Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Sara Douglass – Diener des Bösen (Das dunkle Jahrhundert 3)

Band 1: [„Hüter der Macht“ 4812
Band 2: [„Tochter des Krieges“ 5506

Thomas hat auf Betreiben Lancasters Margaret geheiratet. Doch er ist fest davon überzeugt, dass es ihm trotzdem gelingen wird, sich nicht in sie zu verlieben. Viel mehr Kopfzerbrechen als die Versuchung durch Margaret bereitet ihm inzwischen die Suche nach der Schatulle, in der sich de Wordes Buch befindet. Thomas ist der Überzeugung, dass sie sich in Westminster befindet, bei Richard, der inzwischen König von England ist. Es scheint aussichtslos, an das kostbare Stück heranzukommen. Bis Bolingbroke einen merkwürdigen Plan ersinnt …

_An der Charakterzeichnung_ hat sich nicht viel verändert, nur drei neue Caraktere werden wichtig. Der eine ist Mary de Bohun. Die junge Frau ist eine reiche Erbin und Hal Bolingbrokes Braut. Sie ist jung, von zarter Gesundheit und auch ein wenig schüchtern, und sie fürchtet sich zunächst vor ihrem Mann. Gleichzeitig beweist sie erstaunliche geistige Stärke und Großherzigkeit, indem sie Margaret beisteht, und das, obwohl sie diese für Bolingbrokes Geliebte hält.

Der zweite ist Katherine, die Tochter des französischen Königs. Sie ist jung und intelligent, da aber nach salischem Recht die weibliche Linie nicht erbberechtigt ist, hat sie sich bisher zurückgehalten. Erst nach einem Gespräch mit ihrer Mutter Isabella beginnt sie, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ihre erklärte Gegnerin ist … Jeanne d’Arc.

Und zu guter Letzt wäre da noch Robert de Vere, der Earl of Oxford, ein schmieriger, intriganter Kerl, der den jungen König komplett um den Finger gewickelt hat und sich von ihm nun mit Titeln und Ländereien überschütten lässt, was ihm eine enorme Machtfülle verleiht. Eine ausgesprochen einseitige Machtfülle, wie vor allem Lancaster und seine Anhänger finden.

Die Intensität dieser drei neuen Figuren reicht nicht an die von Thomas und Margaret heran. Mary ist bisher nicht wichtig genug, de Vere taucht nur zusammen mit Richard auf, und Katherine steht von Anfang an als Verbündete Bolingbrokes fest, was viel von dem Raum beansprucht, den die Autorin auf die Charakterzeichnung verwandt hat. Trotzdem haben sie alle genug Profil erhalten, um nicht hölzern oder plakativ zu wirken.

_Die Handlung dagegen_ hat einiges an Neuem zu bieten. Inzwischen kann der Leser sicher sein, dass Margaret und Hal wie auch Katherine mehr sind als „normale“ Menschen. Aber gehören sie wirklich zu den schaurigen Geschöpfen, die Neville und Lancaster in Frankreich begegnet sind? Hier besteht noch immer eine erstaunliche Diskrepanz. Und dann sagt Margaret, sie sei kein Dämon, sondern ein Engel! Fest steht allerdings auch, dass der Erzengel Michael ein unversöhnlicher Gegner Margarets ist! Es scheint, als würde die einfache Frage, wer Dämon und wer Engel, wer gut und wer böse ist, schon gar nicht mehr ausreichen, als wäre hier noch eine dritte Gruppe beteiligt.

Auch Hal gibt verstärkt Anlass zu Spekulationen. Ganz offensichtlich gehört er zu Margarets Verbündeten, sie bezeichnet ihn gelegentlich sogar als ihren Lord, so, als wäre er eine Art Vorgesetzter. Der Plan im Zusammenhang mit der Beschaffung der Schatulle erinnert massiv an Thomas‘ frühere kaltherzige Rücksichtslosigkeit. Auch die Hochzeit mit Mary zeigt ziemlich kaltschnäutziges Kalkül. Ist Hal womöglich – mehr oder weniger absichtlich – auf dem Weg ins gegnerische Lager?

Und dann ist da auch noch Richard Thorseby. Der Ordensgeneral der Dominikaner fühlt sich durch Thomas‘ Austritt aus dem Orden sozusagen persönlich gekränkt und sinnt nun auf Rache. Nicht, dass er große Lust zu reisen hätte, doch in diesem Fall kommt ihm die Einladung zu einem Konzil in Rom dennoch zupass. Vielleicht lässt sich in dem Kloster in Rom, in dem Thomas‘ Reise durch Europa begann, etwas aufspüren, woraus er dem ehemaligen Mönch einen Strick drehen kann …

_All dies ist eingebettet_ in den geschichtlichen Hintergrund der Regierungszeit Richards II. Die Lancasters geraten immer weiter unter Druck, denn Richard fühlt sich durch John of Gaunt bevormundet und durch Hals Beliebtheit im Volk sogar in seiner Stellung bedroht. Schon aus gekränkter Eitelkeit ist er nicht bereit, die Argumente gegen seine Politik auch nur anzuhören, ganz gleich, wie vernünftig sie auch sein mögen. Außerdem ist er bestrebt, seinem Favoriten de Vere zu gefallen.

Ein zusätzlicher Streitpunkt ist die geplante neue Kopfsteuer, mit der Richard einen Feldzug nach Irland finanzieren will, obgleich der Krieg gegen Frankreich noch gar nicht beendet ist. Diesbezügliche Warnungen fasst er als Kritik auf und reagiert ausgesprochen scharf. In seinem Streit mit den Adligen des Reiches übersieht er allerdings völlig einen weiteren Faktor: sein Volk! Längst hat der Same, den Wanderprediger wie John Wycliff und John Ball im Volke gesät haben, Wurzeln geschlagen …

Sara Douglass hat diese verschiedenen, recht unterschiedlichen Aspekte geschickt zu einer nahtlosen, glatten Geschichte verwoben und dadurch den historischen Hintergrund auf eine Weise zum Schauplatz eines Kampfes zwischen Gut und Böse gemacht, der schon fast realistisch anmutet, trotz der vielen Fantasy-Elemente, die er enthält. Und noch immer ist sich der Leser nicht wirklich sicher, mit wie vielen Parteien er es eigentlich zu tun hat und wer zu welcher Partei gehört. Abgesehen von der Gefahr, die den Lancasters durch Richard II. droht, und dem sich anbahnenden Bürgerkrieg sorgt besagte Undurchsichtigkeit im Zusammenhang mit der Frage, wie Thomas Neville sich letztlich wohl entscheiden wird, wenn er endlich Wynkyn de Wordes Buch gefunden hat, für stetig steigende Spannung. Je weiter ich lese, desto faszinierter bin ich.

_Sara Douglass_ arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Streß. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaumzyklus| stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Außer dem |Weltenbaumzyklus| und dem |Sternenzyklus| schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. Zurzeit schreibt die Autorin an ihrer neuen Trilogie |Darkglass Mountains|. Der Folgeband zum Zyklus des dunklen Jahrhunderts erschien diesen Monat unter dem Titel „Gesandter des Teufels“.

|Originaltitel: The Wounded Hawk. The Crucible Two
Aus dem australischen Englisch von Sara Riffel
409 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN-13: 978-3-492-70164-8|

My Сreative


http://www.piper-verlag.de

Mehr von Sara Douglass auf |Buchwurm.info|:

[„Die Sternenbraut“ 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[„Sternenströmers Lied“ 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[„Tanz der Sterne“ 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[„Der Sternenhüter“ 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[„Das Vermächtnis der Sternenbraut“ 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[„Die Göttin des Sternentanzes“ 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[„Der Herr des Traumreichs“ 1037
[„Die Glaszauberin“ 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[„Der Steinwandler“ 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[„Die sterblichen Götter Tencendors“ 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)
[„Die Wächter der Zeiten“ 2947 (Im Zeichen der Sterne 2)
[„Die letzte Schlacht um Tencendor“ 3608 (Im Zeichen der Sterne 3)

Kenner, Julie – Dämonen zum Frühstück (Die unglaublichen Abenteuer der Kate Connor 1)

Seit den Präsidentschaftswahlen in den USA im vergangenen Jahr kann auch jeder Bundesbürger etwas mit dem Begriff Soccer Mom anfangen. Eine Soccer Mom fährt mit ihrem riesigen Van die Kinder zur Schule, geht bei Wal-Mart einkaufen, holt die Kinder wieder ab, fährt sie zum Fußball, Ballett oder Kino und dazwischen macht sie den Haushalt und ist ihrem Ehemann eine treusorgende Ehefrau. Das klingt zunächst weder spannend noch nach dem Stoff für einen Roman, und doch hat sich Julie Kenner in „Dämonen zum Frühstück“ genau solch einer Soccer Mom angenommen.

Nun gut, es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass die Protagonistin des Romans, die zweifache Mutter Kate Connor, früher mal für die Forza – die Dämonenabteilung des Vatikan – Untote und Dämonen zur Strecke gebracht hat. Aber das ist schon seit Jahren vorbei. Mittlerweile ist sie mit dem Juristen Stuart verheiratet und hat zwei Kinder, eins im Teenager- und eins im Windelalter. Tatsächlich ist zu Beginn des Romans ihr größtes Problem eine Dinnerparty, die ihr Mann ihr kurzfristig aufs Auge drückt. Stuart will nämlich als Bezirksrichter kandidieren und muss dafür natürlich viele Hände schütteln. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass Horden von Politikern in Kates Haus einfallen und sie ihnen Delikatessen und teuren Wein auftischt, während sie gepflegte Konversation betreibt und die perfekte Ehefrau spielt. Für die meisten Frauen wäre schon diese Aufgabe Stress pur, doch Kates Situation verschlechtert sich schlagartig, als frühmorgens ein Dämon durch ihr Küchenfenster springt und sie zu töten versucht.

Plötzlich sieht sich Kate also mit mehreren Problemen konfrontiert: Sie war einst in das Städtchen San Diablo gezogen, weil es dort eben keine Dämonenaktivität gab. Wo kommt also plötzlich dieser Dämon her und was will er von ihr? Wie kann sie die Leiche verschwinden lassen? Und schafft sie es noch rechtzeitig, die Party vorzubereiten?

Julie Kenners Romanidee klingt zunächst spannend und kurzweilig: Was würde wohl passieren, wenn jemand wie die allseits bekannte Buffy Summers die Vampirjagd aufgibt und stattdessen sesshaft wird – so ganz klassisch mit Kind und Kegel? Und was passiert, wenn ihr altes Leben dann doch wieder an die Türe klopft? Dieser Clash der Kulturen könnte sich durchaus faszinierend gestalten, und doch schafft es Kenner nicht ganz, den Bogen zwischen humoristischer Frauenliteratur und fetziger Dämonenjagd zu schlagen.

Kenner schreibt ihre Kate Connor – die ihre Geschichte in der Ich-Form erzählt – flott und frei von der Leber weg. Das soll natürlich spritzig wirken und dem Leser den ein oder anderen Lacher entlocken. Nur leider traut Kenner ihrer Leserschaft nicht über den Weg. Jede ironische Bemerkung erklärt sie dem Leser groß und breit, was natürlich den Witz im Keim erstickt. Und ihr kurzweiliger Erzählstil führt hauptsächlich dazu, dass sie von einem Thema zum nächsten springt, in der Regel mit in Klammern gesetzten Einschüben, die auch schon mal eine halbe Seite in Anspruch nehmen können. Das nimmt das Tempo aus der Erzählung und nervt nach einer Weile nur noch.

Apropos nerven: Wer schon immer mal einen Roman über den Tagesablauf einer Hausfrau mit zwei Kindern lesen wollte, der ist bei „Dämonen zum Frühstück“ an der richtigen Adresse. Wer aber auf einen spannenden Roman hofft, in dem wenigstens zwischenzeitlich dämonisch die Post abgeht, der wird sich bei der Lektüre schnell langweilen. Kenner interessiert sich offensichtlich mehr fürs Hausfrauliche als fürs Dämonenjagende in Kate Connors Charakter. Wir erfahren nämlich ganz viel über Partys, Delikatessgeschäfte, pubertierende Mädchen, die Windeln eines Zweijährigen, Kates beste Freundin und darüber, dass deren Mann (der im Übrigen nie im Roman auftaucht) eine Affäre hat. Wir lernen was über Kindererziehung und wie man Leute verköstigt, wenn man nicht kochen kann. Wir begleiten Kate dabei, wie sie Todesängste aussteht, als sie ihren Sohn das erste Mal in den Kindergarten bringt, und steigen in die politische Karriere ihres Mannes ein. Wir erfahren dagegen ganz wenig über den Vatikan und dessen Geheimorganisation Forza oder Dämonen im Allgemeinen und Besonderen. Obwohl Kenner mehrmals von „Dämonen niederer und höherer Ordnung“ spricht, sieht sie sich nie bemüßigt, diese Begriffe wenigstens skizzenhaft auszuführen. So sind die Dämonen zwar irgendwie da, bleiben aber unerklärt – eine eigene Mythologie macht Kenner nicht auf.

Damit gibt es in „Dämonen zum Frühstück“ zwar ganz viel „Desperate Housewives“, aber ganz wenig „Buffy“, ganz viel amerikanische Alltagskultur, aber ganz wenig Dämonenjagd. Der Plot um den Oberdämon, der nach irgendeiner unbekannten Reliquie sucht, bleibt dünn und uninspiriert und die Auflösung am Schluss erweist sich kaum als überraschend. Überhaupt besteht Kates Dämonenjagd hauptsächlich darin, dass sie im verstaubten Kirchenarchiv sitzt und nach etwas sucht, von dem sie nicht weiß, was es ist. Diese Recherche-Szenen wiederholen sich, ohne dass sie den Plot voranbringen. Das wirkt auf Dauer ermüdend.

Genauso ermüdend sind die männlichen Charaktere, die Kenner einbaut. Kates Mann Stuart ist praktisch nie da (er arbeitet schließlich hart an seiner politischen Karriere), und da man die beiden selten zusammen als Eltern oder Ehepartner sieht, kann man nicht nachvollziehen, was Kate an ihm findet. Larson, der Kate als |alimentatore| (bei „Buffy“ würde man ihn Wächter nennen) vom Vatikan an die Seite gestellt wurde, zieht sich ebenfalls ständig aus der Affäre und taucht im Roman hauptsächlich auf, um Kate zu erklären, dass er keine Zeit hat und ins Gericht zurück muss (im Hauptberuf ist er Richter). Die einzige rühmliche Ausnahme ist der Karatetrainer Cutter, bei dem sich Kate kurzentschlossen anmeldet, um wieder in Form zu kommen. Cutter ist witzig und schlagfertig, definitiv eine Bereicherung für den Roman.

„Dämonen zum Frühstück“ ist ein Roman für Hausfrauen, die sich ein wenig mehr Action in ihrem Alltag wünschen. Wollte man Kenner hehre moralische Absichten unterstellen, so könnte man den Roman als ein Plädoyer dafür lesen, dass Mütter zurück in den Beruf sollten und es nicht verwerflich ist, sein Kind in eine Betreuung zu geben. Tatsächlich lässt Kenner Kates beste Freundin an einer Stelle sagen: „Du bist jetzt nicht mehr nur Hausfrau und Mutter. Kate Connor, du hast jetzt einen Job, der dich tagsüber beschäftigt.“ Eine solche Message ist natürlich zu begrüßen, doch scheint es, dass Kate Connor Probleme mit ihrem neuen „Job“ hat. Sie kann sich nicht recht trennen von ihrem Hausfrauendasein. Im Arbeitsleben ist sie jedenfalls noch lange nicht angekommen, und so mäandert der Roman irgendwo zwischen Küche und Waschmaschine und lässt dabei große Höhepunkte vermissen.

|Originaltitel: Carpe Demon
Übersetzung von Mechthild Barth
411 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-53283-0|
http://www.heyne.de

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Nix, Garth – Listiger Freitag (Die Schlüssel zum Königreich / Keys to the Kingdom 5)

[„Schwarzer Montag“ 3719 (Die Schlüssel zum Königreich 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Grimmiger Dienstag“ 3725 (Die Schlüssel zum Königreich 2)
[„Grimmiger Dienstag“ 4528 (Hörbuch)
[„Kalter Mittwoch“ 4242 (Die Schlüssel zum Königreich 3)
[„Kalter Mittwoch“ 5101 (Hörbuch)
[„Rauer Donnerstag“ 4831 (Die Schlüssel zum Königreich 4)
[„Rauer Donnerstag“ 5051 (Hörbuch)

_Vom Regen in die Traufe!_ Da hat Blatt es tatsächlich geschafft, Susi Türkisblau das verhängnisvolle Stück Stoff aus Arthurs Hemd zu übergeben, und dann landet sie ausgerechnet in den Fängen von Lady Freitag! Völlig klar, dass sie dort nichts Gutes erwartet. Aber was genau hat die Lady vor? Und was hat es mit all diesen seltsam schlafwandelnden Menschen auf sich?

Arthur ergeht es nicht viel besser. Durch einen Trick landet er in Lady Freitags Domäne, was ja eigentlich gar nicht so schlecht wäre in Anbetracht der Tatsache, dass Arthur ohnehin als nächstes den fünften Vermächtnisteil befreien und Lady Freitag ihren Schlüssel abnehmen muss. Leider ist er unpraktischerweise nahezu direkt vor den Füßen einer Horde Bringer gelandet, die er erst mal wieder loswerden muss. Und zu allem Überfluss hat er offenbar auch noch zwei Gegenspieler, die es ebenfalls auf Lady Freitags Schlüssel abgesehen haben …

_Auch diesmal gibt es wieder_ einige neue Charaktere: Da wäre zum Beispiel Papierschieber Pirkin, der so außerordentlich auf die wenigen Vorrechte seiner Gilde bedacht ist und Arthur samt Begleitern deshalb nur äußerst widerwillig auf seinem Floß mitnimmt, gleichzeitig aber offenbar keinerlei Probleme damit hat, Arthur geheime Briefe lesen zu lassen. Oder Meistereinbinder Jakem, der Arthur so ausgesprochen höflich willkommen heißt, mit seiner Unterstützung dafür aber wesentlich geiziger ist als der pingelige und nörgelnde Pirkin. Oder Harrison, der alte Mann, der sich um die Schläfer in den Sälen Lady Freitags kümmert und solche Angst vor seiner Vorgesetzten hat, dass er sich trotz seines Heimwehs nicht getraut, auch nur über eine Fluchtmöglichkeit nachzudenken, bis Blatt ihm ordentlich einheizt.

Und dann ist da natürlich noch Lady Freitag selbst, die Blatt entführt hat, um Arthur mit ihr zu erpressen, und außerdem Blatts Tante, um Blatt damit zu erpressen, und die außerdem einem ausgefallenen Vergnügen frönt, das selbst an einem Ort wie dem Haus illegal ist!

Leider ist über die Neuzugänge weiter nichts zu sagen. Allein Pirkin und Jakem reichen ein wenig über grobe Skizzierung hinaus, und selbst diese beiden sind nicht wirklich lebendig ausgefallen. Der neue Vermächtnisteil lässt im Vergleich zu seinen Vorgängern ebenfalls Profil vermissen, vielleicht, weil er das ausgleichende Element darstellt. Besonders enttäuscht war ich allerdings von Lady Freitags Charakter. So einfallsreich ihre Falle aufgestellt war, so fade wirkte sie als Person. Hier ist der fünfte Band der Reihe stark hinter dem vierten zurückgeblieben.

_Auch die Handlung_ ist diesmal nicht ganz so fesselnd ausgefallen, dafür verläuft alles zu glatt und zu problemlos. Außer den Bringern und einem Nichtling stellen sich Arthur diesmal kaum Schwierigkeiten in den Weg. Gleich zu Beginn findet er eine Möglichkeit, das Versteck des Vermächtnisteils zu orten, sowie rechtzeitig Helfer, die ihn an sein jeweils nächstes Ziel bringen. Und auch den Showdown kann man kaum als solchen bezeichnen. Immerhin hatte ich nach Lady Freitags Worten an Blatt etwas mehr Tatkraft erwartet, als es schließlich so weit war. Stattdessen hat sich Blatts Entführung als ziemlich überflüssig erwiesen.

Interessant fand ich dagegen die Ideen im Zusammenhang mit der Magie, so unter anderem das textuell angereicherte Wasser, das alles ertränkt, was nicht beschrieben ist, und genauso gut bergauf wie bergab fließen kann; die streunenden Samenschoten; und natürlich Lady Freitags Spiegel. Gefallen haben mir auch die Krieger Lady Freitags, die Vergoldeten Jünglinge und die geflügelten Diener der Nacht, wenngleich ich sagen muss, dass ein paar Details mehr in diesem Zusammenhang nicht geschadet hätten. Zum Beispiel hätte ich gern gewusst, warum die geflügelten Diener der Nacht nicht sprechen.

_Um die Verluste_ in Handlung und Charakterzeichnung auszugleichen, reichen diese Punkte allerdings nicht aus. Dabei hätte dieser Band so viele Möglichkeiten für Verwicklungen und Hindernisse geboten, immerhin hat Arthur diesmal gleich drei Gegner, die sich allerdings erstaunlich wenig bemerkbar machen, wenn man bedenkt, dass sie zu den mächtigsten Leuten im ganzen Haus gehören. Womöglich wäre weniger hier mehr gewesen, hätte Garth Nix sich auf einen Widersacher beschränkt und diesen dafür etwas stärker ausgebaut. Erhabene Samstag bot sich dafür nur wenig an, da sie als Kontrahentin im sechsten Band benötigt wird. Lady Freitag dagegen hätte nach dem Scheitern ihrer List nicht unbedingt wie eine schlaffe Stoffpuppe wirken müssen, wo sie doch noch ein Ass im Ärmel hatte.

So aber konnte der fünfte Band mit den ersten vier nicht wirklich mithalten. Schade.
Bleibt zu hoffen, dass der Zyklus im nächsten Band wieder etwas mehr Fahrt aufnimmt und Erhabene Samstag als Gegnerin wieder etwas mehr Biss zeigt.

_Garth Nix_ ist gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. Aus seiner Feder stammen der Jugendbuchzyklus |Seventh Tower| sowie die Trilogie |Das alte Königreich|. Der sechste Band aus der Reihe |Keys to the Kingdom|, „Mächtiger Samstag“, erscheint am 14. April 2009, die Lesung von Oliver Rohrbeck zwei Monate darauf.

|Originaltitel: Lady Friday (The Keys to the Kingdom, Vol. 5)
Übersetzt von Axel Franken
300 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Mit Illustrationen von Daniel Ernle
Empfohlen ab 10 Jahren|
http://www.ehrenwirth.de/

Außerdem von Garth Nix auf |Buchwurm.info|:

[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

Wooding, Chris – Welt aus Stein

_Orna ist Angehörige des Kaders_ vom Clan Caracassa. Aber selbst mit ihren überragenden Fähigkeiten im Kampf konnte sie nicht verhindern, dass sie vom Feind gefangen genommen wurde. Nun sitzt sie im Kerker einer Festung, leistet Zwangsarbeit und schwebt ständig in Gefahr, auf dem Seziertisch eines Chirurgen zu landen. Doch Orna wäre kein Kader, wenn sie nicht vorhätte, diesen Zustand zu ändern …

_Wie es sich für eine gelernte Killerin gehört_, ist Orna kaltblütig, schnell und gründlich. Das heißt aber nicht, dass sie keine Gefühle besäße. Tatsächlich hat sie – ungewöhnlich für einen Kader – nicht nur einen Ehemann, sondern auch einen Sohn, und sie hängt sehr an beiden. Würde ihr Beruf sie nicht so oft von Zuhause fortführen, könnte sie sich fast glücklich nennen. Doch wenn ihr Herr sie ruft, muss sie gehorchen, denn sie ist eine Gebundene.

Ledo, das Oberhaupt des Clans Caracassa, ist Ornas Herr. Und bisher kann er sich nicht über Ornas Dienste beklagen. Trotzdem betrachtet er ihre Mutterschaft mit Skepsis. Denn der Mann ist Politiker, in jeder Beziehung. Er nimmt nicht nur massiv Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung, er betreibt auch im Interesse des Konzerns, den er leitet, regelrecht Heiratspolitik, und natürlich stellt sein Clan auch Soldaten für den Krieg. Ledo ist ein kühler Pragmatiker, dem das Konfliktpotenzial von Ornas Leben als Kader auf der einen und Ehefrau und Mutter auf der anderen Seite durchaus nicht entgangen ist. Aber wenn er sich auch sonst von niemandem dreinreden lässt, auf die Bitten seiner Schwestern hört er gelegentlich.

Liss und Casta sind Zwillinge und aufgrund ihrer adligen Herkunft verwöhnt, egozentrisch und ziemlich überdreht. Das gilt vor allem für Liss mit ihrem ausgeprägten Faible für Melodramatik und Kitsch. Die Schwestern hängen wie Kletten aneinander, und aus irgendeinem Grund mögen sie Orna, sodass Orna sie gelegentlich um Fürsprache bei Ledo bittet.

Mir hat die Charakterzeichnung ausgesprochen gut gefallen. Ledo gibt nicht ganz so viel her, da er nicht so oft persönlich auftaucht. Aber Ornas Entwicklung von der kühl berechnenden und planenden Assassine hin zu einer gefühlsbeherrschten, verzweifelten Mutter ist sehr gut gelungen, und auch Liss und Casta sind nicht nur lebendig und glaubwürdig geraten, sondern regelrecht hintergründig.

_Dasselbe lässt sich auch über die Handlung sagen._ Chris Wooding erzählt in zwei Handlungssträngen. Einer spielt in der Vergangenheit und wird in Rückblenden erzählt. Er befasst sich hauptsächlich mit dem Teil von Ornas Leben, der sich außerhalb ihres Berufes abspielt: ihrer Ehe, ihrer Familie, später auch mit ihrer Ausbildung – wobei hier das Augenmerk weniger auf dem schulischen Teil liegt als auf der Tatsache, dass sie dort ihren Mann kennengelernt hat – und mit ihrer Kindheit. Nur zwei dieser vergangenen Szenen befassen sich mit Aufträgen, die sie für ihren Herrn ausgeführt hat.

Der andere Strang wird in der Zeitform der Gegenwart erzählt und trägt die eigentliche Handlung, die zunächst hauptsächlich im Kerker der feindlichen Festung spielt. Der Autor lässt sich hier durchaus Zeit, baut zunächst einmal die Situation und die Figuren im Kerker auf, ehe er die Protagonistin aktiv werden lässt. Die Vorbereitungen zum Ausbruch drehen bereits ein spürbares Stück an der Spannungsschraube, sodass der Leser überrascht feststellt, dass er zum Zeitpunkt von Ornas Flucht bereits das halbe Buch gelesen hat.

Der eigentliche Plot kommt aber erst in die Gänge, als Orna wieder in ihre Stadt Veya zurückgekehrt ist. Hier vermischen sich die Handlungsstränge allmählich, wirkt sich die Vergangenheit spürbar auf die Gegenwart aus. Und erst hier nimmt der Name Belek Aspa, der im Kerker so beiläufig fiel, eine konkrete Bedeutung an. Nun strafft sich der Spannungsbogen kontinuierlich immer weiter bis zum Showdown, der dann eine ziemlich dramatische Wendung nimmt.

_Die Welt_, in der die Geschichte spielt, wirkt ausgesprochen extravagant. Die meisten Menschen bewohnen ein ausgedehntes Höhlensystem voller Tropfsteine, Lava, phosphoreszierender Algen und Scharen von Pilzen, bevölkert mit Fledermäusen, Echsen, Insekten und noch weit seltsameren Kreaturen. Nur wenige Menschen leben als Nomaden an der lebensfeindlichen Oberfläche, wo nur wenige Täler und Spalten genug Schutz vor den beiden gnadenlosen Sonnen bieten, um Leben zu ermöglichen. Sie als Einzige befinden sich so weit am Rand, dass sie nicht von den Lebensumständen im Innern betroffen sind. Denn dort herrscht seit Jahren Krieg zwischen den Gurta und den Eskaranern.

Für die Eskaraner sind die Gurta religiöse Fanatiker, die ihre Frauen unterdrücken und kleine Kinder stehlen, um sie zu versklaven. Die Gurta hingegen verachten die Eskaraner als gierig und käuflich, bar jeder Moral und jedes sittlichen Empfindens. Nirgendwo wird erwähnt, wann und aus welchem Anlass dieser Konflikt begann. Doch da ein Teil der Eskaranischen Clans gut am Krieg verdient, und da die Gurta die Eskaraner als wilde Tiere betrachten, die es auszurotten gilt, scheint vorerst kein Ende in Sicht.

Chris Wooding geht nicht im Detail auf die Aspekte dieser Welt ein. Dennoch gelingt es ihm, nicht nur die ungewöhnliche Umgebung recht stimmungsvoll in Szene zu setzen, sondern auch die beiden unterschiedlichen Kulturen auf interessante Weise einander gegenüberzustellen. Denn stehen zunächst die Grausamkeiten der Gurta im Vordergrund – Zwangsarbeit, Menschenversuche, Diskriminierung der Frauen -, so zeigen sich im weiteren Verlauf auch immer deutlicher die Unmenschlichkeiten im System der Eskaraner – Geld- und Machtgier, mafiöse Strukturen, Verrat -, und das Bezahlen von Schulden oder geleisteten Gefälligkeiten durch Leisten eines Bindungseids entpuppt sich nur zu bald als nichts weiter als eine andere Form der Sklaverei.

Den eigentlichen Kontrast hierzu bildet letztlich die Kultur der Nomaden an der Erdoberfläche, wo ein Überleben nur möglich ist durch Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung.

_Ich muss sagen_, ich fand das Buch schlicht klasse! Hier passt wirklich alles, von der Charakterzeichnung über den Aufbau bis hin zur Ausstattung. Selbst das Cover gibt die Beschreibung der Höhlenwelt treffend wieder, sehr gelungen. Allein das Lektorat war nicht ganz so perfekt und hat zu Beginn ein paar kleine Tippfehler übersehen. Trotzdem: sehr lesenwert!

_Chris Wooding_, Jahrgang 1977, gehört zu denjenigen, die schon als Kinder wussten, dass sie einmal Schriftsteller werden wollen. Mit neunzehn wurde sein erstes Buch „Crashing“ veröffentlicht. Während seines Literaturstudiums schrieb er weiter, und als er von der Uni kam, konnte er bereits von seiner Tätigkeit leben. Unter seinen Büchern finden sich Fantasy und Horror ebenso wie Jugendbücher und politische Themen. Auf Deutsch sind unter anderem die Trilogie |Der verschlungene Pfad| sowie „Poison“ und „Alaizabel Cray“ erhältlich.

|Originaltitel: The Fade
Ins Deutsche übertragen von Dietmar Schmidt
443 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-404-20599-8|

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http://www.bastei-luebbe.de

Mehr von Chris Wooding auf |Buchwurm.info|:

[„Die Weber von Saramyr“ 1546 (Der verschlungene Pfad 1)
[„Das Gambit der Kaiserin“ 1560 (Der verschlungene Pfad 2)
[„Der Schleier der Erleuchtung“ 5265 (Der verschlungene Pfad 3)

Honisch, Ju – Obsidianherz, Das

_Hätte ich zuerst Tanya Huffs Urteil_ im Klappentext gelesen, hätte „Das Obsidianherz“ sich vermutlich niemals in mein Bücherregal verirrt. Tanya Huff attestiert dem Roman nämlich, die |“besten Elemente historischer Liebesromane und zeitgenössischer Phantastik“| zu verbinden. Und da ich bei dem Begriff „historischer Liebesroman“ vor meinem geistigen Auge stets eine schmachtende Frau in wallenden Kleidern an eine (meist ganz oder zum Teil entblößte) Männerbrust gepresst sehe, krempelt sich mir für gewöhnlich schon beim Gedanken daran der Magen um. Entsprechende Bücher werden somit kategorisch ignoriert. Dieses Schicksal blieb Ju Honischs Roman „Das Obsidianherz“ erspart, da ich den Hinweis schlichtweg übersehen hatte – zum Glück, wie sich herausstellen sollte …

_“Das Obsidianherz“_ spielt im Jahre 1865 in München. Ludwig II. hat gerade seine Regentschaft als König von Bayern angetreten. Zu dieser Zeit tragen sich im Nymphenburger Hotel – Münchens erste Adresse – so einige mysteriöse Dinge zu. Ein Mord ist geschehen und ein magisches Manuskript verschwunden, doch es ist nicht irgendeines, sondern das mächtigste und wertvollste, das in den falschen Händen die Welt ins Chaos zu stürzen vermag.

Der britische Colonel Delacroix, seines Zeichens Agent für besondere Aufgaben, soll das wichtige Schriftstück mit der Unterstützung zweier bayerischer Offiziere wiederbeschaffen. Die vierte im Bunde ist die Opernsängerin Cérise Denglot, die der bayerische König höchstselbst für die Mission auserkoren hat – aufgrund welcher Qualitäten auch immer. Unterstützt wird das Team zusätzlich von einem Magiewissenschaftler. Dieser hält das Nymphenburger Hotel unter einem magischen Bann. Dank dieses Banns können alle magischen Geschöpfe, genannt Fey oder Sí, das Hotel nicht verlassen. Dies will das Team um Delacroix dazu nutzen, das seltsame Schattenwesen, das sie mit dem Verschwinden des Manuskripts in Verbindung bringen, dingfest zu machen.

Während der Jagd auf das Wesen kreuzen sich ihre Wege schon bald mit denen der jungen Corrisande Jarrencourt, die zusammen mit Anstandsdame und Zofe extra zur beginnenden Ballsaison nach München gereist ist – schließlich gilt es, einen passenden Kandidaten für eine möglichst gewinnbringende Eheanbahnung aufzutun.

Da kommt es natürlich reichlich ungelegen, dass das rätselhafte Schattenwesen obendrein noch ein Auge auf Corrisande geworfen hat und ihr fortan an den Fersen hängt. Doch Delacroix und sein Team stehen Corrisande mutig zur Seite und versuchen das Wesen von ihr fernzuhalten.

Delacroix und Co. sind dabei nicht die Einzigen, die sich für das Wesen und das Manuskript interessieren. Schon bald spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu und Corrisande muss um ihr Leben fürchten. Obendrein gibt es so manchen im Hotel, der etwas im Schilde führt und auf die eine oder andere Art in die Angelegenheit verwickelt zu sein scheint …

_Nun gut_, historischer Liebesroman trifft auf Phantastik. Übertragen auf die Erzählepoche könnte man auch sagen „Sissi meets Mystery“ und hätte damit Recht und läge genauso falsch. Was Ju Honisch mit „Das Obsidianherz“ abgeliefert hat, ist vor allem ein historisch angehauchter Spannungsroman voller Witz und Fantasie.

Beeindruckend ist schon, dass die Autorin über 800 Seiten mit fast nur einem einzigen Handlungsort auskommt. Nur am Ende verlassen die Protagonisten für den finalen Showdown das Hotel. Der Rest des Plots spielt sich im Stil eines „Whodunit“ komplett in den Räumlichkeiten des Nymphenburger Hotels ab. So ist die Handlung einem Theaterstück gleich einerseits sehr konzentriert und liefert andererseits aber auch eine große Bühne für die Protagonisten ab. Zum Teil lebt der Roman von den Protagonisten und ihren Interaktionen.

Dabei versteht Ju Honisch es auf wunderbare Art, die Steifheit der Zeit und die Überbetonung der Etikette mit einem höchst unterhaltsamen, ironischen Unterton zu verzieren. So hat der Leser viel zu schmunzeln, und das vor allem dann, wenn Ju Honisch ihn an den Gedanken der Figuren teilhaben lässt und die gleiche Szene aus unterschiedlichen Blickwinkel abspult. So entwickelt der Roman eine herrlich lockere und unterhaltsame Art, bei der die Autorin mit so mancher verschmitzten Formulierung immer wieder den Nagel auf den Kopf trifft. „Das Obsidianherz“ ist in dieser Hinsicht eben weit weniger historischer Liebesroman als vielmehr ein phantastikdurchtränkter historischer Unterhaltungsroman.

Der Fantasyanteil beschränkt sich dabei vor allem darauf, dass es in Honischs Welt Fabelwesen aller Art gibt und entsprechend begabte und ausgebildete Menschen Magie praktizieren. Die Fabelwesen sind nicht selbstverständlich in den Alltag integriert, sondern eher eine Randerscheinung, die nicht selten mit Ressentiments zu kämpfen hat.

Die Protagonisten werden stets mit einem Augenzwinkern betrachtet. Jeder bekommt sein Fett weg, und dazu werden natürlich gerne auch mal die Klischees der Zeit bedient: die Anstandsdame, die über jede noch so unbedeutende Kleinigkeit wacht, die ihrem Zögling als undamenhaft vorgeworfen werden könnte; der raubeinige Colonel, der im Eifer des Gefechts auch schon mal die Regeln des Anstands vergisst; die temperamentvolle Operndiva und das zarte Fräulein, das es faustdick hinter den Ohren hat. Ju Honisch spielt sehr viel mit den gesellschaftlichen Normen der Zeit, mit Standesdünkel und Etikette.

Dass dabei dennoch nicht die Spannung zu kurz kommt, ist dem Geschick zu verdanken, mit dem die Autorin Phantastik, Spannungs- und Unterhaltungsroman miteinander verknüpft – und dabei kommt dann auch die Liebe nicht zu kurz. Ju Honisch vermischt all diese Zutaten zu einem stimmigen Ganzen, das sich trotz seiner 800 Seiten Umfang flott und locker runterliest – nicht zuletzt auch wegen des kontinuierlich aufwärts strebenden Spannungsbogens.

_Alles in allem_ ist „Das Obsidianherz“ ein Roman, der sich als höchst angenehme Lektüre entpuppt. Ein unterhaltsamer Lesespaß, der nicht mit Spannung geizt und dessen fantastische Komponente überzeugend in den Plot eingewoben ist. Ju Honisch hat einen höchst lesenswerten Genremix abgeliefert, der von vorne bis hinten Lob verdient. Freunden fantastisch angehauchter Romane sei „Das Obsidianherz“ wärmstens empfohlen.

|809 Seiten, kartoniert mit Illustrationen
ISBN-13: 978-3-86762-028-4|
[www.feder-und-schwert.com]http://www.feder-und-schwert.com

Cook, Dawn – letzte Wahrheit, Die (Truth 4)

Truth 1: [„Die erste Wahrheit“ 5584
Truth 2: [„Die geheime Wahrheit“ 5593
Truth 3: [„Die verlorene Wahrheit“ 5595

_Nach all dem_, was Alissa in der Vergangenheit erlebt hat, steht sie nun zwischen zwei Männern. Das ist vor allem deshalb unangenehm für sie, weil Nutzlos auf einem Arrangement bestanden hat, das Alissa daran hindert, sich um eine Entscheidung zu drücken. Abgesehen davon hat sie in letzter Zeit verstärkt Träume von einer jungen Frau namens Silla. Aber erst, als Nutzlos davon erfährt, stellt sich die wahre Tragweite dieser Träume heraus: Silla ist eine junge Meisterin! Und Keribdis ist ihre Lehrerin!

Nutzlos ist zunächst begeistert. Er hofft, die anderen Meister, die vor zwanzig Jahren die Feste verlassen haben, über Alissa und Silla zur Rückkehr bewegen zu können. Doch Silla gerät angesichts Alissas Eröffnungen in schiere Panik. Es scheint, als bliebe nichts anderes übrig, als die weiter Reise übers Meer anzutreten …

_Das Zusammentreffen mit den Meistern der Feste_ hat noch einmal einige neue Charaktere zur Folge: Silla ist jung und freundlich, aber schrecklich unsicher. Wie Alissa hat sie massive Schwierigkeiten zu fliegen, doch während Alissa das Fliegen Bestie überlässt, ist Silla dazu nicht in der Lage. Außerdem wird sie von ihrer Lehrmeisterin Keribdis dermaßen straff an der Kandare gehalten, dass ihr keinerlei Möglichkeit bleibt, sich selbst zu entwickeln.

Keribdis ist eine beeindruckende Persönlichkeit, gleichzeitig ist sie aber leider auch eine herrschsüchtige, arrogante, rücksichtslose Hexe. Sie hält die Rasse der Rakus für den Menschen weit überlegen und betrachtet deshalb die Menschen nicht nur mit Geringschätzung, sondern hält sich auch für berechtigt, mit ihnen nach Gutdünken zu verfahren. Ihre Manipulationen erreichen problemlos den Grad der Menschenverachtung. Sogar über die anderen Meistern glaubt sie sich erhaben, allerdings geht sie hier wenigstens ein wenig subtiler vor, um ihre Absichten durchzusetzen. Schließlich ist ihre Meinung die einzig richtige.

Die anderen Meister lassen sich diesbezüglich erstaunlich leicht lenken. Selbst die wenigen, die nicht mit Keribdis übereinstimmen, können sich offenbar nicht dazu aufraffen, ihr Kontra zu bieten. Alle miteinander sind sie ein erbärmlicher Haufen träger, verweichlichter Masse.

Die wichtigste neue Figur ist dabei auch die gelungenste. Die Schilderung von Keribdis, die ganz selbstverständlich sämtliche Regeln beugt oder bricht, wenn sie sich davon einen Vorteil verspricht, und Alissa mit geradezu fanatischem Haß verfolgt, nur weil sie sich von Keribdis nicht kontrollieren lassen will, ist der Autorin hervorragend gelungen.

_Auch der Handlung_ hat diese Figur gut getan. Zwar hat der Konflikt zwischen Keribdis und Alissa nicht so viel nervöse Spannung erzeugt wie das Versteckspiel mit Bailic, dafür ist Keribdis zu direkt. Dennoch kann sie mit ihrer ihrer Bereitschaft, alle Regeln zu brechen und sämtliche Grenzen zu überschreiten, problemlos mit Bailics grausamer Bosheit mithalten. Der Handlungsverlauf gewann dadurch im Vergleich zum dritten Band wieder stark an Dynamik.

Den Ortswechsel empfand ich ebenfalls als angenehm. Nahezu drei komplette Bände spielten sich fast ausschließlich in der Feste ab, auch wenn der dritte Band durch den Zeitsprung eine ungewöhnliche Variante darstellte. Da boten die Küste, das Schiff und die Inseln eine willkommene Abwechslung, obwohl die Autorin diesbezüglich bei weitem nicht so ins Detail gegangen ist wie im Hinblick auf Hoch- und Tiefland.

Dafür hat sie im Laufe der Geschichte allmählich sämtliche losen Fäden und Andeutungen ordentlich zusammengeführt, sodass das Gesamtbild am Ende wirklich eine runde Sache ergab, die durch den sorgfältigen Aufbau zu keiner Zeit gezwungen oder übertrieben zufällig wirkte. Die Dreiecksgeschichte hat sie geschickt entwirrt, ohne logische Brüche und frei von jeglichem Kitsch. Und auch die Balance zwischen den einzelnen Bestandteilen stimmte, keiner erschien vernachlässigt oder übergewichtet.

Nur zwei Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:
So fragte ich mich zum Beispiel, warum Connen-Neute am Ende seiner Verwilderung kein Deut älter ist als zu Beginn derselben. Sein Bewusstsein mag durch den Zeitsprung jung geblieben sein, seine Rakuhälfte aber hat die vollen dreihundert Jahre mitgemacht. Ich hätte deshalb durchaus erwartet, dass er zumindest äußerlich gealtert ist.

Und dann die Sache mit dem Nachwuchs: Bei einer genetischen Wahrscheinlichkeit von eins zu eins, ob ein Kind Meister oder Septhama wird, wunderte ich mich schon, warum sich die schwangere Meisterin während der Schwangerschaft für die menschliche Gestalt entscheiden sollte. In der Gestalt eines Raku würde sie schließlich mit Sicherheit ebenfalls einen jungen Raku, also einen Meister, zur Welt bringen. Oder können Rakus Menschen gebären?

_Bei der Gesamtbetrachtung_ fallen diese beiden Punkte im Vergleich zum Rest jedoch nicht weiter ins Gewicht. Alles in allem also ein Zyklus, den man getrost als gelungen betrachten darf.

Ein Lob auch dem Lektorat, das auf knapp zweitausend Seiten nahezu völlig fehlerfrei war. Die Karte im Umschlag war |nice to have|, aber nicht unbedingt notwendig.

_Dawn Cook_ lebt in den USA und hat nach ihrem Studium in unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Seit dem Debüt ihrer |Truth Series| lebt sie als Schriftstellerin. Die Bände ihres ersten Zyklus sind bereits alle auf Deutsch erhältlich. Die Autorin schreibt derweil an ihrem zweiten Zyklus |Princess Series|, von dem bisher zwei Bände auf Englisch erschienen sind.

|Originaltitel: Lost Truth
Deutsch von Katharina Volk
474 Seiten Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3-442-26579-4|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.dawncook.com

Cook, Dawn – verlorene Wahrheit, Die (Truth 3)

Truth 1: [„Die erste Wahrheit“ 5584
Truth 2: [„Die geheime Wahrheit“ 5593

Endlich sind Alissa, Strell und Nutzlos den wahnsinnigen Bailic losgeworden. Aber damit hören die Probleme nicht auf. Denn tatsächlich schafft es Alissa, zwei eigentlich voneinander unabhängige Banne so miteinander zu verbinden, dass sie sich damit in die ferne Vergangenheit katapultiert.

Plötzlich ist die Feste voller Menschen, genau wie die Stadt Ese‘ Nawoer. Und unter all diesen Menschen ist auch der junge Lodesh, der sich Hals über Kopf in Alissa verliebt. Alissa aber hängt immer noch an Strell. Ohne ihn fehlt ihr der wichtigste Ankerpunkt im Leben, und das hat katastrophale Auswirkungen …

_Dass Alissa in eine Zeit gesprungen ist_, in der sehr viele Menschen auf und bei der Feste lebten, hat natürlich für eine Menge neuer Charaktere gesorgt: Allen voran wäre da Meister Redal-Stan zu nennen, ein brummiger, aber im Grunde freundlicher alter Mann. Eigentlich gibt es nicht viel, was ihn von Nutzlos unterscheidet, höchstens, dass er wie Alissa nicht als Raku geboren wurde. Connen-Neute, der junge Meister, den Redal-Stan unterrichtet, ist da schon eigenständiger geraten. Connen-Neute wurde als Raku geboren und ist sehr behütet aufgewachsen. Alissa macht ihm erst einmal gehörig Angst, vor allem, als er die Bestie in ihr entdeckt. Schließlich jedoch freundet sich der schüchterne Bursche mit Alissa an, was seiner Sprachfähigkeit ausgesprochen gut tut. In einem vollen Haus gibt es natürlich noch viel mehr Leute, doch die meisten anderen Neuzugänge bleiben Randfiguren.

Insgesamt war die Charakterzeichnung in diesem Band nicht ganz so ausgewogen wie in den beiden Vorgängern. Das liegt vor allem daran, dass manche Nebenfigur – wie zum Beispiel die junge Sati – mehr eigenes Profil besitzt als Redal-Stan, der wie eine zweite Ausgabe von Nutzlos wirkt, obwohl er eine der wichtigsten Figuren in diesem Band ist. Dafür ist die Darstellung Connen-Neute sehr lebendig und plastisch ausgefallen, was auch für Lodesh gilt.

Nicht nur die Zahl der Personen, auch die Thematik innerhalb der Handlung hat sich durch Alissas Zeitreise stark ausgeweitet. Einen großen Teil der Handlung nimmt natürlich Lodeshs Werben um Alissa ein. Diesmal ist der Spieß umgekehrt: Lodesh erinnert sich nicht an Alissa, aber sie erinnert sich an ihn. Vor allem aber kennt Alissa Lodeshs Zukunft! Und wie so oft, wenn mit verschiedenen Zeitebenen gespielt wird, stellt sich auch hier die Frage, ob und wie weit der Protagonist die Zukunft verändern kann oder darf.

Abgesehen davon spielen die unterschiedlichen Zeitebenen auch deshalb eine Rolle, weil die Autorin die ursprüngliche Zeitschiene mit Nutzlos, Strell und Lodesh in die Handlung um Alissa hat einfließen lassen. Denn natürlich ist Strell keineswegs bereit, Alissa so ohne Weiteres aufzugeben. Tatsächlich ist sein Band zu ihr so stark, dass er sie durch die Zeit hinweg spüren kann – eine Tatsache, die Nutzlos zunächst mit Skepsis betrachtet, denn schließlich ist Strell nur ein Gemeiner. Oder?

Auch die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Untergang Ese‘ Nawoers spielen eine Rolle. Die Geschichte, die Strell bereits im ersten Band Bailic als Abendunterhaltung erzählt, taucht immer wieder auf, diesmal als Zukunftsvision der Shaduf Sati. Der Leser erlebt quasi mit, wie die Weichen dafür gestellt wurden, dass die Vergangenheit tatsächlich so stattfinden konnte, wie Alissa sie kannte.

Was diesmal fehlte, war der Antagonist. In diesem Band gibt es keinen Bösewicht, gegen den zu Felde gezogen werden muss. Folglich ist der Spannungsbogen hier weit weniger straff gespannt als in den beiden Vorgängerbänden. Zwar bedeutet Alissas Aufenthalt in der Vergangenheit eine Gefahr für sie, dieser Strang spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle, die nicht ausreicht, um die gleiche Spannung zu erzeugen wie Bailics bösartige Unberechenbarkeit. Hauptsächlich lebt die Geschichte von den Verwicklungen, die zu Ese‘ Nawoers Untergang geführt haben, und von Lodeshs Bemühen um Alissa. Insofern war der dritte Teil durchaus interessant und kurzweilig, aber nicht mehr so fesselnd wie die Teile eins und zwei.

Da Alissa sich bisher noch immer nicht endgültig zwischen Strell und Lodesh entscheiden konnte, dürfte der letzte Band des Zyklus sich nochmal zu großen Teilen um diese Dreiecksgeschichte drehen. Abgesehen davon gibt es natürlich auch noch das Rätsel um Strells Familie, denn trotz einer Lehrstunde in Genetik, die Alissa von Redal-Stan erhält, ist immer noch nicht klar, was für ein Problem genau die Meister mit der Familie Hirdun hatten. Außerdem hat Nutzlos aktive Stränge in Strells Pfaden gefunden, als Strell versuchte, mit Alissa Kontakt aufzunehmen. Es gilt also auch noch herauszufinden, welche Fähigkeiten Strell tatsächlich besitzt. Und zu guter Letzt muss Alissa auch noch ihre Mutter wiederfinden. Es bleibt also noch genug Stoff, den die Autorin in ihren vierten Teil einbringen konnte. Mal sehen, wie’s ausgeht …

_Dawn Cook_ lebt in den USA und hat nach ihrem Studium in unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Seit dem Debüt ihrer |Truth Series| lebt sie als Schriftstellerin. Die Bände ihres ersten Zyklus sind bereits alle auf Deutsch erhältlich. Die Autorin schreibt derweil an ihrem zweiten Zyklus |Princess Series|, von dem bisher zwei Bände auf Englisch erschienen sind.

|Originaltitel: Forgotten Truth
Originalverlag: Ace, 2003
Aus dem Amerikanischen von Katharina Volk
480 Seiten Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3-442-26578-7|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.dawncook.com

Stephan R. Bellem – Amulett, Das (Die Chroniken des Paladins 2)

Band 1: [„Tharador“ 4202

_Handlung_

Der böse Mager Xandor ist von Tharador und seinen Freunden vernichtet worden. Doch die Gefahr durch das Buch Karand schwebt immer noch wie ein Damoklesschwert über Kanduras. So bleibt den Freunden wenig Zeit zur Erholung, denn nicht nur das Zauberbuch bedroht die Bewohner des Kontinents, sondern ebenfalls das riesige Heer der Goblins und natürlich auch noch Tharadors Nemesis Dergeron Karolus, der seine Rachepläne gegen Tharador gnadenlos weiterverfolgt.
Stephan R. Bellem – Amulett, Das (Die Chroniken des Paladins 2) weiterlesen

Cook, Dawn – geheime Wahrheit, Die (Truth 2)

Truth 1: [„Die erste Wahrheit“ 5584

_Erwartungsgemäß_ ist es Alissa und Strell nicht gelungen, sich mit dem geheimnisvollen Buch heimlich davonzumachen. Zwar hat Strell es geschafft, Nutzlos zu finden und zu befreien, doch da war es bereits zu spät. Gezwungenermaßen schließt Nutzlos einen Handel mit Bailic, um Zeit zu gewinnen. Und Bailic, der noch immer nicht ganz durchschaut hat, wer nun eigentlich der latente Bewahrer ist, geht auf den Handel ein.

So kommt es, dass Strell von Bailic eine Ausbildung in Magie erhält, obwohl er gar keine magischen Fähigkeiten besitzt, während Alissa heimlich Unterricht bei Nutzlos nimmt. Dumm nur, dass Strell logischerweise keinerlei Fortschritte vorweisen kann. Und Bailic verliert nur allzu schnell die Geduld …

_Im Hinblick auf die Charaktere_ hat sich nicht viel getan. Alissa und Strell werden sich lediglich der Tatsache bewusst, dass aus ihrer Freundschaft längst wesentlich mehr geworden ist, und Nutzlos zeigt immer öfter Anzeichen tiefer Sorge.

Wirklich neu ist allein Lodesh Stryska, der einstige Stadtvogt von Ese‘ Nawoer, ein gutaussehender Charmeur, dem der Schalk aus den Augen funkelt, der aber trotz seines lockeren Gebahrens von tiefem Ernst und hohem Verantwortungsbewusstsein durchdrungen ist. Eigentlich ist er seit Jahrhunderten tot – doch Alissa hat ihn und die einstigen Bewohner seiner Stadt durch ihre Vorstellungskraft erweckt. Oder war es ihre Erinnerung? Denn Lodesh erinnert sich an Alissa …

Der neue Charakter kann, was Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit angeht, problemlos mit den anderen mithalten. Schon allein deshalb ist er ein Gewinn für die Geschichte. Die Andeutungen in Bezug auf seine Erinnerungen verleihen ihm außerdem einen geheimnisvollen Zug, was sich bis in die Handlung hinein auswirkt.

Noch ist die Handlung aber vorwiegend mit Alissas und Strells Zwickmühle beschäftigt. Und nicht nur die Tatsache, dass Strell keine Magie wirken kann, wird zunehmend zum Problem, auch Strells vorlautes Mundwerk bringt ihn schließlich in massive Schwierigkeiten. Und Bailic begnügt sich nicht damit, Strell nur Schmerz zuzufügen. Das Lehrgeld, das Strell zahlen muss, geht weit über rein körperliche Dimensionen hinaus.

Allein dadurch hat die Autorin die Spannungsschraube bereits ein Stück angezogen. Auf so drastische Weise an Bailics Unberechenbarkeit erinnert, schaut der Leser sozusagen ständig über die Schulter. Zu Beginn fast jeder Szene, und wenn sie noch so harmlos anfing, erwartete ich irgendeine unangenehme Wendung, das Aufflackern eines Verdachts oder gar die Aufdeckung der Wahrheit. Zumal Alissa unter Nutzlos‘ Anleitung eine ganze Menge lernt und diese Lektionen auch übt. Das schrie direkt nach Entdecktwerden!

Neben dem Versteckspiel, das Alissa und Strell mit Bailic spielen, widmet sich die Handlung dem Innenleben der beiden Hauptcharaktere, und das auf angenehm natürliche und kitschfreie Weise. Noch immer gibt es gelegentlich Missverständnisse zwischen ihnen, doch sie werden zunehmend weniger, je besser die beiden sich kennen lernen. Kompliziert wird die Angelegenheit gleich durch mehrere Tatsachen: Alissa ist sozusagen hochbegabt, während Strell keinerlei Magie besitzt. Strell hat das Gefühl, nicht gut genug für seine Alissa zu sein – was natürlich Unsinn ist. Abgesehen davon aber ist Alissa untrennbar mit der Feste verbunden, wohingegen Strell als sogenannter Gemeiner sich überhaupt nur deshalb in der Feste aufhalten durfte, weil unter Bailics Herrschaft sozusagen der Ausnahmezustand herrschte. Es sieht aus, als wäre es unmöglich für die beiden zusammenzukommen. Und dann ist da eben auch noch Lodesh …

Lodesh ist ebenfalls in Alissa verliebt. Und Alissa ist durchaus nicht unempfänglich für Lodeshs Charme. Das Einzige, was Lodesh noch zurückhält, ist die Tatsache, dass Alissa sich an ihn nicht erinnern kann. Obwohl er zu erwarten scheint, dass das möglich ist …

_Insgesamt betrachtet_, klingt das jetzt fast ein wenig mager. Ist es aber nicht. Auch diesmal hat die Autorin wieder geschickt die Balance gehalten zwischen den ruhigeren Passagen, die Strell und Alissa gewidmet sind, und den Szenen, in denen die beiden mit der Bedrohung durch Bailic konfrontiert sind, was unterschwellig eigentlich ununterbrochen der Fall ist. Alissas Unterweisung hat einige neue Aspekte eingebracht, zum Beispiel in Bezug auf die Rakus. Und die Andeutung, dass Alissas Vergangenheit irgendwie mit Lodeshs verknüpft sein könnte, schürt gehörig die Neugierde des Lesers, ebenso wie eine beiläufige Bemerkung über Strells Abstammungslinie, die eine Menge neuer Fragen aufwirft. Das Lesen des zweiten Bandes hat ebenso viel Spaß gemacht wie das Lesen des ersten. Und ich bin jetzt schon gespannt auf den dritten.

_Dawn Cook_ lebt in den USA und hat nach ihrem Studium in unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Seit dem Debüt ihrer |Truth Series| lebt sie als Schriftstellerin. Die Bände ihres ersten Zyklus sind bereits alle auf Deutsch erhältlich. Die Autorin schreibt derweil an ihrem zweiten Zyklus |Princess Series|, von dem bisher zwei Bände auf Englisch erschienen sind.

|Originaltitel: Truth 02. Hidden Truth
Originalverlag: Ace, 2002
Aus dem Amerikanischen von Katharina Volk
Klappenbroschur, 480 Seiten|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.dawncook.com

Stroud, Jonathan – Valley – Tal der Wächter

Seit unserer frühen Kindheit haben wir zahllose Märchen, Fabeln und Legenden gehört, die unser noch kindliches Wesen prägen sollten. In diesen Märchen ging es um Werte wie Ethik, Mut und Verantwortung, auch um Liebe, das Wesen des Guten und das Böse. Darin geht es um Schlüsselerlebnisse, die phantastisch dargeboten werden, oder um Lebensweisheiten, die uns helfen sollen, mögliche Konsequenzen zu überdenken. Märchen dienen als Warnung, sollen aber auch Idealismus entwickeln oder einfach nur soziale Verantwortung nahebringen.

Was Wahrheit und Dichtung ist, lässt sich gerade in frühester Kindheit kaum unterscheiden. Wir übernehmen zumeist Lebensart und Meinungen unserer Eltern und nächsten Verwandten; erst viel später lernen wir durch schicksalhafte und manchmal folgenschwere Erlebnisse auch aus eigener reflektierter Erfahrung. In jedem Kulturkreis gibt es solche Märchen, und manchmal sind sie auch über die Landesgrenzen gewandert, wurden dabei ein wenig abgewandelt und auf die Region abgestimmt, derweil die Botschaft im Grunde unverändert blieb.

Doch hören wir als Kinder in unserer Naivität immer auf die mahnenden Worte unserer Eltern? Manchmal ist die Neugierde doch stärker als alle Warnungen und die Vernunft, und die Folgen übersteigen dann unter Umständen alles, was wir in unseren schlaflosen alpgeträumt haben.

Der britische Autor Jonathan Stroud hat mit seiner aktuellen Veröffentlichung „Valley – Tal der Wächter“ einen großartigen Fantasyroman für Jugendliche und Erwachsene vorgelegt, in dem solche Sagen eine große Rolle spielen.

_Inhalt_

Niemand weiß, wann das Tal besiedelt wurde, woher die Menschen über das hohe Gebirge kamen, wer sie waren. Das Tal ist riesengroß und fruchtbar, die Grenze ist das Gebirge selbst. Mächtige Hünengräber zeugen von den Ahnen der Einwohner und dienen als Mahnung, dieses Land nicht zu verlassen.

Hinter den Gräbern, in den die Helden vergangener und ruhmreicher Taten ruhen, lauern laut den Überlieferungen fürchterliche, grausame Wesen – die Trolde, die im Erdreich lauern und nur darauf aus sind, Menschen, die es wagen, die Grenze zu überschreiten, zu töten und aufzufressen. Besiegt wurden die Trolde vor unzähligen Generationen durch die Ahnherrn der jetzigen Familienoberhäupter, die ruhmreich auf dem Troldfelsen ihr Leben für ihr Tal gaben. Seitdem wachen sie mit Schwert und Rüstung in den Gräbern oberhalb des Tals über ihre Kindeskinder.

Hal Svenssons ist ein kleiner Junge und entstammt, glaubt man den Worten seines Vaters und Onkels, der Linie des berühmten Sven, des größten aller Helden und Bezwingers der grausamen Trolde. Hal ist mit sich und seiner umgrenzenden Welt alles andere als zufrieden, und das äußert sich in ständigen frechen Scherzen und seiner Rivalität mit seinem größeren Bruder, der auch noch der zukünftige Erbe ist.

Als Hal mal wieder wegen eines Streiches von einem wichtigen Fest, das zu Ehren des Besuchs anderer Familien ausgerichtet werden soll, ausgeschlossen wird, hindert ihn das trotzdem nicht daran, weiterhin Unsinn zu treiben. Aud, die junge Tochter von Ulfard, der das Fest besucht, verdreht dem Jungen mit ihrer lebhaften Art den Kopf. Keck und neugierig in ihrem Wesen, steht sie Hal in nichts nach. Als der älteste Sohn der Hakonssons, Ragnar, Hal, der keine festliche Kleidung trägt, für einen niederen Diener hält, rächt sich Hal, indem er das von Ragnar geforderte Bier durch ein wenig Gerberflüssigkeit anreichert. Es kommt, wie es kommen muss; nach dem Fest sorgen Durchfall und Erbrechen für etwas Unfrieden zwischen den Familien des Gastgebers Svensson und den Gästen der Hakonssons.

Um die ohnehin schon angespannte Stimmung ein wenig zu beschwichtigen, gibt es an der Tafel der Svenssons ein Festmahl für die erkrankten Mägen der Besucher. Doch das zunächst friedvolle Zusammensein eskaliert, als sich Hals Onkel Brodir und Olaf Hakonnsson gegenseitig beleidigen. Alte Heldengeschichten des jeweiligen Clans werden übertrieben ausgeschmückt und der gegenteilige Part provozierend verletzt.

In der Nacht wird Hal von Geräuschen und Stimmen geweckt. Leise stiehlt er sich nach draußen und sieht, dass der Streit vom Vorabend hier bei den Ställen scheinbar weitergeht. Olaf und sein Onkel Brodir geraten wiederum in Streit, der diesmal tödlich für Brodir endet. Als Hal dem Sterbenden zur Hilfe eilt, wird er zwar vom Mörder verschont, doch Hal schwört Rache.

Etwas später wird bei einer Ratsversammlung des Tals Anklage gegen Olaf Hakonsson erhoben, und wieder bricht ein Tumult aus, der in Gewalt endet, und diesmal, das weiß auch Hal, wird es nicht zu Verhandlungen und Abtretungen von Ländereien kommen. Hal behält Recht, denn Olaf Hakonsson will das alleine Recht und Gesetz in dem ehemals friedvollen Tal ausüben und schmiedet Angriffspläne gegen jeden, der sich ihm und seinem Clan widersetzt.

Hal schmiedet eigene Rachepläne, in die er Aud einbezieht, denn auch sie hat Grund dazu, alles und allen den Rücken zu kehren. Gemeinsam brechen sie auf, um einen Weg hinter die Gräber zu finden. Doch sie bringen sich und andere damit in große Gefahr …

_Kritik_

Die Namensgebung in „Valley – Tal der Wächter“ erinnert stark an die nordische Mythologie. Und auch Hal Svensson weist durchaus die typischen Merkmale eines anderen nordischen Lausbuben aus der Literatur auf, auch wenn Hal nicht aus Löneberga stammt.

Jonathan Stroud beginnt seinen Roman recht ruhig und gemessen, die Geschichte entwickelt aber dann schnell eine Eigendynamik, in der die Spannung keineswegs fehlt. Anfänglich erzählt ein namenloser Charakter die Geschichte der zwölf Helden, welche die gefährlichen Trolde aus dem Tal verjagten und den Grundstein der Legende um die Wächter legten.

„Valley – Tal der Wächter“ wird aus der Perspektive der dritten Person erzählt. Meist geschieht dies aus der Sicht des Protagonisten Hal, während die anderen Figuren nur selten zu Wort kommen. Hal Svensson ist die Schlüsselgestalt und fordert leider zu viel Raum für sich ein; etwas mehr davon hätte aber den anderen Protagonisten auch zugestanden werden müssen. Zum Ausgleich gibt es ambivalente Charaktere, verschiebbare Grenzen zwischen Gut und Böse sowie immer wieder Wechsel zwischen Ernst und Humor, zwischen Schwere und Leichtigkeit. Die Spannung allerdings ist die gewichtigste Konstante in dieser Erzählung, denn sie beweist sich als immer präsentes Element.

Ort der Handlung bleibt die ganze Zeit über das geheimnisvolle Tal mit seinen insgesamt zwölf Familien. Hier offenbaren sich eine ländliche Kulisse und eine Vergangenheit, die schon längst im Strudel der Zeit versunken ist und nur noch durch Überlieferungen ihren Platz bei den Bewohnern des Tales hat. Man könnte die Bewohner des Tals auch gleichsetzen mit Insulanern, mit gestrandeten Personen in einen begrenzten Mikrokosmos, einer kleinen Welt, die das Tal letztlich auch ist. Alle Familien haben ihre Vorurteile und ihren Argwohn gegen die jeweils anderen, aber auch ihren Stolz und ihre Ehre, ihre Geschichte und – worauf sie immer wieder verweisen – ihre glorreiche Vergangenheit.

Hal Svensson, die Hauptfigur, entwickelt sich mit der Handlung. Anfangs ein wilder Lausbub mit dem Herzen am richtigen Fleck, wandelt sich unser anfänglicher Antiheld charakterlich völlig. Seine kindliche Naivität formt sich durch tragische und manchmal unglückliche Schicksalsschläge zu einem kühlen Kopf, der erst überlegt und dann handelt, der abwägt und dann konsequent Entscheidungen trifft. Er lernt, wann man „Gewalt“ anwenden muss, dass es dabei auch verschiedene Abstufungen gibt und auch Worte treffen und verletzen können.

Auch Aud ist wunderbar konzipiert. Mit rotzfrechen Sprüchen auf den Lippen ist sie manchmal etwas forsch, aber auch sie ist ähnlich wie Hal mutig und hilfsbereit, und durch ihren Charme bekommt sie meist das, was sie möchte und passt sich wandlungssicher der gewünschten Situation an. Doch auch durch ihr Alter ist sie etwas gereifter und handelt überlegter. Neben Hal wird sie der Leser schnell sympathisch finden und sich gut in ihre schwierige Lage versetzen können.

Zurück zur spannenden Handlung: Nach dem ersten Drittel des Romans strafft sich der Spannungsbogen und wird bis zum dramatischen Ende aufrecht gehalten. Geschickt gelingt es dem Autor, am Ende jedes Kapitels so innezuhalten, dass dem Leser nichts anderes übrig bleibt als weiterzulesen.

Nachdenklich stimmend, aber auch spannend ist die Weltanschauung der Einwohner im Tal. Da sie nichts anderes kennen, konzentriert sich über Generationen alles immer noch auf ihre Vergangenheit. Beständige Legenden und Geschichten von Sven, Arn und wie all die Helden noch heißen mögen, lassen Vorurteile über Generationen nicht aussterben. Traditionen wird gegenüber natürlichen Entwicklungen der Vorrang gegeben und oftmals Fragen nach dem Warum, Woher, Wieso gar nicht beantwortet oder nur wieder mit den Ahnen in Verbindung gebracht. Hier genau in diesen Passagen hat es der Autor geschafft, den Leser zum Nachdenken zu bringen, sich auseinanderzusetzen mit Andersartigkeit, Neugierde, Wissendurst und Weiterentwicklung. Im Grunde steht zwischen den Zeilen die Frage: Wie würde ich mich verhalten, wenn ich nichts anderes kennen würde als dieses kleine Tal?

Am Anfang des Romans „Valley – Tal der Wächter“ werden die drei großen Häuser und damit wichtigsten Familien des Tals aufgelistet, zudem befindet sich eine gemalte Übersichtskarte des Tals auf den ersten Seiten, welche die Grenzen und das Gebiet der zwölf Häuser aufzeigt – sehr hilfreich für die Verfolgung von Hals Reise durch das Tal.

_Fazit_

Jonathan Stroud kann stolz sein auf seinen neuen Roman. Wieder beweist Stroud seine schriftstellerische Wandlungsfähigkeit und seine Fähigkeit zu nachdenklichen Ansätzen. In „Valley – Tal der Wächter“ kommt auch die Action nicht zu kurz, aber mit Magie wird in dieser Geschichte nicht gezaubert. Es geht darum, die Vergangenheit zu erfahren, herauszubekommen, woher man kommt, worin die Wahrheit liegt und wohin der Weg, sei dieser auch nur ein Ausweg, führen mag.

Wer zynischen und sarkastischen Humor erwartet, ähnlich wie in der „Bartimäus“-Trilogie, wird diesmal enttäuscht sein. Sicherlich gibt es immer wieder lustige Passagen, doch geht es spürbar ernster zu. Stroud sagt selber, „Valley“ sei einfacher aufgebaut, gerade durch die überschaubare geographische Lage, aber noch viel mehr ist der Roman tiefsinniger und psychologisch komplexer, soll uns anleiten zu hinterfragen, wer wir sind, woher wir kommen und was uns für Möglichkeiten bleiben, unsere Zukunft gestalten zu können.

Als Fazit bleibt zu sagen: „Valley – Tal der Wächter“ ist wärmstens zu empfehlen, gerade für Jugendliche oder ältere Kinder. Denn auch in Märchen oder Legenden steckt immer ein Fünkchen Wahrheit, die sich auf die Lebenswelt anwenden lässt.

_Der Autor_

Jonathan Stroud, Jahrgang 1970, landete mit seiner „Bartimäus“-Trilogie einen sensationellen Überraschungserfolg. Nach einem Studium der Englischen Literatur an der Universität von York verfolgte er zunächst eine Karriere im Verlagswesen, wo er in London als Lektor und Herausgeber von Sachbüchern für Kinder arbeitete. Mitte der 1990er Jahre begann er seine eigenen schriftstellerischen Werke zu veröffentlichen und verzeichnete mit seinen ersten Büchern recht schnell Erfolge. Im Rekordtempo eroberte sein Held, der spitzzüngige Dschinn, die Bestseller-Listen und die Herzen all seiner Leser in über 33 Ländern. Jonathan Strouds Romane wurden vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem |Corine| (Internationaler Buchpreis 2006) und dem Kinderbuchpreis 2007. Er arbeitet und lebt mit seiner Familie in der Nähe von London.

|Originaltitel: Heroes of the Valley
Originalverlag: RH UK
Aus dem Englischen von Katharina Orgaß & Gerald Jung
Empfohlen ab 11 Jahren
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 496 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-13493-1|
[Buchtrailer]http://www.randomhouse.de/webarticle/webarticle.jsp?aid=13398
http://www.cbj-verlag.de

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[„Bartimäus – Das Amulett von Samarkand“ 353
[„Bartimäus – Das Amulett von Samarkand“ 711 (Hörbuch)
[„Bartimäus – Das Auge des Golem“ 1613
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[„Die Eisfestung“ 3513
[„Die Spur ins Schattenland“ 4635
[„Die Spur ins Schattenland“ 4795 (Hörbuch)

Dart-Thornton, Cecilia – Kampf des Rabenprinzen, Der (Die Feenland-Chroniken 3)

Band 1: [„Im Bann der Sturmreiter“ 1521
Band 2: [„Das Geheimnis der schönen Fremden“ 1836

_Imrhien, das Findelkind_, hat seine Erinnerungen wiedergefunden. Und aufgrund dieser Erinnerungen fasst es einen Beschluss, der weitreichende Folgen hat: Es will durch das letzte offene Tor ins Feenreich zurückkehren und von dort aus auch alle anderen Tore wieder öffnen.

Die dort lebenden Faenan sollen ihren schlafenden König und mit ihm alle anderen Exilanten zurück ins Feenreich holen. Selbst die endgültige Schließung aller Tore zwischen den Welten nimmt das Mädchen in Kauf, trotz der krankhaften Sehnsucht nach dem Feenreich, an der es leidet. Denn es will, dass die Faeran vollständig und für immer aus Erith verschwinden. Also macht es sich auf den mühevollen und gefährlichen Weg Richtung Norden. Doch es wird längst verfolgt …

_Mit „Der Kampf des Rabenprinzen“_ hat Cecilia Dart-Thornton den Abschluss ihrer |Feenland-Chroniken| vorgelegt. Und der Leser tut sich nicht gerade leicht damit. Das liegt vor allem natürlich daran, dass die Vorgängerbände bereits 2005 auf Deutsch erschienen. Wer nicht in weiser Voraussicht diese beiden Bände in seinem Regal stehen gelassen hat, um sie vor der Lektüre des dritten Teils nochmals durchzulesen, hat massive Schwierigkeiten, den Anschluss wiederzufinden. Zwar enthält das Buch eine Zusammenfassung der Vorgeschichte, alle Einzelheiten kann diese Zusammenfassung jedoch nicht abdecken. So bekommt der Leser zwar nochmals einen groben Überblick über den Verlauf der langen Reise, welche die Heldin bis zum Beginn des dritten Bandes zurückgelegt hat, es bleiben aber trotzdem Lücken zurück, die teilweise wirklich störend wirkten. So fehlte mir zum Beispiel jegliche Information darüber, warum die Autorin ihre Protagonistin nach der Rückkehr durch das „Tor des Vergessenskusses“ ausgerechnet zum Jägerkessel schickt, gerade dahin, wo ihre größten Gegner hausen.

Zum anderen liegt es daran, dass der eigentliche rote Faden so extrem verwickelt ist. Aus der Geschichte eines armen Findelkindes auf der Suche nach seiner Identität wird zunächst eine junge Adlige, dann die Braut des Hochkönigs und am Ende die Angehörige eines lange vergessenen Volkes, die außerdem noch in Verwicklungen mit den Faeran verstrickt und über tausend Jahre alt ist. Jede dieser Facetten hat auch noch einen eigenen Namen bekommen – Imrhien, Rohain, Ashalind, Tahquil -, so dass man sich manchmal fragt, wer diese Person, mit der man es zu tun hat, eigentlich wirklich ist. Und die Heldin ist nicht die einzige Figur, bei der sich Identitäten überschneiden. Dazu kommen die häufigen Ortswechsel in Erith, eine zusätzliche Welt und mehrere Zeitebenen.

Nun wäre das alles ja noch durchaus zu meistern, wäre der rote Faden nicht so oft durch die Märchen und Sagen aus der Anderwelt überlagert, welche die Autorin mit so großem Eifer in ihre Geschichte eingebaut hat. Einige davon werden nur als Ausschmückung erzählt, was mich besonders im zweiten Band störte, da sie für mein Empfinden den Fortlauf der Handlung zu sehr ausbremsen. Andere dagegen sind als Teil der Handlung direkt in den Kontext eingebaut, meist als Vergangenheit, was nicht nur ein zusätzliches Zeitfenster öffnet, sondern auch noch dazu führt, dass die Heldin nicht die einzige Sterbliche ist, die bereits über tausend Jahre alt ist!

Wer den roten Faden trotz all dem jetzt noch immer nicht verloren hat, der muss noch eine letzte Hürde meistern: den Erzählstil der Autorin. Zugegeben, ihre Beschreibungen von Stimmungen und Orten sind meist ausgesprochen poetisch und atmosphärisch, allerdings auch ziemlich umfangreich. Stellenweise übersteigt die Ausführlichkeit der Beschreibung bei weitem die der Handlungsführung. Cecilia Dart-Thornton wird regelrecht weitschweifig, und selbst bei ihrem unbestrittenen Einfallsreichtum fängt sie irgendwann an, sich zu wiederholen. Manchmal hat man den Eindruck, die kurz eingestreuten Passagen über zurückgelegte Reiseetappen dienten nur dazu, die Zeit fortzubewegen, damit sich für die Autorin die Gelegenheit ergibt, erneut über einen Sonnenuntergang, den Sternenhimmel oder Ähnliches ins Schwärmen zu geraten. Gegen Ende wirkt die Erwähnung der unzähligen Edelsteine, Farben und Lichterscheinungen einfach nur noch übertrieben und ermüdend.

Überhaupt fand ich den Schluss etwas seltsam. Nach dem Duell der beiden mächtigen Faeran-Brüder könnte die Geschichte eigentlich problemlos enden, zumal es der Autorin gelungen ist, diesen Höhepunkt der Geschichte – wenn auch nur kurz – ein wenig aus dem restlichen Geschehen herauszuheben. Stattdessen kämpft sich der Leser danach noch durch weitere hundert Seiten über die Krönung des neuen Königs und zahllose weitere Kleinigkeiten, die keinerlei Auswirkung auf die eigentliche Handlung haben, ehe es noch einmal zu einer kurzen Verwicklung kommt. Allerdings wirkt das, was die Autorin hier im Nachhinein noch eingeflochten hat, ein wenig bemüht und krampfhaft. Offenbar hat die Legende, die dieser letzten Komplikation zugrunde lag, der Autorin so gut gefallen, dass sie diese unbedingt noch irgendwo unterbringen wollte; und da sie sich sonst nirgendwo einfügen ließ, hat sie sie am Ende angehängt. Der Versuch, durch die Erwähnung einer nebensächlichen Prophezeiung aus einem der Vorgängerbände noch einmal Spannung in diesem Anhängsel aufzubauen, ist nicht geglückt, und auch der damit verbundene Kampf verlief zu vorhersehbar, um wirklich zu fesseln.

Um das Maß voll zu machen, hat sich auch die Charakterzeichnung nicht wirklich vertieft.
Die Protagonistin hat durch ihre Erinnerungen ein wenig an Tiefe hinzugewonnen. Zu ihrem mitfühlenden Wesen gesellt sich noch eine gute Portion Verantwortungsbewusstsein, und ihre Verliebtheit, die im zweiten Band noch so künstlich und unnatürlich wirkte, erhält eine nachvollziehbare Erklärung. Dennoch bleiben ihre Empfindungen und Gedanken irgendwie blass. Die Sehnsucht nach dem Feenreich, die sie zu verzehren droht, die Gefühle für ihren Geliebten, all das wirkt schwächlich, flach und trocken wie Stroh, was angesichts der überschäumenden Darstellungskraft der Autorin im Hinblick auf Landschaften und Stimmungen doch sehr erstaunlich anmutet.

Der Rabenprinz, auf den ich am Ende des zweiten Bandes so große Hoffnungen gesetzt hatte, ist dem leider auch nicht ganz gerecht geworden. Zwar ist es der Autorin gelungen, den vielversprechenden Eindruck aufrechtzuerhalten, vertiefen konnte sie ihn aber nicht. Schließlich taucht er nur etwa einhundertfünfzig Seiten lang als Person auf, was nicht viel ist angesichts der Tatsache, dass – wie im gesamten Zyklus so auch hier – die Ausschmückung von Details so überdurchschnittlich viel Raum einnimmt. Wie die gesamte Handlung, kommt auch der Antagonist viel zu kurz.

_Bleibt zu sagen_, dass die |Feenland-Chroniken| hinter dem vollmundigen Lob des Verlages weit zurückgeblieben sind. Die Geschichte ist mit Nebensächlichkeiten so überfrachtet und von so vielen Sagen und Märchen außerhalb des eigentlichen Zusammenhangs überdeckt, dass man sie kaum wiederfindet. Die eigenen Ideen, die durchaus vorhanden sind, sowie die Charakterzeichnung kommen dabei deutlich zu kurz, echte Spannung sucht der Leser vergeblich. Unter der Diskrepanz zwischen den überschwänglichen Beschreibungen unwichtiger Details und der gleichzeitig so mageren und faden Darstellung der Gefühle der Protagonisten leidet selbst die Romantik. Dabei hätte die Grundidee, die der Erzählung zugrunde lag, durchaus das Zeug zu einem interessanten Buch gehabt. Bei den Prioritäten, welche die Autorin beim Schreiben gesetzt hat, wäre es allerdings besser gewesen, sie hätte einfach eine Sammlung keltischer Sagen herausgegeben.

_Cecilia Dart-Thornton_, selbst ein Findelkind, wuchs in der Nähe von Melbourne auf. Aus ihrer Feder stammt außer den |Feenland-Chroniken| auch der |Crowthistle|-Zyklus, der inzwischen bis Band vier gediehen, auf Deutsch aber noch nicht erhältlich ist. Neben dem Schreiben widmet sich Cecilia Dart-Thornton außerdem der Musik und der Fotografie.

|Originaltitel: The Battle of Evernight
Aus dem australischen Englisch von Birgit Reß-Bohusch
572 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-492-26679-6|
http:/www.piper-verlag.de
http://www.dartthornton.com

Cook, Dawn – erste Wahrheit, Die (Truth 1)

_Alissa ist ein einfaches Bauernmädchen_ aus den Hügeln. Zumindest glaubte sie das, bis zu dem Tag, an dem ihre Mutter sie regelrecht aus dem Haus wirft. Widerwillig macht Alissa sich auf den Weg zu jener sagenhaften Feste, von der ihr Vater so viel erzählt hat, die ihrer Überzeugung nach aber nur eine Legende ist.

Strell dagegen ist auf dem Weg nach Osten, zurück in die Wüsten des Tieflandes, wo seine Familie lebt. Oder besser, wo seine Familie lebte, ehe alle ihre Mitglieder in einer Naturkatastrophe umkamen. Als Strell davon erfährt, macht er auf dem Absatz kehrt und flüchtet zurück in die Richtung, aus der er gekommen ist.

… wo er nach kurzer Zeit auf ein junges Bauernmädchen trifft, das ebenfalls nach Westen wandert. Zankend und grollend und nicht ohne Schwierigkeiten raufen sie sich zu so etwas Ähnlichem wie einem Gespann zusammen. Aber ob diese Verbindung einer ernsthaften Belastung standhält …?

_Der erste Band_ aus Dawn Cooks Truth-Zyklus wird allein von vier Personen getragen. Da wäre zunächst Alissa: jung, stur, jähzornig und absolut sicher, dass es keine Magie auf der Welt gibt. Ihr einziger Freund ist ein kleiner Buntfalke, denn die Menschen in ihrer Umgebung lehnen sie ab, weil sie ein Halbblut ist. Sie hängt sehr an ihrer Mutter, von der sie viele Fertigkeiten gelernt hat, die sonst nur von Tiefländern beherrscht werden.

Strell ist ein solcher Tiefländer, ein wenig mit Vorurteilen behaftet, aber im Grunde gutmütig, anpassungsfähig und humorvoll. Ungewöhnlicherweise hat er nicht das Handwerk seiner Familie erlernt und ist Töpfer geworden, sondern seine Eltern haben ihn auf die Reise geschickt, zusammen mit der kostbaren Flöte seines Großvaters, um Barde zu werden. Tatsächlich ist Strell nicht nur musikalisch begabt, sondern auch ein sehr guter Geschichtenerzähler und Schauspieler.

Bailic, den letzten Bewohner der Feste, kann Strell allerdings nur teilweise täuschen. Bailic ist nicht nur wahnsinnig, er ist außerdem schlau, hinterlistig und skrupellos. Die beiden jungen Leute, die da so unerwartet vor den Toren der Feste erschienen sind, betrachtet er halb als amüsantes Spielzeug, halb als Mittel zum Zweck, denn Bailic sucht ein verborgenes Buch, und einer der beiden Besucher besitzt verborgene Magie. Magie, die Bailic an das ersehnte Ziel führen könnte …

Schade für Bailic, dass er unter der Feste einen Gefangenen sitzen hat, dessen Macht die Bailics bei weitem übersteigt. Trotz des Bannes, der das Gefängnis versiegelt, mischt sich dieser Gefangene nur allzu eifrig in die Ereignisse ein, soweit seine Möglichkeiten dies gestatten. Die sind zwar äußerst begrenzt, aber immer noch besser als nichts …

_Tatsächlich ist es so_, das diese vier Figuren vollkommen ausreichen, um die gesamte Geschichte auszufüllen. Zwar sind der Typus des irren Bösewichts mit der Machtgier und dem verletzten Stolz sowie des mächtigen Magiermeisters und weisen Lehrers nicht gerade neu, der Autorin ist es jedoch gelungen, sie ein Stück aus dem reinen Typus herauszuheben und mit einem eigenen Profil auszustatten. Bailic bleibt durch seine frühere Verbindung mit Alissas Vater ein Funke Menschlichkeit erhalten, während der Magier einen gewissen Sinn für Humor sein Eigen nennt, der ihn zu mehr macht als einem trockenen Gelehrten. Den Rest gleichen Alissa und Strell und ihr Geplänkel problemlos aus.

Ein großer Teil der Handlung lebt von diesem Geplänkel. Denn während ihrer Wanderung bis zur Feste sind Strell und Alissa allein miteinander. Die Autorin nutzt diese Zeit ausgiebig für den Entwurf ihrer Welt. Nicht, dass sie dabei übermäßig ins Detail gegangen wäre. Aber in den Gesprächen und auch Gedanken der beiden entwickelt sich mit der Zeit ein deutliches Bild zweier unterschiedlicher Kulturen, die sich gegenseitig mit Verachtung begegnen, aber dennoch aufeinander angewiesen sind.

Ackerbau und Viehzucht sind in der Wüste nicht möglich, deshalb sind die Tiefländer gezwungen, bei den Hochländern Lebensmittel einzutauschen. Als Tauschware bieten sie ihre Handwerkserzeugnisse an. Ihre Kultur beruht auf Kunstfertigkeit und Verhandlungsgeschick. Wer diese nicht besitzt, genießt nicht nur wenig Ansehen, er leidet schlicht Hunger. Selbst Heiraten dienen dem Erhalt des eigenen Handwerks.

Im Hochland dagegen ist man vollauf damit beschäftigt, Lebensmittel zu erzeugen. In den Bergen gibt es keine Rohstoffe, die man handwerklich verarbeiten könnte, deshalb sind die Hochländer davon abhängig, dass ihre Ernten groß genug ausfallen, um das, was sie zum Leben brauchen, aber nicht selbst herstellen können – wie zum Beispiel Stoffe oder Töpferwaren – bei den Tiefländern einzutauschen.

Die kulturellen Unterschiede führen zu ständigen Reibereien. So gilt es bei den Tiefländern als absolut schamlos, seine nackten Füße zu zeigen, während die Bauern häufig barfuß laufen. Die Hochländer schneiden sich das Haar aus praktischen Erwägungen kurz, im Tiefland dagegen zeigt die Haarlänge den Status eines Menschen an. Nicht einmal Bettler würden ihr Haar so weit abschneiden … Die Missverständnisse, Streitereien und komischen Situationen, die sich daraus ergeben, sind ausgesprochen lebensnah und unterhaltsam.

Ein Teil davon rettet sich bis in den zweiten Abschnitt der Handlung, als Alissa und Strell die Feste erreichen, tritt aber verstärkt in den Hintergrund. Ein großer Teil der Stimmung wird jetzt von Bailic getragen, der sich ein wenig wie die Hexe im Knusperhäuschen verhält. Er versucht, freundlich zu erscheinen, während Alissa und Strell versuchen, ihre Herkunft zu verheimlichen. Beide Seiten wissen, dass die andere lügt. Und so schleichen sie umeinander herum und belauern sich gegenseitig.

Die Autorin hat es hierbei meisterhaft verstanden, das Ganze auszubalancieren. Bailic ist nicht dumm, dementsprechend findet er schnell heraus, weshalb die beiden zur Feste gekommen sind. Wer von beiden nun die eigentliche Gefahr für ihn ist, bereitet ihm allerdings einiges Kopfzerbrechen. Und tatsächlich ist es so, dass Strell und Alissa hauptsächlich durch Glück und Zufälle der frühzeitigen Entdeckung der Wahrheit durch Bailic entgehen. Und natürlich durch ein wenig Nachhilfe von Nutzlos, wie sich der Gefangene Bailics selbst nennt. Der Leser ist sich nur zu bewusst, dass alles nur eine Frage der Zeit ist.

_Ich muss sagen, ich war wirklich verblüfft_, mit welch geringen Mitteln es diesem Buch gelungen ist, mich zu fesseln. Keine komplexe Handlung mit mehreren Ortswechseln, verschiedenen Zeitebenen oder einer Flut von Parteien, die alle gegeneinander intrigieren. Nur diese beiden Stränge aus Licht und Schatten, aus der Annäherung zweier Kulturen mit all ihren Hindernissen und dem Katz-und-Maus-Spiel mit einem bösartigen Gegner.

Erstaunlich ist auch, mit welch geringem Aufwand die Autorin ihre Welt und ihre Figuren zum Leben erweckt hat. Keine geschliffenen Dialoge, kein intensive Stimmungsmalerei, kaum Details. Dawn Cook schreibt in einem sehr natürlichen, ungezwungenen Stil, nichts wirkt bemüht oder gekünstelt. Die Bedrohung durch Bailic wirkt dadurch nur umso echter und intensiver. Hier waren keine verwirrenden Haken oder überraschenden Wendungen nötig, um Spannung aufzubauen.

Ich fragte mich lediglich, wie es kam, dass Bailic sämtliche Bewohner der Feste nach und nach loswerden konnte, ohne auch nur den geringsten Verdacht zu erwecken. Aber diese Kleinigkeit sei im Hinblick auf den Rest gerne verziehen.

_Dawn Cook_ lebt in den USA und hat nach ihrem Studium in unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Seit dem Debüt ihrer |Truth Series| arbeitet sie als Schriftstellerin. Die Bände ihres ersten Zyklus sind bereits alle auf Deutsch erhältlich. Die Autorin schreibt derweil an ihrem zweiten Zyklus |Princess Series|, von dem bisher zwei Bände auf Englisch erschienen sind.

|Originaltitel: The First Truth (Truth 1)
Originalverlag: Ace, 2002
Aus dem Amerikanischen von Katharina Volk
Klappenbroschur, 480 Seiten|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.dawncook.com

Gregory Maguire – Wicked – Die Hexen von Oz. Die wahre Geschichte der Bösen Hexe des Westens

Die Geburt der kleinen Elphaba steht wahrlich nicht unter einem guten Stern: Nicht nur, dass ihre Mutter Melena bei der Geburt vor dem Zorn der Munchkins flüchten muss und ihr Vater Frex, ein Prediger, in eine ernsthafte Glaubenskrise gerät, Elphaba kommt auch noch mit einer grünen Haut und spitzen Zähnen zur Welt. Mit der Ratlosigkeit, woher die grüne Haut kommt, stellt sich bei ihren Eltern zugleich auch eine gewisse Ablehnung gegenüber ihrer Tochter ein. Und statt sich um ihre Tochter zu kümmern, verbringt Frex die meiste Zeit lieber damit, umliegende Dörfer zu bekehren und Melena, der es deshalb oft langweilig ist, freut sich über jeden männlichen Besuch.

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Alan Campbell – Devil’s Night (Kettenwelt-Chroniken 2)

Nach dem Tod des Gottes Ulcis drängen die Horden der Hölle an die Oberfläche der Kettenwelt. Verzweifelt aber keineswegs einig versuchen Menschen und Götter sie zurückzudrängen und dem Untergang Einhalt zu gebieten … – Der zweite Band des „Deepgate Codex“ weist nicht mehr die Dichte und Intensität des Vorgängers auf, nimmt aber im zweiten Drittel Fahrt auf, sprüht vor bizarren Einfällen und lässt das Gros der modernen Einheits-Fantasy erneut weit hinter sich.
Alan Campbell – Devil’s Night (Kettenwelt-Chroniken 2) weiterlesen

Ward, J. R. – Mondspur (Black Dagger, Band 5)

Band 1: [„Nachtjagd“ 5283
Band 2: [„Blutopfer“ 5301
Band 3: [„Ewige Liebe“ 5358
Band 4: [„Bruderkrieg“ 5565

_Überblick:_

|Düster, erotisch, unwiderstehlich – die letzten Vampire kämpfen um das Schicksal der Welt.|

Sie sind eine der geheimnisvollsten Bruderschaften, die je gegründet wurden: die Gemeinschaft der |Black Dagger|. Und sie schweben in tödlicher Gefahr: Denn die |Black Dagger| sind die letzten Vampire auf Erden, und nach jahrhundertelanger Jagd sind ihnen ihre Feinde gefährlich nahe gekommen. Doch Wrath, der ruhelose und maßlos attraktive Anführer der |Black Dagger|, weiß sich mit allen Mitteln zu wehren. Die Schlacht beginnt!

Band 5: Einst hat Phury seinen Zwillingsbruder Zsadist aus grausamer Gefangenschaft befreit. Doch obwohl seitdem mehr als ein Jahrhundert vergangen ist, heilen Zs Wunden nicht. Gezeichnet an Körper und Seele, ist er wohl der düsterste und unheimlichste Krieger der Bruderschaft der |Black Dagger|. Erst als er die schöne Aristokratin Bella trifft, die sich zu ihm hingezogen fühlt, erwacht in Zsadist plötzlich wieder ein Gefühl, das er längst für begraben hielt: Hoffnung.

Doch auch sein Zwilling Phury, der in einem selbstauferlegten Zölibat lebt, zeigt Interesse an Bella. Als die junge Vampirin von der Gesellschaft der Lesser entführt wird, müssen die beiden Brüder ihre Schwierigkeiten überwinden und gemeinsam alles daransetzen, die Frau zu retten, die sie lieben … (Verlagsinfos)

_Handlungsverlauf:_

Wie jeder BD-Band beginnt auch dieser mit dem Glossar der Begriffe und Eigennamen. Und schon taucht man erneut in die Welt der |Black Dagger| und ihrer Feinde ein – mit einem weiteren interessanten Paar.

Bella, die schöne Vampirin und Freundin von Mary, wurde vor sechs Wochen von Lessern entführt. Zsadist (Z), der eine ungewohnte Faszination für Bella verspürt, die offenes Interesse an ihm bekundet hat und ihn dadurch in große Verwirrung stürzte, Phury, sein Zwilling, und Vishous verfolgen drei Lesser bis an den Rand von Caldwell. Z tötet sie – ohne in Erfahrung zu bringen, ob Bella noch lebt und wo sie sich befindet. Z und Vishous fühlen sich beide auf ihre Weise zu Bella hingezogen, doch sie zeigte nur Interesse für den (vermeintlich) kalten, brutalen und von Frauenhass zerfressenen Z.

Bei den Lessern geht es auch turbulent zu. Mr. O (O), stellvertretender Befehlshaber nach dem Haupt-Lesser Mr. X, hat diesem gegenüber verschwiegen, dass er Bella gefangen hält, die er als seine „Frau“ ansieht und nur für sich haben will. X kommt ihm jedoch auf die Schliche und warnt O, nicht zu verweichlichen, doch dieser ist schon in kranker Leidenschaft für die schöne Vampirin entbrannt.

Bella hingegen nutzt – trotzdem er sie gefangen hält – die Macht über O und spielt mit seinen Gefühlen, weil sie ihn hasst und er sie anekelt. Während ihrer Gefangenschaft wird sie von Erinnerungen an ihr altes Leben und ihre Familie (Mutter, Bruder) heimgesucht. Bellas Bruder Rehvenge (Rehv), ein hochgradig aggressiver Vampir, fühlte sich immer für seine Schwester verantwortlich. Doch Bella denkt auch an Z.

Ein weiterer Charakter, von dem man schnell vermutet, was „in“ ihm steckt, nimmt ebenfalls immer mehr Gestalt an – John Matthew, der bei Tohrment und seiner Frau Wellsie lebt. John wird von seltsamen Träumen gequält, wird das erste Mal von Tohrment auf das Anwesen der |Black Dagger| gebracht und begegnet dort erstmalig Wrath, dem König und seiner Frau Beth, aber auch Wellsies Cousine Sarelle, zu der er sich hingezogen fühlt.

Dr. Havers stellt bei einer Blutuntersuchung fest, dass John ein reinrassiger Krieger ist – und dass er in Darius von Marklons Abstammungslinie steht. So nah, dass John eigentlich Darius‘ Sohn sein müsste (die Leser der bisherigen Bände ahnen aber längst anderes). Tohr klärt John auf, wer Darius war und dass Beth dessen Tochter und somit Johns Schwester sei.

Z zieht es immer wieder in die Nähe von Bellas Haus, das er von allen Spuren des Überfalls der Lesser reinigt. Je häufiger er dorthin geht, desto heimischer fühlt er sich. So sehr, dass er sogar mit dem Gedanken spielt, es zu kaufen, sollte Bella nicht zurückkehren -wohl um eine Art Verbindung zu ihr zu behalten.

Die Leser erfahren in diesem Band – durch Zs Erinnerungen – wieder mehr über ihn, aus der Zeit (1802), als er als Blut- und Sexsklave seiner Herrin gequält und missbraucht wurde. Seither erträgt er es nicht mehr, berührt zu werden. Z stellt für mich immer mehr den interessantesten Charakter der bisherigen Serienbände dar.

Auch Butch, der Ex-Cop, der jetzt als einziger Mensch in der Bruderschaft der |Black Dagger| lebt, hat dankenswerterweise wieder einen Auftritt. Er vermisst nach wie vor die schöne Vampirin Marissa, die er liebt, die aber nichts von ihm wissen will. Den Grund dafür verwehrt die Autorin den Lesern aber bisher leider. Hoffentlich nur, um die Spannung zu halten bzw. zu forcieren – denn es wäre schade, wenn dieser Strang ungeklärt im Sande verliefe.

O beschafft für Bella einen Vampir, der ihr als Nahrungsquelle dienen soll. Doch dieser kann entfliehen, und Butch, Phury und Vishous erfahren von dem Entflohenen, dass Bella noch lebt. Daraufhin ist Z natürlich nicht mehr zu halten, und er und seine dunklen BD-Brüder machen sich auf in das Lesserzentrum, um Bella zu befreien. Danach legen sie das Zentrum in Schutt und Asche. Z kümmert sich rührend um die verletzte und entkräftete Vampirin, und zwischen ihm und seinem Zwillingsbruder entwickelt sich eine immer stärkere Rivalität um Bellas Gunst. Und während Z an Bellas Bett wacht, wird er erneut von Erinnerungen an seine Sklavenzeit heimgesucht – und er erhält für den Leser immer mehr charakterliche Tiefe.

Als es Bella wieder besser geht, sucht sie nach wie vor Zs Nähe, findet seinen asketischen, aber vernarbten Körper wunderschön, sie nährt sich von ihm, denn für sie ist Z der ‚Einzige‘. Doch er stößt sie immer wieder schroff von sich, weil er sich aufgrund seiner Vergangenheit für unrein hält, dabei verzehrt er sich nach ihr.

Der Leser erfährt in diesem Zusammenhang auch Rückblicke auf die Zeit, in der Phury seinen Zwillingsbruder Z suchte, dessen Herrin Catronia den Hof machte, schließlich Z befreite und dabei sein eigenes Bein opferte. Als Z, Butch und Phury Bella auf ihren Wunsch nachts zu ihrem Haus bringen, sieht sie Z im Kampf mit einem Lesser, erkennt, wie brutal er dabei vorgeht – und steht unter Schock (was für eine Vampirin recht menschlich wirkt).

O verfolgt derweil bei den Lessern eigene Pläne, um an die Macht zu kommen und X seiner Position zu berauben. Als ihm das gelungen ist, kennt er nur noch ein Ziel: Er will Bella zurück in seine Gewalt bekommen und Z, der sie befreit hat, töten.

Bellas Bruder jedoch wartet ungeduldig auf Bellas Rückkehr in ihrem Haus. Er ist nicht gut auf die |Black Dagger| zu sprechen, die er für rücksichtslos Frauen gegenüber hält. Rehvenge will Bella fortan durch eine „Bannung“ schützen … Wird Z sie jemals wiedersehen – oder sie durch die Bannung auf ewig verlieren?

_Meine Meinung:_

Nun könnte man meinen, bei „Black Dagger“ liefe alles nach Schema F ab und es ginge nur um die einzelnen Liebesgeschichten. Flüchtig betrachtet ist das vielleicht so, aber im Gesamten bietet die Serie erheblich mehr. Denn da ist ja neben dem |Black Dagger|-Strang noch die Handlungsebene der Lesser, die ebenfalls immer mehr Gestalt annimmt. Aber auch innerhalb der Bruderschaft der |Black Dagger| brilliert jeder Charakter durch eine eigene, starke und teils sehr eigenwillige Persönlichkeit – und das Vampir-Universum, das die Autorin erschafft, wird immer komplexer und dichter, und das auf eine leicht erzählte Weise. Somit ist „Black Dagger“ flotte vampirische Unterhaltung, in der auch die Action und Erotik nicht zu kurz kommen, dies aber auf einem guten Niveau und in einer guten Ausgewogenheit.

Die Aufmachung ist wie immer ansprechend, die Covermotive verströmen alle die gleiche Atmosphäre, und insgesamt betrachtet sollte diese Serie bei keinem Vampirliteraturliebhaber fehlen.

_Fazit:_ J. R. Ward webt ein immer dichteres Vampirserien-Netz rund um die |Black Dagger|-Bruderschaft und ihre Pro- und Antagonisten. Wer sich flott und spannend – mit einer Prise Erotik – unterhalten lassen will, ist hier an der richtigen Adresse.

_Die Autorin:_

Jessica Rowley Pell Bird (geboren 1969 in Massachusetts, New England) ist sowohl unter ihrem Geburtsnamen Jessica Bird als auch unter ihrem Pseudonym J. R. Ward schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter eines Bankvorstandes und einer Architekturzeichnerin und hält ein Diplom in Rechtswissenschaften. Sie ist seit 2001 mit dem Unternehmensberater Neville Blakemore verheiratet und lebt mit ihm mittlerweile in Louisville, Kentucky.

Ihren ersten Roman „Leaping Hearts“ veröffentlichte sie 2002 und erhielt 2007 den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| für „Lover Awakened“ („Mondspur“ & „Dunkles Erwachen“) aus der |Black Dagger|-Serie sowie im gleichen Jahr den |RITA Award| des Schriftstellerverbands „Romance Writers of America“ für ihr Buch „From the First“. Für beide Awards war sie darüber hinaus bereits vielfach nominiert.

|Die Black-Dagger-Serie:|

Dark Lover (September 2005) – „Nachtjagd“ (Part 1) und „Blutopfer“ (Part 2)
Lover Eternal (März 2006) – „Ewige Liebe“ (Part 1) und „Bruderkrieg“ (Part 2)
Lover Awakened (September 2006) – „Mondspur“ (Part 1) und „Dunkles Erwachen“ (Part 2)
Lover Revealed (März 2007) – „Menschenkind“ (Part 1) und „Vampirherz“ (Part 2)
Lover Unbound (September 2007) – „Seelenjäger“ (Part 1, deutsch im März 2009)
Lover Enshrined (Juni 2008)

|Originaltitel: Lover Awakened (Part 1)
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
Broschur, 320 Seiten
Titelfoto von Dirk Schulz / Titelgestaltung von Animagic Bielefeld
ISBN-13: 978-3-453-56511-1|

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Ward, J. R. – Bruderkrieg (Black Dagger, Band 4)

Band 1: [„Nachtjagd“ 5283
Band 2: [„Blutopfer“ 5301
Band 3: [„Ewige Liebe“ 5358

_Überblick:_

|Düster, erotisch, unwiderstehlich – die letzten Vampire kämpfen um das Schicksal der Welt.|

Sie sind eine der geheimnisvollsten Bruderschaften, die je gegründet wurden: die Gemeinschaft der |Black Dagger|. Und sie schweben in tödlicher Gefahr: Denn die |Black Dagger| sind die letzten Vampire auf Erden, und nach jahrhundertelanger Jagd sind ihnen ihre Feinde gefährlich nahe gekommen. Doch Wrath, der ruhelose und maßlos attraktive Anführer der |Black Dagger|, weiß sich mit allen Mitteln zu wehren. Die Schlacht beginnt!

Band 4: Rhage, der schönste und tödlichste Krieger der |Black Dagger|, hat, ohne es zu wollen, große Gefahr über die Bruderschaft gebracht: Die Gesellschaft der Lesser plant seine Vernichtung, und die Jungfrau der Schrift will seinen Verstoß gegen ihre Gebote bestraft sehen – denn Rhage hat sich in eine menschliche Frau verliebt, die todkranke Mary Luce. Obwohl Wrath, der König der Vampire, seinen Bruder beschützen will, muss er sich dem Willen der Jungfrau beugen.

Um Mary zu retten, lässt sich Rhage auf ein gefährliches Spiel ein: Nur wenn es ihm gelingt, den entsetzlichen Fluch zu überwinden, der seit einem Jahrhundert auf ihm lastet, hat er eine Chance gegen die übermächtige Bedrohung. Und während er sich seinen Feinden entgegenstellt, muss Mary ihren ganz eigenen Kampf aufnehmen …

_Handlungsverlauf:_

Wie in jedem Black-Dagger-Band beginnt auch dieser mit dem Glossar der Begriffe und Eigennamen. Und dann ist man wieder drin – in der Welt der |Black Dagger| – und alles scheint in „innerem Aufruhr“ zu sein.

Mary wurde von Rhage auf das Anwesen der |Black Dagger| gebracht und kämpft aussichtslos gegen ihre Gefühle für ihn, und Rhage wiederum mit dem Ungeheuer in sich. Mary spürt und weiß, dass Rhage mit anderen Frauen Sex hat, um seine Emotionen zu bekämpfen und somit das Ungeheuer in sich. Mary will das Anwesen verlassen, weil sie die Eifersucht nicht erträgt, die sie zerfrisst, weil sie ihn gedanklich immer mit anderen Frauen sieht. Doch Rhage will sie nicht gehen lassen und erzählt Mary endlich, warum er das tun muss und nicht mit ihr schlafen kann, verspricht ihr aber, das Untier in sich künftig anders zu stoppen. Er gesteht Mary, dass er sie liebt.

Rhage besitzt für Mary die Schönheit eines gefallenen Engels, und sie lieben sich das erste Mal. Nun könnte alles gut werden, doch Mary ist durch ihre Leukämieerkrankung immer geschwächter und gleitet mehr und mehr in die Krankheit ab. Da Rhage für Mary die Regeln gebrochen hat, keinen Menschen in die Bruderschaft zu bringen, muss er sich einem harten Bestrafungsritual durch alle |Black Dagger| unterziehen.

Mary und Rhage haben einen Streit, nachdem Mary zurück in ihre Wohnung will. Sie ruft die Vampirin Bella, ihre Nachbarin und Freundin, an. Die erkundigt sich auffällig nach Zsadist, einem |Black Dagger|, dem sie einmal kurz auf dem Anwesen begegnet ist, als sie und Mary John zu den |Black Daggern| brachten. Zsadist hat einen bleibenden Eindruck in ihr hinterlassen.

Mary kehrt nach Hause zurück – doch Rhage taucht dort auf, um sie zurückzuholen. Aber Mary steht vor einer neuen Chemotherapie, von der sie weiß, dass diese sie körperlich verändern wird, und sie will, dass Rhage sie so, wie sie jetzt ist, in Erinnerung behält. Doch er nimmt sie und ihr Hab und Gut mit zurück auf das Anwesen der Bruderschaft. Mary lässt ihr altes Leben hinter sich.

Rhage veranstaltet für sie eine kleine Feier, zu der auch Bella eingeladen wird. Die hält die ganze Zeit Ausschau nach Zsadist – und die Leser ahnen schon, dass sich hier das nächste Paar anbahnt. Was Bella über Zsadist hört, ist abschreckend, aber nicht für sie. Doch als sie ihm Avancen macht, reagiert er brüsk und abweisend, verlässt die Feier, aber Bella folgt ihm.

Auch Zsadist fühlt sich von ihr angezogen, doch sie ruft auch Erinnerungen in ihm wach – an seine Zeit als in Ketten gelegter Blutsklave, als seine Herrin ihn vergewaltigte und sein Blut trank, und er fühlt Scham vor Bella wegen seiner Narben und Hässlichkeit und seinem schwarzen, bösartigen Wesen. Es verunsichert ihn, dass sie erkennen lässt, dass sie ihn wirklich will. Er ist damit völlig überfordert.

Die Lesser bauen weiter an ihrem neuen Zentrum unter Mr. Os Leitung. Dieser denkt an seine ehemalige Liebe Jennifer zurück. Er hält einen Vampir gefangen und foltert ihn, um mehr über die |Black Dagger| zu erfahren – und bekommt heraus, dass sich einige von ihnen gelegentlich in einer Kneipe namens „One Eye“ aufhalten, wo er ihnen auflauern will.

John Matthew ringt mit sich und Tohrments Angebot, in die Gemeinschaft der |Black Dagger| zu kommen. Dann merkt er, dass ihm ein Lesser auf der Spur ist und ihm Gefahr droht. So ruft er Tohr zu Hilfe. Er beschließt, zu den |Black Daggern| zu ziehen, und Tohr sowie dessen Frau Wellsie nehmen ihn bei sich auf. Tohr offenbart John, dass auch er bald ein Vampir werden wird. Was ihn jedoch beschäftigt, ist Johns Narbe, denn diese erhalten die |Black Dagger| erst später und werden nicht damit geboren. Also woher hat John sie jetzt schon vor seiner Tansition?

Dann bricht in Rhage die Bestie aus – auch sie will Mary. Und endlich erzählt Rhage ihr von dem Fluch und der Bedeutung das Drachentattoos auf seinem Rücken – und dass die Bestie auch Mary will, was er nicht zulassen kann. Aber sie erwidert: Dann soll sie mich haben – und alles scheint sich zu fügen. Doch da ereilt Mary die Diagnose, dass der Krebs in ihr unheilbar ist … Zu allem Überfluss wird auch noch Bella entführt …

_Meine Meinung:_

Eines kann man J. R. Ward nicht vorwerfen: dass ihre Texte langweilig wären. Und schwafelig sind sie auch nicht – dankenswerterweise. Das ist flott erzählt, atmosphärisch, ausgewogen und hin und wieder blutig – alles wohl dosiert. Vielleicht mag dem ein oder anderen Leser zu viel Liebestaumel der verschiedenen Paare in den Bänden vorkommen – doch für mein Dafürhalten ist es genau die Mischung, die J. R. Wards „Black Dagger“ so reizvoll macht.

Mittlerweile sind auch genug Fährten gelegt, die man weiterverfolgen möchte. Was wird aus Bella? Was aus ihr und Zsadist? Wie wird es mit Rhage und Mary weitergehen? Oder mit Wrath und Beth? Und vor allem, erhält auch Butch bei Marissa doch noch seine Chance? Was wird aus John? Und, und, und … und das sind nur die Fäden, die in der Bruderschaft zusammenlaufen. Denn da sind ja noch die Lesser, deren Geschichten es zu durchleuchten gilt, und es bleibt nach den ersten vier Bänden zu vermuten, dass die Autorin noch den ein oder anderen interessanten Charakter aus dem Ärmel zaubert, wenngleich die bisherigen den Leser auch schon in Atem gehalten haben und hoffentlich weiterhin werden.

Es gibt also Fragen über Fragen, die beantwortet werden wollen – hoffentlich in noch vielen Black-Dagger-Bänden!

_Fazit:_ Rasant, erotisch, düster – J. R.Ward schafft ihre eigene Welt, in die sie den Leser entführt.

_Die Autorin:_

Jessica Rowley Pell Bird (geboren 1969 in Massachusetts, New England) ist sowohl unter ihrem Geburtsnamen Jessica Bird als auch unter ihrem Pseudonym J. R. Ward schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter eines Bankvorstandes und einer Architekturzeichnerin und hält ein Diplom in Rechtswissenschaften. Sie ist seit 2001 mit dem Unternehmensberater Neville Blakemore verheiratet und lebt mit ihm mittlerweile in Louisville, Kentucky.

Ihren ersten Roman „Leaping Hearts“ veröffentlichte sie 2002 und erhielt 2007 den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| für „Lover Awakened“ aus der |Black Dagger|-Serie sowie im gleichen Jahr den |RITA Award| des Schriftstellerverbands „Romance Writers of America“ für ihr Buch „From the First“. Für beide Awards war sie darüber hinaus bereits vielfach nominiert.

|Die Black-Dagger-Serie:|

Dark Lover (September 2005) – „Nachtjagd“ (Part 1) und „Blutopfer“ (Part 2)
Lover Eternal (März 2006) – „Ewige Liebe“ (Part 1) und „Bruderkrieg“ (Part 2)
Lover Awakened (September 2006) – „Mondspur“ (Part 1) und „Dunkles Erwachen“ (Part 2)
Lover Revealed (März 2007) – „Menschenkind“ (Part 1) und „Vampirherz“ (Part 2)
Lover Unbound (September 2007) – „Seelenjäger“ (Part 1, deutsch im März 2009)
Lover Enshrined (Juni 2008)

|Originaltitel: Lover Eternal (Part 2)
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
Taschenbuch, Broschur, 304 Seiten
Titelfoto von Dirk Schulz / Titelgestaltung von Animagic Bielefeld
ISBN-13: 978-3-453-56510-4|

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Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Ende der Nacht (Bella und Edward 4)

Band 1: [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600
Band 2: [„Bis(s) zur Mittagsstunde“ 4647
Band 3: [„Bis(s) zum Abendrot“ 5456

Der Abschlussband der vierteiligen Saga um Edward und Bella wurde von den Fans sehnsüchtig erwartet, versprach er doch endlich das Happy-End unserer beiden Hauptdarsteller, aber natürlich mischen sich wieder einmal Vampire ein, die das junge Glück zerstören wollen. Schauen wir uns an, wie Stephenie Meyer der Abschluss ihrer Tetralogie gelungen ist …

_Ja, ich will_

Endlich rückt der Tag der Hochzeit zwischen Bella und Edward näher. Alice ist fieberhaft mit Planungen befasst, und Bella fügt sich geduldig in ihr Schicksal, weil die Hochzeit endlich die Ewigkeit mit ihrem Geliebten verspricht. Und so feiern die beiden eine sagenumwobene Hochzeit, auf der sich neben den Menschen auch die Werwölfe und genügend Vampire tummeln. Doch da es sich ausschließlich um vegetarische Vampire handelt, befindet sich natürlich kein Mensch in Gefahr.

Von der Feier aus geht es direkt in die Flitterwochen, von denen sich Bella ihr „erstes Mal“ erhofft, denn mit ihren 18 Jahren ist sie jungfräulich in die Ehe gestartet. Das Ziel der Reise ist ihr noch fremd, und so überrascht sie Edward schließlich mit dem Besuch der „Insel Esme“, auf der ein einsames Häuschen auf die beiden wartet. Zunächst aber ziert Edward sich ein wenig, hat er doch Angst, seiner Bella wehzutun. Und so bestätigt das erste Mal, von dem Bella im Eifer des Gefechts einige blaue Flecken davonträgt, Edwards sämtliche Befürchtungen, sodass er sich von seiner Ehefrau zurückzieht. Aber schließlich kann Bella ihren Geliebten dennoch mit einigen typisch weiblichen Tricks (Alice hatte ihr genügend Reizwäsche eingepackt …) verführen. Dabei werden zwar einige Möbelstücke in Mitleidenschaft gezogen, aber Bella übersteht den Akt ohne Blessuren. Die beiden schwelgen in Liebesglück, bis Bella plötzlich von Übelkeit geplagt wird – sie ist schwanger!

Edward sieht, wie schnell die Schwangerschaft voranschreitet, und ist entsetzt. Schnellstmöglich bringt er seine Geliebte zurück nach Forks, wo Carlisle sich um seine sichtlich hochschwangere Schwiegertochter kümmern kann. Das Baby nämlich ist schon im Bauch besonders anspruchsvoll, tritt Bella immer wieder und bricht ihr schließlich auch einige Rippen. Erst als Bella Blut zu trinken bekommt, ist das Baby besänftigt und lässt die werdende Mutter etwas in Ruhe. Doch eins ist klar: Die Geburt wird Bella als Mensch nicht überstehen; und so kommt es, wie es kommen muss: Als sich die Tochter Renesmee (eine verwegene Kombination der beiden Oma-Namen Renée und Esme) ihren Weg in die Freiheit erkämpft, bricht sie Bella sogar das Rückgrat, und Edward muss schleunigst tätig werden, um Bella die Heilung zu ermöglichen. So wird sie zu einer Vampirin, und zwar zur außergewöhnlichsten, die die Familie Cullen je gesehen hat …

_Das erste Mal_

Lange haben die Fans der Serie auf die Hochzeit von Bella und Edward gewartet – auf den romantischen Höhepunkt der gesamten Reihe. Anschließend steigert Stephenie Meyer ihren Romantikfaktor noch, indem sie die beiden Verliebten auf eine verlassene Insel schickt, wo sie ihre Flitterwochen genießen dürfen. Als es dann aber zum ersten Mal kommt, erleben wir sie nur vor verschlossenen Türen mit, denn Meyer hüllt den Mantel des Schweigens über den Akt und berichtet hinterher lediglich von Bellas Blessuren, die sie dank ihrer äußersten Verzückung (wie hätte es anders sein können?) gar nicht spürt.

Da haben die Leser nun so lange auf diesen Moment gewartet, und aus anderen Vampirbüchern kennt man ja auch das teils ausschweifende Liebesleben der Blutsauger, doch Meyer traut sich nicht, die blütenweißen Westen ihrer Hauptcharaktere mit irgendwelchen Flecken zu versehen, und zieht sich daher schüchtern zurück. In dem Moment habe ich mich schon gefragt, an welche Altersgruppe sie sich mit ihrer Reihe wendet … Auch später, als Bella zur Vampirin geworden ist und die beiden sich Nacht für Nacht im Bett verausgaben (denn Vampire brauchen keinen Schlaf), gibt sich Stephenie Meyer mit winzigsten Andeutungen zufrieden. Insgesamt passt das zwar zu ihren sterilen Figuren, aber nicht zu ihrem ansonsten mehr als ausschweifenden Schreibstil, in dem praktisch jede Fliege an der Wand mit einem Absatz Erwähnung findet …

So kommt es auch, dass bis zur Geburt der Tochter nahezu das halbe Buch – also rund 400 Seiten – vergangen ist, obwohl außer Hochzeit, Flitterwochen und stark verkürzter Schwangerschaft nichts passierte. Hier schwafelt Stephenie Meyer definitiv zu viel und ich fühlte mich von ihren Ausschweifungen mehr als einmal regelrecht genervt, insbesondere, da der zweite Teil des Buches auch noch aus Jacobs Sicht geschrieben ist, denn seine Gedanken interessierten mich herzlich wenig.

Wie auch schon in den Büchern zuvor, ist sich Stephenie Meyer nie zu schade, Edwards Perfektion in den blühendsten Worten zu beschreiben, dabei hat selbst der langsamste Leser spätestens am Ende von Band eins begriffen, dass Edwards Haut perfekt ist, seine Augen so tief, als könnte man darin versinken, sein Körper gottgleich und makellos und sein Wesen das reinste, das der |Weiße Riese| nur zaubern kann. Als er sich erstmals vor Bella entblößt, bleibt ihr folglich die Sprache weg, doch auch das tollpatschige Mädchen, für das bislang einzig Edward Augen hatte, erstrahlt als Vampirin zu ganz neuer Blüte und wird fortan mit einem Model verwechselt. Ecken und Kanten sucht man in sämtlichen Charakteren nun vergebens.

Stephenie Meyer trennt ihre Charaktere ganz klar in Gut und Böse auf, und dass am Ende selbstverständlich keinem Guten auch nur ein Haar gekrümmt wird, dürfte wohl kaum einen Leser noch überraschen …

_Charakterliche Veränderungen_

Bella verwandelt sich in diesem Buch nicht als Einzige: Da sie zur Vampirin wird, ist es nur stimmig, dass sich auch ihr Wesen verändert, doch erstrahlt sie in so hellem Licht, dass mir praktisch schlecht wurde von ihrer neuen Perfektion. So ist Bella vom ersten Tag als Vampirin an gefeit vor Menschenblut und versucht nicht einmal, einen Menschen anzugreifen. Bislang ist das noch nie passiert, aber es tauchen auch noch andere ungewöhnliche Fähigkeiten auf, die nicht wirklich authentisch wirken.

Auch Jacob macht einige Veränderungen durch. Natürlich trottelt er Bella weiterhin treudoof hinterher, unterstützt die Cullens, wo es nur geht, und gibt schließlich auch sein Einverständnis, dass Edward seine Bella ungestraft zur Vampirin machen darf. Eigentlich verstößt ein solches Handeln gegen den Pakt zwischen Vampiren und Werwölfen, doch könnte Jacob es natürlich nicht ertragen, Bella ein Haar zu krümmen. Alles wird aber anders mit der Geburt der ganz besonderen Tochter mit dem selten doofen Namen Renesmee, die Jacob sogleich als die Richtige für sich erkennt. Von nun an ist Bella bei ihm abgemeldet und der Werwolf weicht nicht von Renesmees Seite, auch wenn sie ihn immer mal wieder ein bisschen „ansaugt“, weil sie Blut schmecken möchte.

Nun steht der Freundschaft zwischen Bella und Jacob nichts mehr im Wege, was auch Edward sogleich bemerkt, der zu Jacobs bestem Freund aufsteigt. Endlich herrscht bei den dreien Friede, Freude, Eierkuchen.

Fand ich die ewige, unvergleichlich große Liebe zwischen Bella und Edward im ersten Band lediglich weichgespült, so glänzt sie hier dermaßen strahlend, dass mir die Worte fehlen. Die beiden stört das wenig: Sie verstehen sich auch ohne Worte, lieben sich so sehr, dass sie die Ewigkeit miteinander verbringen möchten, und nichts trübt ihre Liebe. Es gibt keine Missverständnisse, keinen Streit, keinen Zwist, nichts! Selbst die Streitereien wegen Jacob entfallen, was den Charakteren nun sämtliche Glaubwürdigkeit raubt.

Auch Bellas Eltern spielen kleine Rollen in dieser Posse; so ist Charlie zwar der Einzige, der leichte Bedenken anmeldet, als seine gerade mal 18-jährige Tochter heiraten möchte, während Renée sich gleich freudestrahlend in die Hochzeitsvorbereitungen stürzt und mit der Familie Cullen anfreundet, weil sie merkt, dass Bella ihre ganz große Liebe getroffen hat (welches Mädchen dachte das nicht, als es seinen ersten Freund hatte?). Später schaltet selbst Charlie sein Hirn ab, als er einfach akzeptiert, dass Jacob ein Werwolf ist und auch Bella sich verändert hat. Mehr will Charlie nicht wissen, auch wenn er ahnen muss, dass hier einiges mehr als ungewöhnlich ist. Welcher Vater würde sich so verhalten? Wohl keiner.

_Zäh wie Kaugummi_

So sehr ich mich auf den Schlussband gefreut hatte, so enttäuscht war ich schließlich. Wieder einmal hat der Lektor vergessen, mit dem Rotstift großzügig durch das Buch zu gehen und alles Überflüssige wegzulektorieren. Aber damit nicht genug, quält uns Stephenie Meyer nun mit noch strahlenderen Figuren, mit noch perfekteren Charakteren (und dabei dachte ich, dass man perfekt gar nicht mehr steigern kann …) und schließlich natürlich mit dem Sieg der Guten über die Bösen (hier verrate ich nicht zu viel, mit diesem Ende musste sicher jeder rechnen). Unter dem Strich ist das Buch somit gerade einmal für einen Kindergeburtstag geeignet, was auch dazu passt, dass Stephenie Meyer ganz verschämt sämtliche Informationen aus dem Liebesleben der Vampire auslässt.

Ich hätte das Buch gerne für gut befunden, doch leider schwächelt es nicht nur handwerklich, sondern vor allem inhaltlich. Zu wenig passiert auf der Handlungsebene, was einen mehr als 800-seitigen Schinken gerechtfertigt hätte, zudem entwickeln sich die Charaktere in eine äußerst abstruse Richtung, und leider hat es Stephenie Meyer nicht übers Herz gebracht, mal einen ihrer Guten zu opfern, um ihrer Geschichte einen Hauch an Glaubwürdigkeit zu verleihen. Und somit bin ich nun schlussendlich froh, dass die Bis(s)-Saga ein Ende gefunden hat und ich mich anderer Lektüre widmen kann – schade!

|Originaltitel: Breaking Dawn
Übersetzt von Sylke Hachmeister
860 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Empfohlen ab 14 Jahren
ISBN-13: 978-3-551-58199-0|

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Außerdem von Stephenie Meyer auf |Buchwurm.info|:

[„Seelen“ 5363

Sara Douglass – Tochter des Krieges (Das dunkle Jahrhundert 2)

Thomas Neville ist sehr zu seinem Verdruss in Chauvigny hängengeblieben. Der schwarze Prinz will ihn nicht nach England schicken, ehe er nicht herausgefunden hat, was Thomas vor ihm verbirgt. Aber erst nach einem ausgesprochen unheimlichen Ereignis setzt er den Dominikaner so unter Druck, dass dieser ihm die Wahrheit erzählt. So kommt es, dass Thomas sich zusammen mit dem Duke of Lancaster, der den gefangen genommenen französischen König nach England bringt, auf dem Weg nach La Rochelle wiederfindet. Und noch jemand reist mit dieser Gruppe: Lady Margaret, die geheimnisvolle Frau, die Thomas in einer Vision begegnet ist, und die Thomas für eine Hexe hält. Und für seine persönliche Versuchung …

Die Charakterzeichnung hat sich spürbar vertieft. Das gilt vor allem für einige der Nebencharaktere, allen voran Lady Margaret.

Margaret hat vor Kurzem ihren Mann verloren. Nun sitzt sie ohne Beschützer in einem fremden Land, und natürlich findet sich auch ein Mann, der ihre Situation ausnutzt. Dann wird sie auch noch schwanger, was ihre Lage weiter verkompliziert. Und als wäre all das nicht schon schwierig genug, verliebt sie sich auch noch in Thomas Neville, der sie für eine Hure und außerdem für eine Dämonin hält. Aber hat er mit Letzterem so unrecht?

Thomas entwickelt allmählich fast so etwas wie eine Paranoia, was die Dämonen angeht. Schon die geringste Kritik an der Kirche oder den gesellschaftlichen Zuständen lässt ihn den jeweiligen Sprecher für einen Dämonen halten. Offenbar kann er niemandem mehr trauen, nicht einmal seinen früheren Freunden, was die Situation für ihn besonders schwierig macht. Auf der anderen Seite hat er immer öfter Anflüge von Menschlichkeit, vor allem, wenn es um Margarets Kind geht, was ihn wesentlich erträglicher macht.

Ein besonders undurchsichtiger Charakter ist Thomas‘ Jugendfreund Hal Bolingbroke, der Sohn des Duke of Lancaster. Ganz offensichtlich kennt er Margaret besser, als man annehmen sollte. Etwas verbindet sie mit ihm, denn sie haben offensichtlich gemeinsame Pläne. Gleichzeitig aber unterstützt er Thomas bei seiner Suche nach dem magischen Buch Wynkyn de Wordes. Zumindest sieht es so aus … oder?

Immerhin weiß der Leser zumindest von Richard, dem Sohn des schwarzen Prinzen und Hals Vetter, was er von ihm zu halten hat: Richard ist ehrgeizig, eitel, rücksichtslos und gerissen. Kein Wunder, dass Thomas ihn für den Kern der Dämonenverschwörung hält. Dumm nur, dass Richard nach dem Tod seines Vaters der Thronerbe ist.

Die zusätzlichen Charaktere und die Intensivierung von Thomas und Margaret haben dem Buch ausgesprochen gutgetan. Nicht nur, weil durch Thomas‘ Entwicklung viel von dem weggefallen ist, was mich zuvor so an ihm gestört hat, sondern vor allem, weil Margaret durch ihren inneren Zwiespalt der Geschichte eine gute Portion Menschlichkeit hinzugefügt hat.

Auch Hal war ein großer Gewinn, nicht unbedingt die Persönlichkeit als solche, aber ihre Funktion innerhalb der Handlung. Noch mehr als Margaret sorgt er dafür, dass die Sache undurchsichtig bleibt. Der Leser wird immer wieder aufs Neue aufs Glatteis geführt. Mal entsteht der Eindruck, dass Hal tatsächlich auf Thomas‘ Seite steht und ihm hilft. Dann wieder kommt eine Szene, die diesem Eindruck zu widersprechen scheint und so die Figur zurück in die Grauzone führt.

Manchmal sieht es sogar so aus, als sei Hal damit gar nicht allein. Von dem Zeitpunkt an, als Thomas in Lancasters Gefolge nach England aufbricht, entfernt er sich immer weiter von seinem Leben als Mönch, und seltsamerweise gibt Lancaster mehrmals den Anstoß für den nächsten Schritt in dieser Entwicklung. Zufall?

Tatsache ist, dass Thomas sich lenken lässt, und zwar nicht unbedingt von demjenigen, den er sich dafür ausgesucht hat, dem Erzengel Michael. Vor sich selbst kann er das allerdings nicht zugeben, stattdessen beschönigt er sein Verhalten vor sich selbst. Erstaunlich, dass er dadurch nur sympathischer wird.

Natürlich stellt sich der Leser angesichts der Entwicklung die erwartete Frage: Wer sind hier eigentlich die Guten und wer die Bösen? Diese Frage wird dadurch umso verzwickter, dass der Leser nicht sicher weiß, wer jetzt tatsächlich ein Dämon ist und wer nicht. Und dass er, wenn er den Andeutungen folgt, vor einem Problem steht: nämlich dass Gut und Böse sich nicht mit Mensch und Dämon deckt!

Von dieser Zwickmühle lebt das gesamte Buch. Sara Douglass hat es hervorragend verstanden, alles in der Schwebe zu halten. Selbst wenn sie Teile des Geheimnisses aufzudecken scheint, kommt der Leser dem Kern des Rätsels nicht näher, er pendelt immer nur hin und her, als säße er auf einer Schaukel. Und obwohl sich an äußerer Handlung nicht viel tut, kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Die Tatsache, dass die Geschichte vor einem historischen Hintergrund spielt und zu einem inzwischen nicht unerheblichen Teil von historischen Figuren getragen wird, wie dem Duke of Lancaster oder Richard II., verleiht dem Ganzen zusätzliche Würze.

_Um es kurz zu machen:_ Der zweite Band des Zyklus hat sich verglichen mit dem ersten massiv gesteigert. Obwohl man das so eigentlich nicht sagen kann, denn der Anfang des Buches knüpfte so unmittelbar an das Ende seines Vorgängers an, dass ich den Verdacht hegte, hier wäre wieder einmal ein Buch in zwei Teile gehackt worden. Ein Verdacht, der sich leider bestätigt hat. Insofern wäre es zutreffender zu sagen, dass das Buch ein wenig Warmlaufzeit benötigt, da sich die Autorin zunächst hauptsächlich ihrem Hauptprotagonisten und ihrem Hintergrund gewidmet, aber ab der zweiten Hälfte ihr Augenmerk vermehrt auf ihren Plot gerichtet hat und ab da die Sache an Komplexität und Intensität gewinnt. Es lohnt sich also, ein wenig Geduld aufzubringen. Als Belohnung winkt ein fesselndes Rätsel, das zu lösen spannender ist als jeder Thriller. Zumindest für mich.

_Sara Douglass_ arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaumzyklus| stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Außer dem |Weltenbaumzyklus| und dem |Sternenzyklus| schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. Zurzeit schreibt die Autorin an ihrer neuen Trilogie |Darkglass Mountains|. Die nächste Veröffentlichung auf Deutsch kommt im März dieses Jahres unter dem Titel „Gesandter des Teufels“ in die Buchläden.

|Originaltitel: The Nameless Day. The Crucicle
Aus dem australischen Englisch von Sara Riffel
403 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-492-70163-1|

My Сreative


http://www.piper-verlag.de

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_

[Hüter der Macht 4812 (Das dunkle Jahrhundert 1)
[Die Sternenbraut 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[Sternenströmers Lied 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[Tanz der Sterne 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[Der Sternenhüter 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[Die Göttin des Sternentanzes 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[Der Herr des Traumreichs 1037
[Die Glaszauberin 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[Der Steinwandler 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[Die sterblichen Götter Tencendors 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)
[Die Wächter der Zeiten 2947 (Im Zeichen der Sterne 2)
[Die letzte Schlacht um Tencendor 3608 (Im Zeichen der Sterne 3)

Campbell, Alan – Devil\’s Night (Kettenwelt-Chroniken 2)

Ulcis, der Gott der zerstörten Kettenstadt Deepgate, wurde besiegt, und nun befindet sich dort ein Tor zur Hölle, wodurch Dämonen und Geister mehr oder weniger ungehindert in die obere Welt gelangen können. König Menoa, der die längste Zeit sein Dasein in der Unterwelt gefristet hat, will seine Chance nutzen und erschafft mächtige Archoniten, mit deren Hilfe er die richtige Welt zerstören will.

Der Archon Dill, dem sein kurzer Aufenthalt in der Hölle noch immer schwer zu schaffen macht, und die Spine Rachel müssen nun vor der Tempelarmee flüchten. Sie finden für kurze Zeit in einem Gasthaus in Sandport Unterschlupf, doch auch dort können sie sich nicht allzu lange vor ihren Feinden verstecken. Schon bald werden sie entdeckt und zurück nach Deepgate gebracht, wo sie gehärtet werden sollen, um sich daraufhin der Tempelarmee anzuschließen.

Doch dazu soll es nicht kommen. In der Nacht, bevor die Härtung an Dill und Rachel vollzogen werden soll, ergreift der Geist eines Tempelarchons direkt aus der Hölle Besitz von Dills Körper und schickt dessen Seele zurück ins Labyrinth, in die Hölle. Ungefähr zur selben Zeit gelingt Rachel die Flucht aus ihrem Gefängnis und sie nimmt Dills Körper, der nun von dem Tempelarchon Trench behaust wird, mit sich. Sie versucht, Dills Körper so gut wie möglich zu schützen, denn nur wenn es Trench gelingt, die Botschaft zu übermitteln, derentwegen er Dills Körper gestohlen hat, wird Dill seinen Körper zurückerlangen. Doch dies setzt voraus, dass Dills Seele im Labyrinth überlebt …

_Eindrücke:_

Der erste Teil der Kettenwelt-Chroniken, [„Scar Night“, 4484 hat mir relativ gut gefallen und somit hatte ich auch dementsprechend hohe Erwartungen an den Folgeband. Ob diese letztendlich erfüllt wurden, fällt mir allerdings recht schwer zu sagen. Denn einerseits gab es einige Aspekte in „Devil’s Night“, die mich ebenso fasziniert haben wie bei „Scar Night“, andererseits gab es auch wieder Elemente in diesem Folgeband, welche die guten Aspekte in einem großen Teil zunichte machten und mich einfach nur enttäuschten.

Einmal wäre da zum Beispiel die irritierende Inhaltsangabe auf der Rückseite des Buches, die beim Leser völlig falsche Erwartungen auslöst. Dort wird nämlich eine ganz andere Geschichte beschrieben als die, welche letztendlich im Buch erzählt wird. Der Klappentext behauptet, dass Dill nach Sandport flüchte und sich dort als Bettler durchschlagen müsse, was schon mal Unsinn ist, da Dill die meiste Zeit in der Hölle verbringt. Möglicherweise hätte damit auch Trench gemeint sein können, der lange Zeit im Besitz von Dills Körper ist, doch dieser geht ebenfalls nicht nach Sandport und wird erst recht zu keinem Bettler. Dazu kommt noch, dass behauptet wird, die Tempelarmee hätte Dills Flügel gestohlen – ebenfalls Quatsch. Dill bzw. Trench verliert zwar seine Flügel, doch sicher nicht durch die Hände der Spine. Zuletzt ist noch von magischen Pennys die Rede, mit welchen Dill einen bösen Teufel beschwören soll, was aber schon mal gar nicht funktioniert, weil diese Pennys in dem Buch ebenfalls nicht existieren. Daher kann mit ihnen auch kein namenloser Teufel beschworen werden. Die Story im Klappentext ist somit von vorn bis hinten völlig falsch und irreführend wiedergegeben, und ich frage mich, wie solch eine Inhaltsangabe zustande kommen und den Weg auf die Rückseite eines Buches finden kann. Dass es sich hierbei um die Inhaltsangabe des dritten Bandes handeln könnte, bezweifle ich ebenfalls stark, denn diese Beschreibung würde als Folgeband von „Devil’s Night“ ebenfalls nicht passen.

Was mir an der tatsächlichen Geschichte von „Devil’s Night“ sehr gefallen hat, waren diese irren und wahnsinnigen Ideen, die Alan Campbell zur Genüge eingebaut hat und die man teilweise schon aus „Scar Night“ kennt. Alan Campbell verfügt über einen großen Ideenreichtum, der sich bei seinen Kettenwelt-Chroniken allerdings stark auf verrückte, gewalttätige und ziemlich düstere Ideen beschränkt, die alle ein wenig dem Wahnsinn anheimgefallen sind. Da wäre zum Beispiel die Figur John Anchor, bei der es sich um einen Riesen handelt, der das Luftschiff des Gottes Cospinol an einem langen Seil hinter sich her zieht und für seinen Herrn Seelenperlen einsammelt. Die Vorstellung an sich ist schon ein wenig irre, doch wie Alan Campbell den Charakter von John Anchor gestaltet hat, toppt das alles noch einmal. John Anchor wirkt nicht unbedingt böse oder mächtig, sondern eher ein bisschen einfältig, eigenartig und naiv – sehr zum Leidwesen des Gauners Caukler, der das genaue Gegenteil ist und dennoch mit John Anchor reisen muss, da er in dessen Schuld steht.

Ebenso gut gefallen hat mir die Darstellung der Hölle bzw. die des Labyrinths von Iril. Das Labyrinth wird auf eine sehr seltsame und kaum vorstellbare Weise beschrieben. Jeder, der in der Hölle lebt, besitzt einen eigenen Raum, der seine Seele darstellen soll und sich demnach stets dem Zustand des Bewohners anpasst. Die Räume drumherum gehören anderen Seelen und befinden sich ebenfalls ständig im Wandel.

Etwas, das mich allerdings schon am ersten Band ein wenig störte, sind die zwei Protagonisten des Buches. Dill wirkt noch sehr jugendlich, naiv und erscheint mir, ebenso wie Rachel, einfach zu blass für einen Hauptcharakter. Ich konnte mich weder in Dill noch in Rachel hineinversetzen oder mit ihnen mitfühlen, da mir Dill ein wenig zu blöd und naiv ist und Rachel in ihrer Persönlichkeit einfach ein wenig zu langweilig und oberflächlich. Schade eigentlich, denn hätte sich Alan Campbell neben seinen grandiosen Ideen auch ein bisschen mehr den einzelnen Charakteren gewidmet, wäre das Buch sicherlich noch mal ein ganzes Stück besser gewesen. So fehlt für mich einfach ein stimmiger Protagonist, und das Buch wirkt letztlich ein wenig unausgereift.

Was ich allerdings am ärgerlichsten fand, war der Schreibstil. Wäre der Erzählstil nicht so ausführlich und dermaßen in die Länge gestreckt gewesen, wäre man nicht ständig versucht, einige Seiten zu überfliegen, statt sie aufmerksam zu lesen. Doch so war der Geschichte in der Summe trotz der guten Ideen an vielen Stellen einfach nur langweilig erzählt. Das macht letztendlich alles mehr oder weniger zunichte.

Das Ende von „Devil’s Night“ ist ein offenes. Es endet praktisch mitten in einer Handlungswende und bietet somit eine Menge Stoff für einen dritten Teil. Ob ich diesen allerdings noch lesen werde, steht noch in den Sternen, da ich von „Devil’s Night“ eher frustriert war.

_Fazit:_

Letztendlich war ich von „Devil’s Night“ eher enttäuscht. Alan Campbell hat eine Menge toller Ideen in seine Geschichte eingebaut, doch die Protagonisten sind zu blass und der Schreibstil zieht die Geschichte so sehr in die Länge, dass sie an vielen Stellen einfach nur langweilig ist.

_Der Autor:_

Alan Campbell, der an der Universität von Edinburgh studierte, hat sich bereits einen Namen gemacht und eine große Fangemeinde als Schöpfer des weltweit erfolgreichen Computerspiels „Grand Theft Auto“ gewonnen. „Scar Night“, der erste Band seiner Kettenwelt-Trilogie, ist Campbells literarisches Debüt. Heute lebt der Autor im Süden Lanarkshires und arbeitet an weiteren Romanen der Kettenwelt-Chroniken, deren weitere Bände ebenso im |Goldmann|-Verlag erscheinen werden. (ergänzte Verlagsinfo)

|Die Kettenwelt-Chroniken:|

(2006) [Scar Night 4484 („Scar Night“)
(2008) „Lye Street – A Novella of the Deepgate Codex“ (noch kein dt. Titel)
(2008) Devil’s Night („Penny Devil“ [UK-Ausgabe] / „Iron Angel“ [US-Ausgabe])

|Originaltitel: Iron Angel
Originalverlag: Macmillan
Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda
Paperback, Broschur, 512 Seiten, 13,5 x 20,6 cm
ISBN-13: 978-3-442-46269-8|
http://www.goldmann-verlag.de
http://www.alanmcampbell.co.uk

Melzer, Brigitte – Jägerin, Die (Vampyr 2)

In Brigitte Melzers Roman [„Vampyr“ 5459 ließen wir die Protagonisten in einer reichlich prekären Situation zurück: Nach dem alles entscheidenden Kampf mit dem Fiesling war Daeron lebensgefährlich verwundet worden. Catherine, in Ermangelung einer Alternative, machte ihn daraufhin zum Vampir. Im Folgeband „Vampyr. Die Jägerin“ erfährt der geneigte Leser nun, wie es mit Catherine und Daeron weitergeht.

Catherine, schon immer empfindsam, konnte es offenbar nicht ertragen, dass sie Daeron ebenfalls zu einem Leben als Vampir verdammt hat – wenngleich ihre Absichten natürlich redlich waren. Davon überzeugt, dass Daeron sie nun verabscheut, verlässt sie ihn. Sie hofft, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, die Vampirwerdung praktisch ‚umzukehren‘, und sucht verzweifelt nach dieser Methode, da sie davon ausgeht, dass Daeron ihr nur verzeihen wird, wenn sie ihn vom Vampirismus heilen kann.

Daeron hat derweil lange nicht so viele Probleme mit seinem neuen Zustand, wie Catherine angenommen hat. Er beschließt, sich von Tierblut zu ernähren, und da diese Methode die meisten moralischen Probleme des Vampirimus beseitigt, erfreut er sich ansonsten seiner neu gewonnenen Kräfte. Er sucht verzweifelt nach Catherine, kann sich aber gleichzeitig nicht erklären, warum sie ihn verlassen hat. Als die beiden dann endlich in Edinburgh wieder aufeinandertreffen, ist Catherine mit ihren Nachforschungen schon weit vorangekommen: Um Daeron (und sich) vom Vampirismus zu befreien, muss sie den allerersten Vampir töten. Das gelingt aber nur mit einem bestimmten christlichen Artefakt, von dem allerdings niemand weiß, wo es sich befindet. Doch auch der erste Vampir weiß, dass ihm dieses Artefakt gefährlich werden kann – für ihn Grund genug, es in seinen Besitz zu bringen.

Damit nicht genug, taucht zeitgleich in Edinburgh eine Handvoll Vampirjäger auf, die es auf alles abgesehen haben, was spitze Zähne hat. Doch wäre es nicht eine gute Idee, wenn sich die Jäger mit Catherine und Daeron verbünden würden, um den Obervampir zu vernichten?

Im zweiten Teil von Brigitte Melzers Romanreihe treffen wir altbekannte Charaktere wieder, allen voran natürlich Catherine und Daeron. Allerdings tritt Melzer glücklicherweise nicht erzählerisch auf der Stelle, und so baut sie eine ganze Reihe neuer Charaktere in die Handlung ein, die sie darüber hinaus an einem neuen Schauplatz (Edinburgh) spielen lässt. Das macht „Die Jägerin“ im Ganzen spannender und abwechslungsreicher als den Vorgängerband.

Melzers neue Lieblingsprotagonistin ist offensichtlich die Vampirjägerin Alexandra. Deren Familie wurde vom Unendlichen niedergemetzelt, als sie noch ein junges Mädchen war. Damals schwor sie Rache, und seitdem ist sie mit drei Männern unterwegs, um Vampire zu vernichten. Alexandra ist eine taffe Heldin, ganz wie man sich eine Jägerin eben vorstellt. Dahinter verblasst Catherine zusehends. Anstatt stärker, hat sie der Vampirimus vielmehr schwächer gemacht. Für jeden Handgriff scheint sie Daerons Hilfe zu benötigen, und selbst auf die Idee, sich von Tierblut zu ernähren, kommt sie nicht allein. Da macht es deutlich mehr Spaß, Alexandras Entwicklung zu folgen, der Melzer natürlich – zwischen all der Kämpferei und dem Weltretten – auch noch eine Liebesgeschichte auf den Leib schreibt.

Auch die Beschreibungen der Handlungsorte, im ersten Roman noch ein Schwachpunkt, haben sich stark verbessert. Edinburgh kommt wirklich sehr plastisch daher, und für den Leser ist es einfach, das Setting vor dem inneren Auge erstehen zu lassen. Viel spielt sich in „Die Jägerin“ in einer Close ab, einer engen Gasse, die von der Royal Mile (der damaligen Hauptstraße) hinab zum Nor Loch (wo sich heute – ganz unromantisch – der Bahnhof der Stadt befindet) führte. Diese ganz bestimmte Gasse, nämlich die Mary King’s Close, existiert(e) tatsächlich. Sie wurde freigelegt und kann seit 2003 besichtigt werden (sehr empfehlenswert übrigens). Melzer gelingt es also, schottischen Charme zu versprühen. Die Handlungsorte sind düster und irgendwie unheimlich – was natürlich ein echtes Muss ist, wenn man einen Vampirroman schreibt, der noch dazu in Schottland spielt.

Einige Ungereimtheiten gibt es dennoch. Melzer scheint sich an die Vampirtheorie aus „Lost Boys“ zu halten, nachdem der Obervampir vernichtet werden muss, um alle anderen Vampire wieder zu Menschen werden zu lassen. Woher Catherine und Daeron allerdings das Wissen beziehen, dass es sich gerade bei dem einzigen anderen Vampir, den sie kennen, um den ersten Vampir handelt, das bleibt wohl Melzers Geheimnis. Auch erscheint es ein wenig ‚billig‘, das alte Thema des guten und bösen Zwillings aufzurollen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich Melzer hier eines Kunstgriffes bedient, dessen es nicht bedurft hätte.

Alles in allem ist „Vampyr. Die Jägerin“ jedoch ungleich besser gelungen als der Vorgängerroman. Die Handlung ist verschachtelter und bietet mehr Spannung. Es gibt mehr überraschende Wendungen und detektivischen Einsatz der Charaktere. Außerdem wurde eine ganze Reihe neuer Figuren hinzuerfunden, um die Story frisch zu halten und Raum für weitere Geschichten zu schaffen. Melzer ist ein kurzweiliger Roman gelungen, der zwar nicht mit Tiefgang daherkommt, dafür aber mit einer unterhaltsamen Geschichte.

|Empfohlen ab 14 Jahren
319 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-8000-5350-6|

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Außerdem von Brigitte Melzer auf |Buchwurm.info|:
[„Elyria – Im Visier der Hexenjäger“ 4700