Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Gregory Benford – Zeitschaft

Zeitschaft von Gregory Benford
Zeitschaft von Gregory Benford

Im Jahr 1998 steht die Welt vor dem Kollaps. Zu schwer waren die ökologischen Sünden der Vergangenheit, doch die lässt sich nun womöglich ändern: Wissenschaftler entdecken eine Möglichkeit, warnende Botschaften in das Jahr 1962 zu senden, doch dort will man sie einfach nicht verstehen … – Moderner Klassiker der „harten“ Science Fiction, der gelungen wie ganz selten eine grandiose Handlung mit glaubwürdigen Charakteren zu einem faszinierenden Gesamtwerk verschmilzt.
Gregory Benford – Zeitschaft weiterlesen

Ciencin, Scott – Stunde des Schurken, Die (EverQuest, Bd. 1)

Während in der Stadt Qeynos ein Schurke ohne Vergangenheit und Gedächtnis ein Mädchen vor Räubern rettet, kämpft an den Gestaden der Küste Kerras ein Ritter der Tiefe gegen ein monströses krakenhaftes Wesen.

Der Name des Ritters ist Uaeldyn; verstoßen von seinem Volk, den Eruditen, entehrt, weil er zuließ, dass die Knochen des Drachen aus seiner Obhut gestohlen wurden, führt der Paladin einen einsamen Kampf gegen das Böse und gegen seine inneren Dämonen. Nun ist aber der Zeitpunkt gekommen, da er seine Schmach tilgen kann, wenn es ihm gelingt, die Reliquien wiederzubeschaffen und so zu verhindern, dass sich der Drache am Ende der Welt erhebt. Dazu muss er drei Männer überzeugen, ihn zu begleiten, womit wir wieder bei dem Schurken sind.

Er ist einer der Auserwählten; allerdings weiß er noch nichts von seinem Glück. Kaum dass er seinen Namen, Rileigh, in Erfahrung bringen konnte, hat er alle Hände voll zu tun, um in Qeynos zu überleben, denn das gerettete Mädchen, Bronwynn, zeigt schon bald ihre hässliche Fratze und Schergen des Ordens der Blutsäbel, ein grausamer Magier und ein verderbter Schattenritter, wollen ihn in ihre Gewalt bekommen. Zwar gelingt ihm die Flucht in die Unterwelt der Stadt, in eine Schurken-Gilde, doch auch hier ist sein Leben bedroht. Daher ist es für ihn keine Frage, den Paladin zu begleiten, als dieser ihn bittet.

Uaeldyn konnte zwischenzeitlich zwei weitere Streiter gewinnen: aus den Nordlanden den jungen Barbaren-Schamanen Connor Tenglass und vom Volk der Zwerge den bärbeißigen, legendären Helden Bracken Unterfuß.

An Bord der |Aegis| machen sich die Helden auf den Weg. Doch die Reise steht unter keinem guten Stern. Piraten und skrupellose Handelsherren sind dabei das kleinere Problem, denn an Bord scheint sich ein Diener des Drachen zu befinden, der mehr über Rileighs Vergangenheit weiß, als diesem lieb ist, und der geheimnisvolle Botschaften überall auf den Schiff hinterlässt. Wachsendes Misstrauen droht die Gruppe zu entzweien und dann beginnen die Tiere an Bord zu sterben.

Ein Vorwort, welches der Gott der eintönigen Roman-Zyklen, R. A. „Kennst du einen, kennst du alle“ Salvatore, daselbst verfasst hat und in dem er sich über seine eigenen Erfahrungen mit dem „Massive Multiplayer Online Rolegamig Game“ EverQuest auslässt, macht tatsächlich Heißhunger auf diesen Roman; und es gelingt Scott Ciencin auf den ersten knapp 60 Seiten, diesen Hunger noch weiter anzuheizen. Die drei zentralen Charaktere dieses ersten Abschnitts – Rileigh, Bronwynn, Uaeldayn – erscheinen interessant und geheimnisvoll, ihr Auftritt wird vom Autor fantasievoll und vor allem sehr anschaulich in Szene(n) gesetzt.

Mit dem Auftauchen der Blutsäbel ändert sich jedoch der positive Eindruck fast schlagartig. Die Handlung wirkt zunehmend konfus, entwickelt sich nicht zwingend weiter. Wie in einem schlecht geschnittenen Film, machen es abrupte Szenenwechsel, fehlende, logische Anschlüsse dem Leser schwer, einem roten Faden zu folgen. Beispiel gefällig? Eben noch sind die Recken zusammen mit zahlreichen Matrosen und eingesammelten Schiffbrüchigen auf der |Aegis|, wo Uaeldyn mit Mühe und Not Kapitän Prentice davon überzeugen kann, die Fahrt fortzusetzen, im nächsten Moment befinden sich die Helden und vier weitere Ritter der Tiefe an Bord der |Klinge des Cazic|, ohne dass das „Wieso“, „Weshalb“, „Warum“ erklärt wird. Es ist, als hätte irgendjemand mit einem imaginären Rotstift ganze Kapitel ausradiert.

Je länger der Roman dauert, desto trüber entwickeln sich auch die Charaktere. Jene, die neu auftauchen, sind von Anfang an entweder stereotyp, klischeehaft – wie der Barbar, der Zwerg, die Bösen Buben der Blutsäbel -, oder völlig unberechenbar, d.h. sie agieren ohne nachvollziehbare Beweggründe inkohärent. Okay, zwei dieser Figuren sind wahnsinnig, aber welche Entschuldigung hält der Autor für den Rest parat?

Selbst der Hauptprotagonist, Rileigh, bleibt von dieser qualitativen Erosion nicht verschont. Irgendwann beginnt es zu nerven, dass ihm trotz seiner Erinnerungslücken alles geradezu spielerisch gelingt. Zudem fragt sich der Leser, inwiefern dieser Gutmensch, dem der Mord an einer Unschuldigen schlaflose Nächte bereitet und der holde Maiden in einer dunklen Gasse zu Hilfe eilt, überhaupt dem Charakterprofil eines Schurken gerecht wird.

Ein letzter großer Schwachpunkt des Romans besteht darin, dass der Leser kaum etwas über die Welt von EverQuest, die Örtlichkeiten, die Kulte, Rassen und Klassen erfährt. Für einen Einstiegs-Roman, welcher den Leser auf eine fantastischen Reise einladen möchte, ist es definitiv zu wenig, diese Dinge einfach nur zu nennen. In diesem Zusammenhang ist auch das Fehlen einer Karte, welche die wichtigsten Regionen und Städte abbildet, mehr als bedauerlich.

Fazit: Ein in vieler Hinsicht schwacher Sword&Sorcery-Roman, der weder die Erwartungen von |EverQuest|-Spielern noch von Fantasy-Fans auch nur ansatzweise erfüllen kann. Nicht empfehlenswert.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Barclay, James – Schicksalswege (Die Legenden des Raben 1)

|Die Chroniken des Raben|:
[Zauberbann 892
[Drachenschwur 909
[Schattenpfad 1386
[Himmelsriss 1815
[Nachtkind 1982
[Elfenmagier 2262

Nun ist sie also endlich da, die Fortsetzung zur viel gerühmten Trilogie (in Deutschland in sechs Bänden veröffentlicht) „Die Chroniken des Raben“ von James Barclay. In „Die Legenden des Raben“ setzt der junge britische Autor die Geschichte um das Söldnergespann aus Balaia fort. Neue Helden, neue Welten und neue Schicksale, das verspricht Barclay seinen Lesern – und gemessen am ersten deutschsprachigen Buch der neuen Reihe scheint der Mann auch nicht zu viel versprochen zu haben.

_Story_

Noch immer hat sich Erienne nicht vom Tod ihrer Tochter erholt. Tief sitzt der Schmerz ihres fürchterlichen Todes, den ausgerechnet die so hilfreichen Magierinnen des Einen Weges herbeigeführt haben. Daher ist Erienne auch zunächst nicht dafür zu begeistern, den Raben bei seiner nächsten Mission zu begleiten. Es geht darum, das Herz von Julatsa, dem einst im Krieg zerstörten Kolleg, zu retten und so auch wieder das verloren gegangene Gleichgewicht der magischen Kollegien herzustellen. Doch Erienne bleibt schließlich keine Wahl. In erster Linie ist sie Mitglied des Raben, und als solches ist es ihre Bestimmung, den vorerst neuen Anführer Ilkar – den einzigen Vertreter Julatsas – und ihre Gefährten zu begleiten.

Die Reise führt den Raben auf den Südkontinent in den Regenwald, der eigentlichen Heimat Ilkars, wo ihnen auch die schreckliche Nachricht zugetragen wird, dass das Volk der Elfen von einer heimtückischen Epidemie bedroht ist, der schon zahlreiche Stammesvertreter zum Opfer gefallen sind. Die Ursache hierfür liegt in der Entweihung eines heiligen Tempels, der die Harmonie der streng religiösen Elfen vollkommen durcheinander gebracht hat. Schon bald machen sich die furchtlosen Kämpfer der verschiedenen Urwalddörfer auf die Suche nach den menschlichen Eindringlingen und veranstalten noch in der direktem Umgebung des Tempels ein fürchterliches Blutbad. Doch die führenden Gestalten der ungebetenen balaianischen Gäste können wie durch ein Wunder fliehen und müssen nun gegen die Tücken des Regenwalds kämpfen.

Währenddessen gelangen Ilkar und seine Gefolgsleute nach einer beschwerlichen Reise in sein Heimatdorf zurück. Zum ersten Mal seit über einhundert Jahren kehrt der Magier aus Julatsa wieder dorthin zurück, um weitere Magier für die Errettung seines Stammkollegs zu mobilisieren. Doch seine alten ehemaligen Freunde empfangen ihn alles andere als herzlich. Selbst Ilkars Bruder, der einst den so wichtigen Tempel bewachte und bei der verloren gegangenen Schlacht focht, die schließlich zur Entweihung führte, ist dem einst verschwundenen Ilkar nicht mehr wohl gesonnen.

In der Kürze der Zeit gilt es für den Raben nun, Kompromisse zu machen. Denn in Balaia tobt ein wilder Krieg, bei dem das Kolleg von Xetesk vor keinen Greueln mehr zurückzuschrecken scheint, um die gesamte Macht an sich zu reißen. Mittendrin im Getümmel: die Schwarzen Schwingen um ihren Anführer Selik, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die Gilde der Magier komplett auszurotten …

_Meine Meinung:_

Nach dem unschlüssigen Ende der vorangegangenen Chroniken durfte man sehr gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte sein. Viele Fragen blieben ungeklärt, so zum Beispiel die nach dem Befinden der vom Schicksal geplagten Erienne, die mit Lyanna bereits ihr drittes unschuldiges Kind verlor. Aber auch die Aufteilung der Mächte nach der in letzter Minute gelungegen Rettung Balaias war unklar und wird dies auch weiterhin bleiben. Zwei Jahreszeiten nach den Ereignissen auf Herendeneth toben in den Häfen des Kontinents wilde Gefechte zwischen den Kollegien von Xetesk und Dordover. Ganze Städte werden von den Kämpfen zerstört, und auch der Unbekannte Kämpfer muss mit seiner Familie aus seiner Heimat flüchten, um die eigene Haut zu retten. Sein Weg führt ihn zurück in die Arme des Raben, wo die Stimmung nach wie vor sehr bedrückt ist. Außerdem sorgen verschiedene Meinungsverschiedenheiten zwischen Hirad, Ilkar und den übrigen Rabenkriegern für Missmut und Motivationslosigkeit, ähnlich noch wie in den letzten beiden Bänden der Chroniken, in denen die Mitglieder ja auch schon einige Grabenkämpfe auszutragen hatten.

Dementsprechend lange dauert es dann auch, bis die Geschichte rund um das Söldnerteam in Fahrt kommt, was jedoch auch daran liegt, dass Barclay währenddessen andere Schauplätze weiter in den Vordergrund stellt und in Gestalt des Elfen Rebraal und mit den ‚Tempelstürmern‘ um den verwegenen Hauptmann Yron neue wichtige Personen in die Geschichte einführt, deren genaue Rolle im Einführungsbuch noch nicht ganz geklärt wird. Feststeht lediglich, dass sie für die weitere Geschichte noch eine sehr wichtige Bedeutung haben werden.

Zum anderen betont Barclay in „Schicksalswege“ auch nicht ganz so deutlich die Kriegshandlungen. Das Buch ist zwar relativ brutal und die Beschreibungen der einzelnen Kämpfe und Verletzungen sind im direkten Vergleich zu den vorangegangenen Büchern auch enorm hart, aber die direkten Geschehnisse in Balaia lässt der Autor erst einmal zurück, um sich den Ereignissen im Regenwald sowie der Reise des Raben zu widmen, der jedoch noch nicht genau einschätzen kann, wie groß die erneute Bedrohung für den Kontinent ist. Erst als über Dritte Meldungen über den Zustand in Städten wie Arlen und die Vertreibung und das Abschlachten von unschuldigen Flüchtlingen verlautbaren, begreifen Hirad, Ilkar, Denser, Erienne, der anscheinend endgültig wiedergeborene Gestaltenwandler Thraun, der neu hinzugestoßene, aus Lystern desertierte General Darrick, die ebenfalls neu aufgenommene Elfin Ren’erei und der Unbekannte Krieger, dass die Zeit drängt und man dringend etwas unternehmen muss, um eine Katastrophe astronomischen Ausmaßes zu verhindern.

„Schicksalswege“ ist der bisher finsterste Raben-Band und, zumindest zu Beginn, auch der bis dato komplexeste. Barclay lässt die Geschichte zwar weiterhin auf den bekannten Helden beruhen, führt diese aber zu gänzlich neuen Schauplätzen, während er gleichzeitig einige interessante neue Gestalten in die Handlung einbezieht und somit auch die Fantasy-Welt Balaia gekonnt weiterentwickelt. Im Grunde genommen macht er nur den nächsten logischen Schritt, lässt sich dabei aber mal wieder alle Optionen offen, um die Erzählung in alle möglichen Richtungen weiterzuspinnen. Und insofern ist „Schicksalswege“ auch wieder ein ziemlich typischer Band aus der Reihe um den berüchtigten Söldnerbund, gleichzeitig aber auch eines der besten Bücher aus dieser Serie, dessen wahre Klasse sich allerdings erst in der zweiten Hälfte offenbart, in welcher der Plot plötzlich mit rasanten Schüben Fahrt aufnimmt.

Im Grunde genommen könnte das Buch sogar für sich stehen, so dass man auch hierüber einen Einstieg in die Welt des Raben finden kann. Dies möchte ich aber trotzdem nicht empfehlen, denn „Die Chroniken des Raben“ sind einfach Pflichtkost für den fleißigen Bücherwurm und zum Verständnis der Nachfolge-Trilogie enorm hilfreich. Und überhaupt sind sie das Beste, was die moderne Fantasy derzeit zu bieten hat. Genauso wie dieser erste Band der „Legenden des Raben“. Punkt.

Anmerkung des Rezensenten: Bitte nicht vom oben abgebildeten, im Internet kursierenden Cover irritieren lassen. Das Buch wird hier rot dargestellt, ist aber in Wirklichkeit in blauer Farbe veröffentlicht worden.

Silverberg, Robert (Hrsg) – Legenden – Das Geheimnis von Otherland

_Ein neuer Blick in den Silbernen Schrein._

1999 wurde „Der Silberne Schrein“ für uns geöffnet, und zwar von Robert Silverberg, der sich der lobenswerten Aufgabe verschrieben hat, dem interessierten Leser einen Einblick in die Welt der Fantasy-Giganten zu gewähren. Ursula Le Guin, George R. R. Martin, Stephen King, etc., sie alle haben kurze, eigenständige Erzählungen verfasst, die in ihren Universen spielen, die dem Leser ihre Figuren vorstellen, und die mit ihrer sprachlichen Geschicklichkeit begeistern. Jetzt, sieben Jahre später, präsentiert uns der |Piper|-Verlag die Fortsetzung, hat sie aber in zwei Teile aufgespalten. „Das Geheimnis von Otherland“ ist der zweite.

_Tad Williams – „Der glücklichste tote Junge der Welt“_ (Otherland)

Orlando Gardiner ist tot, sein Geist aber befindet sich noch in Otherland, wo er wichtige Kontrollaufgaben zu erledigen hat. Trotz seiner Macht in der virtuellen Welt schleicht sich die Depression an ihn heran, die Kontakte mit seinen Eltern sind peinlich und zermürbend, seine Freundin Lisa dagegen wird immer älter und entfremdet sich von ihm. Es bleibt ihm nichts übrig, als in den verschiedenen Subwelten von Otherland herumzuwandern und Zerstreuung zu suchen; wenn er sich zurückziehen möchte, tut er das in Bruchtal, wo er mit Elrond zu Abend isst. Mitten in seinem ganzen Frust taucht aber plötzlich eine junge Dame auf, die behauptet, von ihm schwanger zu sein. Irritiert macht er sich auf die Suche nach ihr, doch immer, wenn er sie fast erwischt, zerplatzt sie wie eine Seifenblase. Während er noch grübelt, stellt er fest, dass sich dieses Phänomen über ganz Otherland auszubreiten scheint …

Also alleine der Anfang ist es wert, diese Story zu lesen: Da sitzt Orlando Gardiner alias Tharagorn in einem virtuellen Bruchtal, als ein besonders haariger Hobbit hereinstürmt und ihn als Elbenknuddler verspottet, ehe er ihm dann die Termine unterbreitet, die heute noch zu erfüllen sind. Dieser Hobbit ist nämlich nichts anderes als Orlandos Terminplaner, eine rotzfreche KI, die nur köstliche Unverschämtheiten von sich gibt.

Aber auch sonst ist „Der glücklichste tote Junge der Welt“ eine tolle Leistung, die Figuren sind echt, die Konflikte mitreißend, und die Erklärung des Universums fügt sich fast meisterhaft in die Spannungsbögen ein. Auch wenn das Ende einen nicht von Hocker pfeift, die Stimmung ist toll, die Ideen sind spritzig und der Spaß, den Williams beim Schreiben hatte, sickert aus jeder Zeile. Unbedingt lesenswert!

_Terry Brooks – „Unbeugsam“_ (Shannara)

Jair Ohmsford hat seinerzeit das Ildatch zerstört, ein finsteres Buch voll schwarzer Magie, das beinahe die ganze Welt verschlungen hätte. Heute hat Jair eigentlich seinen Frieden gefunden, doch da taucht Kimber auf, eine hübsche Messerwerferin und alte Bekannte. Ihr Großvater, sagt sie, glaubt, dass eine Seite des Ildatch-Buches überlebt habe, und deswegen soll er ihr unbedingt zu folgen, um ihm das Gegenteil zu beweisen. Natürlich wird Jair von dem alten Mann überzeugt, dass tatsächlich eine solche Seite überlebt hat, und so machen sich die Drei auf die Reise, um sie zu vernichten.

Etwas Neues gibt es für den Fantasy-Fan hier nicht zu bestaunen. Brooks schleppt den Leser mit einer Standard-Story durch sein Shannara-Universum, seine Figuren zögern und zaudern auf ihrer Reise zum unvermeidlichen Showdown und erklären in diesen recht zähflüssigen Passagen die Welt von Shannara. Neben ein paar netten Bildern hat „Unbeugsam“ kaum etwas zu bieten, das Ende zeichnet sich schon auf den ersten Seiten ab und das Universum hat einfach Staub angesetzt. Natürlich muss man dabei bedenken, dass der erste Shannara-Band schon 1977 erschienen ist, dementsprechend ist es durchaus in Ordnung, wenn Brooks hier „Standard“ schreibt, immerhin hat er den „Standard“ mitbegründet. Trotzdem. Für Shannara-Fans bestimmt interessant, für den Neueinsteiger oder modernen Fantasyleser eher Baldrian in Bücherform.

_Anne McCaffrey – „Jenseits des Dazwischen“_ (Die Drachenreiter von Pern)

Thaniel wartet auf seinem Hof darauf, dass ihm ein Impfstoff gebracht wird, der ihn und seine Kinder vor einer Seuche bewahren soll, die Pern heimsucht. Endlich taucht die Weyherrin Moreta aus dem Dazwischen auf und bringt ihm die ersehnten Medikamente. Erstaunt stellt Thaniel fest, dass Moreta nicht auf „ihrem“ Drachen reitet, dabei ist es doch in ganz Pern bekannt, dass zwischen Drachen und Reiter ein immerwährendes Band herrscht; wenn der eine stirbt, sucht auch der andere den Tod. Thaniel wagt es nicht, die adlige Frau nach Gründen zu fragen, und so springt Moreta nach dem Abschied ins Dazwischen, jenem seltsamen Ort, der von den Drachenreitern durchschritten wird, um große Entfernungen in kurzer Zeit zurückzulegen. Nur diesmal bleiben Moreta und ihr Drachen im Dazwischen verschollen. Alle glauben schon, sie sei für immer verloren, doch da fangen Thaniels Pferde Nachts zu wiehern an, immer zur gleichen Zeit …

„Jenseits des Dazwischen“ ist ein gemächliches Stück Fantasy, das die komplexe Pernwelt erklärt, ohne in übermächtige Erzählpassagen umzukippen. Es ist nicht spannend, Konflikte gibt es kaum, und manches Ereignis wird überflüssigerweise aus mehreren Perspektiven erzählt, aber schlecht ist „Jenseits des Dazwischen“ trotzdem nicht. Es ist eine Geschichte wie ein Sonntagsspaziergang: nett, aber nicht umwerfend. Für den Pern-Kenner kann das natürlich wieder ganz anders aussehen! Mir hat aber „Die Läuferin von Pern“ im „Silbernen Schrein“ besser gefallen.

_Neal Gaiman – „Der Herr des Tals“_ (American Gods)

Die Menschen, die nach Amerika auswanderten, haben ihre Götter mitgebracht. Mr. Wednesday ist Odin, der den neuen Göttern Geld und Medien den Krieg angesagt hat, sein Helfer ist Shadow, um den es in dieser Novelle geht. Shadow sitzt in einer Kneipe in Schottland und wird plötzlich angesprochen, ob er nicht einen Leibwächterjob übernehmen möchte. Obwohl ihn die Bardame Jennie eindringlich davor warnt, nimmt er den Job an. Türsteher soll er sein, an einem abgelegenen Haus in den Bergen. Die Gäste reisen an, alle aus oberen Kreisen, und Shadow schwant allmählich, dass sein Job nicht so einfach ist, wie er sich das erhofft …

Ähnlich wie bei Tad Williams kommt der Leser hier in den Genuss einer Universenbeschreibung, die hervorragend in den Spannungsaufbau eingebunden ist. Hier gibt es keine langatmigen Erklärungspassagen, alles spielt sich während der Handlung ab und hält uns bis zur letzten Seite bei der Stange. „American Gods“ wirft ein seltsam entrücktes Licht auf unsere Welt: Es gibt Götter und Fabelwesen, sie wandeln unter uns in Menschengestalt und würden neben einem gewissen Hang zum Exzentrischen niemandem auffallen. Ständig spielt sich Mysteriöses ab, zwischen den Zeilen der Gesellschaft sozusagen, in den Mantel normaler Aktivitäten gehüllt, zum Beispiel Dinnerpartys in abgelegenen Häusern. Gaiman ist ein moderner Autor, wie er im Buche steht; er zeigt alles, labert kaum, und die Charakterzüge seiner Figuren reichen bis in die spritzigen Dialoge hinein. „Der Herr des Tales“ ist nicht wirklich spannend, aber hochinteressant und ein gelungener Appetizer! „American Gods“ sollte man im Auge behalten!

_Raymond E. Feist – „Der Bote“_ (Midkemia)

„Der Bote“ ist die Geschichte des jungen Melders Terrance, der vor dem großen Wintereinbruch seinen ersten wichtigen Botenauftrag zu erledigen hat. Dabei verläuft nicht alles so, wie er sich erhofft hat; Krankheit erschwert seinen Auftrag ebenso wie diverse Wendungen, die der Krieg von ihm verlangt.

Ähnlich wie „Unbeugsam“ ist „Der Bote“ eine sehr einfache Geschichte; anders als Brooks schafft es Feist aber wirklich spannend zu erzählen. Die Unbilden, die ein Melder zu ertragen hat, erlebt der Leser am eigenen Leib; man friert mit Terrance, fürchtet sich mit ihm und leidet mit ihm, wenn er trotz Fieber und Müdigkeit hinaus in den Schnee muss, wo der Feind schon auf ihn wartet. Feist erzählt bunt und detailreich, man kann sehen, riechen, fühlen und schmecken, dabei erfährt man allerhand über den Krieg mit Midkemia, und spannend ist es auch noch. Zwar hat „Der Bote“ seine Längen, ist aber durchweg unterhaltsam; ob Feist damit aber das Interesse für den kompletten Zyklus zu wecken vermag, bleibt jedem selbst überlassen.

_Elisabeth Haydon – „An der Schwelle“_ (Rhapsody)

Das Universum von Haydons Rhapsody-Saga ist so komplex, dass das zweiseitige Vorwort nicht genügt, um es zu bändigen. So oft man es auch liest, die Details erschlagen einen geradezu. Aber für „An der Schwelle“ braucht man all das gar nicht zu wissen: Es ist die Geschichte einer Gruppe Soldaten, die auf der Insel Serendair zurückgeblieben ist, obwohl deren Ende unmittelbar bevorsteht. Vor vielen Jahren ist ein Stern ins Meer gestürzt, vor der Insel, und löste eine Katastrophe aus. Eine Prophezeiung besagt, dass das „schlafende Kind“ aber in Kürze wieder erwachen würde, und die Anzeichen dafür häufen sich.

So warten die Soldaten also darauf, dass sie der erwachende Stern verschlingt. Dann allerdings taucht ein geheimnisvoller Fremder auf, der die Hoffnung weckt, dass die Prophezeiung zu verhindern sei …

Das Positive zuerst: Haydon hat eine Menge Ideen. Negativ: Sie schafft es nicht, diese Ideen in ihre Handlung einzubauen. In „An der Schwelle“ haben wir also eine Ansammlung klassischer Fantasy-Figuren, die klassische Fantasy-Dinge tun (den Wind beschwören, durch die Gegend reiten, geheimnisvolle Fremde begleiten). Und während diese Figuren so im Klischee schwelgen, erzählen sie dem Leser in todlangweiligen Laberpassagen von der wunderbaren Tiefe ihres Universums, von den verschiedenen Kulturen, die es gibt, von Kriegen, usw. usf. Tut mir leid, aber auch die halbherzigen Wendungen genügen kaum, um mich aus dem lesetechnischen Dämmerschlaf zu reißen, eher im Gegenteil.

_Seitenstechen auf der zweiten Etappe._

Zunächst: Die Landkarten der jeweiligen Welten fehlen auch hier schmerzlichst. Wie sieht denn nun Midkemia aus oder Shannara? Ich hoffe schwer auf eine Bereinigung dieses Makels, wenn ein dritter „Legenden“-Band herauskommen sollte …

Zu „Legenden – Das Geheimnis von Otherland“ sei gesagt, dass die „Hit-Dichte“ geringer ist als in „Lord John – Der magische Pakt“. Neal Gaiman und Tad Williams haben Tolles vollbracht, aber Anne McCaffrey und Raymond Feist müssen sich den Stempel „unterhaltsamer Durchschnitt“ gefallen lassen, während auf Elisabeth Haydon und Terry Brooks gar das „Langweilig!“-Brandzeichen wartet.

Aber Trotzdem. „Legenden“ ist ein tolles Projekt und in seiner Gänze unterstützenswert, einen Kauf wird weder der Einsteiger noch der Kenner bereuen.

http://www.piper.de

Silverberg, Robert (Hrsg.) – Legenden – Lord John, der magische Pakt

_Ein neuer Blick in den Silbernen Schrein._

1999 wurde „Der Silberne Schrein“ für uns geöffnet, und zwar von Robert Silverberg, der sich der lobenswerten Aufgabe verschrieben hat, dem interessierten Leser einen Einblick in die Welt der Fantasy-Giganten zu gewähren. Ursula Le Guin, George R. R. Martin, Stephen King, etc., sie alle haben kurze, eigenständige Erzählungen verfasst, die in ihren Universen spielen, die dem Leser ihre Figuren vorstellen, und die mit ihrer sprachlichen Geschicklichkeit begeistern. Jetzt, sieben Jahre später, präsentiert uns der |Piper|-Verlag die Fortsetzung, hat sie aber in zwei Teile aufgespalten. „Lord John, der magische Pakt“ ist der erste.

_Diana Gabaldon – „Lord John und der magische Pakt“_ (Highland-Saga)

1754. Lord John Grey ist Verbindungsoffizier des ersten Hannoveraner Infanterieregiments und als solcher hat er sich um den reibungslosen Ablauf der Dinge zwischen den preußischen Truppen und denen der Engländer zu kümmern. Wäre das nicht schon schwierig genug, weil ein Angriff der Franzosen bevorzustehen scheint, werden preußische und englische Soldaten plötzlich Opfer seltsamer Tode. Schnell breitet sich der Aberglaube aus. Bestimmte Verletzungen und der Zustand der Leichen deuten darauf hin, dass ein Sukkubus sein Unwesen treibt, um sich des Nachts den Samen der Männer zu stehlen. Die Soldaten werden darauf immer schwächer und unkonzentrierter, da es niemand mehr wagt, nachts einzuschlafen, und plötzlich taucht im Königshaus eine Hexe auf und will den Prinzen entführen …

Lord John Grey ist ein „Spin-off“ der eigentlichen Highland-Saga, tritt er dort doch eigentlich als mehr oder minder wichtige Nebenfigur auf. Diana Gabaldon hat dem homosexuellen Adligen aber bereits zwei eigenständige Romane geschenkt, von denen momentan leider nur [„Das Meer der Lügen“ 87 erhältlich ist. Lord John ist jedenfalls ein sympathischer Ermittler, und es ist ein Genuss, mit ihm durch das 18. Jahrhundert zu streifen, um das Geheimnis dieses magischen Paktes zu entlarven. Gabaldon hat ein Händchen für originelle Bilder und für überraschende Wendungen, die im „magischen Pakt“ außerdem noch auf ein wohlkomponiertes Finale zusteuern. Es braucht zwar eine konzentrierte Aufmerksamkeit, um all die Haken der Story mitverfolgen zu können, aber das zahlt sich mehr als aus! Für mich ist Diana Gabaldon jedenfalls zu einem weiteren Namen auf meinem Einkaufszettel geworden.

_George R. R. Martin – „Das verschworene Schwert“_ (Das Lied von Eis und Feuer)

Einige Zeit ist vergangen seit den Ereignissen in „Der Heckenritter“, in dem Ser Duncan der Hohe ein Gottesurteil gefochten hatte und seitdem den jungen Knappen Ei an seine Seite weiß.

Mittlerweile hat Dunk sein Schwert Eustace Osgrey verschworen, einem kleinen Lord, dessen Geschlecht ausstirbt, der gerade mal drei Dörfer zu seinem Herrschaftsgebiet zählt und der von seinen Untergebenen nicht ernst genommen wird. Vor allem nicht von Bennis, dem Braunen Ritter, der es vorzieht, „wie ein gammliger Käse zu stinken“, als den Aufwand eines Bades zu ertragen.

Es ist Sommer in den sieben Königslanden, und eine Dürreperiode obendrein, und so kommt es, dass die Bauern der „Roten Witwe“ einen Damm errichten und Lord Osgreys Land damit das Wasser abgraben. Osgrey schickt Dunk und den Braunen Ritter, um nach dem Rechten zu sehen, Blut wird vergossen, und Kampf scheint unvermeidbar, aber dann versucht sich Dunk als diplomatischer Mittler bei der gefürchteten „Roten Witwe“ …

George R.R. Martin ist der Inbegriff moderner Fantasy, derjenige, der das Genre in Gefilden auslotet, die fern von Kitsch und Klischee sind, und er ist ein Meister seiner Disziplin. „Das Lied von Eis und Feuer“ ist ein hochkomplexer Zyklus voller Verwicklungen und politischer Intrigen, ist dabei aber gleichzeitig so flüssig und mitreißend zu lesen, dass der Tag plötzlich viel zu kurz erscheint. Die Erzählungen um Dunk, den Heckenritter, und Ei, seinen Knappen, spielen etwa hundert Jahre vor den Ereignissen im „Lied von Eis und Feuer“ und sind damit ideal für den Einstieg geeignet: Dem „Neuling“ werden keine entscheidenden Wendungen aus dem Hauptwerk verraten, und der „alte Hase“ kann sich an den vielen kleinen Anspielungen erfreuen, die auf Geschehendes hindeuten.

„Das verschworene Schwert“ macht da keine Ausnahme, kommt allerdings erst gemächlich in die Gänge. Viel politischer Hintergrund muss erst vermittelt werden, damit der Leser den Konflikt zwischen Lord Osgrey und der „Roten Witwe“ versteht, und teilweise wird man dabei fast erschlagen von Fakten und Namen. Die Mühe lohnt sich aber, dafür hat Martin erneut Figuren erschaffen, die atmen, mit denen man zittert, die man bedauert oder einfach nur hasst, es gibt unerwartete Wendungen, und der Spannungsbogen spannt sich bis zum Schluss. Wenn man erst einmal drin ist, kann man einfach nicht mehr aufhören. „Das verschworene Schwert“ ist trotz gelegentlicher Längen ein Martin, wie er im Buche steht, und wiederum bleibt mir nichts anderes übrig, als den Hut vor der Feder dieses Mannes zu ziehen. Ganz großes Kino!

_Orson Scott Card – „Die Yazoo-Queen“_ (Die Legende von Alvin dem Schmied)

Alvin, der Schmied, ist mal wieder unterwegs, in diesem alternativen Amerika, das keine Unabhängigkeitskriege erlebt hat und das vor Magie und seltsamen Talenten nur so sprüht. Dabei hat er natürlich seinen jungen Gefährten Arthur Stuart, einen Schwarzen, der sich darin übt, ein ebensolcher „Schöpfer“ zu werden wie sein Herr, dem das aber nicht so leicht von der Hand geht, weil er eben nicht der siebte Sohn eines siebten Sohnes ist.

Jedenfalls besteigen Alvin und Stuart die Yazoo-Queen, um herauszufinden, ob es sich dabei um ein verkapptes Sklavenschiff handelt oder nicht. Dort wird Alvin von einem William Barret Travis angesprochen, der ihn zu einer Expedition anwerben will, auf der man sich der Ausrottung der „verderbten Mexika-Stämme“ widmet, und er wird von einem mysteriösen messerschwingenden Fremden auf seine Tasche angesprochen, in der er den magischen Pflug mit sich führt. Arthur Stuart indes, den es schrecklich anödet, sich wie ein „Boy“ verhalten zu müssen, bemüht sich um die Befreiung gefangener Sklaven.

Vorab: Für einen Orson Scott Card ist das eine erstaunlich schwache Story. Sicher, die Abrechnung mit dem Sklaventum trifft ins Schwarze, die schrägen Auftritte großer Persönlichkeiten aus der amerikanischen Geschichte sind unterhaltsam und Cards Dialoge sind so spritzig wie eh und je, aber einen wirklichen Spannungsbogen gibt es nicht. Zudem fehlt der „Yazoo-Queen“ der tolle trockene Humor, durch den sich „Der Grinsende Mann“ in der Vorgängeranthologie ausgezeichnet hat. Trotzdem ist „Die Yazoo-Queen“ ein unterhaltsamer Blick in die Welt von Alvin dem Schmied.

Vielleicht kann man diese Story erst dann richtig genießen, wenn man den kompletten Alvin-Zyklus gelesen hat, und das ist für den deutschsprachigen Leser ohnehin unmöglich. Die ersten vier Bände tauchen höchstens noch in Antiquariaten auf, und die beiden letzten Bände „Heartfire“ (1998) und „The Crystal City“ (2003) wurden bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt. Also bitte, lieber |Piper|-Verlag, übernehmen Sie!

_Robin Hobb – „Heimkehr“_ (Die Zauberschiffe)

Robin Hobb gilt seit ihrem Zyklus über den Assassinen Fitz Chivalry Weitseher als eine Fantasy-Virtuosin im Fahrwasser von George R. R. Martin. Ihr Zyklus „Die Zauberschiffe“ spielt in derselben Welt wie der Assassinen-Zyklus, jedoch weit südlich von den Herzogtümern: Auf den Pirateninseln und dem sagenhaften Regenwildfluss. Der Kurzroman „Heimkehr“ spielt vor dem ersten Band der Zauberschiffe-Saga.

Jathan Carrocks hat sich entehrt und wird deswegen vom Satrapen Esclepius enteignet und ins Exil geschickt. Er hat die zweifelhafte Ehre, eine Kolonie in den Ländern am Regenwildfluss aufzubauen, und darf sich dort eine neue Existenz verschaffen. Das alles geschieht sehr zum Missfallen seiner Gattin Carillion Waljin Carrock. Diese fühlt sich nicht ihrem Stand gemäß behandelt, sondert sich gegen die anderen „Gemeinen“ ab und hat schwer mit ihren Kindern zu kämpfen, da ihr Dienstmädchen sich gegen sie auflehnt. Besonders schwer ist das deswegen, weil sie ein Ungeborenes in sich trägt. Jedenfalls zieht sich die Fahrt mit den Schiffen schier endlos hin, und als endlich der verheißungsvolle Regenwildfluss angelaufen wird, wähnt sich Lady Carillion am Ende ihrer Strapazen. Aber die fangen gerade erst an; ätzendes Wasser, und lockende Stimmen sind noch die harmlosen Gefahren, die in dem sumpfigen Regenwald auf sie lauern …

In Zeiten moderner Fantasy ist man es eher gewohnt, mit einer Art „schriftstellerischen Kameraführung“ an die Ereignisse herangeführt zu werden. „Zeigen, nicht Erzählen!“ ist das Mantra, das jeder lernwillige Jungautor vor sich herzubeten hat, wenn er auf einen Verlag hoffen möchte. Robin Hobb ist aber keine Jungautorin mehr, und dementsprechend pfeifft sie auf derartige Konventionen und entstaubt den guten alten Tagebuch-Stil. Und anders hätte ich „Heimkehr“ nicht erzählt bekommen mögen!

Man begleitet Lady Carillion von Anfang an, beobachtet sie, wie sich die hochnäsige Adlige an das neue Leben herantastet, und sieht ihr dabei mitten in den Kopf. Auch wenn es sich anfangs etwas zäh entwickelt, „Heimkehr“ ist eine unglaublich intensive Story, Angst und Verzweiflung sind ständige Begleiter der Kolonialisten und man spürt selbst, wie einem die Endlosigkeit des Urwaldes aufs Gemüt drückt. Und dann sind da ja noch diese seltsam sirenenhaften Gesänge und rätselhaften Träume. Unbedingt lesenswert!

_Robert Silverberg – „Das Buch der Veränderung“_ (Majipoor)

Majipoor ist ein Planet, zehnmal so groß wie die Erde und von wundervoller Idylle. Seine Geschichte ist erfüllt von Kriegen mit den metamorphen Ureinwohnern, aber auch von Zeiten des Friedens. „Das Buch der Veränderung“ spielt etwa zehntausend Jahre nach der Besiedelung von Majipoor durch den Menschen, aber gleichzeitig viertausend Jahre vor den Ereignissen, die im ersten Majipoor-Roman beleuchtet wurden.

Prinz Aithin Furvain ist der fünfte Sohn eines Coronals, des „Vize-Herrschers“ von Majipoor, und als dieser hat er keine größeren Aufgaben zu übernehmen als ein angenehmes Leben zu führen. Er hat sich seinem Schicksal gefügt, frönt seiner Leidenschaft, leichte Gedichte zu verfassen, hat mit allerlei Frauen das Bett geteilt und hält auch sonst Ehrgeiz für eine schrecklich überbewertete Sache. Immer öfter jedoch drücken ihm die Errungenschaften seines Vaters auf die Seele und er hat das Bedürfnis, dieser sich ausbreitenden Seelenleere den Kampf anzusagen. So bricht er also auf, um die Schönheit Majipoors in aller Einsamkeit zu erkunden, und wird prompt gefangen genommen von Kasibinon, einem Banditenfürsten, der von Furvain nichts Geringeres erwartet als eine große dichterische Schöpfung …

Er liest sich Anfangs recht unterhaltsam, der Wandel des Taugenichtes Furvain, der auf seinen Reisen plötzlich mit Gefahren und Verantwortung konfrontiert wird. Öde wird es erst, als Furvain seine dichterische Größe entdeckt. Der Konflikt mit seinem Geiselnehmer schwindet plötzlich zu einem Randdasein, während die Entstehung von Furvains Großwerk zu ständigen Rückblenden missbraucht wird, die den Leser darüber hinaus mit einer Unmenge staubtrockener Infos über das Majipoor-Universum erschlagen. Schade! Wenn Silverberg damit beabsichtigte, einen Überblick über Majipoor zu vermitteln, hat er sich eine denkbar ungünstige Methode ausgesucht! Wenigstens der Anfang ist eine bildreiche Wanderung durch die Idylle des Planeten, mit den Augen glaubwürdiger Figuren betrachtet. Wenn der Schluss diesen guten Eindruck nicht so schändlich in den Staub getreten hätte, wäre „Das Buch der Veränderung“ nicht nur „nett“ gewesen, sondern richtig gut.

_Spannendes Projekt, spannend fortgesetzt._

„Legenden II“ ist in seiner Gänze eine würdige Fortsetzung zu „Der siebte Schrein“ und lohnt der Anschaffung, nicht nur, um dieses tolle Projekt zu unterstützen! Aber einen kräftigen Punktabzug gibt’s trotzdem:: Wo sind die Karten? Die sieben Königslande von Martin, die Pirateninseln von Hobb, und natürlich das alternative Amerika von Orson Scott Card … Es ist schon schwer genug, einen Eindruck von einem fremden Fantasy-Universum zu bekommen, wenn man mittels eines Kurzromans hineinschnuppert, aber ohne die Karten fühlt man sich wie ein Blinder in einem fremden Land. Wenn es also eine Fortsetzung von „Legenden“ geben sollte (Martin bastelt ja schon an einer dritten Dunk-Novelle), bitte, gebt uns Fantasy-Lesern die Landkarten, die wir so gerne mit dem Finger bereisen!

Aber auch so ist „Legenden – Lord John, der magische Pakt“ unbedingt kaufenswert, für Einsteiger und „Profis“ gleichermaßen.

http://www.piper.de

Walter M. Miller jr. / Terry Bisson – Ein Hohelied für Leibowitz

Das geschieht:

Die menschliche Zivilisation ist vor zwölf Jahrhunderten im atomaren Feuer eines dritten Weltkriegs untergegangen. Auf den Ruinen versuchten die Überlebenden eine neue Welt aufzubauen. Im Jahre 3244 ist Nordamerika noch immer ein weitgehend menschenleerer Kontinent mit unzugänglichen Todeszonen. In den unbelasteten Regionen sind zahlreiche Territorien entstanden, die miteinander um die Vorherrschaft ringen. Wehrhafte Nomadenstämme durchstreifen das Land. In abgelegenen Winkeln suchen genetisch geschädigte Mutanten Zuflucht.

Zwischen allen Stühlen sitzt die Katholische Kirche. Wie einst im Mittelalter beschränkt sie sich nicht auf gottes- und seelsorgerische Dienste. Ein Netz von Klöstern, Pfarrkirchen und Missionsstationen überzieht Nordamerika. Dort wird das Wissen vergangener Zeiten gesammelt und weitergegeben. Die Abtei St. Leibowitz ist eine dieser Bastionen von Wissenschaft und Kultur. Hier lebt und arbeitet der junge Mönch Schwarzzahn St. Georg. Der Sohn sesshaft gewordener Nomaden hat nur aus Mangel an Alternativen die geistliche Laufbahn eingeschlagen. Er will dem Orden den Rücken kehren. Der Abt hofft Schwarzzahn umzustimmen. Er vermittelt ihn an Elia Kardinal Braunpony, den er als Dolmetscher in die Stadt Valana begleiten soll. Dort weilt der Papst, das Oberhaupt der Kirche und aller Christen. Walter M. Miller jr. / Terry Bisson – Ein Hohelied für Leibowitz weiterlesen

Gemmell, David – weiße Wolf, Der (Drenai-Saga)

Der Engländer David Gemmell (*1948) gilt als der erfolgreichste Autor unserer Zeit im Bereich der heroischen Fantasy. Insbesondere mit seinen Romanen in den wilden Landen der |Drenai| und dem |Rigante|-Zyklus wurde er in Deutschland bekannt.

Was Gemmell von klassischen Vorbildern wie Robert E. Howards „Conan“ unterscheidet, sind seine meist vielschichtigeren Charaktere, die oft von moralischen Problemen und persönlicher Schuld geplagt werden. Während der Barbar Conan auf Abenteuer und Beute aus ist, kämpfen Helden wie Gemmells Axtschwinger Druss in erster Linie notgedrungen um das Leben ihrer Frau, um ihre Heimat und ihre Mitmenschen. Der Attentäter Waylander wird vom Verlust seiner Familie geplagt und bereut seine vergangenen Morde, die man ihm nicht vergeben will. Gnadenlos wird er gejagt, rein um des fürstlichen Kopfgelds und der Rache wegen, obwohl er sich geändert hat und zu einem Wohltäter geworden ist. Wo liegt die Grenze zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch? Oft gibt es keine klare Antwort und es ist nur eine Frage des Blickwinkels.

In „Der weiße Wolf“ führt David Gemmell den Leser erneut in seine Welt der Drenai, wenn auch in das ferne Naashan. Der Prolog beginnt an einer staubigen Straße, an der ein Kaufmann mit seinen beiden Töchtern um sein Leben fürchtet. Der fremde Schwertmeister, der ihm Gesellschaft leistet, ist niemand Anderer als Skilgannon der Verdammte! Fünf schwarz gekleidete Ritter der Königin von Naashan stellen Skilgannon zum Kampf auf Leben und Tod; es ist offensichtlich, dass er gejagt wird. Skilgannon zieht seine beiden Schwerter und macht kurzen Prozess mit den Angreifern. Er rät dem verängstigten Kaufmann, so schnell wie möglich nach Norden zu fliegen – seine bloße Nähe hätte ihn in Gefahr gebracht – und reitet davon.

Das erste Kapitel beginnt kontrastierend in einem Kloster friedlicher Mönche, die von der Bevölkerung trotz ihrer guten Taten für ihre Not verantwortlich gemacht werden. Kriege und Missernten führten zu Unzufriedenheit, in der sich gerissene Opportunisten in hohe Ämter aufschwingen konnten. Das Kloster dient als Sündenbock. Skilgannon bemüht sich als Bruder Lantern redlich um einen Neubeginn, doch als man das Leben des Abts bedroht, stellt sich Skilgannon dem Mob entgegen und greift erneut zur Waffe.

Der weise Abt entlässt ihn aus dem Orden, dessen Philosophie er nie wirklich verinnerlichen konnte, und schickt Skilgannon als Eskorte eines etwas weltfremden Mönches in die Hauptstadt Mellicane; sein letzter Dienst für den Orden. Skilgannon hat ein neues Ziel: Er sucht den mystischen Tempel der Wiedererwecker, um seine Frau, die er nicht liebte, obwohl sie es verdient hätte, vom Tod auferstehen zu lassen. Seine ganze Liebe galt Jianna, der Königin von Naashan – die dank seiner Hilfe zu der gefürchteten Hexenkönigin geworden ist und unter deren Herrschaft seine Armee das Massaker von Perapolis verübt hat, dem er seinen schrecklichen Ruf als Skilgannon der Verdammte zu verdanken hat.

Auf dem Weg steht er einem Axtkämpfer bei, dessen Reisegruppe in den Wäldern nahe Mellicanes von so genannten Bastarden – zur Strafe von Nadir-Schamanen durch Magie mit Bären, Wölfen und anderen Raubtieren verschmolzenen Menschen – angegriffen wird. Der Axtkämpfer ist kein Geringerer als der Drenai-Held Druss, der seinem Freund Orastes und dessen kleiner Tochter Elanin zur Hilfe eilt. Doch für Orastes kommt jede Hilfe zu spät … Es gilt, seine Tochter aus einer Festung zu befreien. Skilgannon und Druss müssen sich nicht nur dem brutalen Lord Eisenmaske stellen, den Skilgannon in seiner Jugend unter einem anderen Namen kannte, sondern auch seiner Nemesis Jianna, der schönen und grausamen Königin Naashans, die er immer noch liebt, obwohl sie seinen Tod fordert.

Die Thematik ist nicht neu, geradezu ausgelaugt, kein Rahmen, der auf Qualität hindeuten würde. Doch Gemmell ist ein meisterhafter Erzähler, der abwechslungsreich und spannend Interesse an der Figur Olek Skilgannon erzeugen kann. Für Kenner der Drenai-Saga weist der Roman zahlreiche Verweise auf alte Helden wie Decado oder Waylander auf, gekrönt vom Gastauftritt des legendären Axtkämpfers Druss.

Die Handlung blendet oft in die Vergangenheit zurück, während die Gegenwart für Skilgannon und seine Begleiter viel Action bietet. Seine Vergangenheit holt Skilgannon ein, alte Konflikte brechen wieder auf. Zentrales Thema ist die Hassliebe Skilgannons zu Jianna, der Hexenkönigin. In ihrer Jugend war sie eine bildschöne Prinzessin, die letzte Überlebende der königlichen Familie, die in einem Staatsstreich ermordet wurde. Da Skilgannons Bedienstete die junge Jianna vor ihren Häschern versteckt hielten, werden sie gefoltert und ermordet. Gemeinsam verstecken die beiden sich in den Wäldern, verlieben sich und erobern die Krone Naashans zurück. Doch Jianna gerät unter den Einfluss einer alten Frau, vielmehr einer Hexe, die in ihr Träume von Macht erweckt, die außer Kontrolle geraten. Sie nutzt ihre Schönheit aus, um fremde Fürsten in ihr Bett zu locken, um sie als Verbündete zu gewinnen, zum Unwillen Skilgannons, der sich jedoch beugt. Jianna verändert sich, die manipulative und harte Königin Naashans ist nicht mehr die Frau, die Skilgannon geliebt hat. Ihr Verhältnis kühlt merklich ab, bis sich Skilgannon nach dem Perapolis-Massaker von ihr lossagt. Doch Jianna kann das nicht akzeptieren, die Einflüsterungen der alten Frau sorgen dafür, dass der Wille zur Macht siegt und aus Liebe Hass wird. Skilgannon wird aus Naashan verjagt, gehetzt von Mordkommandos der Königin, und taucht in einem Kloster unter.

Gemmell zeigt, wie harmlose Menschen zu einem mordlustigen Pöbel werden können, wie der persönliche Mut eines Einzelnen viel Unheil vermeiden kann. Aber auch, wie solcher Mut schlecht vergolten wird und feiges Abwenden grauenvolle Taten erst ermöglicht. Besonders gelungen sind Kapitel mit Jianna und Skilgannon, die zeigen, wie aus den besten Absichten die größten Gräuel enstehen können. Was man Jianna angetan hat und wofür sie sich rächen wollte, fügt sie anderen in weit schlimmerem Maß zu. Die „Alte Frau“ taucht auch hier wieder in einer zwiespältigen Rolle als Helfer aber auch als Unheilbringer auf; wie bereits bei Druss in vorherigen Drenai-Bänden und im Rigante-Zyklus in der entsprechenden Figur der Morrigu. Gemmell lässt Personen aus Skilgannons Vergangenheit auftauchen, die eine andere Entwicklung als dieser durchgemacht haben, obwohl sie in ihrer Jugend Freunde waren und vieles teilten. Reue ist ebenso ein Thema, Skillgannon will Abbitte und Wiedergutmachung für seine Taten und die unerwiderte Liebe zu seiner verstorbenen Frau leisten. Deshalb reist er ja auch zum Tempel der Wiedererwecker – er will die Zeit scheinbar zurückdrehen.

Dieser Teil des Buchs bleibt leider sehr unklar und diffus, was daran liegt, dass diese Thematik erst in dem noch nicht übersetzten Folgeband „The Swords of Night and Day“ näher behandelt wird. Obwohl „Der weiße Wolf“ wie alle Drenai-Romane in sich weitgehend abgeschlossen ist, quillt er über vor Referenzen auf frühere Werke. Die Geschichte von Skilgannon und Jianna ist zwar gelungen inszeniert in ihrer retrospektiven Form, aber nicht zur Neige erschöpft. Vielmehr ist es eine Vorgeschichte, die erst im Folgeband ihren Höhepunkt erreicht.

Obwohl „Der weiße Wolf“ in meinen Augen einen der besten da episch breitesten Drenai-Romane mit zahlreichen starken Personen und Handlungssträngen sowie interessanter Erzählweise darstellt, weist er jedoch einige uncharakteristische Schwächen auf, über die Gemmell sonst erhaben ist: Manchmal simplifiziert und moralisiert Gemmell zu stark; zwar wird er nie pathetisch, aber wenn der alternde Druss mit Skilgannon zu philosophieren anfängt, sozusagen von Held zu Held, wirkt dies unnatürlich lächerlich und aufgezwungen. Die Figur Skillgannon selbst wirkt weit weniger überzeugend als ihre Vergangenheit, er vereint Züge vieler anderer Gemmell-Helden, insbesondere Waylanders, in sich, was zu Irritationen führt und ihn ein wenig daran hindert, sich selbst zu einem eigenständigen Charakter zu entwickeln.

Für die Übersetzung zeichnet wieder einmal Irmhild Seeland verantwortlich, die wie üblich hervorragende Arbeit geleistet hat. Ihr Gespür zeigt sie unter anderem bei dem Namen „Bruder Lantern“, den man auch krude als „Bruder Laterne“ hätte übersetzen können. Im Unterschied zum englischen Original fehlt Dale Rippkes Karte der Drenai-Welt, für die sich Gemmell im Vorwort ausdrücklich bedankt. Dafür weist das Buch gelungene und tatsächlich auf die Handlung bezogene Innenillustrationen von Janus Peterka auf, was man von dem Titelbild der Agentur Schlück nicht behaupten kann, das dem großartigen Original in keiner Weise ebenbürtig ist.

Skilgannon mag nicht an die Sympathiewerte und den schon fast legendären Heldenstatus eines Druss oder Waylander heranreichen, allerdings übertrifft „Der weiße Wolf“ viele ältere Drenai-Romane in epischer Breite und Spannung. Die Rückblenden in die Vergangenheit, die oft gegenwärtige Handlungen Skilgannons nachvollziehen lassen, helfen dem Leser, die Überlegungen Gemmells besonders gut zu reflektieren und unterhalten dabei hervorragend. „Der weiße Wolf“ ist ein hervorragender Drenai-Roman, der sich vor allem an Kenner der Saga wendet und dessen Handlung ihren Höhepunkt leider erst im Folgeband findet. Einsteiger können dennoch bedenkenlos zugreifen, David Gemmell garantiert nach wie vor für höchst unterhaltsame und moderne heroische Fantasy.

Die in der deutschen Ausgabe fehlende Karte der Drenai-Welt:
http://www.dodgenet.com/~moonblossom/Dratlas.html

http://www.bastei-luebbe.de/

_David Gemmell bei |Buchwurm.info|:_

[Die steinerne Armee 522 (Rigante 1)
[Die Nacht des Falken 169 (Rigante 2)
[Rabenherz 498 (Rigante 3)
[Eisenhands Tochter 1194 (Die Falkenkönigin 1)
[Im Zeichen des dunklen Mondes 840
[Die Augen von Alchazzar 1188 (Drenai-Saga)
[Waylander der Graue 1248 (Drenai-Saga)
[Wolf in Shadow 181 (Stones of Power)

Lewis, Clive Staples – Reise auf der Morgenröte, Die (Die Chroniken von Narnia 5)

[Das Wunder von Narnia 1858
[Das Wunder von Narnia – Hörbuch 1991
[Der König von Narnia 1758
[Der König von Narnia – Hörbuch 356
[Der Ritt nach Narnia 1933
[Der Ritt nach Narnia – Hörbuch 1984
[Prinz Kaspian von Narnia 2081

_Story_

Lucy und Edmund hätten sich für ihre Ferien etwas Besseres vorstellen können, als ihren Cousin Eustachius zu besuchen. Der kleine Bengel ist nämlich mitunter eine ziemliche Nervensäge und hat für die Tagträumereien der Narnia-Reisenden nicht viel übrig. Während die beiden ‚Gestraften‘ noch nach Mitteln suchen, ihre Ferien doch noch halbwegs akzeptabel zu gestalten, stoßen sie auf ein geheimnisvolles Bild, welches schließlich ein weiteres Portal nach Narnia öffnet. Gemeinsam mit ihrem ungeliebten Cousin landen sie inmitten eines Ozeans direkt neben einem Schiff namens |Morgenröte| – und damit direkt wieder in den Armen des neuen Königs Kaspian, mit dem sie vor nunmehr drei Jahren (nach der Zeitrechnung von Narnia) noch ein gefährliches Abenteuer erlebten.

Kaspian selbst ist auf der Suche nach den sieben verschwundenen Lords, die der gemeine König Miraz einst auf eine ziellose, gefährliche Reise geschickt hatte. Er will nicht glauben, dass diese treuen Gefolgsleute bei ihrer hoffnungslosen Expedition ums Leben gekommen sind und grast alle möglichen Inseln im großen Ozean von Narnia ab. Gemeinsam mit seinen zurückgekehrten Freunden und deren nervigem Anhängsel begibt er sich auf eine gefährliche Abenteuerreise, vorbei an niemals zuvor gesehenen Monstern und Ungeheuern, über die mysteriöse Dracheninsel bis hin zu Orten, an denen man heuer Aslan vermutet. Und tatsächlich taucht Aslan eines Tages wieder auf, allerdings nicht unter sonderlich erfreulichen Umständen …

_Meine Meinung_

„Die Reise auf der Morgenröte“ knüpft unmittelbar an die vorangegangene Geschichte um Prinz Kaspian an, was zur Folge hat, dass man in diesem fünften Band wieder auf viele bekannte Gesichter aus der Fantasy-Welt Narnia trifft. Gleichzeitig aber bedeutet dieses Buch das vorzeitige Ende für Peter und Suse, die aufgrund ihres mittlerweile fortgeschrittenen Alters nicht mehr in das Märchenland zurückkehren dürfen. Und auch Lucy und Edmund werden, sollten sie dieses Abenteuer erneut bestehen, zum letzten Mal zu Besuch gewesen sein, denn auch sie werden nicht jünger …

So gilt es also, neue Helden zu finden, doch diesbezüglich sind die Aussichten zunächst einmal finster. Lediglich Eustachius wäre dazu in der Lage, auch in Zukunft für das Rechte in Narnia zu sorgen, doch weil er sich überhaupt nicht auf die Geschehnisse in Narnia einlassen will und diese Welt zunächst überhaupt nicht für real hält, kommt er für diese Aufgabe nicht in Frage. Es bedarf einer Menge Überredungskunst, um den rational denkenden, verwöhnten Bengel zur Vernunft zu bringen, so dass auch dieser sich auf Träume und Visionen einlassen kann und lernt, das zu akzeptieren, was seine Augen sehen. Weil aber selbst dies zu viel für den Knaben ist, wird ihm eine verheerende Strafe auferlegt, und erst als Aslan tatsächlich wieder auftaucht, beginnt er langsam an die neuen Umstände zu glauben. Womit ein neuer, wenngleich hier noch nicht sehr sympathischer Held für die Zukunft von Narnia gefunden wäre …

Abgesehen von dieser Fragestellung ist „Die Reise auf der Morgenröte“ wiederum ein sehr, sehr schönes Buch geworden. Clive Staples Lewis appelliert erneut sehr stark an die Träume und die Phantasie seines vorrangig jugendlichen Publikums und integriert zum wiederholten Male zahlreiche prächtige Fabelwesen in die Handlung. Für Lucy, Edmund, Kaspian und den nervigen Eustachius gilt es, viele Abenteuer zu bestehen, Rätsel zu lösen, schier unüberwindbare Gefahren zu bestehen und dabei das Ziel nie aus den Augen zu verlieren. Kaspian hat seinem Vater das Versprechen gegeben, die sieben verschwundenen Lords wiederzufinden und sie in ihre Heimat zurückzuführen, und er ist trotz aller sich nähernder Gefahr bereit, alles für dieses Vorhaben zu tun. Geprägt von Ehrgeiz und Stolz, weist er seinen nicht immer furchtlosen Gefährten den Weg, führt sie durch stürmisches Unwetter und steht ihnen in der Gefahr bei. Er ist ein würdiger König, voller Anmut und Selbstbewusstsein, und hat den Aufstieg vom Prinzen zur ‚richtigen‘ Regentschaft sehr gut verkraftet, ohne dabei willkommene Eigenschaften eingebüßt zu haben. Er steht für das Positive in diesem Roman: Freundschaft, Brüderlichkeit, Hoffnung, Treue, aber auch für die Abenteuerlust und den Spaß, den er selbst unter diesen Umständen bei seinem Unternehmen verspürt. In diesem Aspekt ist ihm ein Eustachius ein unwohl gesonnener Gegenspieler. Er hat für die Geschichten, die ihm aufgetischt werden, nichts übrig, ist völlig phantasielos, leidet aber beim Betrachten seiner Freunde insgeheim unter seiner modernen Erziehung. Erst spät erkennt er die Vorzüge einer möglichen Weitsicht und räumt seiner Phantasie einen ganz anderen Stellenwert ein. Und erst dadurch wird aus dem eigensinnigen Sturkopf ein glückliches Kind.

In der Person von Eustachius bringt Clive Staples Lewis auch wieder indirekt einige biblische Aspekte unter. Er ist es, der von seinem Unglauben bekehrt werden muss und erst durch unliebsame Geschehnisse auf den rechten Weg gebracht werden kann. Kommt einem irgendwie bekannt vor, ist aber legitim, denn es ist ja nicht das erste Mal, dass sich der ebenfalls bekehrte Atheist Lewis auf seine göttliche Vorlage bezieht.

Nun, ob „Die Reise auf der Morgenröte“ indes noch einmal eine Steigerung innerhalb der „Chroniken von Narnia“ darstellt, wage ich jetzt mal nicht zu behaupten. Zweifelsohne wird das hohe Niveau gehalten, vor allem weil der Autor neben den bekannten Figuren und Umgebungen wieder viele frische Elemente in die Serie einfügt. Aber ob starke Bücher wie „Prinz Kaspian von Narnia“ oder gar „Der Ritt nach Narnia“ wirklich schlechter oder besser sind, sollen andere entscheiden. Für mich bleibt am Ende lediglich das Fazit, hier erneut exzellent unterhalten worden zu sein und eine sehr schöne Fortsetzung der Geschichte gelesen zu haben. Und da „Die Reise auf der Morgenröte“ aufgrund seines prinzipiell unabhängigen Inhalts auch ganz für sich alleine stehen kann, ist ein direkter Vergleich auch gar nicht nötig. Schade nur, dass sich die Chroniken langsam dem Ende nähern …

http://www.narnia-welt.de/

Brunner, John – Chaos Erde

Drei Jahre, nachdem Brunners „Muddle Earth“ bei Ballantine Books New York erstmals erschienen ist, konnten endlich auch die deutschen Fans den letzten Roman des großen englischen SF-Autors in die Hände nehmen.

Der des Englischen kundige Leser erkennt gleich, dass der Originaltitel des Werkes ausnahmsweise einmal richtig auf Deutsch widergegeben wurde, was ja heutzutage nicht immer unbedingt die Regel bei den einzelnen Verlagen zu sein scheint. Auch der Klappentext auf der Rückseite bezieht sich peinlich genau auf den tatsächlichen Inhalt des Buches. Weiß eigentlich jemand, was ein Exoplantetare ist? Nicht? Es ist ein Druckfehler, das Wort soll eigentlich Exoplanetarer heißen, leider fällt er aber sofort ins Auge, denn wer liest nicht schon im Laden das, was hinten draufsteht, bevor er sich zum Kauf entschließt.

Brunner liefert mit dem vorliegenden Text nicht unbedingt das Highlight seiner schriftstellerischen Karriere ab, aber das Ergebnis seiner Anstrengungen bot mir trotzdem ein lustiges Lesevergnügen, wohl weil der Autor sich hier nicht so ernst nimmt wie in [„Morgenwelt“ 1274 oder „Schafe blicken auf“, auch wenn sein Anliegen, nämlich die Kritik an allen möglichen gegenwärtigen und zukünftigen unhaltbaren Zuständen, die einer weiteren Entwicklung der Menscheit möglicherweise unangenehm im Magen liegen könnten, das alte geblieben ist.

Die Erde hat es endlich geschafft, an ihrer eigenen Umweltverschmutzung zugrunde zu gehen, verbunden mit einem unheilvollen Chaos vieler gleichzeitig existierender wunderlicher Gesellschaftssysteme, deren Gesamtheit vom Einzelnen kaum noch zu überblicken, geschweige denn nachzuvollziehen ist (selbst als Leser wird man vollkommen überfordert).

In dieser Situation wird der Planet galaxisweit zur Restauration ausgeschrieben und flugs erscheint eine Exoplanetaren-Treuhandgesellschaft, die die Abwicklung der Pleitewelt übernimmt.

Halt mal, das scheint doch gerade so, als hätte Brunner den Hintergrund seines Romans in den neuen Bundesländern recherchiert und die vorgefundene Situation hier sarkastisch überdreht beschrieben! Vielleicht hat der Übersetzer aber auch nur durch den wiederholten Einsatz gewisser, jedem Neubundesbürger seit der Wende sattsam bekannter Vokabeln den Zweck erreichen wollen, den deutschen Lesern einen möglichst echten Realitätsbezug zu vermitteln.

Rimpoche Quaddel, ehemaliger, wenn auch unfreiwilliger Religionsschwindler, seit vielen Jahren tot und eingefroren, wird auf Betreiben der Mafia aufgetaut und wiederbelebt, da diese der Meinung ist, er könne Auskunft über die einst verschollene und nie wieder aufgetauchte Portokasse der ehrenwerten Familie Verdi geben. Als Quaddel auch noch, desorientiert und bis an den Hals mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt, mitbekommt, dass ein außerirdischer Gourmet ebenfalls auf ihn Anspruch erhebt, da er unbedingt humanoides Eiweiß kosten möchte – und frisch belebtes Gefrierfleisch (so werden die Aufgetauten liebevoll von ihren Mitmenschen bezeichnet) keine bürgerlichen Rechte genießt -, zieht er sich dilettantisch aus der beginnenden Massenschlägerei zurück und begibt sich auf eine irrwitzige und haarsträubende Flucht.

Versteckt in einer Herde Touristen, die von allen möglichen und unmöglichen Planeten zu stammen scheinen, gerät Quaddel in einen gigantischen Vergnügungspark, in dem berühmte historische Szenen als Touristenattraktion für gelangweilte Extraterrestrier entstehen sollen.

Darin sind die nur noch spärlich existierenden Erdbewohner als Angestellte der Treuhand dazu angehalten, z. B. Originalsmog zu produzieren, echte Unfälle vorzuführen, zu zeigen, wie man in Old England mit Maria Stuart umgesprungen ist und so weiter und so fort … Dabei bekommen viele jeden Tag eine andere Rolle zugewiesen, und es kann schon mal passieren, dass man gestern noch Josephine Mutzenbacher darstellen musste und heute Dienst als Haushälterin bei Sherlock Holmes und Dr. Watson hat. Wenn man dabei bloß nicht immer den Jargon verwechseln würde!

Noch einmal zieht Brunner über Umweltverschmutzung, Bürokratismus und dubiose Geschäftemacherei her. Noch einmal bekommt so ziemlich jede Weltreligion ihr Fett weg. Und ganz nebenbei wird auch noch das Thema „Tief-/Kälteschlaf“ in die Pfanne gehauen, nur diesmal nicht so bierernst wie in seinen berühmteren Werken, sondern eher persiflagemäßig.

Auch wenn Brunner hemmungslos übertreibt, ein makaber-witziger Charme ist diesem Roman nicht abzusprechen, wenn ich auch nicht so laut lachen musste wie bei Brunners überaus komischem „Der Galaktische Verbraucherservice: Zeitmaschinen für Jedermann“, einer frühen Storysammlung des Autors, 1976 bei |Goldmann| erschienen.

Genau dieses Büchlein scheint Herr Pukallus nicht zu kennen, denn er lässt sich in seinem Nachwort „Tod und Auferstehung als Science Fiction Groteske – über John Brunners Roman ‚Chaos Erde'“ zu ein paar Äußerungen herab, denen ich nicht unwidersprochen zustimmen kann. Sicher hat er recht, wenn er feststellt, dass es Brunner in den 80er Jahren, nachdem er Witwer geworden war, an ‚Kreativität und Schaffenskraft‘ für ‚bedeutendere Texte‘ mangelte.

Aber: „Es ist ein zu bedauerndes Phänomen, daß gerade Zeiten ihrer Krise Schriftsteller dazu verleiten, Übergangswerke zu schreiben, die hinter den eigenen Ansprüchen zurückbleiben … und allzu rasch ist dann die Idee da, es mit dem Humoristischen zu versuchen, ein Einfall, der dem Autor nie gekommen wäre unter anderen, besseren Umständen.“

Oder: „… Mein Postulat lautet, soweit es … vorsätzlich als Ganzes humorvoll gemeinte Werke anbelangt, die fast immer Zeugnisse des Brachialhumors werden, daß die Geschichte des Humors in der Science Fiction im wesentlichen nichts anderes ist als ein Museum der Peinlichkeiten …“

Na, das ist doch endlich mal ein klares Wort, und, falls es von anderen deutschsprachigen Autoren beherzigt wird, eine der möglichen Ursachen, warum deutsche SF noch nicht mal im eigenen Land sonderlich beliebt ist. Ich überlege immer noch, ob ich mich jetzt schämen soll, weil mir z. B. E. F. Russells „Menschen, Marsianer und Maschinen“ oder L. Nivens „Die fliegenden Zauberer“ gefallen, obwohl es sich um durchgehend humorvolle SF-Bücher handelt.

Weiter unten in seinem Nachwort bemängelt Pukallus, dass sich „kurios viele Episoden des Romans“ auf Toiletten abspielen – den Eindruck hatte ich allerdings nicht; ich entdeckte nur eine solche Szene (Seiten 135 bis 138).

Ansonsten weiß der Übersetzer sich ziemlich kompetent zu Brunner zu äußern, gerät aber im Romantext bei besonders lang geratenen Schachtelsätzen Brunners ab und zu grammatikalisch etwas daneben; und gelernt habe ich außerdem noch, dass es jetzt nicht mehr „gesundheitsgefährdend“ sondern „gesundheitsgefährlich“ heißt (Seite 290).

Pukallus gibt an, dass dem von ihm übersetzten englischen Arbeitsexemplar eine Notiz Brunners angeheftet war; des Inhalts „Wenn es jemand auf dieser Erde gibt, der meinen Quatsch auf deutsch übersetzen kann, so ist es fast zweifellos der Pukallus.“

Meiner Meinung nach geht der Verfasser des Nachworts mit dem Text Brunners, den dieser selbst als „Quatsch“ bezeichnet hat, zu hart ins Gericht. Er scheitert in seinem eigenen Anspruch an Brunner, da er offensichtlich eine Art letztes Meisterwerk erwartet hat und dann enttäuscht wurde.

© _Norbert Danziger_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

Whitton, Steve – Engelsblut (Sacred: Die Chroniken von Ancaria 1)

Die Vampirin Zara plagt mal wieder der Weltschmerz. Sie sehnt sich nach menschlicher Gesellschaft, was in ihrem Fall nicht unbedingt einen Bürger zum Dessert bedeutet. Eigentlich ist sie im Grunde ihres untoten Wesens eine friedliche Zeitgenossin, die sich einfach nur am Gelächter von Kindern und der geselligen Atmosphäre einer gemütlichen Gaststube erfreuen will. Und so zieht sie nach Burg Hohenmut und die Kapuze ihres Umhangs etwas tiefer ins Gesicht, da sie vor langer Zeit dort mehr als nur die Zeit totgeschlagen hat.

In der Schenke „Ascarons Ruf“ regt sich ihr mitleidiges Herz, weil ein paar ehrbare Bürger den ertappten Falschspieler Falk eine oder zwei Hände kürzer machen wollen. Sie bricht den braven Leuten ein paar Knochen und flüchtet mit Falk gen Wald, wo sie einige Zeit später einen Wandersmann aus den Fängen von Strauch- und sonstigen Dieben befreien.
Der Gerettete namens Jahn war auf den Weg nach Hohenmut, um dort auf Kosten seines Dorfes, Moorbruch, Söldner anzuheuern, denn seit einiger Zeit schlachtet eine Bestie allein gehende junge Jungfrauen ab, reißt ihnen das Herz heraus und scheint auch sonst eine ehrliche Freude am Verstümmeln zu empfinden. Wieder siegt Zaras sanfte Seele, sodass sie Jahn ihre Hilfe anbietet, Falk gibt es gratis dazu.

In Moorbruch stellt sich allerdings heraus, dass die Dörfler unfreundliche Zeitgenossen sind, die sich vom örtlichen Priester, Salieri, bereitwillig zu Kinderopfern aufstacheln ließen, würde ihnen nicht der eloquente, charmante und lecker aussehende Landgraf Gregor D´Arc Einhalt gebieten. Seiner adligen Meinung nach wäre eine Treibjagd besser geeignet, das Biest zur Strecke zu bringen, als das rituelle Schlachten von Kindern.

Einen Tag später macht sich daher das ganze Dorf mit Sack und Pack, Kind und Kegel auf die erfolglose Suche und es bleibt allein Zara und ihrem vampirischen Riechorgan überlassen, der Fährte des Wesens zu folgen. Schnell stellt sich heraus, dass hinter den Angriffen mehr steckt als ein wilder Wolf, als da wären: Zauberey, Hexenwerk und ein Verräter inmitten des griesgrämigen Landvolkes.

„Engelsblut“ ist der lange angekündigte erste Band einer Reihe von Romanen, die sich um das actionorientierte PC-Rollenspiel „Sacred“ der deutschen Spieleschmiede |Ascaron| ranken.

Nachdem die Geschichte der „Bestie von Gévaudan“ im Jahre 2001 in Christophe Gans´ atmosphärisch dichtem Mystery-Thriller „Le pacte des loups“ zu cineastischen Ehren kam, liefert nun Steve Whitton vier Jahre später eine belletristische Fantasy-Adaption des historischen Originalstoffs.

So weit die nette Umschreibung für eine gnadenlos unoriginelle und abgekupferte Story. Statt etwas Eigenständiges zu erschaffen, verwurstet Steve Whitton Althergebrachtes in einem fantasielosen Story-Eintopf, bedient sich sowohl im Grundaufbau als auch in einzelnen Szenen schamlos an der filmischen Vorlage, angefangen beim mysteriösen, frauenmordenden und herzherausreißenden Untier, endend bei der geheimnisvollen Gesandtin des Königs, Jael, welche im Film von Monica Belluci verkörpert wird und sich dort Sylvia nennt.

Die phantastischen Elemente des Romans erschöpfen sich in der bloßen Erwähnung nicht handlungsrelevanter Dunkelelfen, wenigen Beschwörungen, die irgendwie irgendetwas bewirken oder auch nicht – zumindest nichts explizit Nachvollziehbares – und in der Figur Zaras. Darüber hinaus ist der Autor weit, weit davon entfernt, eine phantastische Welt mit eigener Kultur und Magie zu entwerfen. Stattdessen bastelt er aus Versatzstücken ein real anmutende mittelalterlich-feudalistische Dorfgemeinschaft, wobei er allerlei peinliche literarische Verrenkungen anstellt, um diesen Eindruck zu verwischen. So bezeichnet er Christen nicht als Christen, sondern als Anhänger eines/des neuen Gottes, wobei er jedoch christliche Symbolik und Organisationsformen eins-zu-eins übernimmt. Dass der Autor Zara zweimal in Morpheus Arme sinken lässt und damit einen unmittelbaren Bezug zur griechischen Mythologie unserer realen Welt herstellt, ist in meinen Augen ein weiteres Indiz für eine laxe, unaufrichtige und auch desinteressierte Auseinandersetzung mit der Fantasy-Materie.

Auf Seiten der Protagonisten hat lediglich Zara eine erwähnenswerte Funktion und Tiefe. Sie stellt gleichsam die Verkörperung des Chevaliers de Fronsac und seines kampferprobten Gefährten Mani in einer Person dar, geht also insofern sogar über die Filmvorlage hinaus. Und genau darin besteht die Schwäche dieser Figur. Sie verfügt über eine ganze Reihe von Vorzügen – übermenschliche Schnelligkeit, bessere Sinne, beschleunigte Wundheilung -, ohne an den Nachteilen zu leiden, die dem guten alten Grafen Dracula das Vampirdasein verleideten: Zara spaziert bei Sonnenlicht über das Antlitz der Welt, isst und trinkt mittelalterliches Fastfood (Wein & Brot), hat ungeschützten GV mit dem Grafen und muss nicht einmal Blut saugen. Kurz und gut: sie ist ein – im wahrsten Sinne des Wortes – todlangweiliger Charakter, zumal der Autor nicht Willens oder in der Lage war, ihr eine faszinierende, glaubhafte Vergangenheit zu verleihen, welche über das Allernotwendigste hinausgeht. Dementsprechend banal und aufgesetzt erscheinen ihre Motive und Emotionen, die nicht zu einem tausend Jahre alten, übermenschlichen Wesen passen wollen, sondern dem freundlichen Kriegsversehrten von nebenan besser zu Gesicht stünden.

Die übrigen Figuren sind mehr oder weniger bedeutungsloses Fußvolk, was insbesondere für ihren klischeehaft gezeichneten, unsympathischen Sidekick Falk gilt, der einerseits einen humoristischen Moment in die Geschichte einbringen und andererseits Zara als Spiegel ihrer „Unmenschlichkeit“ dienen soll, in beiden Fällen jedoch kläglich versagt.

Stilistisch betrachtet, ist der Roman sicherlich kein Meilenstein des Genres, er ist jedoch locker und flüssig geschrieben. Die anfangs leicht blumige Ausdrucksweise verliert später etwas an Kraft, genügt aber jederzeit den durchschnittlichen Ansprüchen, die man an einen solchen Roman und insbesondere einen Newcomer wie Whitton stellen kann.

Fazit: Ob und inwieweit Kenner des PC-Spieles dem Roman etwas abgewinnen können, vermag ich nicht zu beurteilen. Dem unbedarften Leser wird dieses Buch als schwaches, fantasieloses Erstlingswerk eines unbekannten Autors in Erinnerung bleiben. Empfehlenswert nur für Leute, die auf nett gemachte Buchcover stehen.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|
http://www.paninicomics.de

Huff, Tanya – Hüte sich wer kann (Die Chroniken der Hüter 3)

[„Hotel Elysium“ 1481
[„Auf Teufel komm raus“ 1995

Nach „Hotel Elysium“ und „Auf Teufel komm raus“, folgt nun mit „Hüte sich wer kann“ der dritte Streich der |Chroniken der Hüter|. Den beiden Hüterinnen Claire und Diana Hansen steht diesmal Schlimmes bevor, denn sie haben es nicht nur mit einem Loch zur Hölle, sondern gleich mit einem Übergang zu tun. Und wo würde ein Übergang zur Hölle besser hinpassen als in ein Einkaufszentrum?

Ein verzaubertes Armband führt Claires kleine Schwester und frischgebackene Hüterin Diana an ihrem letzten Schultag in das West-Gardener Einkaufszentrum. Bei einer ersten Überprüfung muss sie bestürzt feststellen, dass die Hölle dabei ist, in einem der Läden, der passenderweise |Erlkönig| heißt, einen Übergang zur Hölle zu erschaffen. Dazu muss die Hölle ein Stück der Gegenseite der Realität immer mehr anpassen, bis es diese irgendwann ersetzen kann. Sollte dies geschehen, hätte die Hölle einen permanenten Übergang. Die Folgen davon sollte sich jeder selbst ausmalen können.

Trotz einer fatalen Neigung zur Selbstüberschätzung merkt Diana (mit ein bisschen Hilfe ihres Katers Sam), dass sie trotz all ihrer Macht mit der Schließung eines Überganges völlig überfordert wäre. Dazu braucht es nicht nur Kraft, sondern auch eine Menge Erfahrung. Wie gut, dass ihre viel erfahrenere Schwester Claire zusammen mit ihrem Freund Dean und Kater Austin das ehemalige Höllenloch Hotel Elysium ganz in der Nähe bewirtschaftet.

Zusammen haben die beiden Schwestern Macht und Erfahrung, nun fehlen ihnen zur endgültigen Schließung des Überganges nur noch ein paar Informationen. Um ihren Feind besser kennen zu lernen, versuchen Claire und Diana durch den Erlkönig hinüber auf die Gegenseite zu wechseln. Sowohl die Schwestern als auch Sam gelangen sicher hinüber, nur für Austin bleibt der Übergang verschlossen. Als klar wird, dass es für ihn keine Möglichkeit gibt, Claire zu folgen, kehrt er mit Dean ins vermeintlich sichere Hotel zurück.

Doch wenn die Hüter aus dem Haus sind, … tanzen die Mumien auf dem Tisch. Während Claire und Diana sich im Ausspionieren der Hölle üben, bekommen es Dean und Austin mit äußerst merkwürdigen Hotelgästen zu tun. Neben den sieben Champions der Zwergenliga (inklusive Managerin mit einer Haut weiß wie Schnee, Haaren schwarz wie Ebenholz und Lippen rot wie Blut), verlangen auch der Ägyptologe Dr. Rebik und seine etwas vertrocknete Freundin Meryat ein Zimmer. Dass Meryat eine reanimierte, fünftausend Jahre alte Mumie ist, schockt weder Dean noch Austin, doch warum geht es der Mumie immer besser, während Dr. Rebik immer älter zu werden scheint?

Im Einkaufszentrum der Gegenseite treffen Claire und Diana auf Einkaufselfen, Straßenkids, die aus der Realität in das Einkaufszentrum der Gegenseite hinübergewechselt sind und sich dort in Elfen verwandelt haben. Angeführt von einer Anime-Version des legendären König Artus, leisten sie erbitterten Widerstand gegen die Schergen der Hölle. Da die beiden Hüterinnen auf der Gegenseite keine ihrer speziellen Kräfte anwenden dürfen und somit allein auf die mitgebrachten Gegenstände und ihren Verstand angewiesen sind, erweisen sich die Einkaufselfen als ideale Verbündete beim Kampf gegen die Hölle. Doch die Kräfte der Hölle scheinen unüberwindlich und bald wird den Hüterinnen klar, dass eine Schließung des Übergangs nur unter großen Opfern zu erreichen ist.

Auch im dritten Teil der „Chronik der Hüter“ gelingt es der 49-jährigen Kanadierin Tanya Huff, Fantasy und Humor gekonnt miteinander zu verbinden. Während der Haupthandlungsbogen um Claire und Diana im Vergleich zu den vorherigen Bänden etwas ernster geraten ist, macht die Nebenhandlung um Dean und Austin alles wieder wett. Der junge, unerfahrene, aber äußerst gutherzige Zuschauer Dean bildet zusammen mit dem alten, erfahrenen und pragmatischen Kater eine wirklich explosive Mischung.

Durch den Wechsel der beiden Hüterinnen auf die Gegenseite kommen einige interessante neue Möglichkeiten ins Spiel, die von der Autorin hervorragend genutzt werden, um dem Kampf gegen die Hölle neues Leben einzuhauchen. Mit Sam wird ein neuer feliner Hauptdarsteller eingeführt, jünger als Austin und durch seine himmlische Abstammung manchmal nicht so ganz auf der Höhe, was feline Etikette betrifft. Leider entwickelt Sam hier noch nicht wirklich einen eigenständigen Charakter, sondern scheint vielmehr ein jüngeres unerfahrenes Abbild von Austin zu sein. Trotzdem kann sich wohl jeder Dosenöffner in der Beziehung von Sam und Diana wiederfinden.

Nicht nur durch die spannende und witzige Geschichte ist „Hüte sich wer kann“ wirklich empfehlenswert. Auch optisch macht der Roman einen sehr guten Eindruck. Das Cover wurde vom |Feder & Schwert|-Verlag wieder sehr edel gestaltet und ist zusammen mit den beiden anderen Bänden ein Blickfang in jedem Bücherregal.

http://www.feder-und-schwert.com/

Hearn, Lian – Schwert in der Stille, Das (Der Clan der Otori – Band 1)

Sushi, Manga und Toyota – Japan ist längst in Europa angekommen. Auch die Britin Lian Hearn ist fasziniert von dem fernen Inselreich im Pazifik. Der Leidenschaft für die fernöstliche Welt entsprang das Jugendbuch „Das Schwert in der Stille“, der erste Teil ihrer dreibändigen Fantasy-Saga.

„Das Schwert in der Stille“ spielt „in einem imaginären Land in einer feudalen Epoche“, so die Autorin im Vorwort ihres Romans. Hearns Hauptfigur ist der jugendliche Takeo aus dem abgelegenen Bergdorf Mino. Sein friedliches Leben nimmt ein jähes Ende, als sein Heimatort von dem finsteren Clan der Tohan ausgelöscht wird. Bauernhöfe brennen, die Einwohner werden von wilden Kriegern niedergemäht, niemand soll überleben.

Nur durch einen Wink des Schicksals gelingt es dem Jungen zu entkommen. Er flüchtet direkt in die Arme eines anderen Kriegers und fürchtet schon, dass nun sein letztes Stündlein geschlagen hat. Der Fremde – groß, kräftig und bewandert im Umgang mit der Klinge – stellt sich als Shigeru vor, Lord der Otori. Er ist ein erklärter Feind des Hauses Tohan und tötet Takeos Verfolger ohne viel Federlesens.

Shigeru nimmt sich des heimatlos gewordenen Jungen an und geht mit ihm in die Residenzstadt Hagi. Dort lernt Takeo ein völlig neues Leben am Hof des großen Clans kennen. Schnell muss er begreifen, dass das friedliche Dasein auf dem Land jetzt ein Ende hat. Die Auseinandersetzungen der großen Häuser fordern ihm einiges an Raffinesse und Anstrengung ab, um im steten Intrigenspiel nicht unterzugehen. Ungeachtet der Gefahren sieht er mit Ruhe und Geduld dem Moment entgegen, sich für den Mord seiner Eltern zu rächen. Dabei wollte er nie zu einem Mörder werden.

Hearns Schreibstil ist unterhaltsam und kurzweilig, leider jedoch wenig pointiert und nur mäßig spannend. Wer dem Geist des feudalen Japans auf die Spur kommen möchte, findet zwischen den Buchdeckeln nur geringe Befriedigung. Man spürt, dass es eine Europäerin ist, die über ein Land schreibt, dessen Spiritualität sie nur ungenügend wiedergeben kann. Es fehlt an Details, die die Geschichte lebendig machen. Stattdessen beschleicht einen hin und wieder das Gefühl, einem spröden Gedankenkonstrukt gegenüberzustehen. „Das Schwert in der Stille“ ist ein solider Fantasy-Roman, geeignet für den Strandkorb oder die U-Bahn. Den Leser fesseln kann er allerdings nicht.

Die beiden nachfolgenden Bände „Der Pfad im Schnee“ und „Der Glanz des Mondes“ sind ebenfalls im |Carlsen|-Verlag erschienen.

http://www.otori.de

R. A. Salvatore – Die zwei Schwerter (Die Rückkehr des Dunkelelf 3)

Band 1: „Die Invasion der Orks“
Band 2: „Kampf der Kreaturen“

Im hohen Norden der vergessenen Reiche zieht sich eine gewaltige Orkarmee zusammen. Unterstützt von den fast unverwundbaren Trollen und den gigantischen Eisriesen, versucht Orkkönig Obould die Zwerge zu vernichten und ein eigenes Reich zu gründen. Da er von der Kraft seines Gottes durchdrungen ist, scheint dieses Vorhaben zu gelingen.

Doch die Zwerge leisten erbitterten Widerstand. Tatsächlich gelingt es ihnen, ihre Heimat, die Festung Mithril-Halle, zu verteidigen. Doch dafür werden große Opfer verlangt. Und obwohl die Halle gehalten werden kann, graben sich die Orks ein und beginnen mit dem Aufbau ihres Reiches.

R. A. Salvatore – Die zwei Schwerter (Die Rückkehr des Dunkelelf 3) weiterlesen

Neal Asher – Skinner: Der blaue Tod

Drei sehr unterschiedliche Wesen treffen sich auf dem Wasserplaneten Spatterjay. Sie schließen eine Zweckgemeinschaft, verfolgen aber trotzdem ihre eigene Pläne, ohne zu ahnen, dass sie selbst nur Schachfiguren in einem weitaus größer angelegtem Ränkespiel um Macht und Geld sind und nicht unbedingt überleben sollen … – Richtig guter, ‚altmodischer‘ Science Fiction-Abenteuerroman, der einfach nur unterhalten will, ohne sich oder seine Leser dabei für dumm zu verkaufen.
Neal Asher – Skinner: Der blaue Tod weiterlesen

Jablonski, Carla / Nagula, Michael / Gaiman, Neil / Bolton, John – Verlassene Stätten (Die Bücher der Magie, Band 5)

In einer düsteren Zukunft existiert der mächtigste Magier seiner Zeit, Timothy Hunter, als ein verbitterter, bösartiger Mann, der mit Kriegen Geld verdient, Dämonen Partner nennt und verzweifelt versucht, seine Jugendfreundin Molly nach seinen Vorstellungen neu zu erschaffen. Doch diese Zukunft ist in Auflösung begriffen. Die Ursachen dafür liegen in einer Vergangenheit, in der Tim und Molly zu echten Freunden und Geliebten werden. Und so reist der Dämon Barbatos zurück in der Zeit mit den Auftrag, die Liaison zu verhindern.

Die Gelegenheit bietet sich, als Tim Molly die kleinen, hölzernen Freunde seiner Jugend, die beiden Narls Crimpel und Tanger, auf ihrem verlassenen Fabrikgelände vorstellen will (vgl. Band 4: „Konsequenzen“). Molly und Crimple werden „durch“ ein Puppenhaus in ein Reich entführt, das „Spielwiese der Dämonen“ genannt wird, wo sie in die Gefangenschaft großer, rosa Dinosaurier sowie einer verknöcherten Gouvernante geraten, welche Molly in eine lebende Puppe verwandeln will.

Tim bedient sich seiner Kräfte als „Öffner“, um gemeinsam mit Tanger den Verschwundenen zu folgen. „Drüben“ werden die zwei jedoch getrennt, und so muss Tim vorerst allein auf sich gestellt den seltsamen Bewohnern und Gefahren dieser Dimension trotzen, ohne dabei seine Identität einzubüßen und seine Freunde zu vergessen.

Deutete sich schon insbesondere im dritten und vierten Band das große Potenzial dieser Serie an, so hält Band fünf dieses unausgesprochene Versprechen. Fantastische Wesen, die eine nicht minder fantastische Welt bevölkern, humorvolle Dialoge, eine originelle, locker geschriebene Story und – vor allem – zwei starke Protagonisten machen „Verlassene Stätten“ zu einem großen Lesevergnügen.

Anfangs stutzt man ein wenig, weil zwischen „Konsequenzen“ und dem vorliegenden Roman ein deutlicher Bruch – oder besser Sprung – in Timothys Entwicklung insofern erkennbar wird, als er seine Magie auf einmal signifikant besser und gezielter einsetzen kann, ohne dass dafür eine nachvollziehbare Erklärung geliefert wurde. Aber dieses Zögern ist nur von kurzer Dauer, denn schnell wird deutlich, worum es der Autorin eigentlich geht: um die Beziehung zwischen Tim und Molly, um Liebe, Vertrauen und Integrität. Die Magie, Tims Fähigkeiten sind nicht mehr als Beiwerk, was sehr gelungen anhand von Mollys Reaktionen illustriert wird. Den Zaubereien zollt sie ähnlich viel Anerkennung wie Ohrenwackeln oder lustigen Grimassen: nett wenn man es kann, aber nicht wirklich wichtig.

Von den beiden Hauptfiguren ist ganz eindeutig Molly der „straightere“ Charakter. Wo Tim zweifelt und unsicher ist, weiß sie genau, was sie will; sie ergreift die Initiative, wenn Tim zögert, und vertritt ihre Meinung mit Nachdruck. Doch nicht nur Molly erweist sich als durch und durch emanzipiert von allen Rollenklischees, auch in Tims Verhalten und Denken manifestiert sich kaum eine Spur von männlichem Machismo; und wenn doch, so wird dieses durch die äußeren Umstände konterkariert. Hier liegt ein zentraler Unterschied zu den vergleichbaren „Harry Potter“-Büchern Rowlings, in denen sich die Protagonisten weitgehend noch geschlechterrollenkonform verhalten. Der andere Unterschied besteht darin, dass Tim im Gegensatz zu Harry keine Erlöserfigur ist, die von anderen gleichsam angebetet wird, sondern ein authentischer, glaubwürdiger Junge.

Über die beiden Hauptfiguren sollte man die beiden Narls nicht vergessen. Crimple und Tanger sind so putzig und warmherzig gezeichnet, dass sie mich unwillkürlich an die liebenswert arglosen Schöpfungen Tove Janssons erinnern. Furchtsam und naiv haben sie ihre ganz eigenen Vorstellungen von der Welt außerhalb ihres kleinen Horizontes.

Wirkten die ersten Romane der Reihe noch überhastet, so hat die Autorin mittlerweile das richtige Tempo gefunden. Zwar schreitet die Handlung nach wie vor schnell voran, aber allein die Fülle der Ideen lässt die Zeit subjektiv langsamer vergehen und die Geschichte länger erscheinen, als sie ist. Stilistisch ist der Roman mit seinem einfachen Satzbau eher für Jugendliche konzipiert; dennoch sollte jeder jung gebliebene Erwachsene an diesem Buch viel Freude haben, vermittelt es doch eine Leichtigkeit und einen „Sense of Wonder“, der vielen 500-Seiten-Schinken abgeht.

Fazit: Humorvolle und tiefgründige, mit leichter Hand geschriebene Urban-Fantasy. Skurrile Wesen in einer originellen Story. Definitiv das bisherige Highlight des „Timothy Hunter“-Zyklus. Sehr empfehlenswert.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|
http://www.paninicomics.de

James White – Gefangene des Meeres

Während des II. Weltkriegs treffen auf hoher See Menschen und Außerirdische zusammen. Beide Gruppen geraten in Not und müssen einander helfen, um überleben zu können … – Ein kleiner Klassiker der Science Fiction, der nicht schleimiges Grauen aus dem All gegen bis an die Zähne bewaffnetes Erdenvolk antreten lässt. Stattdessen präsentiert der Verfasser lebendige Figuren in einer spannenden, intelligenten, ungewöhnlichen Story, die durch ihren versöhnlichen Grundton und Einfallsreichtum besticht.
James White – Gefangene des Meeres weiterlesen

Kirstein, Rosemary – verschwiegene Steuermann, Der (Die Expedition der Steuerfrau 3)

Buch 1: [„Das magische Juwel“ 2183
Buch 2: [„Das Geheimnis des Saumländers“ 2200

Rowan ist von den Binnenländern nach Alemeth gekommen. Im Annex, der Außenstelle des Ordens, will sie nach Hinweisen suchen, um herauszufinden, wo Slado sich aufhält. Allerdings befindet sich der Annex in einem chaotischen Zustand. Mira, die Steuerfrau, die ihn hätte verwalten sollen, hat sich keinen Deut darum gekümmert, und Rowan kann sie nicht einmal dafür anbrüllen, weil sie inzwischen gestorben ist.

Schon bald jedoch verblasst das Problem des Sortierens angesichts der Tatsache, dass in Alemeth Dämonen auftauchen, Lebewesen, die eigentlich im Saumland heimisch sind und in den Binnenländern weder geeignetes Wasser noch geeignetes Futter finden. Die Bewohner Alemeths lernen bald, die Dämonen wirkungsvoll zu bekämpfen. Einer der Eifrigsten ist Janus, ehemaliger Steuermann und Rowans Freund aus Ausbildungstagen. Dann kommt der Tag, an dem eine ganze Gruppe Dämonen nach Alemeth kommt, zu viele, um ihrer Herr zu werden. Sie schnappen sich Janus und verschwinden.

Gemeinsam mit Steffie, einem jungen Burschen, der ihr im Haushalt hilft, macht Rowan sich daran, die Dämonen zu verfolgen …

|Allerlei Volk|

Die Binnenländer sind ein völlig anderes Völkchen als die Saumländer. Sie sind vernünftig und bodenständig, aufgeschlossen, gesellig und feiern gern. Mira kam diesem Wesenszug entgegen, war ebenfalls leutselig und liebte es, zu klatschen und einen über den Durst zu trinken. Rowan ist völlig anders, weshalb die Alemether zunächst so ihre Vorbehalte haben, die nach dem Sieg über den ersten Dämon jedoch rasch schwinden.

Steffie dagegen hat von Anfang an einen guten Draht zu Rowan. Er ist nicht der Allerschnellste, dafür aber unvoreingenommen, und er besitzt Beobachtungsgabe. Sein schlichtes Gemüt ist frei von Eigennutz und Unaufrichtigkeit. Er ist Rowan, die Bel schmerzlich vermisst, eine große Unterstützung, nicht nur, weil sie mit ihm reden kann, sondern auch, weil er sie vor denjenigen Einwohnern in Schutz nimmt, die dazu neigen, schlecht von Rowan zu denken.

Rowans schlechter Ruf basiert nicht unbedingt nur auf ihrer etwas spröden Art. Janus hilft mit ein paar gelegentlichen Bemerkungen kräftig nach. Dabei will er Rowan nicht wirklich etwas Böses. Aber es ist klar, dass er ihr etwas verheimlicht, er wirkt zerrissen und fahrig, und auch seine gelegentliche, aufgesetzte Fröhlichkeit kann darüber nicht hinwegtäuschen. Und schließlich findet Rowan heraus, dass er lügt. Für Rowan ist es eine äußerst schmerzliche Erkenntnis, dass sie ihrem früheren Freund offenbar nicht mehr trauen kann.

Nicht minder schmerzlich ist diese Erkenntnis für Zenna, die als Ersatz für Mira aus Wulfshafen gekommen ist. Zenna hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Bel. Sie ist ungeheuer zäh – trotz eines fehlenden Beines hat sie gelernt, wieder zu rennen – und lässt sich genauso wenig dreinreden. Im Gegensatz zu Rowans eher einzelgängerischem Wesen kann Zenna recht gut mit Menschen umgehen. Als Matrosin auf einem Schiff aufgewachsen, ist sie genau die Richtige, um Rowan nach Süden zu begleiten und Steffie das Segeln beizubringen, wovon sie sich auch durchaus nicht abbringen lässt.

|Die Dämonenwesen|

Abgesehen von dem Geheimnis um Janus stehen die Dämonen diesmal im Mittelpunkt. Die Bezeichnung Dämonen legt eine unstoffliche, magische Wesenheit nahe, was aber irreführend ist. Dämonen sind fremdartige, aber stoffliche Wesen, die nichts mit Magie oder Übersinnlichkeit zu tun haben. Für Rowan sind sie Tiere, und es ist nur logisch, dass sie einen seziert, um möglichst viel über diese unbekannte Lebensform herauszufinden. Am meisten beschäftigt sie jedoch die Frage, warum die Dämonen so hartnäckig in ein für sie derart lebensfeindliches Gebiet vordringen. Als Janus entführt wird, ist Rowan sicher: Die Dämonen werden von Slado geschickt! Sie haben Janus entführt, weil er etwas über Slado herausgefunden hat!

Die Expedition in unbekannte Gewässer ist schwierig, aber nichts im Vergleich zu dem, was Rowan an Land erwartet. Das Land ist karg und fremdartig, und vieles von dem, was Rowan vorfindet, ergibt keinen Sinn. Als sie schließlich auf Dämonen stößt, macht sie eine Entdeckung, die alle ihre Vermutungen und Schlussfolgerungen über den Haufen wirft. Es gelingt ihr, Janus zu finden. Doch obwohl dieser einst ein Steuermann war, scheint er nicht in der Lage, die Bedeutung ihrer Entdeckung gedanklich zu erfassen, geschweige denn, dass er bereit wäre, Konsequenzen daraus zu ziehen …

|Charakterbilder und Gesamteindruck|

Die Charakterzeichnung ist gut gelungen, das gilt für jeden einzelnen Einwohner von Alemeth, ganz gleich, wie häufig er auftaucht. Bürgerwehr und Kaufleute, das Getratsche am Waschtag, die undifferenzierten, voreingenommenen Sichtweisen von Gwen auf der einen, Steffies erwachendes Interesse an den Logbüchern der Steuerfrauen und den darin enthaltenen Abenteuern auf der anderen Seite, das alles zeichnet ein lebendiges, realistisches Bild einer Kleinstadt. Dazu kommen Janus‘ Verstörtheit, die schon an eine Manie grenzt, und sein eigenartiges Verhalten …

Die Handlung braucht ein Weilchen, um in Schwung zu kommen, hält dann aber, im Gegensatz zum zweiten Band, den Leser etwas mehr bei der Stange. Rowan will unbedingt Slados Festung finden und hofft, dabei nicht nur Janus zu befreien, sondern auch eine Menge Antworten auf ihre drängenden Fragen zu erhalten. Der Weg dorthin sowie die Funde am Rand des Weges sind interessant beschrieben und schüren die Neugier. Die Verwirrung, die Rowan bei ihrer Entdeckung empfindet, wird gut rübergebracht. Leider stellt sich letztlich heraus, dass der Leser am Ende des Bandes noch immer keinen Deut weitergekommen ist! Die Autorin geht schon äußerst sparsam mit ihren Informationen um.

Das Niveau ist demnach ziemlich gleich geblieben, allerdings war die Geschichte diesmal frei von Durchhängern, wenngleich das Ergebnis am Ende zwar ein wenig überraschend, aber – im Hinblick auf Fortschritte – auch ein wenig enttäuschend war. Die Ereignisse stehen ziemlich außerhalb des ursprünglichen Kontextes und laufen Gefahr, zur nebensächlichen Abschweifung zu werden, es sei denn, die Autorin findet im vierten Band noch einen Weg, das Geschehen des dritten Bandes mit sinnvollen Auswirkungen in die weiterführende Handlung einzuflechten.

Rosemary Kirstein ist Amerikanerin und hat schon in den unterschiedlichsten Berufen gearbeitet. Außerdem ist sie in der Folk-Szene aktiv, spielt Gitarre und singt. Die einzelnen Bände ihres Zyklus |Die Expedition der Steuerfrau| sind mit teilweise erstaunlichem zeitlichem Abstand entstanden. Der jüngste Band „The language of power“ erschien 2004, das Erscheinen der deutschen Übersetzung unter dem Titel „Die Sprache der Macht“ ist für Januar 2007 vorgesehen.

Band 4: [„Die Sprache der Macht“ 3251

MacHale, D. J. – verlorene Stadt Faar, Die (Pendragon 2)

Band 1: [„Der Händler des Todes“ 2481

_Story_

Courtney und Mark haben es nicht immer einfach. Sie sind die besten und vertrautesten Freunde des urplötzlich verschwundenen Bobby Pendragon und kennen als Einzige dessen tatsächlichen Aufenthaltsort. Tagtäglich beschäftigen sie sich mit den heldenhaften Sagen, die Bobbys Leben in fremden Welten erzählen, und bewahren so das letzte verbliebene Lebenszeichen des durch die Galaxien beamenden (oder hier flumenden) Jungen. Doch statt ihr Wissen mit anderen zu teilen, verstecken sie diese Geschichten als ihre am besten gehüteten Geheimnisse vor der Außenwelt. Sobald die Polizei nämlich davon etwas erfahren würde, ginge die Suche nach dem schon aufgegebenen 14-Jährigen in eine neue Runde, und das könnte für alle Beteiligten sehr unangenehm werden.

Was Bobby allerdings zu erzählen hat, fasziniert seine irdischen Freunde jedoch von Tag zu Tag mehr. Sein neuestes Abenteuer spielt in der Wasserwelt von Cloral, in die Bobbys geretteter Onkel den jungen Helden führt. Saint Dane, Bobbys neuester Konkurrent, beobachtet dies ganz genau und verfolgt Bobby auf Schritt un Tritt. Statt ihn aber auf direktem Wege zu vernichten, sorgt er dafür, dass die Bewohner von Cloral nicht mehr ausreichend mit Nahrung versorgt werden bzw. dass Cloral vergiftet wird, und plant somit, die gesamte Wasserwelt ins Verderben zu stürzen.

Auf der Suche nach Rettung scheint dem Volk nur noch die mysteriöse Stadt Faar zu bleiben, die dem Mythos nach vor ewiger Zeit im Meer versunken ist. Bobby und sein Kumpane Spader begeben sich daran, das Volk von Cloral zu ihrer eigentlichen Heimat zu führen. Doch wiederum scheint ihnen Saint Dane zuvorgekommen zu sein …

_Meine Meinung_

Die Story des jungen Pendragon geht weiter, bleibt aber ihren Ursprüngen aus dem ersten Band rein charakteristisch weiterhin treu. Natürlich hat sich D. J. MacHale stilistisch nicht vom eingeschlagenen Kurs hinweg bewegt, und ehrlich gesagt fallen einem die sprachlichen Defizite hier sogar noch stärker auf, aber irgendwie bekommt der TV-erfahrene Autor dann doch noch die Kurve und das Buch rund.

In diesem Fall geingt ihm dies durch eine erhebliche Steigerung des tatsächlichen Fantasy-Anteils bei gleichzeitigem Ansteig der echten Action. Mit der Legende von Faar belebt er zudem eine faszinierende Sage von Neuem, deren geheimnisvolle Ausstrahlung einen auch fortlaufend dazu bewegt, weiterzulesen und mehr über den Mythos zu erfahren. Spannung ist also weiterhin garantiert und im Grunde genommen erkennt man in „Die verlorene Stadt Faar“ die recht amitionierte Vorgehensweise des Autors auch an, aber eine gewisse Ablehnung des Stilbildes dieses Buches lässt sich einfach nicht vermeiden. Keine Ahnung ob es jetzt an der Übersetzung oder an einer eher zweitklassigen Originalvorlage gelegen hat, aber die viel zu lässige Sprache bleibt ein Störenfried, der einfach nicht zum abenteurlichen Inhalt passen möchte.

Eine andere Sache, die es zu kritisieren glt, ist die Art und Weise, wie MacHale das Buch aufgebaut hat. Prinzipiell baut „Die verlorene Stadt Faar“ nämlich fast ausschließlich auf Rückblicken auf, die Bobbys Freunde Mark und Courtney in den Journalen, die sie von Bobby geschickt bekommen, nachlesen und aus neutraler Perspektive nachempfinden können. Es ist dabei schon ziemlich oft so, dass die Situation für die Hauptfigur äußerst prekär ist, doch weil Bobby seine schriftlichen Abenteuerberichte ja stets nachher einreichen muss, weiß man, dass er selbst aus der gefährlichsten Situation entrinnen wird. Dieser Aspekt hemmt die Entwicklung ein wenig, zumal die Zwischensequenzen von der Erde den Plot auch nicht weiter voranbringen, ihn eigentlich sogar ausbremsen. Eigentlich interessiert den Leser nämlich nur, was mit Bobby geschieht und was es mit Faar auf sich hat, und da ist die irdische Realität eher zweitrangig. Und in diesen Szenen darf man im Übrigen dann auch nicht mehr von Fantasy sprechen …

Warum ich „Die verlorene Stadt Faar“ aber dennoch empfehlen möchte? Nun, dafür gibt’s keinen plausiblen Grund, aber zumindest mehrere Ansätze. Zunächst einmal finde ich es immer ungünstig, eine Serie mittendrin zu unterbrechen oder gar zu beenden, weil sie mal kurz lahmt. Dann möchte ich darauf hinweisen, dass die Ideen in diesem zweiten Buch grundlegend gut sind und es dem Autor auch sehr schön gelungen ist, eine eigene Welt aufzubauen, deren Schauplätze und Figuren auch glaubwürdig sind. Spannung ist ebenfalls kein Fall für die Klagemauer und in manchen Passagen sogar enorm gut ausgeprägt. Und auch die neuen Charaktere bekommen alsbald Sympathien zugesprochen, da sie sich prima in die Gesamthandlung einfügen.

Es gibt also reichlich Argumente pro und kontra, doch für mich überwiegen letztendlich schon die positiven Eindrücke, die mich ohne Ausschließung der Kritikpunkte auch neugierig auf den nächsten Teil der Reihe machen. Auch wenn die moderne Fantasy-Literatur sicherlich Besseres zu bieten hat als „Pendragon“ … Ich bleibe dran.

Willkommen

MacHale, D.J. – Händler des Todes, Der (Pendragon 1)

Ein Buchrücken, der nicht viel Interessantes verspricht, ein Cover, das wegen der kitschigen Darstellung mehr abschreckt als einlädt, und eine Saga, die sich über ganze sieben Bände erstrecken soll, nach dem Erkunden der Inhaltsangabe aber eher darauf schließen lässt, als echte Serie nicht sonderlich gut geeignet zu sein. Das ist „Pendragon“, eine noch recht frische Fantasy-Serie vom amerikanischen TV-Drehbuchautor D.J. MacHale und laut mehreren Zeugenaussagen die Fantasy der Zukunft. Doch trifft dies wirklich zu?

_Story_

Bobby Pendragon ist der Star der Highschool, und das mit gerade mal 14 Jahren. Und diesen Ruf möchte er in Kürze noch weiter ausbauen, denn im entscheidenden Spiel der schulinternen Basketballmeisterschaft ist er in der ersten Garde des Teams seiner Highschool. Beflügelt durch einen überraschenden Kuss der schönen und beliebten Courtney bereitet er sich im Stillen auf das große Match vor, doch dann wendet sich das Blatt.

Freut sich Bobby anfangs noch über den erneuten Besuch seines Onkels, macht dieser ihm letztendlich einen Strich durch die Rechnung. Er erzählt Bobby von der bedrohten Welt und davon, dass er die einzige Person ist, die das furchtbare Schicksal noch wenden kann. Doch dazu bedarf es sofortigen Handelns und somit auch des Aufgebens seines jetzigen Umfelds. Kein Basketballfinale, keine Courtney, keine Starallüren. Bobby ist jedoch skeptisch und mit der Bitte eines Onkels überhaupt nicht einverstanden.

Erst als sich die beiden in eine verlassene U-Bahn-Station inmitten der New Yorker Bronx begeben und der junge Pendragon Zeuge einer wilden Verfolgungsjagd wird, der sein Onkel als Gefangener zum Opfer fällt, ist Bobby bereit, seiner Berufung zu folgen. Durch ein Wurmloch gerät er schließlich in eine andere Welt, in der er auf weitere Gefährten trifft, die ein ähnliches Schicksal wie er teilen. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach Bobbys Onkel und den geheimnisvollen Rittern, die ihn auf der Erde entführt haben. Doch die eigene Familie ist nicht sein einziges Problem. Ein Krieg steht nämlich unmittelbar bevor, und bevor sich Bobby versieht, muss sich der Teenager der drohenden Vernichtung stellen – und das ohne jegliche Vorahnung …

_Meine Meinung_

Na ja, die Ideen, die D.J. MacHale hier in den Plot einfließen lässt, sind alles andere als neu, geschweige denn in irgendeiner Form innovativ. Ein junger Mann soll als Zeitreisender eine fremde Welt retten und wird von einem Tag auf den nächsten von seinem Schicksal überrannt. Klingt wie der Plot eines kitschigen Hollywood-Streifens und kommt dem eigentlich auch sehr nahe. Kitsch auch deswegen, weil die Statusbeschreibung des Protagonisten anfangs auch an die Einleitung einer zweitklassigen Highschool/Teenie-Geschichte wirkt. Bereits hier merkt man, dass der Autor über fortgeschrittene Erfahrungen aus der Filmbranche verfügt und diese auch flächendeckend einsetzt.

Andererseits ist MacHale aber auch ein toller Erzähler, denn seine Geschichte ist sehr phantasievoll gestaltet und bietet auch genügend Spannung, um den (jugendlichen) Leser von der ersten bis zur letzten Seite bei der Stange zu halten. Schon ab dem Moment, in dem Bobbys Onkel ins Geschehen eingreift und die Welt des beliebten Teenagers durcheinander bringt, gewinnt die Story ordentlich an Fahrt und Vielschichtigkeit, die MacHale indes wieder dazu nutzt, um der Geschichte einen tollen Hintergrund zu verpassen. Die Welt, in der sich Bobby nach seinem Sprung durch Zeit und Raum aufhält, ist dabei das Sahnestück einer farbenfrohen, sehr ausgefüllten Standortbeschreibung, die ganz klar zu den Stärken des Autors zu zählen ist.

Dem gegenüber steht aber leider ein allzu plumper Schreibstil, der in vielen Szenen nicht darüber hinausreicht, immer wieder klarzustellen, wie cool doch alles ist. Bobby erlebt auf seiner Reise so viele verschiedenartige Dinge, doch nur selten gelingt es MacHale auch, diese Ereignisse mit ähnlich atemberaubender Präzision in Szene zu setzen wie die eindrucksvollen Schilderungen der Handlungsschauplätze. Und schon haben wir den nächsten, weitaus schwerwiegenderen Ausflug nach Hollywood entdeckt, dessen Beigeschmack diesmal deutlich fader ist. Manche Dialoge finden zum Beispiel auf einem sprachlich eher minderwertigen Niveau statt und unterstreichen die eingangs erwähnten Kitsch-Anteile von „Pendragon“. Das mag den jüngeren Leser zwar jetzt weniger stören als das anspruchsvolle Fantasy-Publikum, wird aber mit zunehmender Lesedauer doch als störend empfunden.

Große Teile der sprachlichen Defizite kann MacHale dann aber – besonders in der zweiten Hälfte von „Der Händler des Todes“ – durch die relativ souveräne Entwicklung des Inhalts kaschieren. Sobald Bobby Pendragon nämlich seine Überheblichkeit abgelegt hat und sich vom vorbestimmten in einen tatsächlichen Helden verwandelt, beginnt man, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren und Sympathien für seinen Charakter zu entwickeln. Gleichzeitig gelingt es dem Leser dann auch, sich durch die oberflächlichen Anfangsdialoge durchzukämpfen und schließlich in die Welt des jungen Reisenden einzutauchen, die nach späteren Erkenntnissen weitaus größer und umfangreicher ist, als man dies zunächst vermuten mag. Und dass MacHale spätestens hier ganze Arbeit geleistet hat, indem er die Spannungskurve linear ansteigen lässt, kann man trotz der anfänglichen und zu Recht geäußerten Bedenken nicht mehr abstreiten.

Diese neue Serie sollte man daher auch in zwei Seiten aufteilen. Auf der einen steht eine spannende, schöne Geschichte, auf der anderen einige Defizite, die in erster Linie mit der auf modern getrimmten, aber nicht gerade der modernen Fantasy-Literatur entsprechenden Sprache zu tun haben. Gerade jüngeren Lesern möchte ich diese neue Reihe aber dennoch empfehlen, denn auf der Suche nach kurzweiliger Unterhaltung (und das beziehe ich zunächst nur auf „Der Händler des Todes“) ist man bei diesem ersten Band genau richtig.

Willkommen

Troisi, Licia – Im Land des Windes (Die Drachenkämpferin 1)

Mit gerade einmal 25 Jahren gehört Licia Troisi sicherlich zu den jüngsten Fantasy-Autorinnen weltweit, kann aber dennoch auf eine gehörige Reputation aufblicken, die ihr besonders ihre neue Trilogie „Die Drachenkämpferin“ eingebracht hat. Die Geschichte der Saga ist dabei aber auch ziemlich spektakulär. Noch während ihres Studiums im Bereich der Atomphysik arbeitete Troisi das Manuskript der Buchreihe aus, klopfte anschließend mal ganz vorsichtig bei einem Verlag an und verkaufte kurze Zeit später bereits mehr als 100.000 Einheiten der Geschichte um die junge Nihal. Und dies, den Eindrücken des ersten Bands „Im Schatten des Windes“ zufolge, verdientermaßen!

_Story_

Im zarten Alter von gerade mal 14 Jahren schlägt sich ein junges Mädchen namens Nihal mit ihren ausschließlich männlichen Freunden durch die Straßen von Salazar und hat wegen ihrer kämpferischen Raffinesse mittlerweile auch schon so etwas wie eine Anführerrolle übernommen. Aus der Reihe der Gleichaltrigen scheint ihr niemand gewachsen zu sein, und von Tag zu Tag kann Nihal den Status der Gefürchteten weiter ausbauen. Dann jedoch trifft sie auf den arroganten Sennar, der ihr die eigenen Grenzen aufzeigt. Er verfügt über magische Fähigkeiten und weist das Mädchen relativ schnell in die Schranken.

Nihal mag ihren neuen Gegner zwar nicht, ist aber dennoch von dessen Eigenschaften fasziniert. Entgegen des Wunsches ihres Vaters Livon, der sich seine Brötchen als Waffenschmied verdient, sucht sie ihre Tante Soana auf, die angeblich ebenfalls der Magie mächtig ist.

Soana ist ebenfalls nicht begeistert von der plötzlichen Ankunft Nihals. Um sie als Schülerin aufzunehmen, muss sie zunächst eine Prüfung in einem gefürchteten Wald auf sich nehmen. Dort trifft sie dann auch einen alten Bekannten wieder, der dieses Mal jedoch auf ihrer Seite steht und zu einem wichtigen Verbündeten wird: Sennar! Gemeinsam meistern sie die Situation und unterziehen sich fortan beide ihren Prüfungen bei Soana. Sennar als Anwärter auf eine Position im Rat der Magier, Nihal als angehende Zauberin, wobei sie zudem die Kunst des Schwertkampfes erlernen soll.

Eines Tages trifft sie dann auf den Drachenreiter Fen und ist sofort begeistert von dessen Ausstrahlung und Anmut. Er wird ihr nicht nur ein Vorbild, sondern vom ersten Tag an ist sie in den Hüter des erhabenen Tieres verliebt. In ihm erkennt sie auch die eigene Zukunft wieder. Gegen den Rat ihrer neuen Freunde beschließt sie, ebenfalls die harte Schule der Drachenreiter zu durchlaufen. In vielen ausgedehnten Trainingseinheiten erlangt sie hierzu die wichtigsten Fertigkeiten und bewirbt sich nach langem Zureden tatsächlich für die Akademie. Doch wiederum stößt sie auf wenig Gegenliebe. Rivan, Leiter der Schule akzeptiert keine Frauen in seiner Elitestätte, lässt sich aber schließlich doch auf Nihals stures Verlangen ein.

Und erneut setzt sie sich durch, übersteht die eigentlich umöglich zu bewältigende Aufnahmeprüfung und steht kurz vorm Ziel ihrer Träume. Als es dann aber in die erste Schlacht geht, muss Nihal die bitterste Niederlage ihres gesamten Lebens hinnehmen. Sie erfährt von ihrer tatsächlichen Herkunft, von ihrem Schicksal als die letzte verbliebene Halbelfe und muss zusehen, wie ihr Ziehvater Livon im Kampf von einem feindlichen Fammin niedergestreckt wird. Der Hass auf den Tyrannen, der seit geraumer Zeit die Länder der Aufgetauchten Welt plagt, steigt ins Unermessliche, und Nihals Entschluss, sich dem mächtigen Gegner im Krieg entgegenzustellen, steht fest. Als dann in einem schweren Gefecht auch noch ihr angebeteter Fen, gleichzeitig Soanas Gemahl, im Kampfe stirbt, gibt es für die niedergeschlagene Nihal kein Zurück mehr. Ihre Bestimmung besteht darin, als Drachenreiterin den Tyrannen zu vernichten und ihr Volk sowie ihre Verbündeten zu rächen. Doch schon bald muss die junge Halbelfe erkennen, dass Willenskraft und stures Verlangen hierzu nicht ausreichen …

_Meine Meinung_

Das Buch hat knapp 400 Seiten und wurde von mir innerhalb eines langen Abends goutiert. Eigentlich brauche ich jetzt schon nichts mehr darüber zu schreiben, denn das Tempo, mit dem ich dieses Buch verschlungen habe, sagt eigentlich schon genug über den fabelhaften Inhalt von „Im Land des Windes“ aus. Dabei war der Anfang alles andere als spektakulär, denn die Geschichte um das eigenartige Mädchen, das sich in der Gesellschaft von kampfeslustigen Jungs viel besser aufgehoben fühlt als unter ihresgleichen, bot relativ viele bekannte Zitate und schien noch auf der Suche nach einer eigenen Identität zu sein. Dann aber, mit zunehmender Entwicklung und gleichzeitig arg beschleunigtem Erzähltempo, sorgt die Autorin für fast schon dauerhaft anhaltende Gänsehautmomente, die sehr eng mit dem mysteriösen Schicksal der blauhaarigen Halbelfe verknüpft sind.

Doch wer ist diese Nihal, die seit Jahren in ihren Träumen von schrecklichen Visionen und beschwörenden Stimmen verfolgt wird? Was genau steckt hinter diesem Mädchen, dem immer wieder nur Steine in den Weg gelegt werden? Diese Frage gilt es in „Die Drachenkämpferin“ zu ergründen, denn diese kleine Lady hat so viele verschiedene Seiten, dass sie immer wieder mit unerwarteten, überraschenden Handlungen die gesamte Geschichte der Aufgetauchten Welt auf den Kopf stellt. Jedoch scheint ihr Weg trotz aller Hindernisse vorbestimmt, denn was immer sich ihr auch in den Weg stellt, die zurückgelassene Halbelfe hat stets eine schlagkräftigere Antwort parat und kann sich selbst gegen die gröbsten Widersacher durchsetzen. Dies mag dann ein Mangelpunkt sein, den man als Leser kritisieren darf, denn dass das junge Mädchen wirklich jeden Kampf früher oder später für sich entscheiden kann, macht die Geschichte in gewissen Punkten zu vorhersehbar. Dass sie Soanas Prüfung übersteht, geht ja noch in Ordnung, und dass sie in der Akademie der Drachenreiter eine Chance bekommt, ebenfalls, doch schon an der Stelle, wo sie ganzen zehn erfahrenen Drachenkämpfer in der Arena den Garaus macht, fragt man sich, wann Nihal mal ernsthafte Rückschläge im Kampf erleben wird. Immerhin ist die junge Dame bis dorthin immer noch minderjährig und ihre maskulinen Kontrahenten sind zumeist weitaus muskulöser und kampferprobter …

Dafür muss Nihal dann aber andere Rückschläge einstecken, und die sind im Grunde genommen noch schwerwiegender als die vergleichsweise kleinen Niederlagen, die ihr sonst blühten. Jedoch stehen all diese negativen Ereignisse nicht in ihrem Einfluss. Der Tod von Fen, das Schicksal ihres niedergemetzelten Volkes, der Tod ihres Ziehvaters, die vergebene Liebe zu Fen, die selbst vor ihrem Tod aussichtslos war. Kann sie die Dinge hingegen selber anpacken, geht sie stets siegreich hervor, und das ruft zwischenzeitlich einige (bzw. die einzigen) Zweifel auf den Plan.

Ihre Entwicklung ist jedoch dennoch wirklich toll beschrieben. Aus dem freudigen, lebenslustigen Mädchen wird eine ernste, nachdenkliche, bisweilen auch ängstliche junge Frau, der das Leben trotz der vielen Erfolge sehr oft übel mitspielt. Auf selbst erlangte Fortschritte folgen meist fremd beeinflusste Niederlagen, und so gilt es für Nihal erst einmal, ihren eigenen Weg zu finden, bevor sie in den Kampf ziehen kann. Ihr neuer Lehrer Ido zeigt ihr mit ernüchternder Ehrlichkeit auf, wo Nihal ihre Defizite hat und weist sie gleich mehrfach zurück. Obwohl diese weiß, dass Ido Recht behält, kommt sie mit der Kritik nicht klar, kann sie nicht akzeptieren. Sie ist schließlich die starke Person, das Mädchen, das sich gegen alle durchgeboxt hat, und ausgerechnet der verwegene Gnom soll ihr dabei Grenzen setzen? Doch Nihal erkennt, dass sie im Unrecht ist und denkt über ihre Rolle nach. Immer mehr isoliert sie sich von ihrer Umwelt, kämpft für ihre eigenen, vom Hass getrieben Ideale und rennt dabei gegen eine Wand an. Noch hat sie Erfolg mit ihrer eigensinnigen Art, doch sie weiß auch, dass ihr das Glück nicht immer hold sein kann.

Diese Misere zu umschiffen, ist Nihals größte Prüfung. Sie muss lernen, das Leben zu lieben und sich selber gegenüber nicht gleichgültig zu sein. Es gilt ihre Motive zu überdenken, nicht blindwegs in den Tod zu laufen und ihren Hass zu kanalisieren. Im Kampf gegen den Tyrannen kann sie nur dann zur ausschlaggebenden Waffe werden, wenn sie lernt, ein Teamspieler zu werden. Und das, obwohl die letzten Jahre ganz im Zeichen der Einzelkämpferin Nihal standen …

Was Licia Troisi aus dieser Figur macht, ist einfach nur ganz große Klasse. Als vereinsamtes, ungeliebtes Kind des Schicksals gibt Nihal die perfekte Hauptfigur eines Fantasy-Romans ab und bleibt in ihrem Wesen dabei ähnlich undurchdringlich wie die Geschichte selber. Es gibt noch so viel zu ergründen, so viele Geheimnisse aufzudecken, und zum Ende hin offenbart sich „Im Land des Windes“ sogar als Beginn einer noch größer angelegten Serie. Der Umfang wird immer größer, die Verstrickungen immer tiefer und die Atmosphäre immer dichter – dieses Buch hat bis zum Ende all das zu bieten, was man von einem fesselnden Serienauftakt erwartet, und noch ein bisschen mehr. Mir tut es zwar schon ziemlich weh, dass ich mich jetzt bis 2007 bzw. 2008 gedulden muss, um die Fortsetzungen zu lesen, aber die hier in kürzester Zeit aufgesogenen Eindrücke sind so tief durchgedrungen, dass ich die Person Nihal und ihr tragische Schicksal bis dahin sicherlich nicht vergessen werde. Nein, dafür habe ich mich zu sehr in diese sture Heldin verliebt.

http://www.drachenkaempferin.de/
http://www.heyne.de