der geringere Umfang an technischen Finessen neuer und auch gut. Die Einschränkung auf wenige militärische Techniken macht es nicht notwendig, auch nur ein einziges Buch aus dem Battletech-Universum gelesen, noch das Spiel in irgendeiner Form gespielt zu haben.

Austin ist die Figur des jungen Mannes, der zwar über eine gewisse Ausbildung und Erfahrung bereits verfügt, doch dann durch die Umstände gezwungen wird, schnell erwachsen zu werden. Aus den Simulationen wird blutiger Ernst. Dieser Handlungsaufbau ist leider nicht besonders neu und Geschichten dieser Art müssen eine gute Variation des Themas bieten. Am besten funktioniert es, wenn die Geschichte filmisch gelesen wird, also man Bilder zur Hilfe nimmt, die durch die Erzählung im Kopf entstehen. Der junge Mann, der vor dem ausgemusterten Mech steht, den einst sein Vater steuerte, die Intrigen, die geheimen Treffen, das Übungsgefecht, das zum Fiasko gerät. Dann beginnt die Geschichte zunehmend Spaß zu machen und spannender zu werden.

Möglich, dass Fans des Battletech-Zyklus vom dritten Band des |Mechwarrior Dark Age|-Zyklus ein wenig enttäuscht sein werden. Aber ein Verlust an Techniken wegen des neuen Handlungsbogens schränkt natürlich auch die Möglichkeiten der Autoren in diesem Universum ein.
Neueinsteiger finden hier allerdings die Möglichkeit, sich langsam in dieses Universum einzulesen, weil es nicht zu den üblichen Begriffserschlagungen kommt, in denen eine Mech-Beschreibung der nächsten folgt und ein Waffensystemeinsatz an den folgenden gereiht wird. Entsprechend ist das angehängte Glossar zwar löblich, aber keine Voraussetzung, um der Geschichte folgen zu können.
Der Roman ist stilistisch |Battletech| angemessen, die Handlung jedoch eine Spur zu vorhersehbar, obgleich die Variation des zuvor erwähnten Themas des zum Kämpfen Gezwungenen hier und da Neues bietet.

Fazit: Nicht grundsätzlich originell, aber unterhaltsam geschrieben. Für neue Freunde des Battletech-Universums ein guter Einstiegsroman.

_Michael Nolden_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Grubb, Jeff – Libertys Kreuzzug (StarCraft #1)

Michael Liberty ist ein guter Reporter der UNN, Universe Network News. Auf dem Planeten Tarsonis ist er bekannt für seine fundierte Berichterstattung, dafür, dass er auch noch nachbohrt, wenn es gefährlich wird. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass er sich den Unmut einiger hochgestellter Familien zugezogen hat. Sein Chef legt ihm nahe, dem Planeten Tarsonis für geraume Zeit den Rücken zu kehren.
Eine gute Gelegenheit dazu wäre eine längere Berichterstattung über die konförderierten Streitkräfte, denn Lobgesang auf die Armee ist in diesen Tagen immer gern gesehen.

Ehe sich Liberty versieht, befindet er sich an Bord der Norad II. Der Schlachtkreuzer befindet sich unter dem Kommando von Colonel Duke und Liberty verlebt eine höchst langweilige Zeit zwischen Soldaten, die zu einem großen Teil aus Schwerkriminellen bestehen, denen per Gehirnwäsche eine neue Konditionierung verpasst wurde. Die Frau, Emily Swallow, die Liberty als Verbindungsoffizier zugewiesen wird, ist gar eine Serienmörderin gewesen und erinnert sich an nichts mehr aus ihrer Vergangenheit. Liberty vermeidet es trotzdem, die Konditionierung auf die Probe zu stellen.

Eigentlich sollte die Norad II überholt werden, doch eine Meldung über eine furchtbare Katastrophe, ruft das Schiff ins Sara-System. Einer der beiden bewohnten Planeten, Chau Sara, wurde komplett ausgelöscht. Da, wo einst eine lebensfreundliche Oberfläche war, ist nur noch eine geschwärzte, glasähnliche Struktur übrig. Alles Leben wurde vernichtet. Seltsamerweise ahnt man bei der Konförderation, dass eine Fremdrasse namens Protoss hinter dieser Zerstörung steckt. Liberty ist sofort misstrauisch. Angeblich hatten die Menschen noch nie zuvor Kontakt zu anderen Völkern und nun kennt man sogar schon den Namen der anderen. Die Norad II wird beauftragt, den anderen Siedlungsplaneten, Mar Sara, zu evakuieren, denn mit der Rückkehr der Protoss wird gerechnet.
Auf Mar Sara angekommen zeigt es sich, dass die Evakuierungspläne eine reine Lüge sind. Die Siedler werden zusammengepfercht. Und sie sind nicht alleine auf dem Planeten. Ein Ekel erregendes Volk namens Zerg hat bereits einige kleine Außenposten übernommen. Liberty muss miterleben, wie Emily Swallow auf furchtbare Art ihr Leben verliert.
Schneller, als ihm lieb ist, überrollen den Nachrichtenmann die Ereignisse. Die Zerg sollten als Biowaffen eingesetzt werden. Doch hat die Konförderation die Rechnung ohne die Protoss gemacht, die ihrerseits die Zerg wie eine Seuche jagen und auslöschen. Liberty schließt sich zwangsweise einer Rebellengruppe unter der Führung von Arcturus Mengsk an, der es schließlich gelingt, die Zerg als Waffe gegen die Konförderation zu benutzen.

Das ist er also, der Roman zum Strategiespiel-Knaller von |Blizzard Entertainment|. Das Grundspiel „StarCraft“ und sein Expansion Set „Broodwar“ beeindruckten nicht nur durch ein gut durchdachtes Spielsystem, sondern auch durch eine spannende Handlung.

All diese aus dem Spiel bekannten Elemente finden sich im ersten Roman der „StarCraft“-Reihe. Allen voran jene Figuren wie Jim Raynor und Sarah Kerrigan, die Ghost, die in zahlreichen Missionen des Spiels eine wichtige Rolle spielen. Besonders Kerrigan, dem später in „Broodwar“ eine besondere Rolle zukommt, wird hier gut vorgestellt.
Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um einen spannenden SF-Abenteuerroman, der zuerst sorgsam die Handlung aufbaut, ehe er in die Missionen einsteigt. Wer das Spiel gezockt hat, wird viele Szenarien wiedererkennen. Rettungs- und Erkundungsmissionen, vom Kriecher verseuchte Stationen und Landstriche, sogar jene Missionen, bei der Emitter in Feindesland platziert werden müssen, um die Zerg anzulocken.
Neben dem Wiedererkennungseffekt ist es erfreulich, dass der Autor nicht auf Leser setzt, die mit dem „StarCraft“-Universum bereits vertraut sind. Alles, was man wissen muss, erfährt man aus der Geschichte. Diese ist solide geschrieben und hält gerade, wenn man das Spiel nicht kennt, so manche Überraschung offen. Liberty schildert die Vorkommnisse aus seiner Sicht, stets mit einem einleitenden Kommentar zu jedem Kapitel und umreißt so den Hintergrund des „StarCraft“-Universums.

Die Erfindung der Zerg kann nicht verleugnen, gewisse Anleihen bei den allseits bekannten Aliens gemacht zu haben. Aber die Zerg setzen durch ihre Vielfalt noch eins drauf. Diese Ähnlichkeit zu den Aliens könnte den Roman auch für Alien-Fans interessant machen, vor allem für jene, die von der grottenschlechten Qualität der letzten Alien-Bände enttäuscht waren. Denn „Libertys Kreuzzug“ ist so, wie ein guter Alien-Roman hätte sein können.
Das Einzige, was wirklich schade an diesem Roman ist, ist, dass die Umsetzung für den deutschsprachigen Markt drei Jahre brauchte.

_Michael Nolden_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Stover, Matthew – Star Wars Episode III – Die Rache der Sith

Über Coruscant tobt eine erbarmungslose Weltraumschlacht. Nachdem die Separatisten unter der Führung von Count Dooku und General Grievous tolldreist den Regierungsplaneten angegriffen haben, setzen sich die Truppen der Republik zur Wehr. Bald schon wird aus der Verteidigung auch eine Rettungsaktion, denn ein Stoßtrupp aus Kampfdroiden unter der Führung von General Grievous hat den obersten Kanzler Palpatine entführt.
Niemand auf der Oberfläche des Planeten ahnt den wahren Hintergrund der Entführung. In Wahrheit will Palpatine alias Darth Sidous mit Count Dookus Hilfe den jungen Anakin Skywalker auf die dunkle Seite der Macht ziehen. Für Dooku scheint es eine leichte Angelegenheit zu sein, zuerst Obi-Wan Kenobi zu töten und dann Skywalker gefügig zu machen, doch der Adlige täuscht sich gewaltig. Die beiden Jedi spielen nur mit dem Grafen. Zwar gelingt es Dooku, Obi-Wan einstweilen außer Gefecht zu setzen, doch gegen Anakin ist er chancenlos.
Im letzten Augenblick erkennt er den wirklichen Plan von Darth Sidous: Anakin kann nur weiter auf die dunkle Seite gezogen werden, wenn er Dooku tötet. Sidous ist auf der Suche nach einem Schüler, der mächtiger ist als Dooku. So erfährt Dooku eine der elementaren Wahrheiten der Sith am eigenen Leib: Verrat ist eine Grundeigenschaft der Sith.

Mit letzter Kraft können die beiden Jedi und der Kanzler aus dem abstürzenden Schlachtkreuzer der Separatisten entkommen. Leider gelingt dem einzigen noch verbliebenen Anführer der Separatisten, General Grievous, ebenfalls die Flucht.

Die Situation auf Coruscant ist angespannt. Die Jedi haben mit Misstrauen den zunehmenden Machtbereich des Kanzlers registriert, aber sie haben ihn auch nicht verhindern können. Inzwischen sind sie sicher, dass der Sith Lord sich im unmittelbaren Umfeld des Kanzlers aufhält, aber mehr wissen sie nicht. Der Kanzler kann es nicht sein, denn er hat bereits die absolute Macht.
Mace Windu und Yoda weihen Obi-Wan in ihre Gedanken ein. Sie machen deutlich, dass der Jedi-Meister diese Geheimnisse für sich behalten soll, denn sie trauen selbst Anakin nicht. Skywalker mag der mächtigste Jedi von allen sein, doch er ist auch instabil.

Seit geraumer Zeit wird Anakin von schlimmen Ängsten geplagt. Seine Mutter verlor er bereits und nun fürchtet er sich davor, die, die ihm am nächsten stehen, zu verlieren. Palpatine, der ihn fördert wie ein väterlicher Freund. Obi-Wan, mit dem ihm eine tiefe Freundschaft verbindet. Und nicht zuletzt Padmé, seine geliebte Frau. Seine Träume zeigen ihm eine tote Padmé, eine Voraussicht, die für ihn furchtbarer ist als alles andere, was ihm widerfahren könnte.
Als Obi-Wan auf Geheiß des Jedi-Rates die Jagd nach General Grievous aufnimmt, kommt es auf Coruscant zum zweiten Akt der Tragödie. Die dunkle Seite der Macht sei in der Lage, Tote wieder zum Leben zu erwecken, so offenbart Palpatine seinem jugendlichen Freund. Als er außerdem seine Maske fallen lässt und sich als Sith Lord offenbart, ist es zu spät. Mace Windu und seine Freunde können den Sith nicht stellen. Wenig später gibt Palpatine die Weisung an die Klon-Truppen aus, Plan 66 auszuführen.
So geschieht es. Überall in der Galaxis richten die Klon-Soldaten ihre ehemaligen Anführer hin. Das Ende der Republik ist nahe.

„Die Rache der Sith“ ist wohl das Beste der bisherigen Filmbücher. Sein Stil ist gewöhnungsbedürftig, aber binnen kurzem weiß es sehr zu gefallen.
Lange haben die Fans darauf gewartet zu erfahren, wie George Lucas denn seine Geschichten zusammenfügen würde.

Die Auflösung ist gelungen. Anakin konnte letztlich nur durch die Angst zur dunklen Seite verführt werden. Im Grunde seines Herzens ist er kein schlechter Kerl. Doch er ist zu unerfahren, um nicht leicht verführt zu werden. Die Möglichkeit, mit Hilfe der dunklen Seite in der Lage zu sein, Padmé vom Tode zurückzuholen, wiegt für ihn schwerer als das Wohl seiner Freunde. Am Ende ist er bereit, für seinen neuen Lehrer alles zu tun, wenn nur seine Frau gerettet werden kann.
Für die Geschichte ist es sehr wichtig, dass Anakin trotz allem ein sympathischer Charakter ist. Er ist ein Heißsporn, der zwischen seinen eigenen Ansprüchen hin und her gerissen ist. Leider passen diese Ansprüche nicht zueinander und sie werden auch nicht zur Gänze von den anderen Jedi akzeptiert. Das Profil eines machtvollen Menschen, dessen Gefühle noch viel mächtiger sind und deshalb alles zunichte machen, was er sich wirklich gewünscht hat, ist ohne jegliche Widersprüche umgesetzt.
Der Brückenschlag vom kleinen Anakin Skywalker hin zum innerlich zerstörten Darth Vader ist letztlich von George Lucas sehr gut in Szene gesetzt worden.

Figuren, die bisher eine Randexistenz innerhalb der Geschichte führten, werden aufgewertet, andere hingegen müssen sich mit einer Nebenrolle begnügen. So auch Padmé. Zwar wird sie zum Stein des Anstoßes, ansonsten muss sie allerdings hinter der eigentlichen Handlung zurückstehen.
Andere Charaktere gewinnen an Profil, so zum Beispiel Bail Organa, jener Senator, der später die kleine Leia aufziehen wird. An der Seite der Senatorin Mon Mothma versucht er von der Republik zu retten, was zu retten ist. Letztgenannte Senatorin ist eine der Figuren, die bereits aus kleinen Nebenauftritten aus der alten Trilogie bekannt sind. Es wurde überhaupt sehr viel Wert darauf gelegt, dass sich mit dieser letzten Geschichte ein Kreis schließt. Der Leser macht hier bereits die Bekanntschaft mit Chewbacca, er erfährt, dass der Wookie und Yoda sich während einer gemeinsamen Kampfhandlung kennen gelernt haben.

Im Gegensatz zum Film nutzt das Buch die Gelegenheit, ausführlich auf die Gedankenwelt seiner Protagonisten einzugehen. Dann schaltet Autor Matthew Stover auf eine Art Reportage um, damit die eigentliche Handlung nicht unnötig unterbrochen wird. So merkwürdig dieser dokumentarische Stil während der eigentlichen Handlung auch ist, so viele wichtige Informationen liefert er doch zum Verständnis der Handlung. Es wird interessant sein zu sehen, wie der Film ohne diese Hilfsmittel auskommen will.

Der Roman folgt dem Drehbuch des Films. So spitzt sich die Handlung in einem sehr klassischen Aufbau immer weiter zu. George Lucas hat nie geleugnet, dass er sich vieler bekannter Themen bedient hat. Serien aus seiner Jugend, Sagen, ja selbst die Bibel mussten für Motive herhalten. So ist denn der Endkampf von Obi-Wan und Anakin ähnlich groß und dramatisch geraten. Anakins Auferstehung als Darth Vader wird als Triumph der Sith zelebriert, ein Triumph, der, wie der Fan weiß, nur von kurzer Dauer ist.

Anakin ist der Auserwählte, welcher der Macht das Gleichgewicht bringen wird, nur eben nicht zu der Zeit und auf dem Weg, den die Jedi gerne hätten. Daumen hoch für einen erstklassigen Abenteuerroman, der als Geschichte zum Film absolut für sich alleine stehen kann.

_Michael Nolden_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Luceno, James – Star Wars – Labyrinth des Bösen

|“Ich habe hier etwas für dich. Dein Vater wollte, dass du das hier bekommst, wenn du alt genug bist. Aber dein Onkel war dagegen. Er fürchtete, du könntest dem alten Obi-Wan auf irgend so einem törichten idealistischen Kreuzzug folgen wie einst dein Vater.“|
Obi-Wan zu Luke Skywalker (Episode IV – Eine neue Hoffnung)

Autor James Luceno, der sich bereits mit den Star-Wars-Romanen „Der Untergang“ und „Die letzte Chance“ seine Sporen im Universum des George Lucas verdiente, schickt die beiden Helden Obi-Wan und Anakin in den Endspurt, an dessen Ende das Finale in Episode III steht. So betrachtet, erlebt der Leser hier einen Teil dieses törichten Kreuzzuges, den Obi-Wan in dem eingangs erwähnten Zitat anspricht.

Vizekönig Nute Gunray ist auf der Flucht. Nach den ersten Intrigen, die zu den Auseinandersetzungen auf Naboo (Episode I) und später auf Geonosis (Episode II) führten, hat die Handelsförderation immer mehr Raum einbüßen müssen. Auf großer Breite befinden sich die Separatisten auf dem Rückzug. Viele haben sich bereits in Territorien am äußeren Rand eingeigelt. Anakin, der ein sehr persönliches Interesse daran hat, dass Gunray gefasst wird – da der Vizekönig mitverantwortlich für das Bombenattentat auf Padmé war (Episode II) –, muss die einstweilige Flucht des Vizekönigs in Kauf nehmen. Allerdings bleibt in der Festung des Flüchtigen ein mechanischer Stuhl zurück, dessen Holoaufzeichnungen einzigartige Bilder offenbaren: Darth Sidious.

Endlich, nach so langer Zeit, gibt es konkrete Beweise für einen weiteren dunklen Lord der Sith. Auch Yoda hatte schon vermutet, Count Dooku sei der geheimnisvolle Mann im Hintergrund, doch nun scheint es sicher zu sein, dass Dooku auch nur ein Schüler ist.

Derweil hat sich auf Coruscant vieles zum Schlechten gewendet. Die Notstandsgesetze erlauben es den Soldaten, sich überall und zu jeder Zeit Zutritt zu verschaffen und Kontrollen sowie Verhaftungen durchzuführen. Die Sicherheit der Regierungswelt ist trügerisch. Kanzler Palpatine schirmt sich hinter einer Unmenge von Beratern und einer illegalen, ganz in rot gewandeten Schutztruppe ab.

Die Einsprüche von Senatoren, allen voran Bail Organa und Padmé Amidala, die eine Entschärfung der strengen Sicherheitsbestimmungen wollen, werden von Palpatine charmant abgeschmettert.

Allerdings verblassen die Einsprüche der Senatoren vor den kommenden Ereignissen. Die Jedi aus Coruscant setzen sich auf die Spur von Sidious und sind ihm alsbald hautnah auf der Spur. Diese Entwicklungen gefallen Sidious und Tyranus alias Count Dooku überhaupt nicht. Doch schnell hat der Sith-Lord seine Pläne neu geordnet. Während Dooku ein Ablenkungsmanöver startet, leitet General Grievous einen Angriff auf Coruscant einzig mit dem Ziel, Kanzler Palpatine zu entführen. Der Krieg hält mit aller Macht auf der Regierungswelt Einzug.

Der vorliegende Star-Wars-Roman ist kein reiner Abenteuer-Roman. Er ist auch eine Geschichte, die die Aufgabe hat, Geheimnisse zu lüften und Zusammenhänge herzustellen. Angesichts der gesammelten Informationen, die hier vorgebracht werden, scheint es eine unglaubliche Aufgabe zu werden, Episode III ohne diese Hintergrundinfos zu verstehen.

Zwei zentrale Themen sind hier ganz besonders interessant. Count Dooku wird rigoros als Lord Tyranus enttarnt, jenen Sith-Lord, der das Werk des Jedi Sifo-Dias fortführte. Meister Sifo-Dias gab dereinst die Klon-Armee in Auftrag. Tyranus beseitigte nicht nur den Jedimeister, sondern auch noch jegliche Daten, die auf den Auftrag hinweisen konnten, ja sogar den Planeten Kamino, den Herstellungsort der Klone, löschte er aus den Archiven des Jeditempels.

Der andere wichtige Aspekt ist die Vorstellung des Generals Grievous. Grievous ist ein Cyborg, der in die Falle der dunklen Lords Sidious und Tyranus tappte. Grievous fiel einem Unfall zum Opfer und wurde in das Maschinenwesen umgewandelt, um dereinst die Droidenarmeen der Sith anzuführen. Ausgestattet mit sechs Gliedmaßen, wird Grievous nur von einem angetrieben: dem Hass auf die Jedi. Sein Wunsch: einmal dem jungen Anakin Skywalker im Kampf gegenüberstehen.

Obwohl das Cover eine solche Begegnung nahe legt, kommt es nicht dazu. Andererseits werden die Zuschauer der dritten Staffel der |Clone Wars| im letzten Viertel des Romans einiges von der Handlung wiedererkennen, einiges wird jedoch völlig neu sein.

Die Zeichentrickserie |Clone Wars|, welche die Lücke zwischen „Angriff der Klonkrieger“ und „Die Rache der Sith“ schließt, ist eindeutig für ein jüngeres Publikum bestimmt. Im vorliegenden Roman wird weniger Rücksicht genommen, einige Szenen und Personen sind durchaus bekannt, aber vieles nimmt eine völlig andere Wendung.

Eine kleine Anekdote am Rande erklärt auch ein wenig die Merkwürdigkeit, dass C3-PO und R2-D2 sich im Verlauf von Episode IV bis VI nicht an ihre Vergangenheit erinnern können. Ein silberner Protokolldroide namens TC-16 (ein ähnlicher sprechender Wasserfall wie C3-PO) hatte eine Begegnung mit einem Sith-Lord in den Tiefen von Coruscant. Seither scheint er über seherische Fähigkeiten zu verfügen. Er gibt C3-PO während der Kampfhandlungen auf Coruscant einen wichtigen Hinweis: Sollte dereinst einmal jemand C3-PO anbieten, den Gedächtnisspeicher zu löschen, solle er annehmen. Das sei besser, als in ständiger Angst und Verwirrung weiterzuexistieren.

|“Über tausend Generationen lang sind die Jedi-Ritter in der alten Republik die Hüter des Friedens und der Gerechtigkeit gewesen. Bevor es dunkel wurde in der Welt, vor dem Imperium.“|
Obi-Wan zu Luke Skywalker (Episode IV – Eine neue Hoffnung)

„Labyrinth des Bösen“ spannt einen guten Bogen hin zur „Rache der Sith“, spannend, mit vielen Auflösungen und Andeutungen, die nicht nur für die absoluten Star-Wars-Fans interessant sind. Beide Daumen rauf!

_Michael Nolden_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Stewart, Sean – Schwarze Dolch, Der

„Der Schwarze Dolch“ ist nicht nur der zweite Roman Sean Stewarts, der bei |Piper| erscheint, sondern auch eine Neuauflage des beim |Argument|-Verlag erschienenen gleichnamigen Romans. Anders als in seinem ersten Buch „Hexensturm“ entführt uns Sean Stewart nicht in den amerikanischen Süden , sondern in ein phantastisches Land ohne irdische Wurzeln, auch wenn Kultur und Beschreibungen das hochmittelalterliche England eines Robin Hood oder Richard Löwenherz wieder aufleben lassen.

Schützer Mark ist ein junger Bauernbursche, der von großen Heldentaten, Ruhm und einem Titel träumt. Er, der Vaterlose, möchte nicht als Bauer, Handwerker oder Knecht in seinem Heimatdorf bleiben. Aber erst nach dem Tod seiner Mutter scheint die richtige Zeit für den Aufbruch gekommen zu sein. Mark zieht mit einem Schwert und wenigen anderen Habseligkeiten aus in den nahen Gespensterwald, in den schon viele tapfere Männer gegangen, aber nicht wieder zurückgekommen sind. Er will wie die Helden der alten Legenden sein Leben einsetzen, um den Fluch der Roten Festung zu lösen.
Tatsächlich gelingt es ihm mehr durch Glück als Verstand, das viele Jahrhunderte alte Geheimnis aufzulösen und den Fluch zu brechen.
Mit Beweisen für diese Tat kommt er zum Schloss des Königs, um seinen Lohn zu empfangen. Nachdem dieser ihn angehört hat, ist er bereit, die Wünsche des jungen Helden zu erfüllen. Er gibt ihm Ländereien, Titel und die Hand seiner jüngsten Tochter.
Doch da fangen erst Marks wirkliche Abenteuer an.
Er muss erkennen, dass der Adel sich ganz anders benimmt, als er bisher geglaubt hat, und es gar nicht so einfach ist, mit den ungeschriebenen Regeln des Hofes zurechtzukommen, und sich nicht in einem tödliches Netz von Intrigen zu verstricken. Nur wenige meinen es so ehrlich mit ihm wie der junge Adlige Valerian, der ihm die wichtigsten Regeln des Lebens am Hofe beibringt und schließlich sein bester Freund wird.
Auch die auserwählte Braut scheint eine gute Wahl zu sein, denn Prinzessin Gail kann mit den Hofintrigen auch nicht viel anfangen und eckt durch ihren offenen, direkten Charakter oft an. Dennoch legt sie Mark einige Hürden in den Weg, denn sie hat ihre eigenen Pläne und Ziele.
Und auch Marks Tat scheint nicht ohne Folgen geblieben zu sein. Zwar hat er den Fluch der Festung gebrochen, aber damit auch alte Geister freigesetzt, die nun mordend durch das Land ziehen. Der junge Held ahnt nicht, dass, um sie zu besiegen, er sich in erster Linie seinen eigenen Schatten stellen muss.

Wie schon in „Hexensturm“ stehen auch in „Der Schwarze Dolch“ nicht die Handlung sondern die Charaktere im Vordergrund. Sean Stewart benutzt die klassische Geschichte eines jungen Helden, der einen Fluch bricht und damit Titel, Land und eine Prinzessin zur Frau gewinnt, nur als Hintergrund für die Entwicklung seiner Personen. Mark ist nicht der typische und naive Jüngling, sondern ein bereits von eigenen Sorgen gezeichneter junger Mann, der sehr schnell merkt, dass Ruhm und Ehre nicht unbedingt glücklich machen und vor allem ganz neue Probleme aufwerfen, vor denen er am liebsten davonlaufen möchte. Letztendlich lernt er aber nach und nach eine Sorge nach der anderen zu lösen und wächst in seine neue Stellung hinein.
Spannung und Action bezieht der Roman überwiegend aus seiner persönlichen Weiterentwicklung und durch die Beziehungen zu den anderen Menschen, nicht zuletzt aber auch durch das dezent dargestellte magisch-mythische Geheimnis, das sich dem Helden und dem Leser erst nach und nach enthüllt. Der Roman mag einiges an Geduld fordern, weil er nicht immer leicht zu lesen ist, aber Sean Stewart beweist, dass man auch mit Archetypen und klassischen Motiven spielen kann, ohne die breit ausgetretenen Pfade üblicher High-Fantasy-Werke zu beschreiten, die sich an alten Sagen oder Klassikern des Genres orientieren. Sean Stewart beweist, dass es auch Fantasy gibt, die spannend und überraschend ist, obwohl sie ohne wilde Schlachten oder aufgeblasene Mystik mit bizarren Wesen vor exotischer Kulisse auskommt.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Nix, Garth – Abhorsen (Das alte Königreich 3)

Mit „Abhorsen“ führt Garth Nix seine Trilogie um „Das alte Königreich“ zum Abschluss. Der Band ist eine direkte Fortsetzung von [„Lirael“ 1140 und damit nicht unabhängig von diesem lesbar.

Die junge Clayr Lirael hat ihr ganzes bisheriges Leben darunter gelitten, nicht wie die anderen ihres Volkes eine Seherin zu sein. Nur schwachen Trost hat sie in ihrer Arbeit als Bibliothekarin gefunden, bis zu dem Tag, als ihr befohlen wurde, sich auf eine Reise zu machen, die ihr ihre Bestimmung eröffnen würde.

Tatsächlich hat Lirael ihr Erbe und ihre Bestimmung gefunden. Nicht Prinz Sameth, sondern sie ist die kommende Abhorsen, die in die Fußstapfen Sabriels treten wird. Der Sohn des Königs ist dazu bestimmt, eine andere Aufgabe zu übernehmen. Welche, hat Sameth noch nicht herausgefunden.

Es bleibt auch gar keine Zeit danach zu forschen, denn die untoten Horden des Nekromanten Hedge verwüsten das Land. Er scheint im Dienst einer viel größeren Macht eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, die auch auf das benachbarte Ancelstierre hinüberzugreifen droht. Und Nick, Sameths Freund aus Ancelstierre, ist zu seiner Geisel und seinem Helfer geworden.

Nach einem kurzen Aufenthalt im Haus der Abhorsen, in dem sie sich neu ausrüsten und wieder Kraft sammeln, machen sich Lirael und Sameth auf die gefahrvolle Reise in den Norden. Hedge hat ihnen Horden von Untoten auf den Hals gehetzt, damit sie ihn nicht aufspüren, doch die beiden jungen Leute lassen sich nicht beirren und entdecken schließlich, was der Nekromant im Schilde führt.

Nicht zuletzt die „fragwürdige Hündin“ ist ihnen in dieser Zeit eine treue Gefährtin und Helferin, denn sie scheint mehr über die Gefahren und die Macht zu wissen, die Hedge aus der Erde holen lässt. Es ist ein düsteres Vermächtnis aus den Anfängen der Zeit, noch bevor die Charter entstanden ist. Nun sind alle Kräfte und Fähigkeiten der beiden jungen Menschen gefordert, um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Sie haben nicht mehr viel Zeit, um das drohende Verhängnis aufzuhalten und Nick zu retten.

Und da dürfen sie sich auch nicht von einer bitteren Nachricht entmutigen lassen: König Touchstone und die Abhorsen Sabriel sind offensichtlich bei einem Attentat in Ancelstierre ums Leben gekommen, und damit stehen die beiden jungen Menschen ganz allein auf weiter Flur.

Im Gegensatz zu [„Sabriel“ 1109 sind die Romane „Lirael“ und „Abhorsen“ nicht unabhängig voneinander lesbar, sondern bilden eine zusammenhängende Geschichte. Nachdem in „Lirael“ die Charaktere der nächsten Generation, ihre veränderte Welt und die neuen Feinde und Gefährten eingeführt wurden, geht es jetzt in „Abhorsen“ richtig zur Sache.

Zielstrebig gehen die junge Clayr und der Prinz ihren Weg und agieren, wie sie es für richtig halten. Die Handlung ist actionreich, rasant und lässt dem Leser bis zum Schluss kaum Zeit, Atem zu holen.

Das ist allerdings auch eine Schwäche dieses Romans; stellenweise überschlagen sich die Ereignisse zu sehr und manche Schilderungen wirken so abgehackt, dass man als Leser einen Bruch oder eine Kürzung im Roman zu entdecken meint. Garth Nix scheint auch kein Freund von langsamen Ausklängen zu sein … das Buch endet ebenso abrupt wie manch ein Kapitel.

Nichtsdestotrotz bietet auch Abhorsen gute Unterhaltung mit faszinierender Magie, die vor allem in diesem Buch eine Hauptrolle spielt und mythische Dimensionen annimmt, einer spannenden actionreichen Handlung mit gruseligen Szenen und einem zufriedenstellenden Ende.

Aber auch hier lässt sich Garth Nix ein Hintertürchen offen, um vielleicht eines Tages aus der Trilogie einen Zyklus zu machen – das Potenzial und die Konflikte für weitere Geschichten aus dem „Alten Königreich“ – ob nun aus der Zukunft oder der Vergangenheit – sind da.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Koontz, Dean R. – Wächter, Der

Das Leben eines heiß gefragten Hollywood-Schauspielers ist hart. Das bezieht sich nicht alleine darauf, dass ein im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehender Mensch wie Channing Manheim Knochenarbeit verrichten muss, für die er völlig zu Recht mit Abermillionen Dollar entlohnt wird, sondern nimmt auch Bezug auf die Anfechtungen, die zu verkraften sind. Das geht manchmal ans Eingemachte, wenn nicht nur die schauspielerische Leistung zurechtgerückt wird, sondern das persönliche Schicksal bedroht wird. Dann werden auch Lichtgestalten wie Manheim zu winzigkleinen Menschen, mit allen Mitteln darum bemüht, das eigene Dasein vor Widrigkeiten zu beschützen.

Noch drängender wird diese Frage nach dem behütenden Schutz, sobald über die eigene Persönlichkeit hinaus nahe Menschen bedroht sein könnten. Manheim ist allein erziehender Vater (soweit bei der permanenten Abwesenheit von Manheim von einer Erziehung gesprochen werden kann, andererseits könnte es bei seinem Naturell durchaus sein, dass Kinder von der Nicht-Anwesenheit profitieren …), und Fric, sein zehnjähriger Sohn, lebt im Grunde alleine in einer prächtigen, großen, komfortablen Villa. Alleine mit einer ganzen Handvoll Bediensteten und … Sicherheitskräften, zu denen die zweite Hauptperson des Romans zählt, der ehemalige Polizist und jetzige Sicherheitschef Ethan Truman.

Auf diese beiden Personen – Fric und Truman – konzentriert sich Dean Koontz in seinem aktuellen Thriller. Er beleuchtet die Handlungswege von beiden parallel, schildert dabei den Arbeitsalltag von Truman, der gleich zu Beginn ein weiteres ominöses Päckchen mit einem schwer erklärbaren Inhalt erhält, und die grauen Tage von Fric, der mehr oder minder auf sich alleine gestellt ist und für den die Lektüre in der hauseigenen Bibliothek zu den aufregendsten Stunden des Tages zählt.

Beide kennen sich wenig, die Diskrepanz zwischen dem gut lebenden Fric und dem gewissenhaft agierenden Truman ist zu groß, zumal Fric eher misstrauisch und zurückhaltend anderen Menschen gegenüber agiert. Diese Vorbehalte mehren sich noch, als Fric im Einklang mit den seltsamen Päckchen mysteriöse Telefonanrufe erhält, die er aber erst einmal für sich behält. Wer sollte einem versponnenen Jungen wie ihm auch glauben.

Nicht weniger bizarr sind die Erlebnisse Trumans, der plötzlich einen tot geglaubten alten Freund wieder sieht. Schritt für Schritt enthüllt sich vor Trumans Augen eine unglaubliche zweite Daseinsebene, und damit betreten wir als Leser endlich Neuland, durchschreiten gemeinsam mit Truman eine Linie, die unsere reale Welt trennt von dem „danach“. Für Truman ist dies derart albtraumhaft und dermaßen unglaublich, dass auch er diese Informationen fürs Erste verschweigt; erst später öffnet er sich einem ehemaligen Kollegen aus dem Polizeidienst, der ihn in der Folgezeit diensteifrig unterstützt und letztlich auch an der Aufklärung des Falles beteiligt.

Dean Koontz zählt nach vielen Jahren des bedächtigen Aufbaus mittlerweile zur ersten Garde der amerikanischen Thriller-Autoren. Im Gegensatz zu den in einer, nun ja, „realistischen“ Welt handelnden Epigonen der Kollegen knüpft Koontz als alter Horror-Haudegen seine Fäden von dieser unserer Welt hinüber in eine Schattenwelt, in eine Todeswelt, in eine irreale Ebene des Lebens, die bevölkert ist von Toten oder Nicht-Toten oder unerklärlichen Existenzen. Jedenfalls vermischt er Gruselelemente sehr eifrig mit kriminalistischen Geschehnissen und bezieht gerade daraus seine wichtigen Spannungstopoi; das Unerklärliche wirkt auf den Leser bedrohlich, weniger der nicht ungewöhnliche, in seiner Entfaltung tausendmal gelesene Kriminalfall. Der ist alltäglich, seine Aufklärung dagegen nicht.

Darauf muss man sich auf den 740 Seiten einlassen können. Es ist nicht jedermanns Sache, eine solche Art von „Deus ex Machina“ in einem in der Jetztzeit spielenden Roman zu akzeptieren; wenn Truman nicht mehr weiterweiß, dann steht gewissermaßen der Engel bereit. Das mag als ein reflektierendes Element für eigene Handlungen seine Reize haben, aber als tragender Faktor bei der Lösung des Falles mutet es so manches Mal arg an den Haaren herbeigezogen an.

Trotz dieser Vorbehalte: Koontz spielt rücksichtslos seine Trumpfkarten aus, nachdem er so richtig Fahrt aufgenommen hat. Dazu benötigt er eine etwas zu lange Strecke, auf der er in ermüdender Drängelei ein ums andere Mal den Wohlstand Manheims beschreibt; irgendwann weiß auch der letzte unaufmerksame Leser, in welch praller Üppigkeit Fric lebt, wie viele Bücher hier und dort gestapelt sind, wie viele Kandelaber auf wie vielen Tischlein in den zigtausend Zimmer, Räumen und Sälen thronen … ach, das ist wirklich zu viel des Beschreibens, das ödet in diesen überbordenden Dimensionen irgendwann an.

Und hört doch glücklicherweise wieder auf, nachdem Koontz sich so richtig ausgetobt hat. Erst da, nach etwa mehr als einhundert Seiten, kann sich das Interesse des Lesers an den Figuren entfalten. Und erst da wird es spannend und interessant, und Koontz’ Karten stechen ohne Frage: Er verwöhnt mit sehr schönen Metaphern, schreibt sehr gute und unterhaltsame Dialoge und verwendet dazu gut gesetzte Spannungsmomente.

Das passt dann alles und hinterlässt letztlich doch das Gefühl, sich durch einen geschickt konstruierten, von zwei glaubwürdigen Charakteren geprägten Thriller gelesen zu haben. „Der Wächter“ liest sich immerhin so spannend, dass sich die Seiten wie von selbst umblättern …

_Karl-Georg Müller_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|

Nix, Garth – Lirael (Das alte Königreich 2)

Nachdem Garth Nix den Leser bereits in [„Sabriel“ 1109 in die magische Welt des „Alten Königreiches“ entführt hat, lockt er ihn nun zum zweiten Mal auf eine Reise an neue verwunschene Orte und zu weiteren düsteren Geheimnissen, die entdeckt werden wollen.

Vierzehn Jahre sind vergangen. Sabriel und Touchstone haben das Erbe angenommen, das ihnen durch ihr Blut bestimmt worden ist.

Als Magierin Sabriel Abhorsen und König Touchstone versuchen sie das Alte Königreich, aber auch Ancelstierre jenseits der Mauer vor immer noch ruhelosen Toten zu beschützen und die Schäden zu beseitigen, die ihr damaliger Feind angerichtet hat. Kraft und Hoffnung schöpfen sie dabei auch durch ihre Kinder Ellimere und Sameth, von denen jedes eines Tages in die Fußstapfen der Eltern treten soll, um den Schutz der Reiche zu gewährleisten.

Unbemerkt von dem Königspaar ist unter den Clayr – einem seherisch begabten Volk – das Mädchen Lirael herangewachsen. Das Mädchen sieht sich wie eine Außenseiterin, denn zum einen kennt sie ihren Vater nicht, zum anderen will in ihr einfach nicht die Gabe des Sehens erwachen. Je mehr Jüngere erwählt werden, desto mehr schämt sie sich und verzweifelt. Sie möchte nicht länger als unmündiges Kind angesehen werden, weiß aber nicht, wie sie das erreichen soll.

Erst als sie nahe daran ist, sich das Leben zu nehmen, findet sie Hilfe und Trost. Andere Clayr helfen ihr dabei, nicht die Geduld zu verlieren, und verschaffen ihr eine Stelle in der großen Bibliothek, die weniger als ein Saal voller Bücher, als vielmehr eine versunkene alte Stadt voller Geheimnisse, Artefakte und Gefahren ist.

Obwohl sie ihr neues Leben zu schätzen beginnt, entwickelt sich Lirael auch hier zu einer Außenseiterin, die lieber liest, Magie lernt und verbotenerweise durch die Bibliotheksstadt streift. So bleibt es nicht aus, dass sie schließlich ein gefährliches magisches Geschöpf zum Leben erweckt und nun sehen muss, wie es gebannt wird, ehe es noch mehr Schaden anrichtet oder gar Leute umbringt. Durch diese erste Bewährungsprobe gewinnt sie an innerer Stärke, was sie selber aber noch nicht begreift. Erst als die Seher der Clayr ihr Tun entdecken und sie auf eine gefahrvolle Reise schicken, lernt Lirael ihre wahre Bestimmung kennen und lernt ebenso, sie zu akzeptieren.

Aber auch Sabriel und Touchstone bekommen neue Schwierigkeiten. Immer wieder müssen sie Gefahren im Alten Königreich beseitigen. Ihnen wird recht schnell klar, dass wieder eine dunkle Macht aufgetaucht ist, um die Lebenden zu bedrohen, und dass die ganzen Geschehnisse klug geplant wurden, um sie von der eigentlichen Gefahr abzulenken.
So ist es auch an ihren Kindern zu helfen, so gut sie können.
Sameth etwa soll in die Fußstapfen seiner Mutter treten und der nächste Abhorsen werden, um weiterhin die Toten zu binden und zu vernichten. Aber den Prinz befällt beim Wirken von Nekromantie regelrechte Angst. Kann er diese überwinden, um seinem ancelstierrischen Freund Nicholas beizustehen? Denn als dieser Sameth besuchen will, gerät er in die Klauen des Feindes …

Obwohl „Sabriel“ in sich abgeschlossen war, bot der Hintergrund doch genug Möglichkeiten, um die Geschichte fortzuspinnen und eine neue Generation von Helden zu erschaffen, denen die ersten zur Seite stehen können und umgekehrt. Garth Nix begeht aber nicht den Fehler, ein einmal erfolgreiches Konzept zu wiederholen, auch wenn es Parallelen zu geben scheint. Die Grundvoraussetzungen der Personen und ebenso ihr Einstieg in das Abenteuer sind anders, denn Sameth ist nicht unbedingt der Sohn, den seine Eltern erwarteten und begehrt wie jeder Teenager gerne auf. Lirael erkämpft sich als Außenseiterin ihren Weg und ist nicht unbedingt jemand, der sich leicht Freunde macht. Und nicht zuletzt erweist sich der Feind als jemand von einem ganz anderen Kaliber.

Wieder überzeugt der Autor mit einer spannenden Geschichte, die immer zum rechten Zeitpunkt ihre Geheimnisse preisgibt und an keiner Stelle langweilig wird, einer faszinierenden Schilderung von Magie, die wir in diesem Band noch besser kennen lernen, und einer wirklich exotisch geschilderten Bibliothek.

Einziger Wermutstropfen ist nur, dass die Auseinandersetzung mit dem Feind am Ende des Buches noch nicht ausgestanden ist.

„Lirael “ ist wie sein Vorgänger „Sabriel“ Fantasy, in die man ruhig einmal einen Blick werfen sollte, wenn man der Drachen, Elfen und Zwerge überdrüssig ist, denn die Bücher beweisen, dass das Genre auch aus wenig exotischen Hintergründen viel machen kann.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|