Archiv der Kategorie: Belletristik

Fiona Albrecht – Blowjob. Tagebuch einer Oralsex-Praktikantin

Oralsex ist kein Dickmacher

Oralsex bei der Arbeit, um die männlichen Mitarbeiter bei Laune zu halten – dafür wurde Fiona engagiert. In ihrem Tagebuch beschreibt sie, wie es ist, tagtäglich für sexuelle Dienste zur Verfügung zu stehen. Ein hocherotischer Roman mit ironischem Einschlag. (Verlagsinfo)

In „Blowjob“ sind die Blogeinträge der Studentin Fiona Albrecht zusammengetragen, worin diese von einer Phase ihres Lebens berichtet, in der sie aufgrund einer akuten finanziellen Notlage einen ungewöhnlichen Job annehmen musste: Sie wird zusammen mit anderen „Schwanzlutscher-Mädchen“ dafür eingesetzt, die Mitarbeiter eines kleinen Unternehmens mit ihrem Mund zu verwöhnen… (Amazon.de)
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Sibylle Berg – Sex 2. Phantastischer Roman

Sibylle Berg: Sex 2

Stell dir vor, du wachst eines Morgens auf und leidest an einer merkwürdigen Krankheit; die Welt, die dich umgibt, ist zu einem allzu transparenten Kosmos geworden, den du durchschreiten kannst und in dem dir nichts entgeht, weil du alles durchschaust wie Glas: Türen, Wände, ja selbst die Köpfe der Menschen sind kein Hindernis. Du bist wie Gott, der die Wahrheit zu erkennen vermag und auch die schrecklichsten Geheimnisse der Menschen kennt, die tief in ihren Seelen ruhen. Doch was anfangen mit dieser Wahrheit – und viel wichtiger, wie damit umgehen? „Die natürliche Reaktion auf den Wahnsinn ist der Wahnsinn“, und so begibst du dich auf einen Streifzug, der dich Herz und Verstand kosten könnte.

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Deanna Ashford – Die Privatklinik. Erotischer Roman

Götter in Weiß als Hengste und Stuten

Die attraktive Assistenzärztin Dr. Helen Dawson kommt an ihrer neuen Arbeitsstelle, einer teuren Privatklinik für Film- und Fernsehstars, einiges spanisch vor. Im neuen Anbau des Westflügels finden, abgeschirmt vorm Rest des Krankenhauses, geheime Operationen an inkognito eingelieferten Patienten statt. Außerdem scheinen mehrere Ärzte in illegale Medikamentenexperimente an den Patienten verwickelt zu sein. Wer oder was steckt dahinter?

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Fried, Amelie – Liebes Leid und Lust

Fried hat eine ungewöhnliche Frauenfigur geschaffen: Hanna befindet sich im seelischen Exil, in einer Entfremdung, die sie überwinden muss – und schließlich auch kann. Doch der Weg dorthin ist lang und gepflastert mit Hindernissen: Der Mann, den sie liebt, ist verheiratet.

Der Titel

Der Titel des Buches ist von Shakespeares Liebeskomödie abgeleitet: Leider wird deren Originaltitel „Love’s Labor Lost“ im Deutschen meist mit „Verlorene Liebesmüh“ wiedergegeben. „Liebes Leid und Lust“ ist doch viel schöner!

Näheres zur Autorin gibt es am Ende dieser Rezension.

Handlung
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Martin, Steve – Shopgirl

_Lebensweisheiten in kleiner Dosis_

Ein Aschenputtel wird von seinem Märchenprinzen aus der Armut herausgeholt – und natürlich prompt ausgenutzt. Denn dies ist kein Märchen, dies ist Los Angeles.

_Der Autor_

Steve Martin hat sich als (Theater-)Schriftsteller, Drehbuchautor, Bühnen-Komiker, Schauspieler und Regisseur betätigt. Einige seiner besten Filme sind „Tote tragen keine Karos“, „Roxanne“ und „Vater der Braut“. Seine Storysammlung „Blanker Unsinn“ war in den USA ein Bestseller. Er ist dort auch als kenntnisreicher Kunstsammler bekannt. Seine Sammlung ist in einem der großen Hotels von Las Vegas zu besichtigen. Ich habe die Leute dort Schlange stehen sehen, obwohl der Eintritt eine schöne Stange Geld kostet.

_Handlung_

Mirabelle Buttersfield ist so etwas wie ein Aschenputtel, unscheinbar, schüchtern, dienstbar. Dabei arbeitet sie mitten in einem der begehrtesten Viertel von Los Angeles: in Beverly Hills. Ihr Arbeitsplatz ist das Kaufhaus des Designers Neiman Marcus. Sie verkauft Handschuhe, allerdings in einer Zeit, als niemand mehr Handschuhe trägt. Immerhin taucht ab und zu eine betuchte Japanerin auf und hält Mirabelle auf Trab. In ihrer Freizeit zeichnet sie.

Mit 28 hat sie es noch nicht zu einer Familie gebracht, denn erstens ist sie eine Träumerin und zweitens ist ihr derzeitiger Freund Jeremy ein Loser, der in einer Künstlerkolonie Verstärkerboxen dekoriert. Mirabelle ist das Gegenteil von materialistischen Egoisten, die das jeweils andere (manchmal auch das eigene) Geschlecht für eine flotte Nummer abschleppen. Mirabelle scheint auf altmodische Werte wie Ehrlichkeit, Echtheit und Achtung Wert zu legen – exotische Werte in einer Stadt der Träume und Engel. Höchste Zeit für den Auftritt des Märchenprinzen.

Ray Porter ist Millionär und lädt Mirabelle, die schüchterne Handschuhverkäuferin, zum Abendessen ein. Einfach so. Natürlich ist Ray dabei auf der Suche nach „der Richtigen“. Die flüchtigen Beziehungen mit Damen bedeuten dem Software-Millionär aus Seattle (keinesfalls zu verwechseln mit einem gewissen Bill Gates III., denn dieser ist Milliardär) jedoch wenig mehr als angenehmen Zeitvertreib. Allerdings sehen das die Betroffenen nicht unbedingt genauso. Seine Beziehung zum anderen Geschlecht ist die eines Pubertierenden: Genuss ohne Verpflichtung. Sein Verstand arbeitet zeitsparend, logisch, effizient; seine Wissensdatenbank über Frauen hingegen ist ein Saustall wie das unaufgeräumte Zimmer eines Jungen.

Nun, mit dieser Einstellung fällt er bei Mirabelle langfristig gehörig auf die Nase. Es beginnt ein Reigen von Trennungen und Versöhnungen, bevor Ray seine Gefühle für Mirabelle versteht und entsprechend zu handeln vermag. Er hat wie ein Vater für sie gesorgt und ihr zu einem neuen Start verholfen, erkennt er nach einer Weile. Er kann nur noch ihr Freund sein, nicht ihr Lover. Doch da hat sich inzwischen ein Mann bei ihr zurückgemeldet: der gründliche gewandelte und innerlich gewachsene Jeremy – wer hätte das gedacht?

_Mein Eindruck_

Wie ein onkelhafter, doch keinesfalls herablassender Erzähler des 19. Jahrhunderts nimmt uns Steve Martin an der Hand und führt uns durch die mondänen Straßen von Beverly Hills; zeigt uns die Schönen und Reichen, aber auch das Fußvolk: Mirabelle und Co., die ihre Träume daheim gelassen haben und den Arbeitstag zu überstehen versuchen. Doch am Wochenende und auf Vernissagen zeigen sich alle auf dem Parkett der Partys und Empfänge.

Die scharfe Beobachtungsgabe, die Martin gegenüber Locations und Menschen an den Tag legt, ist verblüffend. Als L.A.-Bürger kennt er sich eh mit den Örtlichkeiten aus. Doch auch mit dem Seelenleben der Bewohner hat er keine Probleme. Er seziert es mit zartem Skalpell, als ob er John Gray („Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“) hieße und der Seelendoktor der Nation wäre.

Sein Humor ist freundlich, nicht griesgrämig. Schon bald merkt man, dass sein Roman eine versteckte Liebeserklärung an die Stadt der Engel und ihre Einwohner ist. Und das kann er mit Fug und Recht tun, schließlich hat Martin schon einiges von den Staaten und ihren Urlaubsgebieten gesehen. Doch wenn er uns zum Lachen bringt, dann ist häufig nicht sicher, ob da nicht doch eine Träne im Augenwinkel hängt.

_Unterm Strich_

Manchem Leser wird der kurze Roman allzu federleicht daherkommen, als eine Art romantischer Komödie. Doch der Schein trügt: Martin erzählt zwar in diesem Ton, und die Handlung liest sich zuweilen wie ein Drehbuch dafür, doch die aktuelle Realität zwischen den Geschlechtern scheint immer wieder durch. Materialismus und Egoismus gibt es zunehmend auf beiden Seiten, und die Ehrlichkeit, auf die Mirabelle besteht, ist selten und wertvoll geworden.

Und für eine seichte Komödie wäre es äußerst ungewöhnlich, wenn sich die Figuren der Geschichte so stark verändern würden, wie es die drei genannten Hauptpersonen tun. Da fragt man sich, ob der Autor nicht doch über mehr Lebenserfahrung und Weisheit verfügt als so mancher Bestsellerautor. Außerdem nimmt er wirklich kein Blatt vor den Mund, wenn es um intime Details geht. Und das sucht man bei den zensierten Autoren der Bestsellerlisten meist vergebens.

Mir hat das Buch gut gefallen, weil es so ehrlich und unverzagt die altbekannte Dreieckskonstellation behandelt. Nette Momente wie etwa Verwechslungen werden frei Haus dazugeliefert.

|Originaltitel: Shopgirl, 2000
Aus dem US-Englischen übertragen von Detlev Ullrich|

Michael Moorcock – Das Bordell in der Rosenstraße (Von Bek 3)

Der Zusammenbruch der westlichen Zivilisation

Ein kurzer, elegischer Roman aus der Familienchronik derer von Bek, die sich im 17. Jahrhundert mit Luzifer eingelassen hatten. Seine „realistische“ Handlung spielt am Fin de siècle anno 1900 und direkt vor dem Ersten Weltkrieg, der das alte Europa in Schutt und Asche versinken lässt. Für diese bedrohte Kultur steht das diskrete Bordell in der Rosenstraße der fiktiven Stadt Mürenburg, irgendwo dort, wo die Grenzen von Russland, Deutschland und Österreich zusammenstoßen. Das erinnert an die reiche, vielfältige Vorkriegskultur in Czernowitz, wo Schriftsteller wie Paul Celan und Rose Ausländer aufwuchsen.

Der Autor

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Anonymus – Die lüsterne Gouvernante. Die erotischen Abenteuer einer jungen Engländerin (OA)

Eine Detektivin im Haus der Liebe

Kurz nach dem 1. Weltkrieg arbeitet die junge Ann Sheridan in London bei einer Zeitung. Sie möchte gerne aufsteigen und berühmt werden. Um ihrem Chefredakteur einen Gefallen zu erweisen, schleicht sie sich als Gouvernante in das Haus eines Richters ein, um dort etwas Nachteiliges in Erfahrung zu bringen, das ihrem Chef helfen würde, sich am Richter zu rächen. Wochen vergehen, denn der Richter hat eine weiße Weste. Erst als sie sich mit Rosy, der Köchin, einlässt, kommt Ann endlich weiter. (korrigierte Verlagsinfo)
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Lia Louis – Unser Lied für immer

Worum geht’s?

Musik bedeutet für Natalie so viel mehr als nur eine schöne Melodie, zu der man tanzen oder singen kann. Vor allem seit dem viel zu frühen Tod ihres Ehemanns Russ spendet die Musik ihr einmal mehr Trost. Sie verarbeitet sogar ihre Trauer durch das Klavierspielen. Zweimal wöchentlich setzt sie sich an das Londoner Bahnhofsklavier und ist in dieser Zeit ganz bei ihrem geliebten Russ. Als sie eines Tages im Deckel des Klavierstuhls Notenblätter findet, traut sie ihren Augen kaum. Denn es sind die Noten zu den Liedern, die sie immer für ihren Mann gespielt hat und die nur er kennen kann. Hat er ihr etwa versteckte Botschaften hinterlassen? Oder handelt es sich einfach nur um einen unglaublichen Zufall?

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Martin, Steve – Sehr erfreut, meine Bekanntschaft zu machen

_Bewegend: Das Magische Quadrat des Herzens_

Daniel Pecan Cambridge lebt zwar im sonnigen Santa Monica, doch sein Apartment verlässt er nur selten, und wenn, dann nur, um zum Drogeriemarkt in der Nähe zu gehen, wo er die hübsche Verkäuferin bewundert. Daniel leidet unter einer Menge Zwangsvorstellungen und Phobien, doch er hat durchaus ein Auge für weibliche Schönheit. Als eine Reihe von unvorhergesehenen Ereignissen seine penibel geordnete Welt durcheinander bringen, beginnt er wieder, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen und der Liebe eine Chance zu geben. (aus der Verlagsinfo)

_Der Autor_

Steve Martin, der im Herbst 2005 sechzig Jahre alt wird, wurde mit seine Filmen „Roxanne“, „L. A. Story“, „Der Vater der Braut“ und zuletzt „Im Dutzend billiger“ als Schauspieler bekannt. Doch nicht alle wissen, dass er auch ein sehr guter Autor ist. Ich habe sein Romandebüt „Shopgirl“, das er gerade verfilmt, gelesen und begeistert besprochen. Auch „Sehr erfreut, meine Bekanntschaft zu machen“ hat wieder alles, was ich an Martins Stil mag: den genauen, aber sympathievollen Blick für seine Figuren, die klare und ungekünstelte Sprache und einen immer wieder verblüffenden Humor.

_Handlung_

Daniel Pecan Cambridge, 33, ist enttäuscht. Es kann nur ein Fehler vorliegen: Eigentlich hätte er in der Aufnahmeprüfung zur Mensa-Vereinigung erfoglreich abschneiden müssen. In „Mensa“ sind die intelligentesten Menschen der Welt Mitglieder, und er zählt sich dazu. Dass man ihm nur einen IQ von 90 bescheinigt, muss ein Tippfehler sein. Es müsste 190 heißen.

Anderseits gibt es ein paar Dinge an ihm, die das Gegenteil vermuten lassen. Er hat kein Telefon – in einer Stadt wie Los Angeles ein Skandal. Und den Fernseher steckt er meistens aus – unglaublich. Stattdessen befasst er sich mit dem Problem, wie er die addierte Leistung der Glühbirnen in seiner Mietwohnung auf exakt 1125 Watt bringt. Es ist nahezu unmöglich, eine 30-Watt-Birne zu beschaffen, aber Daniel hat es geschafft. Schließlich ist er ein ehemaliger Codeprogrammierer und somit findig.

Dann ist da noch das Problem der Bordsteinkanten. In seinem Mietblock in Santa Monica gibt es nur eine minimale Anzahl von Bordsteinkanten, und wo er die Straße trotz allem überqueren muss, sucht er sich natürlich die abgesenkten Bordsteinkanten der Ausfahrten aus. Man muss eben findig sein. Natürlich ist dabei in Kauf zu nehmen, dass sich der Weg zum Drogeriemarkt Rite Aid etwa verfünffacht, aber was ist das schon gegen ein bisschen Seelenfrieden?

Bei Rite Aid kauft Daniel diverse Medikamente wie etwa Betablocker, die die Angstrezeptoren blockieren, natürlich auch Valium. Viagra braucht er nicht, denn er lebt allein und will auch niemanden sehen. Vielmehr kommen die Leute zu ihm. Philippa, seine Nachbarin, schüttet ab und zu ihr Herz aus, denn sie hat ihren Freund Brian satt. Und regelmäßig am Freitag um 14:00 Uhr kommt Clarissa zu Besuch. Die unscheinbare Psychologiestudentin ist eine Kombination aus Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin. Natürlich erfährt sie nie die volle Wahrheit über Daniel – er ist ein Weltmeister im Erfinden von guten Lügen.

Auch um an die attraktive Immobilienmaklerin Elizabeth heranzukommen, lässt sich Daniel eine Menge Tricks einfallen. Alles in allem hat er also genügend Kontakte beisammen, um ein so genanntes Magisches Quadrat (MQ) damit zu füllen. Es sieht aus wie ein Gitter für Tic Tac Toe. Normalerweise sind MQs so aufgebaut, dass die Zahlen in den Spalten und Reihen jeweils die gleiche Summe ergeben, beispielsweise 256 oder 2056. Das MQ, das er mit seinen Kontakten füllt, hat leider einen Schönheitsfehler: Das mittlere Kästchen hat keinen Wert, mit dem Daniel es füllen kann. Dumme Sache. Doch im Verlauf der Erzählung ändert sich der Inhalt des Quadrats immer wieder – und schließlich sieht sich Daniel sogar in der Lage, das mittlere Feld zu füllen …

Denn die Dinge kommen ins Rollen, als Clarissa ihn bittet, ihren einjährigen Sohn Teddy als Babysitter zu hüten. Dann bleiben Teddy und Clarissa über Nacht, solange ihr schrecklich aggressiver Gatte in ihrem Haus weilt, und sie bleibt nur so lange, bis er wieder verreist. Noch etwas Wichtiges passiert: Daniel gewinnt in einem Preisausschreiben mit einem Aufsatz über den „durchschnittlichsten Amerikaner“ – ausgerechnet er. Was noch schöner ist: Er hat zeitgleich auch unter einem Pseudonym teilgenommen. Und dieser „Lenny Burns“ hat ebenfalls einen vorderen Platz belegt, obwohl er genau das Gegenteil von Daniels Aufsatz aussagte. Als Daniel gewinnt, soll er vor 500 Leuten eine Rede eine Rede halten – ein schier unmögliche Aufgabe.

Die Dinge werden kompliziert und nähern sich offensichtlich einer Krise. Doch jede Krise ist auch eine Chance. Vielleicht kriegt Daniel sogar die Sache mit den Bordsteinkanten geregelt.

_Mein Eindruck_

Steve Martin zu lesen, ist stets sowohl ein großes Vergnügen als auch ein bewegendes Erlebnis. Das klingt zwar abgedroschen und ein bisschen nach Hollywood-Seligkeit, aber ich habe dieses Erlebnis bereits mit seinem Roman „Shopgirl“ gehabt – und fand es nun bei „Sehr erfreut …“ bestätigt.

|Besondere Umstände|

Woran mag das nur liegen? Ein Grund ist sicher der, dass der Autor seine Figuren absolut ernst nimmt und mehr noch: Er bringt ihnen Sympathie entgegen. Daniel ist der Ich-Erzähler, und aus seiner Sicht der Dinge muss seine private Welt so geordnet sein, dass sie seinen Angstpsychosen entspricht. Stichwort „Bordsteinkanten“. Sie sind in den USA meist 20 Zentimeter hoch, also bedeutet ihre Überquerung eine gewisse Überwindung: ein kleiner Sprung für unerschrockene Erwachsene, doch ein Abgrund für gepeinigte Menschen wie Daniel. Er findet Um- und Auswege. Und wenn er Glück hat, auch einen Führer, der ihn – auch seelisch – „an der Hand nimmt“ und ihm gewisse Hindernisse wie etwa Bordsteinkanten überwinden hilft.

|Ins Unbekannte|

Daniels Problem besteht also eigentlich darin, dass er gar nicht weiß, dass es a) diese Führer gibt und b) wie sie aussehen und c) wie er sie nutzen kann, um d) bekannte oder bis dato unbekannte Hindernisse zu überwinden. Es ist ein langer und verschlungener (Selbst-)Erkenntnisweg, bis Daniel dies alles herausgefunden hat. Wir gehen diesen Weg, der voller Überraschungen ist, mit ihm, stets gefasst auf das Unerwartete. Wir wissen nicht, wie Daniel auf Hilfe oder Not reagieren wird, ob er lügen oder sich zurückziehen wird. Wir können nur hoffen, dass es ihm mit jedem Schritt seines Weges ins Unbekannte ein klein wenig besser gelingen wird, mit seinen inneren Hemmnissen zurechtzukommen. Woher diese rühren, wird nur sehr kurz erklärt, in einem Brief seines Vaters an seine Mutter.

|Die Lacher|

Für Außenstehende, die keine Ahnung von Daniels „Zustand“ haben oder absolut kein Verständnis dafür haben, dass er etwas Besonderes ist, mag sein Verhalten komisch aussehen. Sie mögen sich vor Lachen auf dem Boden kringeln. Sie haben wahrscheinlich auch in „Roxanne“ über Steve Martins überlange Nase gelacht und würden auch über Cyrano de Bergeracs überlangen Riechkolben lachen, selbst in Anbetracht der Tatsache, dass Cyrano einige der schönsten Liebesbriefe aller Zeiten schrieb (für seinen Freund, der die gleiche Frau liebte). Für solche Menschen sind Steve Martins Romane nicht geschrieben worden.

|Daniels Frauen|

Schon nach wenigen Seiten hat der Leser gemerkt, dass Daniels Leben sich von anderen in Santa Monica unterscheidet. Er erfährt aber mit keiner Zeile, dass Daniel im Grunde ein zutiefst unglücklicher und einsamer Mensch ist. Diese Botschaft steht zwischen den Zeilen. Sie ergibt sich aus Daniels Erzählungen über die Frauen. Da ist die erfolgreiche, sich abrackernde Maklerin, da ist die etwas unglückliche Philippa aus der Nachbarwohnung, da ist Clarissa – upps: Sie hat ein Söhnchen! – und da ist schließlich Zandra an der Kasse von Rite Aid.

|Das Magische Quadrat|

Aber Daniel ist bekanntlich gehemmt und lässt sich tausend wunderbare Tricks einfallen, um jeder dieser Damen seine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Auch diese Versuche könnten komisch erscheinen, wenn sie nicht so traurig wären. Schon bald kann er Elizabeth aus dem Magischen Quadrat (seines Herzens) streichen. Dafür tauchen neue Faktoren auf. Doch wer schließlich das innerste Feld füllen wird, soll hier nicht verraten werden.

_Unterm Strich_

Es gibt viele Beziehungsromane, die es trotz einer Kürze von gut 200 Seiten nicht schaffen, die Aufmerksamkeit zu fesseln. „Sehr erfreut …“ ist das genaue Gegenteil. Zunächst gilt es, den „Helden“ zu ergründen, denn natürlich geht er nicht her, seinen „Zustand“ in medizinischen Floskeln zu beschreiben. Von diesem Zentrum ausgehend, erkunden wir mit ihm seine unmittelbare Umgebung. In quasi dialektischen Sprüngen sind wir dann in der Lage, die Veränderungen, die Daniel erlebt, zu nutzen und mit ihm Los Angeles zu verlassen – zurück in die texanische Heimat! Doch wenn er danach auf die Stadt und die eigene Lage dort von außen blickt, verschiebt sich sein Standpunkt, die Wertung wird eine andere, und so kommt es, dass Daniels Leben offen für Veränderung wird. Ist das nicht wunderbar?

Am schönsten ist die einfache Sprache. Sie ist jederzeit zu verstehen, und doch gelingt es dem Autor damit, verblüffend komplizierte Sachverhalte auszudrücken, für die man sonst einen Dichter heranziehen müsste, der die Sache mit einer Metapher auf den Punkt bringt. Der Autor braucht keine Metaphern. Sein Daniel ist zwar superintelligent (wie ein Mathegenie), aber auch einfach gestrickt – zu einfach für sprachliche Metaphern. Wer den Film „Rain Man“ gesehen hat, wird genau wissen, was ich meine.

Nach der Lektüre sieht man Menschen wie Daniel (oder den „Rain Man“) mit anderen Augen. Sie haben ihren Platz, und man muss ihnen helfen, egal wie. Es gibt immer einen Weg. Man muss nur die Bordsteinkanten überwinden.

|Originaltitel: The Pleasure of my Company, 2003
Aus dem US-Englischen übersetzt von Detlev Ullrich|

Marie Schönbeck – Schokolade am Strand – Süßes Erbe: Roman (Die Schokoladen-Reihe, Band 3)

Worum geht’s?

Marleen ist gemeinsam mit ihrem Vater auf der Insel Möwensand. Ihr Vater Dyke de Vries ist Privatinvestor und möchte in die Schokoladeninsel investieren, da die Naschwerk-Manufaktur der Lorentz-Brüder nicht gerade gut dasteht.

Marleen, die Finn, den jüngsten der Lorentz-Brüdern bereits in einer brenzlichen Situation auf der Insel kennengelernt hat, hegt gleich Sympathie für den bekannten Junggesellen. Nun möchte ihr Vater, dass sie Finn mit ihrem Charme um den Finger wickelt, um so mit dem Trio in ein gewinnbringendes Geschäft zu kommen. Doch das Spielchen bleibt von Finn natürlich natürlich unentdeckt. Er ist stinkesauer.

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Martin Jayne – The Slave Business. Erotischer Roman

Langweilige Schilderungen endloser Demütigungen

Domino Im- und Export ist eine diskrete Firma in London. Doch was genau ist es, womit ihr Chef Mr. Walpole handelt? Seine Kunden kommen aus betuchten Kreisen, aus Texas genauso wie aus den arabischen Emiraten, natürlich auch aus der britischen High Society. Als Katrina Petrovna Sabyenye aus Russland nach London kommt, um hier als Dolmetscherin zu arbeiten, ahnt sie nicht, welches Schicksal sie bei Domino Im- und Export erwartet.

Und auch das bulgarische Ehepaar Stefan und Tanya, das einen dominanten Gebieter sucht, um ihr Sexleben zu erfüllen, ist keineswegs auf das vorbereitet, was Victoria Stratton, Mr. Walpoles rechte Hand, mit ihnen vorhat. Schon bald sehen sich Katya und Tanya in die Augen, doch das einzige, was sie wollen, ist, sich gegenseitig die Augen auszukratzen. Warum nur?
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Marie Schönbeck – Schokolade am Strand – Süße Träume: Roman (Die Schokoladen-Reihe, Band 2)

Worum geht’s?

Beruflich verschlägt es Annegret Huber auf die berühmte Schokoladeninsel.  Sie ist gleich bei ihrer Ankunft verzückt von der nordfriesischen Insel. Nicht nur die herrliche duftenden Naschereien betören sie, auch die Freundlichkeit der Insulaner gefällt ihr.

Wäre ihr Auftrag nicht so heikel, könnte sie die ganze Atmosphäre noch viel mehr genießen. Doch die Aufgabe, den kamerascheuen Joos Lorentz – den ältesten der drei Schokoladenbrüder- als Interviewpartner zu gewinnen, scheint schier aussichtslos.

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Anonymus – Das Haus der Sappho (Anandria)

Ein Manifest der lesbischen Liebe

Ende des 18.Jahrhunderts erregte in Frankreich ein Buch Aufsehen, das heute zu den berühmtesten lesbisch-erotischen Werken zählt. Es berichtet, wie ein Landmädchen (ca. 1770) in die Hände einer berüchtigten Kupplerin gerät und von ihr als „Mademoiselle Sappho“ einem Kreis adliger Lesbierinnen ausgeliefert wird, die in einem eigens dazu eingerichteten Tempel seltsame Orgien feiern.

Die reizvoll sinnlichen Szenen des Buches gewinnen an sittenhistorischem Wert, wenn man weiß, dass es sich nicht etwa um freie Erfindungen handelt, sondern um beglaubigte Vorgänge, die sich um 1770 in den höchsten Kreisen der Pariser Gesellschaft ereigneten. …

Um den Leser zu verwirren, hat der Moewig-Verlag Antoine Pithons Roman „Das Quartier der Sappho“ ebenfalls „Das Haus der Sappho“ betitelt.

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Ellen Sussman – Die Affäre. Erotischer Roman

Am Abgrund der Leidenschaft

Was als harmloser Seitensprung beginnt, wird für Jessa, verheiratet und Mutter zweier Töchter, unversehens zu einer gefährlichen Leidenschaft. Denn in kürzester Zeit gerät ihre Affäre zu einer übermächtigen Obsession, die Jessas bisher so wohlgeordnetes Leben ernsthaft aus den Fugen geraten lässt. Ob es ihr gelingen wird, sich aus den Fängen dieser Amour fou zu befreien? (Verlagsinfo)

Kann der Supermarkt Ihr Leben verändern? Sie mögen es nicht glauben, aber er kann’s (Aldi würd’s freuen). Sie müssen nur den richtigen Menschen treffen. Amour fou – Sie sind wie vom Blitz getroffen. Und ohne dass Sie sich’s versehen, ändert Ihr Leben seine Richtung um 180 Grad. Mal seh’n, was Ihre Lieben davon halten …

Die Autorin

Ellen Sussman ist eine amerikanische Autorin von Drehbüchern und Kurzgeschichten. Ellen Sussman, Verfasserin von Drehbüchern und Kurzgeschichten, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde, unterrichtet Fiction Writing in Berkeley. Nach einem fünfjährigen Paris-Aufenthalt lebt die Autorin zusammen mit ihrer Familie wieder in Kalifornien.

„Die Affäre“ ist ihr erster Roman. Kein Wunder, dass er sich ebenfalls wie ein Drehbuch liest – nur die Regieanweisungen fehlen. Das ist aber kein Nachteil, sondern trägt zu einer flüssigen Lektüre bei – ich habe das Buch in zwei Tagen verschlungen.
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Karen Duve – Regenroman

Karen Duve meint es nicht gut mit ihren Protagonisten. Mitleidslos reibt die Autorin sie in einem verregneten, sumpfigen Setting und einem zermürbenden Plot auf. Dabei hätte man denken können, dass Frau Duve eine ganz Nette ist, nachdem man ihr Buch „Die entführte Prinzessin“ gelesen hat. Aber sie ist eben nicht die liebe, nette Märchenschreiberin von nebenan, für die man sie halten mag. Dafür eine Autorin, die mit jedem ihrer Romane erneut ihre Vielseitigkeit unter Beweis stellt und damit äußerst positiv aus der Masse der deutschen Pop-Literaten hervorsticht. Karen Duve ist eine Autorin, die einen eben noch überraschen kann und bei der man auf alles gefasst sein muss.

„Regenroman“ ist ihr Erstlingswerk, mit dem sie 1999 die literarische Bühne betrat. Ein Roman, der, da mag der Titel noch so depressionsgeschwängert und missmutig klingen, von Kritikern und Publikum gleichermaßen freudig aufgenommen wurde.

Handlung

Leon ist ein Hamburger Schriftsteller, der für einen Haufen Geld die Biographie der Kiezikone Benno Pfitzner schreiben soll. Vermittelt hat den Deal Leons bester Freund, der Kleinganove Harry. Um zum Schreiben die nötige, inspirierende Einsamkeit zu finden, zieht Leon zusammen mit seiner Frau Martina in ein marodes Häuschen am Rande eines ostdeutschen Moores. Wie er hofft, die perfekte Idylle.

Doch schon kurz nach dem Einzug haben Leon und Martina gegen die ersten Tücken des neuen Domizils zu kämpfen. Der unablässige Regen weicht nicht nur den Garten auf, sondern zunehmend auch die Substanz des Hauses. Blauäugig sind Leon und Martina gleich in das Haus eingezogen, ohne einen Schimmer von Renovierung und Sanierung zu haben. Die Tapeten schälen sich wegen der Feuchtigkeit von den Wänden, während sich im Garten eine Schneckenplage unvorstellbaren Ausmaßes anbahnt.

Und auch an Leon und Martina scheint der Regen nicht spurlos vorbeizuziehen. Gleichgütigkeit und Egoismus schleichen sich in ihre Ehe ein. Schon bald bewohnen sie ihr Häuschen am Moor zu dritt, als sie einen zugelaufenen Hund aufnehmen, der Leon schon bald seine Rolle als engster Vertrauter Martinas streitig zu machen beginnt. Verwunderung und Verwirrung stiften die beiden ungleichen Schwestern Kay und Isadora, Leons und Martinas neue Nachbarn. Doch auch das ist erst der Anfang.

Mit dem Auftauchen von Harry und einem tendenziell eher unzufriedenen Pfitzner, der seinem Biographen die Leviten lesen will, beginnt eine Reihe äußerst turbulenter und folgenreicher Ereignisse, die dafür sorgen, dass schon bald nichts mehr so ist, wie es mal war …

Mein Eindruck

„Regenroman“ ist ein Roman, der sich schwer einordnen lässt. Schon die Fahrt zur Hausbesichtigung in das verschlafene Nest Priesnitz in idyllischer Moorrandlage wird davon überschattet, dass Leon bei der Pinkelpause an einem abgelegenen Parkplatz eine im Fluss treibende Frauenleiche findet. Dieses Ereignis schwebt wie eine dunkle Gewitterwolke über dem Beginn der Geschichte. Eine düstere Vorahnung, die bereits erkennen lässt, dass der Handlungsverlauf nicht ganz so idyllisch und romantisch verlaufen mag, wie sich die Protagonisten anfangs noch erhoffen mögen.

Anfangs erscheinen die Probleme von Leon und Martina in ihrer neuen Heimat noch annehmbar. Ein Wackelkontakt hier, ein verstopfter Abfluss da, die Tücken des Renovierens und der Beginn eines Lebens ohne Telefon- und Fernsehanschluss. Für die ungestörte Idylle nimmt man so etwas in Kauf und als Leon dann auch mit den ersten Kapiteln der Pfitzner-Biographie gut vorankommt, scheint alles in bester Ordnung.

Doch das ist nur Fassade und die gerät ins Wanken, als Harry zusammen mit Pfitzner bei Leon vor der Tür steht. Ein erstes Eskalieren offenbart die wirklichen Probleme, die nicht nur Leons Auftrag betreffen, sondern auch am Seelenleben seiner Ehe zu kratzen beginnen.

Mit fortschreitender Seitenzahl beginnt Karen Duve die Protagonisten zu entblättern. Sie legt ihren Kern frei, stellt sie gnadenlos mit ihren Schwächen bloß und konfrontiert den Leser mit Figuren, die innerlich so kaputt und gleichgültig sind, dass man sich weder mit ihnen identifizieren, noch mit ihnen tauschen will. Leon ist ein ausgesprochener Feigling. Ein Unsympath, der andere durch seine verletzende, herablassende Art beleidigt und der egoistisch seinen eigenen Zielen entgegenstrebt, ohne sich um seine Mitmenschen zu kümmern. Auch Martina ist keine einfache Figur. Hinter ihrer hübschen Fassade verbirgt sich eine zerbrochene Persönlichkeit. Von den Eltern entfremdet, vom Ehemann vernachlässigt und an Bulimie leidend, fristet sie ein trostloses, aber schließlich selbst gewähltes Dasein – innerlich abgestumpft und leer.

Auch die übrigen Figuren laden nicht gerade dazu ein, sich mit ihnen zu identifizieren. Der Dorfkrämer, der sich heimlich die Fingernägel lackiert, ist kaum weniger sonderbar, als die beiden Schwestern Kay und Isadora es sind. Kay ist ein lesbisches Mannweib, das Leon und Martina mit ihrem handwerklichen Geschick bei der Hausrenovierung zur Seite steht. Isadora ist eine nimmersatte, fettleibige Nymphomanin, die es auf Leon abgesehen hat. Auch das ist eine spannungsversprechende Konstellation, die den weiteren Handlungsverlauf mitprägt.

Man mag Karen Duve vorwerfen, ihre Personen wären zu verrückt, zu klischeebeladen und zu weit weg von jeglicher Möglichkeit, sich mit ihnen zu identifizieren. Doch scheint diese Distanz zwischen Leser und Figuren bewusst gewählt zu sein. Duve liefert ihre Figuren gnadenlos ans Messer. Wie ein Voyeur beobachtet der Leser fasziniert und erschreckt zugleich den Niedergang der Protagonisten.

Duve baut ein knisterndes Spannungsverhältnis auf, das der Leser, von unheilvollen Vorahnungen geplagt, betrachtet. Sie inszeniert ein düsteres Kammerspiel, bei dem eine enge Bindung zwischen Leser und Protagonisten sicherlich eher hinderlich wäre. So geht einem der Roman vielleicht auch nicht so wahnsinnig nah, aber anders wäre dieser knallharte und brutale Umgang eines Autors mit seinen Figuren wohl auch kaum zu ertragen. Und zu ertragen haben die Figuren so einiges, was der Leser niemals selbst erleben möchte. Nicht einmal mit den Tieren möchte man tauschen: Der Hund wird von einem Bullterrier übel zugerichtet und die Schnecken werden in einem gnadenlosen Massaker dahingerafft.

Das Moor, an dessen Rand Leon und Martina wohnen, lässt sich mit Blick auf die Protagonisten durchaus sinnbildlich verstehen. So wie das Moor tückisch und gefährlich ist, so wie sich dort harmlose Pfützen als bodenlose Sumpflöcher entpuppen, in denen ein Mensch qualvoll vom Moor verschluckt zu werden droht, so offenbaren sich auch die Seelen der Protagonisten. Es tun sich Abgründe auf, die niemand für möglich gehalten hätte. Am wenigsten vermutlichen die Figuren selbst. Garniert mit einer Priese Sex & Crime, entwickelt sich so eine durchaus spannungsgeladene Geschichte.

Sprachlich serviert Karen Duve all das mit einer Lässigkeit und Leichtigkeit, die zu den Geschehnissen in gewissem Kontrast steht. Schlicht formuliert sie ihre Sätze, leichtfüßig erzählt sie von noch so düsteren Begebenheiten. Locker zu lesen zwar, aber was die Verdaulichkeit angeht, kann diese schlichte, leichte Sprache über den harten Brocken im ersten Moment ein wenig hinwegtäuschen, der „Regenroman“ in Wirklichkeit ist. Auf diese Art hat Karen Duve den Leser die ganze Zeit über fest in ihrer Hand. Das beweist sie auch am Ende, als sie dem Leser einen letzten Brocken vor die Füße wirft, der ihn verwirrt und unsicher zurücklässt. So ganz wird man nicht schlau daraus und hat auch später noch etwas zum Grübeln. Ein wenig bleibt „Regenroman“ eben auch rätselhaft und undurchdringlich – so wie die braune Suppe des Moores, die der unablässige Regen in Leons und Martinas Garten spült …

Unterm Strich

Lesenswert, hart, abgründig und faszinierend. Mit „Regenroman“ hat Karen Duve ein ausgesprochen lesenswertes Debüt vorgelegt. Bei ihrer Vielseitigkeit darf man gespannt darauf sein, was sie in den nächsten Jahren noch so alles abliefern wird.

Taschenbuch: 304
ISBN-13: 9783548606033

https://www.ullstein.de/verlage/list

Die Autorin vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Anonymus – Komtesse Marga. Ein erotischer Roman aus der Wiener Gesellschaft

Der Teufel mit den blonden Haaren

Sie ist ein Teufel in Engelsgestalt: schön, verführerisch, skrupellos, zu allem bereit. Deshalb gelingt es ihr auch, Vitus, der überaus reich ist, jedoch über keine größeren Liebeserfahrungen verfügt, für sich einzunehmen. Der junge Mann verfällt der raffinierten Teufelin, die ihm all ihre schönen Reize offen anbietet, rettungslos. Dann erkennt er allerdings doch noch, auf welch gewagtes Spiel er sich eingelassen hat, und er verlässt die liebestolle Marga. Vitus findet danach sein Glück bei der zauberhaften Adda, aber Marga rächt sich fürchterlich an ihm und seiner neuen Geliebten.

KOMTESSE MARGA ist ein klassischer erotischer Roman, der von einem unbekannten, jedoch ausgezeichnetem Kenner der Gesellschaft Wiens und Österreichs geschrieben und zu Beginn dieses Jahrhunderts in einer einmaligen Auflage von 500 Exemplaren als Privatdruck veröffentlicht wurde. (korrigierte Verlagsinfo) Gemeint ist das 20. Jahrhundert. Das Buch erschien 1909 in Wien.

Der Autor

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John Fowles – Mantissa. Roman über Erotik

Amüsant: Der Schriftsteller im Clinch mit seiner Muse

Ein Mann erwacht unversehens in einem Krankhausbett. Nacheinander bekommt er Besuch von einer Gruppe weiblicher Gestalten, allen voran die strenge Dr. A. Delfie. Erst im Verlaufe der geschliffenen Dialoge à la Menippus stellt sich heraus, dass unser „Held“ ein Schriftsteller ist und mit den Musen seiner Schaffenskraft ringt, insbesondere mit Erato.

Der Autor

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Kathy Lette – Zu gut für diese Welt. Frauen-Satire

Hirn oder Hintern, Busen oder Bildung?!

Lizzie nähert sich unaufhaltsam ihrem Verfallsdatum: der schrecklichen 40. Kann es ein Leben danach geben? Ihre Schwester sagt nein, ihr Gatte nimmt sich eine Jüngere, und Lizzie verliert ihren Job. Das Urteil der Welt ist also eindeutig. Warum nur will sich Lizzie nicht mit ihrem unausweichlichen Schicksal abfinden, dass sie mit Erreichen der 40 zu einem weiblichen Nichts schrumpfen wird? Antwort: Weil sie mehr Hirn und Bildung hat als alle Busenwunder der Welt zusammengenommen.

Das Buch ist geeignet für LeserInnen ab 16 Jahren.

Die Autorin
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Fiona Giles (Hrsg.) – Mann für einen Tag. Erzählungen

Frauenfantasien über ein faszinierendes Anhängsel

Was würden Frauen tun, wenn sie für einen einzigen Tag (nicht länger!) mit dem „besten Freund“ eines Mannes ausgestattet wären? Zu diesem verführerischen Gedanken befragte die australische Autorin und Journalistin Fiona Giles in erster Linie amerikanische Schriftstellerinnen wie Jane Yolen, Künstlerinnen wie Jenny Holzer, Lesbierinnen, Karikaturistinnen und andere.

Ihre Ideen, Gedichte, Geschichten und Bilder zum Thema „Selberhaben – Selbermachen“ finden sich in diesem recht unterschiedlichen Lesebuch, das aber meistens Vergnügen bereitet (auch einem Mann). Nicht immer ist die Antwort auf obige Frage vorhersehbar. Doch eines ist klar: Freud irrte. Frauen fehlt keineswegs ein bestimmtes Teil des männlichen Universums – sie können mit und ohne…
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Juan Muntaner – Scharlachrote Nächte. Erotische Erzählungen

Schneeweiße Federn, scharlachrote Hintern

Anne und Cathérine, Sylvia und Véronique, Hilda und Lucile sind die leidenschaftlichen geschöpfe dieser phantastischen Erzählungen. Angetrieben von der rätselhaften Macht des Blutes sind sie auf der Suche nach dem einzigen, alles verzehrenden Genuss, der ihren überreizten Sinnen Erfüllung schenken soll und Frieden.“ (Verlagsinfo)

Der Autor

Der Verlag informiert nicht über den Autor Juan Muntaner, und auch das Internet gibt nichts her – außer einen Fußballspieler. Der Familienname Muntaner scheint katalanischen oder mallorquinischen Ursprungs zu sein. Sowohl Mallorca als auch die Pyrenäen spielen eine Rolle im vorliegenden Buch.

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