_Gegenwartskrimi par excellence, professionell inszeniert_
Der Journalist Siggi Baumeister hat diesmal eine besonders harte Nuss zu knacken: Er soll den Mord an der dreizehnjährigen Annegret recherchieren. Dabei gerät er von einem moralischen Sumpf in den nächsten.
Nicht nur das. Siggi hat auch noch einen Sack voll privater Probleme: Seine seit zwölf Jahren nicht mehr gesehene Tochter Clarissa steht mir nichts dir nichts vor der Tür und begehrt Obdach und Zuwendung, seine Ex-Freundin Vera kehrt unverhofft zurück und last but not least will sein Freund Rodenstock nach Mallorca auswandern. Volles Programm, Herr Baumeister.
_Der Autor_
Jacques Berndorf alias Michael Preute wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt & schreibt in der Eifel. Er kann ohne Katzen und Garten nicht leben und weigert sich, über Menschen und Dinge zu schreiben, die er nicht kennt. Er ist in den letzten Jahren zum meistgelesenen deutschen Krimiautor avanciert. Jeder neue Band seiner Eifel-Krimis wird von seiner wachsenden Fangemeinde mit Sehnsucht erwartet. (Verlagsinfo)
Als Hörbuch erhältlich sind u. a.:
Eifel-Blues
Eifel-Wasser
Eifel-Liebe
[Eifel-Feuer 735
_Die Sprecher_
Dietmar Bär: Dietmar Bär, 1961 geboren, ist mit dem Genre „Krimi“ schauspielerisch groß geworden. Erste Aufmerksamkeit als TV-Darsteller zog er durch seinen Auftritt im Schimanski-Tatort „Zweierlei Blut“ 1984 und die Hauptrolle in Dominik Grafs Fernsehspiel „Treffer“ 1984 auf sich. 1986 erhielt er den „Deutschen Darsteller-Preis für den Nachwuchs“. Als Kommissar Freddy Schenk steht er seit 1987 im „Tatort“ zusammen mit Klaus J. Behrendt vor der Kamera.
Günter Lamprecht, geboren 1930, wurde am Max-Reinhardt-Seminar ausgebildet. Er spielte Theater, u. a. in Hamburg, Berlin und Bochum. In Fernsehserien erschien er als „Tatort“-Kommissar Markowitz, und als Franz Biberkopf bleibt er in Fassbinders „Berlin Alexanderplatz“ unvergesslich.
Claudia Amm arbeitete u. a. am Schauspielhaus Bochum mit Regisseuren wie Dieter Dorn und Claus Peymann (Hut ab!). Im TV war sie im „Tatort“ und in Michael Verhoevens „Gegen die Regel“ zu sehen.
Sascha Icks, geboren 1967 in Düsseldorf, ist eine der wandlungsfähigsten Sprecherinnen für Film, Funk und TV. Nach ihrer Ausbildung hat sie an verschiedenen Theatern gespielt, u.a. bei den Münchner Kammerspielen und am Hessischen Staatstheater Wiesbaden.
K. Schauer, 1981 geboren, hat schon früh ihre Stimme geschult: bereits in der Grundschule sang sie, spielte Instrumente und Theater. Sie ist Musikerin und leiht der Tochter Baumeisters ihre Stimme. (Verlagsinfos)
Regie bei der inszenierten Lesung mit Musik führte Maria Franziska Schüller.
_Handlung_
Der Journalist Siggi Baumeister lebt nach seiner Scheidung eigentlich ganz friedlich und arbeitsam in seinem kleinen Dorf in der Eifel. Sein Freund, der ehemalige Polizeirat Rodenstock, wohnt mit seiner Frau Emma nicht weit entfernt, und abends setzt man sich gerne gemütlich zusammen. Doch das geruhsame Leben auf dem Lande findet ein jähes Ende.
Der Redakteur Grotmann aus Hamburg informiert ihn, dass ein dreizehnjähriges Mädchen namens Annegret aus dem Eifeldorf Hiltenstein mit eingeschlagenem Schädel in einem Wäldchen gefunden worden sei. Das Wäldchen wird wegen der Liebespaare, die sich dort treffen, seit jeher „Amorbusch“ genannt. Siggi soll eine Studie liefern. Wie sich zeigt, ist es ein gefährlicher Auftrag.
Durch einen Fehler der Polizisten vor Ort wurde die Leiche abtransportiert, bevor die Spurensicherung da war. Wurde das Mädchen an dieser Stelle oder woanders getötet? Als Siggi eintrifft, arbeitet bereits der Kriminalbiologe Dr. Marc Beneke am Tatort. Siggi kriegt ein scheußliches Foto der Toten. Täterhinweise gibt es auch schon: Eine Bürgerwehr denunziert unbequeme Leute wie am Fließband. Siggi gibt nichts darauf.
Dafür verschwindet aber der Vater des Mädchens spurlos. Durch einen Tipp vom Wirt der Kneipe kann Siggi Rainer Darscheit aufspüren: Er will sich aufhängen, doch Siggi belehrt ihn eines Besseren. Darscheits Ehe ist schon seit Jahren am Ende, denn seine Frau Elisabeth lebt den Traum von der perfekten Familie, und da darf es keine Probleme geben. Warum sich Frau Darscheit so verhält, wird erst gegen Ende enthüllt – aber umso erschütternder. Sie kennt den Amorbusch ebenfalls und beobachtet mit dem Fernglas, was ihre Tochter und die Jugendlichen dort so treiben.
Ein Anruf: Toni Burscheit hat sich erhängt, der Bürgermeister von Hiltenstein. Hatte er etwas mit Annegret zu tun? Ja, er ist der Onkel von Elisabeth Darscheit und wurde als Pädophiler denunziert, sogar von ihr, denn er soll Annegret unsittlich berührt haben. Dass Burscheit auch wirtschaftspolitische Gründe haben könnte, erfährt Siggi von einem Mann namens Gustav Mauren aus Wiesbach. Toni wurde erpresst. Er war gegen die Rodung eines Waldes, um dort Vulkanschlacke abzubauen. Steckt der Bauunternehmer Schmitz dahinter? Jedenfalls ist Gustav Mauren einen Tag nach Siggis Besuch ebenfalls tot. Jemand hat offensichtlich etwas gegen Verräter.
Dass die Freunde von Annegret fast alle gelogen haben, was ihren Aufenthaltsort zur Tatzeit anbelangt, fällt Siggi im Laufe seiner Ermittlungen ebenfalls auf. Als er diese Freunde befragt, schält sich das Bild einer verschworenen Gemeinschaft von Jugendlichen heraus, die reichlich viel mit Sex zu tun hatten. Aber es ist der Sex der Erwachsenen, den sie entdecken und der sie abstößt. Und für einen von den Jugendlichen ist es einfach zu viel, was er dabei über seine Mutter erfährt …
Einer nach dem anderen zerplatzen die Eifel-Träume, und auch Siggi wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Nicht nur seine 22-jährige Tochter Clarissa, die er seit zwölf Jahren nicht gesehen hat, steht bei ihm auf der Matte. Auch seine Ex-Freundin Vera sucht bei ihm dringend benötigte Streicheleinheiten, um ihre verwundete Seele zu heilen. Denn im Landeskriminalamt Mainz wurde sie das Opfer einer oberfiesen Kollegenintrige. Dass Rodenstock auch noch nach Mallorca auswandern will, bringt das Fass quasi zum Überlaufen. Da hat es gerade noch gefehlt, dass Siggis Kater Satchmo seine Goldfische gefressen hat. It’s a wonderful world.
_Mein Eindruck_
Es menschelt gar mächtig in diesem Eifelkrimi, und für Siggi-Baumeister-Fans ist das Buch ein gefundenes Fressen. Aber nicht nur die Erwachsenen haben, wie so oft, zwischenmenschliche wie auch wirtschaftliche Probleme, diesmal stehen auch die pubertierenden Jugendlichen im Vordergrund. Wer hat Annegret auf dem Gewissen? War es ein Pädophiler wie Toni Burscheit? Wohl kaum, denn er wäre wohl kaum zu einem Mord fähig. Oder war es ein Gleichaltriger wie Gerd Salm? Käme auch Kevin Schmitz, der Sohn des Bauunternehmers, in Frage?
Siggi muss vielen Spuren nachgehen und einige Irrtümer aus dem Weg räumen. Dabei geht es nicht ohne Blessuren ab. Ein von Schmitz geschmierter Mitarbeiter verpasst Siggi den doppelten „Ohrenhammer“, so dass Siggi k.o. zu Boden geht und erst wieder in seinem Auto erwacht. Anderntags kriecht Siggi schon wieder putzmunter unter Hecken hindurch auf vermeintlich vor fremden Augen geschützte Liebeslauben. Hier bekam Annegrets Clique Anschauungsunterricht im Liebemachen. Nur, dass die diejenigen, die da vor ihren Augen zusammen waren, keineswegs miteinander verheiratet waren …
Dass sich schon 13- und 15-jährige Schüler harte Pornos besorgen können (oder bei ihren Eltern im „Giftschrank“ finden), findet Siggi keineswegs in Ordnung, aber das ist nur ein kleiner Aufreger am Rande. Besser, als dass sie sich regelmäßig volllaufen ließen. Die Ursache für dieses Verhalten findet Siggi in den Elternhäusern. Die Ehe von Rainer und Elisabeth Darscheit ist nicht die einzige, die zerrüttet ist. Und die private Katastrophe setzt sich im Verhalten der Kinder fort. Es führt indirekt zum Mord an Annegret. Die Eltern haben keine Ahnung von den Träumen der Kinder, heißt es an einer Stelle, und wissen nicht, was sie mit ihrem Verhalten anrichten.
|Humor und Heilung|
Damit aber diese ernsten Vorkommnisse Siggi nicht allzu sehr deprimieren, stellen sich in seinem Privatleben kleine Erfolge als Ausgleich ein. Clarissa, seine Tochter, findet ebenso zu ihm zurück wie seine Ex-Freundin Vera. Womit hat er so viel Glück nur verdient, fragt man sich. Ist Vera durch ihr Liebesdesaster in Mainz geläutert worden und kehrt reuig zu ihrem Ex zurück?
Nein, so einfach ist es natürlich nicht. Auch Frauen haben schließlich ihren Stolz. Aber Vera erfährt offensichtlich von Clarissa eine ganze Menge über das Vorleben von Siggi, und Emma Rodenstock wollte Siggi schon immer an der Seite einer Frau sehen. Vielleicht zieht sie im Hintergrund ein paar Fäden. Denn wer hätte gedacht, dass sich Vera hinstellt und Siggi sagt, sie wolle „um ihn kämpfen“? Potztausend, solche Sprüche erwartet man eher aus schlechten Groschenromanen und deutschen Heimatfilmen.
Siggi hat schon einiges hinter sich, eine komplett ausgestaltete Vorgeschichte, in der er sich als Trinker und treuloser Ehemann entblößt. Doch warum hat er Clarissas Mutter mit einer flüchtigen Affäre betrogen? Weil diese Mutter schwer tablettensüchtig war und offenbar erhebliche emotionale Probleme hatte. Was soll man da als Ehemann machen?
So ernst auch das wieder klingt, so humorvoll-ironisch wird es doch erzählt. Die bittersten Pillen sind schließlich am süßesten zu verpacken, lautet ein altes Gesetz der Literatur. Daher ist das Happyend auch bittersüß.
|Die Sprecher|
Dietmar Bär spricht gewohnt eindrucksvoll und glaubhaft den älteren Junggesellen und Journalisten, der schon (fast) alles gesehen hat und den kaum noch was erschüttern kann. Mit gleicher Souveränität spielt er ja einen „Tatort“-Kommissar. Er sollte öfters mit Kindern und Jugendlichen zusammen spielen, denn er kommt sehr gut mit ihnen zurecht.
Alle anderen Rollen gehören lediglich Nebenfiguren, aber unter diesen ragen einige heraus. Da ist natürlich Rodenstock (Günter Lamprecht), aber er ist vom gleichen Schlag wie Siggi. Emma (Claudia Amm) ist die vernünftige Ehefrau, die es besser weiß, aber diplomatisch agiert. Vera (Sascha Icks) hat einen langen Weg auf Siggi zuzugehen. Und am einprägsamsten in dieser Gruppe ist wegen ihrer langen Dialoge mit Siggi die Rolle der Clarissa, gesprochen von „K. Schauer“ (der Vorname wird nirgends auf der CD angegeben). Aber damit hatte ich ein kleines Problem: Sie klingt zu jung für ihre Rolle. Angeblich ist Clarissa schon 22, aber „K. Schauer“ klingt wie 16 oder 17.
|Die Musik und Geräusche|
Alle Geräusche in dieser „inszenierten Lesung“ erklingen dezent im Hintergrund und verleihen der jeweiligen Szene einen realistischen Anstrich. Da pfeifen also die Vögel im Garten ebenso zurückhaltend wie die Teelöffel leise in der Kaffeetasse klirren. Der Dialog steht stets im Vordergrund.
Etwas ganz Besonderes ist die ungewöhnliche Musikauswahl. Diese kurzen Stücke erklingen in den Pausen, um die Kapitel voneinander zu trennen. Währenddessen kann der Zuhörer mental Luft holen und sich entspannen.
Eine Frau singt leichte, langsame Songs zu Jazzbegleitung. „I’ll be around“ heißt eines der Stücke, und von Leonard Cohen stammt „Dance me to the end of love“. Es bildet einen sehr schönen Ausklang für das Hörbuch. Ich fühlte mich in einen Jazzklub in den vierziger oder fünfziger Jahren zurückversetzt.
_Unterm Strich_
Ohne Wenn und Aber ist dies ein ganz starker Krimi, und da er auch noch in der Reihe von Berndorfs Eifelkrimis erscheint, ist ihm eine begeisterte Aufnahme bei der treuen Anhängerschaft sicher. Wer einen exzellent erzählten und couragiert aktuelle Probleme aufgreifenden Krimi genießen will, der greife zu „Eifel-Träume“.
|Das Hörbuch|
Die Sprecher verstehen es ausgezeichnet, ihren jeweiligen Figuren den Anstrich der Lebendigkeit und der Glaubhaftigkeit zu verleihen. Dabei verfallen sie keineswegs in das Karikaturhafte, was ja bei Siggi, Rodenstock oder Vera allzu leicht möglich wäre, sondern lassen die Figuren sozusagen „auf dem Teppich“. Ganz heikel sind die Szenen zwischen Siggi und seiner Tochter, und ich muss sagen, diese Dialoge wurden ausgezeichnet bewältigt, ohne nach unglaubwürdigen Entschuldigungen oder Ausflüchten zu klingen. Lediglich Clarissa klingt mir zu jung für ihre Rolle.
Ich gebe diesem Hörbuch die volle Wertung.
|242 Minuten auf 3 CDs|