Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Abé, Shana – Feuermagie (Der träumende Diamant 1)

_Ein Feuerwerk aus funkelnden Diamanten_

Das Volk der Drákon – Menschen, die sich in Rauch und in Drachen verwandeln können – lebt abgeschieden von der Menschheit an einem Ort namens Darkfirth. Kein Mensch darf je von ihrer Existenz erfahren, und deshalb ist es jedem Mitglied des Stammes untersagt, aus Darkfirth fortzugehen und in der Welt der Menschen zu leben.

Doch der jungen Rue gelingt durch ihren vorgetäuschten Tod die Flucht, und sie beginnt ein Leben in der Welt der Menschen, weit weg von dem verhassten Darkfirth. Dort fängt sie an, als so genannter ‚Rauchdieb‘ Juwelen zu stehlen, die auf sie wie auch auf die restlichen Mitglieder ihres Volkes eine große Anziehungskraft ausüben.

Doch Rues Existenz bleibt durch ihre Diebstähle auch vor den Drákon nicht länger geheim, weshalb Christoff, der Alpha der Drákon, eingreifen und Rue zurück nach Darkfirth bringen will. Mit Hilfe des Diamanten „Herte“ stellt er Rue eine Falle, was aber nicht so funktioniert, wie er es gerne gehabt hätte: „Herte“ wird von einem weiteren Drákon gestohlen, und Rue ist die Einzige, die weiß, in wessen Händen sich der Diamant befindet.

So kommt es, dass Christoff und Rue untereinander einen Deal vereinbaren: Rue soll ihm helfen, „Herte“ zu finden und den Dieb dingfest zu machen. Sollte sie es schaffen, erlangt sie ihre Freiheit zurück, doch sollte sie versagen, muss sie in Darkfirth bleiben und Christoff heiraten. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach London und beginnen mit der Jagd auf den Dieb. Dabei versucht Christoff, Rues Herz für sich zu gewinnen, und obwohl Rue sich anfangs wehrt, vermag auch sie ihre Gefühle für ihn nicht lange zu verstecken.

_Eindrücke:_

Bevor die eigentliche Geschichte anfängt, wird der Leser erst einmal mit einem Prolog in die Geschichte und die Welt der Drákon eingeführt. Dort erzählt Shana Abé einiges über das Volk der Drákon, wie zum Beispiel über die Macht der Diamanten, die Kriege, welche die Drákon mit den Menschen geführt haben, und was sonst noch alles geschehen ist, was das Leben der Drákon stark beeinflusst hat. Dadurch erfährt man als Leser einige wichtige Informationen über die Drákon, welche für den späteren Verlauf der Geschichte wichtig sind und die man nur schwerlich in die eigentliche Geschichte hätte einbauen können. Dennoch hat mich der Prolog erst wenig überzeugt. Er ist etwas gewöhnungsbedürftig und klang für den Rest der zu erwartenden Geschichte nicht besonders vielversprechend. Er hinterließ bei mir die Vermutung, dass es sich bei „Feuermagie“ um eine typische und etwas langweilige Drachengeschichte handelt, die es dergestalt es schon zuhauf in den Bücherläden gibt und auf die man ganz gut verzichten kann.

Doch der erste Eindruck täuscht. Hat man nämlich den Prolog erst einmal hinter sich gelassen und ist bei der eigentlichen Geschichte angelangt, wird diese zunehmend interessant und klingt um einiges vielversprechender. Nach und nach lernen wir die Protagonistin Clarissa Rue kennen, die in Darkfirth eine schreckliche Kindheit hatte und sich durch die Vortäuschung ihres eigenen Todes aus diesem Ort davonmacht, um die Welt der Menschen kennenzulernen. Erst sind dem Leser die Beweggründe Rues unklar, aber je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr erfährt der Leser über die Gründe, welche Rue dazu trieben, Darkfirth zu verlassen. In London beginnt sie schließlich ein neues Leben und wird nicht nur zur Diebin, sondern entwickelt auch ein stärkeres Selbstvertrauen. Sie ist wild, frei, vorlaut und alles andere als eine feine Dame der Gesellschaft. Ich finde Rues Charakter mehr als gelungen und schloss sie bei der Lektüre sofort in mein Herz.

Auch Christoff bzw. Kit, den Alpha der Drákon, lernt der Leser kennen. Der zweite Hauptcharakter wird ebenso wie Rue nicht als perfekt dargestellt, sondern mit einigen Macken. Er wirkt anfangs auf den Leser wie ein egoistischer und eitler Herrscher, der immer nur seinen Willen durchsetzen möchte und nichts anderes kann als Befehle zu erteilen. Auch Rue gegenüber benimmt er sich erst wie ein Ekel und erst später, wenn Rue und Christoff alleine in London sind und den Dieb jagen, verändert sich sein Charakter; zunächst kaum merklich, dann aber zunehmend, bis man schließlich auch ihn ins Herz geschlossen hat. Die Tatsache, dass die Protagonisten nicht allzu perfekt und klischeelastig dargestellt werden, ist ein großer Pluspunkt in „Feuermagie“, da sie hierdurch einen völlig eigenen und außergewöhnlichen Charakter entwickeln können und gemeinsam, trotz der vielen Streitereien, einfach ein perfektes Team bilden.

„Feuermagie“ ist nicht nur eine Fantasygeschichte, wie man vermuten könnte, sondern vereint in sich noch einige andere Genres. Das Hauptaugenmerk liegt nämlich weniger auf dem Fantasygehalt, sondern mehr auf der sich anbahnenden Liebesgeschichte zwischen Rue und Christoff, welche auch mit einer dezenten Prise Erotik unterlegt wird. Gleichzeitig ist „Feuermagie“ aber auch eine historische Erzählung aus dem 18. Jahrhundert und überdies ein Abenteuerroman. Man sollte meinen, dass bei so einer Vielfalt von verschiedenen Genrerichtungen die eine oder andere darunter etwas zu kurz kommt, aber dem ist nicht so. Ob nun die Liebesgeschichte, die Fantasy- oder die Abenteuergeschichte, alles wird komplett ausgeschöpft und kein Bestandteil kommt in irgendeiner Weise zu kurz. Alles zusammen genommen, leigt eine wirklich gelungene Mischung aus verschiedenen Genretypen vor, und man wird von der ersten bis zur letzten Seite durchgehend und zudem spannungsreich unterhalten.

Anders als bei vielen Liebes- und Erotikgeschichten geht es Shana Abé hierbei ein wenig langsamer an. Während es in anderen Liebesromanen relativ zügig zur Sache geht und alles sehr genau beschrieben wird, dauert es bei „Feuermagie“ eine ganze Weile, bis Christoff und Rue sich näher kommen. Ab und zu kommt es dann auch zu erotischen Szenen, die aber gut portioniert auftreten und der Liebesgeschichte lediglich die rechte Würze verleihen. Wenn Shana Abé eine solche Szene beschreibt, hält sie sich nie lange mit irgendwelchen Details auf und beschreibt die Szenen kurz, aber sehr schön und malerisch.

„Feuermagie“ ist, wie es der Titel schon sagt, eine absolut magische Geschichte und in jeder Hinsicht einfach nur schön. Es ist eine Geschichte voller zauberhafter Drachen, Diamanten, Feuerwerken und anderen ästhetischen Dingen, sodass der Leser das Gefühl bekommt, die Geschichte wäre selbst ein funkelnder Diamant. Shana Abé beschreibt und erzählt ihre Story so wunderbar fantasievoll und malerisch, dass vor allem weibliche Leser ganz und gar in den Bann der Erzählung geschlagen wird. Zwar ist Abés Schreibstil im Prolog ein wenig gewöhnungsbedürftig, doch das ändert sich schon beim Beginn der eigentlichen Geschichte, und ab diesem Punkt ist klar, dass uns eine wundersam schillernde und spannende Sage erwartet, die durchaus das Potenzial für das nächste Lieblingsbuch mitbringt.

_Fazit:_ „Feuermagie“ ist eine wundervolle Geschichte, die funkelt wie ein Diamant und mehrere Genres perfekt in sich vereint. Auch die Charaktere, welche durch ihre Unvollkommenheit einzigartig wirken, sind gut gelungen und man schließt sie sofort in sein Herz. Ein wirklicher Lesegenuss, vor allem für weibliche Leser.

_Die Autorin:_ Shana Abé lebt mit ihrem Mann und einem ganzen Zoo von Tieren in Südkalifornien, verrät uns der Verlag (die Website der Autorin spricht eher von fünf Kaninchen und einem Hund). Die |Wikipedia| verrät noch ein bisschen mehr: Sie wurde in Texas geboren, wuchs in Colorado auf, verbrachte einen Teil ihres Studiums in Mexico sowie Los Angeles und arbeitete in Japan als Model. Abé erhielt den |Romantic Times Career Achievement Award| und war sechsmal für den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| nominiert, wovon sie zwei gewann.

http://www.shanaabe.com

|Der träumende Diamant:|

Band 1: Feuermagie
Band 2: Erdmagie (September 08)

|Originaltitel: Drákon 1. The Smoke Thief
Originalverlag: Bantam, New York 2005
Aus dem Englischen von Marianne Schmidt
384 Seiten|
http://www.blanvalet-verlag.de

Morgan, Dave T. – Schrei des Feuervogels, Der (Die Magierkriege I)

_Inhalt:_

In Abreanna, steht die Hochzeit des Thronfolgers Gidion mit der Prinzessin des Nachbarlandes unmittelbar bevor. Die Vereinigung soll den ewigen Kampf zweier kriegslüsterner Nachbarn endlich beenden. Doch durch einen feigen Mord wird der Frieden verhindert und sofort flammen alte Feindschaften wieder auf.

Während der mittlere Königssohn Tristan an der Seite seines Vaters in einen neuen Krieg zieht, wird der jüngste Sohn, Lion, in einen Strudel von Magie, Rätseln und Gefahren verwickelt. In Lions Fleisch formt sich allmählich das Bildnis eines Feuervogels und macht ihn zum Ausgestoßenen im eigenen Land, denn dort ist für die Herrschenden die Magie bei Todesstrafe verboten.

Lions einzige Hoffnung liegt darin, das Ränkespiel der geheimnisvollen Magierin Lynn-dath zu entwirren, das schon seit Jahrhunderten anzudauern scheint …

In „Der Schrei des Feuervogels“ kämpfen die drei Königssöhne Gidion, Tristan und Lion verzweifelt gegen einen übermächtigen Feind und finden über Liebe, Magie und Tod zu ihrem Schicksal, das enger miteinander verwoben ist, als es zunächst den Anschein hat.

_Meine Meinung:_

|“Für das Leben, den Frieden und die Liebe – den Tod.“|

Als ich von Seiten des |Arcanum|-Fantasy-Verlags wegen einer Rezension zu „Der Schrei des Feuervogels“ angefragt wurde, wollte ich eigentlich dankend ablehnen, da ich im Laufe der letzten Jahre der (klassischen) Fantasy ziemlich überdrüssig geworden bin. Und nun, nach Beendigung des Werkes, weiß ich, dass es sich gelohnt hat, einem bisher unbekannten Fantasyautor und seinem Debütroman Beachtung zu schenken, denn Dave T. Morgan ist es gelungen, klassische Fantasyelemente in ein neues Gewand zu kleiden. Der Autor hat einen schon erstaunlich gefestigten Stil und fabuliert auf eine sehr unterhaltsame Weise, ohne dabei sprachlich „abzuflachen“. Und genau so sollte gute Unterhaltungslektüre sein!

Dave T. Morgans Charaktere leben, sie lassen den Leser an ihren Gefühlen teilhaben und ziehen ihn so, auf beinahe freundschaftliche Weise von Zeile zu Zeile in ihre Welt. So lebt, leidet, liebt und kämpft man mit ihnen. Man spürt die Abneigung des König Rodriguez gegen Zauberer, die Liebe, die zwischen seinem ältesten Sohn und somit Thronfolger Gidion und dessen Braut Ehan entbrannt ist. |(Gidion:“ Sie ist so impulsiv. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann setzt sie es auch durch. Sie ist wirklich nicht leicht zu bändigen! Aber gerade diese Energie ist es, die ich neben ihrer Anmut und Zärtlichkeit so sehr liebe … Oh, ihr Götter, ein einziger Blick hatte genügt, und ich habe kein Wort mehr herausgebracht …“)|

Ebenso nimmt man die geschwisterlichen Bande zwischen den drei Königssöhnen wahr, die aber dennoch nicht frei von brüderlichen „Animositäten“ sind. Besonders der jüngste Königssohn Lion, gibt Rätsel auf – vor allem sich selbst. In ihm scheint mehr zu schlummern, als er und seine Familie ahnen. Und so bricht er schlussendlich nicht nur auf, um einen neuen Magierkrieg zu verhindern, sondern auch, um sich selbst zu finden. Denn da sind zu viele Fragen: Wer ist die Zauberin Sylva, der er im Wald begegnet? Was verbindet ihn mit dem Feuervogel? Warum wird er der Drachenkönig genannt? Und vor allem, welche magischen Kräfte schlummern in ihm?

Es sind nicht nur die Bösen, die in diesem Roman, der den Leser für Stunden den Alltag vergessen lässt, ihr Leben verlieren, nicht nur die Guten siegen – alles so, wie es das Leben schreibt: Es gibt keine wahre Gerechtigkeit, und dennoch zählen Werte und lohnt es, sich für diese einzusetzen, gar zu sterben. Auch das macht für mich die Stärke dieses Bandes aus, dem wohl noch zwei folgen sollen, worauf sich die Leserschaft freuen kann, denn das Ende des Bandes eins gipfelt in einem fulminanten Finale, das Raum für mehrere Fortsetzungen bietet!

Zur Aufmachung des Bandes bliebe zu sagen: Das große Buchformat spricht nicht so an, und auch der Satz und das Lektorat wissen nicht vollends zu überzeugen (auch wenn gerade das Lektorat dem Stil des Autors noch hätte zusätzlichen Schliff verleihen können und müssen) – dennoch: das Papier ist gut und auch das Covermotiv passt, besonders die schönen puderfarbenen Schattierungen finden Gefallen – kommen sie doch nicht so kitschig wie manch andere Fantasycover daher. Der Trailer auf dem Backcover weist dafür leider keinen Blocksatz auf und wirkt auf dem Großformat „zerfasert“.

Das ein oder andere kleine Manko kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Der Schrei des Feuervogels“ ein wirklich gutes und somit empfehlenswertes Buch ist, das im Regal keines Fantasyfans fehlen sollte – oder solcher, die es noch werden wollen. Aber auch für jene, die keine wahren Freunde der Fantasy sind, ist es ein Buch, das zu lesen sich lohnt, denn ein jeder wird sich darin wiederfinden. Ein weiterer Punkt, der sich auf Dave T. Morgans Autorenkonto verbuchen lässt.

_Fazit:_ „Der Schrei des Feuervogels“ ist ein beachtlicher fantastischer Debütroman, der nicht nur für Fantasyleser empfehlenswert ist und wieder einmal unter Beweis stellt, wie wichtig die Arbeit der Kleinverlagsszene ist!

|Arcanum Fantasy-Verlag, Dortmund, September 2007
Großformat, Fantasy, ISBN: 978-3-939139-03-4
Titelillustration von Frank-Martin Stahlberg, Titelgestaltung von Carsten Winkel
1 Karte von Robert Rocsnyai
Paperback, 349 Seiten|

Startseite


http://www.fantasticarts.de

Parzzival, S.H.A. – Gefühlsjäger (Titan-Sternenabenteuer 24)

Während die Ökoterroristen den Wohnsitz von Michael Moses mit einem genmanipulierten Riesenkraken angreifen, gerät ein Prospektoren-Raumschiff mit drei Angehörigen der CRC (Carter Rocket Corporation) in die Fänge einer neuen Rasse von Außerirdischen. Die Cadschiden sind völlig emotionslos, also nicht in der Lage dazu, Gefühle zu empfinden. Dennoch warten sie auf einen Erlöser, der ihnen die Gefühle zurückbringen soll, den Lariod. Bei dieser Suche sollen ihnen die Menschen helfen. Emorebs (Emotionsrebellen), die von Natur aus in der Lage sind, in begrenztem Umfang Gefühle zu empfinden, werden jedoch von der Regierung erbarmungslos gejagt.

Während die Raumfahrer den Emorebs helfen wollen, unterstützt eine Einheit der Space-Police, die zur Rettung der Besatzung des Prospektoren-Schiffes auf Cadschid gelandet ist, die Regierung der Außerirdischen. Doch keiner der Terraner ahnt, was die Cadschiden wirklich planen. Als die Absichten der Außerirdischen offensichtlich werden, ist es bereits zu spät: Die Gefühlsjäger sind unterwegs …

_Eindrücke:_

Der dritte Band des neuen Zyklus gestaltet sich in vielerlei Hinsicht als Novum. Zum einen spielen Shalyn Shan und ihre Freunde Monja und Sir Klakkarakk in diesem Buch gar nicht mit, und zum anderen spielt sich fast die gesamte Handlung auf einem fremden Planeten ab. Lediglich die ersten 27 Seiten beschäftigen sich mit dem Krakenangriff auf Michael Moses‘ Wohnsitz.

Damit knüpft die Geschichte unmittelbar an die vorrangehenden Bücher an, bevor sich der Fokus auf die Heimatwelt der Cadschiden richtet. Der Autor hat mit diesem Volk eine hochinteressante Rasse und Kultur geschaffen, deren Vorstellung in dem vorliegenden Buch aufgrund der geringen Seitenzahl verständlicherweise nicht zufriedenstellend ausfallen konnte. Das erhöht natürlich im Umkehrschluss die Spannung auf die folgenden Bände, in denen dieses Volk eine größere Rolle spielen wird.

Die neuen Charaktere des Prospektoren-Raumschiffes |Wallenstein| wirken durch die lebendige und flotte Schreibe des Autors äußerst real. Die Situation, in welcher sich die Besatzung befindet, ist bestenfalls bizarr, und dem Autor gelingt es gekonnt, das Dilemma der Menschen, die sich inmitten einer vollkommen fremden Kultur aufhalten, herauszuarbeiten. Auch die charakterliche Entwicklung und das Beziehungsgefüge der Protagonisten untereinander wirken sehr realistisch.

Das „Gut-und-Böse-Schema“ entfällt dieses Mal völlig, allein aufgrund der Tatsache, dass ein Volk, welches nicht in der Lage ist, Emotionen zu empfinden, nicht „gut“ oder „böse“ handeln kann. Der Eingangs erwähnte Krakenangriff birgt einen Hauch „Monsterfilm-Flair“ und macht die Lektüre zu einem kultigen Genuss, so dass man als Leser ein wenig betrübt ist, als die Handlung sich nach wenigen Seiten einem komplett neuen Fokus zuwendet. Das ist allerdings eine sehr subjektive Einschätzung und mag von anderen Lesern genau entgegengesetzt empfunden werden.

Die Illustrationen von Marcel Barthel zeigen zum einen eine Wachstation vor dem Wohnsitz des Wirtschaftsmagnaten Moses und zum anderen eine Brut- und Aufzuchtsstation der Cadschiden. Der farbige Abdruck auf der Rückseite des Buches bringt dabei die Motive besser zur Geltung als die Schwarzweiß-Drucke im Inneren des Buches.

_Fazit:_ „Gefühlsjäger“ ist ein rasantes und sehr philosophisches Science-Fiction-Abenteuer, das beweist, dass nicht nur „Star Trek“ und Konsorten interessante außerirdische Kulturen zu kreieren vermögen.

http://www.blitz-verlag.de

_Florian Hilleberg_

Isau, Ralf – Dunklen, Die

Sarah d’Albis ist die Hauptfigur in Ralf Isaus letztem Phantastik-Roman „Die Dunklen“. Da sie über die Gabe der Synästhesie verfügt, ist sie in der Lage, Töne als Farben oder Formen wahrzunehmen. Bei der Premiere eines wiederentdeckten Stücks des Komponisten Franz Liszt in Weimar sieht Sarah eine versteckte Botschaft in der Komposition, welche sie auf die „Spur der Windrosen“ führt.

Als sie jedoch versucht, diese Botschaft zu entschlüsseln, bemerkt sie schnell, dass noch andere Menschen auf der Suche nach dem Geheimnis sind, welches nicht nur mit Franz Liszts Leben, sondern auch mit ihrem eigenen eng verwoben ist. Sie nennen sich selbst „Die Dunklen“, und ihr Ziel ist es, eine Partitur von Franz Liszt zu finden, die dem Besitzer unendliche Macht verleihen soll. Sarahs Gabe, ihre Suche nach den Botschaften in Liszts Kompositionen und die Erforschung seines Lebens stellen jedoch eine Gefahr für die Ziele der Dunklen dar.

Ralf Isau wurde 1956 in Berlin geboren und hat mittlerweile 23 Romane veröffentlicht. Zu seinen bekanntesten Phantastik-Romanen zählen die „Neschan“-Trilogie und die vier Bände aus dem „Kreis der Dämmerung“. Im Genre des phantastischen Thrillers sind vor allem seine Bestseller „Der silberne Sinn“ und „Die Galerie der Lügen“ bekannt geworden.

Ralf Isaus Roman „Die Dunklen“ besteht, wie schon viele seiner Werke zuvor, aus einer Mischung aus Fakten zu aktuellen weltpolitischen Ereignissen, biographischen Daten aus Franz Liszts und Sarah d’Albis Leben und phantastischen Elementen, die das Ganze zu einem sehr spannenden und unterhaltsamen Roman verbinden. Isau nimmt bei seinen Figuren jedoch nicht nur in der Geschichte Anleihen, dem Leser begegnet auch der eine oder andere alte Bekannte aus einem anderen Roman, wie etwa Karl Konrad Koreander aus Michael Endes „Die Unendliche Geschichte“.

Die Hauptfigur Sarah d’Albis ist wie üblich bei Ralf Isau keine typische übermenschliche Heldenfigur, sondern eine Frau auf der Suche nach der Geschichte ihrer Vorfahren, mit der sich der Leser leicht identifizieren kann. Sarah begeht im Kampf gegen die Dunklen viele Fehler und vertraut nicht nur einmal den falschen Menschen, doch sie bekommt auch Unterstützung von der guten Seite, den „Weißen“ Farbenlauschern, sie verliebt sich und schafft es schließlich mit Hilfe ihrer Freunde, die Machtergreifung durch die Dunklen zu verhindern.

Die Überlegungen der Hauptfigur führen an der einen oder anderen Stelle sehr schnell zur richtigen Lösung, doch überraschende Wendungen sorgen für einen spannenden Handlungsverlauf. Auch wenn der Kampf von Gut gegen Böse das altbekannte, grundlegende Motiv darstellt und auch die Gilde der Freimaurer und der Vatikan wie in so vielen Verschwörungsthrillern eine Rolle spielen, erschafft Ralf Isau durch das relativ unbekannte Phänomen der Synästhesie und das Medium der Partituren für die versteckten Botschaften einen neuen und spannenden Hintergrund für seinen Roman.

„Die Dunklen“ ist für alle Fans von phantastischen Thrillern sehr empfehlenswert und ein Muss für alle Fans von Ralf Isau.

|592 Seiten, gebunden|
http://www.isau.de
http://www.piper-verlag.de

_Ralf Isau auf |Buchwurm.info|:_

[„Das gespiegelte Herz“ 1807 (Die Chroniken von Mirad 1)
[„Der König im König“ 2399 (Die Chroniken von Mirad 2)
[„Das Wasser von Silmao“ 3014 (Die Chroniken von Mirad 3)
[„Das Jahrhundertkind“ 1357 (Der Kreis der Dämmerung, Teil 1)
[„Der Wahrheitsfinder“ 1502 (Der Kreis der Dämmerung, Teil 2)
[„Der weiße Wanderer“ 1506 (Der Kreis der Dämmerung, Teil 3)
[„Der unsichtbare Freund“ 1535 (Der Kreis der Dämmerung, Teil 4)
[„Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz“ 1095 (Die Legenden von Phantásien)
[„Die Galerie der Lügen“ 4208

Nix, Garth – Rauer Donnerstag (Die Schlüssel zum Königreich / Keys to the Kingdom 4)

Band 1: [„Schwarzer Montag“ 3719
Band 2: [„Grimmiger Dienstag“ 3725
Band 3: [„Kalter Mittwoch“ 4242

Arthur hat inzwischen eingesehen, dass er erst dann wieder seine Ruhe haben wird, wenn er sämtliche Vermächtnisteile befreit und sämtlichen Treuhändern ihre Schlüssel abgenommen hat. Bevor er den nächsten Kampf aufnimmt, will er nur mal kurz nach seiner Familie sehen, doch der Torhüter lässt ihn nicht durch. Denn es ist schon jemand mit Arthurs Aussehen durch das Tor gegangen: ein Geistfresser! Arthur kann nicht nach Hause zurück, ohne damit das Ende der Welt zu provozieren. Sein Glück, dass Blatt sich anbietet, den Doppelgänger für ihn unschädlich zu machen.

Doch die nächste Hiobsbotschaft lässt nicht lange auf sich warten: Arthur wird zur Armee eingezogen – die zufällig von Sir Donnerstag befehligt wird. Und wo ebenso zufällig gerade eine überdurchschnittlich große Menge an Nichtlingen, die sonst nur in geringer Zahl für die Feldübungen der Soldaten eingelassen werden, ins Haus strömt. Und das sind nicht irgendwelche Nichtlinge …

_Die meisten Charaktere_, die diesmal neu auftauchen, gehören zur Armee des Hauses und sind kaum von Belang – natürlich mit Ausnahme von Sir Donnerstag.

Der Treuhänder des vierten Vermächtnisteils ist wie alle seine Untergebenen durch und durch Soldat. Er bewacht seinen Teil des Vermächtnisses nur äußerst widerwillig, aber Befehl ist eben Befehl. Und da dieser besondere Teil im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern ungemein aktiv ist, was seine Ausbruchsversuche angeht, hat Sir Donnerstag keine einzige Sekunde Ruhe, was ihn ausgesprochen reizbar macht.

Kein Wunder, denn dieser Vermächtnisteil ist, auch von seinen unermüdlichen Ausbruchsversuchen abgesehen, ziemlich widerspenstig und eigenmächtig und neigt wie alle anderen seiner Art, die bisher aufgetaucht sind, dazu, Prioritäten falsch einzuschätzen. Wenn dieser Vermächtnisteil sich mit Dame Primus zusammentut, wird deren Penetranz wahrscheinlich unerträglich werden.

So sind die Charaktere zwar knapp, aber dafür äußerst treffend skizziert. Sie wirken fast wie Karrikaturen, entlarvend, aber nicht wirklich lächerlich, so dass die Spannung in der Konfrontation der Gegner erhalten bleibt.

_Und Spannung gibt es diesmal gleich an mehreren Stellen._ Die Anstrengungen, den Hemdfetzen, mit dessen Hilfe Arthurs Doppelgänger geschaffen wurde, zurück in Das Haus zu bringen, wirken wie eine Mischung aus Staffel- und Spießrutenlauf: Sowohl Blatt als auch Susi, die später übernimmt, haben alle Hände voll zu tun, all den Hindernissen und Widersachern auszuweichen, ohne das wichtige Stück Stoff zu verlieren.

Arthur gerät derweil zwischen alle Fronten. Denn wie sich herausstellt, muss er nicht nur von Sir Donnerstag den vierten Schlüssel erobern. Der Anführer der Nichtlinge ist eine ganz unerwartete Persönlichkeit und Arthur nicht unbedingt freundlich gesonnen. Am Ende muss Arthur feststellen, dass das Ergebnis seiner Bemühungen diesmal ein paar Schönheitsfehler aufweist: denn Susi Türkisblau ist in Gefangenschaft geraten, und Blatt ist auch nicht gerade in den besten Händen!

Garth Nix hat in diesem vierten Band das Tempo seines Zyklus spürbar beschleunigt. Nicht nur, dass Arthur jetzt im Anführer der Nichtlinge einen zusätzlichen Gegner hat, auch Dame Primus wird immer dominanter, der Umgang mit ihr schwieriger, und gelegentlich fragte ich mich, ob sie wirklich auf Arthurs Seite ist, oder nicht doch eher ihre eigenen Ziele verfolgt und Arthur nur benutzt. Abgesehen davon sind aber auch die morgigen Tage wesentlich aktiver. Zum ersten Mal ist es ihnen gelungen, Arthur nach einem geglückten Abenteuer von der Rückkehr in seine Welt abzuhalten. Und auch der Ring von Doctor Scamandros, der das Ausmaß von Arthurs magischer Kontaminierung anzeigt, die bereits unangenehm weit fortgeschritten ist, bringt zusätzlichen Zug in den Spannungsbogen.

Trotzdem hat Nix noch genug Zeit gefunden, im Laufe des Geschehens ein paar amüsante Seitenhiebe zu platzieren, vor allem gegen das Militär, wo sich Soldaten auch dann rasieren müssen, wenn ihnen gar kein Bart wächst, und wo der Rekrut als Allererstes lernt, wie man den Hemdkragen einer bestimmten Uniform auf die richtige Weise bügelt, aber auch wieder gegen die Bürokratie, so zum Beispiel in der Agenda, die Dame Primus für ihre Lagebesprechung aufgestellt hat.

An neuen Ideen im Hinblick auf die Magie war diesmal nicht so viel zu finden, was aber überhaupt nicht stört, denn mit der Bekämpfung des Geistfressers und Arthurs Soldatenkarriere ist die Handlung voll ausgelastet.

_So war auch der vierte Band des Zyklus_ nicht unbedingt anspruchsvoll, aber amüsant und unterhaltsam und niemals langweilig. Trotz aller ironischen Spitzen bleiben die auf die Schippe Genommenen immer menschlich, der Handlungsverlauf wirkt trotz manch verrückter Wendung niemals unlogisch, und das vertrackte Ende des Buches gibt einen vielversprechenden Vorgeschmack auf die Fortsetzung.

_Garth Nix_ ist gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. Aus seiner Feder stammen – außer dem Zyklus |Keys to the Kingdom|, der im englischen Original inzwischen bis Band sechs gediehen ist -, der Jugendbuchzyklus |Seventh Tower| sowie die Trilogie |Das alte Königreich|. Für die deutsche Übersetzung des fünften Bandes aus der Reihe |Keys to the Kingdom|, „Lady Friday“, steht leider noch kein Erscheinungstermin fest.

http://www.ehrenwirth.de/

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Schwarzer Montag“ 3719 (Keys to the Kingdom 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Grimmiger Dienstag“ 3725 (Keys to the Kingdom 2)
[„Grimmiger Dienstag“ 4528 (Hörbuch)
[„Kalter Mittwoch“ 4242 (Keys to the Kingdom 3)
[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

Stecher, Rainer – Flamme von Atragon, Die (Atragon I)

Vierzig Jahre ist es her, dass die Feen, die Hüter des Gleichgewichts zwischen Gut und Böse, unerwartet von den Horden des grausamen Sartos überrollt und die Flamme des Lebens gelöscht wurden. Seither herrschen in Atragon Agonie und kleinliche Intrigen, während die Welt immer mehr in Chaos und Elend versinkt.

Die Priostine Adinofis ist entschlossen, dem ein Ende zu machen. Doch die Hohepriostine Dalia ist nicht geneigt, sich gegen Sartos zu wenden. Und so hat Adinofis zu Maßnahmen gegriffen, die eigentlich gegen das Gesetz der Feen verstoßen.

Sartos ist derweil nicht untätig geblieben. Im Herzen seiner unterirdischen Festung Trong zieht er eine neue Generation Krieger heran. Krieger mit einer undurchdringlichen, unverwundbaren Haut. Mit ihnen will er nicht nur Tauron, die letzte existierende Stadt der Menschen, erobern, sondern auch die Feen vernichten …

_“Die Flamme von Atragon“ zählt nur hunderfünfunddreißig Seiten._ Entsprechend knapp ist die Charakterzeichnung ausgefallen. Adinofis ist eine sehr entschlossene und mutige Frau, gleichzeitig aber auch verletzlich und einsam. Ihr kleiner Gehilfe Gill dagegen scheint ein munterer Geselle zu sein, mit einem vorlauten Mundwerk und gelegentlich übermütig, aber treu und klug.

Als Waldfaune ist Thyra ein Geschöpf der Natur, außerdem ist sie eine Kriegerin und dementsprechend zäh und mutig. Die ungewöhnlichste Person ist die Hebamme Sidonis, die dem Thronfolger von Tauron auf die Welt geholfen hat, denn sie besitzt einen außergewöhnlichen Sinn für das Übernatürliche. Sartos dagegen ist lediglich ein hässliches, machthungriges, grausames Ungetüm, dessen einziges Ziel es ist, alles Leben zu zerstören.

Das ist bis dahin nicht gerade ergiebig, zumal der Leser nicht erfährt, wie und warum Sartos, der ebenso seit dem Beginn der Zeit existiert wie die Feen, auf einmal aus den Tiefen der Erde ausbricht, oder warum Sidonis so empfänglich für alles ist, was mit den Feen zu tun hat. Seine Figuren haben so gut wie keine Vergangenheit, keine Vorlieben, Zukunftsträume oder Aversionen gegen andere. Gefühle sind auf Teilbereiche reduziert wie Selinas Liebe zu Krygon und Adinofis Trauer um ihren Vater.

_Auch im Hinblick auf die Handlung verschwendet der Autor keine Zeit._ In weniger als einer Woche wirft Adinofis die Feen in eine Schlacht gegen Sartos. Trotz diverser Ortswechsel beschränkt Rainer Stecher sich auf das Wesentliche, in knappen, eher kargen Worten. So etwas wie Ausschmückung fehlt völlig, das betrifft nicht nur die Charaktere und den Handlungsverlauf, sondern auch den Hintergrund, den er dafür entworfen hat. Weder auf die magischen Fähigkeiten der Feen oder ihrer Gegner noch auf geographische oder historische Gegebenheiten seiner Welt geht er genauer ein. Nichts findet Platz, das nicht dem Fortführen der Handlung dient – mit einer einzigen Ausnahme, und das ist die Episode mit Adinofis Vater. Möglicherweise hat dieser kurze Handlungsfaden in den späteren Bänden noch irgendwelche Auswirkungen, aber bisher steht er völlig außerhalb des Kontexts.

_Der Gesamteindruck_, der am Ende des Buches zurückbleibt, ist fast schon der einer Kurzgeschichte – einer spannenden Kurzgeschichte. Der Leser hat einige rasante, atemlose Augenblicke eines dramatischen Geschehens miterlebt. Tatsächlich ist Spannung das Hauptelement, das die Geschichte trägt. Schon die Zuspitzung des Konflikts zwischen Adinofis und Dalia dreht die Schraube ein gutes Stück an, um dann vorübergehend etwas nachzulassen und gegen Ende erneut anzuziehen. Das Ende ist dann eher unerwartet – und vor allem unbefriedigend. Selbst jemand, der die Geschichte nicht wirklich toll fand, kann am Ende des Buches unmöglich aufhören zu lesen.

So richtig begeistern konnte mich das Buch aber auch nicht. Der knappe, strenge Erzählstil und der extrem straffe Handlungsverlauf verhinderten, dass man den Protagonisten nahe genug kam, um sich in sie hineinzuversetzen, mit ihnen mitzufühlen. Man bleibt die ganze Zeit über draußen vor der Tür, kein Teilnehmer, sondern nur ein Beobachter. Das Fehlen jeglicher Vorgeschichte, sowohl bezüglich der einzelnen Personen als auch der Welt als ganzer, bewirkt, dass dem Leser sämtliche Motive dafür fehlen, warum all das überhaupt passiert, was für eine weitere Distanzierung sorgt. Dazu kommt, dass das, was letztlich übrig bleibt – der Kampf zwischen einem Bösewicht, der die Welt beherrschen und alles Leben vernichten will, und den Guten, die ihn daran hindern wollen -, das Motiv der Fantasy schlechthin ist und deshalb nicht gerade neu. Folglich ist die Spannung, die der Autor so geschickt zu erzeugen wusste, das Einzige, was dem Leser geboten wird. Und das fand ich dann doch etwas wenig.

Wenn in den beiden Folgebänden nicht noch etwas passiert, das im Leser stärkere Emotionen weckt als nur Nervosität und Anspannung, dann wird der Zyklus unterm Strich nicht mehr sein als eine wilde Sturmböe: einmal kräftig durchgerüttelt und zerzaust und dann verweht, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

_Rainer Stecher_ ist gebürtiger Thüringer, lebt aber jetzt in Berlin. Mit dem Schreiben begann er auf Bitten seiner Kinder, zur Veröffentlichung des Manuskriptes überredete ihn sein Vater. Seither hat er nicht nur die |Atragon|-Trilogie geschrieben, sondern auch ein Kinderbuch mit dem Titel „Spindelfink – Wie ein Spatz fliegen lernte“ sowie Gedichte und eine Kurzgeschichte, die er zusammen mit anderen Autoren veröffentlicht hat.

http://www.atragon-online.de.vu
http://www.asaro-verlag.de

S.H.A. Parzzival – Germania (Titan-Sternenabenteuer 23)

Handlung

Gerade erreichen die Feierlichkeiten zur Eröffnung von „Germania“ ihren Höhepunkt, als die Ökoterroristen zu einem neuen Schlag ausholen und ein mörderischer Orkan losbricht. Shalyn Shan und die Crew der |Titan| sind mittendrin in dem Chaos, das durch die künstlich geschaffene Katastrophe ausgelöst wurde.

Darüber hinaus werden neue Mutationen in den Gebäudekomplex eingeschleust, eine bizarre Mischung aus Ratten und Fröschen, die hochaggressiv alles anfallen, was sich bewegt. Michael Moses, Besitzer und Erbauer von „Germania“, aktiviert seine eigene Privatarmee, um die Terroristen zu beseitigen und die Mutationen zu vernichten.

S.H.A. Parzzival – Germania (Titan-Sternenabenteuer 23) weiterlesen

Sara Douglass – Hüter der Macht (Das dunkle Jahrhundert 1)

_In einer düsteren Schlucht_ nördlich von Nürnberg stirbt ein Mönch namens Wynkyn de Worde einsam an der Pest. Ein tragischer Verlust, denn der alte Mann hat nicht nur keinen Nachfolger für sein finsteres Geheimnis hinterlassen, er hat auch seine Aufgabe nicht ganz zu Ende gebracht. Dunkle Zeiten brechen an …

Jahre später trifft der Mönch Thomas Neville in Sant‘ Angelo ein. Er wurde von Oxford nach Rom geschickt, um in dem für seine Bibliothek berühmten Kloster die Schriften zu studieren. Dabei stößt er auch auf den Namen Wynkyn de Worde, und ganz offensichtlich ist dieser Name von ungewöhnlichen Umständen umgeben. Schließlich offenbart ihm der Erzengel Michael persönlich, dass er, Thomas, künftig de Wordes Nachfolger sein soll.

Thomas ist Feuer und Flamme. Aber um diese Nachfolge antreten zu können, muss er zunächst einmal das geheimnisvolle Buch finden, das de Worde stets bei sich hatte. Er ahnt nicht, dass er eine lange, beschwerliche und gefahrvolle Reise durch halb Europa vor sich hat …

_Trotz einer Fülle von Charakteren_ steht lediglich ein einziger im Mittelpunkt: Thomas Neville war einst ein adliger Ritter und hat im Krieg auf Seiten Englands gegen Frankreich gekämpft. Das tragische Ende seines Verhältnisses mit einer verheirateten Lady hat ihn dazu getrieben, dem Orden der Dominikaner beizutreten, um für diese und viele andere Sünden zu büßen. Doch obwohl seine Reue diesbezüglich echt ist, scheint sich seine Wesensart mit dem, was einen guten Mönch ausmachen sollte, nicht ganz vereinbaren zu lassen. Thomas ist von geradezu fanatischer Frömmigkeit, aber gleichzeitig hochmütig und selbstgerecht. So etwas wie Mitgefühl scheint er nicht zu kennen.

Die übrigen Personen tauchen nur abschnittweise auf und sind lediglich skizziert, so der Prior von Sant‘ Angelo, Etienne Marcel und die junge Margaret. In den meisten Fällen stellt sich aber weniger die Frage, wer sie sind, als vielmehr, was sie sind. Die historischen Persönlichkeiten schließlich bleiben so sehr am Rand, dass sie überhaupt kein eigenes Profil haben außer demjenigen, das ihre Rolle innerhalb des historischen Rahmens ihnen verleiht.

Objektiv betrachtet hat Sara Douglass mit ihrer Hauptfigur eine Charakterzeichnung von gewohnter Qualität abgeliefert. Obwohl Thomas sich stellenweise anhört wie der „typische“ mittelalterlichen Mönch, der trotz aller offensichtlichen Fehler noch immer die bestehende Ordnung als Willen Gottes verteidigt, ist es der Autorin gelungen, ihn durch seine Unsicherheiten und Ängste lebendig und menschlich zu erhalten und vor dem Abrutschen ins Klischee zu bewahren. Subjektiv aber konnte ich trotzdem nicht recht damit warmwerden. Vielleicht lag es daran, dass mich Thomas‘ arrogante Selbstgerechtigkeit so sehr geärgert hat, vielleicht auch daran, dass er beim nichtigsten Anlass die Herrschaft über seine Triebe verliert. Ein entsetzlicher Kerl!

_Auch das Bühnenbild ist gewöhnungsbedürftig._ Karl IV. von Frankreich hat keine direkten Nachkommen hinterlassen, weshalb ihm sein Cousin Philipp aus dem Haus Valois auf den Thron folgte. Der englische König Eduard III., mütterlicherseits ein Neffe von Karl IV., ist damit nicht einverstanden und erhebt seinerseits Anspruch auf den französischen Thron. Das salische Recht jedoch schließt eine Erbfolge über die weibliche Linie aus. Eduard ist nicht bereit nachzugeben: Seit 1340 führt England immer wieder Krieg gegen Frankreich.

Ebenso wie die materielle Welt unter dem Krieg leidet, den man später den Hundertjährigen nennen wird, leidet die geistige Welt unter dem großen abendländischen Schisma. Seit Papst Clemens V. vor nahezu siebzig Jahren nach Avignon umgezogen ist, hat die Kurie massiv an Ansehen und auch an Macht eingebüßt. Und kaum ist Gregor XI. nach Rom zurückgekehrt, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, da stirbt er. Das Gerücht geht um, die Kardinäle, großteils Franzosen, wollten nach Avignon zurückkehren. Rom gerät in Aufruhr, erzwingt die Ernennung eines Italieners zum Papst. Doch unmittelbar nach dem Konklave flüchten die Franzosen zurück nach Avignon und wählen einen Gegenpapst!

Das klingt erst mal stark nach Historienroman, ist es aber nicht wirklich. Sara Douglass hat den historischen Hintergrund zum Schauplatz für einen Kampf zwischen Gut und Böse gemacht, der ebenso christliche wie fantastische Züge trägt. Zwar war Mystik im Mittelalter ein fester Bestandteil der christlichen Lehre, aber schon die Methode, nach der Wynkyn de Worde seine Aufgabe erfüllt, ähnelt weit mehr der Magie als dem Gebet, und die Szene, in der Odile Thomas verführt, geht endgültig über christliche Mystik hinaus.

Auch die Dämonen entsprechen nicht unbedingt dem, was man von den vielgeschmähten Dienern des Bösen erwarten würde. Sie sind keine grausamen, abscheulichen Monster, die eine Spur aus Blut und Verderben hinter sich herziehen. Natürlich ahnt der Leser schon ehe er das Buch aufgeschlagen hat, dass die Frage, wer die Guten und wer die Bösen sind, Gegenstand vieler Wendungen und Winkelzüge sein wird, nur um am Ende auf eine Weise beantwortet zu werden, die unsere überkommenen Denkweisen herausfordern wird. Oder zumindest, dass das die Absicht der Autorin ist – unter anderem.

Tatsache ist, dass Douglass diese Frage wirklich stellt – aber nicht klar und offen gleich zu Beginn; nein, die Frage schleicht sich stattdessen ein. Sie pirscht sich an eine Situation heran, in welcher der Leser sich noch sicher ist, wer die Guten und wer die Bösen sind – einigermaßen zumindest. Und nur ganz allmählich stellt sich Misstrauen ein: in der seltsamen Art und Weise, wie der Erzengel Michael mit Thomas spricht, in kleinen, beinahe nebensächlichen Bemerkungen und Gedanken Wynkyns, Marcels, Margarets. Und doch bleibt der Verdacht vage genug, um den Leser nicht sofort umkippen zu lassen. Diese Unsicherheit hält sich bis zur letzten Seite.

Insofern ist die tatsächliche Handlung, Thomas‘ Reise von Rom über Nürnberg nach Paris und letztlich nach Chauvigny, schon beinahe nebensächlich. Und tatsächlich passiert auch nicht wirklich viel auf dieser Reise, das für sich genommen erwähnenswert wäre. Alle Ereignisse von Bedeutung sind auf der geistigen Seite zu suchen. Der Kampf zwischen Gut und Böse spielt sich unmittelbar in und um Thomas herum ab. Er ist der entscheidende Schlüssel – er weiß es nur noch nicht. Oder besser: Er hat es noch nicht begriffen.

Was diesem abstrakten Ringen letztlich die wahre Würze verleiht, ist die Tatsache, dass diese ganze Geschichte eben doch in einen historischen Kontext gestellt wurde. Sozusagen eine phantastische Spekulation darüber, was der Weltgeschichte letztlich den Impuls gegeben hat, eben diejenige Wende zu nehmen, die sie genommen hat. Eine Komposition, die deshalb nicht dissonant klingt, weil es der Autorin gelungen ist, den Übergang zwischen tatsächlicher christlicher Weltanschauung zu jener Zeit und den von ihr eingebrachten Komponenten fließend zu halten, als hätte sie die christliche Mystik lediglich zur Phantastik weiterentwickelt und nicht zwei völlig voneinander unabhängige Elemente zusammengemischt.

_Das Ergebnis ist_, wie gesagt, gewöhnungsbedürftig. Ich brauchte einige Zeit, um mich einzulesen und herauszufinden, worauf die Autorin eigentlich hinauswill. Am Ende des Buches aber stellte ich fest, dass ich die Reise als solche zwar ein wenig fad und die übernatürlichen Ereignisse etwas ungewöhnlich fand, der Kern der Geschichte mich aber interessiert und ich jetzt schon auf die Fortsetzung gespannt bin.

_Sara Douglass_ arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres Weltenbaumzyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Außer dem Weltenbaumzyklus und dem Sternenzyklus schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. Zurzeit schreibt die Autorin an ihrer neuen Trilogie |Darkglass Mountains|, deren zweiter Band „The Twisted Citadel“ im Mai dieses Jahres auf Englisch erscheint.

My Сreative


http://www.piper.de/

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_

[Die Sternenbraut 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[Sternenströmers Lied 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[Tanz der Sterne 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[Der Sternenhüter 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[Die Göttin des Sternentanzes 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[Der Herr des Traumreichs 1037
[Die Glaszauberin 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[Der Steinwandler 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[Die sterblichen Götter Tencendors 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)
[Die Wächter der Zeiten 2947 (Im Zeichen der Sterne 2)
[Die letzte Schlacht um Tencendor 3608 (Im Zeichen der Sterne 3)

Bishop, Anne – Belladonna (Die dunklen Welten 2)

Band I: [„Sebastian“ 3671

_Oberflächlich gesehen_, ist Michael nicht mehr als ein schäbiger Vagabund, der sich sein Geld mit Flötespielen verdient. Das liegt daran, dass das, was unter dieser Oberfläche schlummert, bestenfalls mit Misstrauen, wenn nicht gar mit Ablehnung betrachtet wird. Doch nun scheint es, als müsse sich daran dringend etwas ändern! Grausame Dinge sind geschehen, die Menschen haben Angst, und die vernünftigeren unter ihnen sind eher dafür, dass Michael etwas dagegen unternimmt, anstatt ihn dafür verantwortlich zu machen.

Allerdings zieht Michael damit die Aufmerksamkeit des tatsächlichen Verursachers auf sich. Prompt wird er angegriffen, und die einzige Gegenwehr, die ihm einfällt, bringt ihn an einen Ort, der fremder und wundersamer kaum sein könnte: Ephemera …

_Unter den diversen neuen Charakteren_ dieses zweiten Bandes ist Michael der einzige wirklich wichtige. Erstaunlich dabei ist, dass es über ihn eine Menge zu sagen gäbe, allerdings kaum Eigenschaftswörter. Zumindest solche, die seinen Charakter beschreiben könnten. Bestenfalls könnte man sagen, er besäße Verantwortungsbewusstsein. Obwohl Bewusstsein hier auch schon übertrieben ist, denn tatsächlich ist Michael absolut ahnungslos, was seine wirkliche Tätigkeit betrifft. Seit zwölf Jahren ist er auf Wanderschaft, bereist regelmäßig dieselben Ortschaften, ohne zu wissen, warum das so ist und was es bedeutet. Inzwischen ist er seines Lebens als Außenseiter müde und sehnt er sich nach Zugehörigkeit, sowohl zu einem Ort als auch zu anderen Menschen, sprich: nach einem Zuhause.

Seine Schwester Caitlin besitzt ebenfalls eine besondere Gabe, für die sie misstrauisch beäugt und verspottet wird. Sie empfindet ähnlich wie Michael, nur noch viel stärker. Denn erstens ist sie ein Mädchen und deshalb einer zusätzlichen, besonders unangenehmen Art von Diskriminierung ausgesetzt. Zum zweiten ist sie im Gegensatz zu Michael nicht unterwegs. Wie ihr Bruder weiß auch sie nicht wirklich, was es mit ihrer Gabe auf sich hat, und da sie nicht fort kann, reagiert sie mit wachsendem Trotz und Zorn.

Brighid, die Tante, die die beiden aufgezogen hat, war ursprünglich die Oberste der Gemeinschaft auf der Insel des Lichts, ehe sie die Insel verließ, um die beiden verwaisten Kinder großzuziehen. Sie ist eine strenge, aufrechte Frau und kann die beiden Kinder, obwohl sie diese nach außen stets verteidigt hat, selbst nicht vorbehaltlos akzeptieren. So ist auch sie mit ihrer Situation nicht glücklich, nicht einmal, als sie wieder auf die Insel zurückkehrt.

_Im Vergleich zum ersten Band_ ist die Charakterzeichnung ein kleine wenig schwächer ausgefallen. Caitlin und Brighid sind nicht so stark ausgearbeitet wie Teaser oder Nadia, vielleicht auch, weil Brighid überhaupt eher wenig und Caitlin im letzten Drittel so gut wie gar nicht mehr vorkommt. Aber auch Michaels Darstellung ist nicht so intensiv ausgefallen wie Sebastians, was daran liegen mag, dass er sich den Mittelpunkt mit Glorianna Belladonna teilen muss. Gloriannas Charakter stand bereits, sodass die Autorin sich in diesem Fall mehr auf ihre Gefühlswelt konzentrieren konnte, was sie auch getan hat, allerdings ohne dabei die Balance zu verlieren. Insgesamt sind wir somit noch immer auf einem Niveau, das ein gutes Stück über dem Durchschnitt liegt.

Was „Belladonna“ weit mehr von „Sebastian“ unterscheidet, ist die Unwissenheit sämtlicher neuer Figuren in Bezug auf das wahre Wesen Ephemeras. Sie alle leben in dem Teil der Welt, der durch den Kampf gegen den Weltenfresser nahezu unversehrt geblieben ist. Offenbar waren dort keine Brückenbauer notwendig, die die einzelnen Bruchstücke miteinander verbanden. Trotzdem hat es mich doch ein klein wenig erstaunt, dass das Wissen um die Landschaffer und ihre Aufgaben dort so nahezu vollständig untergehen konnte. Zumindest Brighid, die ja immerhin noch wusste, was sie selber war, hätte erkennen müssen, was ihre Nichte und ihr Neffe waren!

Ein wenig verwirrt hat mich außerdem die Frage, wie sehr die beiden Gebiete – das unversehrte und das zersplitterte – nun eigentlich wirklich voneinander getrennt waren. Einerseits tauchten in den Orten auf Michaels Route gelegentlich Geschöpfe auf, die aus den dunklen Landschaften in der Nachbarschaft des Sündenpfuhls stammen, zum Beispiel Wasserpferde. Warum aber gab es dann keine weiteren Kontakte? Warum hat niemand aus Michaels Gegend daran gedacht, die Schule der Landschafferinnen zu besuchen, bevor das Wissen so weit verloren gehen konnte, dass niemand mehr eine Ahnung davon hatte? Warum hat niemand aus den anderen Landschaften je versucht, den unversehrten Teil der Welt zu erreichen? Schon eigenartig.

Andererseits fällt es im Hinblick auf die eigentliche Handlung nicht schwer, diese kleinen Unstimmigkeiten beiseite zu lassen. Nachdem die Autorin den Leser gleich im ersten Drittel beinahe in eine Katastrophe laufen lässt, die halb aus zwischenmenschlichen Konflikten, halb aus der Bedrohung durch den Antagonisten besteht, wird es eine Weile etwas ruhiger, nur um nach einem weiteren Drittel noch einmal massiv an Dramatik und Spannung zuzulegen. Auch der Schluss des Buches war nicht unbedingt vorherzusehen. Die Art und Weise, wie Belladonna den Weltenfresser bekämpft, ist wirklich erst ab dem Zeitpunkt klar, als Anne Bishop ihn verrät. Und das sagt noch gar nichts darüber aus, wie dieser Kampf endet.

Faszinierend finde ich auch stets aufs neue, wie die Autorin Licht und Schatten ausbalanciert. Immer wieder malt sie die düstersten Stimmungen und muss dabei nicht im Geringsten auf blutige Details zurückgreifen. Und ein paar Seiten weiter sprüht trockener Humor aus den Dialogen und bringt den Leser dazu, breit zu grinsen oder sogar zu lachen.

_Diese Mischung aus phantasievoller, interessanter Welt, menschlichen, lebendigen Charakteren, Spannung und Humor macht beinahe süchtig._ Zumindest gilt das für mich. Ephemera hat mir fast noch besser gefallen als der Juwelenzyklus. Der Zweiteiler ist nicht so brutal und auch stofflich noch nicht so sehr beansprucht wie sein großer Bruder, der immerhin schon fünf Bände umfasst. Und eigentlich gäbe es auch keinen Grund, aus Ephemera eine Trilogie zu machen, aber man weiß ja nie. Geschichten, die eigentlich abgeschlossen sind, noch einmal weiterzuspinnen, ist meistens keine gute Idee. Aber das muss ja nichts heißen, wie selbst Anne Bishop bereits bewiesen hat.

_Anne Bishop_ lebt in New York, liebt Gärtnern und Musik, und hatte bereits einige Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, ehe ihr mit dem Zyklus der |Schwarzen Juwelen| der internationale Durchbruch gelang. Außerdem stammen aus ihrer Feder die Trilogie |Tir Alainn|, die auf Deutsch bisher anscheinend nicht erschienen ist. Dafür kommt im Oktober dieses Jahres unter dem Titel „Nacht“ noch mal ein weiterer Band aus dem Juwelenzyklus in die Buchläden.

|Originaltitel: Belladonna (Ephemera, Bd. 2)
Übersetzt von Kristina Euler
Mit Illustrationen von Animagic
Taschenbuch, 528 Seiten|
http://www.heyne.de
http://www.annebishop.com/

_Anne Bishop auf |Buchwurm.info|:_

|Die dunklen Welten|:

Band I: [„Sebastian“ 3671
Band II: [„Belladonna“ 4722 (zusätzliche Buchrezension)

|Die Schwarzen Juwelen|:

Band I: [„Dunkelheit“ 3375
Band II: [„Dämmerung“ 3437
Band III: [„Schatten“ 3446
Band IV: [„Zwielicht“ 3514
Band V: [„Finsternis“ 3526
Band VI: „Nacht“ (dt. im Oktober 2008)

McIntosh, Fiona – dunkle Gabe, Die (Der Feuerbund I)

Wyl Thirsk ist noch ein Junge, als sein Vater, der General der morgravianischen Arme, in einer der zahllosen Schlachten gegen das Nachbarreich Briavel fällt. Da er gemäß der Tradition einst das Amt seines Vaters als Heerführer der morgravianischen Armee übernehmen soll, muss er das Landgut seines Vaters verlassen und seine Ausbildung in der Hauptstadt Pearlis beenden.

Damit beginnen schwere Zeiten für den Jungen, denn der fast gleichaltrige Kronprinz Celimus hat es von Anfang an darauf abgesehen, Wyl zu demütigen. So nimmt ihn Celimus unter anderem zu einem Hexenprozess mit, dessen Grausamkeit Wyl schwer zusetzt. Nicht, dass das junge Mädchen namens Myrren wirklich eine Hexe wäre. Aber es ist doch etwas Besonderes an ihr. Denn kurz vor ihrem Tod macht sie Wyl ein ungeheuerliches und beängstigendes Geschenk, von dem der Junge zunächst keine Ahnung hat.

Dann stirbt Celimus‘ Vater König Magnus …

_Ein Großteil der Geschichte lebt von der Rivalität zwischen Wyl und Celimus._ Wyl ist ein Abbild seines Vaters, in jeder Hinsicht. Er ist rothaarig und untersetzt, also eher unansehnlich, davon abgesehen aber ist er ein hervorragender Kämpfer, intelligent, treu und von einer manchmal geradezu spröden Direktheit. Mit Celimus‘ Bosheiten kann er vor allem deshalb schlecht umgehen, weil ihm aufgrund seiner schwächeren Position die Möglichkeit verwehrt ist, diesem angemessen Paroli zu bieten. Dazu kommt, dass der Prinz auch noch wesentlich besser aussieht und im Kampf ein nahezu ebenbürtiger Gegner ist. Über die Jahre hinweg baut sich in Wyl ein Hass auf, der ihm schließlich selbst gefährlich zu werden droht.

Celimus dagegen braucht nicht eine einzige Minute, um Hassgefühle gegen den designierten Heerführer zu entwickeln. Schon dessen Vater war ihm verhasst, und nun hat er den gleichen Kerl in junger Ausgabe vor sich. Wie einst seinen Freund zieht der König nun den jungen Thirsk seinem eigenen Sohn vor, worauf Celimus sowohl mit Eifersucht als auch mit Hass auf seinen Vater reagiert. Abgesehen davon tyrannisiert Celimus auch den Rest seiner Umgebung: Pagen und Diener, später die Frauen, die er sich ins Bett nimmt. Er kann unerhört charmant sein, ist im Grunde aber kaltherzig und grausam, außerdem intrigant und hinterhältig, eitel und anfällig für Selbstüberschätzung.

Und wie’s das Drehbuch will, kommt zu dem ohnehin schon verbissen geführten Zweikampf auch noch die Rivalität um eine schöne Frau. Valentyna ist die Königin von Briavel, wunderschön, von erfrischender Natürlichkeit, intelligent und mutig. Leider ist ihr dünn besiedeltes Land vom letzten Krieg noch immer so geschwächt, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt keinen weiteren leisten kann. Sie hat genug von Celimus gehört, um einer Heirat mit diesem Mann eher ablehnend gegenüberzustehen, aber sie hat ebenfalls genug von ihm gehört um zu wissen, dass ihre Weigerung eben jenen Krieg bedeuten würde, den sie lieber vermeiden möchte. Außerdem ist sie bereits verliebt, muss aber über diesen Mann Dinge erfahren, die sie zutiefst erschrecken. Die Zwickmühle scheint ihr über den Kopf zu wachsen.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte: Im Gebirge nördlich der beiden verfeindeten Königreiche ist es einem jungen, charismatischen, aber jähzornigen Stammesführer namens Cailech gelungen, die von den südlichen Ländern als Barbaren verachteten Bergstämme zu einen. Jetzt bedroht er die nördlichen Grenzen sowohl Morgravias als auch Briavels. Vor allem durch Celimus‘ Verhalten fühlt er sich provoziert. Wenn es um das Abschlachten von Kindern geht, ist er empfindlich. Andererseits ist er selbst nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, Eindringlinge in sein Gebiet zu bestrafen. Sein treuester Freund und Weggefährte beobachtet diese Tatsache mit wachsender Besorgnis.

_Insgesamt_ ist die Charakterzeichnung für meinen Geschmack etwas zu stark einem Gut-Böse-Schema verhaftet. Aus diesem Rahmen scheinen allein Cailech und ein Söldner namens Romen Koreldy ein wenig herauszufallen. Ersterer ist allerdings noch zu grob skizziert, um zu einer wirklich lebendigen Figur zu werden, und Letzterer überlebt nur ein paar Seiten. Immerhin steht zu erwarten, dass Cailech im zweiten Band noch wichtig genug wird, um ihm etwas mehr Detail und Intensität zu verleihen.

Für den Hass zwischen Wyl und Celimus hat sich die Autorin dagegen viel Zeit gelassen. Trotz eines Zeitsprungs von sechs Jahren zieht sich der Aufbau dieser Feindschaft ziemlich hin. Einen vorläufigen Höhepunkt bildet der Zweikampf der beiden auf dem Turnier, doch richtig zur Sache geht es erst, als Celimus den Thron besteigt. Bis dahin ist nahezu ein Viertel des Buches gelesen.

Auch danach verfällt die Autorin gelegentlich in Weitschweifigkeiten. So hätte es die Szene zwischen Romen Koreldy und Arlyn nicht unbedingt gebraucht, und die Beschreibung des Weges zu Cailechs Festung hätte ebenfalls ein wenig Straffung vertragen können. Der Spannungsbogen hängt immer wieder mal durch.

Als besonders langatmig und noch dazu unlogisch empfand ich den Prolog. Da beschließen ein weiser, gütiger König und sein treuer und strategisch brillanter General, den Feind nach der gewonnenen Schlacht nicht völlig zu besiegen, sondern sich zurückzuziehen, um dem Gegner Zeit zu geben, sich für den nächsten Krieg angemessen zu erholen. Denn man hat ja große Achtung vor dem König des Nachbarlandes. Meine Güte, wenn dem so ist, warum bemüht sich dann keiner um einen Friedensschluss? Zumal alle ständig von der wachsenden Bedrohung aus dem Norden reden! Abgesehen davon halte ich es für strategischen Schwachsinn, den Gegner jetzt zu schonen, um ihn in ein paar Jahren unter schwierigeren Bedingungen doch wieder umzubringen!

Mag sein, dass die Grundsituation, die aus diesem seltsamen Anfang resultiert, Voraussetzung dafür war, dass die Handlung sich so entwickeln konnte, wie sie es tat. Man hätte diese Situation aber auf andere, glaubwürdigere Art aufbauen können. Das wäre dann vielleicht etwas komplizierter geworden, aber das hätte der Geschichte nur gutgetan. Denn die Grundidee, die Wanderung einer Seele durch verschiedene Körper, fand ich gar nicht schlecht. Sie eröffnet unendlich viele Möglichkeiten. Und dementsprechend viele Handlungsstränge sind am Ende des Buches auch offen. Insgesamt aber ist der Handlungsverlauf dadurch, dass das Augenmerk so stark auf Wyl liegt, ziemlich eingleisig gestrickt. Sämtliche Fäden, die sich durch die Trennung der Personen von Wyl entfernen, sind so lange auf Eis gelegt, bis sie Wyl wieder begegnen. Einzige Ausnahmen sind Celimus und Valentyna, die trotzdem gelegentlich kurz eingestreut werden. Durch diese Methode bleiben viele interessante Charaktere blasse Randfiguren, allen voran Cailech, wie oben bereits erwähnt, aber auch dessen Magier oder Celimus‘ neuer Berater Jessom.

_Mit anderen Worten_, die Autorin hat das Potenzial ihrer Idee bisher nicht voll ausgenutzt. Vielleicht war das Absicht, immerhin handelt es sich bei dem Buch um den Auftakt eines Zyklus. Trotzdem hoffe ich, dass die Folgebände etwas mehr Ausgewogenheit zeigen. Ein wenig mehr Vielschichtigkeit der Hauptfiguren, die in ihrer Aufgabe als Pro- beziehungsweise Antagonist ein wenig zu stereotyp ausgefallen sind, eine straffere Erzählweise und etwas mehr Leben für all die Nebenfäden, die im Wust der Haupthandlung so völlig untergegangen sind.

_Fiona McIntosh_ stammt ursprünglich aus England, ist aber bereits als Kind viel zwischen Afrika und England hin- und hergereist, hat eine Zeit lang in Paris gearbeitet und ist schließlich in Australien gelandet, wo sie mit ihrem Mann und zwei Kinder hängengeblieben ist. Der Herausgabe eines Reisemagazins folgte 2005 der Roman „Myrren’s Gift“, der erste Band ihrer |Quickening|-Trilogie und im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Die dunkle Gabe“ auf Deutsch erschienen. Das Erscheinungsdatum des Folgebandes ist noch nicht bekannt. Seither hat die Autorin mit |Trinity| und |Percheron| zwei weitere Trilogien geschrieben, die allerdings bisher nur auf Englisch erhältlich sind.

|Originaltitel: Myrren’s Gift
Übersetzt von Beate Brammertz
Mit Illustrationen von Paul Young
Paperback, 800 Seiten|

Home


http://www.heyne.de

Parzzival, S.H.A. – Todesanzeigen (Titan-Sternenabenteuer 22)

Die Ökoterroristen greifen die |World Market|-Kette des Industriellen Michael Moses mit genmanipulierten Rieseninsekten und -spinnen an. Für die Neueröffnung seiner Firmenzentrale in der Wüste von Arizona befürchtet Moses neue Anschläge und bittet seinen alten Freund Amos Carter, ihm die |Titan| mitsamt Crew für die Festlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Shalyn Shan, Kommandantin der |Titan|, hat darüber hinaus noch ganz andere Probleme. Am letzten Tag ihres Landurlaubes lernt sie die geheimnisvolle Monja kennen – und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Doch hinter der jungen Frau steckt ein tödliches Geheimnis. Alle früheren Freunde Monjas, mit denen sie eine festere Beziehung hatte, starben unter mysteriösen Umständen. Außer anonymen Todesanzeigen, die sie erhalten hat, hat Monja keinerlei Anhaltspunkte für die Hintergründe.

Als Shalyn Shan und ihre neue Freundin bei einem Ex-Freund Monjas nachforschen, bahnt sich eine neue Katastrophe an. Eine gigantische Flutwelle bricht über das Hotel in den Bergen herein, welches Monjas Ex-Freund gehört und in dem die beiden Freundinnen mit dem Mann sprechen wollten …

_Eindrücke_

Dies ist der erste Band, den ich aus der Serie „Titan – Sternenabenteuer“ lese, und gleichzeitig ist es auch der Einstand des Autors S.H.A. Parzzival, der mit „Todesanzeigen“ zugleich einen neuen Zyklus einleitet. Auch die klassischen Abenteuer der |Promet|, deren Tradition |Titan| fortsetzen will, kenne ich lediglich vom Hörensagen. Umso gespannter war ich darauf zu sehen, wie sich dieser Band gestalten wird, der laut Verlagschef Kaegelmann den Beginn einer völlig neuen Storyline darstellen soll. Da sich die Handlung von Weltraumgeschichten nunmehr auf die irdischen und menschlichen Geschicke konzentriert, wurde das Genre der Romane auch kurzerhand in „Social Fiction“ geändert.

Auffallend sind zunächst der recht geringe Umfang der Bücher und die flotte Schreibe des Autors. Die Charaktere entsprechen dem Heftroman-Klischee und sind entweder außerordentlich attraktiv oder besonders exotisch oder gleich beides. Die Ausnahmen bestätigen die Regel und kompensieren ein weniger dem gängigen Schönheitsideal entsprechendes Aussehen mit einem hohen Intelligenzquotienten, wie zum Beispiel beim wohlbeleibten Professor Lukas Hagen. Nichtsdestotrotz werden die Protagonisten vom Autor liebevoll und sympathisch dargestellt, auch wenn die blitzartige Entwicklung der Beziehung zwischen Shalyn Shan und Monja nicht gerade glaubwürdig rüberkommt.

Die Handlung entwickelt sich rasant und temporeich, lässt kaum Zeit zum Luftholen und bietet sehr kurzweilige Unterhaltung, gepaart mit viel Humor und Situationskomik. Der Strang um Michael Moses und seine Firmenzentrale „Germania“, erbaut nach den Entwürfen der von Hitler geplanten Reichshauptsstadt, schneidet darüber hinaus auch sozial- und gesellschaftskritische Themen an. Übergroße Insekten wirken zwar unheimlich trashig in diesem Kontext, tragen aber auch viel zum Spaß- und Spannungsfaktors des Buches bei.

Dank des Lexikons am Ende finden sich auch Neuleser schnell im |Titan|-Kosmos zurecht. Aufgelockert wird der Roman durch zwei Computer-Illustrationen von Marcel Barthel, die aufgrund des Schwarzweiß-Drucks sehr dunkel wirken und daher auf der Rückseite in kleinerer Form und in Farbe nochmals zu bewundern sind. Allerdings sehen die Illustrationen auch recht steril aus und lassen ein wenig die künstlerische Individualität vermissen. Ein ähnliches Problem besteht bei der Titelillustration, die allerdings durch eine hohe Detailliertheit und ein hohes Maß an Realismus positiv auffällt.

_Fazit:_ „Todesanzeigen“ ist ein actionreicher und rasanter Social-Fiction-Thriller mit skurrilen aber liebenswerten und im Ansatz noch recht einfach strukturierten Charakteren.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Bottero, Pierre – achte Tor, Das (Der Andere, Band 1)

In Frankreich ist Pierre Bottero ein etablierter Autor, in Deutschland dagegen kennt man ihn kaum. Das soll sich nun ändern. Mit „Das achte Tor“ erscheint bei |Ullstein| der erste Band von Botteros Trilogie, die in Frankreich „L’Autre“ betitelt ist.

Als ein ambitionierter Wissenschaftler im brasilianischen Dschungel nach einem Maya-Tempel sucht, entdeckt er ein unbekanntes Bauwerk, in dessen Inneren ein schwarzer Würfel schwebt. Was er nicht weiß: In diesem Würfel lebt eine Macht, die Der Andere genannt wird. Vor langer Zeit wurde sie in dieses Gefängnis verbannt und nur sieben bestimmte Familien, von denen jede einzelne eine bestimmte Fähigkeit besitzt, wissen von der Existenz des Anderen und können gegen ihn ankommen.

Nathan gehört zu zwei dieser Familien, weiß aber nichts davon. Er ahnt, dass etwas mit ihm nicht stimmen kann, denn er lernt jede beliebige Sportart innerhalb kürzester Zeit und vollbringt dabei ungewöhnliche Leistungen. Jedes Mal, wenn ihm dies gelingt, ziehen seine Eltern sofort um, so dass der Sechzehnjährige mittlerweile sehr weit herumgekommen ist.

Als eines Tages seine Eltern bei einer Bombenexplosion sterben, erhält er von seinem Vater auf seinem Handy eine aufgenommene Nachricht, dass er von Montréal nach Marseilles fliehen und dort nach seiner Familie suchen soll. Dabei begegnet er der gleichaltrigen Shaé, in der ungeahnte Kräfte wohnen. Gemeinsam entkommen sie den bedrohlichen Helluren und lernen schließlich die restlichen Mitglieder von Nathans Familie, den Kogisten, kennen. Ihr Markenzeichen ist ihre schnelle Auffassungsgabe, und die kann Nathan auch gut gebrauchen, denn plötzlich wendet man sich gegen ihn und Shaé. Sie müssen es nun nicht nur mit den Helluren, sondern auch mit Nathans Familie aufnehmen. Und mit einer dritten Macht, die für das ganze Chaos verantwortlich zu sein scheint und es auf die beiden abgesehen hat…

Pierre Botteros Fantasygeschichte zeichnet sich hauptsächlich durch seine Nüchternheit aus. Es ist angenehm frei von magischen und fantastischen Elementen. Selbst die besonderen Kräfte, die man den einzelnen Familien zuschreibt, sind zumeist nur eine ins Extrem getriebene Steigerung von normalen Fähigkeiten. Natürlich sind Dinge wie Der Andere nicht von dieser Welt, aber mit der magischen Fantasy à la Harry Potter hat Botteros Buch wenig zu tun. Die Geschichte ist dadurch angenehm locker und bricht nicht unter der Last von unwirklichen Ideen zusammen. Stattdessen baut der Autor trotz einer recht langen Vorgeschichte am Ende ein beträchtliches Maß an Spannung mit wenigen, aber effizienten Mitteln auf. Dazu gehört eine überschaubare Anzahl von Hauptfiguren, ein paar ungelöste Geheimnisse und ein Verwirrspiel darüber, wer nun gut und wer böse ist.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Nathan und Shaé, die sehr lebensnah gezeichnet und starke junge Charaktere sind. Ihnen liegt eine eher düstere Grundstimmung zugrunde, die gut zu der nicht unbedingt fröhlichen Geschichte passt. Beide haben bislang Probleme damit gehabt, Anschluss zu finden und echte Freundschaften zu führen. Sie fühlen sich einsam und merken, dass sie anders sind. Dadurch entstehen sehr tiefsinnige, nachdenkliche Figuren, die der Geschichte sehr viel Leben einhauchen und sie auf weiten Strecken bestimmen.

Der Schreibstil ist nüchtern und schnörkellos. Trotzdem schlägt er den Leser mit sicheren Formulierungen und einer düsteren, fesselnden Atmosphäre in den Bann. Der Autor versteht es, anspruchsvoll zu formulieren und mit wenigen Worten eine Stimmung, einen Sachverhalt oder ein Gefühl auszudrücken. Dadurch gibt es keine Längen, und trotz einer recht weitschweifigen Vorgeschichte wird aus „Das achte Tor“ doch noch eine runde Sache.

„Das achte Tor“ vereint Gegensätze: Auf der einen Seite herrscht eine düstere, beinahe schon verzweifelte Grundstimmung vor, auf der anderen sind aber Handlung und Schreibstil unbeschwert und frei von unnötigem Ballast. Mithilfe dieses Gerüsts erschafft der Autor eine spannende, atmosphärische Geschichte, die nicht langweilig wird und Lust auf die Folgebände macht.

|Originaltitel: L’Autre – Le souffle de la hyene
Aus dem Französischen von Wolfgang Renz
336 Seiten, kartoniert|
http://www.ullstein-taschenbuch.de

Ruff, Matt – Bad Monkeys

Wenn Matt Ruff ein neues Buch veröffentlicht, ist das für sich genommen schon ein Anlass zur Freude. Ruff ist alles andere als ein fleißiger Schreiber und hat es in den 20 Jahren seit seinem Debütroman „Fool on the Hill“ auf gerade einmal insgesamt vier Bücher gebracht. Nichtsdestotrotz hat er eigentlich für jedes seiner Werke viel Lob geerntet. So ist es vielleicht auch ganz gut, dass er nicht dem Hype verfällt und weiterhin auf Qualität statt auf Quantität setzt – lieber sporadisch und dafür stets von gleichbleibend hoher Qualität, als viel Mittelmaß oder gar Ramsch.

Für sein aktuelles Werk „Bad Monkeys“ hat Ruff sich nur vier Jahre Zeit gelassen – für seine Verhältnisse schon fast ein Anfall von Arbeitswut. Herausgekommen ist der mit 251 Seiten bisher kompakteste Ruff, der wieder einmal (auch das ist typisch für ihn) in keine Schublade passt.

Ruff selbst sieht „Bad Monkeys“ als eine Hommage an Philip K. Dick. Wer deswegen einen astreinen Science-Fiction-Roman erwartet, der liegt dennoch daneben – wenn auch nur irgendwie. „Bad Monkeys“ ist Verschwörungsthriller, Coming-of-Age-Roman, Krimi und Science-Fiction-Geschichte in einem. Ein wilder Genremix, in dem Ruff die verschiedensten Elemente unter einen Hut bringt.

„Bad Monkeys“ erzählt die Geschichte von Jane Charlotte. Jane sitzt in der psychiatrischen Abteilung eines Gefängnisses in Las Vegas ein und ihre Anklage lautet auf Mord. Sie leugnet nicht die Tat, sondern will dem zuständigen Psychiater nur die genaueren Umstände erläutern. Jane behauptet, Mitglied einer Geheimorganisation zu sein und dort in einer Unterabteilung namens „Bad Monkeys“ zu arbeiten, deren genauer Name „Abteilung für die finale Ausschaltung nicht zu rettender Personen“ lautet.

Hier ist Jane für das Ausschalten böser Menschen zuständig, die bereits Schaden angerichtet haben und dies auch in Zukunft zu tun gedenken. Das Eliminieren der Zielpersonen erfolgt dabei stets so unauffällig wie möglich.

Jane ist für den Job als Bad-Monkey-Agentin prädestiniert: Schon als Teenager hat sie den Hausmeister ihrer Schule (einen mutmaßlichen Kindermörder) auf eigene Faust zur Strecke gebracht. Jane wird von den Bad Monkeys rekrutiert und schreitet mit vollem Eifer zu Werke, schießt dabei aber auch manchmal über das Ziel hinaus.

Je mehr Jane davon dem Psychiater erzählt, desto mehr kommen Zweifel an ihrer Geschichte auf. Ist das alles überhaupt wirklich passiert? Der Psychiater weiß viel über Jane und konfrontiert sie mit immer neuen Fakten, die ihre Geschichte in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen, wie z. B. die Geschichte ihres kleinen Bruders, der als Kind entführt wurde. Sieht die Wahrheit vielleicht doch ganz anders aus?

„Bad Monkeys“ ist allem voran ein temporeicher Roman. Ruff versteht es, den Leser unmittelbar in den Plot zu ziehen. Ruff springt immer wieder hin und her, zwischen Janes Gespräch mit dem Psychiater und ihrer Vergangenheit. Schlag auf Schlag ziehen die Ereignisse ihre Kreise. Schon nach wenigen Seiten steuert Ruff den ersten Spannungshöhepunkt an: Jane verfolgt den Hausmeister, und damit knüpft Ruff einen dermaßen dichten Spannungsbogen, dass man schon von Beginn an völlig hingerissen von der Lektüre ist.

Ruff versteht sich darauf, den Leser gewissermaßen einzulullen. Er hat eine so eingängige und lebhafte Sprache, erzählt in so klaren, plastischen Bildern, dass man schnell tief in die Geschichte gesogen wird. Dieses Talent hat er auch in früheren Romanen schon bewiesen. Ruff hat eine Art zu erzählen, bei der er dem Leser noch so abstruse Begebenheiten unterjubeln kann – der Leser schluckt willig so ziemlich alles.

Dieses Prinzip funktioniert auch bei „Bad Monkeys“ wieder wunderbar – zumal der temporeiche Aufbau des Romans sein Übriges dazu tut. Obendrein spannt Ruff diesmal den Leser mit ganz existenziellen Fragen auf die Folter: Was ist die Realität? Wer ist Jane Charlotte? Je weiter der Plot sich entrollt, desto mehr drängen sich diese Fragen in den Vordergrund, und das erinnert in gewisser Weise dann eben tatsächlich an die Romane von Philip K. Dick („Blade Runner“, „Minority Report“, „Total Recall“, „Paycheck“, „A Scanner Darkly“, „Next“ …).

Ruff spielt mit der Wahrnehmung des Leser, und auch wenn man innerlich schon auf die klassischen psychologischen Schachzüge gefasst ist (schließlich drehte Ruffs letzter Roman „Ich und die anderen“ sich um das Thema Persönlichkeitsspaltung), so ist man auf den Paukenschlag des furiosen, atemlosen Finales dann doch nicht wirklich vorbereitet. Ruff dreht alles gnadenlos auf den Kopf, zaubert eine unerwartete Wendung nach der anderen aus dem Hut und fordert den Leser damit richtig heraus.

Sind die ersten Zweidrittel des Romans eine Mischung aus spannenden, teils gar schaurigen und vor allem phantastischen Elementen, erzählt von einer Figur (Jane Charlotte), mit der man stets mitfiebert, so dürfte so mancher Leser vom letzten Drittel etwas überfordert sein. Manch einem mag das „Matrix“-mäßige Finale dann doch etwas zu dick aufgetragen sein, und ganz eindeutig geht Ruff hier bis an die Grenze des Erträglichen. Wie er das Ganze am Ende dann aber auflöst und eine unerwartete Wendung nach der anderen präsentiert, das wäscht ihn dann zu einem nicht unerheblichen Teil doch wieder rein. Ruff war halt schon immer der Meister abgefahrener Plots.

Alles in allem bleibt damit ein positiver Eindruck zurück. Matt Ruff beweist mit „Bad Monkeys“ wieder einmal seinen Sonderstatus als Schriftsteller. „Bad Monkeys“ ist ein ungewöhnlich kompakter Ruff, aber er strotzt vor atmosphärischer Dichte und Spannung. Ruff schafft es wieder einmal, einen höchst sonderbaren und absurden Plot auf so eingängige und leichtfüßige Art zu erzählen, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Ein abgefahrener Genremix, der in keine Schublade passt und sich vielleicht am ehesten noch mit Jasper Ffordes [„Der Fall Jane Eyre“ 4165 vergleichen lässt.

http://www.hanser-verlag.de

_Die Romane von Matt Ruff:_
„Fool on the Hill“ (auf Deutsch 1991 erschienen)
„G.A.S. – Die Trilogie der Stadtwerke“ (1998)
[„Ich und die anderen“ 2712 (2004)
„Bad Monkeys“ (2008)

Sullivan, James A. – letzte Steinmagier, Der

Die Steinmagier sind die mächtigsten Zauberer in China und der Kaiserin treu ergeben. Doch auch unter den Steinmagiern gibt es Neid und Missgunst. Einem von ihnen, She-Bi, gelingt es, die Kaiserin zu versteinern. Das Kaiserreich zerfällt in viele kleine, rivalisierende Fürstentümer.

Der Fürst Dayku Quan schickt sich an, die versteinerte Kaiserin endgültig zu vernichten und in die Stadt der Erhabenen einzudringen, um sich selbst zum Kaiser zu krönen. Doch die Kaiserstadt wird von einer Armee von Steinkriegern bewacht, die jeden Eindringling gnadenlos töten. Bei der großen Schlacht von Wuchao, wo Dayku Quan seine Macht festigt, werden jedoch alle Steinmagier getötet. Alle bis auf einen: Wurishi Yu, überlebt als Einziger, weil sein Meister ihn in der Halle der Steinmagier zurückließ.

Nun soll Yu das Erbe der Steinmagier bewachen und dafür Sorge tragen, dass es nicht in falsche Hände gerät. Gemeinsam mit seinen treuen Gefährten – dem Dieb Sankou Yan, den Adligen Okalang Shi und Jhutsun Li, welche beide zu den Unsterblichen gehören, sowie der kaiserlichen Leibwächterin Ruwae – macht sich Wurishi Yu, der letzte Steinmagier, auf den Weg nach Irishien, um die Kaiserin zu befreien. Doch der machthungrige Fürst Dayku Quan ist den Gefährten bereits dicht auf den Fersen …

_Meine Meinung:_

Bereits mit seinem ersten eigenen Roman landet Bernhard Hennens Co-Autor des Romans [„Die Elfen“, 2169 James A. Sullivan, einen Volltreffer: „Der letzte Steinmagier“ ist ein äußerst spannendes und rasant zu lesendes Fantasy-Epos. Dabei bleibt Sullivan erstaunlich bodenständig. Die Ereignisse spielen in einer alternativen Fantasy-Welt, angelehnt an das alte China. Darüber hinaus muss sich der Leser nicht mit den üblichen Fantasy-Gestalten wie Elfen, Goblins, Orks oder Riesen auseinandersetzen. Sullivans Protagonisten sind allesamt Menschen, wenngleich mit unterschiedlichen Fähigkeiten, und einige der Charaktere besitzen darüber hinaus das Privileg der Unsterblichkeit.

Überhaupt bezieht sich das Prädikat „Fantasy“ auf die Nutzung von Magie, welche in Sullivans Roman zum Leben dazugehört wie die Luft zum Atmen. Die Figuren, die der Schriftsteller auf gut 600 Seiten zum Leben erweckt, sind allesamt sehr dicht und realistisch dargestellt worden. Gerade Yu und seine Gefährten werden derart sympathisch und vertraulich beschrieben, dass man wirklich und wahrhaftig um das Leben der Freunde bangt und im Kampf mit ihnen mitfiebert. Doch auch die Nebenpersonen oder Widersacher wurden nicht minder lebensnah dargestellt. Die Handlung indes wird geradlinig erzählt, manchmal unterbrochen von Anekdoten der Unsterblichen Jhutsun Li und Okalang Shi oder des Diebes Sankou Yan.

Der in Chicago geborene, aber in Deutschland aufgewachsene Autor verfügt über eine klare, schnörkellose Schreibe, die angenehm zu lesen ist. Das Buch entwickelt sehr schnell eine eigene Dynamik, die den Leser mit sich reißt und die Seiten nur so vorüberfliegen lässt. Ein absoluter Pageturner! Das Ende lässt die Hoffnung wachsen, dass vielleicht noch eine Fortsetzung der Abenteuer von Wurishi Yu folgen wird.

Das Cover zeigt eine chinesische Maske und passt gut zu Titel und Inhalt. Das Buch fasst sich sehr gut an und die Seiten bestehen aus einem hochwertigen, stabilen Papier. Die Schrift hat eine angenehme Größe, so dass die Augen auch nach 50 Seiten Lektüre nicht schmerzen.

_Fazit:_ Ein rasanter Fantasy-Roman mit sympathischen, glaubwürdigen Charakteren und einer fesselnden und dramatischen Handlung. Sullivan schuf mit „Der letzte Steinmagier“ einen Debütroman der Superlative.

http://www.jamessullivan.de
MIRA Taschenbuch

_Florian Hilleberg_

Suzy McKee Charnas – Alldera und die Amazonen (Motherlines 2)

Wege zu einer feministischen Utopie

Dieser Post-Holocaust-Roman ist ein weiteres Experiment in Sachen alternativer Geschichte aus feministischer Sicht – eine Tradition, die Ursula K. LeGuin („Winterplanet“) und Joanna Russ („Planet der Frauen“) in den Siebzigern begannen. „Alldera“ ist die Fortsetzung von „Tochter der Apokalypse“ („Walk to the End of the World“, 1974) und erweckt den Eindruck, es handele sich um den Mittelteil einer Trilogie, von welcher der dritte Band nie geschrieben wurde. Doch keine Angst: Auch so liest sich „Alldera“ spannend, interessant und unterhaltsam. Das Buch wird jedoch die (meist) männlichen Erwartungen nach Action und Kampf nicht erfüllen.

Suzy McKee Charnas – Alldera und die Amazonen (Motherlines 2) weiterlesen

Lara Adrian – Gefangene des Blutes (Midnight Breed 2)

Gefangen in einer ewigen Verbindung

Als der Vampir Dante in einen Hinterhalt von Rogues gerät, kann er nur ganz knapp und mit vielen lebensgefährlichen Wunden am Körper entkommen. Mit letzter Kraft erreicht er eine kleine Tierklinik, in der die Tierärztin Tess spät abends noch arbeitet. Um zu überleben, überlegt Dante nicht lange und trinkt von Tess‘ Blut. Erst zu spät fällt ihm das tropfenförmige Mal an Tess‘ Hand auf, das sie als eine Stammesgefährtin auszeichnet und ihn damit von nun an unwiderruflich an sie bindet.

Lara Adrian – Gefangene des Blutes (Midnight Breed 2) weiterlesen

Michael Marrak – Kinder der Sonne (Das Aion, Band 1)

Mit dem Romandreiteiler »Das Aion« hat Michael Marrak seine erste Geschichte für Jugendliche an den Verlag gebracht. Nun kann man eins vorwegnehmen: Das Buch ist gleichfalls für Erwachsene geeignet, sowohl was Stil als auch Wortwahl und Thema betrifft. Mit dem vorliegenden ersten Band »Kinder der Sonne« entwickelt Marrak nicht nur das Porträt einer zukünftigen Erde mit ihren von einer großen Naturkatastrophe übrig gebliebenen Menschen, sondern er haucht dieser Vision von Anfang an Leben und mysteriöse Facetten ein und gestaltet dadurch einen echten Pageturner.

Aufhängepunkt ist eine Naturkatastrophe, bei der Sonnenstürme nicht bekannten Ausmaßes die Magnetosphäre der Erde hinwegfegen und dadurch die Oberfläche der harten Strahlung aussetzen, so dass nahezu jedes Leben verbrennt und die Erde verwüstet wird. Aus dieser Situation entwickeln sich verschiedene Gruppen von Überlebenden, von denen der Leser zwei kennen lernt: Gut geschützt lebende Forscher und ein diesem Institut benachbartes Dorf mit Menschen, die sich wiederum in zwei Gruppen aufspalten: »Normale« Menschen (so genannte Alphas), welche die Katastrophe überlebten, und durch die Strahlung veränderte Kinder und Jugendliche (so genannte Betas) mit neuen Attributen. So sind sie zum Beispiel gegen die Sonnenstrahlintensität immun und haben noch einige Fähigkeiten, die sie von den Alphas unterscheiden.

Für dieses Dorf kommt es erneut zur Katastrophe: Eine KI-Fabrik gerät außer Kontrolle und wuchert mit unbekanntem Plan unter der Wüste, bis sie künstliche Wesen erschafft, die das Dorf heimsuchen. Eine biologische Macht, die sich selbst »Aion« nennt, rettet die Dorfbewohner vor dem Ende und sucht in der Beta Mira eine menschliche Partnerin im Kampf gegen die »Wucherung« der KI, in der sie eine Bedrohung für die ganze Welt sieht. Mira soll die mysteriöse fliegende Stadt Darabar aufsuchen und eine Frucht des Weltenbaumes ernten, mit der das Aion hofft, der Gefahr, die scheinbar über die maschinelle Bedrohung hinausgeht, Herr zu werden. Der Haken: Für Mira bedeutet das einen Weg ohne Wiederkehr …

Marraks letzte Romane zeichneten sich durch steigende Verworrenheit und abgefahrene psychedelische Aspekte aus, und so gibt es auch in dieser Geschichte krude Personen, mysteriöse Geschehnisse und Verwirrung für Protagonist und Leser. Aber sie ist deutlich geradliniger und der Zielgruppe entsprechend wenig blutrünstig und zeigt, dass sich Marraks Fantasie auch in lichteren Bereichen zu bewegen und entfalten vermag.

Der Prolog ist orakelhaft und wenig »SF-mäßig«, so dass man von der folgenden Entwicklung leicht überrascht wird. Roboter, Leviatoren, künstliche Intelligenzen, übermenschliche Entitäten – alles Bausteine normaler Sciencefiction (aber was ist da schon normal?), von Marrak wirklich unterhaltsam sortiert, verfeinert, individualisiert und neu gepfeffert. Fragen werfen sich auf nach Hintergründen und Handlungsmotivation für beide Drahtzieher in dem Konflikt.

Das Buch endet zwar nicht in einem Cliffhanger, aber es verlangt dringend nach der Fortsetzung. Das Geheimnis der Entstehung der Betas ist bereits gelüftet, aber welche Fähigkeiten genau sie entwickeln, ist eines der Rätsel, die noch dringend gelöst werden wollen, ebenso die Frage nach den »Barrieren«, die den bisherigen Handlungsschauplatz vom Rest der untergegangenen Welt abgrenzen und so verbergen, was hinter ihnen geschieht. Es ist wie eine große Brutstätte für Betas, die bis zu ihrer Vollendung separiert existieren – Zufall oder Überlegung, dass die neue »Wiege der Menschheit« wieder in den afrikanischen Wüsten liegt? Warum kann eigentlich die fliegende Stadt Darabar die Barrieren durchdringen – und warum und wie fliegt sie überhaupt? Ist das überhaupt handlungsrelevant? Was sind denn Ambodrusen für Geschöpfe – vielleicht nur Ausdruck der höllischen Fantasie Marraks, die sich doch nicht gänzlich vom Prädikat »Jugendroman« einschüchtern ließ? Und natürlich gibt es Katakomben, in denen man sich herrlich verirren kann.

Insgesamt lässt sich der Roman als solides Grundwerk der Trilogie bezeichnen, unterhaltsam und spannend, schnell und eindringlich zu lesen, es verflicht sprühende neue Ideen mit alten Konzepten des Genres zur Einführung in eine bedrohliche Zukunft, die den Leser nicht überfordert, sondern begierig auf die Fortsetzung warten lässt. Hier glimmt das Potenzial einer fulminanten Geschichte.

Ein kurzes Wort zur Aufmachung: Schönes Hardcover, aber wo ist das integrierte Lesezeichen? Der Faden, der es ermöglicht, ein edles Buch vor Eselsohren zu bewahren?

http://www.michaelmarrak.de/

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (4 Stimmen, Durchschnitt: 4,75 von 5)

Als Orientierung für die Bewertung gilt:
– 1 Stern: Gefällt mir überhaupt nicht
– 2 Sterne: Gefällt mir eher nicht
– 3 Sterne: Unentschieden/Durchschnitt
– 4 Sterne: Gefällt mir eher gut
– 5 Sterne: Gefällt mir sehr gut

Adrian, Lara – Geliebte der Nacht (Midnight Breed 1)

_Eigentlich_ wollte die erfolgreiche Fotografin Gabrielle Maxwell nur einen schönen Abend mit ihren Freunden verbringen, um ihren Erfolg bei einer ihrer Ausstellungen zu feiern. Doch als sie vor einem Nachtclub Zeugin davon wird, wie eine Horde wilder Vampire einen Mann blutleer saugt, verändert sich Gabrielles ganzes Leben. Nur durch den Blitz ihres Handys, den sie beim Fotografieren der Bestien auslöst und der die Vampire zu blenden scheint, gelingt ihr die Flucht. Ihr erster Weg führt sie zur Polizei, um den grausamen Mord an dem jungen Mann zu melden, doch die Beamten schenkt ihr keinen Glauben, da sie weder auf Gabrielles geschossenen Fotos Genaueres erkennen können, noch irgendwer vor dem Nachtclub etwas davon mitbekommen hat. Nur der gutaussehende Lucan Throne, der ein paar Tage später mit dem Vorwand bei ihr zu Hause auftaucht, zu ihrem Schutz von der Polizei geschickt worden zu sein, glaubt ihr. Doch was Gabrielle nicht weiß: Lucan Throne ist ebenfalls ein Vampir …

Bald schon verdreht Lucan Gabrielle gehörig den Kopf, und auch Lucan fühlt sich stark zu Gabrielle hingezogen. Dennoch bleibt Lucan nichts anderes übrig, als Gabrielle zu vergessen. Sie ist eine Stammesgefährtin, eine der Frauen, mit denen sich die Vampire für alle Ewigkeit verbinden können. Denn trotz seiner starken Gefühle für Gabrielle ist Lucan nicht bereit, seine Verpflichtung gegenüber seinen Vampirgefährten zu vernachlässigen. Lucan ist ein Vampirkrieger, der in den über Jahrhunderte währenden Krieg zwischen den Vampiren und den Rogues – Vampiren, die der Blutgier verfallen sind, wie jene, welche Gabrielle vor dem Nachtclub gesehen hat – verwickelt ist. Obwohl Lucan Gabrielle vor den Rogues beschützen muss, scheint für Gabrielle kein Platz an Lucans Seite zu sein …

_Man könnte meinen_, Bücher mit einer Basisstory wie in „Geliebte der Nacht“ gäbe es heutzutage wie Sand in der Wüste: eine menschliche Frau, die sich in einen Mann verliebt, von dem sie erst später erfährt, dass es sich bei ihm um einen Vampir handelt. Dennoch ist „Geliebte der Nacht“ noch lange kein Abklatsch von anderen, ähnlichen Vampirromanen. Die Geschichte in „Geliebte der Nacht“ wurde mit vielen neuen Ideen ausgeschmückt, welche die Erzählung zu etwas Eigenständigem machen und dazu führen, dass der Roman seinen ganz eigenen Charme entwickelt. So liegt der Schwerpunkt der Story nicht auf der Liebesgeschichte und den Erotikszenen zwischen Lucan und Gabrielle, sondern dieser Teil hält sich gut die Waage mit der restlichen Story, sodass diese nicht den Eindruck erweckt, sie wäre bloß vorhanden, um möglichst viel Erotikanteil darin einzubauen. Im Grunde spielt die Erotik in „Geliebte der Nacht“ sogar eher eine kleine Rolle, wenn man den Roman mit anderen Vampir-Erotik-Büchern vergleicht.

Dieses passende Verhältnis zwischen Erotik und der actionreichen Hintergrundstory in „Geliebte der Nacht“ hat mir sehr gut gefallen. Gabrielles und Lucans Verhältnis zueinander steht zwar schon im Mittelpunkt der Story, wird aber nie zu sehr in den Vordergrund gestellt. Es gibt zwar einige erotische Szenen, in denen es dann auch schon mal zur Sache geht, aber diese lassen sich im Laufe des Buches letztendlich an einer Hand abzählen und sind auch währenddessen nie so sehr in die Länge gestreckt, dass es irgendwann stören würde. Im Gegenteil, die Autorin hat die Szenen meist schön und genau, aber relativ knapp beschrieben, sodass die eigentliche Geschichte in „Geliebte der Nacht“ nie zu lange aus den Augen gelassen wird.

Die Charaktere in „Geliebte der Nacht“ haben mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen. Zwar sind die Nebencharaktere, wie beispielsweise Gabrielles Freunde, eher blass gehalten und auch die meisten anderen Charaktere zeugen nicht unbedingt von besonders viel Tiefe, doch das fällt der Leserin kaum auf und ändert nichts an der Qualität des Buches. Die Protagonisten Gabrielle und Lucan wirken sehr sympathisch, da beide ihre Stärken und Schwächen besitzen und nicht, wie sonst oft üblich, der Vampir durch und durch der starke Beschützer ist und die Frau zu schwach, um sich auch mal selbst zu wehren.

„Geliebte der Nacht“ ist sehr spannend und besitzt einen gehörigen Anteil an Action in der Story. Gleich am Anfang schon wird die Geschichte interessant, wenn im Prolog beschrieben wird, was mit Gabrielles Mutter geschieht, als sie zum ersten Mal auf einen Rogue trifft, und auch nach dem Prolog geht es aufregend und actionreich weiter. Gabrielle trifft vor dem Nachtclub auf wilde Rogues und kann nur mit viel Glück fliehen. Von diesem Zeitpunkt an wird sie von den Rogues, ihren menschlichen, seelenlosen Lakaien und insbesondere dem anonymen Vampirmeister, der die Rogues gegen Lucans Vampirstamm in den Krieg führt, verfolgt und scheint nirgendwo mehr sicher zu sein. Nur bei Lucan und dem Stamm scheint sie vorerst geborgen zu sein, was allerdings nach einiger Zeit ebenfalls zweifelhaft ist. Lucan, der älteste Vampir des Stammes, ist nicht nur der stärkste unter ihnen, sondern auch anfälliger für die Blutgier, welche die Vampire zu willenlosen Rogues macht. Lange Zeit konnte sich Lucan gegen diese Blutgier, die ihm immer mehr zum Verhängnis wird, wehren, was ihm aber immer schwerer fällt. Dadurch sorgt die Autorin für eine ständig anhaltende Ungewissheit, die sich vom Anfang bis zum Ende hin durch den ganzen Roman zieht.

Die Art und Weise, wie in „Geliebte der Nacht“ die Vampire dargestellt werden, ist zwar nicht revolutionär, allerdings auch mal etwas ganz anderes und für den ein oder anderen Leser wohl auch etwas gewöhnungsbedürftig. Die ersten Vampire waren nämlich Aliens, die auf der Suche nach Nahrung auf die Erde kamen und sich dort weiter fortpflanzten. Diese Vampire (übrigens nur männliche, da es in „Geliebte der Nacht“ keine weiblichen Vampire gibt), die dabei entstanden sind, sind die Gen-Eins-Vampire, denen auch Lucan angehört. Diese sind besonders stark und in der Vampirgesellschaft hoch angesehen, verfallen aber der Blutgier leichter als andere Vampirgenerationen und sind auch gegenüber der Sonne wesentlich empfindlicher. Da es keine weiblichen Vampire gibt, existieren zum Ausgleich die so genannten Stammesgefährtinnen. Das sind menschliche Frauen, die sich dazu eignen, sich mit einem Vampir zu verbinden und männliche Vampire zu gebären. Durch das Blut, das sie von ihren Gefährten trinken, erhalten auch sie ewiges Leben.

Das Einzige, was mich an dem Buch letztendlich wirklich gestört hat, waren der Schreibstil und seine ständigen Wortwiederholungen. Beständig werden Sätze mit „Gott …“, „Bei Gott …“ oder „Gott im Himmel …“ eingeleitet. Daran stört nicht nur, dass dieser Satzanfang beinahe auf jeder einzelnen Seite des Buches zu finden ist, sondern auch, dass dieser Anfang meist gar nicht richtig zum restlichen Satz passt, sondern diesen eher noch viel zu sehr dramatisiert. So hat es oft den übertriebenen Anschein, als wäre jede Kleinigkeit in Wirklichkeit gar keine solche, sondern eine riesige Katastrophe. Doch das ist leider nicht die einzige Wortwiederholung, die immer wieder auftaucht. So war mir die Bezeichnung „meine Süße“ für Gabrielle, sei es nun von ihren Freunden aus, von einem Polizeibeamten oder von Lucan, auch recht schnell ein Dorn im Auge. Würden diese Wiederholungen nicht auftauchen, wäre der Schreibstil vollkommen in Ordnung, denn die Art und Weise, wie die Autorin sich ausdrückt, hat mir eigentlich ganz gut gefallen.

Was auch ein wenig unglücklich ist, aber nicht allzu sehr gestört hat, sind die kurzen Dialoge zwischen Lucan und Gabrielle während des Sexes. Diese werden teilweise so übertrieben dargestellt, dass die Szene im Leser kaum einen erotischen Eindruck hinterlässt, sondern lediglich ein belustigtes Schmunzeln hervorruft.

_Fazit:_ Letztendlich hat mir „Geliebte der Nacht“ wirklich gut gefallen, trotz einiger Schwächen. Zwar nerven die Wortwiederholungen teilweise sehr, doch letztendlich haben mir die actionreiche Story und die Protagonisten sehr gut gefallen, sodass ich für „Geliebte der Nacht“ gerne eine Empfehlung ausspreche.

_Die Autorin:_ Zusammen mit ihrem Mann lebt Lara Adrian an der Küste Neuenglands, die von uralten Friedhöfen und dem Atlantik umgeben ist. Schon in ihrer Kindheit entwickelte sie ein Faible für Vampirromane und verschlang Bücher von Bram Stoker und Anne Rice. „Geliebte der Nacht“ ist ihr erster eigener Vampirroman.

|Originaltitel: Kiss of Midnight
Originalverlag: Bantam Dell
Softcover, 464 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Die |Midnight Breed|-Reihe:

Band 1: Geliebte der Nacht
Band 2: Gefangene des Blutes
Band 3: Geschöpf der Finsternis

Sandemo, Margit – Abgrund, Der (Die Saga vom Eisvolk 3)

Band 1: [„Der Zauberbund“ 4365
Band 2: [„Hexenjagd“ 4421

_Story_

Tengels Nichts Sol ist zu einer hübschen, geachteten Persönlichkeit herangereift und genießt nach der langen Zeit in der Obhut ihrer Ziehfamilie endlich die Unabhängigkeit, die sie sich bei den Studien auf dem Gebiet der Hexenkunde stets erträumt hat. Ihr Weg führt sie nach Dänemark, zunächst zu ihrem studierenden Halbbruder Dag, wo sie trotz ehrwürdiger Taten alsbald wegen Hexerei an den Pranger gestellt werden soll. Mithilfe von Dags Gastfamilie gelingt ihr die Flucht in den Norden und schließlich an den Ort, welcher der Legende nach noch einige echte Hexen beherbergt: Brösarps Backar.

Doch ihr Weg dorthin bleibt von Tragödien gezeichnet. Unterwegs erlaubt sie sich eine Liebelei mit ihrer Eskorte, schnappt ein hilfloses Mädchen auf, welches von einigen Landsknechten vergewaltigt wurde und erfährt derweil auch, dass Tengels letztem Nachkömmling Liv in der Ehe übel mitgespielt wurde. Am Blocksberg angekommen, eröffnet sich ihr jedoch eine Aussicht, die ihrem Leben ganz neue Impulse verleiht: In einer Traumreise trifft sie den Fürsten der Finsternis und spürt bei dessen bloßer Anwesenheit eine Erregung, die ihr bislang keine Liebschaft geben konnte. Entschlossen, ihrem wilden Leben endlich einen Sinn zu geben, schwört sie, wiederzukehren und sich ihrer unverhofften Passion vollkommen hinzugeben. Aber einmal mehr durchkreuzt die tragische Geschichte ihrer Familie ihre Pläne und erweckt in Sol erneut die dunkle Seite ihrer Seele.

_Persönlicher Eindruck_

Bedenkt man einmal, dass Margit Sandemo mit der „Saga vom Eisvolk“ die womöglich umfassendste Fantasy-Geschichte Europas verfasst hat, darf man schon erstaunt sein, welche großen Zeitsprünge die Autorin zwischen den einzelnen Kapiteln ihrer Erzählung vollzieht. Mit dem dritten Band haben sich die Rahmenbedingungen der Handlung teils gravierend geändert, ohne dass ein hierfür eventuell doch erforderlicher Zwischenschritt in Betracht gezogen wurde. Inzwischen nämlich sind bis auf Are und Liv alle Zöglinge von Tengel und Silje erwachsen und die liebevolle Familienidylle ist durch diese weitläufige Spaltung zunächst einmal Vergangenheit.

Mit der weiteren Entwicklung der Story jedoch stellt sich heraus, dass derartig ruckartig vollzogene Schritte der Saga keinesfalls negativ anhaften. Sandemo wählt statt unproduktiven Repetitionen eben den unkonventionellen Weg und gewährt ihrer Geschichte in allen Belangen ständige Fortschritte – und darin ist die rasch vergehende Erzählzeit eben auch inbegriffen.

Derweil haben sich auch die Schwerpunkte bei der Rollenverteilung stark verschoben. Nicht mehr der faszinierende Tengel steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern seine sonderbare Tochter Sol, die im 20. Lebensjahr so selbstbewusst und entschlossen ist, wie es selbst ihr Onkel nie gewesen war. Die Hexenschülerin entdeckt ihre Fähigkeiten mit wachsender Intensität und lernt mit jedem weiteren Abenteuer immer stärker, sie auch gezielt einzusetzen. Jedoch befindet Sol sich in einem inneren emotionalen Zwiespalt, den Sandemo in den betreffenden Passagen sehr schön aufgreift. Einerseits verspürt sie Hass und Rachsucht denjenigen gegenüber, die ihrer Familie und der Welt im Allgemeinen Unheil antun, neigt teilweise sogar dazu, ihre Kräfte so einzusetzen, dass sie tödliche Konsequenzen mit sich bringen. Andererseits kann sie das Unglück ihrer Wegbegleiter einfach nicht ertragen und bringt sie schließlich zu Tengel und Silje, um ihnen dort ein Leben und eine Liebe zu ermöglichen, die sie andernorts nicht erleben können. Diese teils recht krassen Wendungen gewinnen im Verlauf des Buchs immer deutlicher an Bedeutung und entwickeln Sol zu einer schier unberechenbaren Persönlichkeit, die sowohl die dunklen Gaben der Hexerei als auch die ihr verbliebene Menschlichkeit in ihre Entscheidungen einbezieht – und dabei immer wieder für Überraschungen sorgt.

Aber auch an anderer Stelle bewegt sich die Story mitunter sehr temporeich. Hier wird die tragische Geschichte von Livs Ehe erzählt, dort wiederum erfährt man von den zahlreichen Missständen, die den Norden Europas heimsuchen, am Beispiel heftig Betroffener, und zwischendrin taucht Sandemo auch wieder in das Herz des Eisvolks ein, bestehend aus Tengel, Silje und ihren Nachkommen, und vernachlässigt auch ihre Lebensgeschichte nicht.

Herausgekommen ist dabei ein ziemlich abenteuerlicher, aufgrund des hohen Tempos auch enorm abwechslungsreicher Roman, der gerade wegen seiner geistreichen Sprache und der bisweilen unerwarteten Wendungen der bislang spannendste der Saga geworden ist. Wer bereits die ersten beiden Episoden der |Saga vom Eisvolk| genüsslich goutierte, sollte daher auch mit „Der Abgrund“ vorzüglich bedient sein.

|Originaltitel: Sagan om Ísfolket 3: Avgrunden
Originalverlag: Boknöje ab 1982
Aus dem Norwegischen von Dagmar Mißfeldt
Taschenbuch, 336 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margitsandemo.se/

Blazon, Nina – Königreich der Kitsune, Das (Die Taverne am Rande der Welten 3)

Mit „Das Königreich der Kitsune“ ist mittlerweile der dritte Teil von Nina Blazons Reihe um den Jungen Tobbs, der auf der Suche nach seiner Heimat ist, erschienen. Und dieses Mal, so scheint es, hat die Suche endlich Erfolg …

Tobbs und Anguana, seine Freundin mit dem Ziegenfuß, haben schon viel erlebt. Tobbs, der dreizehnjährige Waisenjunge, ist in der Taverne am Rand der Welten groß geworden, die eine Art Knotenpunkt darstellt. Zig Türen aus mindestens genauso vielen Ländern führen in ihren Flur, und Tobbs hat es sich nicht nehmen lassen, einige dieser Pforten auszuprobieren. Doch eine Tür reizt ihn ganz besonders. Sie führt in das Land Doman, wo er seine Wurzeln vermutet, und wurde zugemauert, um zu verhindern, dass er seiner Herkunft auf den Grund geht.

Das kann den neugierigen Jungen und seine kompetente Freundin natürlich nicht aufhalten. Sie lassen die Tür durch den Hauskobold Domojov aufsprengen und gelangen nach Doman, wo sie gleich zu Anfang ihrer Reise von fleischfressenden Pferden und einer weißen Schlange verfolgt werden. Als Tobbs die weiße Schlange tötet, bringt er sich noch mehr in die Bredouille, denn nun wird er steckbrieflich in der Stadt Katuro gesucht. Dabei gerät er in die Fehde zwischen König Tanuki und dem Volk der Kitsune. Durch die Intrige einer Kitsune, also einer Füchsin, die sich in eine betörend schöne Frau verwandeln kann, gerät Anguana in Gefangenschaft, und Tobbs muss zusammen mit seinen Freunden die Quellnymphe befreien. Dass sie dabei auf Minotauren reiten, ist nur eine der Sensationen, die den Leser erwarten, wenn er die Taverne am Rande der Welten betritt …

„Das Königreich der Kitsune“ lässt am Ende die Frage offen, ob die Reihe fortgesetzt wird oder nicht. Sollte Letzteres eintreten, wäre das sehr traurig, denn obwohl der vorliegende Band nicht immer an seine Vorgänger heranreicht, verspricht er doch kurzweiliges und fantasiereiches Vergnügen, wie man es von der Autorin gewohnt ist. Abstriche muss man vor allem am Anfang machen. Hier kommt die Geschichte nicht in Gang und man vermisst das Feuerwerk von Ereignissen und Erfindungen, das Nina Blazon sonst immer auf ihre Leser loslässt. Außerdem ist das Buch auf weiten Strecken zu handlungslastig, so dass die Personen sich nicht richtig entfalten können.

Glücklicherweise geht es im letzten Drittel nochmal richtig rund. Es wird rasant, spannend und sehr actionreich. Trotz des hohen Erzähltempos behält die Autorin einen kühlen Kopf und schafft es, dass die Geschichte in geordneten Bahnen verläuft und trotzdem mit überraschenden Wendungen aufwartet. Ihren Einfallsreichtum vermisst man dennoch. Während die beiden Vorgängerbände mit einer Vielzahl von Wesen aus Mythen und Sagen geschmückt waren, fällt das Ensemble dieses Mal sehr karg aus. Blazon bedient sich hauptsächlich japanischer Quellen, doch die Auftritte ihrer Gottheiten oder Wesen sind kurz und hinterlassen wenig Eindruck. Das ist schade, da dieser Kulturkreis sicherlich einen weiteren Höhepunkt in der Reihe hätte kennzeichnen können.

Liebenswert geblieben sind aber der Erzählstil und die Figuren. Tobbs und Anguana sind interessante, heitere Charaktere, die toll ausgearbeitet sind und vermutlich jedem jungen Leser gefallen. Sie haben etwas Märchenhaftes an sich und wirken wie Helden, mit denen man sich identifizieren kann. Ein besonderes Spannungsschmankerl ist dabei natürlich die Aufklärung von Tobbs‘ Herkunft, die der Autorin gut gelungen ist. Auch die Nebenfiguren gefallen durch ausgefallene Eigenschaften und liebenswerte bis einfach nur lustige Charakterzüge. Sie werden häufig sehr amüsant dargestellt und spendieren der Geschichte Frische.

Der Schreibstil ist zwar nicht ganz so beschwingt und humorvoll, wie man es gewohnt ist, aber er ragt immer noch durch seine witzige Note und eine gute, kindgerechte, aber nicht simple Wortwahl hervor. Auch dieses Mal stören die teilweise neumodischen Begriffe. „Karate“, „Volleyball“ und „Paparazzi“ wollen nicht so recht zu rätselhaften Fuchswesen, Quellnymphen mit einem Ziegenhuf und Höllenhunden mit Mönchskutten passen. Auch wenn sich damit schöne, alltagsnahe Metaphern basteln lassen, wirkt das moderne Vokabular etwas unangebracht.

Alles in allem ist „Das Königreich der Kitsune“ aber eine rasante, vergnügliche Lektüre mit tollen Ideen und einer größtenteils gelungenen und spannenden Handlung. Blazons leichtfüßiger Schreibstil sowie ihr Einfallsreichtum machen auch den letzten Band der Reihe trotz einiger Abstriche zu einem echten Vergnügen.

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Reise nach Yndalamor (Die Taverne am Rande der Welten 1)“ 3463
[„Im Land der Tajumeeren (Die Taverne am Rande der Welten 2) 3980
[„Im Bann des Fluchträgers (Woran-Saga 1)“ 2350
[„Im Labyrinth der alten Könige (Woran-Saga 2)“ 2365
[„Im Reich des Glasvolks (Woran-Saga 3)“ 2369
[„Die Sturmrufer (Die Meerland-Chroniken 1)“ 4180
[„Der Bund der Wölfe“ 2380
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
[„Der Spiegel der Königin“ 3203
[„Der Maskenmörder von London“ 3983

http://www.ravensburger.de
http://www.ninablazon.de