Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Effinger, George Alec – Ende der Schwere, Das (Marîd-Trilogie 1)

_Spannender SF-Detektivroman_

Marîd Audran ist Privatdetektiv im Bordellbezirk einer nordafrikanischen Stadt des 21. Jahrhunderts. Durch Chips können die Liebesdienerinnen ihre Persönlichkeit verändern, je nachdem, wie’s dem Kunden beliebt. Das entsprechende Modul wird in die Schädelbuchse gesteckt, und schon werden Charakterzüge direkt ins Gehirn programmiert. Die Illusion ist perfekt.

Aber die Sache hat auch einen Haken. Jack the Ripper und andere „Künstler“ sind wieder auferstanden. Als eine gute Freundin Marîds ermordet wird, kommt er in seiner Ermittlung nur weiter, wenn er sich sein Hirn aufmotzen lässt. Das bringt ihn zwar weiter, hat aber ebenfalls einen Haken: Es fällt ihm immer schwerer, sich ein Bild von der eigenen Persönlichkeit zu machen, die ihm zunehmend entgleitet. Fremde Erinnerungen durchstreifen seinen Geist, ein Gefühl der Besessenheit beginnt ihn zu bedrücken …

_Der Autor_

Seit der 1947 geborene und 2002 gestorbene Amerikaner George Alec Effinger 1972 mit „What Entropy means to me“ seinen ersten Science-Fiction-Roman vorstellte, ist er immer wieder aufgrund seines ironischen Witzes, seines Sinns für die Absurdität des Universums, des Blicks für Details und wegen seiner Stilparodien mit Autoren wie Borges, John Barth und Thomas Pynchon verglichen worden. Das düstere „Die Wölfe der Erinnerung“ (1981) weist die genannten Qualitäten auf, kann seinen Autor aber noch nicht auf das Niveau jener erlauchten Autoren heben.

Effinger wurde lange unterschätzt – oder strengte sich nicht an -, und erst mit der Marîd-Audran-Trilogie bekam er den verdienten Ruhm. Hiermit schloss er sich der Cyberpunk-Bewegung an und schickte seinen Jedermann-Helden Marîd im Nahen Osten des 21. Jahrhunderts durch zahlreiche Abenteuer: ein Lowlife-James-Bond, der mit futuristischer Technik aufgerüstet ist.

Die Marîd-Trilogie:

1) Das Ende der Schwere (1987, dt. bei Heyne 11/1991)
2) Ein Feuer in der Sonne (1989, dt. bei Heyne 12/1991)
3) Der Kuß des Exils (1991, dt. bei Heyne 02/1994)

_Handlung_

Der etwa 30-jährige christliche Algerier Marîd Audran lebt als Privatdetektiv im Budayin, dem Rotlichtbezirk einer nordafrikanischen Stadt im 21. Jahrhundert. In den Strip-Klubs findet er seine Kumpel, seine diversen Freundinnen – und leider auch seine Feinde. Die Halbwertszeit eines Lebens ist hier stark reduziert. Seine derzeitige Freundin ist Yasmin, eine Obenohnetänzerin, aber auch mit Tamiko und Nikki hat er schon nähere Bekanntschaft geschlossen. Marîd ist ein wenig exotisch und wirkt arrogant, weil er sich standhaft weigert, ein Software-Add-on für die Persönlichkeitsmodifikation zu benutzen. Er hat nicht mal eine Schädelbuchse dafür und zieht stattdessen Tabletten vor. Yasmin kennt solche Skrupel nicht, und deshalb ist sie die populärste Tänzerin bei Frenchy’s.

|Die Mordserie|

Dass die Moddys und Daddys – die Persönlichkeitsmodule und Software-Add-ons – auch Gefahren bergen, zeigt sich, als ein neuer Kunde Marîds vor seinen Augen von einer James-Bond-Kopie umgenietet wird. Wie taktlos. Leider bleibt es nicht bei diesem Mordopfer. Auch Tamiko und eine ihrer Freundinnen, die sich als Killeramazonen auftakeln, erleiden einen vorzeitigen Exitus. Und ihre und Marîds Freundin Nikki verschwindet spurlos. Schleunigst begleicht Marîds Nikkis Schulden bei Hassan und Abdullah, doch auch dies bewahrt ihn nicht vor einem bösen Verdacht, als Abdullah ebenfalls die Kehle aufgeschlitzt wird.

Diesen Verdacht hegt jedoch nicht die Polizei unter Kommissar Okking, mit dem Marîd schon öfters zu tun hatte, sondern der Obermacker des Rotlichtviertels, Friedlander Bei. Marîd bekommt eine „Privataudienz“ mit der Option auf sofortige Exekution durch die zwei Gorillas dieses Paten. Doch er kann ein hieb- und stichfestes Alibi für Abdullahs Tod vorweisen und springt dem Tod noch einmal von der Schippe. Er erfährt, dass alle Ermordeten in Diensten Friedlander Beis standen, sei es als Kunden oder als Auftragskiller wie Tamiko. Offensichtlich will jemand die Geschäfte des Beis erheblich stören, und das kann dieser nicht zulassen.

|Ein neuer Chef|

Und an dieser Stelle kommt nun Marîd ins Spiel. Er sei der Einzige, so der Bei, der es schaffen könnte, schlauer als die Polizei und schneller als der Killer zu sein. Der Bei bittet Marîd daher, für ihn den Schuldigen zu finden. Und wenn er bittet, dann hat Marîd das als Befehl aufzufassen. Die Bezahlung ist fürstlich, doch die Sache hat einen Haken: Marîd muss sich aufrüsten lassen. Das schmeckt ihm überhaupt nicht, aber was bleibt ihm anderes übrig? Umsonst ist nur der Tod, und der kostet das Leben. Die eigenen Ärzte des Beis sollen die OP vornehmen. Na schön, willigt Marîd ein, froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Auch seine Freundin Yasmin überredet ihn, sich „verdrahten“ zu lassen.

|Verdrahtet|

Drei Wochen später – es ist Ramadan – erwacht Marîd mit einem Brummschädel und merkt, dass er im Bett eines recht angenehm aussehenden Krankenhausbettes liegt. Es unterscheidet sich von den Armenzimmern, die er nach einer Blinddarm-OP kennenlernte. Offenbar hat sein neuer Mäzen dafür gesorgt. Der Arzt, Herr Yeniknani, ist sehr besorgt um das Wohl und Wehe von Marîd und erklärt ihm die neuen Implantate. Marîd kann jetzt nicht nur Persönlichkeitsmodule und Software-Add-ons hochladen, um jemand anderes zu sein und zusätzliches Wissen zu erlangen. Nein, er kann noch viel mehr, weil Dr. Lîsani ihm winzige Drähte in tiefe Regionen seine Hirns eingeführt hat, damit Marîd Gefühle wie Hunger, Durst, Schlaf und sexuelle Erregung direkt kontrollieren kann. Allerdings kann er sich nicht selbst einen Orgasmus verschaffen, denn das wäre kontraproduktiv gewesen. Marîd ist beeindruckt.

Sobald er wieder entlassen worden ist, hört er, dass dieser James-Bond-Verschnitt verschwunden ist und dass seine eigene Freundin Nikki tot aufgefunden wurde – in einem Müllsack. Bei ihr findet er ein selbstgebasteltes Moddy, einen Ring und einen Skarabäus, möglicherweise Hinweise auf Herrn Leipolt, einen deutschen Kaufmann, mit dem Nikki zu tun hatte. Als er das Moddy von einer Moddy-Ladenbesitzerin testen lässt, verwandelt sich diese daraufhin in eine reißende Bestie. Marîd ist erschüttert. Aber dieses satanische Moddy kann nicht den oder die Mörder gesteuert haben, denn dafür sind die Morde zu sorgfältig durchgeführt worden. Als er Tamikos Freundin Selima, die dritte ihres Killertrios, hingeschlachtet vorfindet, warnt ihn eine mit Blut geschriebene Botschaft, dass er der nächste sei.

|Nero Wolfe|

Was jetzt? Er beruhigt erstmal Friedlander Bei und legt sich die Persona eines berühmten Detektivs zu: Nero Wolfe. Aber Wolfe blieb stets zu Hause und ließ die Fußarbeit von seinem Assistenten Archie White erledigen. Leider weigert sich Marîds Freund Saied, diesen Job zu übernehmen. Der Grund: Archie ist eine Milch trinkende Memme! Das mit dem Nero-Wolfe-Moddy wird also nichts.

Aber wenigstens hat durch dieses Experiment Marîd eine Idee, dass mit Kommissar Okking etwas nicht stimmen kann. Er begibt sich in dessen Büro, führt den neuen Einfluss an, den Friedlander Bei auf ihn und Okking ausübt, und bittet eindringlich um Aufklärung. Falls nicht, könnte sich Papa Friedlander gezwungen sehen, mit Onkel Okking Schlitten zu fahren, auf fatale Weise.

Als Okking ihm daraufhin endlich reinen Wein einschenkt, erkennt Marîd erstmals die politisch motivierten Hintergründe der mysteriösen Taten. Sie erklären aber nur die blutigen Auftritte eines der beiden Mörder, die die Gegend unsicher machen. Doch weder Okking noch Friedlander Bei glauben an die Existenz eines zweiten Killers. Deshalb freuen sie sich nach Marîds Ansicht auch zu früh, als er den Killer trifft und die Oberhand behält. Marîd soll Recht behalten …

_Mein Eindruck_

Auf den ersten Blick entspricht der Roman dem typischen Klischee für einen Cyberpunk-Roman: moderne Technik steht im krassen Gegensatz zu dem illegalen oder zwielichtigen Milieu, in dem es eingesetzt wird. In der Regel ist der Grund für solchen Technikeinsatz aber der, dass im Untergrund und auf dem schwarzen Markt die moderne Technik – hier Persönlichkeitsmodule – erst voll ausgereizt werden. Das ist bis heute so, wenn man sich zum Beispiel Gadgets, Hacker, Designer-Drogen und das Internet ansieht.

Was den Roman über das Niveau der meisten Cyberpunkromane, die zwischen 1983 und 1995 erschienen (also bis zum Start der „Shadowrun“-Serie, als die Klischees endgültig in Serie gingen), hinausgeht, ist die Hauptfigur. Marîd Audran ist kein jugendliches Greenhorn mehr und hat bereits einige Lebensphasen hinter sich. Er lebt außerhalb der bürgerlichen Lebensgrenzen auf einem Areal, das zwar auf dem Friedhof liegt, aber als Rotlichtbezierk und Vergnügungsviertel genutzt wird. Touristen und Seeleute toben sich hier aus, und, wie Audran erfährt, auch zunehmend Politflüchtlinge aus Europa.

Audran hat einen Horizont, den er ständig erweitert, und ein Händchen für Damen und Freunde. Beide sind ihm gleichermaßen treu, denn er weiß, dass er ohne sie nicht in diesem Milieu überleben kann. Er hat sich wie ein Chamäleon der Umgebung angepasst. Obwohl er, wie Friedlander Bei feststellt, Christ ist, befleißigt er sich doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit der arabischen Höflichkeits-Floskeln, zitiert den Koran, ruft Allah an und weiß mit arabischen Geschäftsleuten umzugehen, selbst wenn es sich um die größten Halunken handelt. Kurzum: Er ist ein Überlebenskünstler, noch dazu einer mit einem Gewissen und einem (gut versteckten) Herz aus Gold. Sonst würde er nicht nach verschwundenen Freundinnen fahnden.

Das macht ihn aber noch nicht zu einem guten Detektiv. So brüstet er sich zwar mit seiner Fähigkeit, jeden geschlechtsumgewandelten Mann, der nun als Stripperin auftritt, erkennen zu können, doch als er selbst einer hübschen langbeinigen Blondine in der Villa eines Deutschen begegnet, nimmt er sie dummerweise für bare Münze und schläft mit der Hübschen. Am nächsten Morgen klärt ihn „ihre“ Abschiednotiz über seinen Irrtum auf: „Sie“ heißt Günther Erich von S. Marîd stöhnt, weil ihm übel wird. Schließlich war er bis jetzt strikt hetero. Und seine Menschenkenntnis hat offenbar schwer nachgelassen. Was, wenn dies auch bei Nikki der Fall wäre?

Die Austauschbarkeit von Körpern und Persönlichkeiten ist mittlerweile völlig geläufiges Standardmotiv in der Science-Fiction. Dazu muss man sich nur mal Richard Morgans fulminanten SF-Detektivroman [„Das Unsterblichkeitsprogramm“ 464 ansehen. Diese Motive waren aber anno 1987, also drei Jahre nach der Veröffentlichung von Gibsons epochalem „Neuromancer“ noch an der vordersten Front der SF-Ideen.

Das steht leider im krassen Gegensatz zu der politischen Landschaft des 21. Jahrhunderts, die der Autor entwirft. Das ist Revisionismus in Reinkultur. Das Sowjetreich ist zwar, wie schon vorauszusehen war und wie es 1989 eintrat, in Russland, Weißrussland, die Ukraine usw. zerfallen, doch diese entwickelten sich nicht zu oligarchischen Demokratien wie heute, sondern zu feudalistischen Monarchien. Das ist also ein Rückfall ins 19. Jahrhundert. Vielleicht lässt es sich damit erklären, dass ja das sozialistische Modell abgewirtschaftet und abgedankt hatte und das demokratische Modell noch nicht genügend Boden gut gemacht hat.

Viel schlimmer, aber ins Bild passend erscheint deshalb der Rückfall Deutschlands in ein neofaschistisches Viertes Reich. Die Nazis pfuschen in den russischen Fürstentümern an der Thronfolge herum, und das betrifft natürlich auch politische Flüchtlinge wie Bogatyrev, die im Budayin Zuflucht gesucht haben. Ich habe mich schnell an den erstens Indiana-Jones-Film erinnert gefühlt, der in den 1930-40er Jahren spielt. Das mag für einen amerikanischen Autor ganz lustig und abenteuerträchtig erscheinen, aber für einen deutschen Leser ist doch ein bitteres Gschmäckle dabei.

|Die Übersetzung|

Die Übersetzung wurde von Isabella Bruckmaier angefertigt, aber sie hatte möglicherweise Helfer. Denn manchmal ändert sich der an sich schon selbstironische Tonfall zu einem noch gröberen Straßenjargon, in dem es von Ausdrücken wie „Tussi“, „Titten“, „auf etwas stehen“ usw. nur so wimmelt. Man kommt sich vor wie im tiefsten Berlin-Wedding, einem Arbeiterviertel, oder in einem Studentenviertel. Also, mir hat das Lesen solchen rotzfrechen Jargons richtig Spaß gemacht. Aber leider hält die Übersetzerin die harte Tonart nicht ganz durch und wird wieder zahm.

Die Textform ist nicht gerade die beste. Es wimmelt von doppelten oder fehlenden Wörtern und Druckfehlern. Aufgrund ihrer hohen Zahl erscheint es mir nicht sinnvoll, sie alle einzeln aufzuzählen.

Ein Glossar, das die zahlreichen arabischen Ausdrücke und französischen Sätze erläutern würde, fehlt leider. So bleibt es dem Leser überlassen, sich bezüglich arabischer Speisen kundig zu machen. Sie werden nur hin und wieder erklärt.

_Unterm Strich_

In der zweiten Hälfte und erst recht nach Marîds Umwandlung wusste mich der Detektivroman wirklich zu fesseln. Da folgen einige gute Action- und Erotikszenen. Doch verscherzt sich Marîd alle Sympathien sowohl in seiner Nachbarschaft als auch mit dem Leser, als er das Teufels-Moddy einstöpselt und die Sau rauslässt. Wenigstens hat er einen Filmriss, so dass uns das Schlimmste erspart bleibt.

Diese Wendung des Autors, den sympathischen Hauptcharakter des Buches so herunterzumachen, ist aber in ihrer Absicht begrüßenswert. Schließlich soll kein Leser jetzt hingehen und es Marîd nachmachen, denn es wird uns ja vor Augen geführt, wohin das den „Helden“ geführt hat. Merke: Gewalt ist kein Weg, auch wenn es dabei gelingt, den zweiten Mörder zur Strecke zu bringen. Und Marîd ekelt sich dafür mit Recht vor sich selbst. Einer der großen Vorzüge des Romans ist die Nachvollziehbarkeit von Marîds Gedankengängen und Empfindungen. Dafür findet der Autor immer wieder überzeugende und dennoch humorvolle, ironische Bilder, die das Lesen zum Vergnügen machen.

Lowlife und Hightech – diese Mischung stellt auch gewisse Ansprüche an den Leser. Er muss seine moralischen Toleranzgrenzen austesten, wenn er sich mit Stripperinnen, Nutten, Drogendealern, Geschlechtsumgewandelten, Hirnverdrehern und übelsten Killern konfrontiert sieht. Doch meiner Ansicht nach bewegt sich der heutige Leser inzwischen auf dem gleichen Niveau wie die Mehrzahl von Egoshootern und Detektiv-Games, die es heute zu kaufen gibt. 20 Jahre nach Erscheinen von Effingers Roman ist sein zynisch-kritisch gemeinter Weltentwurf mittlerweile der Standard geworden.

Im Jahr 1987 war noch nicht abzusehen, welche Staatsformen sich die Nachfolgestaaten der dann 1989 zusammengebrochenen Sowjetunion geben würden. Daher erschien es dem Autor wohl legitim – zumal in einer Fiktion – anzunehmen, es gäbe eine Rückkehr zum Feudalismus und zu parlamentarischen Monarchien. Dass aber auch das Nazireich auferstehen würde, ist sowohl unwahrscheinlich als auch nicht hinnehmbar. Einen weiteren Punktabzug handelt sich das |Heyne|-Buch durch die vielen Druckfehler und das fehlende Glossar für die arabischen Ausdrücke ein.

|Originaltitel: When Gravity fails, 1987
367 Seiten
Aus dem US-Englischen von Isabella Bruckmaier|

David Anthony Durham – Macht und Verrat (Acacia 1)

Acacia

Band 1: „Macht und Verrat“

Seit Jahrhunderten lebt nahezu die gesamte bekannte Welt unter der Vorherrschaft des acacischen Reiches. Doch mindestens ebenso lange widersetzt sich das zähe und kriegerische Volk der Mein aus dem nördlichen Hochland Acacias Herrschaftsanspruch. Jetzt hat es einen Attentäter nach Acacia geschickt, der König Leodan töten soll, der Auftakt zu einem lange vorbereiteten Umsturzplan.

In Acacia ahnt niemand etwas davon. Als der König bei einem Bankett niedergestochen wird, fällt die acacische Herrscherschicht aus allen Wolken! Der Kanzler des Königs, Thaddeus Clegg, lässt rasch die vier Kinder des Königs in Sicherheit bringen, jedes an einen anderen Ort. Doch die Rettungsaktion läuft bei weitem nicht so, wie sie sollte …

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Buch ist ein vielschichtiger und äußerst interessanter Roman. Das fängt schon bei den Charakteren an:

Leodan aus der Familie der Akaran ist ein freundlicher und gütiger Mann, aber ohne Durchsetzungsvermögen. Er leidet unter den dunklen Geheimnissen seines Reiches, hat jedoch nicht die Kraft, das System zu verändern. Dafür ist er ein liebevoller Vater, der sich für einen König erstaunlich viel mit seinen Kindern beschäftigt. Seit dem Tod seiner Frau sind sie sein Ein und Alles, und sein wichtigstes Ziel ist es, sie so lange wie möglich glücklich zu sehen. Er behütet sie vor wirklich allem, was nicht unbedingt zu ihrem Besten ist, immerhin sind zwei von ihnen schon fast erwachsen.

Aliver ist mit seinen sechzehn Jahren der Älteste und Thronfolger. Allerdings ist er ungewöhnlich schlecht auf diese Aufgabe vorbereitet. Trotz seines Alters ist er in keiner Weise in die aktuellen Regierungsgeschäfte eingebunden, und selbst der Geschichtsunterricht und die Ausbildung im Schwertkampf wirken irgendwie schwammig. Aliver scheint das selbst zu ahnen, denn er ist ziemlich unsicher, und, wie sich nach dem Attentat zeigt, einer echten Krise nicht gewachsen.

Die vierzehnjährige Corinn ist ein ziemlich oberflächliches Geschöpf. Sie mag Schmuck und schöne Kleider. Und sie legt viel Wert auf ihre Stellung, was einen der Gründe dafür darstellt, warum sie so mit dem Prinzen Igguldan von Aushenia liebäugelt. Politik an sich interessiert sie allerdings nicht, all die typischen kleinen Palastintrigen üben einen weit größeren Reiz auf sie aus. Das Attentat hebt auch ihre Welt aus den Angeln, aber mit weit weniger positivem Ergebnis.

Mena war schon mit zwölf erwachsener als ihre beiden großen Geschwister. Sie besitzt eine für ihr Alter ungewöhnlich ausgeprägte Menschenkenntnis, und obwohl ihr Vater natürlich auch von ihr alles Unangenehme fernhält, ist sie längst nicht so naiv wie Aliver oder Corinn. Sie besitzt einen selbstständigen Geist, der sich nicht mit den Erklärungen anderer abfindet, sondern nach der Wahrheit hinter den Fassaden sucht, und der letztlich dazu führt, dass Mena schließlich ihr Exil aus freien Stücken verlässt, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Dariel ist mit neun der jüngste der vier, ein sonniger, stets fröhlicher Junge mit ausgeprägter Neugierde. Die Entdeckung alter unbenutzter Gänge innerhalb der heimatlichen Festung führt ihn bis in die Dienstbotenquartiere, wo er sich unter anderem mit dem ehemaligen Seeräuber Val anfreundet. Sein Glück, denn auch seine Flucht ging nicht ganz glatt vonstatten, und hätte Val ihn nicht zufällig unterwegs aufgegabelt …

Gegenspieler der Acacier scheint zunächst der Häuptling Hanish Mein zu sein. Wie alle Mein hasst er die Herrscherfamilie der Akaran zutiefst und will ihre Herrschaft vollständig vom Antlitz der Welt tilgen. Schon bald zeigt sich jedoch, dass mit seinem Schlag gegen die Akaran nicht die Herrschaft gewechselt hat, sondern lediglich der Herrscher. Hanish findet sich in derselben Falle wieder wie Leodan. Und er verheddert sich zunehmend in dem Widerspruch zwischen den Forderungen seiner Ahnen und seiner wachsenden Zuneigung zu Corinn.

Alle diese Figuren – vielleicht mit Ausnahme von Leodan – durchlaufen eine Entwicklung. Das gilt natürlich vor allem für die vier Kinder, die im Laufe der Erzählung erwachsen werden. Während bei den beiden Jungen eher der Unterschied zwischen Kind und jungem Mann im Vordergrund steht, kann man bei den beiden Mädchen tatsächlich die Entwicklung als solche mitverfolgen. Der Konflikt, in den Hanish hineinschlittert, ist nicht ganz so hautnah ausgefallen, doch immer noch sehr lebendig und glaubwürdig. Das erstreckt sich ebenso auf Nebenfiguren wie Theseus Clegg, Hanishs blutrünstigen Bruder Maeander oder Rialus Neptos. Angenehm ist auch, dass Aliver, obwohl er letztlich zur Heldenfigur wird, nicht ins Klischee abrutscht. Sehr gelungen!

Der eigentliche Feind bleibt auch hier vorerst noch gesichtslos, da sein Reich außerhalb der bekannten Welt liegt. Er ist derjenige, der durch alle Widrigkeiten hindurch immer Oberwasser hat. ‚Vertreten‘ wird er durch die Gilde, die trotz aller Wechselfälle ununterbrochen ihren Geschäften nachgeht und dabei reicher und reicher wird. Eine Vereinigung mit ungeheurer wirtschaftlicher Macht und uneingeschränktem Opportunismus, absolut untauglich als Verbündeter, und doch im Kampf um die politische Macht immer wieder umworben. Die Mitglieder der Gilde legen eine skrupellose Kaltschnäuzigkeit an den Tag, die Ihresgleichen sucht. Spätestens nach dem Angriff der Piraten auf die Plattform der Gilde im westlichen Meer wird deutlich, dass die Gilde der wahre Herrscher über die bekannte Welt ist. Wer allerdings die ungeheure Macht jenseits der Gilde ist, das bleibt vorerst eher vage und besitzt gerade genug Substanz, um eine ungeheure Bedrohung anzudeuten.

Diese Macht ist es auch, die das Land mit Nebel versorgt, einer Droge, die dem Menschen seine Willenskraft nimmt. Die Gründer des acacischen Reiches, Edifus und Tinhadin, nahmen diese Droge nur zu gern, um damit den Widerstand in den unterworfenen Gebieten zu lähmen. Seither bezahlt Acacia für regelmäßige Nebellieferungen ebenso regelmäßig mit einer bestimmten Anzahl Kinder, von denen keines weiß, was aus ihnen wird. Diese Vereinbarung, die Quote genannt, war nicht nur schändlich, sie war auch ausgesprochen dumm, denn für die Sicherung ihrer Herrschaft über die bekannte Welt haben die Akaran mit einer dauerhaften Schwächung ihres neu geschaffenen Reiches gegenüber der Anderen Welt bezahlt!

Auch der Entwurf der verschiedenen Völker und Kulturen hat mir gut gefallen.

Die Santoth fallen ein wenig aus dem Rahmen, denn sie sind eigentlich keine Kultur. Sie sind Zauberer, und ihre Magie beruht auf der Sprache des Schöpfers, der einst durch seinen Gesang die Welt erschuf. In Durhams Weltentwurf ist diese Magie eine zweischneidige Angelegenheit, denn sie wurde einem Gott gestohlen und kann von Menschen nicht wirklich beherrscht werden. Selbst bei den besten Absichten und größter Sorgfalt entwickelt ihr Gebrauch unangenehme Nebenwirkungen. Und nicht nur das: Die Sprache des Schöpfers besitzt eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Die Anziehungskraft der Macht.

Die Mein, die ihren Angriff auf Acacia unter anderem mit der Grausamkeit der Quote begründeten, scheuen ihrerseits nicht davor zurück, Waffen aus Anderwelt gegen ihre Gegner einzusetzen, ob es sich dabei nun um Krankheiten oder wilde Tiere handelt. Weder gegen den Handel der Gilde noch gegen die übrigen Unmenschlichkeiten des alten Regimes wie die Zwangsarbeit in den Bergwerken ergreift Hanish irgendwelche Maßnahmen. Und dieselben Krieger, die so stolz waren auf ihre Härte und ihre Fähigkeit, im grausamen Klima des Hochlandes zu überleben, und für den Luxus und die Verweichlichung der Acacier stets nur Hohn und Spott übrig hatten, können es kaum erwarten, ihr karges Leben zugunsten eben dieses Luxus aufzugeben. Die Ehrenhaftigkeit der Mein, die man Hanishs Onkel Haleven noch abnimmt, wird immer fadenscheiniger. Und letzten Endes bleibt nicht viel mehr übrig als die Unterwerfung der lebenden Mein unter den Willen der Tunishni, der Seelen ihrer verstorbenen Ahnen, die ausschließlich nach Rache gieren.

Die Vumu dagegen scheinen ein äußerst friedliebendes Volk zu sein. Sie neigen dazu, das Leben zu genießen, was auf den fruchtbaren Inseln im östlichen Meer nicht allzu schwierig wäre. Allerdings haben sie eine höchst rachsüchtige Göttin in der Gestalt eines Seeadlers, die einst von einem besonders stattlichen Vumu zurückgewiesen wurde. Seither sind die Vumu ständig ängstlich damit beschäftigt, ihre Göttin milde zu stimmen, selbst wenn der Seeadler ihre kleinen Kinder raubt. Bis eines Tages Mena – die Akaran-Prinzessin mit der selbstständigen Denkweise – dagegen aufbegehrt, zum maßlosen Zorn der Priester! Und wieder bleibt am Ende nichts übrig als der Wunsch einiger Weniger nach Macht über ihre Mitmenschen.

Tatsächlich ist es so, dass nahezu jede Wendung, welche die Ereignisse nehmen, einen Schleier zur Seite zieht, und dahinter wird offenbar, worum es wirklich geht: Macht! Ob Hanish, die Gilde, die Priester der Vumu-Göttin oder Rialus Neptos – sie alle kennen kein einziges anderes Ziel, mit welchen Mäntelchen auch immer sie es verbrämen. Die Gewinner mögen ihre Helfershelfer danach schlecht behandeln, nur um dann von ihnen verraten zu werden, sie mögen sie belohnen, indem sie allen ihren Forderungen nachgeben, und trotzdem verraten werden. Ganz gleich, was sie tun, sie müssen nur zu bald erfahren, dass jeder, der nicht aus eigener Kraft die Oberhand gewonnen hat, sie nicht behalten kann! Kurz und gut: Kaum ein übersetztes Buch hat jemals einen so treffenden deutschen Titel getragen wie dieses.

Um es in wenigen Worten zusammenzufassen: David Anthony Durham hat ein vielschichtiges und scharfsichtiges Buch über Macht und Politik geschrieben, ausstaffiert mit sehr glaubwürdigen und stets menschlichen Charakteren und eingebettet in den eher schlichten, aber präzisen Entwurf einer interessanten Welt. Fantasy-Elemente wie die Magie der Santoth oder die Tunishni spielen eher Nebenrollen. Der Spannungsbogen ist dabei eher schwach gespannt.

Wer es also unbedingt üppig und ausgeschmückt haben möchte oder Wert auf rasante Aktionen oder nie dagewesene Spezialideen legt, wird hier nicht ganz auf seine Kosten kommen. Alle anderen aber erwartet unter einem dünnen Schleier des Fantastischen ein Blick in die realistischen Abgründe der menschlichen Herrsch- und Selbstsucht.

David Anthony Durham wurde 1969 in New York geboren, war aber viel in Europa unterwegs. Unter anderem hat er mehrere Jahre in Schottland verbracht. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller hat er an verschiedenen Universitäten gelehrt. Zu seinen Werken gehören außer einigen Kurzgeschichten die Romane „Gabriel’s Story“ und „Walk through Darkness“ sowie der Historienroman „Pride of Karthage“ über den zweiten punischen Krieg, von denen bisher jedoch keines ins Deutsche übersetzt wurde. „Macht und Verrat“ ist sein erstes Fantasy-Buch und der vielversprechende Auftakt zur Trilogie Acacia.

Paperback, 796 Seiten
Originaltitel: Acacia 1: The War with the Mein
Aus dem Amerikanischen von Norbert Stöbe
ISBN-13 978-3442244942

http://www.davidanthonydurham.com/index.html
http://www.randomhouse.de/blanvalet/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Meyer, Stephenie – Bis(s) zur Mittagsstunde (Bella und Edward 2)

|Bella und Edward|:
Band 1: [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600
Band 2: „Bis(s) zur Mittagsstunde“
Band 3: „Bis(s) zum Abendrot“

_Ein Leben ohne Edward?_

Obwohl Bella möchte, dass ihre Freunde ihren 18. Geburtstag ignorieren, findet am Abend eine Geburtstagsparty für sie bei den Cullens statt. Als sie dort eines ihrer Geschenke auspacken will und sich dabei – so ungeschickt, wie sie eben ist – am Papier schneidet, tritt genau das ein, wovor Edward sich immer gefürchtet hat: Jasper kann sich nicht beherrschen und greift Bella an. Edward kann das Schlimmste gerade noch verhindern und bringt Bella nach Hause.

Seit dem Vorfall verhält sich Edward seltsam. Sein strahlendes Lächeln, das Bella so liebt, ist verschwunden und er wirkt deprimiert. Bella stellt sich darauf ein, dass Edward sie bald fragen möchte, ob sie mit ihm fortziehen will – nur sie und Edward, damit er sie nicht mehr einer so großen Gefahr aussetzt. Als es zwischen den beiden jedoch zu einem Gespräch kommt, verläuft alles ganz anders. Edward verlässt sie, damit er sie nicht mehr in Gefahr bringen kann, mit dem Versprechen, es würde für sie bald so sein, als hätte es ihn nie gegeben. Er geht und lässt Bella völlig fassungslos und verzweifelt zurück.

Auch nach einigen Monaten findet sie keinen Trost. Ihre Freunde wenden sich von ihr ab und sie selbst fühlt sich einsam und leer. Doch obwohl Edward weggegangen ist, um sie in Sicherheit zu wiegen, lauert die nächste Gefahr bereits auf Bella: Als sie Laurent im Wald trifft, erzählt er ihr, dass Victoria Jagd auf sie macht. Edward hat damals Victorias Gefährten umgebracht, und jetzt möchte sie Rache. Doch das ist noch nicht alles: Eines Tages steht Alice vor der Tür und berichtet Bella, dass Edward in großer Gefahr schwebt …

Wie bereits im ersten Teil „Bis(s) zum Morgengrauen“, ist das Buch wieder komplett aus Bellas Sicht geschrieben, was immer noch hervorragend passt. Man kann sich gut mit Bella identifizieren und mit ihr fühlen. Dabei ist der Schreibstil perfekt ausbalanciert.

Jetzt stellt sich die Frage, ob „Bis(s) zum Morgengrauen“ überhaupt eine Fortsetzung gebraucht hätte. Gebraucht wohl eher nicht, aber unnötig ist sie keineswegs. Das Buch beginnt etwa dort, wo der letzte Teil aufhörte. Es ist Bellas 18. Geburtstag, weshalb sie so schon sehr frustriert ist, da sie nun – rein theoretisch – älter ist als Edward. Obwohl anfangs noch nicht davon die Rede war, dass Edward sie bald verlassen würde, merkt der Leser sofort, dass irgendetwas nicht zu stimmen scheint. Woran das genau liegt, lässt sich schwer sagen, doch für mich lag die böse Vorahnung wie eine Gewitterwolke über der Handlung. Es dauert auch nicht allzu lange, bis der Verdacht bestätigt wird, und dann steht Bella plötzlich eine lange Zeit der Einsamkeit bevor, in der sie nur dahinvegetiert und es einfach nicht mehr schafft, glücklich zu sein. Nur ihr Freund Jacob spendet ihr eine Zeit lang Trost.

Diesmal wird nicht nur die Legende der Vampire aufgegriffen und über den Haufen geworfen, sondern in diesem Teil stoßen auch noch Werwölfe dazu. Werwölfe – das sind Menschen, die sich in einer Vollmondnacht in einen Werwolf verwandeln und in diesem Zustand sogar ihren besten Freund töten würden? Ganz und gar nicht! Die Werwölfe in diesem Buch verwandeln sich nicht bei Vollmond, sie verwandeln sich, sobald ihre Wut außer Kontrolle gerät. Auch die Tatsache, dass Werwölfe nach der Verwandlung nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden können und wild um sich beißen, trifft in diesem Buch nicht zu. Wie man sieht, werden also auch die Werwölfe ein bisschen „verweichlicht“, was ich ein wenig schade fand.

Es weiß wohl jeder – spätestens nach „Underworld“ -, dass Vampire und Werwölfe schon immer verfeindet waren und sich das auch nie ändern wird. Doch hat sich schon mal jemand gefragt, |warum| Vampire und Werwölfe verfeindet sind? Ich habe mich das während der Lektüre immer wieder gefragt. Sobald sich Vampire und Werwölfe begegnen, hängt stets eine Feindseligkeit in der Luft, die greifbar ist. Leider wird aber nicht erklärt, warum das in Meyers Werk der Fall ist.

„Bis(s) zur Mittagstunde“ ist um einiges emotionaler als der erste Teil. Da der Leser von der Story um Bella und Edward richtig gefangen genommen wird, wird sich der ein oder andere an manchen Stellen sogar die Tränen zurückhalten müssen. An anderen Stellen wiederum ist das Buch so nervenzerreißend spannend, dass man es nur ungern weglegen möchte.

Was ich ein wenig schade finde, ist, dass Edward in dem größten Teil des Buches nicht vorkommt. Ganz am Anfang verabschiedet er sich von Bella und verschwindet für eine lange Zeit. Doch auch dadurch hat das Buch kaum an Reiz oder Spannung verloren. Bella unternimmt allerhand waghalsige und dumme Sachen mit ihrem Freund Jacob, weil sie das Gefühl hat, Edward dadurch wieder ein Stück näher zu sein.

_Fazit:_ Der zweite Band braucht sich vor seinem Vorgänger auf keinen Fall verstecken. Die Spannung und die Atmosphäre bleiben stets erhalten, die Geschichte ist spannend und interessant und der Schreibstil stimmig.

_Stephenie Meyer_ wurde im Jahr 1973 in Conneticut (USA) geboren und ist eine US-amerikanische Jugendbuchautorin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Phoenix in Arizona und besuchte dort die Highschool Scotsdale. Ihr bekanntestes Werk ist „Bis(s) zum Morgengrauen“, das 2006 bei uns erschien. Der zweite Teil, „Bis(s) zur Mittagsstunde“, ist seit letztem Jahr ebenfalls in den Buchläden zu finden, Band drei, „Bis(s) zum Abendrot“, wurde im Februar veröffentlicht. Sie arbeitet momentan an einem vierten Teil der Reihe, und ein Ende ist zum Glück noch nicht geplant, dafür eine Verfilmung des ersten Teils.

http://www.bella-und-edward.de
http://www.carlsen.de

Niven, Larry / Cooper, Brenda – Harlekins Mond

Auf der Erde haben künstliche Intelligenzen die Macht übernommen und die Menschheit vernichtet. Nur drei Raumschiffe konnten entkommen. Mit je 2000 im Kälteschlaf befindlichen Kolonisten steuerten sie den fernen Planeten Ymir an, um hier eine neue Heimat zu finden. Doch die „John Glenn“ erlitt einen Maschinenschaden und blieb im Orbit einer einsamen Sonne zurück. Ihre Tanks sind leer, und der Antimaterie-Treibstoff kann nur mit gewaltigen Maschinen hergestellt werden.

Die könnten zwar im Weltraum mit Hilfe von Nano-Technik und der auch an Bord der „John Glenn“ vorhandenen, aber ‚domestizierten‘ KI entstehen, doch der Rat – 200 Männer und Frauen, die kollektiv die Geschicke des Raumschiffs und seiner Besatzung bestimmen – entscheidet, aus diversen Monden des Gasplaneten „Harlekin“ einen eigenen Planeten zu ‚bauen‘ und ihn zu terraformen, d. h. mit einer Atmosphäre, Vegetation und Tieren auszustatten, um schließlich einige Kolonisten aufzutauen, die „Selene“ – so wird der Kunstplanet genannt – besiedeln und die für die Betankung der „John Glenn“ erforderliche Industrie aufbauen.

Rachel Nanowen ist eines der „Mondkinder“ von Selene. Sie ahnt wie die meisten Kolonisten nicht, dass sie kaum mehr als eine Sklavin im Rahmen dieses großen Plans ist. Der Rat residiert buchstäblich im Himmel bzw. an Bord der „John Glenn“. Nur selten lassen sich seine Mitglieder auf Selene blicken. Die Mondkinder sollen nicht wissen, dass das Schiff die Reise zum Ymir fortsetzen wird, sobald die Tanks gefüllt sind. Für Selenes geburtenstarke Bevölkerung ist kein Platz auf der „John Glenn“; sie will der Rat zurücklassen, obwohl strahlenintensive Sonneneruptionen und schwere Beben den künstlichen Mondes heimsuchen.

Unbeabsichtigt wird Rachel zur Schlüsselfigur eines Konfliktes zwischen den Erdgeborenen und den Kolonisten, die allmählich die Wahrheit erkennen und aufbegehren. Die Hardliner des Rates wollen sich notfalls mit Waffengewalt durchsetzen, aber nicht alle an Bord der „John Glenn“ sind damit einverstanden. Ratsmitglied Gabriel verschafft Rachel heimlich Zugang zu Informationen, die ihr eigentlich vorenthalten werden sollen. Allmählich reift in Rachel ein Plan heran, der für beide Seiten eine gerechte Lösung bringen kann. Aber die Stimme der Vernunft dringt nicht zu allen durch, und so droht der Unfrieden in einen Bürgerkrieg auszuarten …

Falls sich jemand einmal die Frage gestellt haben sollte, ob auch Science-Fiction-Autoren in die Wechseljahre kommen, könnte sie nach der Lektüre von „Harlekins Mond“ positiv beantwortet werden. Nur so wird im Grunde erklärbar, wieso sich ein Profi wie Larry Niven, der seit vier Jahrzehnten im SF-Geschäft ist, auf ein Projekt wie „Harlekins Mond“ einlassen konnte. „Frisches Blut für den Altmeister“ – dies mag ein Motiv für ihn gewesen sein, der gern mit anderen Schriftstellern zusammenarbeitet. Wenn es gilt, eine Handlung mit Science zu unterfüttern, hat der erfahrene Niven festen Boden unter den Füßen. Wie man seine Bühne zwecks Pflege oder Erschließung nachwachsender Lesergenerationen glaubhaft mit jugendlichen Figuren bevölkert, scheint ihm, dessen 70. Geburtstag naht, Schwierigkeiten zu bereiten, weshalb er sich mit einer (freilich selbst den Teenyjahren lange entwachsenen) Neu-Autorin zusammentat.

Brenda Cooper spann mit ihm das Garn um eine junge Heldin wider Willen, die nicht nur diverse SF-typische Krisen wie Sonneneruptionen oder dräuende Antimaterie-Attacken meistern und eine blutige Revolution verhindern, sondern sich auch mit Liebeshändeln herumschlagen muss. Dies sollte bereits erste Alarmglocken schrillen lassen: „Harlekins Mond“ ist kein ‚echter‘ SF-Roman, sondern als „Coming-of-age“-Geschichte ein Schaf im Wolfpelz – ein Werk, das sich offensichtlich an ein Publikum richtet, das etwa so alt wie Rachel ist. Nun sind SF-Romane ‚für die Jugend‘ seit Jahrzehnten im Genre vertreten. Es gibt klassische und sogar gute Titel unter ihnen. Die Zukunft wird schließlich auch für unsere Kinder und Enkel kein Zuckerschlecken, und das Abenteuer des Erwachsenwerdens kann durchaus spannend in Szene gesetzt werden. Das geschieht freilich in „Harlekins Mond“ reichlich einfältig und öde.

Zwischen Form und Inhalt klafft ein deutlich erkennbarer Graben. Das SF-Gerüst hat Altmeister Niven sauber gedrechselt, das uralte Konzept vom Raumschiff der Generationen abgestaubt und im Wissen um den aktuellen Stand der Technik in die Zukunft extrapoliert. Das Terraformen Selenes gerät unter seiner Feder zu einer spielerisch wirkenden Nachahmung des evolutionären Schöpfungsaktes. Dies zu lesen, bereitet Vergnügen – ein altmodisches Vergnügen vielleicht, da doch aus Kritikersicht erst der Faktor Mensch aus einem unterhaltsamen Roman echte Literatur macht.

In diesem Punkt können Niven und Cooper freilich keine Meriten ernten. Dieser Rezensent ist weder jung noch weiblich; es kann also gut möglich sein, dass er Rachel vor allem deshalb für eine fade Nervensäge hält. Sie soll ja naiv sein, an das Gerechte im Menschen glauben und durch Erfahrungen reifen, aber muss sich das so belanglos gestalten?

Die Autoren arbeiten gegeneinander. Es ist vermutlich Cooper, die Rachel in die große, aufregende Welt blicken lässt. Die Mitglieder des Rates erscheinen ihr fremd und angsterregend: wie strenge Eltern, Lehrer oder andere Autoritätsgestalten. Niven übernimmt die Perspektive der ‚Erwachsenen‘. Er steht quasi über den Dingen und behält deshalb den Überblick. Die Erdgeborenen der „John Glenn“ schildert er als Profis, die quasi aus der Zeit gefallen sind und den Kontakt zu den ’normalen‘ Menschen – den Mondkindern – nie wirklich gesucht haben. Unter Nutzung ihrer überlegenen Technik nutzen sie Selene als Ressource, werden aber grundsätzlich von menschlichen und damit sehr selbstsüchtigen Motiven bewegt.

Die ‚doppelte‘ Sicht auf die Figuren könnte von Vorteil sein. Stattdessen dominiert die Vereinfachung: Der Konflikt zwischen den ‚Göttern‘ der „John Glenn“ und den Mondkindern spielt sich auf erschreckend niedrigem Niveau ab. Die von Niven so perfekt konstruierte Technik wird beherrscht von butzebösen Ausbeutern, unter denen Mo Liren als ‚Bad leader‘-Figur besonders lächerlich wirkt. Wie haben solche krampfhaft an ihrem von der Realität überholten Plan festhaltenden Weltfremdlinge den KIs des Sonnensystems entrinnen können? Wie schaffen sie es, die Selenisten so viele Jahre in ahnungsloser Abhängigkeit zu halten? Richtig: Weil diese sogar noch schlichter im Geiste sind. Auf Selene basteln – und das geht definitiv auf die „Futuristin“ Cooper (s. u.) zurück – grüne Landkommunarden an einer sauberen, besseren Welt. Das täten sie wohl auch, wenn sie nicht künstlich dumm gehalten würden.

In dieser konfusen und künstlich in Aufregung versetzten Welt wirkt die Liebe zwischen der 17-jährigen Rachel und dem 60.000-jährigen Gabriel womöglich gar nicht so grotesk, wie es dem Rezensenten scheint … Jungmädchen-Träume und -Ängste füllen ohnehin manche Seite des arg in die Breite gehenden Werkes. Bleischwer und bierernst schleppen sich die Ereignisse dahin, in Gang gesetzt von eindimensionalen Gestalten, deren Schicksale – im besten Fall – herzlich gleichgültig lassen. Wie sonst will man es deuten, dass heimlich ungesunde Freude aufkommt, als Rachels klettige Busenfreundin Ursula sich den Tumbschädel an einem Felsbrocken einschlägt?

Im Finale endet alles in friedseliger Einfalt. Die bösen Ratsmitglieder werden vom Blitz der Erkenntnis getroffen und plötzlich einsichtig, die dummen Mondkinder öffnen die geballten Fäuste. In Fritz Langs Filmepos [„Metropolis“ 1415 – auch eine Geschichte vom Kampf von „Oben“ gegen „Unten“ – heißt es: „Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein.“ Das wurde bereits 1927 als außerordentlich albernes Resümee erkannt. „Harlekins Mond“ entstand fast acht Jahrzehnte später. Muss man sich wirklich durch knapp 700 eng bedruckte Seiten fräsen um zu erkennen, wie altmodisch Science-Fiction auch im 21. Jahrhundert sein kann?

|I.|

Als Lawrence van Cott Niven am 30. April 1938 in Los Angeles als Sohn eines Anwalts geboren, studierte Niven Mathematik und Physik an Universitäten in Kalifornien und Kansas. Nach dem Abschluss begann selbst zu schreiben; eine erste Kurzgeschichte, „The Coldest Place“, wurde 1964 veröffentlicht. Sie zeigt ihn als typischen Verfasser von ‚harter‘ SF, der eine spannende Handlung in einen wissenschaftlich möglichst akkurat gestalteten (oder wenigstens so wirkenden) Rahmen einbettet.

Ende der 1960er Jahre entstand Nivens „Ringworld“-Universum, das zum Schauplatz zahlreicher Romane und Storys wurde, die nicht zwangsläufig miteinander verknüpft sind, obwohl manche separate Unterzyklen bilden; allein die (nachträglich von Niven bearbeitete) Geschichte der „Kzin-Kriege“ umfasst inzwischen mehr als zehn Bände. Für „Ringworld“ (dt. „Ringwelt“) wurde Niven 1970 sowohl mit dem „Hugo“ als auch mit dem „Nebula Award“ für den besten Roman des Jahres ausgezeichnet.

Niven arbeitet oft mit Ko-Autoren. Mit Jerry Pournelle schuf er 1974 die inzwischen klassische ‚moderne‘ Space-Opera „The Mote in God’s Eye“ (dt. „Der Splitter im Auge Gottes“). Weiterhin arbeitete er mit Steven Barnes, Edward M. Lerner, Michael Flynn oder Brenda Cooper zusammen.

Über Nivens mehr als 50 Bücher umfassendes Werk und seine gegenwärtigen Aktivitäten informiert die Website http://www.larryniven.org.

|II.|

Brenda Cooper bezeichnet sich selbst als „Schriftstellerin, öffentliche Rednerin und Futuristin“. Sie studierte an der California State University, Fullerton, Informatik und Betriebswirtschaften und wurde Spezialistin für Management-Informationssysteme. Als „technical professional“ arbeitete sie u. a. für Aerospace. Derzeit ist sie als „chief information officer“ für die Stadt Kirkland im US-Staat Washington tätig, wo sie und ihre Familie auch leben. Sehr am Herzen liegt ihr die Ökologie der Erde bzw. deren Rettung, für die sie sich u. a. im Rahmen der „Lifeboat Foundation“ engagiert. (Auf den Fotos, mit denen sie ihren Webblog schmückt, sieht man meist Retriever-Hunde in naturbelassener Idylle tollen.)

Als Schriftstellerin arbeitet Cooper erst seit vergleichsweise kurzer Zeit. Sie fand einen Mentor im SF-Profi Larry Niven, mit dem sie diverse Storys in Magazinen wie „Analog“ und „Asimov’s Science Fiction“ veröffentlichte, bevor 2005 ihr gemeinsamer Roman „Building Harlequins Moon“ (dt. „Harlekins Mond“) erschien. Inzwischen schreibt Cooper solo und brachte 2007 „The Silver Ship and the Sea“ sowie 2008 eine Fortsetzung heraus.

Brenda Cooper informiert im Internet ausführlich (|sehr| ausführlich!) über ihre zahlreichen Aktivitäten. Ihre Website findet man hier: http://www.brenda-cooper.com. Außerdem gibt es ein „Life Journal“: http://bjcooper.livejournal.com.

http://www.bastei-luebbe.de

Schreiner, Jennifer – Zwillingsblut. Erotischer Vampir-Roman

_Zwischen Leidenschaft und Liebe_

Eines Nachts wacht Sofia nackt in einem verschlossenen Sarg auf. Nur mit Mühe gelingt es ihr, sich zu befreien, und ihr wird klar, dass der geheimnisvolle Fremde, der sie die Nacht zuvor verführt hat, mehr mit ihr vorhatte, als sie ahnte: Er hat sie zu einem Vampir gemacht!

Mit einiger Anstrengung schafft sie es, sich zu befreien. Vor der Gruft, in der sie eingesperrt war, liegen einige Kleider – zu Sofias Verwunderung aber nicht ihre, sondern die ihrer Zwillingsschwester Melanie, die des Lebens überdrüssig geworden ist und unter Aufsicht in einer Klinik wohnt. Sofia ahnt, dass der Fremde sie mit ihrer Zwillingsschwester verwechselt hat, und eilt sofort zu ihrer Schwester in die Klinik, um diese zu warnen. Als sie von Sofias Schicksal erfährt, bittet sie ihre Schwester, sie zu töten, da Sofia unmöglich bei ihr bleiben kann und Melanie nicht allein zurückgelassen werden will. Widerwillig kommt Sofia der Bitte ihrer Schwester nach, indem sie ihr das Blut aussaugt. Danach schwört sie, sich bei dem Vampir zu rächen, der ihr Leben zerstört und indirekt den Tod ihrer Schwester Melanie zu verantworten hat. Deshalb macht sie sich auf den Weg in einen Vampirclub, um nach ihrem Schöpfer zu suchen.

Dort trifft sie nicht nur auf den vampirischen Callboy Xylos, der vom ersten Augenblick an ein Auge auf Sofia geworfen hat und sie in sein Bett bekommen will, sondern auch auf den sinnlichen Vampir Edward, der ebenfalls Gefallen an Sofia findet. Dort wird ihr erzählt, dass es lediglich dem Magistraten, dem Gesetzesvollzieher der Königin, gestattet ist, weibliche Vampire zu erschaffen. Wegen einer rätselhaften Prophezeiung, die besagt, dass ein weiblicher Vampir einmal die Zwillingsschwester der Königin der Vampire umbringen wird, ist es dem Magistraten nur gestattet, alle zehn Jahre einen weiblichen Vampir zu erschaffen.

Was Sofia nicht ahnt: Sie ist zum Objekt eines grausamen Spiels der Vampire geworden, und Edward, für den sie bald mehr als nur Freundschaft empfindet, ist ihr Schöpfer …

_Bei Erotik-Romanen_ besteht immer das Risiko, dass der Erotikanteil zu groß ist und die Story dabei in den Hintergrund gesetzt wird, doch in „Zwillingsblut“ halten sich Erotik, Liebe und Witz gut die Waage. Es sind sehr viele erotische Stellen enthalten, worunter die Story glücklicherweise aber nicht leiden muss. Es wirkt, als wären diese Passagen lediglich ein Zusatz zu der Story, die nicht an völlig unpassenden Stellen auftreten, was ich sehr gelungen finde. Jennifer Schreiner hat sich mit ihrer Story wirklich sehr viel Mühe gegeben, sodass der Roman ohne weiteres auch ohne Erotik bestehen könnte.

Auch die Charaktere sind gelungen. Sofia ist eine sehr leidenschaftliche und temperamentvolle Frau, die sich stets durchzukämpfen weiß. Einerseits scheint sie eher zurückhaltend zu sein, andererseits ist sie auch ziemlich schlagfertig, was sie in Gesellschaft der Vampire auch dringend benötigt. Der Callboy Xylos stellt den typischen Macho dar, für den Frauen nur Lustobjekte sind und der sehr überzeugt von sich selbst ist. Obwohl einige Vampire um Sofias Gunst buhlen und jeder der Kandidaten seinen eigenen, interessanten Charme hat, schließt man Edward sofort ins Herz. Er glaubt nicht mehr an die Existenz der Liebe und verspürt eine tiefe Trauer, weil die Hexe Morna, die Zwillingsschwester der Vampirkönigin, ihn und seine Familie verflucht hat. Er möchte Sofia dazu bringen, entweder ihn zu töten und damit von seinem Leid zu erlösen, oder die Schwester der Hexe, damit der Fluch aufgelöst wird. Er nimmt sich vor, alles dafür zu tun, damit sie ihn hasst und tötet, was ihm aber nicht gelingt, denn auch er verliebt sich in Sofia …

Das Einzige, was mich ein wenig an Sofia gestört hat, ist, dass sie in manchen Situationen etwas unrealistisch reagiert. Sie scheint die Tatsache, dass sie ab nun als Vampir leben muss, genauso auf die leichte Schulter zu nehmen wie den Tod ihrer geliebten Schwester Melanie. Beides scheint ihr relativ egal zu sein. Sie macht auch ab und zu Witze über ihr Vampirdasein, was besonders seltsam ist, wenn sie sich kurz darauf bei dem Magistraten rächen will, weil er ihr dieses Schicksal aufgedrängt hat. Glücklicherweise ist das nur am Anfang so und wird im Verlauf des Buches glaubwürdiger und realistischer.

Wie ich oben schon angeschnitten habe, kommt in „Zwillingsblut“ sehr viel Erotik vor, nimmt allerdings nie die Oberhand. Die Stellen sind meistens sehr ausführlich und fantasievoll beschrieben, allerdings nie zu direkt. Zwischen Sofia und Edward bahnt sich allerdings nur langsam etwas an. Beide merken von Anfang an, dass sich zwischen ihnen etwas entwickelt, wogegen sich aber beide noch zu wehren versuchen. So bekommt Sofia anfangs nur mal einen Kuss von Edward oder eine Umarmung.

Was manch einen Leser stören könnte, ist, dass diese Vampire als ‚verweichlichte Schoßhündchen‘ nicht bei jedem beliebt sind. Zwar sind die meisten Vampire in „Zwillingsblut“ eher sexbesessen als romantisch veranlagt, aber viele stört dieses abgewandelte Bild der Vampire, und Edward ist eindeutig ein Kandidat, der zu den „zarten“ Vampiren zu zählen ist. Die Vampire in „Zwillingsblut“ dürfen keine weiblichen Artgenossen haben, deswegen bekommt jeder von ihnen von der Hexe Morna eine magische Perlenkette mit fünf Perlen, in die jeder Vampir insgesamt fünf Frauen sperren kann, um sie als ihre Sexsklavinnen halten zu können. In diesem Fall sind die Vampire eher radikal und rücksichtslos, Edward hingegen ist ganz anders. Er entpuppt sich als Romantiker und Verführer, und genau das könnte Leser an diesem Roman stören. Ich finde es allerdings gut so, wie es umgesetzt worden ist.

Der Schreibstil passt sich gut der Geschichte an und erschafft stets eine passende Atmosphäre. Ich wurde förmlich in die Geschichte hineingezogen und konnte mir das Geschehen sehr gut verbildlichen. Das Buch ist in einer allwissenden Form geschrieben und lässt uns in beinahe jeden Charakter hin und wieder einen Blick werfen. So kann man sich stets gut in die einzelnen Charaktere hineinfühlen und ihr Handeln nachvollziehen.

Das Ende des Buches lässt eigentlich keine Wünsche mehr offen. Letztendlich kommt alles angenehmerweise doch anders, als man es sich vielleicht vorstellen würde, aber es dennoch zu einem zufriedenstellenden Happyend.

_Fazit:_ „Zwillingsblut“ ist eine gekonnte Mischung aus [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600 von Stephenie Meyer und „Der Venuspakt“ von Jeannine Krock. Die Story ist wirklich gelungen, die Charaktere sind sympathisch und die Erotik sorgt lediglich für die richtige Würze.

_Jennifer Schreiner_ wurde am 1. April 1976 geboren, ist verheiratet und hat einen Sohn. Schon mit neun Jahren begann sie, Geschichten zu schreiben. Im Jahr 2002 schrieb sie ihr erstes Märchenbuch „Es war einmal …“ und veröffentliche es bei |Books on Demand|. Im selben Jahr im Dezember wurde sie Magister der Philologie. Nach ihrem ersten erotischen Vampir-Roman „Zwillingsblut“, der im Verlag |Plaisir d’Amour| erschien, sind zwei Fortsetzungen – deren erste im Januar 2008 erschienen ist – und noch zwei weitere Bücher geplant.

Band 2: [„Honigblut“ 4603
http://www.jenniferschreiner.com
http://www.plaisirdamour.de

Canavan, Trudi – Götter (Das Zeitalter der Fünf 3)

Band 1: [„Priester“ 4275
Band 2: [„Magier“ 4456

In „Götter“ gibt es ein vermutlich letztes Wiedersehen mit Auraya, die sich im zweiten Band „Magier“ von den Weißen losgesagt hat. Nachdem die Götter von ihr verlangt hatten, Mirar umzubringen, und Auraya diesen Befehl nicht ausführen konnte, hatte sie die Wahl zwischen einem verlängerten „Hausarrest“ und ihrem Abschied als Weiße.

Doch noch viele Fragen sind im zweiten Band unbeantwortet geblieben, sodass die Spannung groß war, als ich den abschließenden Band des „Zeitalters der Fünf“ aufschlug. Und auch hier wurde ich nicht enttäuscht …

_Unsterblich_

Auraya ist inzwischen einfache Priesterin, die sich wieder frei bewegen darf. Natürlich führt ihr Weg sie wieder zu den Siyee, mit denen sie bereits im ersten Teil Freundschaft geschlossen hat. Doch dieses Mal gilt es dort keine gefährliche Seuche zu bekämpfen, sondern sie trifft auf die unsterbliche Emerahl, die sich Auraya als Jade vorstellt. Wie von Mirar gewünscht, trifft Emerahl sich mit Auraya, um die ehemalige Weiße zu unterrichten. Auraya soll lernen, ihre Gedanken vor den Göttern abzuschirmen, außerdem möchte Emerahl herausfinden, ob Auraya tatsächlich das Potenzial hat, selbst eine Unsterbliche zu werden, wie Mirar es vermutet.

Tatsächlich stellt Emerahl schnell fest, dass Auraya ihre Macht nicht eingebüßt hat – ganz im Gegenteil, in mancher Hinsicht ist sie stärker als zuvor. Schnell lernt sie, ihre Gedanken abzuschirmen. Doch zunächst weigert sich Auraya zu lernen, wie sie selbst die Unsterblichkeit erlangen kann. So erzählt Emerahl ihr zwar, wie sie sich selbst unsterblich machen kann, doch erwartet sie nicht, dass Auraya dieses Wissen tatsächlich anwenden wird. Aber wieder einmal sorgt Auraya für Überraschungen, denn schnell wendet sie ihr neues Wissen an und wird damit zu der sechsten Unsterblichen. Auch ihre Fähigkeit zu fliegen hat Auraya nicht verlernt, doch offenbart sie weitere erstaunliche Fähigkeiten; so kann sie weiterhin, obwohl sie keine Weiße mehr ist, die Gedanken anderer Wesen lesen, außerdem spürt sie die Anwesenheit der Götter und kann auch ihren Gesprächen lauschen.

In einer anderen Geschichte treffen wir Danjin wieder, der immer noch seiner ehemaligen Herrin Auraya hinterhertrauert, der sich aber nun an eine andere Weiße gewöhnen muss, nämlich an Ellareen, die zu Aurayas Nachfolgerin erkoren wurde. Da Ella Danjins Gedanken lesen kann, verfolgt ihn permanent ein schlechtes Gewissen, wenn er Auraya nachtrauert. Als ihm Ella schließlich aber die wahren Gründe für Aurayas Weggang nennt, wankt auch Danjins Vertrauen. Aber seine Verbindung zu Auraya ist dennoch nicht vollkommen abgebrochen, verfügt er doch immer noch über den Ring, mit welchem die beiden in gedanklichem Kontakt stehen.

Während Emerahl und Auraya sich kennen lernen und Emerahl ihre Vorurteile der ehemaligen Weißen gegenüber abbaut, reist Mirar nach Süd-Ithanien, wo die Traumweber in Eintracht mit den Pentadrianern leben. Dort gibt es keine Verfolgung, die Traumweber dürfen die Menschen heilen und werden nicht wegen ihres Glaubens unterdrückt. Mirar wird nachdenklich, ob die Pentadrianer nicht doch ein besseres Volk sind als die Bewohner von Nord-Ithanien. Nekaun, die oberste Stimme der Pentadrianer, beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit Reivan, doch im Mittelpunkt steht die schwelende Konkurrenz zwischen Nekaun und der zweiten Stimme Imenja, die Nekaun nicht vollkommen vertrauen kann.

So richtig Fahrt kommt aber erst auf, als die Siyee einen Auftrag ihrer Göttin Huan erhalten und sich nach Süd-Ithanien begeben. Auraya begleitet die Abordnung der Siyee, allerdings haben die Götter ihr verboten, sich in den Auftrag einzumischen und zu kämpfen. Als die Siyee schnurstracks in eine Falle tappen und in Gefangenschaft geraten, befindet sich Auraya erneut in einer Zwickmühle, denn sie darf die Siyee nicht befreien, ohne gegen die Pentadrianer zu kämpfen und sich damit erneut gegen den Willen der Götter zu stellen. Als sie schließlich die Bekanntschaft Nekauns macht, gerät ihr Leben in große Gefahr …

_Auftakt zum Schluss(t)akt_

Zunächst lässt sich Trudi Canavan in gewohnter Manier viel Zeit. Sie begleitet Auraya und Mirar bei ihren Reisen, erzählt ausführlich von den Unterrichtsstunden, die Emerahl der zunächst verhassten Auraya gibt, doch erst einmal geschieht über lange Strecken nicht viel. Die beiden verfeindeten Völker leben ihr Leben vollkommen unbeeinflusst voneinander.

Hier gilt es zunächst, Aurayas neue Fähigkeiten zu erkennen und auszuloten, wie mächtig sie nun noch ist, seit sie nicht mehr unter dem Schutz der Götter steht. Als sie schließlich ihre Fähigkeit erlangt, die Götter zu belauschen, erkennt sie, dass Huan zu einer Todfeindin geworden ist, die nur nach einer Gelegenheit sucht, Auraya zu töten. Huan ist auch schließlich der Grund, warum Auraya sich unsterblich macht, da sie erkennt, in welch einer gefährlichen Situation sie lebt. Hin und wieder verirrt sich auch ihr ehemaliger Geliebter Chaia in ihre Gedanken, über den Auraya immer noch nicht hinweggekommen ist. So drehen sich ihre Gedanken permanent um ihre beiden Ex-Geliebten, die sie nicht vergessen kann. In Mirar erkennt sie immer noch einige Eigenschaften Leirards, dennoch überwiegt ihre Abneigung Mirar gegenüber die meiste Zeit, sodass sie eher Chaia nachtrauert, der erfreulicherweise noch eine sehr wichtige Rolle einnehmen wird.

Erst als Auraya mit den Siyee nach Süd-Ithanien kommt und dort die Bekanntschaft der ersten Stimme Nekaun macht, nimmt das Buch richtig Fahrt auf, alles andere bis dahin ist mehr oder weniger Vorgeplänkel und die Vorbereitung auf die finale Schlacht. Denn natürlich wird es am Ende noch einmal zur Konfrontation der beiden verfeindeten Völker kommen, bei der selbstverständlich auch die Götter ein Wörtchen mitreden wollen.

_Unsterbliche Charaktere_

Wieder einmal beleuchtet Trudi Canavan in allen Einzelheiten die agierenden Figuren. Allen voran ist natürlich wieder einmal Auraya zu nennen, die seit dem Beginn des ersten Bandes eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht hat und nun wirklich gar nichts mehr mit Sonea, unserer Heldin aus der „Gilde der Schwarzen Magier“, gemeinsam hat. Auraya ist längst keine Weiße mehr, dennoch hat sie nichts ihrer Macht eingebüßt, ganz im Gegenteil; sie wird stärker und stärker und könnte das Zünglein an der Waage sein, wenn es zur finalen Schlacht der Weißen gegen die Pentadrianer kommt. Doch je mehr sie über Huan erfährt, umso schwieriger fällt Auraya die Wahl der beiden Seiten …

Auraya ist eine faszinierende Persönlichkeit, die immer mehr an Profil gewinnt. Schon im zweiten Band „Magier“ erweist sie sich als eigensinnig, als sie sich gegen die Götter stellt und beschließt, ihre Rolle als Weiße abzutreten. In diesem Band wird sie unsterblich, und dennoch vergisst sie ihre alten Verbündeten, die Siyee, nicht. Und auch ihr kleines Haustier Mischief darf natürlich nicht fehlen. Auraya ist eine zauberhafte Figur, mit der man sich gerne identifiziert.

Auch die anderen Unsterblichen erhalten viel Raum im Buch. Emerahl begibt sich nun endlich auf die Suche nach der mysteriösen Schriftrolle der sechsten Göttin, in der Emerahl die Wahrheit über die Götter vermutet. Die Suche nach dieser Schriftrolle ist gefährlich und birgt viele Rätsel, die Emerahl mithilfe der beiden unsterblichen Zwillinge zu lösen hat. Als sie schließlich das Rätsel um die Götter lösen kann, ist es wie ein Paukenschlag, der schon an dieser Stelle neugierig auf das Ende macht.

Währenddessen outet Mirar sich als der Anführer der Traumweber, da er seinem Volk offen beistehen will. Bei seinem Besuch in Glymma, dem Hauptsitz der Pendarianer, merkt er, dass dieses Volk ganz anders mit den Traumwebern umgeht. Das bringt ihn in einen schwierigen Gewissenskonflikt, da er immer noch Gefühle für Auraya hegt, die nach wie vor zu den Weißen hält. Diese Situation birgt viel Konfliktpotenzial, das Trudi Canavan bis ins Letzte ausreizt.

Eine besonders interessante Figur ist allerdings auch die Erste Stimme Nekaun. Während er im ersten Teil aus der Perspektive Reivans als sympathischer Anführer vorgestellt wurde, der die Pentadrianer vernünftig anführen kann, lernen wir nun eine ganz andere Seite von ihm kennen. Nekaun entwickelt sich zu einem rechthaberischen und arroganten Anführer, der bei den anderen Stimmen nicht immer Pluspunkte sammeln kann. Auch Reivan muss eines Nachts erkennen, dass Nekaun nicht der nette Junge ist, als den sie ihn einst kennen gelernt hat. Nekaun entwickelt sich hier erstaunlich schnell weiter – allerdings nicht zu seinem Vorteil …

_Grau statt Schwarzweiß_

Wie schon in „Magier“ angedeutet, so sind die Pentadrianer nicht das böse Volk, als das sie noch im ersten Band „Priester“ erschienen. Auch die Pentadrianer haben fünf Götter, an die sie glauben, und fünf Anführer, die Stimmen. Die Parallelen zwischen den beiden Völkern werden immer deutlicher, doch im Bezug auf die Traumweber offenbaren die Pentadrianer sympathische Züge. Trudi Canavan schafft es hervorragend, die klare Aufteilung in Gut und Böse, wie sie uns zu Beginn der Trilogie erschien, weiter zu differenzieren. Ähnlich wie es auch Sergej Lukianenko in seiner [Wächter-Tetralogie 3594 macht, so verpasst auch Canavan beiden Völkern Ecken und Kanten; beide Völker spinnen Intrigen, offenbaren aber auch genügend positive Seiten, sodass man sich hin- und hergerissen fühlt und gar nicht weiß, zu wem man halten soll. Und ähnlich geht es sogar Auraya, die ja unter den Weißen aufgewachsen ist, nun aber erkennen muss, dass die Pentadrianer nicht wie erwartet das durchweg Böse sind.

Stattdessen baut Trudi Canavan eine neue „Feindfigur“ auf, die schlussendlich zu einem riesigen Paukenschlag führen wird, wenn die Autorin auf einen Schlag alle offenen Fragen auflöst!

_Überflüssiges_

Leider schafft Trudi Canavan es auch in ihrer zweiten Trilogie nicht, ihren Spannungsbogen konstant aufrechtzuerhalten. Immer wieder baut sie lange Beschreibungen von Szenerien und Völkern ein, die für den Verlauf der Geschichte vollkommen unwichtig sind. Ein Beispiel dafür sind die Elai, die Auraya in Band eins dazu überreden wollte, eine Allianz mit den Weißen einzugehen. Im zweiten Band haben die Elai noch mehr Raum erhalten, weil die Elai-Prinzessin verschleppt wurde und schließlich mithilfe Imenjas gerettet werden konnte. So kam es schließlich zum Bündnis zwischen den Elai und den Pentadrianern, von dem ich dachte, dass es eventuell die Schlacht am Ende entscheiden könnte. Doch weit gefehlt; im abschließenden Band sind die Elai wieder zu einer Fußnote verkommen, da sie praktisch überhaupt keine Rolle spielen. Zwar hat der Elai-König den einen oder anderen Auftritt, aber doch nur als Statist. Diese überflüssigen Handlungsstränge und unnötigen Ausschweifungen trüben im Rückblick ein wenig den Gesamteindruck der Trilogie.

_Überzeugend, aber ausbaufähig_

Insgesamt gefiel mir der abschließende Band der Trilogie sehr gut. Er benötigte zwar etwas Anlauf, bevor wirklich der Spannungsbogen einsetzt, doch Trudi Canavans Auflösung hat es wirklich in sich. Als es endlich zu dem Moment kam, als sich alle Puzzleteilchen zu einem Bild zusammenfügten und die Zusammenhänge klar wurden, hat es mich wie ein Schlag in die Magengrube getroffen, obwohl ich zugeben muss, dass man die Auflösung hätte erahnen können. Aber ich muss auch gestehen, dass Trudi Canavan mich erfolgreich hinters Licht geführt hat – so hatte ich nicht geahnt, wie alles zusammenhängt. Das ist der Autorin wirklich großartig gelungen, was der gesamten Trilogie das gewisse Etwas verleiht. Eine weitere Stärke Canavans ist es, dass sie sich nicht zu schade ist, auch Figuren zu opfern, wie sie es in der |Gilde der Schwarzen Magier| gemacht hat. Mit Happyends hat sie es offensichtlich nicht, aber dennoch überzeugt ihr Ende vollkommen.

„Götter“ schließt die Trilogie überzeugend ab und hinterlässt auch eine gewisse Leere, weil es mir schwergefallen ist, von Auraya Abschied zu nehmen, aber die Leere nach der Gilde war dann doch noch größer. Trotzdem: Wer Trudi Canavans erste Trilogie verschlungen hat, findet hier einen ansprechenden Ersatz, der ein wenig die Zeit überbrückt, bis das nächste Buch aus der Kyralia-Reihe auf den Markt kommt.

http://www.trudicanavan.com/
[Verlagsspezial zur Trilogie]http://www.randomhouse.de/specialskids/zeitalter/

_Trudi Canavan auf |Buchwurm.info|:_
[„Priester“ 4275 (Das Zeitalter der Fünf 1)
[„Magier“ 4456 ((Das Zeitalter der Fünf 2)
[„Die Rebellin“ 3041 (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)
[„Die Novizin“ 2989 (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)
[„Die Meisterin“ 3065 (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)

Jennifer Schreiner – Honigblut. Erotischer Vampir-Roman

Die Geschichte eines Vampircallboys

Die junge Vampirin Sofia ist nach der Auflösung des Fluches, den die Schwester der Königin über ihrem geliebten Edward ausgesprochen hat, mit ihm den ewigen Bund eingegangen. Doch seit dem Tod der Hexe Morna haben sich in der Gesellschaft der Vampire neue Konflikte gebildet: Die Königin Maeve ist von ihrem Wahnsinn befreit und möchte die Frauen, die jahrelang in den Besitzerketten der Vampire gefangen gehalten wurden, endlich befreien. Dieses Vorhaben missfällt einigen Vampiren, weshalb es zu mehreren Rebellionen und zu Verrat kommt.

Jennifer Schreiner – Honigblut. Erotischer Vampir-Roman weiterlesen

Moning, Karen Marie – Im Bann des Vampirs

MacKayla Lane ist eine typische Southern Belle, eine Südstaatenschönheit, und mehr als stolz darauf. Sie hat lange blonde Haare, perfekt manikürte Nägel und trägt jede Menge Pink. Wir lernen sie kennen, als sie gerade am elterlichen Pool liegt, sich die Sonne auf den Pelz scheinen lässt und ihrer Gute-Laune-Playlist auf dem |iPod| lauscht. Die Idylle wird allerdings jäh gestört, als sie einen Anruf aus Irland erhält: Ihre Schwester Alina, die dort ein Auslandssemester absolvierte, wurde brutal ermordet aufgefunden.

Bald ist Mac überzeugt, dass die irische Polizei ihr Handwerk nicht versteht, denn nach nur einigen Wochen werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt und der Fall landet auf einem Aktenstapel. Mac will sich damit keineswegs zufriedengeben und entschließt sich daher, selbst nach Dublin zu fliegen und die Polizei anzutreiben. Doch dann findet sie auf ihrer Mailbox eine Nachricht von Alina, die diese kurz vor ihrem Tod hinterlassen hat, und alles wird plötzlich reichlich mysteriös.

Einmal in Dublin angekommen, stellt sich bald heraus, dass es viel mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich Mac in ihrer Schulweisheit bisher träumen ließ. Alina hatte ihr in ihrer Nachricht aufgetragen, das Sinsar Dubh zu finden, und als Mac endlich herausfindet, worum es sich dabei handelt, findet sie sich schon in einer Welt voller dunkler Wesen wieder. Ihre Aufgabe ist es nun, Alinas Mörder zu finden und gleichzeitig Alinas letzten Wunsch zu erfüllen, indem sie jenes ominöse Sinsar Dubh aufspürt.

Immerhin steht ihr bald Jericho Barrons zur Seite, ein Buchhändler von fragwürdigem Lebenswandel. Barrons hüllt sich in Schweigen, was seine Person angeht, und verfolgt offensichtlich seine eigene Agenda (auch er ist auf der Suche nach dem Sinsar Dubh). Trotzdem rettet er Mac in schöner Regelmäßigkeit das Leben, schließlich ist sie wertvoll für ihn. Wie sich herausstellt, ist sie eine Sidhe-Seherin, die die Anwesenheit von Feenwesen und -objekten erkennen kann. Um das Sinsar Dubh zu finden, ist sie daher unerlässlich.

Karen Marie Moning hat sich als Autorin von sexlastigen Liebesschmonzetten einen Namen gemacht, in denen gut gebaute Highlander in Liebesdingen unerfahrene Amerikanerinnen vernaschen. Mit dieser Masche hat sie sich eine durchaus umfangreiche Fangemeinde (und, wie auf ihrer Webseite zu sehen, einen Porsche) erschrieben. „Im Bann des Vampirs“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie, die auf insgesamt fünf Bände angelegt ist. Als Leser sollte man also darauf gefasst sein, dass man sich am Ende des Romans mit mehr Fragen als Antworten konfrontiert sieht. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Titel des Romans unglücklich gewählt ist. Es geht hier um Feen und um Magie. Es kommt zwar ein Vampir vor (dessen Echtheit allerdings bis zum Ende weder bestätigt noch widerlegt ist), doch ganz sicher befindet sich niemand in dessen Bann. Also Punktabzug für den irreführenden Titel.

Moning erzählt aus der Perspektive von Mac und verknüpft damit Fantasy mit |Chick Lit| und einem Schuss Erotik. Ihr Universum ist von Feenwesen, den Sidhe, bevölkert, die ursprünglich in einer anderen Realität lebten, aber nun in Scharen in die menschliche Welt zurückkehren. Die bösen Sidhe, die Unseelie, greifen dabei auch gern mal Menschen an und haben es so zum Beispiel geschafft, ganze Stadtteile von Dublin auszulöschen. Trotzdem sind sich die Menschen der Gefahr nicht bewusst, und so ist es an Eingeweihten wie Mac und Barrons, die Invasion aufzuhalten.

Moning wird nicht müde zu erwähnen, dass die Idee zu „Im Bann des Vampirs“ komplett ausformuliert in ihren Gedanken auftauchte und sie diese nur noch aufschreiben musste. „Diese Welt ist so vollständig, so plastisch und detailliert, dass ich denke, sie müsste irgendwo existieren“, hat Moning in einem Interview gesagt. Das ist natürlich zumindest teilweise Koketterie. Natürlich existiert diese Welt irgendwo irgendwie, schließlich zieht Moning ihre Inspiration aus der gälischen Mythologie und spickt sie dann mit eigenen Ideen. Die Gottwesen der irischen Tuatha Dé Danaan werden bei ihr zu einem bunten Völkchen von Monstern, die Menschen auf die ein oder andere Weise um die Ecke bringen können. Schillerndstes Beispiel ist wohl das Tod-durch-Sex-Wesen (ja, das heißt wirklich so), das auf Menschen so anziehend wirkt, dass sie so lange Sex mit ihm haben, bis sie daran zugrunde gehen. Na ja, wenigstens sterben sie glücklich …

Natürlich trifft auch Mac auf ein derartiges Wesen, was dazu führt, dass sie sich in einem gut besuchten Museum die Kleider vom Leib reißt, um sich selbst zu befriedigen. Moning wird nachgesagt, gute Sexszenen zu schreiben. Die Szenen in „Im Bann des Vampirs“ mögen sexy sein. Erotisch sind sie jedoch nicht, dazu kommen sie zu plakativ und aufdringlich daher. Hier wird auf den billigen Effekt gesetzt, und es ist die sprichwörtliche schnelle Befriedigung, die Moning ihrem Leser hier bietet.

Überhaupt Mac. Als Ich-Erzählerin sieht der Leser zwangsläufig die Welt durch ihre Augen. Umso wichtiger ist es, dass sie dreidimensional, unterhaltsam und überzeugend ist. Stattdessen kommt Mac als verzogene, provinzielle Zicke daher, deren Tiraden weite Teile des Romans einnehmen. Sie ist so von sich und ihrer Lebensweise eingenommen, dass es ihr unmöglich ist, sich einer fremden Kultur zu öffnen. Und so beginnen Sätze ständig mit „bei uns im Süden“, wenn sie mal wieder einen Iren zu unhöflich, grob, laut oder anderweitig unverständlich findet. Wenn Mac nicht gerade vor schwabbeligen Sidhe-Monstern flieht, erheitert sie den Leser mit Schönheitstipps à la: „Die Haut von innen stets mit Flüssigkeit zu versorgen, ist viel wichtiger als eine gute Feuchtigkeitscreme.“ Und als Barrons eine Anspielung auf ihre Kleiderwahl macht, kontert sie mit: „Ich trage nicht nur Pink. Ich besitze auch pfirsich- und lavendelfarbene Sachen.“ Will man so einer Person wirklich fast vierhundert Seiten lang Gesellschaft leisten müssen?

Einzig Barrons vermag den Leser zu fesseln, und das einfach nur, weil er absolut nichts von sich preisgibt. Er ist immer zur rechten Zeit am rechten Ort, doch wie oft Mac ihn auch ausfragt, nie erzählt er mehr über sich. Mac tut offensichtlich gut daran, ihm nicht komplett zu vertrauen, denn er scheint selbst einige dunkle Geheimnisse zu hüten, doch andererseits ist er sich nicht zu schade, auch mal den Helden in schillernder Rüstung zu geben. Dazu sieht er gut aus, hat einen viel besseren Geschmack als Mac (schwarz, natürlich), begegnet Macs naivem Gemüt mit beißendem Zynismus und er besitzt einen Buchladen. Was wünscht man sich als Frau mehr?

In einem Interview zu ihrer neuen Romanserie sagte Moning, sie sei geschockt gewesen zu sehen, wie viel Thanatos sich in ihrem Eros fand. Im Gegensatz zu ihrer Highlander-Serie soll „Im Bann des Vampirs“ also dunkel und gefahrvoll sein. Hier gibt es Monster in dunklen Ecke, brutale Morde und Protagonisten, deren Loyalitäten nicht ganz geklärt sind. Und doch kann Moning von ihrer normalen Kost scheinbar nicht lassen. Bei ihrem neuen Roman handelt es sich um Plüsch-Horror, in dem die frohgemute Heldin hauptsächlich darüber nachdenkt, welches Top sie zur Monsterjagd anziehen soll. Wem das zu zu zuckrig ist, der sollte sich lieber in die Hände von Laurell K. Hamilton begeben. Hamilton weiß zumindest, wie man taffe Heldinnen schreibt.

http://www.karenmoning.com
http://www.ullstein-taschenbuch.de

John Scalzi – Geisterbrigaden

Die Kopie des Bewusstseins eines verräterischen Wissenschaftlers wird einem Menschenklon aufgeprägt. Der junge Mann wird außerdem als Soldat ausgebildet, denn ein Krieg mit bösen Aliens droht. Mitten im Kampfgetümmel droht der Verräter die Hirnherrschaft zu übernehmen … – Turbulentes SF-Spektakel mit politisch unkorrektem Unterton, das zwar nur Bekanntes präsentiert, aber trotzdem kurzweilig und ohne Anspruch auf literarischen ‚Wert‘ zu unterhalten vermag. John Scalzi – Geisterbrigaden weiterlesen

Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Morgengrauen (Bella und Edward 1)

Im zarten Alter von siebzehn Jahren ändert Bella ihr Leben drastisch. Nicht, dass ihr viele Alternativen blieben: Ihre Mutter hat gerade einen Baseballprofi geheiratet und will mit ihm durch die Staaten ziehen. Da ist für Bella kaum Platz, und so entschließt sie sich, zu ihrem Vater in das verschlafene Forks zu ziehen, das sie bisher nur aus diversen Schulferienbesuchen kannte.

Der Umzug nach Forks ist in Bellas Augen keineswegs eine Verbesserung. Eigentlich kommt sie nämlich aus dem sonnigen Phoenix, und so fällt es ihr zunächst schwer, sich an das verregnete Forks zu gewöhnen. Auch die Beziehung zu ihrem Vater gestaltet sich zuerst schwierig – Charlie ist ein Einzelgänger aus Gewohnheit und muss sich daher erst an seine neue Rolle als Vater gewöhnen. Und dann ist da natürlich noch die Tatsache, dass sie an der Highschool die „Neue“ sein wird, was ihr eine berechtigte Gänsehaut über den Rücken jagt.

Letztendlich wird es dann aber gar nicht so schlimm, wie Bella befürchtet hat. Im Gegensatz zu Phoenix ist sie in Forks bald der Mittelpunkt des Interesses. Ihr ganzer Jahrgang scheint erpicht darauf, mit ihr befreundet sein. Die Jungs laufen ihr – fast sprichwörtlich mit sabbernder Zunge – scharenweise hinterher und auch die Mädchen nehmen sie sofort in ihre Clique auf. Nur ihr Banknachbar in Bio verwehrt sich Bellas Charme. Edward scheint eine sofortige Abneigung gegen sie zu verspüren und ihr ständig aus dem Weg zu gehen.

Bella ist konsterniert und gekränkt, kann sie sich doch nicht vorstellen, dem mysteriösen und schweigsamen Edward einen Anlass gegeben zu haben, sie nicht zu mögen. Und dass er schließlich sogar seine Biostunden zu schwänzen scheint, nur um ihr nicht begegnen zu müssen, erscheint ihr dann doch ein wenig drastisch.

Bella und Edward haben also nicht den besten Start. Und doch kommen sie sich näher, als Edward ihr bei einem Auffahrunfall das Leben rettet. Diesmal ist Bella nicht gekränkt, aber doch immer noch konsterniert, kann sie sich doch nicht des Eindrucks erwehren, dass Edward den auf sie zurollenden Wagen mit reiner Muskelkraft gestoppt hat – ohne einen Kratzer abzubekommen. Als sie dann noch bei einem Ausflug ins nahegelegene Indianerreservat erfährt, dass Edwards Familie der Zutritt verwehrt ist, weil sie Bluttrinker sind, ist ihr Interesse dann doch geweckt. Könnte Edward tatsächlich ein Vampir sein oder bildet sie sich da nur etwas ein?

Der Leser wird die Antwort schnell erraten: Natürlich ist Edward ein Untoter und natürlich hat er sich nicht von Bella ferngehalten, weil er sie nicht leiden kann. Er will Bella, und Bella ist sich schon lange darüber im Klaren, dass sie Edward will, doch die kleine Nebensache mit dem Vampirismus verkompliziert die Sache ein wenig.

Die Betonung liegt hier auf „ein wenig“, denn Stephenie Meyer lässt nie einen Zweifel daran, dass sie mit „Bis(s) zum Morgengrauen“ einen Liebesroman geschrieben hat. Sie hält sich nicht mit einem B-Plot auf, und auch Nebenfiguren sind hauptsächlich Staffage. Bei ihr geht es um Bella und Edward: Bella, wie sie im Geheimen Edward hinterherschmachtet. Edward, wie er unverschämt gut aussieht und einfach alles kann. Bella, deren Körper elektrische Stromstöße durchfahren, als Edward sie zufällig berührt. Edward, der ihr ganz romantisch auf einer Sommerwiese seine Liebe gesteht. Bella, die immer wieder in Gefahr gerät und von Edward gerettet werden muss. Und am Schluss geht doch alles irgendwie gut aus.

Meyers Liebesgeschichte ist buchstäblich wie aus dem Bilderbuch. Die Handlung ist schablonenhaft und bietet kaum überraschende Wendungen. Auch Meyers eher durchschnittliches erzählerisches Talent kann darüber nicht hinwegtrösten. Sie ergeht sich in endlosen Wiederholungen, bis dem Leser Edwards überirdische Schönheit und Bellas absolut unrealistische Tolpatschigkeit zu den Ohren herauskommen. Sie wird es nicht müde, Edwards Alabasterhaut zu beschreiben, seinen gottgleichen Körper und seine changierenden Augen, sodass auch die letzte Leserin begreift, dass sie hier den perfekten Mann vor Augen hat. Gleichzeitig ist Bella tapsig (sie fällt ständig auf die Nase), aber schön – die typische Damsel in Distress, die sich vom mutigen Helden aus potenziellen Gefahrensituationen retten lassen muss (will). Sie bietet damit eine mehr als geeignete Projektionsfläche für jugendliche Mädchenherzen.

Als Vampirroman kann „Biss zum Morgengrauen“ kaum überzeugen. Da findet sich nichts, was man nicht schon mal irgendwo anders gelesen oder gesehen hätte. Edward ist genauso empfindsam und „menschelnd“ wie Anne Rices Louis, ohne jedoch dessen Weltschmerz und Leid an seiner Existenz zu teilen. Die Liebesgeschichte hat das Überlebensgroße von Joss Whedons Buffy und Angel, ohne die potenzielle Gefahr, eine Bestie zu entfesseln. Meyers Vampire sind seltsam blutarm. Edwards Familie ernährt sich von Tieren, während sie sich gleichzeitig Mühe gibt, vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein (Edwards „Vater“ ist ein angesehener Chirurg). Edward ist zwar stark und kann einem Menschen gefährlich werden, doch wie Bella kann man diese Tatsache als Leser nicht so recht glauben. Er ist einfach zu gut, um wirklich böse zu sein.

Doch schließlich ist „Biss zum Morgengrauen“ ja nicht in erster Linie ein Vampir-, sondern ein Liebesroman, und in dieser Hinsicht fährt Meyer definitiv alle Geschütze auf. Wer also einmal so richtig dahinschmelzen will in einer Geschichte, die ein bisschen verbotene Gefahr verspricht, ohne je wirklich gefährlich zu werden, der wird „Bis(s) zum Morgengrauen“ vermutlich in zwei Tagen verschlungen haben und sich sofort den nächsten Band vornehmen. Schließlich hat Stephenie Meyer bisher drei erfolgreiche Schmöker veröffentlicht, die sich um Bella und Edward drehen – eine Verfilmung ist in Arbeit.

Interessanterweise beschreibt Meyer anhand der Vampire, was eine glückliche Familie ausmacht. Während Bella sich zwischen ihrer Mutter und deren neuen Mann wie das fünfte Rad am Wagen vorkommt und daraufhin zu ihrem Vater flieht, den sie auch kaum kennt, bietet Edwards Vampirfamilie Geborgenheit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie so offensichtlich noch nicht kennengelernt hat. Beim traditionellen „Freundin der Familie vorstellen“ fühlt sich Bella sofort wie zu Hause, wohl auch, weil Edwards „Eltern“ sie sofort annehmen und akzeptieren – etwas, das ihr bei ihren leiblichen Eltern schmerzlich zu fehlen scheint. In diesen Szenen gelingt es Meyer auch, überzeugende Nebencharaktere zu schildern. Während Bellas menschliche Schulfreunde nämlich alle austauschbar und nicht mehr als Rauschen im Hintergrund der Handlung sind, ist Edwards Vampirfamilie offensichtlich wirklich aus Fleisch und Blut – Charaktere, die man greifen kann, die Gefühle haben, genauso wie Vorlieben und Abneigungen.

„Bis(s) zum Morgengrauen“ begründet das wohl neue Genre der Feelgood-Vampir-Schmonzette. Das heißt, man darf auf der einen Seite weder große Charaktertiefe noch anspruchsvolle Prosa erwarten. Und auch einige Logikprobleme sollte man in Kauf nehmen können (das größte davon ist wohl die Frage, warum ein Vampir freiwillig zur Highschool gehen würde). Dafür bekommt man dann aber eine Story, die sich durchaus flott wegliest und genau in die Richtung geht, die der Leser erwartet. Manchmal ist es schließlich auch ganz nett zu sehen, wie die Protagonisten sich kriegen, anstatt frühzeitig dahinzuscheiden (à la „Romeo und Julia“ oder „Sturmhöhe“). Die jugendliche (oder junggebliebene) Leserin darf sich gern in der Rolle der Bella sehen, die von Edward erobert wird und mit ihm die Freuden der ersten großen Lieben durchlebt. Und das macht wahrscheinlich auch den großen Erfolg des Romans aus.

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http://www.twilight-derfilm.de
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Bray, Libba – Circes Rückkehr (Der geheime Zirkel 2)

_Circe ist zurück_

Nach dem tragischen Tod ihrer Freundin Pippa wird Gemma von Gewissensbissen und Schreckensvisionen geplagt, da sie sich die Schuld an ihrem Tod gibt. Auch die Tatsache, dass sie die Magie im Magischen Reich befreit hat und sich daran nun gute wie auch böse Wesen frei bedienen können, lastet ihr auf dem Herzen. Von Kartik erhält sie den Auftrag, einen mysteriösen Tempel zu finden, um dort die Magie erneut zu binden, bevor Circe ihr zuvorkommt. Doch niemand kann Gemma sagen, wo sie den Tempel im Magischen Reich finden kann, und dass sie während den Weihnachtsferien in London bei ihrer Familie ist, macht ihr Vorhaben auch nicht gerade einfacher.

Obwohl Gemma große Bedenken dabei hat, in das Magische Reich zurückzukehren, versucht sie während der Weihnachtsferien zusammen mit ihren Freundinnen Ann und Felicity, den Tempel im Magischen Reich zu finden. Dort stoßen die drei auf eine große Überraschung: Ihre tote Freundin Pippa hält sich noch im Magischen Reich auf und freut sich riesig über den Besuch der drei. Auch wenn sich Gemma ebenfalls freut, ihre Freundin wiederzusehen, ist sie misstrauisch: Von ihrer Mutter weiß sie, dass Tote normalerweise ins Totenreich übergehen müssen, weil sie ansonsten zu bösen Kreaturen werden.

Zusammen mit Pippa und einem Schiff der Medusa, das wegen eines Zauberbanns nicht lügen kann, machen sich Gemma, Felicity und Ann auf den Weg und suchen nach dem Tempel. Doch auch in der normalen Welt kommen die Mädchen nicht zur Ruhe: Sie vermuten, dass die neue Lehrerin auf Spence, Miss McChennmine, Circe ist. Bei ihren Nachforschungen und ihrer Suche nach dem Tempel bekommen sie Hilfe von ihrer ehemaligen Lehrerin Miss Moore und einem Mädchen namens Nell, das durch Circes Schuld geisteskrank geworden ist. Erst zu spät merken sie, dass sie mit ihrer Vermutung, Miss McChennmine sei Circe, völlig in die falsche Richtung arbeiten …

_Kritik_

Nachdem [„Gemmas Visionen“ 4101 nur den Anfang von Gemmas Geschichte darstellt, geht es nun in „Circes Rückkehr“ weiter. Eine der vier Freundinnen musste schon bei der ersten Begegnung mit Circes Kreaturen sterben, und seitdem die Magie im Magischen Reich freigesetzt wurde, ist das Chaos dort perfekt. Doch nicht nur im Magischen Reich geht bei Circe alles drunter und drüber, denn auch in ihrem privaten Leben gibt es Dinge, mit denen sie sich herumschlagen muss. So ist ihr Vater beispielsweise von Laudanum abhängig, und zum ersten Mal scheint ein junger Mann an ihr Interesse zu zeigen.

Auch in „Circes Rückkehr“ geht es wieder um wesentlich mehr als nur um einen üblichen Fantasyroman. Die englische Gesellschaft wurde in dem Roman sehr gut getroffen und wirkt sehr authentisch, sodass man sich problemlos in die Geschichte einfühlen kann. Oberflächlich scheint die Londoner Gesellschaft wieder einmal allzu perfekt zu sein, doch letztendlich hat jeder mit seinen eigenen Problemen und ihrer Geheimhaltung zu kämpfen. Auch die Gefühlswelt von Gemma, Felicity und Ann wird hier wieder sehr gut rübergebracht. Man erfährt vor allem mehr über Felicity, die oberflächlich gesehen eine sehr temperamentvolle, freche und ein bisschen egoistische junge Dame zu sein scheint. Es kommen einige ihrer Geheimnisse ans Licht, mit denen sie immer noch stark zu kämpfen hat und die sie zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Auch über die schüchterne Ann erfährt man mehr. Um die Ferien mit Felicity verbringen zu können und nicht alleine in der Spence-Akademie zurückbleiben zu müssen, denken sie und Felicity sich eine Geschichte aus, die es ihr ermöglicht, in die höhere Gesellschaft aufzusteigen und dort akzeptiert zu werden. Angeblich hat man herausgefunden, dass sie die verlorene Nichte eines russischen Adligen sei und dass sie eine hervorragende Opernausbildung hinter sich habe. Diese Lüge ermöglicht es Ann, endlich mal ein bisschen aus sich herauszukommen, selbstbewusster zu werden und auch endlich ihrem heimlichen Schwarm, Gemmas Bruder, näherzukommen, der es hauptsächlich auf wohlhabende Mädchen abgesehen hat. Gemma, die immer noch von Gewissensbissen wegen Pippas Tod geplagt wird, lernt den attraktiven Simon Middleton kennen, der sofort Interesse an ihr zeigt. Dadurch gerät ihre Gefühlswelt stark ins Schwanken, da sie sich ebenfalls zu Simon hingezogen fühlt, aber auch Kartik nicht vergessen kann. Dazu kommt, dass ihr Vater von Laudanum abhängig geworden ist und weder sie noch ihr Bruder es vermögen, ihn davon zu befreien.

Die Charaktere sind wirklich äußerst gut gestaltet und sehr tiefgründig geraten, sodass sie entsprechend authentisch wirken. Man kann sich vor allem mit der Hauptperson Gemma sehr gut identifizieren und auch Felicity und Ann wirken sympathisch, trotz ihrer Fehler. Die Charaktere der drei sind so verschieden und eigen, dass sie einfach interessant wirken und man sie sofort in sein Herz schließt. Ann ist alles andere als selbstbewusst und sehr ängstlich. Felicity dagegen ist das genaue Gegenteil. Sie ist mutig, selbstbewusst und frech. Gemma ist eine Mischung der beiden Extreme, weshalb sie sich gut als Hauptperson eignet, mit der sich wohl die meisten Leser am besten identifizieren können.

Die Geschichte war schon im ersten Band eher düster, was sich in „Circes Rückkehr“ noch steigert. Gemma wird von immer mehr und immer heftigeren Schreckensvisionen heimgesucht, die meist von einer blutrünstigen Pippa oder drei geisterhaften Mädchen in weißen Nachthemden handeln. Die Geschichte von Gemma wird immer spannender und im Allgemeinen immer ernster und düsterer. Gemma merkt, dass die Angelegenheit langsam kein Spiel mehr ist und immer mehr von ihr und ihrem Handeln abhängt.

Was auch in „Circes Rückkehr“ wieder besonders gut gefiel, ist der gut durchgeplante Verlauf der Geschichte. Das macht sich vor allem bemerkbar, wenn Gemma mit der geisteskranken Nell redet, die ebenfalls in den Orden des aufgehenden Mondes eingeweiht ist. Nell erzählt ihr wirres Zeug, mit dem Gemma erst überhaupt nichts anfangen kann. Erst nach und nach wird klar, was Nells Worte bedeuten, und auch erst dann ergeben diese einen Sinn. Libba Bray verwebt ihre Hinweise und Wendungen in der Geschichte so gut, dass man zu keiner Zeit die Story vorhersehen kann und nie im Voraus erkennt, wie es weitergeht oder das Buch enden könnte.

Auch diesmal arbeitet Libba Bray wieder mit einem Gedicht, nämlich mit „Das verlorene Paradies“ von John Milton. Wer bei der Lektüre gut aufpasst und nicht nur oberflächlich liest, sondern sich auch mit der Story beschäftigt, der wird erkennen, dass auch diesmal wieder ein Zusammenhang zwischen dem Text von John Milton und der Geschichte besteht.

Obwohl das Wichtige in „Circes Rückkehr“ meist im Detail geschieht, hat man jedoch nie Probleme, der Handlung zu folgen und man überliest auch kaum irgendein wichtiges Detail, als ahnte man gleich, dass es für die weitere Handlung wichtig sein könnte. Libba Bray hat einen sehr leichten und unterhaltsamen Stil, der flüssig zu lesen ist und ihre Leser sofort in den Bann des Buches schlägt. Die ganze Erzählung ist in der Gegenwarts- und Ich-Form geschrieben, aus der Sicht von Gemma, was ich sehr passend finde. Alles in allem ist der Schreibstil sehr gelungen und konnte mich so sehr fesseln, dass ich die Lektüre kaum unterbrechen konnte.

_Fazit:_ Auch der zweite Band von „Der geheime Zirkel“ überzeugt voll und ganz. Die Geschichte ist interessant, zu keiner Zeit vorhersehbar und besitzt, wie auch die Charaktere, sehr viel Tiefgang.

_Libba Bray_ wuchs in Texas auf. Vorerst war sie die Autorin einiger Theaterstücke und Kurzgeschichten. Mit [„Der geheime Zirkel – Gemmas Visionen“ 4101 lieferte sie ihren ersten Roman ab, der es auf Anhieb in die Bestseller-Liste der |New York Times| schaffte. Auch die Fortsetzung, „Circes Rückkehr“, ist in den USA von Erfolg gekrönt. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Brooklyn, New York.

Die [Lesung]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3423712724/powermetalde-21 zum Buch erscheint wieder bei |JUMBO Neue Medien / GoyaLiT|.

http://www.libba-bray.de/
http://www.dtv.de

Meißner, Tobias O. – Brücke der brennenden Blumen (Im Zeichen des Mammuts 4)

Band 1: [„Die dunkle Quelle“ 1938
Band 2: [„Die letzten Worte des Wolfs“ 2418
Band 3: [„Das vergessene Zepter“ 3447

_Wenn die Eisenbahn …_

doch so pünktlich wäre wie Tobias O. Meißner, dann hätten die Lokführer von Seiten der Kundschaft vielleicht ein bisschen mehr Rückendeckung angesichts ihrer Streikvorhaben gehabt. Wieder ist nämlich kaum ein Jahr vergangen und wieder, wie versprochen, liefert der deutsche Underground-Fantast ein neues Abenteuer des Mammuts, das trotz dieser kurzen Zeit ausgereift, originell und spannend daherkommt.

_Das Mammut hat zu kämpfen …_

und zwar nicht zu knapp. Naenn, das hübsche Schmetterlingsmädchen, liegt schwanger im Warchaimer Hauptquartier, Helfer Cajinn ist vollkommen mit ihrer Pflege ausgelastet, da Rodraeg mit einem Herzschuss in seiner Kammer liegt, eher tot als lebendig, weil ihm Hellas, ehemaliger Mitstreiter, diesen tödlichen Pfeil verpasste und seither die Gemeinschaft verließ. Übrig geblieben sind der ungestüme Klippenwäldler Bestar und der Lichtmagier Eljazokad, der seine komplette Magie allerdings während des letzten Mammut-Abenteuers verloren hat. Bestar ist zwar ein furchteinflößender Krieger, aber ein Führer ist er nicht, weshalb es an Eljazokad bleibt, diese Rolle zu übernehmen, als ein neuer Auftrag für das Mammut hereinschneit.

Alle Kaninchen sind aus dem Thostwald verschwunden, heißt es dort; das Mammut möge sich also in den Thost begeben, um sich dort an Forker Munsen zu wenden, der sich in diesem Wald vorzüglich auskennt und den Mammutstreitern sicherlich weiterhelfen können wird. Eljazokad und Bestar hoffen darauf, dass Rodraeg genesen wird, um sie auf diesem Auftrag zu begleiten, aber sein Zustand ändert sich nicht. „Er befindet sich auf der Brücke der brennenden Blumen“, behaupten die geheimnisvollen Dreimagier, „auf einer Schwelle zwischen dem Land der Lebenden und der Toten.“ Um Rodraeg zu heilen, muss er von dieser Brücke wieder ins Reich der Lebenden geführt werden. Aber weder Eljazokad noch Bestar noch Naenn wissen, wie sie das anstellen sollen, und deswegen bleibt den ersten beiden nichts anderes übrig, als sich alleine um das Rätsel der verschwundenen Kaninchen zu kümmern.

Wie auch schon die ersten drei Aufträge klingt dieser harmloser, als er ist. Das bemerken die beiden Streiter schon, als sie im Thost ankommen: Forker Munsen, der ihnen eigentlich hätte weiterhelfen sollen, hat sich nämlich umgebracht. Einzig ein Tagebuch kann Bestar und Eljazokad knappe Auskunft darüber geben, was den Waldläufer in den Tod getrieben haben mag. Munsen erwähnt darin einen gewissen Tellures, der ihm „eine neue Perspektive“ versprochen hat, dafür viel von Munsen verlangte und ihm am Ende statt der versprochenen neuen Perspektive nur nach dem Leben trachtete. In der Ortschaft können die beiden Mammutstreiter nicht herausfinden, was diese rätselhafte Tagebucheinträge bedeuten mögen, deswegen marschieren sie selbst in den Wald, um dort eine Waldläuferin zu finden, der sich Munsen vielleicht anvertraut hat. Sie finden diese Waldläuferin, aber nicht nur das, sie erfahren, wonach Forker Munsen und sein Widersacher Tellures suchten und müssen dabei ihr verstörendstes Abenteuer erleben, in dem das grausame Geheimnis um die verschwundenen Kaninchen und das Rätsel um die Brücke der brennenden Blumen nur Spitzen eines weltenzermalmenden Eisbergs sind.

_Kein Grund in Sicht._

Was mit der „dunklen Quelle“ als unterhaltsames und recht originelles Fantasy-Spektakel begonnen hat, bekommt mit jedem weiteren Band mehr Fahrt und Tiefe, und auch dieser vierte Band macht da keine Ausnahme. Wiederum sind die Ereignisse eng mit den vorherigen Büchern verknüpft, und wer versuchen sollte, mit späteren Bänden einzusteigen, wird keine Chance haben, die Story verfolgen zu können. Es wimmelt nur so von Querverweisen zu vorherigen Ereignissen und Namen; der Vergewaltiger Ryot Melron (Band 1) spielt hier ebenso eine wichtige Rolle wie der tragische Wolf Dasco (Band 2) und der Schlüssel zu der Höhle der Riesen (Band 3). Auch erfährt der Leser endlich, was es mit dem Stadtschiff von Tengan auf sich hat, die Träume, die Eljazokad zum Mammut getrieben haben, werden ergründet und viele Namen, die irgendwo in den vorherigen Bänden aufgetaucht sind, bekommen endlich ein Gesicht.

Wer jetzt vermutet, dass „Die Brücke der brennenden Blumen“ eine hochkomplexe Story ist, der hat Recht. Wer aber weiterhin annimmt, dass einem der vierte Teil der Mammut-Saga Kopfschmerzen bereitet, könnte nicht weiter daneben liegen. Wie schon in den vorherigen Bänden lässt Meißner die Story wunderbar leichtfüßig voranmarschieren, die Details und Informationen sind stets so eingewoben, dass sie den Storyfluss nicht stören, sondern vom Leser fast schon unbewusst aufgenommen werden. Na gut, das klappt nicht immer. Manchmal bekommen es Bestar und Eljazokad mit Rätseln und Gedichten zu tun, die vor Namen und Ereignissen nur so wimmeln, Namen und Ereignisse, die irgendwann im Laufe der Geschichte noch wichtig werden, die sich aber kein Mensch auf Gottes weiter Erde je merken könnte.

Das ist aber nicht weiter schlimm, da man von den Enthüllungen und Ereignissen dieses vierten Mammut-Abenteuers derartig mitgezogen wird, dass man es schon sehr bald aufgibt, selbst irgendwelche Rätsel ergründen zu wollen. Was wie ein mysteriöses Waldabenteuer beginnt, wird zu einem surrealen, traumartigen Trip, der eher etwas mit einer Vision gemein hat als mit einem Fantasy-Abenteuer. „Die Brücke der brennenden Blumen“ ist damit die konsequente Fortführung des dritten Bandes, denn die Mammutstreiter hatten schon in der Höhle der Riesen bizarre, visionsartige Abenteuer zu bestehen, diesmal allerdings nimmt das Fantastische ganz andere Dimensionen an.

Die Spannung bleibt dabei nicht auf der Strecke, im Gegenteil; es gibt da ganz einschneidende Faktoren, die bewältigt werden wollen. Wenn es denn etwas zu meckern gibt, an der „Brücke der brennenden Blumen“, dann, dass sich die Ereignisse am Ende des Buches zu überstürzen scheinen und man den Eindruck bekommen könnte, nicht die Figuren, sondern der Autor möchte die Story zu einem Ende treiben. Auch prasseln hier erneut arg viele Informationen auf den Leser ein, die im Rausch der Ereignisse kaum zu verarbeiten sind – wirklichen Abbruch an der hohen Qualität des vierten Mammutabenteuers tut das freilich nicht.

_Ein weiteres Lebensjahr Erfahrung für das Mammut._

Es wächst und reift und ist wiederum nicht mit dem Mammut zu vergleichen, das man aus den vorherigen Abenteuern kennt. Ich kann mich nur wiederholen: „Im Zeichen des Mammuts“ ist ein straff gezeichnetes Geschichtengeflecht, das nicht das Geringste mit den gewohnten Endlosreihen zu tun hat, mit denen der Fantasy-Leser derzeit überschüttet wird. Hier gibt es keine Information zu viel; wer sich epische Breite wünscht, soll einen weiten Bogen um diesen Zyklus machen, aber wer eine wirklich abwechslungsreiche und originelle Fantasy-Saga lesen möchte, kommt an „Im Zeichen des Mammuts“ nicht vorbei.

Tobias O. Meißner hat hier etwas Respektables geschaffen und mit jedem Band, den ich lese, wächst mein Respekt für das Projekt und seine Umsetzung. Noch drei Bände folgen und ich kann es schon jetzt kaum erwarten, bis das nächste Mammut-Abenteuer in meinem Briefkasten landet! So muss originelle Fantasy geschrieben sein!

http://www.piper-verlag.de/

Nicholson, William – Jango (Der Orden der edlen Krieger II)

Der Orden der edlen Krieger I: [„Sucher“ 3817

Sucher, Morgenstern und der Wildling haben den ersten Teil ihrer Ausbildung zum Edlen Krieger beendet. Eigentlich sollten sie stolz sein. Doch sowohl Morgenstern als auch der Wildling haben mit Problemen zu kämpfen. Der Einzige, der in seinem Element zu sein scheint, ist Sucher. Als er eine besonders schwere Prüfung besteht, werden ihm Kräfte verliehen, die selbst die geballte Macht aller Nomana zusammengenommen weit übersteigen.

Während der Wildling von den Zinnen des Nom springt, um der Strafe für eine Regelverletzung zu entgehen, und der Rat darum ringt, was er mit Sucher und seiner unermesslichen Macht anfangen soll, schickt einer der Noma Sucher insgeheim auf eine gefährliche Reise: Sucher soll die Savanter finden, den geheimnisvollen Feind, der das Verlorene Kind bedroht. Zusammen mit Morgenstern, die den Wildling wiederfinden will, verlässt Sucher den Nom …

Unterdessen muss sich Sören Similin, der frühere Sekretär des Königs von Radiosa, der nach dem Umsturz die Macht über die Stadt an sich gerissen hat, mit einem riesigen Heer berittener Krieger herumschlagen, deren selbstherrlicher und rücksichtsloser Feldherr Amrot Jahan fest entschlossen ist, die ganze Welt zu unterwerfen. Mit List und Tücke kann Similin Jahan zu einem Heerzug gegen die Nomana überreden und hofft dabei, dass bei einer Schlacht zwischen Jahans Truppen und den Nomana beide vernichtet werden und er als lachender Dritter übrig bleibt. Doch er hat seine Rechnung ohne den verrückten, kleinen Wissenschaftler Evor Ortus und sein geladenes Wasser gemacht …

_Die gelungene Charakterzeichnung_, die William Nicholson im ersten Band des Zyklus aufgebaut hat, hat auch in der Fortsetzung nichts von ihrer Kraft verloren.

Die Entwicklung der drei Protagonisten, selbst Morgensterns plötzlich erwachende Liebe zum Wildling, sind auf eine Weise beschrieben, dass sie zu keiner Zeit unglaubwürdig oder gekünstelt wirken, und keiner der drei trägt durch die Entwicklung seines Charakters Brüche davon. Zudem wirken die Gedanken und Gefühle der drei sehr lebendig und nachvollziehbar und bieten eine Menge Identifikationspotential.

Aber nicht nur die Darstellung der drei jugendlichen Helden, auch die Ausarbeitung ihrer Gegner hat mir gut gefallen:

Sören Similin ist noch immer der eitle und hochmütige Mann, der sich für etwas Besseres hält. Und tatsächlich ist er ja auch durchaus gewitzt, was sich in seinem Empfang für den Jahan deutlich zeigt. Und wie jeder hochmütige und mächtige Mann beginnt er, sich gegen die Stimme in seinem Kopf, der er bisher gedient hat, aufzulehnen, seine eigenen Pläne zu schmieden, denen er aber offenbar nicht ganz traut, denn als die Situation sich zuspitzt, wird er zunehmend nervöser, ängstlicher, hibbeliger. Und empfänglich für die Rache derer, die er in seinem Hochmut abfällig behandelt hat.

Der Jahan ist schlicht und einfach ein grober Klotz, stur, stolz und ein wenig bauernschlau. Was er denn mit der Welt anfangen sollte, wenn er sie vollständig erobert hat, daran hat er offenbar noch keinen einzigen Gedanken verschwendet. Im Grunde geht es ihm nur darum, dass alle ihm gehorchen und ihm ihre Ehrerbietung erweisen müssen. Wer es wagt, ihm Widerstand zu leisten, wird einfach in den Boden gestampft.

So treffend die Darstellung der einzelnen Figuren bis hin zum kleinen, aber gerissenen Professor und seiner genial boshaften Rache auch ist, der eigentliche Feind ist immer noch ein vager Schemen. Im Laufe der Geschichte wird angedeutet, dass es sich um ehemalige Nomana handelt. Aber selbst als Sucher einigen von ihnen gegenübersteht, werden sie lediglich als sehr alte Männer und Frauen beschrieben, die tatsächlich über Fähigkeiten der Nomana verfügen. Noch hat keiner von ihnen eine Vergangenheit, nur ein einziger Name fällt, und warum die Suche der Savanter nach ewiger Jugend so gefährlich für das Verlorene Kind sein sollte, ist ebenfalls noch nicht klar.

Das zeigt deutlich, dass das Auftauchen von Jahans Kriegerhorden, sein intrigantes Gerangel mit Similin und die Schlacht gegen die Nomana lediglich den Rahmen für die eigentliche Geschichte bilden. Das ist keineswegs abwertend gemeint. Die mehr oder weniger tumben Versuche von Jahans Söhnen, das Waldmädchen Echo für sich zu gewinnen, brachten eine Spur Humor in die Handlung, und es war sehr interessant, Jahans Reaktionen auf den fortwährenden Trotz des Waldmädchens Echo zu beobachten sowie die ständigen Versuche Jahans und Similins, den jeweils anderen zu benutzen und dann übers Ohr zu hauen.

_Mit anderen Worten_: Während der Autor vordergründig eine unterhaltsame und gegen Ende auch spannende Geschichte über Intrigen und Krieg erzählt, läuft der eigentliche rote Faden fast unbewegt nebenher. Tatsächlich zeigt der Handlungsstrang um Sucher weit weniger äußere Bewegung als der um Jahan und Similin, dafür weit mehr innere Unsicherheit. Suchers Gedanken spiegeln all die Geheimnisse und Fragen wider, welche der Autor bisher unbeantwortet gelassen hat und welche die Neugier des Lesers und damit auch die Grundspannung des Buches in den nächsten Band transportieren. Wer also wissen will, wer dieser freundliche alte Mann mit den guten Ratschlägen und dem Namen Jango wirklich ist, oder was genau es mit den Renegaten in der Landwolke auf sich hat, der wird wohl den dritten Band lesen müssen. Das dürfte aber nach dem, was die ersten beiden Bände geboten haben, kaum Überwindung kosten. Bisher war die Trilogie zwar keine allzu anspruchsvolle, aber durchaus eine angenehme Lektüre.

_William Nicholson_ ist Brite und arbeitete nach seinem Anglistikstudium zunächst für die BBC. Inzwischen ist er Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Aus seiner Feder stammen „Die Gesellschaft der Anderen“ sowie im Jugendbuchbereich die |Aramanth|-Trilogie. Er schrieb die Drehbücher für „Nell“ und „Der Marsch“ sowie für „Gladiator“, mit dem er für den Oscar nominiert wurde. Der dritte Teil der Trilogie |Der Orden der edlen Krieger| soll unter dem Titel „Noman“ im Oktober dieses Jahres auf Deutsch erscheinen.

[Verlagsspezial über William Nicholson 3817
http://www.dtvjunior.de
http://www.williamnicholson.co.uk

Brennan, Herbie – Elfenlord, Der (Faerie Wars 4)

Band 1: [„Das Elfenportal“ 313
Band 2: [„Der Purpurkaiser“ 1249
Band 3: [„Der Elfenpakt“ 2959

Henry hat die Entscheidung, in seine Welt zurückzukehren, inzwischen mehrfach bereut. Umso erfreuter ist er, als bei einem seiner Besuche in Mr. Fogartys Haus plötzlich Pyrgus und Nymph vor der Tür stehen. Allerdings nur, bis er erfährt, was die beiden in seine Welt geführt hat: Im Elfenreich ist eine gefährliche Krankheit ausgebrochen, die den Bewohnern sozusagen ihre Lebenszeit stielt. Sie bekommen Fieberschübe und sind danach um Jahre gealtert. Die Seuche breitet sich immer mehr aus und hat bereits die ersten Todesopfer gefordert. Auch Mr. Fogarty ist erkrankt, und er will Henry sehen.

Sofort bricht Henry ins Elfenreich auf. Doch Mr. Fogartys Worte tragen eher zu Henrys Verwirrung bei als irgendetwas zu erklären. Und das wird noch schlimmer, als Henry sich plötzlich in irgendeiner gottverlassenen Wüste wiederfindet …

_Stand im dritten Band der |Fairy Wars|_ eher Pyrgus im Vordergrund der Handlung, ist es diesmal wieder Henry, der sich mit den unmöglichsten Situationen herumschlagen muss. Nicht nur, dass er keine Ahnung hat, wie und warum er auf einmal in einer Wüste gelandet ist. Die Ereignisse überrollen ihn wieder mal völlig, und Antworten erhält er natürlich auch nicht. Immerhin aber sorgt all das dafür, dass er sich seinen Gefühlen für Holly Blue stellt.

Natürlich hätte Henry zu nichts davon Gelegenheit gehabt ohne den kleinen blauen Nomadenjungen Lorquin. Zum einen ist der zumindest zum Teil dafür verantwortlich, dass Henry kaum weiß, wo ihm der Kopf steht, andererseits aber hat er Henrys Leben gerettet, und das in mehr als einer Hinsicht. Der Kleine ist in mancher Hinsicht erwachsener als Henry, auf der anderen Seite aber immer noch unschuldig wie ein Kind, von unkompliziertem Wesen und treu bis zur Anhänglichkeit.

Außer Lorquin gibt es noch ein paar weitere neue Figuren, die aber keine allzu große Rolle spielen. Im Übrigen hat der Leser es mehr oder weniger mit altbekannten Charakteren zu tun, von denen diesmal vor allem die bemalte Dame im Vordergrund steht sowie Brimstone und Chulkhill, die beiden Nachtelfen, die bereits im ersten Band die Handlung aufgemischt haben. Chulkhill ist noch immer genauso schräg und schrill wie früher, und Brimstone genauso hinterhältig und berechnend. Das Geplänkel der beiden trug auch diesmal nicht unerheblich zum allgemeinen Lesevergnügen des Buches bei.

_Zusätzlich zum hohen Erzähltempo und dem turbulenten Handlungsverlauf_, dem Henry unterworfen ist, entwickelte der kunterbunte Hintergrund ein ganz eigenes Flair. Herbie Brennan hat sich ungeniert so ziemlich überall bedient. Ein wenig germanische Mythologie, ein bisschen christliche Mythologie, dazu eine Prise Naturreligionsgemisch aus Afrika und Australien, gewürzt mit einem Hauch Atlantis und etwas Einsiedlermönchsmystik … Das ergab eine höchst kuriose Mischung, die sich erstaunlicherweise nahtlos zu einer stimmigen und runden Geschichte hat zusammenfügen lassen und die Wirkung eines bunten Feuerwerks entfaltet.

Natürlich kann man sich fragen, ob es tatsächlich notwendig war, die ganze Sache auf so umständliche und verworrene Weise anzugehen. Spätestens bei dem Gespräch zwischen Mr. Fogarty und Henry in der Nomadenstadt – beziehungsweise im Gespräch Holly Blues mit den Wüstenmönchen – hätte man den beiden einfach sagen können, worum es geht, und sie hätten die Sache wohl zielstrebig erledigt. Aber das hätte den alten Göttern und natürlich auch dem Leser weit weniger Spaß gemacht, der auf diese Weise das gesamte Buch über herumknobeln konnte, was das Ganze eigentlich sollte. Und wo hätte man sonst auch die vielen kleinen Nettigkeiten und trockenen Sprüche unterbringen sollen, die all die chaotischen Wendungen mit sich brachten?

_Kurz und gut_, „Der Elfenlord“ ist ein würdiger Abschluss der |Fairy Wars|. Und diesmal kann man wohl davon ausgehen, dass es tatsächlich der letzte Band des Zyklus ist. Nicht nur, weil die Entwicklung des Inhalts darauf hindeutet, auch der Schluss ist diesmal weit eher als Ende für einen Zyklus geeignet, als es das Ende des dritten Bandes war. Vor allem aber findet sich eine entsprechende Information auf der Homepage des Autors.

Und wer jetzt dem Charme und dem Esprit dieses witzigen und spannenden Zyklus hinterhertrauert, der kann sich trösten mit der Aussicht auf ein neues Buch von Herbie Brennan mit dem Titel „The Shadow Project“.

_Herbie Brennan_ lebt und arbeitet in Irland, und das sehr fleißig. Er hat Unmengen von Büchern geschrieben, von Historik über Psychologie und Esoterik bis Fantasy, von Romanen über Kurzgeschichten bis zu Software, für Erwachsene ebenso wie für Kinder und Jugendliche. Außerdem arbeitet er fürs Radio. Außer den |Fairy Wars| sind auf Deutsch drei Kinderbücher von ihm erschienen: „Elfenquatsch“, „Zartok aus dem All“ und „Die Wirklich Wahren Fantastische-Geschichten“.

http://www.herbiebrennan.com
http://www.faeriewars.com
http://www.dtv.de

Trudi Canavan – Magier (Das Zeitalter der Fünf 2)

Das Zeitalter der Fünf

Band 1: GezeitenZauber – Die Bestimmung“
Band : „Magier“
Band 4: „Götter“ (März)

Die Weißen haben die Pentadrianer und deren schwarz gekleidete Priester vorerst zurückgeschlagen, doch der Preis war hoch. Der vorsichtige Juran ist überhaupt nicht erbaut von der Idee, Auraya erneut nach Si zu schicken, er fürchtet einen erneuten Angriff.

Bald zeigt sich jedoch, dass die Pentadrianer ihre Taktik geändert haben. Anstatt Nordithania mit einem Heer anzugreifen, tauchen überall in den nördlichen Ländern des Kontinents Gesandtschaften der schwarzen Priester mit Friedensangeboten und Handelsersuchen auf. Der neue Anführer der Pentadrianer will Nordithania bekehren, anstatt es zu erobern. Ein erster Schritt ist der Kontakt zu den Elai, den Prinzessin Imi hergestellt hat, allerdings zunächst eher unfreiwillig …

Auraya ist derweil doch nach Si gereist, denn auch dort wurden Pentadrianer gesichtet. Ein weit größeres Problem als die schwarzen Priester stellt allerdings eine schwere Seuche dar. Ein Glück für die Siyee, dass sich ein Traumweber in ihrem Land aufhält: Leiard …

Tatsächlich hat sich dieser zweite Band des Zyklus im Vergleich zum ersten ein gutes Stück aufgerafft.

Auraya ist zwar noch immer mitfühlend, klug und überaus tüchtig. In dieser Folge zeigt sich aber auch zum ersten Mal, dass sie Charakter hat. Sie benutzt ihren Kopf nicht nur, um den Göttern zu dienen, sondern auch den Geschöpfen um sie herum. Sie hat den Mut, die Ungereimtheiten, auf die sie stößt, ihren Göttern unter die Nase zu reiben und aus ihrem inneren Konflikt als Sieger hervorzugehen.

Leiards Geheimnis hat sich inzwischen auf interessante Weise geklärt, und ich muss sagen, das, was dabei herausgekommen ist, ist mir letzten Endes wesentlich sympathischer als die seltsame Mischung zwischen Leiard und Mirar. Leiards Gequäle ist ebenso weggefallen wie Mirars arrogante Kaltschnäutzigkeit, was beides ein Gewinn ist. Wilar hat sich zur Identifikationsfigur gemausert.

Neben den Siyee wurde diesmal auch den Elai wesentlich mehr Aufmerksamkeit zuteil. Diese Aufmerksamkeit konzentriert sich zunächst natürlich auf Imi. Die neugierige, leichtsinnige und sture kleine Prinzessin ist ausgerissen, um ihrem Vater ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk zu besorgen. Was natürlich unweigerlich schiefgehen musste. Imi ist klug genug einzusehen, dass sie einen schweren Fehler gemacht hat. Aber sie ist auch in der Lage, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Natürlich mit einer nicht unerheblichen Portion Glück.

Wobei das mit dem Glück relativ ist. Denn Trudi Canavan hat in diesem Band eine Kurve genommen, die im ersten Band bereits angedeutet war: Die Pentadrianer sind keineswegs nur grausame Ungeheuer mit machthungrigen Welteroberungsplänen, ihre Herrschaft ist kein System grausamer Unterdrückung und Ausbeutung. Tatsächlich wird mit jedem Fortschritt im Handlungsstrang der schwarzen Priester deutlicher, wie ähnlich sie ihren weißen Gegenstücken sind.

Imenja ist die Zweite Stimme, was Dyaras Stellung bei den Weißen entspricht. Sie ist letztlich für Imis Rettung verantwortlich, und ihre Bemühungen um ein Bündnis mit den Elai sind vergleichbar mit Aurayas Bemühungen bei den Siyee. Dabei ist es durchaus nicht so, dass Imenja sich nur deshalb so um Imi bemüht, weil sie eine Prinzessin ist, denn das wusste sie zum Zeitpunkt von Imis Rettung noch gar nicht. Und sie versucht auch zu keiner Zeit, die Elai übers Ohr zu hauen. Imenja vertritt die Interessen ihrer Götter und ihres Volkes, aber sie ist fair dabei. Und sie hat Humor.

Auch in vielen Äußerlichkeiten zeigt sich die Ähnlichkeit zwischen den rivalisierenden Gruppen. Nicht nur, dass beide Seiten jeweils fünf Göttern huldigen. Beide begrüßen ihresgleichen durch eine Geste, die das Zeichen ihrer Götter nachahmt, die Zirkler durch einen Kreis, und die Pentadrianer – wer hätte es gedacht – durch einen fünfzackigen Stern. Die Weißen können in Gedanken miteinander Kontakt aufnehmen, weil sie magische Ringe tragen, die aus dem Holz besonderer Bäume gefertigt werden. Diese Bäume werden zuvor entsprechend magisch beeinflusst. Dasselbe gibt es bei den Pentadrianern, allerdings handelt es sich da um den Anhänger in Form eines Sterns, der ein Stück magisch beeinflusste, schwarze Koralle enthält.
Es ist, als hätte jemand die eine Seite auf die andere hinübergespiegelt, wobei nicht klar ist, welche Seite zuerst da war.

Dieser Aspekt führt zum dritten Handlungsstrang. Emerahl, die sich nach der Schlacht um Leiard gekümmert hat, hat sich nach dessen Erholung wieder auf den Weg gemacht. Sie will herausfinden, wer von Unsterblichen aus der Vergangenheit die Verfolgung durch die Zirkler überlebt hat. Dabei stößt sie auf einen Mann, der eine ungewöhnliche Lehre verkündet: Es gebe einen Schöpfer, der die gesamte Welt geschaffen hat, selbst die Götter, und damit über ihnen stünde. Und zwei der Unsterblichen, die sie schließlich findet, erzählen ihr von einer geheimnisvollen Schriftrolle, die vom Krieg der Götter berichten soll. Emerahl beschließt, diese Schriftrolle zu suchen. Denn vielleicht enthüllt sie das Geheimnis, wie man sich auch noch der verbliebenen Götter entledigen kann …?

Kurz gesagt: Obwohl sich vordergründig nicht viel tut – keine Schlachten, keine gefährlichen Abenteuer oder magischen Bedrohungen -, ist die Geschichte in diesem Band um einiges komplexer und auch komplizierter geworden. Auraya steht durch ihre jüngste Entscheidung zwischen den Göttern und den Traumwebern, ohne die jeweiligen Bindungen ganz zu kappen. Die Elai sind zwar mit den Siyee gut befreundet, nun aber gleichzeitig die Verbündeten der Pentadrianer, die in der Schlacht um Nordithania viele Siyee getötet haben und dort deshalb kaum willkommen sind. Und der Konflikt zwischen Zirklern und Pentadrianern scheint unüberwindbar, obwohl beide Kulte nahezu identisch sind, sodass man sich fragen könnte, warum sie nicht einfach alle gemeinsam allen zehn Göttern huldigen.

Der Dreh- und Angelpunkt des Ganzen dürfte die Geschichte des Krieges der Götter sein und letztlich nicht nur eine Menge Antworten, sondern durchaus auch einige Überraschungen bereit halten. Ich gebe ehrlich zu, dass ich auf den dritten und letzten Band wirklich gespannt bin.

Trudy Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den Aurealis Award for Best Fantasy Short Story. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie Die Gilde der Schwarzen Magier. „Götter“, der dritte Band des Zyklus Das Zeitalter der Fünf, erscheint im März dieses Jahres. Die Autorin arbeitet derweil an „The Magician’s Apprentice“, einem Prequel zur Magiertrilogie. Auch ein dreibändiges Sequel ist in Arbeit.

Broschiert 800 Seiten
Originaltitel: Last of the Wilds
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-570-30433-4

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/cbt/

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Hines, Jim C. – Goblins, Die

_Handlung_

Der Goblin Jig hat kein wirklich spannendes Leben. Da er kein guter Kämpfer ist, muss er immer den Schnodderdienst verrichten, bei dem er die Lampen der Goblinhöhle mit einer merkwürdigen Masse füllt. Das ändert sich aber, als er als Einziger den Angriff einer Heldengruppe überlebt. Diese sucht ein mächtiges magisches Artefakt, nimmt Jig gefangen und zwingt ihn, sie durch das Höhlenlabyrinth zu führen. Dort lauern neben Hobgoblins auch noch schlimmere Dinge, wie etwa ein Nekromant und ein Drache.
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Jennifer Roberson – Dämonenkind (Cheysuli 1)

„Dämonenkind“ ist der erste Band einer Neuveröffentlichung des Cheysuli-Zyklus von Jennifer Roberson. Er enthält die ersten beiden Bände, die ursprünglich unter den Titeln „Wolfsmagie“ und „Das Lied von Homana“ veröffentlicht wurden. Die jeweiligen Bände wurden in dieser Fassung mit Teil 1 und Teil 2 bezeichnet.

Teil 1 erzählt vorwiegend von Alix: Alix ist frisch verliebt. Aber das hat sie ihrem Schwarm natürlich nicht verraten. Immerhin ist sie nur die Tochter eines Kleinpächters, und er ist ein Prinz und Thronerbe von Homana. Und bevor sich die unschuldige Schwärmerei zu etwas Ernsthaftem entwickeln kann, überstürzen sich die Ereignisse: Alix wird mitsamt ihrem Schwarm gekidnappt. Von Kriegern der Cheysuli. Und Alix muss nur zu bald erkennen, dass sie selbst nicht das ist, wofür sie sich immer hielt! Plötzlich ist sie ein wichtiges Glied in einer uralten Prophezeiung. Und sie muss sich entscheiden, zwischen zwei Welten … und zwischen zwei Männern.

Jennifer Roberson – Dämonenkind (Cheysuli 1) weiterlesen

Haubold, Frank W. (Hrsg.) – Mirakel, Das (Jahresanthologie 2007)

Wie im Jubiläumsjahr 2006 präsentiert sich auch die Jahresanthologie von 2007 als Doppelband mit mehr als zwei Dutzend Geschichten. Bekannte und weniger bekannte Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geben ein phantastisches Stelldichein. Zusammengestellt wurde die Anthologie von Frank W. Haubold und mit Schwarzweiß-Illustrationen von Thomas Homann versehen.

_“Bubble Boy“_ (Malte S. Sembten): Der neunjährige Jakob erzählt seinen Eltern von seinem neuen Freund, einem Jungen in einem Weltraumanzug mit vogelartigem Gesicht, der angeblich Kaulquappen isst. Anfangs halten seine Eltern es nur für ein Märchen, bis sie schwebende Gesteinsbrocken bei Jakob entdecken, ein Geschenk des seltsamen „Bubble Boys“ …

_“Absolutum“_ (Wolfgang Fienek): In einem Café geraten zwei Männer ins Gespräch. Einer der beiden behauptet, das absolute Gedächtnis zu besitzen. Er erinnert sich nicht nur an eine flüchtige Begegnung der beiden Jahre zuvor, sondern auch an das kleinste Detail ihrer ersten Unterhaltung …

_“Slomo“_ (Heidrun Jänchen): Eigentlich heißt er Eyk, aber weil er sich so viel langsamer bewegt als die Menschen der neuen Generation, wird er schon als Kind hämisch „Slomo“ gerufen. Eyk gehört nicht zu den geboosteten Kindern, die später in wichtigen Berufen begehrt sein werden. Doch Booster zu sein, hat nicht nur Vorteile …

_“Madame Delvaux“_ (Hans-Dieter Furrer): Ein Brüsselreisender besucht eine Kunstausstellung und findet Gefallen an den Bildern des Malers Delvaux. Kurz darauf macht er in einem Lokal eine merkwürdige Begegnung …

_“So was wie Joghurt_“ (Friederike Stein): Auf dem Planetoiden C-4 wird eine sonderbare Lebensform entdeckt …

_“Inspektor Pyrrhon und der Killerfön“_ (Frank Schweizer): Nachdem 2948 der letzte große Krieg wegen verschiedener Staatsphilosophien entbrannte, führten die überlebenden Völker den Skeptizismus als Staatsreligion ein. Jeder Satz, den ein Bürger von sich gibt, muss einen Zweifel beinhalten, um keine Angriffsfläche mehr zu bieten. In diesen schwierigen Zeiten wird Inspektor Pyrrhon mit seinem Gehilfen zu einem potenziellen Mordfall gerufen …

_“Der Klomann“_ (Anke Laufer): Montageteile für den Körper sind der letzte Renner. Wer es sich leisten kann, lässt sich damit aufrüsten …

_“Terminal“_ (Michael Iwoleit): Gabriel trifft sich in Riga mit der hübschen Madara. Aus guten Gründen erinnert sie ihn an seine geliebte Anjelica …

_“Meine liebe Stella“_ (Stephan Peters): Nachdem Frank und seine Frau Stella beschlossen haben, sich eine Auszeit voneinander zu nehmen, zieht er sich in ein abgelegenes Ferienhaus zurück. Hier will er in Ruhe das düstere Bild restaurieren, das er vor einiger Zeit auf dem Dachboden gefunden hat …

_“Die List in der Ehre“_ (Christel Scheja): Fürstin Auna von Tylandis ist voller Hass auf die junge Königin Reiya, da sie ihr den Verrat des Reiches ankreidet. Im Kerker unter der Arena erwartet Auna, von den Dienern der Königin hingerichtet zu werden – doch stattdessen fordert die Königin sie zum Zweikampf heraus …

_“Invasive Techniken“_ (Nicklas Peinecke): Drei Forscher entwickeln die Möglichkeit, per bakteriengroßem Exkursionskörper in andere Körper einzudringen. Während Dr. Shankar die Technik nur für medizinische Projekte einsetzen will, hofft van Gerken auf den großen Reichtum …

_“Das Mirakel“_ (Lothar Nietsch): Ein Junge beobachtet von seinem Dachfenster aus eine Krähe, die zu ihrem Schlafplatz im Maurwerk fliegt. Seit jeher fühlt er sich von diesem Ort angezogen. Wie in Trance gibt er schließlich dem Drang nach und klettert aufs Dach …

_“Doppelte Hochzeit“_ (Bertram Kuzzath): Ein Affe scheint in einen Baum geflohen zu sein. Ein Mann hört eine lockende Stimme aus dem Geäst und wird kurz darauf von der Polizei als mutmaßliches „Plamplam“ festgenommen …

_“Nur ein wenig Grün“_ (Andrea Tillmanns): Frank und seine Verlobte Marie mieten sich ein Haus in Italien. Während Frank von dem Anwesen begeistert ist, findet Marie es zu düster. Vor allem das Moos an den Wänden bereitet ihr von Anfang an Unbehagen …

_“Gerolsteiner Fit“_ (Hartmut Kasper): Beim Getränkekauf testet Bergengruen die neue Sorte für sportlich-fitte Kunden. Zu seiner Überraschung entsteigt der Flasche eine Dschinni, die ihm drei Wünsche freigibt …

_“Der mikrokosmische Maler_ (Volker Groß): Der opiumabhängige Maler Borkat träumt von einem vollendeten Meisterwerk. Kurz vor der Fertigstellung fehlt ihm jedoch eine wichtige Zutat für die perfekte Farbe …

_“Pleissetal-Blues“_ (Uwe Schimunek): Endlich hat Schorsch einen festen Job als Lektor in einem Verlag und ein hübsches Haus auf dem Land. Sein aktuelles Projekt ist eine Lindwurmgeschichte, deren Autor sich als komischer Kauz erweist …

_“Andromeda“_ (Matthias Falke): Pete ist fasziniert von seiner Kommilitonin Andy, über die alle möglichen Gerüchte umgehen. Das unnahbare Mädchen wohnt abgeschieden am See und scheint ein Geheimnis zu verbergen …

_“Thors Hammer“_ (Frank W. Haubold): Deutschland steht am Ende des Zweiten Weltkrieges kurz vor der Einnahme der Alliierten. Standartenführer Roehner plant, das Dritte Reich mit Hilfe des Projektes „Thors Hammer“ unsterblich zu machen. Währenddessen plagen Oberleutnant düstere Träume von riesigen Vögeln und dunklen Reitern …

_“Feuerpause“_ (Hahnrei Wolf Käfer): Vier grundverschiedenen Brüder, unterdrückte Spannungen und Zwergenschießen als Sport …

_“Haft“_ (Achim Stößer): Ein Gefangener schreibt in der Fremde sein bedrückendes Tagebuch …

_“Gothic Tours Inc.“_ (Alexander Amberg): Tess sorgt sich um ihren überarbeiteten Ehemann Hagen, der sich, wenn überhaupt, nur noch von Horrorbüchern ablenken lässt. Zur Erholung bucht sie eine gemeinsame Woche Aufenthalt in einem schottischen Spukschloss …

_“Ölkollaps“_ (Horst Geßler): Bert und Otto grübeln über eine zündende Idee für ihr gemeinsames Drehbuchprojekt. Otto schlägt vor, in der Geschichte Benzin in Wasser verwandeln zu lassen. Aus den Folgen lässt sich eine originelle Handlung schmieden …

_“Der Puppenspieler von Mex-III-Ko“_ (Frank Neugebauer): Im Sommer des Jahres 2207 hält ein kleiner Zirkus von einer Erdkolonie Einzug. Der Postbeamte schlägt einem der Zirkusleute einen Kredit aus, besucht aber als Wiedergutmachung eine Vorstellung …

_“Franks Spruch“_ (Wilko Müller jr.): Karls Freund Frank hat eine Vorliebe für witzige Ansagen auf seinem Anrufbeantworter. Während Karl an die vergangenen Sprüche denkt, braut sich ein Unwetter zusammen …

_“Die Angst und die Stadt“_ (Michael Siefener): Auf der Suche nach einem Restaurant streift David abends durch die verregnete Stadt. Zufällig landet er dabei in einem Geschäft und wird durch eine Tür geschickt, hinter der eigenartige Dinge auf ihn warten …

Sowohl Fantasy, Horror, Science-Fiction als auch Mischformen werden geboten, wobei diesmal vor allem SF-Freunde auf ihre Kosten kommen.

_“Bubble Boy“_ bildet einen ruhigen Auftakt, in dem sich nach nach die Spannung immer weiter zuspitzt. Die Geschichte um den mysteriösen Fremden streift die Science-Fiction nur so leicht, dass man kein Leser dieses Genres sein muss, um Gefallen daran zu finden. Auch wenn die Geschichte gerne noch etwas unheimlicher und schockierender hätte ausfallen können, ist sie ein guter Einstieg in den Band, der zum Weiterlesen einlädt.

_“Absolutum“_ ist eine sehr dialoglastige Geschichte über eine ungewöhnliche Begegnung und eine noch ungewöhnlichere Begabung, Segen und Fluch zugleich. Die Stimmung schwankt zwischen leicht humorvoll, skurril und nachdenklich, der Abschluss überzeugt auch ohne spektakuläre Pointe.

In _“Slomo“_ entwirft Heidrun Jänchen eine erschreckende Zukunftsvision mit düsterer Atmosphäre. Trotz weniger Seiten entwickelt sich beim Leser ein Gespür für die futuristische Welt, in der die alte Generation als überholt und unnütz gilt und die Schwächen der auf Leistung gepolten Menschen übersehen werden. Eine kleine, feine Geschichte, die sich auch für nicht Nicht-SFler eignet.

_“Madame Delvaux“_ ist leider eine sehr vorhersehbar geratene Gruselgeschichte, die eine der meistgewählten Pointen bietet, auch wenn sich der ruhige, flüssige Stil angenehm lesen lässt.

Bei _“So was wie Joghurt“_ deutet schon der Titel den saloppen Tonfall der Geschichte an, der sich durch die ganze Handlung zieht. Der Leser wird auf amüsant-schnodderige Weise mit dem Fund einer außerirdischen Lebensform konfrontiert. Der Verlauf ist nicht wirklich überraschend, aber unterhaltsam aufbereitet.

_“Inspektor Pyrrhon und der Killerfön“_ ist das erste große Highlight des Bandes. Der staatlich verordnete Zweifel, der bei Nichtbeachtung drakonische Strafen nach sich zieht, ist eine originell-absurde Idee, welche die Geschichte zu einem vergnüglichen Genuss mit geistreichen Witzen macht. Der Clou am Ende wird zwar unnötig ausführlich erklärt, anstatt dem Leser etwas Denkarbeit zu lassen, trübt aber nicht den sehr guten Gesamteindruck.

_“Der Klomann“_ ist eine flotte SF-Geschichte, in der sich die reichen Leute ihre defekten Körperteile aufrüsten lassen können. Der Ich-Erzähler verfolgt misstrauisch den mysteriösen Klomann, der ein Geheimnis zu verbergen scheint, und der Leser gewinnt dabei einen Einblick in eine veränderte Welt. Das Ende kommt recht plötzlich, und was bleibt, ist eine solide, unterhaltsame Geschichte, die allerdings nicht länger im Gedächtnis haftet.

Die SF-Story _“Terminal“_ besticht vor allem durch eine gute Pointe, die der technikgespickten Handlung sensible Töne verleiht und erfreulicherweise nicht aus dem Hut gezaubert, sondern, im Nachhinein erkenntlich, bereits zuvor in der Handlung unauffällig angedeutet wird. Ermüdend sind allerdings die zu ausführlichen Schilderungen, insbesondere der Umgebung, die den Einstieg erschweren.

_“Meine liebe Stella“_ besteht aus einer Reihe von Briefen, aus denen sich eine unheimliche und geheimnisvolle Geschichte mit düsterer Atmosphäre entwickelt. Leser des Vorgängerbandes „Die Jenseitsapotheke“ werden einige Begebenheiten wiedererkennen, da es sich um eine (eigenständige) Fortsetzung der Geschichte „Mein lieber René“ handelt. Gelungener als der Vorgänger und schön gruselig, allerdings ist unrealistisch, wie chronologisch und ausführlich Frank seine schockierenden Erlebnisse an seine Freundin schreibt.

_“Die List in der Ehre“_ ist die einzige klassische Fantasygeschichte des Bandes. Sie verbindet eine interessante Geschichte mit einer guten Pointe, allerdings braucht es eine Weile, bis man den Überblick über das Geschehen gefunden und sich in den etwas gestelzten Stil eingelesen hat.

Die Titelgeschichte _“Das Mirakel“_ stellt einen wunderlichen Jungen in den Mittelpunkt, der auf ungewöhnliche Weise zu seiner wahren Berufung findet. Ein leicht melancholischer Text mit Fantasyeinschlag, nicht spektakulär, aber doch nett zu lesen.

_“Doppelte Hochzeit“_ ist eindeutig die komplizierteste Geschichte des Bandes, ein Füllhorn von Absurditäten, die sich in bissig-ironischer Weise aneinanderreihen. Definitiv keine leichte Kost, dafür eine Herausforderung für anspruchsvolle Leser.

_“Nur ein wenig Grün“_ ist eine auf sanfte Weise unheimliche Geschichte, die ohne blutigen Horror auskommt. Sie wird souverän erzählt, entwickelt jedoch nur mäßige Spannung, da Titel und Verlauf zu vorhersehbar sind.

_“Gerolsteiner Fit“_ ist eine kurze, sehr amüsante Geschichte mit Fantasy-Anleihen. Geschichten mit Flaschengeistern und fatalen Wünschen sind nichts Neues, die Idee wird hier aber auf witzige, moderne Weise umgesetzt und auch die Pointe überzeugt. Definitiv ein Highlight des Bandes.

_“Der mikrokosmische Maler“_ ist eine futuristische Variante zum alten Thema des wahnsinnigen Genies und seiner grenzenlosen Leidenschaft für die Kunst. Trotz des bekannten Plots kann die Geschichte am Ende überraschen und überzeugt vor allem durch ihre wohldosierten Horrormomente, die ohne platte Ekeleffekte auskommen.

_“Pleissetal-Blues“_ beginnt harmlos und harmonisch im Lektorenalltag, bis zur originellen Wendung. Eine sehr angenehm erzählte Geschichte, die eine amüsant-fantastische Entwicklung nimmt und gut unterhält.

_“Andromeda“_, wie die seltsame Andy von Pete genannt werden will, ist eine düstere Liebesgeschichte mit einer gelungenen Wendung. Lediglich der etwas umständliche Stil beeinträchtigt den Lesegenuss.

_“Invasive Techniken“_ ist eine gelungene SF-Geschichte, bei der man als Leser eine Exkursion in den Kopf eines EU-Angestellten verfolgen darf. Allein die originelle Ausgangslage weckt bereits Interesse, das durch den eingefügten Rückblick verstärkt wird.

_“Thors Hammer“_ verbindet eine Alternativwelt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs mit phantastischen Einschlägen. Eindrücklich wird das Grauen des Krieges demonstriert und trotz der Kürze treffsicher eingefangen, die Pointe setzt dem ohnehin schon düsteren Szenario die Krone auf. Ungewöhnlicher, aber wirkungsvoller Horror.

_“Feuerpause“_ ist wiederum skurrile Science-Fiction mit einer Geschichte, die zunächst vor allem Verwirrung stiftet, bis man sich in die Verhältnisse eingelesen hat. Interessant ist vor allem der lakonische Stil, in dem beiläufig die Absonderlichkeiten und Spannungen geschildert werden.

_“Haft“_ ist die wohl kürzeste Geschichte des Bandes, die zudem nur aus knappen Tagebucheinträgen besteht, in denen sich die deprimierende Stimmung der Gefangenschaft eines Häftlings entfaltet, der ungewöhnliche Folterqualen erleidet. Daher nicht nur eine SF-Geschichte, sondern zugleich auch ein Plädoyer für Veganismus.

Bei _“Gothic Tours Inc.“_ handelt es sich um eine klassische Geistergeschichte, die sich langsam entwickelt und in einer netten Pointe endet. Die Geschehnisse auf dem schottischen Schloss sind zwar nicht unbedingt originell, hinterlassen aber einen soliden Eindruck.

_“Ölkollaps“_ ist eine unkonventionelle, ironische Geschichte, die trotz des vorschnell erahnten Endes auf launige Weise gut unterhält.

_“Der Puppenspieler von Mex-III-Ko“_ bietet unterhaltsam-amüsante Science-Fiction, die mit einer skurrilen Idee aufwarten kann. Während man allerdings recht wenig über die Hintergründe der terranischen Kolonien erfährt, fallen zur Pointe wiederum unnötig detaillierte Erklärungen.

_“Franks Spruch“_ umfasst nur knapp drei Seiten, braucht aber auch tatsächlich keine Zeile mehr, um seine Wirkung zu entfalten. Eine humorvolle und dennoch dramatische Geschichte mit sehr guter Pointe, die vielleicht nicht lange im Gedächtnis bleibt, aber sehr positiv auffällt.

_“Die Angst und die Stadt“_ bildet den kompakten, düsteren Abschluss des Bandes. Die Ausgangslage ist zwar recht alltäglich angesiedelt, doch die Handlung wird schon bald mit traumartigen Sequenzen angereichert. Über der ganzen Geschichte liegt eine beklemmende Stimmung, die sich zum konsequenten Ende hin immer weiter steigert.

_Als Fazit_ bleibt eine empfehlenswerte Sammlung von Kurzgeschichten, die sich vor allem für SF-Freunde, grundsätzlich aber für jeden Leser phantastischer Literatur eignet. Obwohl nicht alle Geschichten gleich stark gelungen sind, lohnt sich der Kauf alleine schon wegen der Highlights, zumal kein Beitrag wirklich schwach zu nennen ist.

_Der Herausgeber_ Frank W. Haubold, Jahrgang 1955, studierte Informatik und Biophysik. Seit 1989 veröffentlicht er in unterschiedlichen Genres. 1997 erschien sein Episodenroman „Am Ufer der Nacht“. Weitere Werke sind u. a. die Geschichtensammlungen „Der Tag des silbernen Tieres“ (mit Eddie M. Angerhuber), „Das Tor der Träume“, „Das Geschenk der Nacht“ und aktuell „Die Schatten des Mars“. Parallel dazu gab er mehrere Anthologien heraus.

http://www.edfc.de/

David, Peter – Battlestar Galactica: Sagittarius is bleeding (Band 3)

Band 1: [„Das Geheimnis der Zylonen“ 3383

_Story_

Nach ihrer tödlichen Krankheit und der wundersamen Heilung durch das Blut eines ungeborenen Zylonen-Babys wird Laura Roslin schon wieder von neuen Sorgen geplagt. Seit geraumer Zeit wird sie von fürchterlichen Visionen heimgesucht, in denen sie immer wieder auf Sharon Valerii, die inhaftierte Zylonin, stößt, deren Ungeborenes sie einst vor dem Tod bewahrt hat. Jedes Mal wieder enden ihre Tagräume mit dem stillen Hinweis, Sagittarius würde bluten. Während die Präsidentin vor ihren finsteren Gedankenspielen kaum mehr sicher ist, gerät die Flotte beinahe in einen tödlichen Hinterhalt. Ein Sprung der |Galactica| endet in direkter Umgebung zylonischer Jäger und bringt die Überlebenden des Anschlags auf Caprica in arge Bedrängnis. Doch woher konnten die Zylonen von den Navigationsplänen der |Galactica| wissen?

Adama und Colonel Tigh gehen der Sache auf den Grund, installieren Wanzen in den Lagern der Crew und erfahren auf diesem Weg von Roslins derzeitiger Misere. Immer deutlich manifestiert sich schließlich der Gedanke, ein Agent der Kampfroboter sei an Bord des Schiffes und habe die Flotte verraten. Der Verdacht fällt auf den jungen Boxey, der sich regelmäßig mit der inhaftierten Sharon Valerii trifft und Sympathie für die hochschwangere Zylonin empfindet. Da er wegen eines Vergehens vorzeitig auf die |Bifrost| versetzt wurde, reisen Helo und Starbuck ihm nach, um ihn erneut einem Test bei Dr. Baltar zu unterziehen und das Geheimnis seiner Herkunft endgültig zu lüften. Dabei geraten die beiden Viper-Piloten jedoch mitten in ein folgenschweres Komplott der Midguardians, einer religiös-fanatischen Gruppierung, welche die Prophezeiung ihrer Götter endgültig wahr machen möchte.

Während Roslin, Adama und der Rat der Zwölf noch im Dunkeln tappen, bereiten Teile der Flotte scheinbar das vorzeitige Ende der Menschheit vor. Zu spät scheint Roslin klar zu sehen, was ihr die Botschaft ihrer Träume wirklich sagen möchte …

_Persönlicher Eindruck_

Ähnlich wie auch die überraschend zwiespältig aufgenommene TV-Serie zum berüchtigten Kampfstern, so stand auch die parallel veröffentlichte Roman-Reihe aus dem Hause |Panini| bislang unter starkem Beschuss. Die beiden bisherigen Publikationen über den ewigen Kampf zwischen den Überlebenden der Menschheit und den unerbittlichen Zylonen waren inhaltlich bestenfalls Schonkost, voller Widersprüche und sphärisch nicht einmal ansatzweise auf dem Level angesiedelt, welches sowohl die Klassiker aus den späten Siebzigern als auch das stark modernisierte, mitunter finsterere Remake aufweisen.

Mit dem nunmehr dritten Teil dieser Serie gelobt der Verlag nun Besserung; mit Peter David wurde ein erfahrener Science-Fiction-Schreiber herangezogen, um die langatmigen Geschichten deutlich zu entzerren und sie mit Ideen zu füllen, die eines |Galactica|-Romans würdig sind. Und siehe da: Der Mann hat in der Tat ganze Arbeit geleistet!

„Sagittarius is bleeding“ ist alles andere als eine typische Kampfstern-Story. Der Konflikt der beiden Parteien wird vorwiegend auf der mentalen Ebene ausgetragen und über ethische und moralische Fragestellungen recht unkonventionell heraufbeschworen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht dringend der sonstige Protagonist Adama, sondern zumeist die geplagte Präsidentin Roslin, die einmal mehr stark unter Beschuss gerät. Ihre Visionen rütteln an der Fähigkeit zur Regentschaft über die Flotte, so dass ihre Position infolge einiger Zwischenfälle bei öffentlichen Veranstaltungen wieder in Zweifel gerät. Außerdem trägt sie immer noch ihren eigenen inneren Konflikt mit sich, der sich mit der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung Valeriis auseinandersetzt. Roslin verdankt dem Zylonen-Mutanten ihr Leben, gewährt ihr aber dennoch keine Freiheiten, obwohl auch hier der Druck wächst. Sobald nämlich Außenstehende erfahren, welche Brut die |Galactica |in ihren Zellen birgt, droht Sharon ein unschönes Ende, ebenso wie ihrem Baby, welches zwischenzeitlich auch für die Missstimmungen der Präsidentin verantwortlich gemacht werden kann.

Derweil werden hinter den Rücken der militärischen Führung weitere Intrigen gesponnen. Es gilt als sicher, dass die Zylonen auch auf der |Galactica| vertreten sind und auf die passende Gelegenheit warten, die gesamte Flotte in den Tod zu stürzen. Zu diesem Zweck wurde Baltar beauftragt, jeglichen Verdächtigen sofort zu prüfen und festzustellen, ob es sich um einen Zylonen handelt. Doch ausgerechnet der gemeine Vizepräsident steckt mit der Roboter-Rasse unter einer Decke und ist auf dem besten Wege, selber Verrat an seinem Volk zu begehen. Eine Agentin der Zylonen setzt ihn unter Druck und spielt mit ihm, hat seine moralischen Prinzipien aber noch nicht gänzlich gebrochen. Doch wie lange wird Baltar noch standhaft bleiben?

Im letzten Strang werden schließlich die Midguardians aufgegriffen, eine unscheinbare religiöse Vereinigung, der es tatsächlich gelungen ist, den Angriff auf Caprica unbeschadet zu überstehen. Ihr Anführer Wolf Gunnerson strebt derweil nach einem Platz im Rat, um seinen Einfluss in der Flotte geltend zu machen. Zur gleichen Zeit kämpft seine Tochter Freya an Bord der |Galactica| für die Rechte Valeriis und pocht darauf, dass ihre Gefangenschaft nicht mit dem Gesetz vereinbar ist. Sowohl Roslin als auch Adama lassen die Midguardians zunächst gewähren, um das Gleichheitsprinzip innerhalb der Flotte nach außen hin zu wahren. Niemand vermutet, dass hinter der Besatzung der |Bifrost| eine enorm fanatische Gruppe steckt, die scheinbar alles dafür tun wird, um die Prophezeiung der Edda zu realisieren.

Die drei Stränge fügen sich schließlich wunderbar zusammen und haben allesamt ein gehöriges Spannungspotenzial. Durch geschickte und schnelle Wechsel gelingt es dem Autor jedoch auch spielerisch, den Leser hin und her zu reißen und die emotionale Zerrissenheit aller Personen nicht nur sinnbildlich in Szene zu setzen. Seine Charakterzeichnungen sind teilweise sogar phänomenal. David beschreibt die Gefühllosigkeit der eingesperrten Zylonin wirklich beeindruckend; ebenso toll gelingt ihm das Profil der völlig verwirrten Laura Roslin, der zentralen Figur dieses Romans, welche diesen Part aber durchaus überzeugend ausübt. Der einzige Kritikpunkt besteht in der fehlenden Detailfülle auf den letzten Seiten. Das Tempo ist bis hierhin sehr angenehm, wenn auch nicht übertrieben schnell, wird dann aber plötzlich angezogen und lässt somit einen Eindruck entstehen, als müsse nun rasch alles vorbeigehen. Auch wenn das Ende inhaltlich befriedigend ist und der Cliffhanger gar fantastisch herüberkommt, hätte man sich hier doch noch einige zusätzliche Nuancen gewünscht.

Dennoch: Peter David führt den eigentlich schon längst gekenterten literarischen Kampfstern wieder zurück auf den richtigen Kurs und präsentiert die mit Abstand beste Mission dieser neuen Reihe. Trotz oder gerade wegen der Reduzierung der Action ist „Sagittarius is bleeding“ ein Feinschmeckerwerk für Science-Fiction-Liebhaber und endlich das Highlight, welches man sich unter diesem Titel von Beginn an versprochen hatte. Danke, Mr. David!

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McGough, Scott / Sanders, Timothy – Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 2 (Weltenchaos)

[Band 1 3720

_Story_

Teferi ist es mit letzter Kraft gelungen, den bereits verloren geglaubten Kontinent Shiv wieder in das Weltengefüge einzugliedern und den beträchtlichen Zeitriss wieder ins Lot zu bringen. Und dennoch bleibt Dominaria nicht vor weiteren derartigen Erscheinungen sicher. An zahlreichen weiteren Stellen öffnen sich Portale in andere Zeiten, aus denen scharenweise Phyrexianer stürmen, um Dominaria zu unterwerfen und das ganze Multiversum ins Chaos zu stürzen.

Da Teferi beim erfolgreichen Versuch, Shiv zu retten, seine Mächte als Weltenwanderer schmerzlich einbüßen musste, ist es nun an seinen Gefährten Jhoira und Venser, die Invasion der Phyrexianer zu stoppen und die wachsenden Risse zu schließen. Doch alsbald erfahren sie, dass solche Fähigkeiten lediglich einem Weltenwanderer wie Teferi zustehen, so dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als den Fürsten Windgrace und die starrsinnige Freyalise um Hilfe zu bitten und von ihren Motiven zu überzeugen. Doch die Bedingungen sind tödlich, und die Suche nach einflussreichen Verbündeten gerät sehr bald zum schier hoffnungslosen Unterfangen. Als dann auch noch ein Seelenvampir seine Ansprüche geltend machen will, scheint Dominaria endgültig dem Untergang geweiht …

_Persönlicher Eindruck_

Immerhin, die Geschichte gewinnt im zweiten Band der „Zeitspirale“-Trilogie merklich an Tiefe und Farbe, insbesondere was die zunächst noch sehr blassen Charaktere betrifft. Dies ist in gewisser Weise auch dem recht deutlichen Wandel in der Handlung zuzuschreiben, welcher den eher merkwürdigen Helden Teferi in die zweite Reihe drängt und seine bislang kaum bemerkenswerten Kollegen mehr in den Vordergrund stellt. Die tragische Misere, die ganz Dominaria befallen hat und sich wie ein brutales Virus ständig weiter ausbreitet, wirkt innerhalb der temporeicheren Erzählung von „Weltenchaos“ glaubwürdiger, die Spannung ist bisweilen sogar wirklich greifbar, und durch die Loslösung von recht farblosen Schemen zugunsten einer individuellen Darstellung der beteiligten Figuren gewinnt die Story zunehmend an Eigenständigkeit.

Jenseits dieser überraschend positiven Entwicklung bleibt aber dennoch anzumerken, dass auch der zweite Band des Zyklus‘ noch einige Schwachstellen aufweist, speziell im Hinblick auf den bisweilen hektischen Aufbau der Geschichte. Die Hauptdarsteller verschlägt es permanent zu anderen Orten, und statt etwas fokussierter an der Problembehandlung naheliegender Konflikte zu arbeiten, verschiebt Autor Scott McGough die Prioritäten immer wieder weiter, ohne dabei klare Standpunkte zu setzen. Auch wenn Figuren wie Jhoira und Venser in ihrem Profil gefestigter wirken und in diesem Sinne so etwas wie die Konstanten der Erzählung sind, wird der intrigenreiche Roman zum Schluss noch mit allerhand divergierenden Versatzstücken aufgefüllt, die den stringent beginnenden Plot ein wenig aus den Fugen reißen. Auch hier knüpft man schließlich wieder an einige Schönheitsfehler des vorangegangenen Buches an, indem man schlichtweg kurzzeitig den Blick fürs Wesentliche verliert und versucht, die prinzipiell schon recht umfassende Story noch ein wenig künstlich aufzubauschen.

Im Vergleich zu „Zeitspirale – Band 1“ halten sich derartige Unzulänglichkeiten allerdings angenehm in Grenzen und vermögen es nicht, den überraschend vielschichtigen, insgesamt auch recht spannenden Plot wesentlich zu verwässern. Die Geschichte um die Zeitrisse wird durchaus lebendiger und weniger festgefahren fortgeführt, erscheint bei weitem nicht mehr so kopflastig und präsentiert einige mit Abstand reifere Helden als noch kurze Zeit zuvor. Und genau dies ist definitiv mehr, als man nach dem schwächlichen Auftakt erwarten bzw. erhoffen durfte! Wer sich also mit Müh und Not durch den einleitenden Band des Zyklus‘ gekämpft hat, wird in „Weltenchaos“ über weite Strecken mit einem richtig anständigen Fantasy-Roman für seine Anstrengungen belohnt.

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