Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

Dahl, Arne – Misterioso

Der Roman „Misterioso“ bildet den Auftakt der Krimireihe von Arne Dahl, in deren Mittelpunkt der Inspektor Paul Hjelm steht. Der Roman spielt im Schweden der 90er Jahre und befasst sich einerseits mit dem Fall eines Serienmörders, der es auf schwedische Topmanager abgesehen hat, und andererseits mit der Entstehung der sogenannten „A-Gruppe“, deren Ermittlungen auch in Dahls folgenden Romanen beschrieben werden.

Für die Hauptfigur Paul Hjelm beginnt alles bei einer Geiselnahme in einer Ausländerbehörde. Als Hjelm den Geiselnehmer schwer verwundet, der durch das Verbrechen seine Familie vor der Abschiebung in den Kosovo retten wollte, wird er für die schwedische Presse zu einem Helden und für die Dienstaufsicht zu einem Problem. Da man Hjelm rassistische Motive für das Eingreifen in die Geiselnahme vorwirft und zudem an ihm ein Exempel statuieren möchte, steht er bereits vor seiner Suspendierung. Einem Freund und Vorgesetzten hat er es zu verdanken, dass er stattdessen zur Reichskriminalpolizei abberufen wird. Er wird zu einem Mitglied der frisch gegründeten sechsköpfigen A-Gruppe, die sich mit den so genannten „Machtmorden“ auseinander setzen muss. Da es sich bei den Opfern der „Machtmorde“ um hochkarätige Manager handelt, besteht von Seiten der Polizei ein gesteigertes Interesse an der Lösung des Falls. Die A-Gruppe steht unter dem Zwang, um jeden Preis Ergebnisse liefern zu müssen. Dementsprechend engagiert geht das Team an die Verfolgung des Serienmörders.

Das Hörbuch, das insgesamt gut siebeneinhalb Stunden lang ist und 6 CDs umfasst, ist äußerst spannend. Dies liegt zum einen an der guten Literaturvorlage mit ihren detaillierten Innenansichten der Charaktere und ihrer mitreißenden Erzählweise und zum anderen am Sprecher Till Hagen, den man vor allem als die Synchronstimme von Kevin Spacey kennen dürfte. Till Hagens Stil ist sehr lebendig und facettenreich. Seine hervorragende Leistung als Sprecher wertet das ohnehin schon gute Buch noch auf. Die langwierige und komplizierte Jagd nach dem Serienkiller wird durch die Textvorlage und den Sprecher zu einem packenden Hörbuch, das nicht nur durch den Handlungsstrang der Ermittlung zu überzeugen weiß, sondern sich zudem auch durch äußerst interessante Charakterstudien und einen ansprechenden Erzählstil hervortut.

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Lew Wallace – Ben Hur (Europa-Originale 3)

Die Besetzung:

Der Chronist – Joachim Rake
Drusus – Renè Genesis
Messala – Peter von Schultz
Centurio – Wilko Ley
Judah Ben Hur – Rudolf H. Herget
Tirzah – Herma Koehn
Rachel – Erna Nitter
Simonides – Horst Beck
Esther – Ingeborg – Kallweit
Arrius – Edgar Maschmann
Offizier – Konrad Halver
Tiberius – Kurt Blachy
Pilatus – Charles Regnier
Amrah – Katharina Brauren

Regie: Konrad Halver

Story

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Russell, Craig – Blutadler

Von einer internationalen Ebene betrachtet, erfreuen sich die Erzeugnisse deutscher Autoren im Bereich der Trivialliteratur wohl keiner sonderlich großen Verbreitung. Entsprechend selten spielen sich Romane aus dem Fantasy- und Sci-Fi-Bereich oder auch Thriller in Deutschland ab. Die meisten Bestseller, die man in der Buchhandlung erstehen kann, kommen ursprünglich aus dem englischsprachigen Raum. Um so interessanter ist es dann, wenn ein schottischer Autor einen Thriller schreibt, der nicht in New York, Washington, London oder einer Vorstadt von Kalifornien spielt, sondern stattdessen in Hamburg. Craig Russell heißt der Schöpfer des Buchs, der in seinem Erstlingswerk dieses Experiment angegangen ist und dabei durchaus realistisch und eindrucksvoll beweist, dass auch deutsche Städte einen guten Hintergrund für die Handlung einer Kriminalgeschichte liefern.

Die Rahmenhandlung ist schnell umrissen und scheint im ersten Moment die Wiederverwertung altbekannter Zutaten zu sein, wie man sie schon oftmals in anderen Romanen, die einen Serienmörder zum Thema hatten, kennen gelernt hat. Es geht zuallererst einmal in diesem Roman um einen Serienkiller, der sich Son of Sven nennt und Frauen nach den Vorgaben eines alten Wikinger-Rituals tötet. Der Protagonist der Geschichte wiederum ist Kommissar Jan Fabel, der nicht nur auf den Fall angesetzt wird, sondern zu dem der Killer scheinbar einen persönlichen Bezug hat, schickt er doch immerhin dem Kommissar regelmäßig E-Mails, in denen er die Morde ankündigt.

Es beginnt also ein Wettlauf mit der Zeit, denn jeder Tag, der verstreicht, könnte mit einer neuen, brutal verstümmelten Leiche enden. Allerdings scheinen noch einige andere Dinge im Hintergrund abzulaufen, die ebenfalls mit dem Fall zu tun haben. Doch davon ahnt der Kommissar zu Anfang nichts. Als sich jedoch andere Parteien auf höchster Ebene – unter anderem die Geheimdienste – in den Fall einschalten, das eigenen Team in Gefahr gerät und sich dazu eines der Opfer auch noch als Kollegin Fabels herausstellt, erkennt der Protagonist – wie auch der Leser – schnell, dass es um mehr geht, als es den Anschein hat.

Russell schafft es auf eindrucksvolle Weise, Hamburg zu schildern und vor den Augen des Lesers lebendig werden zu lassen. In der Hörbuchvariante ist dies keineswegs anders. Die Geschichte wird von David Nathan vorgetragen, der bereits eine beachtliche Reputation als Synchron- und Hörbuchsprecher besitzt. So liefern also die Beschreibungen des Autors zusammen mit der Leistung des Sprechers in einer beeindruckenden Synergie eine bedrückend düstere Darstellung der Hafenstadt. So düster und lebendig, dass man sich gelegentlich selbst durch dunkle Gassen rennen sieht und den Regen auf der Haut spürt.

Der Autor zeichnet sich durch seine guten Kenntnisse der Stadt aus, beschreibt Szenerien so, als würde er den Inhalt eines Fotos wiedergeben. So kann man sich nicht über fehlende Sachlichkeit und Details beschweren, wie sie oftmals auffallen, wenn Autoren Gegenden und Sachverhalte aus fremden Ländern beschreiben. Deutschland und insbesondere Hamburg ist für Russell definitiv kein fremder Ort; vielmehr scheint es für ihn eine Art zweites Zuhause zu sein.

Doch unter all dem Lob für die Fähigkeit, Details genau wiederzugeben, muss man auch kritische Punkte anführen. So fällt schnell auf, dass der Autor bewusst Schockeffekte einsetzt, um dem Roman eine besondere Note zu verleihen und einem breiteren Publikum zu öffnen. Nicht nur eingefleischte Liebhaber von Thrillern werden mit Russells Werk bedient, sondern auch Freunde von Splatter und möglichst bluttriefenden Szenen. Es ist eigentlich nicht nötig, das Aussehen und den Zustand der Leichen wieder und wieder in blutigem Detailreichtum zu schildern. Die Methodik, die hier angewandt wird, kennt man vielleicht von der Boulevardpresse, doch erwartet man dies eigentlich nicht von einem ’seriösen‘ Roman. Dabei ist es auch nicht sonderlich zuträglich, dass man an einigen Stellen des Romans bzw. Hörbuchs das Gefühl hat, der Protagonist und seine Kollegen hätten den Tod von Kollegen zum Normalzustand erklärt und ihre Emotionen des Platzes verwiesen. Dies ist zwar glücklicherweise nicht immer so, aber der Held und sein Team wirken einfach manchmal zu abgebrüht und kühl, als dass es uns angebracht erschiene, insbesondere wenn man die emotionalen Reaktionen in Kontext zu den kurz zuvor beschriebenen Leichen setzt. Der Kontrast, der hieraus entsteht, ist einfach zu grell und auffallend.

Der Sprecher des Hörbuchs versucht offensichtlich, derartige Passagen im Buch durch perfekten Einsatz seiner Stimme auszugleichen. Mal flüstert er, mal krächzt er heiser, und mal spricht er mit einem leichten Entsetzen in der Stimme. Doch sind die Hürden, die ihm vom Autor an diesen Passagen in den Weg gestellt werden, überaus hoch gesetzt. Fällt Nathan im Generellen durch seine hervorragende Darbietung auf, so sticht an diesen Stellen doch ein gekünstelter Unterton hervor. Doch prinzipiell ist dies nicht Nathans Fehler, sondern liegt an der schwierigen Romanvorlage. Ganz im Gegenteil, der Sprecher schafft es hervorragend, bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen.

Die Beschreibung der Mordszenen und Emotionen außen vor gelassen, muss man sagen, dass der Autor es versteht, eine komplexe Handlung aufzubauen. Die Daten über Wikinger-Mythologie sind nicht immer komplett richtig, aber oberflächlich betrachtet gibt es nichts zu beanstanden; der Roman soll ja vor allem unterhalten und nicht die Mythen der Germanen erläutern. Ähnlich verhält es sich mit geschichtlichen Hintergründen, die im Laufe des Romans eine wichtige Rolle spielen. Auch hier merkt man, dass der Autor sich redliche Mühe gegeben hat, keine Widersprüchlichkeiten in seine Handlung einfließen zu lassen. Etwas problematisch wirkt allerdings die Handlung als Ganzes, denn auch hier zeigt sich der Hang des Autors, möglichst reißerisch von allen Mitteln der Kunst Gebrauch zu machen, um ein großes Publikum anzusprechen. Sicherlich nutzt jeder Autor diverse Effekte in seiner Handlung und in seinen Beschreibungen, um den Plot möglichst spannend zu gestalten und den Leser nicht zu langweilen. Jedoch scheint Russell derartigen Methoden etwas zu sehr verfallen zu sein. Komplizierte Verknüpfungen im Geflecht der Handlungen sind wichtig, denn sie tragen dazu bei, dass man nicht alles direkt vorausahnen kann. Nur wirkt die schiere Masse der miteinander verwobenen Handlungslemente einfach viel zu konstruiert. Man muss nicht alle Klischees, die man von Thrillern kennt, durcharbeiten und in eine einzige Geschichte einbauen. Mafia, Geheimdienste, Serienkiller, mystische Kulte, Korruption und Intrigen in den eigenen Reihen, Terroristen und diverse andere Bösewichte; die Liste lässt sich sogar noch weiter fortsetzen, so eigentümlich übertrieben das klingen mag. Es scheint so, als ob Craig Russell Angst gehabt hätte, dass er nach diesem Roman nie wieder einen weiteren schreiben darf, so dass er daher alle Ideen, die er hatte, auf einmal verwendet hat.

Alles in allem kann man also davon sprechen, dass der Roman als Debüt guter Durchschnitt, aber nicht so herausragend ist, dass man von einem neuen Wunder-Autor reden muss. Interessant wird es vor allem, wenn man irgendwann einen zweiten Roman des Autors lesen kann, denn dieser wird wohl zeigen, ob es eine Verbesserung seitens Russells gibt.

Auch zum Hörbuch und der Leistung von David Nathan ist nicht viel mehr hinzuzufügen. Er hat exzellente Arbeit geleistet und man kann sich jederzeit darauf freuen, noch mehr von ihm zu hören.

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Xinran – Himmelsbegräbnis. Eine Geschichte für Shu Wen

In dem Roman „Himmelsbegräbnis. Eine Geschichte für Shu Wen“ erzählt die Radiojournalistin und Autorin Xinran die Geschichte der Chinesin Shu Wen, die dreißig Jahre ihres Lebens in Tibet verbrachte, auf der Suche nach ihrem Mann Kejun. Es ist die Geschichte einer großen Liebe, aber auch die Geschichte eines entbehrungsreichen und schicksalsträchtigen Lebens in Tibet zur Zeit der Besetzung Tibets durch die Volksbefreiungsarmee Chinas.

Die junge Shu Wen ist noch keine zwei Monate mit ihrem geliebten Kejun verheiratet, als dieser sich entscheidet, seinem Volk als Militärarzt zu dienen, und mit einer Truppe der Volksbefreiungsarmee nach Tibet zieht. 100 Tage später erhält Shu Wen die Nachricht, dass Kejun im Krieg gestorben sei. Über die näheren Umstände seines Todes oder den Verbleib seiner Leiche erfährt sie nichts. Die wage Hoffnung, dass Kejun nicht tot sei, sondern möglicherweise von seiner Einheit getrennt wurde und nun allein in Tibet herumirrt, veranlasst Shu Wen zu der Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändern soll. 1958 reist sie selbst als Ärztin mit einem Militärtrupp nach Tibet und beginnt die Suche nach ihrem Mann. Dreißig Jahre dauert es, bis Wen erfährt, was passiert ist, und sie nach China zurückkehrt. Dort trifft sie auf Xinran, die die Radiosendung „Words on the Night Breeze“ moderiert, in der chinesische Frauen von ihrem Schicksal erzählen. Shu Wen erzählt Xinran ihre Geschichte, die beschließt, diese zehn Jahre später als Buch zu veröffentlichen.

Die Autorin Xinran wurde 1958 in Peking geboren. Ab 1998 arbeitete sie als Radiojournalistin, unter anderem moderierte sie die in ganz China bekannte Sendung „Words on the Night Breeze“, auf deren Grundlage ihr erstes Buch entstand, welches erstmals 2002 unter dem Titel “ The good woman of China“ veröffentlicht wurde. In Deutschland erschien das Buch erstmals 2003 mit dem Titel „Verborgene Stimmen. Chinesische Frauen erzählen ihr Schicksal“. Seit 1997 ist Xinran Dozentin an der Universität in London und arbeitet zudem als freie Beraterin für chinesische Sprache, Kultur und neuere Geschichte.

Das Hörbuch „Himmelsbegräbnis“ umfasst 3 CDs mit insgesamt 246 Minuten Laufzeit. Bei längerem Zuhören fragt man sich jedoch, ob dieser Umfang gerechtfertigt ist und ob die Autorin das Gleiche nicht auch viel kürzer hätte erzählen können, ohne dass dadurch der Geschichte wesentliche Aspekte fehlen würden. Den Einstieg in die Erzählung gestaltet die Autorin recht interessant, indem sie zunächst einen Rückblick auf ein persönliches Erlebnis in ihrer Kindheit gibt, um dann auf ihre derzeitige Arbeit als Radiojournalistin und den Hintergrund für ihre Begegnung mit Shu Wen einzugehen. Dann beginnt die eigentliche Handlung, nämlich Shu Wens Reise nach Tibet, und damit auch der größtenteils recht langweilige Rest des Hörbuchs, welcher allerdings den Großteil der Gesamtspieldauer einnimmt. Dafür ist sowohl die monotone Vortragsweise der Sprecherin Ursula Illert verantwortlich als auch der träge Handlungsverlauf selbst. Zwar gewinnt der Zuhörer durch die detaillierten Beschreibungen einen guten Eindruck von der Landschaft, durch die Shu Wen reist, und von den Menschen, denen sie begegnet, doch verliert sich dadurch die Spannung, die zu Beginn durch die Nachricht von Kejuns Tod aufgebaut wird. Die Begegnung zwischen Shu Wen und der Tibeterin Zhuoma belebt den Fortgang der Geschichte kurzfristig, da Shu Wen in ihr nicht nur eine Freundin, sondern auch eine Leidensgenossin gefunden hat, wodurch nun zwei Frauen auf der Suche nach ihren Geliebten sind. Anschließend erzählt die Autorin jedoch ca. 30 Minuten lang von Zhuomas Vorgeschichte, inklusive vieler unbedeutender Details, die den Zuhörer von der eigentlichen Handlung ablenken, anstatt diese zu ergänzen oder zu bereichern.

Zu Beginn der zweiten CD erscheint es, als ob Shu Wen ihr Ziel, Kejun zu finden, vollständig aufgegeben hat. Während sie jahrelang bei einer tibetischen Familie lebt und mit dieser das Land bereist, kommt sie ihrem Ziel keinen Schritt näher. Erst gegen Mitte der dritten CD wird die Geschichte wieder etwas spannender, als sich langsam erste Hinweise auf Kejuns Schicksal finden. Das Ende der Geschichte inszeniert die Autorin meiner Meinung nach zu dramatisch und gleichzeitig viel zu unpersönlich. Im ganzen Verlauf der Geschichte erfährt man zu wenig über Shu Wens Gefühle und Gedanken, und es fällt dem Hörer sehr schwer, sich in die Figur hineinzuversetzen. Über Kejun erfährt man noch weniger, was im Bezug auf das Ende der Geschichte noch enttäuschender ist.

Insgesamt handelt es sich um eine eher langweilige Erzählung, die versucht, den Hörer mehr durch Traurigkeit und Monotonie zu betäuben anstatt durch eine spannende oder interessante Handlung zu überzeugen.

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Weinland, Manfred / Fickel, Florian – Vampira: Der Moloch (02)

Wir erinnern uns: Vampira, alias Lilith Eden, erwacht zwei Jahre zu früh aus ihrem 100-jährigen Schlaf. Wie Dornröschen wurde sie dabei von einem recht eigensinnigen Haus bewacht, das keine Eindringlinge einließ, um die Sicherheit der schlafenden Schönen zu gewährleisten. Doch da Lilith nun schon einmal wach ist, gilt es, ihr neues vampirisches Leben zu erkunden. In der ersten Folge „Das Erwachen“ lernte der geneigte Hörer daher hauptsächlich, was es mit Vampiren so auf sich hat, und dass Lilith eine wichtige Prophezeiung zu erfüllen hat: Sie ist nämlich diejenige, die die Vampire vernichten soll. Elende Nestbeschmutzerin, denken sich da natürlich ihre Artgenossen und wollen ihr prompt ans Leder.

Doch schon in der zweiten Folge, „Der Moloch“, ist Lilith keine Hauptfigur mehr. Ja, sie darf sich durchaus wieder einen geistig minderbemittelten und ausreichend schmierigen Kerl angeln und ihn nach Strich und Faden verführen und ausbluten (langsam muss man sich schon fragen, warum Lilith einen so schlechten Männergeschmack hat), doch viel mehr hat sie im zweiten Teil der Serie kaum zu tun. Ihr skurriles formveränderndes Kleid hat wieder einen rettenden Auftritt, aber das war es dann auch schon.

Stattdessen beleuchtet „Der Moloch“ nun die zukünftigen (menschlichen) Gegenspieler Liliths, allen voran Detective Jeff Warner, gesprochen von Norbert Langer, den man hauptsächlich als die deutsche Stimme von Burt Reynolds und Tom Selleck kennen dürfte. Langer macht mit seiner Rolle das einzig Richtige: Er nimmt den Klischeecop Warner und übertreibt jeden seiner Sätze und alle seine Ausrufe. Warner ist der typische harte Kerl mit dem Herzen aus Gold, ein Charakter, wie man ihn schon in Hunderten billigen Krimis gesehen hat, sodass es eigentlich nicht nötig ist, ein ganzes Hörspiel damit zu verwenden, ihn als Cop in die Serie einzuführen.

Mittlerweile ist nämlich endlich das seltsame Haus in der Paddington Street auch den Gesetzeshütern aufgefallen. Warner und sein Sidekick Needles stellen überrascht fest, dass es für das Haus nicht einmal einen im Grundbuch eingetragenen Besitzer gibt. Und darüber hinaus kann niemand das Haus betreten. Niemand? Nicht ganz, denn aus nicht näher spezifizierten Gründen arbeitet die Polizei von Sydney mit einem Parapsychologen zusammen. Und nämlicher Parapsychologe, Brian Secada, wird prompt in das Haus gesogen und muss fortan versuchen, den Ausgang zu finden. Wieso das Haus gerade Secada Zugang gewährt, was das alles mit dem Plot um Lilith zu tun haben soll, und warum Secada von der körperlosen Stimme seiner ersten großen Liebe verführt wird, bleibt wohl ewig das Geheimnis der Macher dieses Hörspiels. In jedem Fall konnten so aber wieder eine vor Holzhammer-Erotik triefende Szene und eine süßliche Ruf-mich-an-Frauenstimme untergebracht werden – und das allein scheint einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte auf der Liste von Frank Weinreich (der für die originale Heftromanserie verantwortlich zeichnet) und Florian Fickel (der die Fäden für das Hörspiel in den Händen hält) zu sein.

Zumindest ist das Verhältnis von Erzähler (Christian Rode) und dialogorientierter Handlung (die meist von den Cops bestritten wird) hier bereits ein wenig ausgewogener als noch in „Das Erwachen“. Das ist durchaus positiv zu bewerten, da es Lilith (mit der Stimme von Tina Haseney) weniger Möglichkeiten gibt, zu stöhnen, zu seufzen oder generell Unsinn zu erzählen.

Ein echter Lichtblick ist die absolut unernste und ironische Musikuntermalung von Rainer Scheithauer und Joschi Kauffmann. Bereits im ersten Teil brachten die beiden einen Grusel-Horrorsound zu Gehör, der verdächtig nach Horror-B-Movies aus den 70ern klang. In „Der Moloch“ kommt nun ein neues Thema für Detective Warner hinzu, das frappant an die unzähligen hippen Krimiserien der 80er Jahre erinnert. Da kann man sich eines Schmunzelns wirklich nicht erwehren!

Ansonsten gibt es über „Der Moloch“ kaum etwas zu berichten. Es werden neue Figuren eingeführt, Liliths Haus macht den Abgang, es gibt ein kleines Gerangel mit den bösen Vampiren und ein paar Tote. Doch Spannung wird dabei kaum aufgebaut. Für Liliths blassen Charakter kann man kaum Sympathien aufbringen und auch Jeff Warner ist leider ein Cop, wie man ihn schon unzählige Male gesehen hat. Es gibt auch immer noch keine Antworten darauf, warum Lilith die anderen Vampire bekämpfen soll. Ebenso wenig erfährt man, warum die Vampire überhaupt solche Bösewichter sind (sein sollen?). Dann noch Empathie für die Schicksale der Charaktere aufzubringen, fällt mehr als schwer.

„Vampira“ ist empfohlen für Hörer ab 16, die der Serie vermutlich mehr werden abgewinnen können als ältere Hörer. Lilith ist oberflächliche Frauenpower. Sie nimmt die Männer mit nach Hause und tritt ihnen dann in den Hintern. Doch ihre Wahl lässt ständig zu wünschen übrig, und dass sie ohnehin alle fünf Minuten unlautere Angebote und Vergewaltigungsversuche abwehren muss, macht sie nicht gerade zur feministischen Leitfigur. Lilith will beides sein: toughes Vorbild für junge Mädchen und Ausklapp-Poster für Jungs. Letztendlich ist sie auf keinem Gebiet wirklich erfolgreich.

Joseph Ratzinger – Wer glaubt, ist nie allein. Worte der Ermutigung

Seit der Wahl Joseph Kardinal Ratzingers zum Papst Benedikt XVI. im April 2005 fanden seine Bücher einen erheblich gesteigerten Absatz. So ist es auch zu erklären, dass es von Ratzingers Büchern nun auch Hörbücher gibt. Bei „Wer glaubt, ist nie allein“ handelt es sich um ein Buch, welches sich vor allem an gläubige Christen richtet. Jemand, der sich für den christlichen oder speziell den katholischen Glauben interessiert und ggf. seine eigenen religiösen Überzeugungen an den Ausführungen Ratzingers messen will, ist mit dem Kauf des Buches und vor allem auch des Hörbuches schlecht beraten. Das Buch will keine Meinungen verändern, sondern es will den bereits glaubenden Christen etwas erläutern. Der Untertitel des Buches lautete treffend „Worte der Ermutigung“. Dies ist insofern besonders pointiert ausgedrückt, da Ratzinger in der Tat viele aufmunternde und erbauliche Botschaften in dieses Buch einbaut. Ein überzeugter Christ, der eventuell seinen Glauben vertiefen und seine Vorstellungen von den Aspekten des christlichen Glaubens konkretisieren will, dürfte mit diesem Buch seine Freude haben. Der Nutzen, welchen der Leser von diesem Buch gewinnt, hängt also sehr stark von dem Leser selbst ab. Dies liegt natürlich in der Natur der Sache begründet. Ein begeisterter Krimileser beispielsweise hat ja schließlich auch potenziell mehr Nutzen von einem Krimi als ein Science-Fiction-Fan.

Nachdem sich die bisherigen Äußerungen vor allem auf den Inhalt der Buchvorlage bezogen haben, möchte ich mich nun den Spezifika des Hörbuchs zuwenden. Auch hier hängt die Beurteilung von den Voraussetzungen des Hörers ab. Der Sprecher des Hörbuchs Edgar M. Böhlke ist zweifellos ein sehr fähiger. Er ist zu keiner Zeit unklar in der Aussprache und behält in beachtenswerter Weise seinen Sprechrhythmus über die gesamte Spieldauer hinweg bei. In diesem Sprechrhythmus liegt allerdings auch ein gewisses Problem begründet. Die langsame und ruhige Leseart Böhlkes verleitet den Hörer allzu schnell dazu, die Aufmerksamkeit zu verlieren. Böhlke liest das Buch nach dem Stil einer Predigt, einer zweifellos guten Predigt, allerdings verspielt man dadurch eine große Chance des Buches. Ratzinger ist ein herausragender Theologe und ein allgemein brillanter Geist, und auch wenn „Wer glaubt, ist nie allein“ gewiss nicht sein bestes und schon gar nicht sein wissenschaftlichstes Buch ist, so hat es doch eine theologische Dimension. Diese Dimension verspielt man allerdings, wenn man das Buch wie eine Predigt liest. Ein Vortrag mit markanteren Betonungen und gelegentlichen Tempowechseln hätte dem Hörbuch gewiss gut getan. Dieser Kritikpunkt richtet sich jedoch weder an Ratzinger noch an Böhlke. Es ist vielmehr eine Kritik an der Entscheidung des Herausgebers, der offensichtlich nicht den inhaltlichen Tiefgang, sondern die dogmatischen und liturgischen Aspekte des Buches betonen wollte. Abgesehen davon, dass man dem Hörbuch auf diese Weise seine besondere Stärke genommen hat, wird es durch diese Akzentsetzung auch noch auf die Dauer einschläfernd. Dies dürfte jedenfalls für die Hörer gelten, die sich ernsthaft und kritisch mit dem Thema auseinander setzen wollen. Der Hörer, der sich einfach nur religiös berieseln lassen will, dürfte bei diesem zweistündigen Hörbuch auf seine Kosten kommen. Die behandelten Themen lauten in der Gesamtübersicht: Leben, Erlösung, Glaube, Bibel, Kirche, Liturgie, Freude, Liebe, Hoffnung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Vorwort des Herausgebers. Im Vorwort wird der Hörer bereits darauf vorbereitet, was er von dem Buch später halten soll. Das Vorwort präjudiziert, und das ist ebenfalls etwas, das dem Buch nicht gerecht wird. Ratzingers Bücher können für sich selbst sprechen, genauso wie es alle guten Bücher können. Ein Vorwort, das den Autor und seine Werke emporhebt, bevor man die Gelegenheit hatte, auch nur ein Wort des Buches selbst zu hören oder zu lesen, leistet dem Autoren und seinem Werk einen wahren Bärendienst. Ein gutes Buch hat falsche Vorschusslorbeeren und salbungsvolle Beweihräucherungen des Herausgebers nicht nötig. Und genau darum handelt es sich bei „Wer glaubt, ist nie allein“ – um ein gutes Buch. Vorausgesetzt, dass man als Hörer oder noch viel besser als Leser dazu bereit ist, sich mit einer grundlegenden Prämisse des Buches abzufinden: Der christliche Glaube ist der wahre Glaube. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass es sich hierbei um eine Kampfschrift handelt. Es ist, wie bereits erwähnt, eine Erläuterung des christlichen Glaubens an den Gläubigen und den, der es werden will. Im Gegensatz zu anderen Schriften Ratzingers ist dieses Buch relativ unkritisch, da es sich eben um „Worte der Ermutigung“ handelt.

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Weinland, Manfred / Fickel, Florian – Vampira: Das Erwachen (01)

Das ist uns doch allen schon mal passiert: Da wacht man im Morgengrauen nur dürftig bekleidet auf einem Friedhof auf und hat keinerlei Erinnerung daran, wie man dorthin gelangt ist. Und bevor man sich noch orientieren kann, stürzt sich auch schon eine bluthungrige Kreatur auf einen, die aber glücklicherweise durch die aufgehende Sonne in die ewigen Jagdgründe befördert wird.

Genau mit diesem Tableau startet „Vampira – Das Erwachen“, |Lübbe|s Hörspielserie um Lilith Eden. Ursprünglich bevölkerte Lilith die |Bastei|-Heftromane von Manfred Weinland, wo sie sich gern halbnackt und lasziv auf dem Cover rekelte. Doch nun gibt’s auch was auf die Ohren, nämlich Liliths erste Schritte in die Welt der Vampire in „Das Erwachen“.

Das erste Hörspiel der Reihe startet |in medias res| – zusammen mit der amnesiegeplagten Lilith versucht der Hörer, das Geheimnis um ihre Identität zu lüften. Ein erster Anhaltspunkt bietet sich, als Lilith aus der Jackentasche des toten Angreifers eine Adresse fischt: Lilith Eden, Paddington Street 333. Natürlich verfolgt sie diesen einzigen Anhaltspunkt. Sie nimmt sich ein Taxi – und den dazugehörigen Taxifahrer (schließlich hat auch frau so ihre Bedürfnisse) und findet sich bald auf einem scheinbar verwunschenen Grundstück wieder: Der Garten ist überwuchert, Bäume und Sträucher scheinen die Herrschaft übernommen zu haben. Das Haus jedoch gewährt ihr sofort Einlass, und während Lilith sich noch fragt, was das alles mit ihr zu tun hat, wird sie schon von verstörenden Visionen und Erinnerungen heimgesucht.

Lilith ist eine Art weiblicher „Blade“ – ein Mischwesen zwischen Mensch und Vampir, laut Prophezeiung dazu erschaffen, die Vampire zu bekämpfen. Wie sich das damit verträgt, dass ihre Mutter selbst Vampirin war (sie gab – ebenfalls prophezeiungsgetreu – ein paar Tage nach Liliths Geburt den Löffel ab), wird dem leicht verwirrten Hörer allerdings vorenthalten. Nach einem hundertjährigen Schlaf sollte sie erwachen und eben jene Prophezeiung erfüllen, doch ihr „Blutdepot“, nämlich ihre Jugendfreundin Marsha, will endlich sterben und erweckt Lilith daher zwei Jahre vor der Zeit.

Offensichtlich hat das Lilith nicht wirklich gut getan. Ihre Amnesie scheint nur langsam zu verfliegen, und da nun sowohl ihre Eltern als auch Marsha das Zeitliche gesegnet haben, steht sie im Kampf gegen die Vampire ganz allein da. Und das, wo der Oberbösewicht Landru immer näher rückt und ihr offensichtlich ans Leder will.

„Vampira – Das Erwachen“ ist nette Unterhaltung, vor allem für Jugendliche, mehr wird aber nicht geboten. Die Handlung plätschert seicht dahin, und wie der Erzähler (wie immer grandios – Christian Rode) sollte man als Leser eventuelle Ungereimtheiten wohlweislich ignorieren. Überhaupt bestreitet Rode den Hauptteil des einstündigen Hörspiels. Alle anderen Charaktere – selbst Lilith – sind zu reinem Hintergrundsound verdammt. Tina Haseney in der Titelrolle der Lilith ist hauptsächlich damit beschäftigt zu stöhnen, zu keuchen und zu seufzen, was das Zeug hält – ihre Dialoge sind ohnehin zu vernachlässigen. Als kleines Schmankerl wird der Oberfiesling und vermutliche Endgegner Landru allerdings vom allseits bekannten Bela B. gesprochen. Aber auch er hat im ersten Teil noch nicht wirklich viel zu tun, das wird sich aber sicher in den Fortsetzungen ändern.

Man merkt dem Hörspiel seine Wurzeln durchaus an: Klischees werden gern bedient. Lilith ist zwar noch lange keine Männer verschlingende Göttin (so wie ihre Namensvetterin aus der Mythologie), doch sie arbeitet dran. Den Großteil der Zeit ist sie halbnackt (wahlweise ist ihr Kleid auch gern durchgeschwitzt oder zerrissen) und überlässt nichts der Fantasie. Die Beschreibung von Liliths körperlichen Vorzügen ist dick aufgetragen, dürfte aber den männlichen Hörern trotzdem (oder gerade deshalb) gefallen. Überhaupt, das Kleid: Offensichtlich das Vermächtnis ihrer Mutter, krallt sich das Ding in Liliths Haut und kann dann zu jedem Kleidungsstück mutieren. Das ist ungefähr so existenziell wichtig wie die wechselnde Klamottenfarbe im unterirdisch schlechten „Ultraviolet“, aber na ja. Der oben erwähnte Grundsatz gilt auch hier: Ungereimtheiten ignorieren.

Technisch ist das Hörspiel dagegen durchaus überzeugend: Musik und Sound bilden eine gelungene Kulisse für die mittelmäßig fesselnde Handlung. Die Sprecher machen das Beste aus dem Wenigen, das ihnen geboten wird, denn abgesehen vom Erzähler Christian Rode haben sie nicht wirklich etwas zu tun. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Verhältnis Erzähler/Charaktere in zukünftigen Folgen noch relativieren wird.

„Das Erwachen“ ist empfohlen für Hörer ab 16 und dort ist die CD wohl auch am besten aufgehoben. Es gibt schöne Frauen (na gut, eine), böse Machenschaften, ein bisschen Grusel (nicht zu viel, damit die Klientel nicht vergrault wird) und seufz-intensive Erotik. Genau das richtige Rezept für die Zielgruppe. Für alle anderen wird „Vampira“ nicht viel Überraschendes oder Neues bieten. Auf die eine oder andere Weise hat man das alles schon mal gesehen / gehört / gelesen. Und wie gesagt: Sind wir nicht alle schon mal ohne Erinnerung auf einem Friedhof erwacht?

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Arne Sommer – Peter Lundt und die Rache des Drachen

Peter Lundt spielt schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, sein heruntergekommenes Büro mal grundlegend zu renovieren bzw. sich einen neuen Ausgangspunkt für seine Ermittlungen zu leisten. Doch es fehlt an lukrativen Aufträgen und dem dazugehörigen Honorar. Da kommt ihm der bestürzte Zahntechniker Hans Drachmann gerade recht.

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Pratchett, Terry – Pyramiden

„Pyramiden“ ist das zweite Hörspiel zu Terry Pratchett’s heißgeliebter Scheibenwelt und für Freunde eben jener eigentlich unverzichtbar, denn wenn man einmal in der seltsamen Umgebung des Fun-tasy-Schreibers Pratchett gefangen ist, kann man dieser herrlichen Hypnose kaum noch entfliehen und wird geradezu süchtig nach all dem, was sich dort abspielt. Leider wird das aktuelle Hörspiel diesem sehr hohen Qualitätsstandard nicht gerecht, denn obwohl „Pyramiden“ trotz einiger Mängel eigentlich eine ganz anständige, vom Rest der Scheibenwelt losgelöste Geschichte ist, ist die Umsetzung in diesem Falls äußerst bescheiden.

_Story_

Der Pharaohssohn Teppic wird eines Tages nach Ankh-Morpok geschickt, um dort die Ausbildung zum Assassinen zu bestreiten. Jedoch ist sein Ausflug zur dort ansässigen Meuchler-Gilde kein problemfreies Unterfangen. Just an jenem Tag, an dem Teppic seine Lehre endlich beendet hat und sich für seine Bestimmung bereit zeigt, kommt sein Vater Teppicymon XXVII. ums Leben und hinterlässt Teppic sein gesamtes Erbe. Doch als neuer Pharaoh von Djelibeby hat der junge Neu-Assassine nicht die Freiheiten, die er sich in seiner plötzlichen Herausforderung erhofft hatte. Das Leben als Pharaoh ist eben kein Zuckerschlecken, besonders wenn man im eigenen Land überhaupt nichts zu sagen hat. Der Hohepriester Dios ist es nämlich, der Teppic alle Entscheidungen abnimmt und jeglichen Befehl ins Gegenteil verkehrt. So baut er unter anderem eine recht merkwürdige Pyramide, die sein Vater in dieser Form gar nicht akzeptiert hätte. Als der junge Pharaoh sich dann irgendwann doch noch dazu aufraffen kann, die Dinge selber in die Hand zu nehmen, ist es bereits zu spät. Der Pyramidenbau hat das Land nämlich gänzlich aus dem bestehenden Weltengefüge hinausgerissen und die verfeindeten Reiche in der Umgebung von Djelibeby sehr nahe aneinander herangeführt. So entsteht in der gesamten Region ein Chaos, das selbst die alten Götter zu neuem Leben erweckt …

_Meine Meinung_

Über die Story, die Terry Pratchett hier mal wieder mit viel Wortwitz vorangetrieben hat, braucht man eigentlich nicht viele Worte verlieren. Es ist schlichtweg grandios, was der britische Autor aus einigen albern anmutenden ideen, höherer Mathematik und unkonventionellen Formulierungen zusammenstellt, und da bildet auch „Pyramiden“ keine Ausnahme. Lediglich die Entwicklungen, die zum Pyramidenbau in Djelibeby hinführen, sind ein wenig kurios und in ihrer Erscheinung auch nicht immer direkt nachvollziehbar. Dies mag zwar für Pratchett nichts Ungewöhnliches sein, fällt aber aufgrund manch verwirrender Ereignisse in diesem Falle irgendwie negativ auf.

Ansonsten entwickelt sich die Geschichte im Reiche des unverkennbaren Pendants zum irdischen Ägypten wirklich prima fort und steigert sich über die bekannten irrwitzigen gedanklichen Wendungen in ein fulminantes Finale hinein, welches man aber wahrscheinlich nur dann genießen kann, wenn man den hier besonders abgefahrenen Humor des Autors teilt. Aber das setze ich bei diesem Herren einfach mal voraus.

Was mich allerdings an der Hörspielfassung ziemlich stört, ist die teils lustlose Darbietung der beteiligten Sprecher. Ich war anfangs wirklich begeistert, dass es sich bei „Pyramiden“ tatsächlich um ein Hörspiel und eben keine Lesung handelt, war aber nach einiger Anlaufzeit recht enttäuscht, wie dröge die Sprecher ihre Auftritte herunterrasseln. Man findet irgendwie überhaupt keinen passenden Einstieg, da man statt lebendigem Schauspiel auf trockene Berichterstattung setzt und so weder in den Spannungsbogen der Originalvorgabe einzusteigen vermag, noch den Pratchett-üblichen Humor adäquat herüberbringen kann. Beispiel gefällig: Nehmen wir direkt mal die erste Szene, in der Teppic seine Kleidung Stück für Stück aufstockt. Es ist eigentlich witzig, die mit vielen Details gespickte Umschreibung langsam zu verfolgen; da aber jegliche Emotionen – und Wortwitz verlangt einfach nach solchen – ausgespart bleiben, bleibt eine jede Pointe bereits im Ansatz stecken und wird bereits vor ihrem Auftauchen im Keim erstickt.

Zumindest gelingt es den Sprechern dann noch, die Handlung recht authentisch und dem Skript entsprechend vorzutragen, so dass zumindest der Inhalt konsequent geschildert und verständlich erzählt wird. Probleme beim Verständnis des Plots ergeben sich somit nicht, wenngleich die mathematischen Abhandlungen, die Pratchett in seinen irren Kosmos einfügt, gewöhnungsbedürftig und selbst dann nicht jedermanns Sache sein werden. Aber schlussendlich ist dies für ein Hörspiel, das von seiner lebhaften Performance leben soll und davon selbst bei einer Spielzeit von mehr als 300 Minuten nichts einbüßen darf, nicht ausreichend genug, um die anfangs aufgestellte Behauptung, dass es sich bei Produkten rund um die Welt dieses Autors um unverzichtbare Dokumente handelt, berechtigt zu unterstreichen. Pratchett-Fans – und nur solche – sollten sich jetzt nicht abschrecken lassen und sind gerne eingeladen, sich auch mal mit der Audio-Fassung des immerhin schon 17 Jahre alten Romans zu beschäftigen. Neueinsteigern kann ich zum Eintauchen in die Scheibenwelt indes nur die Romane (vor allem die etwas jüngeren) empfehlen, denn hierin steckt meines Erachtens einiges mehr an Potenzial.

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Paul Stewart / Chris Riddell – Rook in den Freien Tälern (Klippenland-Chroniken VII)

Folge 1: „Twig im Dunkelwald“
Folge 2: „Twig bei den Himmelspiraten“
Folge 3: „Twig im Auge des Sturms“
Folge 4: „Twig – Fluch über Sanktaphrax“
Folge 5: „Rook und Twig, der letzte Himmelspirat“
Folge 6: „Rook und der schwarze Mahlstrom“

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Henn, Carsten S. – In Vino Veritas

Dass Jürgen von der Lippe ein derart guter Hörbuch-Sprecher sein würde, hätte ich niemals erwartet. Das Original aus Film und Fernsehen mag zwar ein prima Entertainer und auch sonst ein sehr witziger Zeitgenosse sein, doch eine überzeugende und seriöse Leistung in einem solchen Projekt hätte ich persönlich ihm nicht zugetraut. Umso angenehmer ist natürlich die Überraschung in Form der absolut perfekten Gegendarstellung bei der Hörbuch-Fassung von Carsten S. Henns Roman „In Vino Veritas“, einem kulinarischen Krimi, dem von der Lippe hier seine Stimme leiht – und dies wirklich in umwerfend toller Manier.

_Story_

Eigentlich verdient sich Julius Eichendorff seine Brötchen als Koch in seinem Restaurant „Zur Eiche“, einem wohl bekannten, beliebten Lokal an der Ahr. Und eigentlich ist der Mann auch gerade damit beschäftigt, ein Menü zusammenzustellen, mit dem er sich bei den Kritikern des Metiers den ersten Stern für seinen Beruf erkochen will. Doch dann kommt alles anders: Julius‘ Freund Siggi, ein berüchtigter und wegen seiner Sturheit nicht allzu populärer Winzer, wird tot in einem Weinfaß aufgefunden, und neben dessen Ehefrau gerät auch Eichendorff in Verdacht, mit dem kriminellen Akt in Verbindung zu stehen.

Bevor man aber überhaupt nach ihm fahndet, begibt sich der Koch auf eigene Faust auf die Suche nach den Attentätern und den Hintergründen dieser Tat. Dabei stößt er nicht nur auf seltsame Organisationen wie die ortsansässige Weinbruderschaft und weitere eigenbrödlerische Restaurantbesitzer, sondern auch nach einiger Zeit auf eine weitere Leiche, die von Julius höchstpersönlich entdeckt wird. Die neue Kommissarin von Reuschenberg nimmt dies erneut zum Anlass, Eichendorff aufgrund der Umstände in den engeren Kreis der Tatverdächtigen einzubeziehen, möchte so aber auch erreichen, dass dieser seine waghalsigen Ermittlungen aufgibt, bevor ihm dabei noch etwas zustößt. Doch alle Warnungen kommen zu spät: Plötzlich gerät Julius wirklich in Gefahr, und die einzige Möglichkeit, noch einmal aus dem Schlamassel herauszukommen, ist die Zubereitung eines mörderischen Menüs …

_Meine Meinung:_

„In Vino Veritas“ ist ein ziemlich eigenwilliger Krimi, eher eine Mixtur aus Humor, kulinarischem Genuss, Kultur und Kriminalgeschichte, gespickt mit ein paar tollen Charakteren, die Jürgen von der Lippe ihrer Herkunft entsprechend auch wunderbar interpretiert. Sowohl den französischen Gourmet als auch den kölnischen Lokalbesitzer mimt er mit einer außerordentlichen Leidenschaft, der man deutlich anmerkt, dass sich der Vorleser sehr wohl in die Rollen der einzelnen Figuren hineinversetzt hat und so selbst das Hörbuch zu einem sehr lebendigen Ereignis hat werden lassen.

Carsten S. Henn, der Autor der Romanvorlage, hat ihm dazu allerdings auch die besten Voraussetzungen geschaffen. Die beiden parallel laufenden Handlungsstränge – einmal die Mordserie, weiterhin Julius‘ Suche nach dem perfekten Menü – haben jeweils so viel Potenzial, dass die in knapp vier Stunden vorgetragene Hörbuchfassung noch recht knapp wirkt, um all die verschiedenen, oft versteckt angedeuteten Details zu verarbeiten. Gerade im Hinblick auf die kulinarische Vielfalt, mit der Henn hier spielt, wünscht man sich manchmal noch mehr Einzelheiten, wobei die Kombination aus beidem (Hochgenuss und Spannung) dem Autor echt super gelungen ist.

Zudem muss man sagen, dass die Weinkultur im Ahrgebiet mit all ihren seltsamen Eigenheiten auch sehr gut erfasst wurde. Die Winzer sind ein Volk für sich, so viel steht fest; und dies beschreibt Henn über sein Medium von der Lippe auch sehr schön. So gibt es zahlreiche Anlässe zu schmunzeln, und dies über Dinge, die für das weinvernarrte Volk anscheinend normal sind, für unsereins aber eher komisch wirken. Beispiele gefällig? Nein, bitte selber nachhören, denn wenn der Franzose Antoine seine Kritik zur aktuellen Spätlese abliefert oder der Kellner Franz Xaver mit seinem Wiener Schmäh daherredet, beide dabei aber ganz genau in die Szenerie passen, ist das schon eine echte Wonne – nicht zuletzt und einmal mehr wegen der tollen Lesung des Sprechers Jürgen von der Lippe. Aber adäquat wiedergeben bzw. beschreiben kann man das in Worten nicht.

Bei all den ungewöhnlichen Aspekten dieser Geschichte gerät die Kriminalgeschichte schon mal schnell auf die Nebenspur, wo sie aber natürlich nicht hingehört. Sobald sich Henn vollends auf den wichtigsten Teil des Plots konzentriert – und das macht er auch relativ bald – entwickelt sich eine packende, spannungsgeladene Handlung, der es weder an Überraschungen noch an weiteren sonderbaren Ereignissen mangelt. Und dies so lange, bis Julius Eichendorff aus der Not heraus seine Mördermahlzeit brutzelt und darin die letzte Chance sieht, alle Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

_Fazit_

„In Vino Veritas“ ist im wahrsten Sinne des Wortes ein echter Festschmaus. Man darf wirklich erstaunt sein, wie lebendig Jürgen von der Lippe diese Geschichte vorträgt, und wie es ihm dabei gelingt, sowohl den Aspekten des Krimis als auch den genüsslichen Nebenschauplätzen mit all ihren vollkommen unterschiedlichen Charakteren gerecht zu werden. Nach dem erst kürzlich von mir rezensierten [„Tod und Teufel“ 2566 von Frank Schätzing ist dies nun bereits das zweite Hörbuch aus dem Hause |Emons|, von dem ich vollkommen begeistert bin, so dass ich neben meiner Empfehlung für „In Vino Veritas“ auch mal auf das Programm des Verlags hinweisen möchte, in dem es auf jeden Fall eine ganze Menge zu entdecken gibt.

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Bomm, Manfred – Schusslinie

Eine gute Idee, die Manfred Bomm da hatte. Rechtzeitig zur Fußall-WM hat der deutsche Krimiautor eine Geschichte rund ums aktuelle Geschehen in Deutschland verfasst, bei der in Person von Jürgen Klinsmann sogar eine reale Figur eingegliedert wurde. Der Bundestrainer übernimmt hier jedoch nicht die Rolle des Sunnyboys, sondern spielt das Opfer eines größer angelegten Komplotts. Effekthascherei? Nein, keinesfalls. Mittel zum Zweck? Vollkommen!

_Story_

Kommissar August Häberle ermittelt in einem seltsamen Mordfall, der sich an einer Sportstätte in Geislingen zugetragen hat. Sowohl Funktionäre als auch ortsansässige Poltiker sind über den Vorfall schockiert, schließlich werfen solche Ereignisse ein Jahr vor der Fußball-Weltmeisterschaft kein gutes Licht auf den Deutschen Fußball-Bund. Als dann die Identität des Toten aufgedeckt wird, stellt sich heraus, dass es sich hierbei um einen einflussreichen früheren Freund von Jürgen Klinsmann handelt, der anscheinend von Dingen wusste, die anderen politischen Personen hätten schaden können. Häberle stürzt sich auf die Arbeit und taucht immer tiefer in einen Sumpf aus Intrigen, Korruption und Falschspielerei ein.

Dabei stößt er auf eine geheimnisvoll auftretende Prostituierte, einen zwielichtigen Unternehmer, nimmt aber auch Kontakt zum Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft auf, um diesen zu den Vorfällen zu befragen. Dann gerät die Situation aber außer Kontrolle: Klinsmann selber wird von den Drahtziehern des Verbrechens entführt und weitere Leute werden umgebracht. Und als dann in Berlin auch noch Dokumente über eine offensichtlich geplante Bestechungsaffäre auftauchen, ist längst die ganze Nation über den wohl größten Skandal der deutschen Fußballgeschichte – und dies ein Jahr vor der WM – informiert …

_Meine Meinung_

Skandalöse Affären hat es im Fußball in den letzten Jahren ja leider zuhauf gegeben, man denke nur mal an den jüngsten Wettskandal in der italienischen Liga. Weiterhin haben sich die Funktionäre der gerade angelaufenen Weltmeisterschaft ja auch nicht mit Ruhm bekleckert, als es um die Kartenvergabe und weitere sportpolitische Entscheidungen rund um die WM ging. Insofern greift Manfred Bomm in seinem Krimi einige durchaus aktuelle Themen auf und verteilt dabei auch geschickt einige Seitenhiebe auf die immer mehr zum Politikum avancierten Sportveranstaltungen um das runde Leder.

Allerdings ist „Schusslinie“ natürlich in erster Linie ein gesundes Stück Unterhaltung, welches bei weitem das befürchtete „Bild“-Zeitung-Niveau (man verzeihe mir meine Vorurteile) übertrifft. Bomm hat hier nicht nur einen sehr guten Kriminalroman entworfen, sondern zugleich eine wirklich komplexe Story kreiert, welche den Leser durch die immer neu auftauchenden Teilaspekte mehrfach auf eine komplett falsche Fährte führt – ebenso wie den ermittelnden Kommissar August Häberle.

Der Aufbau ist deshalb auch das Glanzstück des Romans; beginnend mit dem Mord an der unbekannten Person, konstruiert Bomm eine immer verzwickter werdende Handlung, bei der man nie wirklich sicher sein kann, die tatsächlichen Ereignisse richtig erfasst zu haben. Sobald sich bei Häberle eine Spur zu ergeben scheint und der Leser (bzw. in diesem Fall der Zuhörer) diese näher verfolgt, wird sie auch schon sehr zügig wieder über den Haufen geworfen und durch neue Fährten ersetzt. Man mag zwar glauben, dass diese Herangehensweise die Geschichte aus dem Zusammenhang kickt, aber weil es dem Autor sehr gut gelungen ist, selbst die Überraschungsmomente stringent am deutlich erkennbaren roten Faden zu orientieren, verliert man nie den Überblick und durchlebt so auch zahlreiche Aha-Momente, bis zur Auflösung der weit reichenden Intrigen rund um den Sport.

Natürlich ist die anstehende Weltmeisterschaft im weitesten Sinne nur Mittel zum Zweck und für die Aufklärung erst einmal gar nicht so wichtig. Bomm war eben nur so geschickt, die aktuellen Ereignisse zum passenden Moment auszunutzen und so auch zum treffenden Zeitpunkt das Interesse auf sich und sein neues Werk zu lenken. Im Großen und Ganzen ist die WM nämlich nur ein verhältnismäßig kleiner Aufhänger inmitten des großen Mordkomplotts. Und dennoch sollten fußballinteressierte Leser noch eher Gefallen an dieser Erzählung finden, denn wer mit einem gewissen Hintergrundwissen um die jüngsten Skandale aufwarten kann, ist beim Verständnis der Rahmenhandlung klar im Vorteil.

Bei der prinzipiell sehr gelungenen Hörbuchfassung stellt sich mir nur eine Frage: Warum muss ausgerechnet eine Frau die von Männerstimmen dominierte Geschichte erzählen? Kerstin Eckert als Sprecherin zu kritisieren, liegt mir zwar wirklich fern, doch man merkt schon ganz deutlich, dass ihre Fähigkeiten, maskuline Intonationen hinzubekommen, geschlechtlich bedingt arg zu wünschen übrig lassen. Dies kann sie allerdings dann auch wieder durch ihre fundierten Sprachkenntnisse ausgleichen, wobei vor allem ihr schwäbischer Dialekt äußerst sympathisch herüberkommt. Alles in allem also dennoch eine gute Wahl für dieses sehr gelungene Kriminal-Hörbuch.

_Fazit_

Sympathische Charaktere, sehr spannende Story und viele falsche Fährten bei den Ermittlungen zum Mord im Vorfeld der Fußball-WM. Manfred Bomm hat mit „Schusslinie“ einen sehr authentischen Krimi zu den politischen Randerscheinungen des Sports geschrieben und geschickt auf den richtigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung des (Hör-)Buchs gewartet. Wer trotz der derzeit aktiven Wettstreitigkeiten noch immer nicht genug von der schwarzweiß befleckten Pille bekommen kann, ist mit dieser Geschichte prima bedient.

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Renz, Franz / Picard, Dominique – Sensations, Science & Stories Vol. 1

Wissen mittels eines Hörbuchs zu vermitteln, ist kein einfaches und ein sicherlich sehr gewagtes Unterfangen. Die Gefahr, dass hierbei eine nüchterne und rein faktische Lesung ohne jegliche Lebendigkeit entsteht, ist nämlich ziemlich groß, gerade wenn die angesprochenen Themen ihre Basis in der fernen Vergangenheit haben und hinsichtlich der Aktualität oftmals weit überholt sind.

„Sensations, Science & Stories“ verfolgt daher auch einen etwas anderen Ansatz. So werden hier auch Tatsachenberichte zu wissenschaftlichen Ereignissen wiedergegeben, dies aber zu Themen, die in den meisten TV-Wissenssendungen als ‚eher uninteressant‘ beiseite geschoben würden. Ob berechtigt oder unberechtigt – nun, das liegt im eigenen Ermessen.

Aufbauend auf den vorgegebenen Themen der beiden Autoren Dr. Franz Renz und Dominique Picard erzählt Sprecher Olaf Pessler zunächst davon, wie einst das Bier gekühlt wurde. Pessler beschreibt, wie bereits damals die alten Mönche lernten, das Bier kalt zu lagern, um so den Geschmack und den Erhalt zu sichern, und leitet nahtlos über zur Erfindung des Kühlschranks und dessen Bedeutung für die Moderne. Mit einigem Humor berichtet er auch von der tatsächlichen Motivation zum Biergenuss, die vorwiegend der eigenen Bewusstseinstimulation diente und sich erst später zugunsten des Geschmacks verschob.

In einer Überleitung schildert er die Erfindung des Sprengstoffs Nitroglycerin, dessen Eigenschaften und die davon ausgehende Gefahr bis hin zu dem Zeitpunkt, als Mittel und Wege gefunden wurden, es zu kontrollieren und im Folgenden für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Neben Erfindern wie Alfred Nobel wirft man dabei auch anderweitig bekannte Namen wie „Frankenstein“-Autorin Mary Shelley und die Gebrüder Grimm in die Runde und erstellt dabei einige wirre, aber gar nicht mal so uninteressante Zusammenhänge. Darauf aufbauend werden weitere multifaktorielle Konstrukte aus dem Gebiet der Wissenschaft dargelegt, Sinnverbindungen hergestellt, gleichzeitig aber auch wieder Fragen aufgeworfen, in denen der Hörer nicht selten zwischen Tatsache und Fiktion zu unterscheiden versucht. Inwiefern hier eine Relation besteht, decken die Autoren bzw. der Sprecher aber nicht auf.

Eine interessante Idee bleibt eine interessante Idee, muss aber nicht zwingend Garant für eine packende Hörspielinszenierung sein. „Sensations, Science & Stories“ ist dabei aber weder das eine noch das andere Extrem, soll heißen, weder schlecht noch durchweg überzeugend. Man kann den Machern auf keinen Fall mangelnden Ideenreichtum bei der Umsetzung vorwerfen, allerdings bleibt die Wissensvermittlung trotz allem in manchen Abschnitten ein wenig dröge und kann auch von den einzelnen gespielten Rückblenden in die jeweilige Zeit nicht wirklich belebt werden. Dabei sind die angeschnittenen Themenbereiche wirklich erfrischend und eben nicht das, was man tagtäglich in vergleichbaren TV-Sendungen vorgesetzt bekommt. Insofern ist die ursprünglich 2004 eingespielte Produktion sicherlich auch eine lohnenswerte Sache für das wissbegierige Publikum – selbst wenn die meisten Zusammenhänge recht ungewöhnlich erscheinen.

Die Kehrseite besteht indes aus der fehlenden Authentizität bei den Hörspiel-Sequenzen und dem gekünstelten Getue der hier vertretenen Sprecher. Sie leben die Geschichten nicht, sondern verkaufen sie ganz genau so, als sei es nur ihr Job, sie vorzulesen. Dieses Manko war bereits bei vorangegangenen Produktionen aus dem Hause |Hörspiele Welt| festzustellen und kann auch hier – wenngleich es nicht so schwer wiegt wie meinetwegen bei „Die schwarze Stunde“ – nicht ganz abgestellt werden.

Und so bleibt die ganze Sache auch ein Für und Wider, bei der das ziemlich frische und im Grunde genommen gut durchkonstruierte Konzept überzeugt, die Leistungen der Sprecher (abgesehen von Olaf Pessler) aber weitestgehend missfallen. Wissensdurstige werden sich sicherlich über ein solches Projekt (dessen Fortsetzung noch in diesem Jahr geplant ist) freuen, echte Hörspiel-Fans hingegen werden die etwas bröckelige Aufführung wahrscheinlich nur mit Kritik bedenken. Wie gesagt, eine interessante Idee bleibt eine interessante Idee, aber leider auch nicht viel mehr.

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Carisi, Brian / Merlau, Günter – Caine – Todesengel (Folge 2)

Folge 1: [„Das Amulett von Kyan’Kor“ 2050

Heiß ersehnt, lange erwartet – endlich ist es da, das zweite Hörspiel des |Lausch|-Debüts „Caine“. In „Todesengel“ wird die Geschichte um den coolen Serienkiller jedoch auf eine Art und Weise fortgestezt, die selbst die allergrößten Erwartungen an die Serie übertrifft. Komplexer, actionreicher und noch rasanter werden die Szenen gestaltet – und damit auch das beste Hörspiel seit ewig langer Zeit veröffentlicht. Eines kann ich nämlich schon vorwegnehmen: An diesem Maßstab werden sich nachfolgende Produktionen (auch aus dem Hause |Lausch|) einigermaßen die Zähne ausbeißen!

_Story_

Caine, inzwischen ins Reich der Dunkelelfen abgekehrt, bekommt von seinen neuen Arbeitgebern den ersten Auftrag zugesteckt. Wie einst soll er für das fremde Volk den Killer mimen und dabei jetzt einen ganz dicken Fisch aus dem Weg räumen: den Mafia-Boss Moretti, der selbst mit den verfeindeten Aganoi in Verbindung steht. ALlerdings gestaltet sich die Rückkehr in den irdischen Sektor nicht so leicht wie erhofft. Caine werden nämlich die benötigten Papiere verweigert, so dass er gezwungen ist, mit anderen Lagern zu kooperieren. Hierbei bekommt Caine Unterstützung von einem weiteren Todfeind Morettis‘, dem chinesischen Mafiosi Tang. Und auch die geheimnisvolle Organisation von Collin Drake ist bemüht, mit Caine einen Deal einzugehen. Als es Caine dan tatsächlich gelingt, in die Nähe seines Opfers zu gelangen, überschlagen sich die Ereignisse; aus einem aussichtsreichen, fast schon sicheren Unterfangen entwickelt sich ein Debakel, infolge dessen Caine selber in die Flucht geschlagen wird. In letzter Sekunde kann er von seinen neuen Kumpanen gerettet werden. Erst da realisert Caine, dass seine neuen Aufträge bei weitem gefährlicher und die Gegner viel, viel mächtiger sind als noch damals vor seiner Verurteilung …

_Meine Meinung_

Das erste Hörspiel zu „Caine“ wurde im letzten Jahr bereits sehr euphorisch abgefeiert und verlieh sowohl dem Verlag als auch dem Hauptdarsteller einen gewissen Kultstatus, von dem |Lausch| auch in den nachfolgenden beiden Produktionen noch zehren konnte. Nun aber folgt die große Zerreißprobe und damit verbunden die Frage, ob man das hohe Niveau würde halten können. Doch nicht nur dies ist gelungen, sondern es hat auch eine gehörige Steigerung stattgefunden, die in wirklich allen Bereichen der Handlung auszumachen ist.

Kommen wir zunächst zum wesentlichsten Bestandteil der Geschichte, nämlich der Action. In nahezu jeder einzelnen Sekunde der knapp einstündigen Spieldauer wird hier ein Hollywood-Spektakel sondergleichen veranstaltet, denn Caine gerät im stetigen Wechsel von einer Front an die nächste und sorgt damit für das wohl waffenreichste Hörspiel, das man sich denken kann. Schusswechsel sind das A und O der Rahmenhandlung und werden seitens des Hauptakteurs auch noch mit einigen sehr coolen, flotten Sprüchen bedacht. Wenn hier nicht ein moderner James Bond geboren wurde, dann weiß ich es auch nicht.

Der nächste Punkt, die Effekte: Der zweite Teil von „Caine“ ist ein Spektakel, angetrieben von Bombast und opulenten Soundeffekten, und geradezu monströs inszeniert. In fast allen Action-Sequenzen wünscht man sich, das Hörspiel wäre in Dolby Digital erschienen, damit die ohnehin schon eindrucksvolle Wirkung der auditiven Untermalung einen noch größeren Wert bekommt. Aber alleine das hier Aufgefahrene ist schon der absolute Hammer und nimmt – ähnlich wieder Plot – Züge an, die man berechtigterweise mit Referenz-Produktionen wie „Matrix“ vergleichen muss. Kino für die Ohren!

Schließlich die Handlung: Wow! Das ist es! Ja, genau so etwas will man hören, wenn man ein modernes Hörspiel einlegt. Eine nicht zu simple Story, mächtig Action, unvorhersehbare Verläufe, abstrakte Gedankenzüge, ein stetiger Kampf zwischen Höchstgeschwindigkeit und Zeitlupentempo und Charaktere … ja, Charaktere, die mit Superlativen kaum noch zu beschreiben sind. Näher darauf einzugehen, ja überhaupt viel zu verraten wäre Unsinn. Wichtig ist nur eines: „Caine 02“ ist die nächste Trumpfkarte dieses Verlags und hievt das junge Label |Lausch| endgültig an die Spitzenposition des gespielten Thriller-Genres. Man |muss| das einfach gehört haben.

Warum also lange schwadronieren. In der Zeit, in der man diese Kritik gelesen hat, hätte man das Teil auch schon längst bestellen können. Der 9. Juni 2006 war Stichtag und vielleicht sogar der Beginn einer ganz neuen Ära im Hörspiel-Bereich. Lebendiger und actiongeladener kann man eine derartige Produktion nicht mehr gestalten – was gleichzeitig bedeutet, dass eine Steigerung undenkbar scheint. Aber Überraschungen scheinen ja die Spezialität von |Lausch| zu sein …

http://www.stevencaine.de/
http://www.merlausch.de/

Schätzing, Frank – Tod und Teufel

Nachdem Frank Schätzing mit [„Der Schwarm“ 731 einen wirklich genialen Bestseller verfasst und von Seiten der Presse endlich auch die Wertschätzung erhalten hat, die er schon seit längerer Zeit verdient, ist das Interesse am deutschen Erfolgsautor gewaltig. Diesem Umstand ist es nun wohl auch zu verdanken, dass Schätzings bereits hoch gelobtes Debütwerk „Tod und Teufel“ dieser Tage wieder ins Gespräch kommt. Der historische Roman, mit dem der Autor 1995 seinen Einstieg feierte, ist seit einiger Zeit auch als Hörbuch erhältlich und führt uns auf insgesamt 8 CDs zurück ins mittelalterliche Köln, genauer gesagt ins 13. Jahrhundert – und in eine Zeit, in der Verschwörungstheorien fast genauso aktuell waren wie zur Ära von Dan Brown und seinen Nachahmern.

_Story_

Köln im Jahre 1260: Erzbischof Rainald von Dassel hat die Gebeine der Heiligen Drei Könige als Beute aus dem Krieg mitgebracht und seine Heimatstadt im Nu zur Pilgerstätte für das gesamte Christentum verwandelt. Neben all den rechtschaffenen Bürgern, die gerne mehr über den historischen Fund erfahren wollen, zieht es aber auch Taugenichtse, Diebe und Betrüger nach Köln, welche die Situation gerne nutzen möchten, um sich am bunten gesellschaftlichen Treiben illegal zu bereichern.

Einer von ihnen ist Jacop, ein herzensguter Tollpatsch, der lediglich aus Armut auf unredsame Weise sein täglich Brot zusammenstiehlt. Als er eines Tages nach ein paar Äpfeln trachtet, die neben der Baustelle des gerade entstehenden Doms auf einem Baum wachsen, wird er unversehens Zeuge eines Mordes. Niemand Geringerer als der Dombaumeister Gerhard Morart wird von Unbekannten von einem Gerüst an der offenen Baustelle in den Tod gestoßen. Jacop, genannt ‚Der Fuchs‘ ist von diesem plötzlichen Ereignis derart schockiert, dass er ebenfalls stürzt und dabei direkt neben dem Sterbenden aufschlägt. Morart kann dem unfreiwilligen Zeugen mit letzter Kraft noch einige Worte zuflüstern. Dies bleibt dem Mörder jedoch nicht verborgen, der noch an Ort und Stelle Jagd auf Jacop macht, ihn aber entkommen lassen muss.
Jacop ist daraufhin ziemlich aufgedreht; von Morart hat er erfahren, dass eine große Verschwörung im Gange ist, an der höchste Gremien der Stadt beteiligt sind, und weil er dieses Wissen nicht verbergen kann, erzählt er seinen beiden Freunden Maria und Tillmann von der Tat. Deren Schicksal ist damit besiegelt: beide Eingeweihten sind kurze Zeit später tot.

‚Der Fuchs‘ gerät infolgedessen immer mehr in Bedrängnis, findet in dieser brenzligen Lage aber Zuflucht bei der Färberstochter Richmodis, die mit ihrem stets volltrunkenen Vater und ihrem Onkel, dem gebildeten Physikus Dechant Jaspar, zusammen lebt. Als diese jedoch eingreifen und Jacop beim Aufspüren der finsteren Gestalten behilflich sind, greift der Mörder des Dombaumeisters ein weiteres Mal ein und bringt das neue Gefolge in größte Gefahr. Und dabei war der erste Mord nur ein kleiner Baustein inmitten einer riesigen Verschwörung …

_Meine Meinung_

Wow, was für eine geniale Geschichte! Selbst in Zeiten, in denen besagter Dan Brown mit seinen verschiedenen rätselhaften Theorien eine Menge Staub aufwirbelt und man den Eindruck hat, dass zwischen Katharern, Gottlosen und Kreuzrittern mittlerweile alle verschwörerischen Gruppen in vergleichbaren Romanen genügend Zuspruch gefunden haben, ist „Tod und Teufel“ noch etwas Besonderes und absolut nicht minder spannend als „Illuminati“ oder das gerade wieder populäre „Sakrileg“. Die Geschichte um den verwegenen Tagedieb Jacop beginnt dabei so rasant, dass man gar nicht erst Zeit hat, sich über Ähnlichkeiten (wobei man bitte beachten sollte, dass dieses Buch vor der Brown-Ära entstanden ist) Gedanken zu machen. Recht schnell ist die Rahmenhandlung aufgebaut, und bevor man sich noch näher mit der historischen Einordnung der Ereignisse bechäftigen kann – die übrigens in diesem Fall prima recherchiert sind – liegt Jacop bereits am Boden neben dem sterbenden Dombaumeister und empfängt dessen letzte, folgenschwere Botschaft. Auch wenn Schätzing das Tempo nicht über die gesamte Dauer halten kann, ist es schon beachtlich, wie schnell es prinzipiell zu ermöglichen ist, den Leser bzw. in diesem Fall den Hörer mitten in eine prekäre Situation zu versetzen, in der man sich selber zeitweise als Teil des Protagonisten fühlt.

Jacop ist dabei nicht einmal eine wirklich besondere Figur; er hat zwar das Herz am rechten Fleck, und man verzeiht ihm auch schnell seine negativen Eigenschaften, aber er ist im Grunde genommen auch nur ein Normalbürger und damit auch kein besonderer unter vielen. Erst die unerwarteten Geschehnisse in seiner Umgebung und die seltsame Situation, in die er rasant hineingezogen wird, machen ihn zu einer Art Heldenfigur, die vom Profil her allerdings gar nicht als solche taugt. Schließlich ist Jacop als Person ein wenig trottelig und auch wegen seiner Statur nicht aus dem Stoff, aus dem Helden geschaffen sind. Der Ernst der Lage ändert an dieser Tatsache dann aber einiges; man fühlt sich mit dem Hauptdarsteller verbunden, nimmt Anteil an seinem unglücklichen Schicksal und wünscht ihm, schnellstmöglich Sicherheit und Geborgenheit zu finden; Dinge, die er in seinem bisherigen Leben nie hatte, nun aber nötiger braucht als je zuvor.

Die Beziehung, die man zu diesem Charakter aufbaut, bewirkt aber auch, dass man ihn irgendwann überschätzt und die Gefahr, die sich in wirklich jedweder neuen Situation für ihn ergibt, unterschätzt – was Jacop anfangs übrigens auch tut. Er ist zwar Zeuge eines Mordes, glaubt aber dennoch, dass er mit Hilfe seiner beiden Freunde vor den Auswirkungen seines Beiseins geschützt ist. Erst als der Tod ein weiteres Mal in seine Nähe tritt und ihn auch noch direkter betroffen macht, ist er sich bewusst, wie umfassend die Verschwörung ist, die ihn aus dem Nichts überrollt hat.

In erster Linie ist „Tod und Teufel“ daher auch ein historischer Thriller, jedoch mit durchaus moderner Sprache. Schätzling misst den bürgerlichen Gepflogenheiten des 13. Jahrhunderts zwar einen gewissen Wert zu, hält sich sprachlich aber selber nicht immer an die Vorgaben, die der geschichtliche Hintergrund liefert. Dies ist jedoch keine direkte Kritik, sondern eher die Feststellung, dass abseits der beschriebenen Umgebung nicht alles den tatsächlichen Begebenheiten des Jahres 1260 in Köln entspricht. Schätzing hat, wie bereits erwähnt, sehr genau recherchiert und vor allem die Geschichte der Stadt in den Vordergrund gestellt, im Bezug auf das gesellschaftliche Miteinander dann aber eher auf eine lockere Atmosphäre gesetzt. Mir persönlich gefällt dies ziemlich gut, wobei ich mir aber auch vorstellen kann, dass Geschichtsfanatiker in diesem Zusammenhang mehr Wert auf vollkommene Authentizität legen. Doch hier darf der Geschmack auch gerne verschieden sein. Allerdings können die vielen intellektuellen Wortduelle zwischen Richmodis Vater Goddert und seinem Trinkbruder Jaspar Rodenkirchen diesbezüglich wieder viele erregte Gemüter besänftigen und steigern alleine durch ihre Präsenz den Anspruch dieses hier vorgelesenen Romans noch einmal gehörig.

Letztendlich ist dem Autor so auch die richtige Mischung gelungen; „Tod und Teufel“ ist sowohl historischer Roman als auch Krimi, Verschwörungs-Thriller und Drama, je nachdem, ob man nun mehr auf die Charaktere oder den Plot als solchen blickt. Eines haben alle diese Versatzstücke aber gemeinsam: Sie tragen allesamt dazu bei, dass hier eine wunderbare Erzählung zustande gekommen ist, die zwar mittendrin ein paar dezente Längen aufweist, zum Ende hin aber (nicht zuletzt wegen der wunderbaren Atmosphäre) wieder derart Schwung aufnimmt, dass man nicht mehr von ihr ablassen kann, bis es zur entscheidenden Szene gekommen ist. Und deshalb kann ich im Fazit auch ohne schlechtes Gewissen behaupten, dass jeder, der „Sakrileg“ und „Der Schwarm“ gelesen hat und dabei auch historische Inhalte bevorzugt, dieses (Hör-)Buch lieben wird. Ganz sicher!

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Poe, Edgar Allan / diverse Interpreten – Visionen

Edgar Allan Poe – der Name steht für einen Literaten, der die Seelenzustände des Menschen beschreibt und dem Horror, der sich in seinen Werken entfaltet, eine ganz persönliche Note verpasst. Keine Frage, Poes Erzählungen und Gedichte sind zeitlos, selbst mehr als 150 Jahre nach seinem viel zu frühen Tod im Jahr 1847.
Dass der Dichter und Denker noch immer aktuell ist, zeigen die zahlreichen Sammelbände und Luxusausgaben, die die Buchhandlungen allerorts schmücken. Stärker noch bedingt als durch das klassische Printmedium, ist vor allem durch die Welle der Hörbücher der Name Edgar Allan Poe wieder in den Vordergrund gerückt. Stellvertretend dafür kann die Hörspielreihe von |Lübbe Audio| genannt werden, die sich Poes annahm und seine zahlreichen Werke vertonte – und mit Ulrich Pleitgen und Iris Berben als Sprecherduo einen Qualitätsstandard erreichte, der dem Meister des makabren Grauens gerecht wird.

Pleitgen und Berben sind es auch, die sich des Projektes „Edgar Allan Poe – Visionen“ annahmen. Doch nicht nur sie, sondern eine ganze Reihe hochkarätiger nationaler und internationaler Stars und Musiker haben sich an dem ambitionierten Vorhaben beteiligt. Herausgekommen ist eine Doppel-CD, die zum einen ausgewählte, von erfahrenen Sprechern vorgelesene Gedichte von Poe enthält und zum anderen ein Konglomerat an Songs von Künstlern, die von dem Schriftsteller beeinflusst worden sind.

|CD 1 – Poes Gedichte|

Der erste Silberling umfasst auf 14 Stücken 12 verschiedene Gedichte. Los geht es mit Ulrich Pleitgens Interpretation von Poes wohl berühmtestem lyrischen Werk, seinem Meisterstück „Der Rabe“. Nicht zuletzt dadurch, dass dieses Gedicht selbst eine Geschichte erzählt, baut Pleitgen einen Handlungsbogen auf, der den Hörer gleich zu Beginn zu fesseln versteht. Mit seiner einnehmenden Stimme berichtet er aus der Sicht des einsamen Erzählers, der halb im Schlaf über alten Folianten liegend ein Pochen wahrnimmt. Sich selbst nicht klar über seine Gedanken, die ihm wild im Kopf herumkreisen, findet er sich in einem Zustand zwischen Realität und Traum wieder. Ist es seine Lenore, die er einst verloren hat und die nun wieder zu ihm zurückkommt? Ihn zumindest im Schlaf von seinen Qualen erlöst und um Einlass in sein Haus bittet? Der Erzähler verdrängt den Gedanken wieder, doch das Pochen lässt nicht nach. So öffnet er schließlich das Fenster und sieht, wie ein großer, schwarzer Rabe hereingeflattert kommt und ihn mit bohrendem Blick anstarrt. Doch die einzige Antwort, die ihm der Vogel auf alle seine Fragen gibt, ist ein gekrächztes Nimmermehr.

Um dem zentralen Gedicht Poes Rechnung zu tragen, wird es am Ende der CD noch einmal in englischer Fassung dargeboten, von niemand Geringerem als Christopher Lee. Dass diese Version ebenfalls überzeugen kann, mag aufgrund Lees ausgebildeter Opernstimme nicht verwundern. Dennoch erscheint es im direkten Vergleich nicht ganz an Pleitgens Interpretation heranzukommen. Möglicherweise dadurch, dass sich der deutsche Schauspieler durch seine anderen Hörbuchumsetzungen mittlerweile zu einem wahren Poe-Kenner entwickelt hat. Doch Lees Leistung soll dadurch nicht geschmälert werden. So steuert er zusätzlich „Ein Traum in einem Traum“ bei, ein kurzes zweistrophiges Gedicht, das von der Vergänglichkeit des Seins berichtet. Es entfaltet eine romantische und melancholische Stimmung, die die typischen Erkennungsmerkmale Poes trägt. Vordergründig direkt, doch unter der Oberfläche verschlungen und mit tief liegenden, nur allzu oft düsteren Geheimnissen verstrickt.

So bildet denn auch die Auswahl der weiteren Titel einen gelungenen Querschnitt durch Poes lyrisches Schaffen, regt zum Träumen, aber auch zum Nachdenken an. Ditmar Bär, Kai Wiesinger und Gudrun Landgrebe sind weitere Namen, die sich Poes angenommen haben und ihm auf ihre Weise ein weiteres Denkmal setzen. Zwar schwanken die Umsetzungen von Sprecher zu Sprecher und mögen je nach Neigung dem einen mehr, dem anderen weniger gefallen, als Einheit betrachtet können sie jedoch durchweg überzeugen. Den roten Faden, der die Gedichte miteinander verknüpft, bildet dabei die musikalische Untermalung, die schwerpunktmäßig vom Berliner Filmorchester eingespielt wurde. In der Regel leise mitklingend im Hintergrund, spielt es sich an den passenden Stellen auch mal nach vorne und verstärkt die durch die Gedichte bereits hervorgerufenen Emotionen. Die Musik wirkt hierbei nie aufgesetzt, sondern passt sich der thematischen Stimmung an und rundet die CD angemessen ab.

|CD 2 – Songs durch Poe inspiriert|

Weist die erste CD noch den Status eines Hörbuches auf, so geht die zweite Scheibe in Richtung einer musikalischen Compilation, die als Verknüpfungspunkt die thematische Einordnung durch die Inspiration von Poes Werken enthält. Nimmt man diesen Aspekt weg, so erscheint es kaum möglich, die Bands und Künstler, die sich auf der CD versammelt haben, einer Sparte zuzuordnen. Während die Jungen Tenöre die moderne Klassik bedienen und Künstler wie Vince Bahrdt von Orange Blue radiotaugliche Popmusik machen, sind Subway To Sally und L´Âme Immortelle eher aus dem Rock- und Gothic-Sektor bekannt. Als Sahnehäubchen präsentiert sich ein weiteres Mal Christopher Lee, der hier ebenfalls seine musikalischen Fähigkeiten unter Beweis stellt.

Vielleicht gerade durch die unterschiedliche Herangehensweise, wie die Musiker zu Poe gefunden haben, ist die CD eine abwechslungsreiche Mischung geworden, die das Herz eines jeden Liebhabers einfühlsamer Töne erfreuen wird. So ist der Grundtenor ruhig, auch wenn es ab und an ein paar härtere Töne zu hören gibt. Die Symbiose aus orchestralen Instrumenten, Klavieruntermalung, Elektrosounds und passend akzentuierten E-Gitarren schafft einen gekonnten Stil aus Melancholie und Bombast, der beim Hörgenuss zu prickelnder Gänsehaut führt. Zwar können die Songtexte selten ihrem Vorbild das Wasser reichen, doch als Verbeugung vor dem Literaten taugen sie allemal. Die Songs, die durch einen Sprechgesang geprägt sind, trügen allerdings den Gesamteindruck. Sie sind für sich gesehen intelligent produziert und gut aufgebaut, fallen aber ein wenig aus dem Kontext heraus und hätten eher auf die erste CD gepasst, sofern sie denn Originaltexte gewesen wären. Auf der zweiten Scheibe hätte der ein oder andere zusätzliche, gesungene Song nicht geschadet.

|Fazit|

„Edgar Allan Poe – Visionen“ ist ein überzeugendes Gesamtkunstwerk geworden. |Lübbe Audio| hat renommierte Sprecher und Musiker versammelt und versucht, dem Schriftsteller und seinen Werken gerecht zu werden. Bis auf wenige Ausnahmen ist dies auch gelungen. Es ist eine Doppel-CD enstanden, die unterhalten, ihre wahren Qualitäten aber nur bei einem Glas Rotwein vor dem Kamin offenbaren kann. Denn erst dann werden sich Poes Visionen, die auf die Silberlinge gepresst worden sind, in den Gehörgängen und den eigenen Gedanken entfalten.

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Le Fanu, Joseph Sheridan – schwarze Stunde, Die (2)

Auch in der zweiten Episode von „Die schwarze Stunde“ hat sich der Verlag |Hörspiele Welt| einem klassischem Orignal gewidmet, dieses Mal jedoch einer einzelnen Geschichte, nämlich dem berühmten Stück „Carmilla“ von Joseph Sheridan Le Fanu. Die Erzählung gilt gemeinhin als eines der ersten Stücke, das sich mit der zweifelhaften Romantik des Vampirismus beschäftigt hat. So wurde unter anderem auch Bram Sroker für sein Meisterwerk „Dracula“ von dieser Legende aus der irischen Literatur beeinflusst. Leider aber wurde „Carmilla“ bzw. dem Autor nie die gebührende Achtung entgegengebracht. Der Titel blieb eine Erzählung, die einem erlesenen, interessierten Publikum vorbehalten blieb und nur dort auch gewürdigt wurde.

Nun erscheint das im Jahre 1872 geschriebene Stück erstmals auch als Hörspiel und setzt damit die Reihe „Die schwarze Stunde“ um einiges besser fort, als der Einstieg in Episode 1 dies erhoffen ließ.

_Story_

Bereits in frühester Kindheit wird die kleine Laura mit übersinnlichen Begebenheiten konfrontiert. Ihre Träume sind geprägt von düsteren Geschehnissen, und so trifft sie dort eines Nachts eine hübsche Frau wieder, die ihr aber mit ihrem mysteriösen Antlitz großen Schrecken einjagt. Dieser Vorfall ängstigt sie derart, dass sie fast bis ins Erwachsenenalter hinein nachts nicht mehr alleine sein kann.

Viele Jahre später wird Laura Zeugin eines Kutschenunfalls, dem zwei Frauen – eine Mutter mit ihrer Tochter – zum Opfer fallen, die ihn aber glücklicherweise überleben. Jedoch ist die ältere Dame ziemlich verarmt und kann nicht mehr adäquat für ihre Tochter sorgen. Lauras Vater, ein gut betuchter Landbesitzer, bietet an, das hübsche Mädchen für einige Zeit in seine Obhut zu nehmen und sich um ihre Belange zu kümmern, während die Mutter für ihren eigenen Unterhalt sorgen kann.

Laura freundet sich schnell mit dem Mädchen an, stellt aber alsbald fest, dass sie es ist, die sie damals in ihren Träumen gesehen hat. Doch auch Carmilla, ihre neue Gefährtin, erzählt von einem Traum, in dem Laura ihr erschienen ist. Zwischen den beiden entwickelt sich eine sehr intensive Freundschaft, die besonders von Carmillas Seite aus häufiger über die erlaubte Moral hinausschießt. Carmilla spürt eine regelrechte Begierde für Laura und lässt diese ihre Leidenschaft auch permanent spüren. Langsam aber sicher wird Laura die Situation unheimlich.

Carmilla verhält sich nämlich auch ansonsten immer merkwürdiger, beweist einen sehr makabren Humor, wird aber fast ängstlich, wenn die Glocken der ansässigen Kirche läuten. Als Carmilla dann eines Tages aus ihrem Zimmer verschwindet und sich in dem kleinen Ort einige beängstigenden Dinge zutragen, offenbart sich ein düsteres Geheimnis, von dem Laura niemals zu träumen gewagt hätte – nicht einmal in den finsteren Nachtmahren ihrer verängstigten Vergangenheit.

_Meine Meinung_

„Carmilla“ ist tatsächlich ein Klassiker und bietet inhaltlich absolut keinen Makel. Die Geschichte um das unscheinbare, fröhliche Mädchen, hinter dem sich eine dämonische Erscheinung verbirgt, ist einfach nur klasse und verdient auch jedwede Würdigung – zumindest hinsichtlich des zugrunde liegenden Plots. Bei der Hörspielfassung sieht dies aber leider wieder ein wenig anders aus, denn wiederum krankt die Angelegenheit an einigen Schwachpunkten, die in diesem Fall allerdings vermehrt auf die Sprecher zurückzuführen sind. Vor allem die weiblichen Stimme, und hier in erster Linie Karin Kuschik als Carmilla, sind weit davon entfernt, die inbegriffenen Emotionen überzeugend herüberzubringen und verleihen der Geschichte trotz ihrer originellen Dramaturgie einen fast schon heiteren Beigeschmack – und das kann ja wohl nur schlecht sein. Vestehen wir uns nicht falsch, die Geschichte kann man sich in der Version von |Hörspiele Welt| recht gut anhören, aber darin versinken wird man in den meist oberflächlichen Dialogen bestimmt nicht.

Glanzpunkte kann diesbezüglich eigentlich nur die Erzählerstimme von Christian Schult setzen, der mit seinen ernüchternden Einschüben auch den ernsten Unterton immer mal wieder herbeizitiert. Dieser bleibt nämlich zwischendurch gern auf der Strecke, wenn sich die beiden Mädels umeinander sorgen.

In dieser Fassung ist „Carmilla“ daher auch nur hörbarer Stoff für zwischendurch, sicher aber nicht die angemessene Umsetzung eines literarischen Meisterwerks. Es fehlen Atmosphäre und Tiefgang, und selbst die Spannung bleibt auf einem höchstens passablen Niveau hängen, kommt aber erst zum Ende – und damit eigentlich auch viel zu spät – so recht zur Geltung. Bis kurz vor Schluss muss man auch warten, bis die Erzählung bezüglich des Tempos in die Gänge kommt. Die Story schleppt sich selber mühevoll bis zur Ziellinie, überquert aber zumindest diese noch überzeugend. Gott sei Dank hat man nicht an klanglichen Effekten gespart, denn diese machen tatsächlich einiges her und retten so manche in die Länge gezogene Passage. Immerhin.

Mir persönlich ist dies allerdings trotzdem zu wenig; der Serie gingen einige Vorschusslorbeeren voraus, aber bislang ist sie eine echte Enttäuschung, wenngleich auf jeden Fall eine geringfügige Verbesserung seit dem ersten Teil zu vermerken ist. Zu einer echten Empfehlung reicht es bei der massiv präsenten Konkurrenz aber definitiv nicht!

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Topf, Markus – Ein Fall für Leon Kramer – Der Kodex (Episode 1)

Mit „Ein Fall für Leon Kramer“ startet die |Hörspiele Welt| eine neue Krimiserie, die aufgrund der übersinnlichen Thematik der ersten Episode ein wenig an den Gottvater des Genres, John Sinclair, erinnert. Jedoch verfolgt Drehbuchautor und Regisseur Markus Topf in seiner ersten Geschichte einen anderen Ansatz und eifert nicht einfach dem unbestrittenen Vorbild nach. Nicht Dämonen und böse Geister werden bekämpft, sondern menschliche Gegner, die mit ihrem finsteren Pendant nur das eine gemeinsam haben, nämlich dass sie in ihrem Handeln skrupellos und unberechenbar vorgehen. Die Idee scheint also ziemlich gut zu sein und verleiht der ziemlich überzeugend durchdachten Geschichte auch ein entsprechendes Potenzial. Und doch verrennt sich die Serie in dieselben Schönheitsfehler wie die Produktionen der „Schwarzen Stunde“ dieses Audioverlags. Ohne lebendige Atmosphäre kann nämlich selbst die tollste Geschichte nicht funktionieren …

_Story_

Leon Kramer ist Experte für Ritualmorde und wird immer dann herangezogen, wenn die Kollegen vom BKA bei ihren Ermittlungen in einer Sackgasse stecken. Auch aktuell ist Kramer wieder mit einem Fall beschäftigt, in dem es um einen seltsamen Mordanschlag geht. Der verdeckte Ermittler verfolgt auch schon alsbald eine ziemlich eindeutige Spur und schafft es sogar, die Täterin zu stellen. Doch just in jenem Moment, in dem die Sache schon abgeschlossen scheint, stürzt sich die Dame in die Tiefe und gibt dem Agenten nur noch eines mit auf den Weg: dass sie durch ihre Gefangennahme gegen den Kodex der Vampire verstoßen hat und deswegen sterben muss.

Kramer steht vor dem wohl merkwürdigsten Rätsel seiner polizeilichen Laufbahn. Vampire waren bisher nur Fabelwesen für ihn, und so kann er die Aussage der geflüchteten Jana Diakovska nicht akzeptieren. Trotzdem folgt er der neuen Spur, die ihn auf direktem Weg zu einer brutalen Gangster-Oranisation führt, die tatsächlich eine Vorliebe für Blut hat. Werden Kramer und seine Kollegin Jacobi die nächsten Opfer dieser Vereinigung?

_Meine Meinung_

Wirft man einen Blick auf die Rahmenbedingungen, hätte bei „Der Kodex“, dem ersten Teil aus dieser Serie, nichts falsch laufen dürfen. Inhaltlich liegt eine ziemlich starke Story vor, mit Fabian Harloff in der Hauptrolle des Leon Kramer hat man einen erfahrenen Schauspieler und auch schon Hörspiel-erprobten Mann verpflichten können, und auch das Thema der Geschichte ist in Zeiten, in denen Dan Brown und seine Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben, auch ziemlich populär – wenngleich sich Topf nicht irgendwie kritisch zur Kirche und anderen religiösen Obrigkeiten äußert bzw. sich überhaupt in diesen Komplex einarbeitet. Vergleiche sind aber durchaus angebracht, ebenso wie man auch bisweilen an Filme wie „Die purpurnen Flüsse“ erinnert wird.

Vielleicht ist es aber jetzt nicht so günstig, diese großen Namen ins Spiel zu bringen, denn das schürt Erwartungen, und denen wiederum kann dieses Hörspiel nur kleinen Ansätzen gerecht werden. Das Problem sind einmal mehr die ziemlich emotionslosen Sprecher. Harloff zum Beispiel ist zwar mit größtem Engagement dabei, wirkt dabei aber manchmal zu impulsiv und emotional der Stimmung der aktuellen Szene nicht angemessen. Zudem hebt er seine Simme mit fast gleichbleibender Akzentuierung und unterscheidet dabei nicht so richtig zwischen wirklich dramatischen Momenten und eher ruhigen Situationen. Weil er zugleich die Erzählstimme übernimmt und den Löwenanteil des Textes an sich zieht, fält sowas natürlich sehr deutlich ins Gewicht und raubt dem Hörspiel zwischenzeitlich auch schonmal Spannung und Atmosphäre – zumal auch hier manchmal der Balanceakt zwischen Erzählung und Bericht etwas schwerfällig gemeistert wird.

Jetzt habe ich aber anfangs die fehlnde Lebndigkeit kritisiert, und man mag sich fragen, wie dies mit Harloffs engagiertem Einsatz zu vereinbaren ist. Nun, das Problem besteht einfach darin, dass die vielen Action-Szenene, die „Der Kodex“ zu bieten hat, nie mit entsprechender Dramaturgie ausgestattet werden. Hier wird mal geschossen, dort droht die nächste Leiche, und irgendwie scheint dies alles nur Nebensache zu sein. Harloff schildert die wilden Verfolgungsjagden zwar sehr detailreich, handelt diese aber dennoch zu trocken und unbeteiligt ab. Und das ist bei einem Thriller schon fast tödlich.

Wirklich schlecht ist das Teil aber auch nicht, schließlich ist die Geschichte interessant und die Bemühungen der Sprecher sind klar zu erkennen. Für die Fortsetzung gilt es aber auf jeden Fall, dem lebendigen Plot eine ebenso lebhafte Untermalung zu gönnen und vor allem nicht die Hauptlast auf den zwei Schultern des Protagonisten zu verteilen. Dieser scheint nämlich trotz allem mit dieser Aufgabe überfordert zu sein. Wobei man auch nie vergessen darf, dass ein gutes Hörspiel von seinen vielzähligen Dialogen lebt. Und auch davon gibt es hier arg wenig. Schade um die gute Geschichte, kann man da nur sagen, denn abgesehen von der fehlenden Atmosphäre ist „Ein Fall für Leon Kramer“ sicherlich ein inhaltlich würdiger Genre-Vertreter.

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Dark, Jason – John Sinclair – Schach mit dem Dämon (Folge 6)

Billy Conolly wird am Tag vor der Geburtstagesfeier seines besten Freundes von Alpträumen heimgesucht, in denen finstere Dämonen Besitz von ihm ergreifen. Er miss ihnen jedoch keine große Bedeutung bei, denn schließlich hat der Kollege von Geisterjäger John Sinclair in letzter Zeit schon öfter mit der dunklen Seite zu tun gehabt, so dass eine Verarbeitung der Ereignisse legitim ist. Jedoch bekommt er nicht mit, dass die Dämonen sich bereits in sein Haus eingeschlichen haben. Auf dem Schachbrett, dem Geburtstagsgeschenk für seinen Kumpel Sinclair, bewegt sich nämlich eine Figur unbeachtet durch seinen zwischenzeitlichen Besitzer …

Am nächsten Tag feiert John dann seine Party, zu der all seine Freunde und Kollegen eingeladen sind. Alle sind in ausgelassener Feierstimung und zelebrieren insgeheim auch noch den Sieg über Verbrecherkönig Alex Terrace, bis sich dann plötzlich die Ereignisse überschlagen. Bereits am frühen Morgen hatte John einen Anruf mit einer drohenden Botchaft bekommen, und schon jetzt scheinen die finsteren Mächte ihre Pläne umzusetzen. Suko, Sinclairs Freundin Jane und das Ehepaar Sheila und Bill Conolly werden durch einen Sog vom Dämon Octavio in eine andere Dimension entführt, in der es kein menschliches Leben mehr gibt. Inmitten von Mutaten und schrecklichen Monstern suchen die Gefangenen nach einem Portal zur Heimatwelt, sind aber ohne fremde Unterstützung der Willkür der dämonischen Bruten hilflos ausgesetzt.

John begibt sich alsbald auf die Suce nach seinen verschwundenen Freunden und schafft es tatsächlich, Octavio zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen. Seine Freunde können gerettet werden, wenn sich Sinclair auf ein gemeines Spiel einlässt, nämlich ein Schachmatch gegen den Dämon. Die einzige Bedingung: Johns Freunde übernehmen selber den Part der Spielfiguren und müssen sich dabei mit einigen mächtigen Gegnern herumschlagen. Werden die Gefährten des Geisterjägers dieses gefährliche Spiel überleben?

_Meine Meinung_

Wow, das ist ja mal wieder eine Einleitung nach Maß: Bereits das erste Auftauchen des Dämons jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken und versetzt einem gleichzeitig einen Schrecken, denn die neueste Ausgeburt der Hölle scheint noch viel geschickter zu sein als all ihre Vorgänger, die den Kampf gegen den berüchtigten John Sinclair verloren haben. Octavio ist zudem auch hinterlistiger und packt den Geisterjäger an seiner schwächsten Stelle, nämlich bei seinen Freunden, die hier unfreiwillig und unschuldig in den schier ewig währenden Kampf zwischen Sinclair und der Unterwelt gezogen werden. Octavio will allerdings nur den Kopf Sinclairs, und hierzu ist ihm jedes noch so fiese Mittel recht.

Die Rahmenhandlung dieses Hörspiels ist schlichtweg perfekt, und zum x-ten Male bekommt man den Eindruck, dass sich Jason Dark mit diesem vertonten Heftroman ein weiteres Mal übertroffen hat. Bei „Schach mit dem Dämon“ begeistert aber nicht nur der sagenhaft dargestellte Kampf zwischen Gut und Böe, sondern auch die vielen neun Elemente, die man sich für diese Geschichte ausgedacht hat. Octavio ist zwar keine derart einschüchternde Erscheinung wie einst der Mann mit dem Janus-Kopf, doch dafür faszinieren in diesem Hörspiel der Zauberspiegel, der eine Reise in andere dimensionen erlaubt, sowie das überdimensionale Schachspiel, bei dem die Figuren von lebenden Objekten gestellt werden.

Zudem ist der Plot wirklich spitzenmäßig aufgebaut; verschiedene Ereignisse kündigen die Ankunft eines weiteren Dämons an, jedoch kann man nur mutmaßen, in welcher Erscheinungsform, wann und wo er auftreten bzw. was sein Kommen bewirken wird. Als er dann urplötzlich sein Unwesen bei der Geburtstagsparty des Geisterjägers treibt, ist die Spannung am Siedepunkt, doch schon folgt ein völlig neuer Gedankenstrang, bei dem ein kompromissloser Gangster den Spiegel von Octavio stehlen möchte. Wer sein Auftraggeber ist, was er mit dem Spiegel beabsichtigt und vor allem was am Ende aus ihm wird, bleibt bis zum Schluss im Verborgenenen. Und während der Hörer noch über diese Ereignisse grübelt, nimmt Sinclair die Jagd auf, stellt sich seinem eigentlichen Verfolger und ergreift den letzten sich bietenden Strohhalm zur Rettung seiner Freunde – die wiederum in der fremden Umgebung auf verlorenem Posten zu stehen scheinen.

Hier passiert wirklich unheimlich viel, so dass „Schach mit dem Dämon“ eindeutig die bis hierher umfangreichste Story aus dem Sinclair-Universum ist. Gleich eine ganze Reihe Sub-Plots vefeinern die Geschichte und werden Stück für Stück zusammengefügt, dabei auch immer wieder mit wunderbaren Soundeffekte und düsteren Musikeinspielungen verfeinert. Nach und nach fügen sich die Dinge dann zusammen, wobei sich Master Dark dieses Mal mehrere Optionen für spätere Geschichten offen lässt und nicht jeden Part der Handlung auflöst. Es würde mich daher absolut nicht wundern, würden wir in einer der späteren Folgen wieder auf den mysteriösen Spiegel treffen …

„Schach mit dem Dämon“ ist erneut eine Steigerung und zum wiederholten Male die wohl beste Sinclair-Episode bis dato. Unterlegt von sehr starken Klangeffekten, stellt Dark bzw. das Hörspiel-Team das finsterste Spiel im Leben des Geisterjägers dar und ihn auf eine enorm harte Probe. Jeder falsche Gedanke könnte einen seiner Freunde zum Opfer haben, jede falsche Bewegung den eigenen Tod bedeuten. Spannung bis zum Geht-nicht-mehr, super Sprecher und eine erneut sehr erfrischende Story – das sind die Eigenschaften, deretwegen man „Schach mit dem Dämon“ keinesfalls im Händlerregal stehen lassen sollte. Ich liebe diese Serie!

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_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Poe, Edgar Allan – Schwarze Stunde, Die (1)

Mit „Die Schwarze Stunde“ hat das noch junge Hörspiel-Label |Hörspiele Welt| vor einiger Zeit eine Serie ins Rennen geschickt, die sich ausschließlich mit den düsteren Seiten der menschlichen Seele auseinander setzt. Mystische Begebenheiten, seltsame Geschehnisse und allerlei Rätselhaftes sollen thematisiert werden, und dies anhand alter Literatur-Klassiker.

Für den ersten Teil haben sich die Macher dabei direkt einmal an einen der bekanntesten und wichtigsten Vertreter der Weltliteratur heranbegeben, nämlich an niemand Geringeren als Edgar Allan Poe. In vier Kurzgeschichten, darunter auch das bekannte Stück „Der Geist des Bösen“, wird dem Meister der dunklen Poesie gehuldigt, dies aber leider nicht in dem Maße, wie die Legende es verdient hätte. Irgendwie ist es nämlich nicht sonderlich gut gelungen, die Atmosphäre der Geschichten in den Lesungen wiederzugeben …

„Die Schwarze Stunde 1“ beginnt nach kurzer musikalischer Einleitung gleich mit der längsten Erzählung, „Das Fass Amontillado“. Hier geht es um einen rachsüchtigen Mann, der einem berüchtigten Kleingannoven seine Taten heimzahlen möchte, obwohl er eben jenen auch zu seinem engeren Bekanntenkreis zählt. Also lädt er ihn ein, füllt ihn mit den verschiedensten Tropfen ab, führt ihn schließlich in ein düsteres Versteck und überlässt ihn dort seinem Schicksal.

Nun, rein inhaltlich ist dies sicher keine schlechte Geschichte, allerdings werden hier schon einige Defizite offenbar, mit denen letztendlich alle Erzählungen zu kämpfen haben: Es mangelt an Lebendigkeit! Statt einen spannenden Plot aufzubauen, was sicherlich sehr gut möglich gewesen wäre, verfällt das Sprecherteam zu oft in eine Art Berichtform, der es die gesamte Dauer über an einem echten Höhepunkt mangelt. Man bemüht sich zwar, etas Geheimnisvolles in die Stimme zu legen, aber zum einen ist das Ende der Geschichte eh schon sehr schnell zu erahnen, und zum anderen baut man fast jeden Satz mit der gleichen Betonung auf, so dass selbst die wirklich interessanten Details nicht als solche zu erkennen sind.

In der zweiten Story namens „Das ovale Portrait“ wird ein merkwürdiges Bild geschildert, von dem sich die erzählende Person völlig in ihren Bann gezogen fühlt. Das Portrait gleicht einer unwiderstehlichen Versuchung, die einen fesselt und einnimmt, später dann nicht mehr loslässt. Bis in den unerwarteten Tod hinein.

Ähnlicher Aufbau, gleiche Misere: „Das ovale Portrait“ ist mehr Bericht als Gruselgeschichte, und dies auf einem leider künstlich hohen, sprachlichen Niveau. Man findet hier sicherlich einige Original-Zitate wieder, die aber in ihrer extremen Betonung die gesamte Atmosphäre killen. Und dabei ist die Geschichte in diesem Fall zumindest noch recht spannend gestaltet worden … Na, ja. immerhin eine kleine, wenn auch kaum entscheidende Besserung.

Erzählung Nummer drei ist die wohl bekannteste auf dieser CD; „Der Geist des Bösen“ ist ein Klassiker aus der Feder Poes und beschäftigt sich mit der Frage nach der Natur des Bösen. Der Erzähler analysiert die Faszination, die hinter der Finsternis steckt, charakterisiert dabei die menschliche Seele und ihre dunklen Flecken und trifft dabei voll ins Schwarz. Endlich kann man von schauriger Atmosphäre reden, und das trotz des philosophischen Ansatzes, der sich hinter diesem Stück verbirgt. Auch die eher zurückhaltende Darbietung des Sprechers ist in diesem Fall sehr angebracht und passt zum ersten Mal während dieses Releases auch zum Inhalt. Zweifelsohne die beste Geschichte auf „Die schwarze Stunde 1“.

Im letzten Stück wird – der Titel „Schatten“ sagt bereits alles – der Schatten und seine finstere Erscheinungsform angesprochen. Wohlgemerkt: angesprochen, aber nicht mehr. Im Gegensatz zur vorangegangenen Erzählung handelt es sich hierbei nämlich nur um einen schwachen Lückenbüßer, dessen langweilige Umsetzung ebenfalls zu wünschen übrig lässt. Hätte man sich auch gerne sparen können!

Vier Geschichten, viermal Edgar Allan Poe, aber nur einmal wirklich überzeugend. Das vorrangige Problem beim ersten Teil von „Die Schwarze Stunde“ ist, dass man sich nicht so richtig entscheiden kann, ob man nun ein Hörbuch oder doch ein Hörspiel kreieren will. Für Ersteres fehlt das spannende Element, für Letzteres ist viel zu wenig Leben in der Sache. Und mit diesem Zwiespalt sinkt „Die Schwarze Stunde“ ziemlich heftig ab und wird schließlich zu einer Persiflage ihres eigenen Namens. Leider ungewollt. Das ist nicht Poe, wie man ihn liebt!

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