Bernard Cornwell – Sharpes Trophäe (Sharpe 8)

„Sharpes Trophäe“, chronologisch Band 8 der Reihe um den Scharfschützen Richard Sharpe, ist einer der älteren Romane aus der Feder von Bernard Cornwell – erstveröffentlicht 1981. Auch für „Sharpes Trophäe“ hat der englische Autor seine üblichen Zutaten einmal kräftig umgerührt, um sie in einer appetitlichen Zusammensetzung dem geneigten Leser zu präsentieren: Es gibt einen abenteuerlustigen, vom Glück begünstigten Helden, einen wirklich verabscheuungswürdigen Gegenspieler, eine große Schlacht, eine Frauengeschichte und alles ist gewürzt mit einer ganz großen Prise leicht verständlicher Militärgeschichte.

Sharpes Regiment, das 95th, ist bereits zurück in der Heimat, während er immer noch in Portugal festsitzt und für den Pionier Captain Hogan Aufgaben erfüllt. Der aktuelle Befehl lautet, eine alte Römerbrücke in Valdelacasa zu sprengen, um die Franzosen davon abzuhalten, den Tejo zu überqueren. Eigentlich eine leichte Aufgabe, die nicht viel Zeit in Anspruch nehmen sollte. Allerdings müssen Hogan und die Rifles aus diplomatischen Gründen ein englisches und spanisches Regiment mitführen – und beide Regimenter sind nicht gerade ruhmbekleckert.

Die Spanier, Verbündete der Engländer, nehmen es mit dem Krieg nicht so ernst: Groß herausgeputzt marschieren sie erst um die Mittagsstunde auf, um fünf Meilen später den Tagesmarsch für beendet zu erklären. Die Engländer, ein brandneu aufgestelltes Regiment unter dem Befehl von Sir Henry Simmerson, ist ähnlich hilfreich. Auch das South Essex ist ziemlich blankpoliert und hat noch nie Feindberührung erfahren. Viel schlimmer ist jedoch, dass Simmerson ein reichlich unsympathischer Maulheld ist, der meint, der Krieg auf der iberischen Halbinsel hätte nur auf sein Genie gewartet. Dass er in seinen Männern weder Kampfeswillen noch Loyalität wecken kann, liegt wohl zu großen Teilen an seinen Disziplinarmaßnahmen. Für Henry Simmerson sind Auspeitschungen nämlich Tagesgeschäft.

Mit diesen beiden Regimentern im Schlepptau machen sich also Sharpe und Hogan zur Brücke auf und es folgt die Katastrophe: Simmerson lässt sich von ein paar französischen Kavalleristen auf die falsche Seite locken und seine Unfähigkeit sorgt nicht nur für viele Gefallene, sondern auch dafür, dass die Franzosen die Regimentsfahne erbeuten – ungefähr die größte Schmach, die einem Soldaten passieren kann. Simmerson versucht, Sharpe die Schuld in die Schuhe zu schieben, doch Wellesley stellt sich vor den Schützen und macht ihn prompt zum Captain. Doch ob dieser Rang von Horse Guards in London bestätigt werden wird, ist eine ganz andere Frage. Denn unfähig wie Simmerson als Soldat auch ist, in London hat er viele Sympathisanten. Und so fällt Sharpe nur eines ein, um seinen neuen Rang zu sichern: Er muss in der Schlacht von Talavera einen französischen Adler erbeuten.

Eines wird bei der Lektüre des Romans schnell klar: Bernard Cornwell liebt seinen Helden. Richard Sharpe ist ein vom Glück begünstigter Haudegen, der zwar aus ärmlichen Verhältnissen kommt, das Herz aber trotzdem am rechten Fleck hat. Er ist ein großartiger Soldat, mit einem untrüglichen Instinkt für die richtigen Schachzüge. Natürlich kann so ein übergroßer Protagonist nur richtig erstrahlen, wenn man ihm die passenden Gegenspieler gegenüberstellt und auch hier lässt sich Cornwell nicht lumpen. Es ist ein Leichtes, Simmerson mit Inbrunst zu verachten. Er ist ein aufgeblasener Tunichtgut, der vorgibt, vom Krieg viel zu verstehen. Tatsächlich jedoch ist er ein Feigling, der Führung vermissen lässt und stattdessen seine Soldaten gängelt, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Wie Sharpe auch hofft man als Leser inständig darauf, dass Simmerson seine gerechte Strafe erhält, doch es dauert bis zur abschließenden Schlacht, den Colonel loszuwerden.

„Sharpes Trophäe“ ist ein echtes Highlight, flott dahingeschrieben kommt der Roman trotzdem sehr fundiert daher. Auch als Laie kann man den detailliert beschriebenen Zügen auf den diversen Schlachtfeldern gut folgen und dass es über das britische Militär bei Cornwell viel zu lernen gibt, ist ohnehin klar. Trotzdem kommen natürlich die Spannungselemente und auch die Charakterentwicklung nicht zu kurz. Auch Sharpes einziger wirklicher Schwäche – den Frauen – wird wieder einiges an Tinte gewidmet. Denn auch in „Sharpes Trophäe“ schafft er es zielsicher, sich mit einer Dame einzulassen, die ihm nichts als Unglück bringen wird. Hogan rät Sharpe ab, doch bleibt er ungehört: „Sharpe würde entwaffnet werden, besiegt. Ein Mädchen konnte vollbringen, was ein ganzes Bataillon von Franzosen niemals erreichen konnte.“ Der sonst so kaltblütige Sharpe, der im Angesicht von Kanonendonner und Musketenfeuer die Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen treffen kann, mutiert zum geradezu unzurechnungsfähigen Jüngling, der keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen kann. Nun ja, jeder überlebensgroße Held braucht wohl seine Schwachstelle…

Wer bisher treu die Sharpe-Reihe verfolgt hat, wird von „Sharpes Trophäe“ begeistert sein. Und wer erst hier einsteigt, der wird fortan zu den Fans zählen. Denn es gibt an dem Roman nichts zu bemängeln: Wer historische Abenteuer mag, etwas über die Napoleonischen Kriege lernen will und dabei auch noch gut unterhalten werden möchte, der ist bei Bernard Cornwell genau richtig!

Taschenbuch: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3-404-16628-2
http://www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)