Archiv der Kategorie: Abenteuer

Jules Verne – Die Kinder des Kapitäns Grant

Ein nur teilweise erhaltener Hilferuf führt eine Gruppe wagemutiger Retter auf eine Expedition, die stur dem 37. Breitengrad südlicher Breite folgt und in ein ganz großes Abenteuer gerät … – Dieser Klassiker der Reise- und Abenteuerliteratur gehört zu Jules Vernes Glanzleistungen; die Handlung ist spannend, die Figuren sind einprägsam, und das Tempo zieht trotz der eindrucksvollen Seitenzahl stetig an: Dieses Buch wird noch viele weitere Lesergenerationen fesseln!
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Douglas Preston/Lincoln Child – Riptide: Mörderische Flut

Auf einer kleinen Insel lockt ein vergrabener Piratenschatz, den allerdings raffinierte Todesfallen schützen. Per Hightech versucht ein Team von Spezialisten das alte Raubgut trotzdem zu bergen, wobei jeder Irrtum buchstäblich mörderische Konsequenzen nach sich zieht … – Auf dem Fundament einer realen Schatzinsel spinnt das Autorenduo ein eher generisches als spannendes Garn, das ebenso leichen- wie klischeereich einem spektakulären Finale entgegenstrebt: Lesefutter, dessen Energie das Leserhirn immerhin sporadisch anregen kann.
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Geoffrey Jenkins – Das Logbuch der „Waratah“

1909 verschwand der Großvater, 1967 der Vater, nun geht der Bruder im stürmischen Atlantik vor der südafrikanischen Südspitze verloren: Für Seemann Ian Fairlie wird die Suche nach einem legendären Wrack zum Lebenszweck, von dem er besessen ist, was ihn immer wieder in lebensgefährliche Situationen geraten lässt … – Autor Jenkins versucht fiktiv aber unter Berücksichtigung historischer Fakten die Klärung eines Schiffbruchs, der bis heute ungeklärt blieb. Die ausgezeichnet recherchierte und spannend erzählte Geschichte hakt dort, wo der Verfasser ihr eine „love story“ aufpfropfen will; dennoch überaus lesenswert. Geoffrey Jenkins – Das Logbuch der „Waratah“ weiterlesen

Benedikt Böhm – Im Schatten des Manaslu: Speedbergsteigen in der Todeszone

Inhalt

Wir schreiben den 23. September 2012: Die Voraussetzungen für die Besteigung des Mount Manaslu, einem der schwierigsten 8000er im Katalog der 14 größten Herausforderungen des Höhenbergsteigens, könnten kaum besser sein. Mehr als 300 Menschen befinden sich zu dieser Zeit im Basecamp des achthöchsten Gipfels der Erde, allesamt bestrebt an diesem Tag der Tage den Versuch zu starten, die Spitze des Berges zu erreichen. Unter ihnen ist auch der erfolgreiche deutsche Skitourenbergsteiger Benedikt Böhm, der gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten Basti eine weitere Speedbesteigung plant. Doch als Böhm und seine Begleiter in der Nähe ihres vorherigen Höhenlagers aufschlagen, finden sie ein Bildnis des Grauens vor.

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Bernard Cornwell – Sharpes Rivalen (Sharpe 13)

Der vorliegende Band, der dreizehnte in der Reihe um den britischen Scharfschützen Richard Sharpe, heißt im Original „Sharpe’s Company“ und der Titel benennt im Gegensatz zur deutschen Übertragung recht deutlich den zentralen Konflikt des Geschehens: Denn Richard Sharpe, zu Beginn des Romans noch Captain, muss recht bald fürchten, den Befehl über seine Mannen zu verlieren. Nun hat Sharpe zwar viele Talente, aber ein guter Verlierer war er noch nie …

Doch von vorn: Der Roman beginnt im Jahr 1812 mit der Belagerung von Ciudad Rodrigo. Diese Festung – und ihre große Schwester Badajoz – müssen genommen werden, damit die Briten in Spanien einmarschieren können. Die erfolgreiche Eroberung von Ciudad Rodrigo am Anfang des Buches wirkt als Blaupause für das Finale des Romans, denn diesen Erfolg gilt es zu wiederholen. Das Problem an der Sache ist nur, dass Badajoz viel größer und wehrhafter ist als Ciudad Rodrigo – und demzufolge auch viel schwerer zu erobern.

In dem Sturm auf Ciudad Rodrigo wird Sharpes Freund und Gönner Lawford so schwer verwundet, dass ein Nachfolger für ihn gefunden werden muss, der, als er schließlich eintrifft, Sharpe prompt mitteilt, dass man in London seine Beförderung zum Captain abgelehnt hat. Sharpe findet sich nun also plötzlich als Lieutenant wieder und sitzt zwischen allen Stühlen – kein Platz für einen Kriegshelden wie ihn. Er möchte seinen alten Rang unbedingt wiederhaben und er möchte diesmal sichergehen, dass er ihm nicht wieder genommen werden kann. Also meldet er sich freiwillig zum Himmelsfahrtskommando, das Badajoz erstürmen soll. Denn im unwahrscheinlichen Fall, dass man so ein Himmelfahrtskommando überlebt, wird man sofort befördert.

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Dan Simmons – Der Berg

Das geschieht:

Seit 1921 führt Großbritannien wieder Krieg. Schlachtfeld ist dieses Mal der „dritte Pol“: der Mount Everest, mit 8848 Metern der höchste Berg der Erde. Seine Erstbesteigung soll durch Briten erfolgen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Everest seit Jahren generalstabsmäßig durch Bergsteiger und Träger ‚belagert‘. Doch jeder Gipfelsturm verlief bisher erfolglos zu oft tragisch. Zuletzt starben 1924 die Meisterkletterer George Mallory und Andrew Irvine.

Mallorys ehemaliger Berggenosse Richard Davis Deacon, Mitglied der gescheiterten Expedition von 1922, kehrt mit seinen Gefährten – dem Franzosen Jean-Claude Clairoux und dem jungen Amerikaner Jacob William Perry – 1925 zum Everest zurück. Er ist heimlich und ohne Billigung des mächtigen „Mount Everest Committee“ gekommen und bedient sich einer List: Angeblich soll das Trio im Auftrag seiner Mutter, die das Unternehmen finanziert, nach dem im Vorjahr am Everest verschollenen Lord Percival Bromley suchen. Tatsächlich will vor allem Deacon vor allem auf den Gipfel. Dan Simmons – Der Berg weiterlesen

Bernard Cornwell – Sharpes Gefecht (Sharpe 12)

Als treuer Fan von Bernard Cornwells Romanserie um den britischen Scharfschützen Richard Sharpe weiß man natürlich mittlerweile, dass dieser Sharpe ein paar Talente hat: Zum einen ist er ein ziemlich guter Soldat, zum anderen ist ihm auch das Glück hold – eine ziemlich vorteilhafte Kombination. Er hat Schlag bei den Frauen, aber leider auch das nicht gerade beneidenswerte Talent, sich mit geradezu schlafwandlerischer Leichtigkeit Feinde zu machen. Genau so ergeht es ihm gleich zu Beginn seines neuesten Abenteuers, „Sharpes Gefecht“. Seine Scharfschützen treffen in den Bergen, irgendwo zwischen Spanien und Portugal, auf den französischen Brigadier Loup und seine Kavallerie. Dieser Loup ist ein ganz harter Knochen, der die Bergbewohner in Angst und Schrecken versetzt und gerade ein ganzes Dorf dahingemetzelt hat. Passend zu seinem Namen scheint er mehr Biest als Mensch zu sein. Sharpe und Loup geraten unweigerlich aneinander, als Sharpe zwei von Loups Männern hinrichten lässt, die er bei einer Vergewaltigung erwischt hat. Nun darf Sharpe natürlich nicht einfach so feindliche Soldaten an die Wand stellen – schließlich gibt es im Krieg Regeln -, doch geht ihm die ganze Situation so gegen den Strich, dass er gegen besseres Wissen handelt und die Erschießung durchzieht. Loup, der die ganze Sache hilflos mitansehen muss, schwört blutige Rache. Doch bis Loup die Chance dazu erhält, wird es noch dauern.
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W. E. B. Griffin – Geheimauftrag „Roter Drache“

Das geschieht:

Es brennt auf der Welt in diesem Winter 1964. Die Kommunistenteufel aus der UdSSR planen einen weiteren Schurkenstreich gegen die guten Mächte des Westens. In Afrika machen sie sich diverse Wirren zu Nutze, die ausbrachen, weil wirrköpfige Neger-Cäsaren das Joch weiser Kolonialherren abwarfen und sich planlos an der Selbstständigkeit versuchten. Das Ergebnis – die kluge Weltpolizei USA hatte noch gewarnt – sind erwartungsgemäß Chaos und Bürgerkrieg.

Im ehemals belgischen Kongo revoltiert die „Simba-Befreiungsarmee“ unter ihrem Führer Joseph Olenga. Die Simbas halten die Hauptstadt Stanleyville besetzt und haben etwa 1600 europäische Weiße als Geiseln gefangengesetzt. So geht das natürlich nicht, weshalb die Regierungen der USA und Belgiens die Geheimoperation „Dragon Rouge“ ausgeheckt haben: Eine gemischte Truppe aus amerikanischen und belgischen Elitesoldaten soll die Gefangenen befreien. W. E. B. Griffin – Geheimauftrag „Roter Drache“ weiterlesen

Alexandre Dumas – Der Graf von Monte Christo (Vollständige Ausgabe)

Zur Story

Der junge, redliche Edmond Dantès ist Erster Offizier an Bord des Handelsschiffes „Pharaon“. Als der Kapitän auf der Rückfahrt nach Marseilles unerwartet verstirbt, übernimmt er kommissarisch das Kommando. Bei einem Zwischenstopp auf der Insel Elba hatte Käpt’n Leclère zuvor ein konspiratives Treffen mit dem dort im Exil befindlichen Ex-Kaiser Napoleon Bonaparte, der diesem einen wichtigen Brief offenbar brisantem Inhalts anvertraute. Der letzte Wille des Dahingeschiedenen war nun, dass Edmond eben jenes ominöse Schriftstück statt seiner nach Paris überstelle. Sein treuer Erster Offizier gedenkt genau dies zu tun, nachdem er die „Pharaon“ und ihre Ladung mit sicherer Hand in den Hafen bugsiert, sich an Land über den Zustand seines armen und kränklichen Vaters informiert und dann noch rasch seine Verlobte Mercédès geehelicht hat. Der Reeder Morrel hat dem wackeren Seemann bereits in Aussicht gestellt, dass er auch zukünftig das Kommando über den Dreimaster innehaben wird. Die Beförderung ist quasi reine Formsache.

Doch Dantès hat Feinde. Der Zahlmeister Danglars neidet ihm seinen raschen Aufstieg und wäre selbst gern zum Kapitän der „Pharaon“ geworden. Währenddessen grollt ein anderer ihm die Verlobung mit Mercédès, da er die unglaublich liebreizende Katalanin sofort heiraten würde, wenn ihr Herz nicht voll und ganz Edmond gehören würde: Fernand Mondego. Zusammen mit dem versoffenen Nachbarn des alten Dantès – Caderousse – entsteht ein Komplott, dessen vollständige Ausmaße wohl kaum einer der Intriganten wirklich hat voraussehen können. Alexandre Dumas – Der Graf von Monte Christo (Vollständige Ausgabe) weiterlesen

Walt Becker – Missing Link

Das geschieht:

In Mali, Westafrika, gelingt Samantha Colby, die nach vor- und frühgeschichtlichen Menschenknochen fahndet, in einer Höhle der archäologische Fund ihres Lebens. Unter dem Staub von Jahrzehntausenden kommt das perfekt erhaltene Skelett eines seltsamen Urzeit-Bewohners zum Vorschein: Dieser Zwei-Meter-Mann mit seinem voluminösen Hirnschädel besaß zwar nur vier Finger an jeder Hand, trug aber ein kunstvoll und offensichtlich maschinell fabriziertes Artefakt bei sich, das buchstäblich nicht von dieser Erde ist.

Die junge (und selbstverständlich bildhübsche) Frau, weiß, wen sie rufen muss: Dr. Jack Austin, ihr dreifacher Ex (Lehrer, Mentor, Geliebter), malträtiert die Welt seit Jahren mit der Theorie, die Erde sei vor Äonen von Aliens aus dem Weltall besucht worden, welche die unkultivierten Bewohner von den Bäumen geholt und zivilisiert hätten. Als Rebell gegen das Kultur-Establishment wurde Austin die Luft gesetzt und muss sich nun als akademischer Tagelöhner in Mittelamerika verdingen.

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Petra Hartmann – Das Serum des Doctor Nikola

Das geschieht:

Am 13. Mai 1927 stürzt ein bodenloser Kurssturz die Berliner Börse in eine Krise, die bald das gesamte Finanzwesen an den Rand des Untergangs bringt. Zu den zahllosen Opfern gehört auch der Jungbankier Felix Secundus Pechstein. Als die Privatbank der Familie zusammenbrach, hat sich der Vater eine Kugel in den Kopf geschossen. Pechstein Junior steht hungrig auf der Straße. Für einen Mann mit seinen Kenntnissen hat derzeit niemand Verwendung – mit einer Ausnahme: Doctor Nikola, der unsterblich gewordene Super-Verbrecher, ist trotz seiner beinahe magischen Kräften in den Krisenstrudel geraten. Um seines deutschen Aktienvermögens nicht gänzlich verlustig zu gehen, will er Pechstein anheuern.

Dieser sträubt sich zunächst, denn er findet Nikola unheimlich. Allerdings ist Pechstein auch verliebt, seit er unter die „Kinder des Lichts“ geriet, eine Sekte, die großen Zulauf findet. Unter dem strengen Regiment von Meister Rainhart wird auf die Wiederkehr der antikägyptischen Pharaonenzeit hingearbeitet. Dazu gehören aufwendige Zeremonien, für die Rainhart gern seine bezaubernde Tochter Mathilde als Resonanzverstärker einsetzt.
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deWitt, Patrick – Sisters Brothers, Die

_Das Sublime und der Horror_

Hermann Kermit Warm wird sterben. Sein Tod wurde von dem geheimnisvollen und mächtigen Kommodore befohlen, und die Brüder Charlie und Eli Sisters werden den Auftrag ausführen. Die beiden machen sich auf den Weg von Oregon nach Kalifornien, wo sie Warm aufspüren sollen. Ihre Reise durch den vom Goldrausch geprägten amerikanischen Westen wird allerdings immer wieder von bizarren und blutigen Begegnungen unterbrochen.

Zugleich zeigt sich, wie verschieden die beiden Brüder sind: Charlie ist ein eiskalter, skrupelloser Killer – Eli ein Grübler, der sich mit geradezu existenziellen Fragen beschäftigt. Er beginnt an seinem Beruf zu zweifeln – und an seinem Partner. Doch als die beiden schließlich in Kalifornien eintreffen, nehmen die Ereignisse eine höchst unerwartete Wendung … (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Patrick deWitt wurde 1975 auf Vancouver Island in Kanada geboren. Er lebte unter anderem in Kalifornien, Washington und Oregon. Nach „Ablutions: Notes for a Novel“ ist „Die Sisters Brothers“ sein zweiter Roman. Er war für den „Man Booker Prize“ sowie den „Giller Prize“ nominiert, wurde mit dem Rogers Writers‘ Trust Fiction Prize, dem Ken Kesey Award und der Stephen Leacock Memorial Medal for Humour ausgezeichnet und von „Publishers Weekly“, der „Washington Post“ sowie der Canadian Booksellers Association zu den besten Romanen des Jahres gezählt. Patrick deWitt lebt heute mit seiner Frau und seinem Sohn in Portland, Oregon.

Mehr Informationen zum Autor und seinem Werk finden Sie unter [patrickdewitt.net]http:// patrickdewitt.net (Ohne Gewähr).

_Handlung_

Eli Sisters (der Erzähler) will den Mann, den man im Oregon-Territorium des Jahres 1851 den „Kommodore“ nennt, gar nicht sehen. Genug, dass sein Bruder Charlie mit dem Kerl redet, für den sie Leute umlegen. Meist handelt es sich um Menschen, die ihm Geld schulden. Bloß gut, dass Mutter nichts davon weiß. Sie würde ihnen die Leviten lesen. Charlie kommt zurück. Der neue Auftrag lautet, einen Mann namens Hermann Kermit Warm in San Francisco umzulegen. Und wieso? Warm habe dem Kommodore ein Geheimnis gestohlen oder vorenthalten oder was auch immer, meint Charlie. Jedenfalls ist die Bezahlung mal wieder fürstlich. Eli schwört sich, dass es ihr letzter Auftrag ist.

Vorsichtig bahnen sich die beiden Gunmen ihren Weg durch die Wildnis, die sich bis nach Kalifornien erstreckt, also durch Indianerland, das gerade von den Goldsuchern und Glücksrittern in Scharen durchquert wird. Immer wieder stoßen sie verwaiste Jungs, weinende Männer, ausgeraubt und mittellos. Aber auch auf eine Frau, die definitiv eine Hexe sein muss, denn sie belegt Eli mit einem Fluch. Sie entkommen Bären, schließen selber welche, gelangen schließlich nach Jacksonville und Mayfield, wo weitere Barone residieren.

In Mayfields Palast alias Bordell verliert Eli sein Herz an eine Schöne, die auf ihn warten will. Doch Charlie, den nichts schrecken kann außer ein tüchtiger Kater nach einer durchzechten Nacht, verhöhnt sein Bruderherz. Solche romantischen Flausen sollte er sich für später aufheben. Prompt müssen sie sich der Freunde der schönen Hure erwehren.

Schließlich erreichen sie die Stadt der Wunder. San Francisco wird von einem Wald verlassener Schiffe belagert, scheint es Eli. Die Schiffe ankern herrenlos in der Bucht. Sie suchen Morris, den Agenten des Kommodore, doch wie sich herausstellt, ist Morris übergelaufen. Sein Tagebuch verrät, was es mit dieser Wendung auf sich hat.

Demnach ist Hermann Kermit Warm ein Erfinder höchsten Grades. Sein Vater ist ein deutscher Einwanderer und war ein gescheiterter Uhrmacher. Der Sohn suchte sein Glück im Westen, im Gelobten Land, wo das Gold in den Bächen nur aufs Heben wartet. Doch anders als all die anderen Idioten mit ihren Sieben hat Warm eine industrielle Methode ersonnen, mit der sich ganze Seen voll Gold über Nacht vom Gold befreien lassen – mit Chemie!

Es ist diese chemische Formel, hinter der der Kommodore her ist, klarer Fall, denkt Eli. Und Morris, der Agent, muss auf Warms Idee hereingefallen sein, denn er hat offenbar Warms Expedition den Sacramento hinauf finanziert und ausgerüstet. Nun müssen sie schon fast in Indianerland angekommen sein. Die beiden Revolverbrüder machen sich auf den Weg, um die Goldsucherexpedition zu überfallen und Warm zur Rechenschaft zu ziehen.

Doch vor Ort verlaufen die Ereignisse völlig anders als erwartet. Denn der unbekannte Faktor ist eben jene chemische Substanz, deren Wirkung sich als verhängnisvoll erweist …

_Mein Eindruck_

Eli ist der melancholische Beobachter und Denker, der das unmotivierte Töten verabscheut und sich nur in Notwehr verteidigt – in der Regel. Charlie hingegen liebt das Schießen, kennt keine Angst, denn er weiß, dass er immer der Schnellere ist. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, an dem Charlies Schusshand verletzt wird. Von da ab verändert er sich auf für Eli nahezu unheimlich Weise. Auf einmal Eli zum Hüter seines Bruders. Das hat weitreichende Folgen.

In der Auseinandersetzung mit Warm und Morris hätte Charlie ohne sein Handicap sicherlich nicht gezögert, alle über den Haufen zu schießen, um kurzen Prozess zu machen. So aber beginnen die beiden Gunmen mit dem Mann, auf den sie angesetzt wurden, zu reden und erfahren, wie die Dinge in Wahrheit stehen.

Wieder einmal hat sie der Kommodore hinters Licht geführt, sie angelogen und ausgenutzt. Das Gefühl, keinen Deut besser zu sein als all die Gold suchenden Idioten in den kalifornischen Bergen, ist kein angenehmes, findet Eli. Er beschließt, sich der Unternehmung des deutschen Chemikers anzuschließen. Denn ein Mann, der ein gewisses Alter erreicht hat, muss an seinen Lebensabend und sein Auskommen denken, oder? Was wäre besser als ein See voller Gold? Und sobald er den geleert hat, wird Eli mit dem Auftraggeber abrechnen. Allerdings hat er die Rechnung ohne die Chemie gemacht …

|Kapitalismus|

Dies ist kein Öko-Western, no way, Mister. Der Roman schildert eine groteske Odyssee durch ein neues Eldorado, wo sich Gold- und Glückssucher die Zukunft mit den Baronen streitig machen, die wiederum Revolvermänner einsetzen, um ihren Willen durchzusetzen. Es ist eine Zukunft im Aufbau, aber was für eine. Es ist Raubtierkapitalismus in Reinkultur, der hier am Werk ist. Und wer nun an ungesicherte, ungezähmte Börsengeschäfte denkt, der sich wohl nicht verkehrt. Alle arbeiten sich in den Abgrund, und wen kümmert’s, wenn es links und rechts der eigenen Ellbogen Opfer gibt.

|Freunde|

Charlie ist einer voller Ellbogen, doch Eli, sein ungleicher Bruder, denkt darüber nach, was eigentlich passiert – und aus welchen Gründen. Hat eine Hexe sie beide mit einem Fluch belegt? Wer kann das schon genau sagen. Denn weit und breit gibt es keinen Priester, mit dem man darüber debattieren könnte. Gut möglich, dass Tub, das alte Pferd mit dem Hängerücken, der beste Freund in der Wildnis ist. Mit einer wahren Rosskur schafft es Eli, Tub zu einem verlängerten Leben zu verhelfen. Eli ist ja so was von sentimental und dämlich, findet sein Bruderherz.

|San Francisco|

Einer der Höhepunkte der Erzählung ist sicherlich das Kapitel über San Francisco. Wer jemals dort war, weiß, dass es dort Russian Hill und Chinatown gibt, die noch heute an Siedler aus aller Herren Länder erinnern. Anno 1851 ist alles im Aufbau, wird niedergebrannt, wieder aufgebaut, als gäbe es keine Zeit zu verlieren, und natürlich sind die Preise für alles und jedes, von der Hure bis zum Pferd, geradezu exorbitant im Vergleich zum Hinterland.

Auch hier behaupten sich die Brüder, als hätten sie es jeden Tag mit der lebenden Hölle zu tun. Allerdings sind sie froh, endlich herauszukommen und der Warm-Expedition zu folgen. Sie ahnen nicht, was sie erwartet, haben keinen Plan, aber sie sind entschlossen, das Beste draus zu machen. So ist es eigentlich bis heute, und die Republikaner predigen immer noch: „Starve the Beast – hungert die Regierung aus!“, als wären alle noch Pioniere an der Grenze zur Wildnis.

|Krisengewinn|

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es eine weltweite Krise, die die USA ganz direkt zu spüren bekamen: Die Hungersnot in Irland brachte nicht nur etwa die Hälfte der Bevölkerung um, sondern trieb auch den Rest zur Auswanderung in die USA. Ende 1848 waren alle März-Revolutionen der reformwilligen Bürger gescheitert, die Reaktion der adeligen und besitzenden Stände hatte gesiegt. Politische und soziale Reformer (Heine, Börne und viele andere) wurden ins Exil nach Frankreich getrieben – oder gleich weiter über den Atlantik, wollten sie nicht im Kerker der Landesfürsten landen.

1849 platzte in diese Krisenstimmung die Nachricht von den Goldfunden in Kalifornien. Wie günstig also, dass die Vereinigten Staaten gerade den Krieg gegen Mexiko gewonnen hatten und ihr Staatsgebiet um ein Drittel erweitern konnten! Nun gehörte Kalifornien, vordem spanisch und mexikanisch, zum Staatsgebiet der USA. Dort gab es ungeheuere Pfründe zu verteilen, und die Landbarone konnten ihren Claim abstecken. Der „Kommodore“ und Mr. Mayfield, der eine eigene Stadt sei Eigen nennt, sind im Roman Beispiele dafür.

Die Handlanger dieser Barone sind Gunmen wie die Sisters Brothers. Die Ironie der Handlung besteht nun genau darin, die Stützen dieser Konstruktion als wacklig, illegitim und vorübergehend zu präsentieren – ein „Haschen nach Wind“, wie der Prediger Salomo schreibt. Folglich ist auch das Treiben der Sisters Brothers ohne jedes Fundament, ein reines Zuträgergeschäft, ein Leben von der Hand in den Mund. Am Schluss haben sie genau das Gleiche gewonnen wie alle anderen, denen wir im Buch begegnen: absolut nichts. Die Endstation heißt „Hotel Mama“. Immerhin: Sie haben überlebt. Wenn das kein Witz ist.

|Das Sublime|

Es gibt nur sehr wenige Augenblicke, in denen die Brüder eine höhere Ebene der Existenz und Erkenntnis erreichen. Einer davon ist das Tagebuch von Agent Morris. Der andere Moment ist jenes nächtliche Ereignis, als sich durch das Wunder der Chemie das Gold am Grund des Bibersees zeigt. Das ganze Wasser strahlt golden, als wäre die Sonne hineingefallen.

Doch wie man schon an den vielen dialektischen Wendungen oben gemerkt hat, folgt auf diesen Moment, in dem sich das Erhabene zeigt, der blanke Horror, verursacht ebenfalls durch die Chemie. Die Aussage ist ziemlich klar: Durch unsere Technologie – Chemie, Physik, Informatik – sind wir gleichermaßen in der Lage, die Welt in ein Paradies oder in eine Hölle zu verwandeln. Der Schlüssel zur Wahl, was wir wollen, liegt in uns selbst.

_Die Übersetzung _

Die sprachliche Leistung des Übersetzers Marcus Ingendaay ist schlichtweg superb. Sie hat mich immer wieder begeistert, besonders wenn der Stil genau jener nahezu antiken Zeit um 1850 angepasst ist. Die Menschen dachten anders als wir, folglich sprachen und schrieben sie auch ganz anders.

Die verschiedenen Stilebenen genau wiederzugeben, gelingt Ingendaay immer wieder mit verblüffender Detailgenauigkeit. Auf diese Weise wird jede Seite nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich und gedanklich zu einer Entdeckung. Die Druckfehler, die ich trotz allem fand, hielten sich sehr in Grenzen. Es handelt sich meist um falsche Endungen, also das Übliche.

_Unterm Strich_

Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, also in wenigen Tagen. Nicht nur, dass die Kapitel kurz und die drei teile überschaubar sind, hilft bei der Bewältigung. Vielmehr sind es die ungewöhnlichen Szenen, mit denen der Autor an jeder Ecke aufwartet. Der Leser ahnt nie, was auf der nächsten Seite an grotesken oder makabren Wundern auf ihn wartet.

In der Mitte erfährt die Handlung, wie es sich gehört, eine unerwartete und fundamentale Wendung. Die Reise auf den Spuren Warms führt ins Ungewisse, wo keine der gewohnten Regeln mehr gelten und unerhörte Finge geschehen können. Es bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als die Seiten in sich aufzusaugen. Eine Wendung jagt die Nächste, und was als packende Auseinandersetzung beginnt, wandelt sich unversehens zur Tragödie und von da zur Komödie.

Mit anderen Worten: Der Western ist ein literarisches Wunderwerk, und man muss kein Westernliebhaber wie ich sein, um seinen Gefallen daran zu finden. Allerdings seien zartbesaitete Gemüter eindringlich gewarnt: Schreckliche Dinge geschehen, und wer sich vor Blut und Gewalt fürchtet, sollte das Buch gar nicht erst aufschlagen.

|Gebunden: 352 Seiten
Originaltitel: The Sisters Brothers (2011)
Aus dem US-Englischen von Marcus Ingendaay
ISBN-13: 978-3442547005|
http://www.randomhouse.de/manhattan

Graham Bowley – Kein Weg zurück: Leben und sterben am K2

Das Szenario ist ein Altbekanntes: Eine Tragödie während einer Expedition mehrerer Extrembergsteiger lässt sich in den Medien immer gut vermarkten. Das Publikum ergötzt sich am Schicksal der Verunfallten, die Zweifel ob der dringenden Notwendigkeit bzw. des Sinns hinter einem solchen Unternehmen werden wieder lauter, und wenn das Ganze auch noch genutzt wird, um direkt ein Buch darüber zu schreiben, fragt man sich regelrecht, ob die betroffenen Autoren schon darauf warten, sich endlich auf die verkaufsträchtigen, erfolgversprechenden Skandale zu stürzen.

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Johnson, Ronald – Glutroter Horizont

_Das geschieht:_

Journalist Joe Lennard ist nur selten im heimatlichen London anzutreffen. Lieber hält er sich dort auf, wo just etwas los ist auf dieser Welt. Augenblicklich macht er jedoch Urlaub auf den Bahamas. Er hat die „Shark“, das Boot des alten Moses Mackay gechartert. Die beiden Männer kreuzen die karibische See.

Lennard möchte dem einsamen Atoll Bravo Key einen Besuch abstatten. Hier werden Moses und er von einem Hurrikan überrascht und müssen Unterschlupf in den Höhlen der kleinen Insel suchen. Während das Unwetter tobt, wird die „Firestreak“ auf die Klippen geworfen. Lennard und Moses können sechs Männer und eine Frau retten.

Damit ist es vorbei mit der Ruhe im Tropenparadies. Kapitän Carlos Camenidas und seine Leute entpuppen sich als bis an die Zähne bewaffnete Exilkubaner, die sich auf ihre Heimatinsel einschleichen wollen, um dort eine Konterrevolution gegen den verhassten Fidel Castro anzuzetteln.

Ein irrwitziger Plan, der Lennard misstrauisch stimmt, zumal er in Camenidas einen Castro-Anhänger wiederzuerkennen glaubt, dem er vor Jahren auf Kuba begegnet war. Ist der Kapitän ein Doppelagent? Lennard ist abgelenkt, denn da ist noch die junge Belle Brannigan, die mit den Männern reist. Sie ist von Camenidas und seinem Plan überzeugt, aber trotzdem nicht abgeneigt, sich in Lennard zu verlieben. Das sieht Caminidas gar nicht gern.

Die Motoren der „Firestreak“ sind defekt, also lässt Camenidas kurzerhand die „Shark“ besetzen. Lennard und Moses können flüchten. Sie planen den Kampf gegen die Piraten. Dabei müssen sie nicht nur wegen der feindlichen Überzahl vorsichtig sein, denn Camenidas hat inzwischen Belle von der Geliebten zur Geisel degradiert …

|Große Gewehre auf kleiner Insel|

Terror und Tod auf einer einsamen Tropeninsel: Wahrlich kein neuer Einfall, der hier freilich gut umgesetzt wurde. Der Kontrast zwischen dem paradiesischen Eiland und dem Kampf auf Leben und Tod ist freilich reizvoll und wird effektvoll genutzt. Ein Wirbelsturm, tiefe Höhlen, hohe Klippen, ein uraltes Fort aus bunter Piratenzeit: Johnston gelingt es, die Kulisse voll in den Dienst der Handlung zu stellen. Zu Lande und zu Wasser wird gerauft und geschossen (sogar ein Düsenjäger greift an), wobei das Meer zusätzlich von unfreundlichen Kreaturen bewohnt wird, die spannungsfördernd ins Geschehen eingreifen.

Anspruchsvoll ist unsere Geschichte nicht, aber es macht Spaß sie zu lesen. Man wird durchaus an die karibischen Episoden diverser James-Bond-Klassiker oder anderer Action-Streifen der 1960er Jahre erinnert, was sicherlich vom Verfasser gewollt ist. Die geradlinige Handlung und die wohldosierten Landschaftsbeschreibungen lassen vor dem geistigen Auge des Lesers sowieso einen Film ablaufen.

|Nicht denken, sondern handeln|

Unzweifelhaft ein (unvermuteter) Pluspunkt: die Figurenzeichnung. Sie fällt wesentlich vielschichtiger aus, als man es in einem simplen Abenteuerroman vermuten würde. Zwar ist Joe Lennard der rasende Reporter schlechthin; ein einsamer Wolf, der die Welt durchstreift und sich fürchtet, von einer Frau ‚angebunden‘ zu werden. Praktisch (aber logisch begründet) ist natürlich die Nahkampfausbildung aus Kriegszeiten, die auf Bravo Key eindrucksvoll zum Einsatz kommt.

Gleichzeitig sind Lennard Selbstzweifel und Schwächen nicht fremd. Gewalt erfüllt ihn mit Skrupeln, die nur der Selbsterhaltungstrieb überwinden kann. Außerdem hegt er trotz erheblicher Kritik mehr Sympathie für Fidel Castro und seine Sache, als es für einen braven angelsächsischen Kommunistenfresser dieser Ära üblich ist.

Lennard und der alte Moses Mackay sind Freunde und Kampfgefährten ohne peinliche Verbrüderungsobsessionen. Heutzutage fallen Passagen auf, die einzig dem Zweck dienen, zu verdeutlichen, dass „Neger“ (das durfte man damals noch sagen) und „Weiße“ einfach nur Menschen sind. In den 1960er Jahren war das noch längst keine Selbstverständlichkeit.

|Schöne Frau und nicht gar zu hässlicher Schurke|

Pech hat Belle Brannigan, denn die weibliche Gleichberechtigung war noch nicht ganz so weit. Abenteuerlustig ist sie, aber in die Karibik reist sie wahlweise als Geliebte oder Gefangene diverser starker Männer. Hier und da darf sie ihren Unmut über diverse Ungerechtigkeit äußern, aber dabei ist sie meist gefesselt sowie leicht beleidigt und läuft über den Sand davon, wobei der Verfasser ihre körperlichen Vorzüge zur Geltung kommen lässt.

Carlos Camenidas ist als Figur eine echte Überraschung. Er tritt entschlossen und rücksichtslos auf, aber ein menschenverachtender Fanatiker ist er nicht. In einem langen Rückblick schildert Johnston seinen traurigen Werdegang im korrupten, von mörderischer Geheimpolizei tyrannisierten Vor-Castro-Kuba. Camenidas ist der Repräsentant derer, die sich von der Revolution tatsächlich Gerechtigkeit erhofften. Dass sie den einen Diktator (Battista) gegen einen anderen (Castro) eintauschten, blieb ihnen unklar – sie wollten es eigentlich auch gar nicht wissen.

Nichtsdestotrotz endet für Camenidas dieses Abenteuer mit einer Niederlage, aber immerhin nicht mit jenem möglichst scheußlichen Tod, den ihm Hollywood als ‚gerechte Strafe‘ zweifellos reserviert hätte. Solche Ausgewogenheit vollendet den günstigen Eindruck, den dieser von der Zeit bzw. seinen Lesern längst vergessene aber unterhaltsame Roman hinterlässt.

_Autor_

Ronald Johnston (geb. 1926) ist viele Jahre für die britische Handelsmarine zur See gefahren. Diese Erfahrungen fließen in seine Abenteuerromane ein, die stets mit dem Wasser zu tun haben. Bekannt geworden ist er mit einer Serie über die Erlebnisse der fiktiven „Inoco-Oil-Company“-Tankerflotte, was in diesen politisch bzw. ökologisch korrekten Zeiten wohl kaum noch möglich wäre.

Dieser Johnston ist übrigens der Vater von Paul Johnston, der ebenfalls Schriftsteller geworden ist und dem sein Durchbruch mit der orwellschen Krimi/Science-Fiction-Serie um den schottischen Ermittler Quintilian Dalrymple gelang.

|Taschenbuch: 151 Seiten
Originaltitel: Red Sky in the Morning (London : Collins 1965)
Übersetzung: Hans-Ulrich Nichau|
[www.randomhouse.de/goldmann]http://www.randomhouse.de/goldmann

Boothby, Guy Newell – Expedition des Doctor Nikola, Die

_Die |Doctor Nikola|-Reihe:_

Band 1: [„Die Rache des Doctor Nikola“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6319
Band 2: _“Die Expedition des Doctor Nikola“_
Band 3: „The Lust of Hate“ (1898, noch ohne dt. Titel)
Band 4: „Dr Nikola’s Experiment“ (1899, noch ohne dt. Titel)
Band 5: „Farewell, Nikola“ (1901, noch ohne dt. Titel)

_Das geschieht:_

Nach zahlreichen Entführungen, Intrigen u. a. Bosheiten ist es Dr. Nikola endlich gelungen, das ersehnte chinesische Zauberstäbchen an sich zu bringen. Mit ihm kann er sich als hochrangiges Mitglied einer Geheimgesellschaft tarnen und als solches den Zugang zum tief im gebirgigen Zentrum Tibets gelegenen Tempel einer Sekte erschwindeln, die sich dort seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert verborgen hält. Im Laufe dieser langen Zeit haben die Mönche unglaubliche Mysterien aufgedeckt.

Nikola ist besonders am Geheimnis des ewigen Lebens interessiert. Die lange und gefährliche Expedition will er nicht ohne einen mutigen und starken Gefährten an seiner Seite unternehmen. Nikolas Wahl fällt auf den jungen Abenteurer Wilfried Bruce. Dieser ist bekannt für seine Fähigkeit, sich so überzeugend als Chinese zu maskieren, dass er Orte bereisen konnte, an die zuvor nie Europäer gelangt sind.

Derzeit hat Bruce nach Schanghai verschlagen, wo er nach einer Möglichkeit sucht, seine leere Geldbörse zu füllen. Die 10.000 Pfund, die Nikola ihm bietet, sind ihm daher sehr willkommen. Getarnt macht man sich auf den langen und gefährlichen Weg nach Tibet. Unterwegs rettet Bruce die Missionarstochter Gladys Mary Medwin vor fremdenfeindlichen Chinesen.

Auch sonst verläuft die ohnehin riskante Expedition nicht ohne gefährliche Zwischenfälle. Mehrfach kommt man den beiden Schwindlern auf die Schliche. Nur Nikolas unglaublichem Einfallsreichtum und Bruces Wagemut ist das Entkommen zu verdanken. Die Glückssträhne der Reisenden wird freilich über ihre Zerreißgrenze hinaus gespannt, als sie ihr Ziel erreichen. Tief im Himalaya und fern aller Hilfe müssen sie extrem misstrauischen Mönchen ihre Geheimnisse entreißen …

_Der Weg ist das Ziel: Reisen als Abenteuer_

1895 hatte Guy Newell Boothby mit „Die Rache des Doctor Nikola“ das Interesse einer Leserschar erregt, deren Zahl groß genug war, dass der Autor – ein Unterhaltungs-Routinier, der jedes Genre bediente – das Eisen schmiedete, solange es heiß blieb, und umgehend eine Fortsetzung folgen ließ. „Die Expedition des Doctor Nikola“ fand auf einem anderen Kontinent und mit anderen Figuren statt; nur Nikola blieb. Die Verbindung zum ersten Teil stellte Boothby her, indem er seinen neuen Helden Wilfried Bruce in Schanghai auf einen Landsmann treffen lässt, zu dessen Freunden ‚zufällig‘ jemand zählt, der Nikolas Treiben in Australien ertragen musste: Boothby nahm sich nie die Zeit für raffinierte Handlungselemente, sondern spann ein einfaches Garn. Dies bedingte einerseits einen offensichtlichen Schematismus, sorgte aber andererseits für eine Schlichtheit, die seine Geschichten altern (i. S. von reifen) aber nicht veralten ließ.

Die Reise ist ein ideales Medium für eine stringente Abenteuergeschichte. Es gilt, von Punkt A nach Punkt Z zu gelangen. Die Buchstaben dazwischen markieren Zwischen- und Überfälle, Naturkatastrophen und Irrwege, aber auch wundersame Orte, die durch ausführliche Beschreibungen gewürdigt werden. Der Weg ist mindestens ebenso wichtig wie das Ziel, das nichtsdestotrotz den Höhepunkt markiert. Boothby folgt dem Vorgabemuster perfekt. In Schanghai beginnt die Expedition, und die stattliche Entfernung zum tibetischen Zielkloster lässt Raum für die genannten und andere Verwicklungen, mit denen die Handlung verlängert wird, ohne dass dies auf Kosten der Spannung geht.

|Männer der Tat, Frauen fürs Herz|

Zwei Identifikationsfiguren stellt Boothby in den Mittelpunkt der Geschichte. Da ist natürlich Nikola, den er bereits im ersten Teil sehr geheimnisvoll eingeführt hatte. Seine Mysterien musste Nikola sich bewahren, weshalb Boothby wiederholte, abwandelte und vertiefte, was er in „Die Rache des Doctor Nikola“ bereits erwähnt hatte. Also glänzt Nikola abermals durch erstaunliche Hypnosen, ergeht sich in Andeutungen früherer (Un-) Taten und ist generell ein solcher Übermensch, dass sich der Leser durchaus wundert, wieso er eigentlich Hilfe benötigt.

Doch genau dies ist der Punkt: Nikola ist als Handlungsfigur nur bedingt tauglich. Er kann nicht kämpfen, leiden und Gefühle zeigen, ohne dadurch seinen Status zu gefährden. Nikola muss geheimnisvoll bleiben. Deshalb stellt ihm Boothby Wilfried Bruce an die Seite, der vor positiven Eigenschaften und edlen Gefühlen schier platzt. Bruce ist dem Mann, um den und mit dem wir bangen. Ihn mögen wir, ihm trauen wir. Er ist tüchtig, aber nicht so talentiert, dass wir uns ihm gegenüber klein fühlen. Ein Mann wie Bruce kann glaubhaft in Gefahr geraten, aus denen er sich mit Muskelkraft und Köpfchen und nicht mit Magie, Hinterlist und Geheimwaffen à la Nikola befreien wird. Er ist so anständig und worttreu, dass nicht einmal Nikola umhin kommt, ihn mehrfach zu retten, obwohl er ihn schurkisch hätte zurücklassen können.

Außerdem ist Bruce der Idealpartner für die weibliche Figur. Dass Nikola eine Missionarstochter oder überhaupt eine Frau an seiner Seite auch nur duldet, mutet unwahrscheinlich an. Zu Gladys Mary Medwin gehört ein Bruce. Er wird sie retten, beschützen und sich schließlich in sie verlieben. Boothby folgt den viktorianischen Vorgaben, die der Frau – zumal im Trivialroman – eine passive Rolle zuwiesen. Gladys mag es irgendwie nach China geschafft haben, doch sobald sie in Nikolas und Bruces Gesellschaft gerät, kann sie gerade noch auf eigenen Beinen stehen. Ansonsten übernehmen die Männer das Denken und Handeln.

Erfreulicherweise beeinträchtigt dieses Klischee nicht die Handlung. Was in „Die Rache des Doctor Nikola“ noch für endlose Kitsch-Tiraden gesorgt hatte, entfällt dieses Mal: Gladys bleibt eine absolute Randfigur. Hin und wieder denkt Bruce sehnsuchtsvoll an sie, aber ansonsten konzentriert er sich auf das Abenteuer. Hier einfallsreich in eine aktionsreiche Handlung zu investieren, erweist sich als die beste Idee des Verfassers.

|Exotik und die Patina der Reife|

Realität ist dabei Boothbys Stärke nicht. Dem eifrigen Leser trivialer Romane ist so etwas seit jeher bewusst; es stört nicht, sondern fördert sogar das Lektürevergnügen: Die gern (auch vom jeweiligen Verfasser) vorgebrachte Behauptung präziser Faktenrecherche ist Unfug – glücklicherweise, denn die Unterhaltung existiert zwar auch auf dem Boden der Realität, so richtig blüht sie aber erst im milden Klima der Fiktion.

Guy Newell Boothby ist niemals in China gewesen. Die Schilderung von Land und Leuten entsprechen höchstens zufällig der Wirklichkeit. Seine wahren Inspirationsquellen bildeten jene zeitgenössischen Halbwahrheiten, Übertreibungen und Klischees, die in den Kreisen seines angelsächsischen Publikums kursierten. Sie klangen immerhin wahr und waren auf jeden Fall interessanter als die schnöde Realität, die auch die tatsächlich existierenden Himalaja-Klöster Tibets nicht verschont und ihnen bei genauer Betrachtung den Ruf des Mysteriösen raubt.

Boothbys China und Tibet sind bunte Kulissen für die Abenteuer eines Reiseromans. Die zentralen Protagonisten sind Ausländer, weder Dr. Nikola noch Wilfried Bruce wurden in Asien geboren. Dennoch gebärden sie sich – wenn nicht verkleidet – ganz selbstverständlich als Herren des Landes. Zumindest in diesem Punkt entspricht Boothby einer historischen Realität, die den Fernen Osten ins Interesse europäischer Kolonialmächte rückte. China war keine offizielle Kolonie, doch Ende des 19. Jahrhunderts nach verlorenen Kriegen gegen England und Japan sowie innenpolitisch geschwächt den ausländischen ‚Handelspartnern‘ ausgeliefert.

|Zeitloses Abenteuer nach Genre-Regeln|

Diese unschönen Wahrheiten werden selbstverständlich wortlos übergangen. Immerhin hält sich Boothby mit diskriminierenden Äußerungen zurück. (Wobei offenbleiben muss, was in der Übersetzung bzw. Bearbeitung eventuell getilgt wurde.) Er setzt auf die Exotik der Schauplätze. ‚Seine‘ Chinesen und Tibeter sind fremd und unheimlich aber Träger einer eigenständigen, uralten und – Boothby macht daraus keinen Hehl – durchaus hochstehenden Zivilisation. Er bedient sich hier eines weiteren bewährten Motivs des klassischen Abenteuerromans. Tief in grauer Vorzeit verwurzelte, von der Gegenwart isolierte Gemeinschaften, die im Besitz lange vergessenen Geheimwissens sind, waren in der zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur ungemein beliebt. Autoren wie Henry Rider Haggard (1856-1925) oder Edgar Rice Burroughs (1875-1950) stützten sich immer wieder auf archaische Ur-Völker. In der Schilderung seltsamer und unterhaltsam ‚barbarischer‘ Regeln und Sitten mussten die Autoren ihrer Fantasie keine Zügel anlegen.

In diesen Kapiteln kann Boothby glänzen. Das Finale endet – auch dies genretypisch – in einer wilden Flucht vor erbosten Verfolgern. Dieses Mal ließ der Verfasser seiner Geschichte mit Bedacht einige lose Enden: Sie ließ sich bei Bedarf fortsetzen, was 1899 mit „Das Experiment des Doctor Nikola“ geschah.

In Deutschland erschien „Die Expedition des Doctor Nikola“ erstmals 1912. Selbst vom antiquarischen Buchmarkt ist dieses Werk längst verschwunden. Die aktuelle Ausgabe, Teil einer vierbändigen, neu oder erstmals aufgelegten sowie neu übersetzten Doctor-Nikola-Ausgabe, liest sich angemessen ‚retro-steif‘ aber stets flüssig und ist wieder schön als Paperback mit Klappenbroschur aufgemacht. Auf den dritten Teil kann man sich unter diesen Bedingungen erst recht freuen!

_Autor_

Am 13. Oktober 1867 wurde Guy Newell Boothby im australischen Glen Osmond, einer Vorstadt von Adelaide, geboren. Die Boothbys gehörten zur Oberschicht, Guys Vater saß im Parlament von Südaustralien. Der Sohn besuchte von 1874 bis 1883 die Schule im englischen Salisbury, dem Geburtsort seiner Mutter.

Nach Australien zurückgekehrt, versuchte sich Boothby als Theaterautor. Sein Geld verdiente er allerdings als Sekretär des Bürgermeisters von Adelaide. Beide Tätigkeiten wurden nicht von Erfolg gekrönt. Boothbys Lehr- und Wanderjahre führten ihn 1891/92 kreuz und quer durch Australien sowie den südasiatischen Inselraum. Sein 1894 veröffentlichter Reisebericht wurde zum Start einer außergewöhnlichen Schriftstellerkarriere.

1895 siedelte Boothby nach England um, heiratete und gründete eine Familie. Er schrieb nun Romane, wobei er sämtliche Genres der Unterhaltungsliteratur bediente und lieferte, was ein möglichst breites Publikum wünschte. Boothby war ein findiger und fleißiger Autor, der überaus ökonomisch arbeitete, indem er seine Worte nicht niederschrieb, sondern in einen Phonographen diktierte und die so besprochenen Wachswalzen von einer Sekretärin in Reinschrift bringen ließ. Jährlich konnten auf diese Weise durchschnittlich fünf Titel erscheinen. Boothbys Einkünfte ermöglichten ihm den Kauf eines Herrenhauses an der Südküste Englands, in dem er mit seiner Familie lebte, bis er am 26. Februar 1905 im Alter von nur 37 Jahren an einer Lungenentzündung starb.

|Paperback: 213 Seiten
Originaltitel: Dr. Nikola (London : Ward, Lock & Co. 1896)
Übersetzung: Michael Böhnhardt
Cover: Ernst Wurdack
ISBN-13: 978-3-938065-63-1|
[doctornikola.blogspot.com]http://doctornikola.blogspot.com
[www.wurdackverlag.de]http://www.wurdackverlag.de

_Guy Newell Boothby bei |Buchwurm.info|:_
[„Pharos der Ägypter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=297

Karl May – Der Schatz im Silbersee

Die Handlung:

Old Firehand ist auf der Reise zurück zum Silbersee, an dem er eine Silberader entdeckt hatte. Aber nicht nur er ist auf dem Weg dorthin, auch eine Gruppe von Tramps unter der Führung von Cornel Brinkley, der im Silbersee einen Schatz heben will.

Viele Kämpfe und Indianerüberfälle behindern die Reisenden, zu denen sich auch Winnetou und Old Shatterhand gesellen.

Mein Eindruck:

Eigentlich ist der Titel des Buches irreführend, denn eigentlich beschreibt der Großteil der Handlung den Kampf zwischen guten Cowboys (und teilweise auch Indianern) und bösen Tramps (und teilweise auch Indianern).

Immer wieder kommt es zu Konflikten und immer wieder werden neue Charaktere zum Handlungsstrang hinzugefügt. Das dient zum einen der Auflockerung, zum anderen fragt sich der Leser aber irgendwann, ob bei dem Roman der Weg das Ziel ist. Und auch die Namen der Protagonisten sind Karl-May-typisch lustig. Tante Droll, der gar keine Frau ist, sondern nur aufgrund seiner Kleidung so genannt wird, Hobble Frank, Der lange Davy, Der dicke Jemmy … allein schon beim Lesen der Namen formt sich ein schräges Bild im Kopf.

Die Charakterzeichnung ist sehr klar und strikt. Es gibt gute Menschen und schlechte Menschen. Bei Old Shatterhand und seinen Leuten bzw. der Gegenseite um Cornel Brinkley kann man leicht und schnell erkennen, wer hier gut und wer böse ist. Aber auch bei den Indianern gibt es nicht nur die Bösen, die überfallen, skalpieren und Ohren abschneiden, sondern auch die guten Timbabatschen. Die allerdings verraten die Guten und werden dann auch wieder böse.

Wer das Buch liest, weil er schnell herausfinden möchte, was es denn nun mit dem Schatz auf sich hat, der wird vielleicht etwas enttäuscht sein, weil er beim Lesen ständig von Kämpfen und Überfällen aufgehalten wird. Wer sich aber an die Seite von Old Shatterhand gesellt, den erwartet eine tolle und spannende Abenteuerreise mit jeder Menge Action. Allerdings ist die Action streckenweise sehr brutal beschrieben, denn die Indianer schneiden tatsächlich Ohren ab und lassen ihre Widersacher von Hunden zerfleischen.

Die Sprache – Die Rechtschreibung

„Der Text des vorliegenden Bandes folgt originalgetreu der ersten Buchausgabe von 1894“, steht noch vor der Inhaltsübersicht, und entsprechend ist die Rechtschreibung auch „alt“. Aufgelockert wird der Text durch immer wieder eingestreute englische Vokabeln wie „drink“ oder „behold“ oder auch „all devils“, was bei mir allerdings eher als eine Art „Guckt mal, das spielt wirklich im Wilden Westen … und alle reden auch wirklich Englisch!“ jedes Mal ein Grinsen hervorrief. Auch die Sprache des Romans ist dem Alter entsprechend authentisch.

Mein Fazit:

Ein zeitloser Klassiker, den man auch heute noch lesen kann. Denn ein Abenteuer bleibt ein Abenteuer, egal in welcher Zeit es spielt. Hauptsache es ist spannend erzählt. Und „Der Schatz im Silbersee“ ist eine spannende Erzählung.

Taschenbuch: 768 Seiten
Mit sämtlichen Illustrationen der ersten Buchausgabe von 1894,
einem Essay von Hans-Rüdiger Schwab zu dem Roman
und einer Zeittafel zu Leben und Werk von Karl May
ISBN-13: 978-3423138857
www.dtv.de

Dieses Buch gehört zur Reihe „Klassiker der Abenteuerliteratur“ von dtv:

Daniel Defoe: „Robinson Crusoe“
Jules Verne: „Reise zum Mittelpunkt der Erde“
Robert L. Stevenson: „Die Schatzinsel“
Karl May: „Der Schatz im Silbersee“
Jack London: „Lockruf des Goldes“ (Oktober 2010)

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Robert Louis Stevenson – Die Schatzinsel

Die Handlung:

Der junge Jim Hawkins gerät an eine Schatzkarte und bildet mit seinen Freunden Dr. Livesey und Squire Trelawney sofort ein Expeditionsteam, um den verborgenen Schatz des Piratenkapitäns Flint zu finden, den er auf einer Insel vergraben hat. Doch die frühere Piratenmannschaft Flints ist ebenfalls hinter dem Gold her und heuert unerkannt auf dem Expeditionsschiff an. Auf der Insel angekommen, beginnt der Kampf der Piraten gegen den Rest der Besatzung um den begehrten Schatz. (veränderte Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Und wieder hat sich der Verlag ein tolles Buch ausgesucht, um es im Rahmen der „Abenteuerklassiker“-Reihe neu aufzulegen. Auf jeder Seite spürt man die Begeisterung des Autors für das Reisen und für Abenteuer. Diese überträgt sich nahtlos auf den Leser, der schnell von der Geschichte gefesselt ist.

Der Autor hält sich und den Leser nicht lange und schon gar nicht langweilig mit ausschweifenden Erklärungen auf, sondern beginnt direkt geheimnisvoll mit den Umständen, durch die Jim in den Besitz der Schatzkarte gerät.

Einzig der Kampf zwischen den Piraten und der Schiffsführung auf der Insel treibt zum schnelleren Lesen an. Schließlich will der Leser ja erfahren, ob es tatsächlich einen Schatz gibt. Wie und wo, und vor allem von wem er tatsächlich gefunden wird, ist interessant gelöst und spannend erzählt. Und das Ganze ohne Vampire, Werwölfe, Drachen und Zauberer. Ob das allerdings ein Verkaufsargument für die jüngere Zielgruppe ist …

Die Rechtschreibung

Leider hat der Verlag auch in diesem Teil seiner „Abenteuer“-Reihe wieder auf eine alte Übersetzung und entsprechend alte und mittlerweile falsche Rechtschreibung zurückgegriffen. Und selbst das Nachwort ist nicht neu, sondern stammt aus dem Jahr 2000.

Aus diesem Grund allein schon eignet sich auch dieser Teil nicht für den Schulunterricht.

Die Fortsetzung

Unter dem Titel „Jim Hawkins und der Fluch der Schatzinsel“ ist übrigens 2005 eine „Fortsetzung“ erschienen. Francis Bryan beschreibt hier, wie Jim Hawkins sich doch noch einmal auf den Weg in die Südsee macht.

Mein Fazit:

Eine spannende Geschichte, die um eine simple Grundidee gestrickt ist, aber einfach Spaß macht. Ein zeitloses Abenteuer für Leser jeden Alters.

Taschenbuch: 256 Seiten
Originaltitel: Treasure Island (1883)
Aus dem Amerikanischen von Richard Mummendey (1962)
Mit einem Nachwort von Uwe Böker (2000) und einer Zeittafel zu Leben und Werk des Autors
ISBN-13: 978-3423138840
www.dtv.de

Dieses Buch gehört zur Reihe „Klassiker der Abenteuerliteratur“ von dtv:

Daniel Defoe: „Robinson Crusoe“
Jules Verne: „Reise zum Mittelpunkt der Erde“
Mark Twain: „Tom Sawyers Abenteuer“
Robert L. Stevenson: „Die Schatzinsel“
Karl May: „Der Schatz im Silbersee“ (September 2010)
Jack London: „Lockruf des Goldes“ (Oktober 2010)

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mark Twain – Tom Sawyers Abenteuer

Die Handlung:

Tom Sawyer, der Archetyp des Lausbuben, erzählt dem Leser seine Erlebnisse. Er bringt andere Jungs dazu, für ihn einen Zaun zu streichen und in der Sonntagsschule erschummelt er sich eine neue Bibel. Als er und sein Freund Huckleberry Finn auf dem Friedhof aber Zeuge eines Mordes durch Indianer-Joe werden, schwören die beiden, nie etwas über das Gesehene zu verraten und fliehen auf eine Insel, um fortan als Piraten zu leben.

Und das war erst der Anfang der Abenteuer von und mit Tom Sawyer. Es geht spannend weiter und am Ende wartet sogar noch ein echter Schatz und ein Showdown mit Indianer-Joe …

Mein Eindruck:

So sollte ein Abenteuerroman sein. Spannend, lustig, ohne großartige und meist langweilige Beschreibungen von Dingen, die Abenteuer-Fans eh nicht interessieren. Hier wird in kurzen Kapiteln episodisch auf die Abenteuer von Tom Sawyer geblickt, in dem sich jeder Junge und Junggebliebene entweder selber wiedererkennt oder sich gern wiedererkennen würde, weil er Tom einfach für sein unbeschwertes Leben beneidet.

Fängt das Buch noch als eine Art Kurzgeschichtensammlung an, die man ohne Probleme auch in nicht-chronologischer Reihenfolge lesen könnte, da die Ereignisse unabhängig voneinander sind, so ändert sich das nach dem Erlebnis auf dem Friedhof. Ab jetzt gibt es einen roten Faden, der sich um Indianer-Joe wickelt, der am Ende auch das bekommt, was der Leser ihm schon lange wünscht.

Die Sprache, in der das Buch geschrieben ist, ist flüssig zu lesen, da sie erfrischend einfach gehalten ist. So, wie ein Junge im 19. Jahrhundert am Mississippi eben geredet hat. Und da stört auch der heute als politisch nicht korrekt betrachtete „Neger“ nicht, denn so nannte man Afro-Amerikaner zu der Zeit halt. Auch werden sie weder herablassend noch sonst wie anders beschrieben als alle anderen Akteure des Buches.

Die Rechtschreibung

Der Verlag hat sich zwar die Mühe gemacht und stellt ans Ende des Romans ein längeres Nachwort von Rudolf Beck und eine interessante Zeittafel zu Leben und Werk von Mark Twain, übernimmt aber leider nicht die Neue Rechtschreibung. Das wirkt gerade für jüngere Leser sicher irritierend, besonders bei den Klassikern wie dem „daß“.

Mein Fazit:

Ein absolut zu empfehlender Klassiker, der zeitlos immer wieder aus dem Bücherregal geholt werden kann und junge und junggebliebene Leser gleichermaßen anspricht.

Taschenbuch: 304 Seiten
Originaltitel: The Adventures of Tom Sawyer (1876)
Aus dem Amerikanischen von Lore Krüger (2005)
ISBN-13: 978-3423138833
www.dtv.de

Dieses Buch gehört zur Reihe „Klassiker der Abenteuerliteratur“ von dtv:

Daniel Defoe: [„Robinson Crusoe“
Jules Verne: [„Reise zum Mittelpunkt der Erde“
Robert L. Stevenson: „Die Schatzinsel“ (August 2010)
Karl May: „Der Schatz im Silbersee“ (September 2010)
Jack London: „Lockruf des Goldes“ (Oktober 2010)

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Boothby, Guy Nevell – Rache des Doctor Nikola, Die

_Das geschieht:_

Er ist das kriminelle Superhirn seiner Zeit: Auf der ganzen Welt spinnt der mysteriöse Dr. Nikola seine Intrigen, die in der Regel damit enden, dass reiche Männer und große Firmen viel Geld verlieren. Doch vor einiger Zeit hat sich jemand Nikola in den Weg gestellt, wodurch dem Schurken diverse Pläne zunichte gemacht wurden. Nun ist es genug, aber Nikola wäre nicht Nikola, wollte er sich den Rivalen nur vom Hals schaffen. Dem Frechling soll eine Lektion erteilt, er soll ruiniert und gedemütigt werden. Um dies zu gewährleisten, entwirft Nikola einen komplizierten Racheplan. Für die Realisierung heuert er drei skrupellose Schurken an und schickt sie mit genauen Anweisungen aus.

Buchstäblich am anderen Ende des Globus“ – in Australien – stolpert Richard Hatteras in das Abenteuer seines Lebens. Als er eine Reise nach England antritt, um die Heimat seines Vaters kennenzulernen, verliebt er sich in die junge Phyllis Wetherell. Sie ist in Begleitung ihres Vaters, des Kolonialsekretärs Sylvester Wetherall, der sich als Nikolas „Zielperson“ entpuppt. Davon ahnt Hatteras natürlich zu diesem Zeitpunkt nichts, weshalb er nicht einschätzen kann, wieso der alte Wetherell, der Nikolas Schergen entdeckt hat, voller Schrecken und in Begleitung seiner Tochter in Australien untertaucht.

Hatteras beginnt eine intensive Suche nach seiner Braut und gerät dabei Nikola in die Quere. Obwohl vom Doktor eindringlich gewarnt, macht er sich auf den Weg nach Australien. In Begleitung eines jungen englischen Adligen gerät Hatteras in diverse Fallen und Ablenkungsmanöver des tückischen Dr. Nikola. Unerschrocken bleibt er diesem auf den Fersen. Auf einer einsamen Südsee-Insel kommt es zum finalen Duell, doch das Schurkengenie hält auch dieses Mal die Fäden fest in der Hand …

_Vom Archetyp zum Klischee_

An ihren prägnanten Eigenheiten lassen sie sich erkennen: Die großen, klassisch gewordenen Schurken definierten sich niemals allein über ihre Taten. Sie drücken ihre böse Intelligenz bereits optisch und akustisch aus, präsentieren sich flamboyant, extravagant, aufregend. Auf keinen Fall sind sie gewöhnliche Verbrecher, verwenden auf Stilfragen mindestens soviel Energie wie auf den Entwurf unerhört komplizierter Pläne, deren Aufgehen sie eher gleichgültig lässt. Viel wichtiger ist ihnen die Intrige, das Düpieren übermächtiger Gegner sowie die Demütigung von Rivalen. Nie können sie der Versuchung widerstehen, sich vor diesen zu spreizen, wenn sie endlich in ihre Gewalt geraten sind, statt sie endgültig auszuschalten und sich auf die Durchführung ihrer genialen Projekte zu konzentrieren, die folgerichtig meist in letzter Sekunde scheitern.

Im 21. Jahrhundert sind die besten Macken längst vergeben. Die genialischen Bösewichter wiederholen sich und sind vom Archetyp zum Klischee herabgesunken. Nur selten fällt einem Schuft noch etwas Originelles ein. Da hatten es die kriminellen Ahnen einfacher. Dr. Nikola ist hier für manche echte Überraschung gut: Er beherrscht die Kunst der Hypnose und zwingt seine Gegner buchstäblich in seinen Bann, ist ein begnadeter Wissenschaftler (und Alchemist), der in seinem Labor betäubende Wundermittel und exotische Gifte mischt, sowie ein Meister der Maske, der zudem überall auf Verstecke und Helfershelfer zurückgreifen kann.

|Auf die Details kommt es an!|

Außerdem benutzt er eine schwarze Katze als Accessoire (und entlarvt damit die James-Bond-Nemesis Blofeld als schnöden Nachahmer). Guy Nevell Boothby hat einen gut entwickelten Sinn für die Inszenierung seines Schurken. In einem feinen Lokal in London lässt der Doktor drei gefährliche Männer zusammenkommen. Zu seinen Anweisungen gehört die Bereitstellung einer Schale mit Milch. Was bedeutet dieses Detail? Noch bevor Boothby seinen Lesern Nikola vorstellt, hat er sie neugierig auf diese Figur gemacht, die er später so überhöhen wird: |“Nun, er ist Nikola, das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Wenn Sie ein kluger Mann sind, werden Sie nicht mehr wissen wollen. Fragen sie die chinesischen Mütter, … wer er ist, fragen sie die Japaner, die Malaien, die Hindus, die Burmesen, die Kohlenträger in Port Said, die buddhistischen Priester auf Ceylon; fragen Sie den König von Korea, die Menschen oben in Tibet, die spanischen Priester in Manila oder den Sultan von Borneo, den Minister von Siam oder die Franzosen in Saigon, sie alle kennen Dr. Nikola und seine Katze; und glauben Sie mir, sie fürchten ihn.“| (S. 210)

Nikola scheint nicht nur für Blofeld, sondern auch für andere klassische Finsterlinge Pate gestanden zu haben: Sein betont mysteriöses Auftreten und sein Faible für schwarzmagisch anmutende Tricks verweisen auf Dr. Fu-Manchu, den Sax Rohmer (1883-1959) ab 1913 auf ahnungslose Abendländler losließ. Freilich war der Osten als Hort einer „gelben Gefahr“ für brave und vorsichtshalber stets wachsame Abendländer bereits um 1900 ein politischer, kultureller und eben auch literarischer Topos. Zwei Jahrzehnte später bescherte Norbert Jacques seinen Lesern mit Dr. Mabuse einen „europäischen“ Super-Verbrecher, der nichtsdestotrotz Dr. Nikola in Auftritt und Handlung sehr ähnlich war. Dass Dr. Nikola echte übernatürliche Kräfte besitzt, deutet Boothby zwar an, lässt es aber offen; als kluger Autor, der an die Zukunft denkt, lässt er diese Katze im ersten Band seiner Serie im Sack.

|Der Inhalt verdeckt die Form|

Starke Figuren können dem Verfasser, der sie zu schaffen versteht, viel Arbeit ersparen. In unserem Fall überstrahlt Dr. Nikola mit einer Persönlichkeit, die selbst in seiner Abwesenheit über der Handlung schwebt, die im Grunde simple Struktur dieses Romans. Hinter dem Gewirr eines überkompliziert eingefädelten und selbst im 19. Jahrhundert unrealistischen Intrigengespinstes kommt viel heiße Luft zum Vorschein. Boothby konnte nie viel Zeit auf originelle Plots verwenden. Sie waren in seinem Metier – der Unterhaltungsliteratur – auch nicht wichtig. Hier griff man auf bewährte Geschichten und Figuren zurück, die variiert und der jeweiligen Handlung angepasst wurden.

In der Tat funktionieren Elemente wie Verfolgungsjagden, Todesfallen oder dramatische Rettungsaktionen, selbst wenn das dabei zum Einsatz kommende Instrumentarium inzwischen altmodisch wirkt. Auch die Rollenverteilung hat sich konserviert. Das Dreieck Schurke – Maid in Not – junger Held ist zeitlos, selbst die damit einhergehenden Klischees fallen mehr als 100 Jahre später kaum irritierend ins Gewicht.

Das wahre Alter der Geschichte wird dort zum Problem, wo sich der Alltag grundlegend gewandelt hat. Die Liebesgeschichte von Richard und Phyllis wirkt heute steif und in die Länge gezogen, während den zeitgenössischen Lesern die diffizilen Regeln im Umgang zwischen Mann und Frau bekannt und vertraut waren. Natürlich – so muss man beinahe sagen – erweist sich Hatteras nicht nur als Ehren- sondern zufällig auch als Edelmann, wodurch sämtliche Vorbehalte, die man gegen ihn hegen könnte, mit einem Schlag ausgeräumt sind: Auch dies ist ein einst gern eingesetzter Knalleffekt.

Weniger erfreulich ist Boothbys Hang zu Wiederholungen und abschweifenden Nebenhandlungen, die mit der zentralen Handlung wenig bis gar nichts zu tun haben. Hierin erkennt man den Vielschreiber, der die Hatz auf Nikola und damit seinen Roman auf möglichst einfache, d. h. ideenarme Weise zu verlängern sucht. Immerhin lesen sich diese Schlenker oft unterhaltsam, da Boothby Land und Leute, über die er schreibt, selbst bereist hat und deshalb kennt.

|Gute Bücher und schöne Bücher|

Dass sich „Die Rache des Doctor Nikola“ mehr als ein Jahrhundert nach der Entstehung insgesamt immer noch flüssig und spannend liest, spricht für den Verfasser (sowie für einen Übersetzer, der das künstlich Altmodische vermeidet, ohne das Alter der Vorlage zu verleugnen). Nicht nur die bloße Tatsache, dass ein Verlag das Risiko eingeht, eine mehr als 100 Jahre alte Reihe neu übersetzt auf den Buchmarkt zu bringen, ist positiv zu registrieren. Mit Bestseller-Auflagen ist hier kaum zu rechnen, weshalb die „großen“ Häuser Dr. Nikola keines Blickes würdigen würden. Wie heute üblich, springt ein kleiner, aber engagierter und wohl auch mutiger Verlag in die Bresche. Dem Käufer und neugierigen Leser, der über den Tellerrand der üblichen Verbrauchsliteratur schauen möchte, wird für einen moderaten Preis darüber hinaus ein Vorwort des Übersetzers geboten, der knapp aber umfassend Auskunft über Leben und Werk des Verfassers gibt.

„Die Rache des Doctor Nikola“ erscheint als Paperback in Klappenbroschur. Das Buch ist schön gebunden, lässt sich aufschlagen, ohne dass dabei der Rücken krachend bersten würde, und dank ihres guten, dicken Papiers verkraften die Seiten auch energisches Umblättern ohne eselsohriges Nachgeben. Wer seine Bücher nicht nur liest, sondern auch liebt und sammelt, wird mit diesem Exemplar auf seine Kosten kommen!

Es bleibt noch die Frage, wieso die Abkürzung „Dr.“ in dieser neuen deutschen Ausgabe hartnäckig als „Doctor“ aufgelöst wird …

_Autor:_

Am 13. Oktober 1867 wurde Guy Newell Boothby im australischen Glen Osmond, einer Vorstadt von Adelaide, geboren. Die Boothbys gehörten zur Oberschicht, Guys Vater saß im Parlament von Südaustralien. Der Sohn besuchte von 1874 bis 1883 die Schule im englischen Salisbury, dem Geburtsort seiner Mutter.

Nach Australien zurückgekehrt, versuchte sich Boothby als Theaterautor. Sein Geld verdiente er allerdings als Sekretär des Bürgermeisters von Adelaide. Beide Tätigkeiten wurden nicht von Erfolg gekrönt. Boothbys Lehr- und Wanderjahre führten ihn 1891/92 kreuz und quer durch Australien sowie den südasiatischen Inselraum. Sein 1894 veröffentlichter Reisebericht wurde zum Start einer außergewöhnlichen Schriftstellerkarriere.

1895 siedelte Boothby nach England um, heiratete und gründete eine Familie. Er schrieb nun Romane, wobei er sämtliche Genres der Unterhaltungsliteratur bediente und lieferte, was ein möglichst breites Publikum wünschte. Boothby war ein findiger und fleißiger Autor, der überaus ökonomisch arbeitete, indem er seine Worte nicht niederschrieb, sondern in eine Phonographen diktierte und die so besprochenen Wachswalzen von einer Sekretärin in Reinschrift bringen ließ. Jährlich konnten auf diese Weise durchschnittlich fünf Titel erscheinen. Boothbys Einkünfte ermöglichten ihm den Kauf eines Herrenhauses an der Südküste Englands, in dem er mit seiner Familie lebte, bis er am 26. Februar 1905 im Alter von nur 37 Jahren an einer Lungenentzündung starb.

_Die „Dr. Nikola“-Reihe:_

(1895) Die Rache des Doctor Nikola (|A Bid for Fortune, or: Dr. Nikola’s Vendetta| / |Enter Dr. Nikola!|)
(1896) Die Expedition des Doctor Nikola (|Dr. Nikola|)
(1898) |The Lust of Hate|
(1899) |Dr. Nikola’s Experiment|
(1901) |Farewell, Nikola|

Band 3 – |The Lust of Hate| – wird keine Neuauflage erfahren; Dr. Nikola tritt nur als „Gaststar“ in einer Geschichte auf, die ansonsten mit „seiner“ Serie nichts zu tun hat.

|Broschiert: 232 Seiten
Originaltitel: A Bid for Fortune, or: Dr. Nikola’s Vendetta (London : Ward, Lock & Co. 1895) / Enter Dr. Nikola! (Hollywood/Californien : Newcastle Pub. Co. 1975)
Deutsche Erstausgabe: März 2010 (Wurdack Verlag)
Übersetzung: Michael Böhnhardt
ISBN-13: 978-3-938065-61-7|
[www.wurdackverlag.de]http://www.wurdackverlag.de
[Verlagsblog – doctornikola.blogspot.com]http://doctornikola.blogspot.com

_Guy Newell Boothby bei |Buchwurm.info|:_
[„Pharos der Ägypter“ 297

Jules Verne – Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die Handlung:

Der herrische und jähzornige Professor Lidenbrock aus Hamburg findet in einem alten isländischen Buch ein geheimnisvolles Papier. Zusammen mit seinem Neffen Axel macht er sich an dessen Entzifferung. Nachdem Axel auf die Lösung gekommen ist, kann der Text, der aus alten Runen besteht, entschlüsselt werden. Es stellt sich heraus, dass der Zettel eine Notiz des vor einigen hundert Jahren verstorbenen Forschers Arne Saknussemm ist. Er beschreibt, wie man durch einen Krater in Island zum Mittelpunkt der Erde kommt. Der mögliche Einstieg wird Ende Juni durch einen Schatten, ähnlich einer Sonnenuhr, angezeigt.

Lidenbrock zeigt sich sofort begeistert und zwangsverpflichtet seinen Neffen, mit ihm dieselbe Reise zu unternehmen. Die beiden brechen schnell auf, da die Zeit drängt. In Reykjavik engagiert Lidenbrock den phlegmatischen Hans, der als Führer dienen soll.

Die drei steigen hinab ins Erdinnere, verlaufen sich, verdursten fast, finden ein riesiges Meer und gelangen am Ende durch einen zuvor verschlossenen Gang mit einem Floß wieder zur Erdoberfläche zurück. Hier stellen sie fest, dass ihre Reise sie auf die Insel Stromboli im Mittelmeer geführt hat. Der Ausbruch des Vulkans der Insel brachte das Floß wieder an die Oberfläche.

Mein Eindruck:

Diese Ausgabe von „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ kann auf zwei Arten gelesen werden:

1. Auf die herkömmliche Art und unter Ignorierung der 305 Anmerkungssternchen.

2. Unter Einbeziehung der 305 Anmerkungssternchen, die auf 24 Seiten im Anhang und in kleiner Schrift so ziemlich jedes ungewöhnliche Wort in dem Roman erklären. Das ist in etwa das gleiche Erlebnis, als würde man eine Film-DVD mit Audio-Kommentar gucken, nur mit ständigem Blättern.

Erzähler des Buches ist Axel, der Neffe der treibenden Kraft des Romans – Professor Lidenbrock-, der die oftmals sehr unsympathisch rohe Art seines Onkels gut zu nehmen weiß und sie offenbar schon gewohnt ist. Eigentlich will Axel auch nicht wirklich mit auf die Reise, sondern lieber bei seiner Verlobten Graüben bleiben, deshalb sträubt er sich zuerst noch, seinem Onkel den entscheidenden Tipp zur Übersetzung des Zettels zu geben.

Interessant ist, dass die Notiz zu keiner Zeit vom Professor infrage gestellt wird, und wenn Saknussemm schreibt, dass er selber schon den Mittelpunkt der Erde besucht hat, dann wird das wohl so sein.

Auch der gescheiterte Versuch, sich auf dem Weg zum besagten Vulkan mit Literatur vom isländischen Forscher zu versorgen, lässt die beiden Reisenden nicht zweifeln. Saknussemm war nämlich als Ketzer verfolgt und seine Bücher von seinem Henker 1573 verbrannt worden.

Danach folgt ein Bombardement von Anmerkungssternchen auf jeder Seite, neben Begriffen, die die verschiedenen Erdzeitalter beschreiben, während die Gruppe immer weiter hinab steigt. Oftmals ist deshalb nicht klar, ob Verne hier eine Geschichte erzählen oder einfach nur den Stand der Wissenschaft wiedergeben wollte.

Der Plagiatsvorwurf:

Interessanterweise wurde Verne von René de Pont-Jest wegen gerade dieser Geschichte verklagt. Zwölf Jahre nach dem Erscheinen des Buches warf dieser ihm vor, aus seinem Buch „La Tête de Mimer“ abgeschrieben zu haben. Als Beweis führte er diese vier Punkte an:

1. Auch sein Held ist Deutscher.
2. Auch sein Held findet eine Wegbeschreibung in einem Buch.
3. Auch diese Wegbeschreibung ist in Runen geschrieben.
4. Auch sein Held findet den entscheidenden Hinweis durch einen Schatten.

Verne räumte bei Punkt 4 eine Vergleichbarkeit ein, wies aber die Plagiatsvorwürfe zurück. Das Gericht wies die Klage ab. Es hält sich das Gerücht, dass Pont-Jest nur geklagt hatte, weil Verne ihm keine Eintrittskarten für eine Aufführung von „In 80 Tagen um die Welt“ hatte zukommen lassen.

Wenn überhaupt, dann hat Verne bei sich selber abgeschrieben, denn die Story ähnelt seinem eigenen Roman „Fünf Wochen im Ballon“, der kurz vorher erschienen war, sehr.

Fazit:

In diesem kurzweiligen Abenteuer wird es nie langweilig, und auch der Professor zeigt sich auf der Reise öfter mal von seiner fürsorglich menschlichen Seite. Hans hat ständig die Ruhe weg und bleibt in jeder Situation gelassen. Zusammen mit dem teilweise aufgedrehten, teilweise vor Erschöpfung schlafenden Axel sorgen diese drei unterschiedlichen Charaktere für Belebung und bereiten dem Leser eine Menge Spaß – ob dieser nun den Anmerkungssternchen folgt oder sie ignoriert.

Taschenbuch: 432 Seiten
Original: „Voyage au centre de la Terre“ (Paris 1864)
Aus dem Französischen von Volker Dehs
Mit sämtlichen Illustrationen der französischen Originalausgabe, Anmerkungen, Nachwort, Zeittafel und Briefen zum Plagiatsvorwurf
ISBN-13: 978-3423138826
www.dtv.de

Dieses Buch gehört zur Reihe „Klassiker der Abenteuerliteratur“ von dtv:

Daniel Defoe: „Robinson Crusoe“
Jules Verne: „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ (Juni 2010)
Mark Twain: „Tom Sawyers Abenteuer“ (Juli 2010)
Robert L. Stevenson: „Die Schatzinsel“ (August 2010)
Karl May: „Der Schatz im Silbersee“ (September 2010)
Jack London: „Lockruf des Goldes“ (Oktober 2010)

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (3 Stimmen, Durchschnitt: 3,33 von 5)