Trudi Canavan- Die Rebellin (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)

Es ist der Tag der Säuberung, der alljährlichen Vertreibung der armen Bevölkerungsschichten aus der Stadt Imardin.

Eigentlich wollte Sonea lediglich ihre alten Freunde aus Harrins Bande vor einer Falle warnen, doch ehe sie sich’s versieht, steckt sie mittendrin in dem Aufruhr, mit dem sich die jungen Leute aus den Hüttenvierteln gegen die königliche Garde und die Magier zu Wehr setzen. Natürlich wissen sie alle, dass die Steine, die sie auf die Magier werfen, an der magischen Barriere wirkungslos abprallen werden. Umso erstaunter und entsetzter ist Sonea, als einer ihrer Steine die Barriere durchdringt und einen der Magier an der Schläfe trifft!

Von jetzt an ist Sonea auf der Flucht. Denn die Magier drehen in den Hüttenvierteln außerhalb der Stadt jeden Stein um, um sie zu finden. Nur mit Hilfe ihres Freundes Cery, der ständig neue Verstecke für sie findet, gelingt es ihr, dem Zugriff der Magier zu entgehen. Bis selbst Cery so in die Enge getrieben wird, dass er keinen anderen Weg mehr weiß, als die Diebe um Hilfe zu bitten …

Den Magiern der Gilde dagegen läuft die Zeit davon: Wenn es ihnen nicht gelingt, das Mädchen mit der natürlich erwachten Gabe rechtzeitig zu finden, wird seine Magie außer Kontrolle geraten und nicht nur das Mädchen selbst zerstören, sondern auch Imardin! Und wenn sie das Mädchen gefunden haben, was dann? Rothen, der die Suche leitet, will sie in die Gilde aufnehmen, während manch anderer Magier allein von der Vorstellung entsetzt ist, jemand aus dem Hüttenvolk könnte die Magie erlernen! Und was ist mit Fergun, dem Magier, den Soneas Stein getroffen hat? Kann einer, der das Hüttenvolk so sehr verachtet wie er, wirklich Wert darauf legen, zum Mentor des Mädchens bestimmt zu werden?

Sonea legt keinerlei Wert auf magische Fähigkeiten: Die Magier sind der Säuberungen wegen in den Hüttenvierteln außerhalb der Stadt sowohl gefürchtet als auch verhasst. Eine von ihnen zu sein, empfände sie als Verrat an den Menschen, denen sie sich zugehörig fühlt, und Verrat ist etwas, das ihr zutiefst zuwider ist. Andererseits gefällt ihr der Gedanke, mit ihrer Magie den Hüttenleuten helfen zu können. Ihre Treue zu ihren Freunden und ihr tief verwurzeltes Misstrauen gegen die Gilde überwinden selbst ihre Abneigung, sich an die Diebe zu wenden.

Dabei kann man nicht sagen, dass Faren, der Dieb, bei dem Cery Sonea unterbringt, ein schlechter Kerl wäre. Natürlich gefällt ihm der Gedanke, mit Hilfe Soneas über Magie zu verfügen. Und auch Cerys Leistungen sagen ihm sehr zu. Das könnte den Gedanken begünstigen, dass er die beiden benutzt. Andererseits bietet er Sonea Schutz, was ihn einigen Aufwand kostet. Was Cery angeht, so kann man ihm immerhin nicht vorwerfen, er wäre falsch oder unfair ihm gegenüber. Der typische Gauner mit Ehrenkodex eben, dementsprechend auch nicht unsympatisch.

Cery, Soneas Jugendfreund, ist nur ein kleiner Straßengauner, obwohl er mit den Dieben durchaus ein wenig liebäugelt. Er ist nicht nur flink mit dem Dietrich und dem Dolch, er ist auch ein helles Köpfchen, behände, wendig und sehr neugierig. Vielleicht hätte er sich irgendwann auf jeden Fall mit den Dieben eingelassen, auch ohne Soneas Flucht, aber das wäre auch nicht weiter beunruhigend gewesen. Weit beunruhigender ist der lose Pakt, den er mit Akkarin, dem Hohen Lord der Gilde geschlossen hat …

Akkarin ist der undurchsichtigste Charakter des Buches. Dass mit ihm etwas nicht stimmt, erfährt der Leser recht bald. Warum er allerdings Cery befreit hat, bleibt vorerst noch ein Rätsel. Auch sonst ist ihm nichts von seinen Absichten anzumerken. Sonea scheint er kaum zu beachten, obwohl sie die gesamte Gilde wochenlang in Aufruhr versetzt hat und ihr magisches Potenzial höher ist als das so manch fertig ausgebildeten Magiers!

Rothen ist der väterliche Freund Soneas, ein älterer Mann, der bereits einen erwachsenen Sohn hat. Er liebt Bücher, gutes Essen und guten Wein, die Gesellschaft seiner Freunde, aber vor allem liebt er es zu lehren. Sonea ist für ihn eine Herausforderung, nicht nur, weil sie über so große Magie verfügt, sondern vor allem wegen ihrer massiven Vorbehalte gegen die Gilde, die er zunächst überwinden muss. Und er tut alles, um sie zum Bleiben zu bewegen …

Fergun dagegen ist der schmierige, hinterhältige Fiesling, der es liebt, auf anderen herumzuhacken, mit Vorliebe auf Rothens jungem Freund Darryl. Von Anfang an ist klar, dass er nicht aus Sorge um Sonea beantragt hat, ihr Mentor werden zu dürfen! Die Frage ist nur: Was genau heckt er aus und was bezweckt er damit?

Zugegeben, das alles klingt ein wenig nach Schema F. Trotzdem wirken Trudi Canavans Figuren erfrischend lebendig und plastisch, es ist leicht, sich mit ihnen zu identifizieren und mitzufiebern.

Die Handlung unterstützt dieses Mitfiebern nach Kräften. Der erste Teil des Buches ist ein wildes Katz-und-Maus-Spiel durch die Hüttenviertel, durch zahllose Geheimgänge, schmale Gassen und über die Dächer. Immer wieder entgeht Sonea den Häschern nur um Haaresbreite, während ihre Magie sich bei der geringsten Gefühlsregung immer öfter ungewollt bemerkbar macht. Als die Magier Sonea schließlich stellen, hat der Leser schon die Apokalypse vor Augen!

Der zweite Teil wiederum baut seinen eigenen Spannungsbogen auf, der nicht ganz so straff gespannt ist, da er hauptsächlich von Rothens Bemühungen um Sonea erzählt. Erst als Fergun bei Sonea auftaucht, tut sich allmählich etwas, richtig spannend wird es aber erst, als Cery versucht, noch rechtzeitig in die Anhörung zu gelangen.

Dafür baut die Autorin im Verlauf der Handlung ganz unauffällig und beiläufig bereits die Voraussetzungen für den weiteren Verlauf in den Folgebänden auf, was im Trubel der zügig erzählten Verfolgungsjagd durch die Stadt beinahe untergeht. Erst am Ende des Bandes zeigt sich, dass genau dieser dünne Faden wahrscheinlich das bestimmende Element für den Rest der Trilogie sein wird. Dadurch stellt sich unwillkürlich die Frage, welche Rolle in diesem Fall wohl Fergun noch zu spielen haben wird, da er ganz offensichtlich nicht der Hauptbösewicht ist, abgesehen davon natürlich, dass der Leser sich fragt, wie die Gilde der Magier wohl der Bedrohung begegnen wird, die sich am Ende des ersten Bandes offenbart hat.

Ich muss gestehen, dass ich trotz der gängigen Schablonen, innerhalb derer sich Trudi Canavan bewegt, das Buch gern gelesen habe. Es liest sich leicht und flüssig, die Charaktere sind sympathisch und bieten viel Identifikationspotenzial, die Handlung ist sehr bewegt, abwechslungsreich und macht neugierig auf mehr. Aus den bisherigen Andeutungen über schwarze Magie lässt sich noch eine Menge machen, und ich bezweifle nicht, dass Trudi Canavan auch diese Ansätze auf interessante, lesenswerte Weise ausbauen wird, selbst wenn auch sie innerhalb gängiger Fantasy-Schienen bleiben sollten.

Trudy Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den Aurealis Award for Best Fantasy Short Story. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie Die Gilde der schwarzen Magier. Inzwischen hat sie mit Age of Five eine weitere Trilogie geschrieben, die aber bisher nur im englischsprachigen Raum erschienen ist. Derzeit arbeitet sie an „The Magician’s Apprentice“, einem Prequel zur Magiertrilogie. Auch ein Sequel soll folgen.

Taschenbuch 544 Seiten
Originaltitel: The Magician’s Guild
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-570-30328-3

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/cbj/

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